Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2023
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Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen
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2023
Barbara Johansson
Stefan Alber
Matthias Stein
Wolfram Ressel
Straßenseitige Parameter, wie Neigungen und die mittlere Texturtiefe, beeinflussen die Entwässerung stark, sowohl einzeln, als auch in wechselseitigem Einfluss zueinander. Beispiele für den wechselseitigen Einfluss auf die resultierende Wasserfilmdicke sind die Längsneigung und die mittlere Texturtiefe (MTD). Einerseits wird ein höherer MTD-Wert als positiv für die Entwässerung angesehen, da die Texturtäler mehr Wasser aufnehmen können, während die Texturspitzen immer noch einen Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn erzeugen können. Andererseits erhöht ein höherer MTD-Wert den Fließwiderstand der Fahrbahn, was vor allem bei hohen Längs- bzw. Schrägneigungen und/oder großen Fahrbahnbreiten zu einer Verschlechterung der Entwässerungssituation führen kann. Anhand eines numerischen Modells für dichte Deckschichten (PSRM) wird unter Berücksichtigung von Parametern der Straße (z. B. Neigung, Fahrbahnbreite, MTD-Wert), eine Parameterstudie zu den Einflüssen auf das Entwässerungsverhalten durchgeführt und gleichzeitig versucht, die komplexen Zusammenhänge bei der Entwässerung von Fahrbahnoberflächen besser zu verstehen.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 281 Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen Barbara Johansson, M. Sc. Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Universität Stuttgart Dr.-Ing. Stefan Alber Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Universität Stuttgart Matthias Stein, M. Sc. Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Universität Stuttgart Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Universität Stuttgart Zusammenfassung Straßenseitige Parameter, wie Neigungen und die mittlere Texturtiefe, beeinflussen die Entwässerung stark, sowohl einzeln, als auch in wechselseitigem Einfluss zueinander. Beispiele für den wechselseitigen Einfluss auf die resultierende Wasserfilmdicke sind die Längsneigung und die mittlere Texturtiefe (MTD). Einerseits wird ein höherer MTD-Wert als positiv für die Entwässerung angesehen, da die Texturtäler mehr Wasser aufnehmen können, während die Texturspitzen immer noch einen Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn erzeugen können. Andererseits erhöht ein höherer MTD- Wert den Fließwiderstand der Fahrbahn, was vor allem bei hohen Längsbzw. Schrägneigungen und/ oder großen Fahrbahnbreiten zu einer Verschlechterung der Entwässerungssituation führen kann. Anhand eines numerischen Modells für dichte Deckschichten (PSRM) wird unter Berücksichtigung von Parametern der Straße (z. B. Neigung, Fahrbahnbreite, MTD-Wert), eine Parameterstudie zu den Einflüssen auf das Entwässerungsverhalten durchgeführt und gleichzeitig versucht, die komplexen Zusammenhänge bei der Entwässerung von Fahrbahnoberflächen besser zu verstehen. 1. Einführung In diesem Beitrag sollen einige wichtige straßenseitige Parameter und ihr Einfluss auf die Entwässerung von dichten Fahrbahnen sowie die Interkorrelation dieser Parameter zueinander dargelegt werden. Auch soll besonders auf die teils widersprüchlichen Effekte einzelner Parameter hingewiesen werden. Das Ziel dieser Parameterstudie ist es, zu zeigen, dass eine Bewertung von Fahrbahnen hinsichtlich ihrer Entwässerungseigenschaften pauschal sehr schwierig ist und immer alle Parameter berücksichtigt werden müssten. Eine abschließende Abschätzung der Parametereinflüsse oder gar ein empirischer Zusammenhang kann leider nicht gegeben werden. Dies sollte weiterhin Gegenstand der Forschung bleiben. Auch ist zu betonen, dass im Folgenden von Wasserfilmdickenverteilungen auf der Fahrbahnfläche oder der maximalen Wasserfilmdicke die Rede ist. Die Aquaplaninggefahr kann dementsprechend nicht einfach abgelesen werden, da hier noch Faktoren u.a. wie der Fahrzeugtyp, die Fahrgeschwindigkeit und die Reifenprofiltiefe berücksichtigt werden müssen (weiter beschrieben u.a. in [1]). Das Zusammenspiel verschiedener straßenseitiger Parameter, wie der Fahrbahnbreite, mittleren Texturtiefe (MTD) und Längs- und Querneigung, ist weiterhin noch nicht abschließend verstanden und v.a. für dichten Asphalt in der Literatur wenig besprochen (siehe z. B. [2] für eine Parameterstudie unter Berücksichtigung verschiedener straßenseitiger Parameter). Dies liegt unter anderem daran, dass momentan wenige Modelle für die numerische Berechnung der Entwässerung von dichten Deckschichten existieren. Neben dem hier präsentierten Modell ist vor allem das Modell PAVDRN [3] in der Literatur oft zitiert. Demgegenüber wird zur Berechnung von Wasserfilmdicken noch vielmals auf empirische Zusammenhänge wie den von Gallaway [4] zurückgegriffen. Ein Überblick über Methoden zur Simulation von dichten und offenporigen Fahrbahnflächen ist in [5] zu finden. 2. Numerisches Modell der Entwässerung dichter Fahrbahnoberflächen Im Rahmen einer Dissertation wurde ein numerisches Modell zur Simulation des Entwässerungsvorgangs auf dichten Fahrbahnoberflächen (Pavement Surface Runoff Model = PSRM) entwickelt [6]. Das Modell nutzt die tiefengemittelten Flachwassergleichungen um die Wasserfilmdicke auf der Oberfläche berechnen zu können. Diese Gleichungen können angewandt werden und das Problem mathematisch vereinfachen, wenn die horizontale Ausbreitung wesentlich größer als die vertikale Tiefe des Wasserfilms ist [6]. Numerisch ist das Modell mithilfe der 2D Finite-Volumen-Methode diskretisiert und ist in der Software Toolbox DuMu x ([7], [8]) umgesetzt, die ein numerisches Lösen komplexer Fluidgleichungen und -probleme erlaubt. 282 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen Das PSRM [6] erlaubt den Import realer Fahrbahngeometrien aus txtbzw. CAD-Daten, was neben der Simulation der Entwässerungssituation von existierenden/ geplanten Fahrbahnen auch Untersuchungen des Einflusses von Unebenheiten wie Spurrinnen erlaubt [9]. Zusätzlich kann mit einer manuellen Einstellung eine Fahrbahngeometrie mit oder ohne Standardbzw. Schrägverwindung und beliebigen Längen, Breiten und Neigungen erzeugt werden. Das Modell simuliert die Entwässerung auf der gewählten Fahrbahngeometrie mit gewünschter Feinheit des numerischen Gitters unter Berücksichtigung weiterer Eingangsgrößen. Ein Regenereignis, als räumlich und zeitlich gleichförmig angenommen, kann in Dauer und Intensität frei gewählt werden. Für die mittlere Texturtiefe können diskrete Werte zwischen 0,4 und 1,83 mm gewählt werden. Diese Werte sollen einen realistischen Wertebereich von Fahrbahntexturtiefen abdecken. Sie sind aus Versuchsdaten ([1]) entnommen und zur Kalibrierung des Einflusses der Rauheit im PSRM verwendet worden [6]. Zusätzlich können auch wechselnde Fahrbahndeckschichten oder Rinnen berücksichtigt werden [2]. Die Simulationsergebnisse können visualisiert und ausgewertet werden, wobei vor allem die Wasserfilmdickenverteilung über die Fahrbahnoberfläche im Laufe der Zeit oder im stationären Zustand von Interesse ist. Eine Beschreibung des PSRM kann auch [10] und mit allen Details [6] entnommen werden. 3. Parameterstudie der Entwässerung dichter Fahrbahnoberflächen 3.1 3.1 Simulationsdaten Um den Einfluss straßenseitiger Parameter auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen beschreiben zu können, wird im Folgenden auf die Simulationsergebnisse einer Masterarbeit [11] zurückgegriffen, die Simulationen einer vorangegangenen Parameterstudie [2] berücksichtigt und weiter vertieft hat. Verschiedene Einflussparameter wurden hier variiert und es werden hier insgesamt 210 der Simulationen ausgewählt, die nun weiter ausgewertet werden (siehe Tab. 1). Neben der Wasserfilm-Dickenverteilung kann der Anteil der Fahrbahnfläche bestimmt werden, der von Wasserfilmdicken > 2-mm betroffen ist. Diese Wasserfilmdicke wird von der momentan gültigen Fassung der RAA [12] als kritisch angesehen. Alle Simulationen stellen die Wasserfilmdickenverteilung auf der Fahrbahn während eines 15-minütigen Regens mit einer Intensität von 0,75-mm/ min dar. Diese Regenintensität entspricht in Anlehnung an die REwS [13] etwa einem typischen r 15,1 -Regenereignis im Raum Stuttgart gemäß den KOSTRA-Daten [14]. Ein Teil der Simulationen bildet Fahrbahnen mit konstanten Neigungsverhältnissen (längs und quer) und einer Länge von 30 m ab. Der zweite Typ umfasst Standardverwindungen mit einem Querneigungsnulldurchgang und einer Länge von 360-m. Für die beiden Typen wurden die Fahrbahnbreite b, die Längsneigungen s und der MTD- Wert variiert. Tab. 1: Parametervariationen der Simulationen [2], [11] Tab. 1: Parametervariationen der Simulationen [2], [11] Typ Konstante Neigung Standardverwindung Länge [m] 30 360 Breite [m] 10 - 25 12 - 25,75 Längsneigung [%] 1 - 5 0 - 5 Querneigung [%] 1 - 2 2,5 MTD [mm] 0,4 - 1,8 0,4 - 1,8 Die Querneigungen wurden nur bei Flächen mit konstanter Neigung zwischen 1 und 2-% variiert, höhere Querneigungen führten nur teilweise zu Wasserfilmdicken über 2-mm. Da hier eine möglichst umfangreiche Parameterstudie von Wasserfilmdickenanteilen > 2- mm versucht werden soll, wurden höhere Querneigungen nicht betrachtet. Die Querneigung in den Simulationen der Standardverwindungsflächen beträgt außerhalb des Verwindungsbereichs konstant 2,5-% und die Verwindungsgeometrie ist entsprechend den Vorgaben der RAA [12] mit einem zentralen Verwindungsbereich von 50-m unter Berücksichtigung der minimalen Anrampungsneigung angelegt. Abb. 1: Simulation der Wasserfilmdicke einer Standardverwindungsfläche mit b = 25,75-m, s = 1-% und MTD = 0,89-mm Eine beispielhafte Darstellung der Wasserfilmdickenausbreitung auf einer Fahrbahnfläche mit Standardverwindung ist Abb. 1 zu entnehmen. Dargestellt ist hier und in den folgenden Abbildungen die bezogene Wasserfilmdicke, also die Wasserfilmdicke oberhalb der mittleren Texturtiefen und damit oberhalb der Texturspitzen. In der Abbildung ist der Querneigungsnulldurchgang mittig sehr gut zu erkennen zusammen mit den erhöhten Werten der Wasserfilmdicke im Verwindungsbereich und darüber hinaus. 3.2 Datenauswertung und Parameterstudie für konstante Neigungsflächen Mit dem PSRM wurde eine Simulation für jede oben beschriebene Parametervariation durchgeführt und der resultierende Flächenanteil größer 2- mm berechnet. Die Ergebnisse für die Flächen mit konstanten Neigungsverhältnissen (vergleiche Tab. 1) sind in Abb. 2 gegeben, mit einer Querneigung von 1-% oben und einer Querneigung von 2-% unten. In der Abbildung sind drei gleichfarbige Kurvenscharen zu erkennen, die die Ergebnisse der drei 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 283 Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen MTD-Werte (0,4-mm, 0,89-mm und 1,8-mm) zeigen. Es kann der Anteil der Fahrbahnfläche entnommen werden, der von Wasserfilmdicken größer 2-mm betroffen ist. Für jeden MTD-Wert sind 5 Kurven gegeben, die den Flächenanteil für die Variation der Längsneigung von 1 - 5-% darstellen. Der betroffene Flächenanteil sinkt jeweils mit zunehmender Längsneigung. Die Längsneigung verursacht ein fast gleichförmiges Drücken der Kurve, wobei sich die Flächenanteile mit zunehmender Längsneigung verringern, die Kurvenform und damit der Einfluss der Fahrbahnbreite auf das Ergebnis bleibt aber fast komplett gleich. Das gilt für eine Querneigung von 1-%-bzw. auch von 2 % (vergleiche Abb. 2 (a) bzw. (b)). Für diese Simulationsfälle kann also durch eine Erhöhung der Längsneigung der Anteil der Fahrbahn-fläche, der von erhöhten Wasserfilmdicken betroffen ist, verringert werden. Dass diese Aussage nicht pauschal für jeden Fall angewandt werden kann, zeigt sich bereits in Abb. 2 (a), da hier bei einem MTD- Wert von 0,89-mm und einer Fahrbahnbreite von 15-m, der betroffene Flächenanteil für s = 2-% höher ist als für s = 1-%. Dieser Widerspruch wird später ebenfalls bei der Auswertung der Daten der Standardverwindungen eindrücklicher ersichtlich. Auch ist hinzuzufügen, dass der betroffene Flächenanteil zwar abnimmt, dies aber nicht immer die Entwässerungssituation wesentlich verbessern kann. Abb. 3 zeigt beispielhaft die Wasserfilmdicken-verteilung bei einer mittleren Texturtiefe von 1,8 mm, einer Querneigung von 1-% und einer Längsneigung von 1-% bzw. 5-%. Die Flächen mit Wasserfilmdicken über 2 mm nehmen mit höherer Längsneigung ab, erhöhte Wasserfilmdicken treten laut Simulation aber weiterhin auf einem großen Teil der Fahrbahnfläche auf. Der Einfluss der mittleren Texturtiefe auf die Ausbreitung des Wasserfilms ist in Abb. 2 klar zu erkennen, wobei ein höherer MTD-Wert für höhere betroffene Flächenanteile sorgt, da der Fließwiderstand durch die Textur erhöht wird. Dies ist besonders bei geringen Neigungen oder höheren Fahrbahnbreiten zu beobachten. In der Abbildung nimmt der Anstieg der Flächenanteile mit steigender Texturtiefe bei höheren Fahrbahnbreiten (vergleiche Abb. 2 (a)) oder bei einer höheren Querneigung (vergleiche Abb. 2 (b)) ab. Der Einfluss ist auch nicht linear; während eine Erhöhung der Texturrauheit von 0,4 auf 0,89-mm zu mehr als einer Verdopplung der Flächenanteile > 2-mm führt, erreicht ein noch höherer MTD-Wert von 1,8- mm nur noch eine Erhöhung der Flächenanteile um etwa 10-%. (a) (b) Abb. 2: Betroffene Flächenanteile > 2-mm Wasserfilmdicke für konstante Neigungsverhältnisse mit 3 unterschiedlichen MTD-Werten, Längsneigungen s-= 1 - 5-% und Querneigung (a) q = 1-% und (b) q-=-2-% Abb. 3: Wasserfilmdickenverteilung für konstante Neigungsverhältnisse mit einem MTD-Wert von 1,8-mm, Querneigung q = 1-% und Längsneigung (a) s-= 1-% und (b) s = 5-% Interessant ist ebenfalls, dass die Texturtiefe die Form der Kurven verändert, also beeinflusst wie stark der Einfluss der Fahrbahnbreite auf die betroffenen Flächenanteile ist. Während bei q = 1-% die Kurven für MTD-Werte von 0,89 und 1,8-mm degressiv verlaufen, also mit zunehmender Fahrbahnbreite die Kurven immer geringer ansteigen, zeigt die Kurvenschar für eine Texturtiefe von 0,4-mm einen progressiven Verlauf; die betroffenen Flächenanteile steigen bei Fahrbahnbreiten von 25-m im Vergleich zu 20-m sprunghaft an. Bei q = 2-% verlaufen nur die Kurven für einen MTD-Wert von 1,8-mm degressiv, die anderen 284 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen Kurven jeweils progressiv. Das zeigt, dass der Einfluss der Querneigung widersprüchlich sein kann und sich in bestimmten Situationen verstärkt. Eine starke Interkorrelation mit anderen straßenseitigen Parametern scheint gegeben zu sein und sollte genauer erforscht werden. (a) (b) (c) Abb. 4: Betroffene Flächenanteile > 2-mm Wasserfilmdicke für konstante Neigungsverhältnisse mit Längsneigung s-= 1 - 5-%, Querneigung q-= 1-% und 3 unterschiedlichen MTD-Werten (a)-(c) Wie in der oberen Auswertung schon mehrfach erwähnt, hat auch die Fahrbahnbreite einen starken Einfluss auf die Wasserfilmdickenausbreitung. Effekte, wie der Einfluss der Fahrbahntextur auf den Fließwiderstand, werden auch durch zunehmende Fahrbahnbreiten verstärkt. Der Einfluss der Fahrbahnbreite kann in diesem Zusammenhang sehr gut bei den Steigungswechseln bzw. -abnahmen der Kurven in Abb. 2 erkannt werden. Um die Interkorrelation der straßenseitigen Parameter Fahrbahnbreite (b), Längs (s)- und Querneigung (q) besser verstehen zu können, zeigt Abb. 4 ebenfalls die betroffenen Flächenanteile mit denselben Parameter-variationen wie in Abb. 3 nur in Abhängigkeit der maximalen Fließweglänge (L) anstatt der Fahrbahnbreite. Die maximale Fließweglänge lässt sich berechnen zu: [1] Die Formel und auch die Abb. 4 zeigen, dass die maximale Fließweglänge bei steigenden Neigungen stark zunimmt. Bei geringeren Längsneigungen ändert sich L nicht so stark bei steigenden Fahrbahnbreiten. Für höhere Werte von s steigt die maximale Fließweglänge mit höheren Fahrbahnbreiten schneller an. Die Vergrößerung von Flächenanteilen, die von 2-mm oder höheren Wasserfilmdicken betroffen sind, ändert sich hier genau gegenläufig. Die Kurven werden mit steigender Längsneigung immer flacher, also der Anstieg der Flächenanteile ist bei geringeren Längsneigungen höher. Ein Erklären des Zusammenhangs zwischen den Parametern der maximalen Fließweglänge (b, q, s) untereinander und im Zusammenhang zur Texturtiefe lässt sich aus diesen Darstellungen nicht leicht finden. Auch hier ist weiterer Forschungsbedarf gegeben. 3.3 Datenauswertung und Parameterstudie für Standardverwindungen Die simulierten Flächenanteile größer 2-mm für Standardverwindungen mit einer konstanten Längsneigung von 2,5-% außerhalb des Verwindungs-bereiches sind in Abb. 5 dargestellt. Betreffend der Texturtiefe und der Fahrbahnbreite können zu einem großen Teil die gleichen Schlüsse wie für die Simulationen bei konstanten Neigungs-verhältnissen gezogen werden. Eine höhere Texturtiefe verschlechtert die Situation, v.a. bei hohen Fahrbahnbreiten mit entsprechend hohen Fließwegen. Bei einer Texturriefe von 0,4-mm ist kein sehr starker Anstieg der betroffenen Flächenanteile zu beobachten. Bei einer Verdoppelung des MTD-Wertes sind vor allem bei hohen Fahrbahnbreiten sprunghafte Anstiege mit einem progressiven Kurvenverlauf zu sehen. Eine weitere Erhöhung der Texturtiefe auf 1,8 mm führt nur noch zu einem leichten Anstieg der Flächenanteile. In diesen Simulationen zeigt sich jedoch klar, dass eine Empfehlung zu höheren Längsneigung um die Entwässerungssituation zu verbessern, nicht pauschal getroffen werden kann. Während die Flächenanteile bei MTD-Werten von 0,4 und 0,89-mm mit zunehmender Längsneigung abnehmen, ist dies für MTD = 1,8-mm nicht der Fall. Die höchsten Längsneigungen von 4 und 5-% erzielen signifikant höhere Flächenanteile über 2-mm, während sogar die Kurve für s = 0-% die niedrigsten Werte aufweist. Dies kann genauer in Abb. 6 gesehen werden, die die Wasserfilmdickenverteilung im Bereich nach und im Bereich der Standardverwindung zeigt. Die Erhöhung der Längsneigung führt zwar einerseits zu einer Verbesserung im Verwindungsbereich selbst, mit kleineren Flächenanteilen maximaler Wasserfilmdicke, allerdings breitet sich der Anteil betroffener Flächen immer mehr über fast die gesamte simulierte Fahrbahnfläche aus. Es kann also nicht pauschal von einer verbesserten Entwässerungssituation gesprochen werden, was auch in [2] festgestellt wurde. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 285 Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen (a) (b) (c) Abb. 5: Betroffene Flächenanteile > 2-mm Wasserfilmdicke für Standardverwindungen mit Längsneigung s-= 0 - 5-%, und 3 unterschiedlichen MTD-Werten (a)-(c) 4. Fazit Mit dem numerischen Modell PSRM kann eine Parameterstudie der wesentlichen straßenseitigen Parameter, zur Abschätzung der Einflüsse auf den Entwässerungsvorgang von dichten Fahrbahnoberflächen, durchgeführt werden. Verschiedene Parametervariationen können simuliert und die Ergebnisse miteinander verglichen werden. Dadurch lassen sich erste Schlüsse zur Abschätzung der Parametereinflüsse und zur Beziehung der Parameter untereinander ziehen. Bei konstanten Neigungsverhältnissen bewirkt eine Erhöhung oft, aber nicht immer, eine Verringerung der erhöhten Wasserfilmdickenanteile. Eine Erhöhung der mittleren Texturtiefe oder der Fahrbahnbreite begünstigt dagegen meist einen höheren Flächenanteil mit Wasserfilmdicken über 2-mm. Bei Verwindungsbereichen dagegen, bewirkt eine Erhöhung der Längsneigung in den gezeigten Simulationsfällen meistens eine Verringerung der Flächenanteile mit erhöhten Wasserfilmdicken im Verwindungsbereich, außerhalb des Verwindungsbereichs nimmt der Flächenanteil jedoch zu. (a) (b) (c) (d) Abb. 6: Wasserfilmdickenverteilung für Standardverwindungen mit einem MTD-Wert von 1,8-mm und Längsneigung (a) s = 0-%, (b) s = 1-%, (c) s = 4-% und (d) s = 5-% Der Einfluss straßenseitiger Parameter korreliert jeweils stark miteinander und eine Zu- oder Abnahme durch einen Parameter fällt unterschiedlich stark aus, je nach Höhe der anderen vorliegenden Parameter. Diese Aussagen können aber nicht pauschal angewandt werden. Vor allem in Bereichen mit hohen maximalen Fließweglängen, kann die Rauheit als Fließwiderstand immer mehr dominieren und die Entwässerungssituation verschlechtern. Auch führt eine Abnahme von Bereichen maximaler Wasserfilmdicke trotzdem zu erhöhten Wasserfilmdicken oder zu größeren Bereichen mit zwar geringeren aber weiterhin erhöhten Wasserfilmdicken. 286 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Einfluss von straßenseitigen Parametern auf das Entwässerungsverhalten von Fahrbahnoberflächen Eine weitergehende Untersuchung der Einflussparameter ist Teil der Forschung. Auch sind in diesem Beitrag nicht alle möglichen Parameter systematisch variiert worden. Das Regenereignis, in Intensität und Dauer, hat ebenfalls noch einen starken und interkorrelierenden Einfluss auf den Entwässerungsprozess (siehe dazu auch [2]). Um die Ergebnisse miteinander vergleichen zu können und auch eine ausreichende Anzahl an simulierten Fahrbahnflächen mit erhöhten Wasserfilmdicken zu erhalten, ist die Bandbreite der verwendeten Parameter gezielt beschränkt worden. Zusätzlich dazu kann auch auf die Wasserfilmverteilung außerhalb dieser Bandbreite, v.a. bei höheren Längs- und Querneigungen eingegangen werden. Im Gegensatz zur Simulation von dichten Fahrbahnen, existieren mehrere Modelle für offenporige Deckschichten; diese sind teilweise auch verwendet worden um empirische Zusammenhänge oder Designkurven zu erstellen, die Richtwerte für z. B. optimale Schichtdicken aus entwässerungstechnischer Sicht geben können (beispielsweise [15], [16]). Am Lehrstuhl entsteht momentan zur Ergänzung des PSRM ein numerisches Modell, das auch die Entwässerung von offenporigen Deckschichten berechnen kann (siehe auch [5]). Ziel beider Modelle ist es, Fahrbahngeometrien hinsichtlich ihrer Entwässerung bewerten zu können und Empfehlungen anzuregen, wie sich straßenseitige Parameter unter Berücksichtigung des Entwässerungsvorgangs im individuellen Zusammenspiel auswirken. 5. Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung von Teilen dieser Arbeit im Rahmen der Forschergruppe „Dauerhafte Straßenbefestigungen für zukünftige Verkehrsbelastungen - Gekoppeltes System Straße - Reifen - Fahrzeug“ (FOR 2089). Literatur [1] Hermann, S.: Simulationsmodell zum Wasserabfluss- und Aquaplaning-Verhalten auf Fahrbahnoberflächen, Dissertation, Veröffentlichungen aus dem Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Universität Stuttgart, 2008. [2] Lippold, C., Vetters, A., Ressel, W., Alber, S.: Vermeidung von abflussschwachen Zonen in Verwindungsbereichen - Vergleich und Bewertung von baulichen Lösungen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe Verkehrstechnik, V 319, 2019. [3] Anderson, D. A., Huebner, R.S., Reed, J.R., Warner, J.C., Henry, J.J.: Improved Surface Drainage of Pavements, National Cooperative Highway Research Program, Final Report, 1998. 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