eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 3/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
21
2023
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Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau

21
2023
Maximilian Sesselmann
Steffen Scheller
Chris Herrmann
Andreas Großmann
Die Ebenheit ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal beim Bau von Betonfahrbahnen, da sie den Fahrkomfort, die Verkehrssicherheit und die Dauerhaftigkeit einer Fahrbahndecke beeinflusst. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Verkehrsbelastung gewinnt die zielsichere Erreichung der geforderten Ebenheit im Bauprozess an Bedeutung. Durch den Einsatz von Mobile Laserscanning Systemen kann eine hochgenaue 3D-Straßenoberfläche generiert werden, die erweiterte Analyse- und Bewertungsmöglichkeiten ermöglicht, um eine zielgerichtete Qualitätssicherung im Betonstraßenbau vornehmen zu können. Der Beitrag beschreibt verschiedene Einsatzmöglichkeiten von mobil erfassten Laserscans. Dazu zählen u. a. die berührungslose Erfassung der Längsebenheit von gerichteten Oberflächen im Rahmen der Bauabnahme, 3D-Deformationsanalysen und die Kontrolle des lagegerechten Einbaus von Betonfertigteilen.
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3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 317 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau Dipl.-Geogr. Maximilian Sesselmann Lehmann + Partner GmbH, Dresden Dipl.-Ing. Steffen Scheller Lehmann + Partner GmbH, Dresden Dipl.-Ing. Chris Herrmann Lehmann + Partner GmbH, Erfurt Prof. Dr.-Ing. Andreas Großmann HTWG Fakultät Bauingenieurwesen, Konstanz Zusammenfassung Die Ebenheit ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal beim Bau von Betonfahrbahnen, da sie den Fahrkomfort, die Verkehrssicherheit und die Dauerhaftigkeit einer Fahrbahndecke beeinflusst. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Verkehrsbelastung gewinnt die zielsichere Erreichung der geforderten Ebenheit im Bauprozess an Bedeutung. Durch den Einsatz von Mobile Laserscanning Systemen kann eine hochgenaue 3D-Straßenoberfläche generiert werden, die erweiterte Analyse- und Bewertungsmöglichkeiten ermöglicht, um eine zielgerichtete Qualitätssicherung im Betonstraßenbau vornehmen zu können. Der Beitrag beschreibt verschiedene Einsatzmöglichkeiten von mobil erfassten Laserscans. Dazu zählen u. a. die berührungslose Erfassung der Längsebenheit von gerichteten Oberflächen im Rahmen der Bauabnahme, 3D-Deformationsanalysen und die Kontrolle des lagegerechten Einbaus von Betonfertigteilen. 1. Einführung In der Bundesrepublik Deutschland nimmt nicht nur auf den hochbelasteten Straßen der Schwerverkehrsanteil weiterhin zu, sondern auch auf dem nachgeordneten Straßennetz, insbesondere den kommunalen Straßen. Diese stetige Verkehrszunahme führt zu einer erhöhten Beanspruchung des Oberbaus. Resultierende Schädigungen, wie beispielsweise Verformungen oder Versatze, führen zu einer Reduzierung der Befahrbarkeit und Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer. In der Regel werden Struktur- und Substanzschäden von Fahrbahnoberflächen mit schnellfahrenden Messsystemen erfasst. Zu den Nachteilen dieser Verfahren zählt, dass die Längsebenheit gemäß geltender Regelwerke bislang nur in einer Messlinie erfasst und bewertet wird. Für die wiederkehrende Zustandserfassung im Sinne einer Erhaltungsplanung ist dies mehr als hinreichend. Demgegenüber haben sich für eine Beurteilung von Verkehrsflächen im Sinne einer Qualitätssicherung in der jüngeren Vergangenheit Mobile Laserscanning Systeme bewährt. Durch deren Einsatz kann eine hochgenaue 3D-Straßenoberfläche generiert werden, die verschiedenste Analyse- und Bewertungsmöglichkeiten ermöglicht, um künftig eine zielgerichtete Qualitätssicherung vornehmen zu können. Der Beitrag beschreibt verschiedene Einsatzmöglichkeiten von mobil erfassten Laserscans zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau. Dazu zählen die berührungslose Erfassung der Längsebenheit von gerichteten Oberflächen im Rahmen der Bauabnahme, 3D-Deformationsanalysen oder die Kontrolle des lagegerechten Einbaus von Betonfertigteilen. Die hier vorgestellten Erkenntnisse basieren größtenteils auf Untersuchungen, die im Rahmen von Forschungsprojekten unter der Leitung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) durchgeführt wurden: [1], [2], [3], [4], [5]. Hervorzuheben ist dabei das Projekt „Betonfahrbahn 4.0“ [6], das von 2017 bis 2021 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wurde. 2. Technologie 2.1 Konventionelle Methoden zur Erfassung und Bewertung der Längsebenheit Ein zentraler Punkt im Herstellungsprozess einer Betonfahrbahn ist die zielsichere Erreichung der geforderten Ebenheit. Diese wird fertigerseitig nach der Verdichtung des Betons durch das Zusammenspiel von Längs- und Querglätter realisiert. Die Einhaltung der geforderten Längs- und Querebenheit wird im Rahmen der Qualitätssicherung durch die ausführende Firma periodisch überprüft. Zur Erfassung und Bewertung der Ebenheit im Zuge der Bauabnahme können sowohl berührende Verfahren als auch berührungslose Verfahren zum Einsatz kommen. Die maßgeblichen Regelwerke sind [7] und [8]. Ein im Straßenbau weit verbreitetes, berührendes System zur Erfassung und Bewertung der Längsebenheit ist der Planograf [4] siehe Abb. 1. Ein Planograf ist eine 4 m lange Rahmenkonstruktion, die auf 10 in Längsrichtung angeordneten Laufrädern steht. In der Mitte der Laufradreihe befindet sich ein Messrad, das sich auf und ab bewegen kann. In der 318 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau Nullstellung liegt die Unterkante des Messrades in der von den Unterkanten der Laufräder gebildeten Bezugslinie. Unebenheiten werden als vertikale Bewegungen des Messrades beim Überrollen einer Fahrbahnoberfläche erkannt. Die Messungen werden typischerweise von einer elektronischen Messeinheit zusammen mit den Daten eines Weggebers mit einer Rasterweite von 0,1 m aufgezeichnet. Innerhalb dieses Intervalls ist jeweils nur der größte Messwert maßgeblich. Die wesentlichen Vorteile eines Planografen sind seine Robustheit im Baustelleneinsatz und die einfache Auswertung und Interpretierbarkeit der Daten. Ein großer Nachteil ist, dass bauartbedingt nur Wellenlängenbereiche bis zu 4 m erfasst und ausgewertet werden können. Während singuläre Anomalien durch den geometrischen Analyseansatz eines Planografen sehr genau erfasst werden können, ist dies für periodische Unebenheiten nicht möglich. Gerade diese Anomalien jedoch beeinflussen den späteren Fahrkomfort und die Beanspruchung der Fahrbahn durch dynamische Radlasten. Komplexere Ebenheitsindikatoren, wie der International Roughness Index (IRI) oder das Bewertete Längsprofil (WLP) können auf der Grundlage von Planografendaten nicht berechnet werden. Darüber hinaus bestimmt die Fahrlinie während der Messung, welches Längsprofil analysiert wird. Es ist daher möglich, dass potenziell problematische Bereiche gar nicht erfasst und somit nicht bewertet werden. Abb. 1: Prinzip eines Planografen, wie er üblicherweise bei Abnahmeprüfungen verwendet wird [9] In Deutschland basieren berührungslose Verfahren auf der High-Speed Road Monitoring Methode (HRM), bei der vier lineare Abstandssensoren zur Erfassung lang- und kurzwelliger Straßenanregungen eingesetzt werden [10]. Da die Triangulations-Lasersensoren an einem starren Balken angebracht sind, erfassen sie nacheinander denselben Punkt auf der Straße (Prinzip der Mehrfachabtastung). Die vier Laser arbeiten typischerweise mit einer Frequenz von 20.000-Hz und einer Entfernungsgenauigkeit von 0,1 mm. Die Punktdichte in Längsrichtung wird durch den Abstand zwischen dem dritten und vierten Laser bestimmt, der gemäß Regelwerk 0,1 m beträgt [7]. Von der BASt zertifizierte HRM-Systeme sind in der Lage, Wellenlängen zwischen 0,2- m und 50- m zuverlässig zu erfassen. Typischerweise werden die Triangulationslaser so an einem Messfahrzeug angebracht, dass sie in der rechten Rollspur messen. Eine detaillierte Beschreibung der HRM-Methode findet sich u. a. bei [2]. Anders als Planografen können HRM-Systeme neben räumlich begrenzten Baustellen auch ganze Straßennetze im fließenden Verkehr (bis zu 80 km/ h) erfassen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Daten sowohl die Berechnung traditioneller geometrischer Ebenheitsindikatoren (z. B. Lattensimulation, Planografensimulation) als auch Response-Type Indikatoren erlauben, die durch geeignete Filter auch die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Straße und Fahrzeug/ Passagier in den Fokus rücken (z. B. International Roughness Index, Bewertetes Längsprofil). Einer der Nachteile der HRM-Methode besteht darin, dass Messungen nur entlang der Einbauposition des HRM-Systems vorgenommen werden können (i. d. R. zwischen dem rechten Vorder- und Hinterrad). Aufgrund der nötigen Präzisionssensorik ist es nicht wirtschaftlich, mehrere HRM-Systeme an einem Fahrzeug zu installieren. Hinzu kommt, dass das dem HRM-Verfahren zugrundeliegende Messprinzip (Mehrfachabtastung) in bestimmten Situationen außer Kraft gesetzt werden kann. Dies ist der Fall, wenn die einzelnen Laser an unterschiedlichen Punkten der Oberfläche oder entlang unterschiedlicher Messlinien messen. Solche Situationen können z. B. bei Brückenübergängen, sehr engen Kurvenradien oder bei einer in Längsrichtung texturierten Oberfläche (Grinding/ Grooving) auftreten. 2.2 Mobiles Laserscanning System S.T.I.E.R Das kinematische Multisensorsystem S.T.I.E.R, ist ein von der Firma Lehmann + Partner GmbH entwickeltes und betriebenes Messsystem zur Erfassung der Längs- und Querebenheit, der Textur, der dreidimensionalen Oberfläche sowie des Oberflächenbilds von Straßen und Verkehrsflächen. Die Kernkomponenten von S.T.I.E.R sind ein inertiales Positionierungssystem, Laserdistanzsensoren zur Messung eines Höhenlängsprofils in der rechten Rollspur (HRM), ein Oberflächen-LiDAR-System sowie verschiedene Kamerasysteme zur Erfassung der Fahrzeugumgebung und der Fahrbahnoberfläche (siehe Abb. 2). Diese Sensorausstattung qualifiziert das BASt-zertifizierte Messsystem S.T.I.E.R nicht nur für die Datenerfassung im Rahmen der netzweiten Zustandserfassung und -bewertung von Straßen, sondern auch für den Einsatz im Rahmen bauvertraglicher Abnahme- und Gewährleistungsverfahren [11]. Die für den Beitrag relevanten Datenquellen sind zum einen das inertiale Positionierungssystem und zum anderen der Oberflächenlaserscanner. Zur Verortung aller Sensordaten ist S.T.I.E.R mit einem Positionierungssystem aus globalem Navigationssatellitensystem (GNSS), inertialer Messeinheit (IMU) und Wegstreckenmesser (DMI) ausgerüstet. Durch die Kombination dieser Bestandteile ist sowohl die Bestimmung der absoluten Position als auch der relativen Positionsänderung der Messplattform möglich. Im Zuge eines Post-Processing Schrittes integriert ein Kalman-Filter GNSS-, IMU- und DMI-Daten und erzeugt so eine hochgenaue Positionierung. Optional können hierbei Referenzstationsdaten eingebunden werden, um die Positionierungslösung weiter zu optimieren. Im Ergebnis liegt die Fahrzeugtrajektorie als Punktfolge mit allen relevanten Informationen, wie beispielsweise Zeitstempel, Beschleunigungen, Raumwinkel und Koordinaten vor. Hinsichtlich der Lagegenauigkeit ist das eingesetzte Positionierungssystem bei GNSS-Abdeckung mit 2 cm und bei einminütigem GNSS-Ausfall mit 12 cm spezifiziert [12]. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 319 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau Abb. 2: Mobile Laserscanning System S.T.I.E.R 3 der Firma Lehmann + Partner GmbH. Auf dem Dachträger sind die Antennen und IMU des Positionierungssystems sowie diverse Umgebungskameras angebracht. Zwischen dem rechten Vorder- und Hinterrad befinden sich vier nach dem HRM-Prinzip angeordnete Einzellaser zur Erfassung eines Höhenlängsprofils in der rechten Rollspur. Am Heck sind ein Oberflächenlaserscanner sowie eine hochauflösende Oberflächenzeilenkamera samt zugehöriger Beleuchtungseinheit montiert. Bei dem am Fahrzeugheck montierten und auf die Fahrbahnoberfläche ausgerichteten Laserscanner handelt es sich um einen Pavement Profile Scanner Plus (PPS), der vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik hergestellt wird [13]. Die Entfernungsmessungen werden mit Hilfe des Phasenvergleichsverfahrens und einem Infrarotlaser (1.550 nm) realisiert, wodurch eine hohe Präzision der Entfernungsmessung bei hohen Messgeschwindigkeiten und gleichzeitiger Augensicherheit gewährleistet ist. Die Messgenauigkeit wird herstellerseitig, gemittelt über ein 10-cm-*-10 cm großes Oberflächenelement, im Submillimeterbereich angegeben [14]. Wie in Abb. 2 links schematisch dargestellt, beträgt der Öffnungswinkel des Scanners 70 °, was bei einer Montagehöhe des Geräts von 3 m über der Fahrbahnoberfläche die Erfassung eines ca. 4,2 m breiten Profils ermöglicht. Der Laserscanner erfasst primär die Polarkoordinaten Entfernung und Scanwinkel. Zusätzlich werden Zeitstempel und die Reflexionsintensität pro Punktmessung aufgezeichnet. Der PPS misst 1 Million Punkte pro Sekunde mit ca. 920 Punkten pro gescanntem Profil. Daraus ergibt sich der Punktabstand auf einem Profil von ca. 4,5 mm. Bei einer Befahrungsgeschwindigkeit von 80 km/ h werden alle 28 mm derartige Scanprofile erzeugt. Über die zeitliche Synchronisierung der Messungen des Positionierungssystems und des Laserscanners entsteht das grundlegende Datenprodukt für die weiterführenden Analysen: Eine 3D-Punktwolke, die neben der geometrischen auch eine radiometrische Information in Form der Reflexionsintensität pro Lasermesspunkt enthält (siehe Abb. 4 links). Eine 4-x-5-m große Betonplatte wird bei 80 km/ h mit ungefähr 160.000 Messpunkten flächenhaft abgetastet. Eine höhere Messpunktdichte in Fahrtrichtung kann durch Reduktion der Befahrungsgeschwindigkeit erreicht werden. 3. Methoden 3.1 Modellierung von 3D-Straßenoberflächen Das Rohdatenprodukt, das sich aus der zeitlichen Synchronisation der Polarkoordinatenmessungen des Laserscanners mit den Positions- und Orientierungsdaten des Positionierungssystems ergibt, ist eine unorganisierte 3D-Punktwolke. Da der PPS-Laserscanner ca. 1 Million Punkte pro Sekunde erfasst, entstehen in Abhängigkeit von der Orientierung und der Fahrgeschwindigkeit des Messfahrzeugs sehr dichte 3D-Daten mit mehreren zehntausend Messpunkten pro Quadratmeter. Diese Datendichte ist für die Zielanwendung (Ebenheitsanalyse) oftmals gar nicht erforderlich. Daher ist es sinnvoll, aus den dichten Oberflächenscans strukturierte Oberflächenmodelle zu berechnen. Für Straßenanwendungen ist die traditionelle Oberflächenmodellierung (Dreiecksvermaschung, Rasterung) nicht immer optimal. Hier bietet ein Ansatz aus dem Automobilbereich eine adäquate Möglichkeit zur Straßenoberflächenmodellierung. Das Datenformat Curved Regular Grid (CRG) wurde von der Daimler AG eingeführt und intern für Simulationsanwendungen wie Reifen, Schwingungs- und Fahrsimulation verwendet [15]. 320 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau Abb. 3: Schematische Darstellung des Auf baus eines achsenbezogenen Gittermodells entlang einer Fahrzeugtrajektorie oder Straßenachse (U). Die rechte Abbildung zeigt in der Draufsicht die Projektion der Höhenwerte aus dem Laserscan auf die Knotenpunkte des CRG Oberflächenmodells. Die Erstellung eines CRG umfasst folgende Schritte: Zunächst wird eine Achse (Referenzlinie U) definiert, die entweder mit Entwurfselementen wie Geraden, Bögen und Klothoiden konstruiert wird oder auf der Fahrlinie eines Messfahrzeugs (Trajektorie) basiert. Entlang dieser Achse werden dann in regelmäßigen Abständen orthogonale Profile angeordnet (Querschnitte V). Abb. 3 zeigt schematisch das CRG Format, das aus einer Referenzlinie U und Querschnitten V besteht. Basiert die CRG Achse auf der Trajektorie des Messfahrzeuges, befindet sich das so erzeugte CRG Grundgerüst im gleichen Koordinatensystem wie die 3D-Messpunkte des Laserscans. Daher können beide Datensätze direkt räumlich miteinander verschnitten werden. Dies ist im rechten Teil von Abb. 3 dargestellt. Jedem CRG Knotenpunkt wird nun der Höhenwert zugewiesen, der aus den Laserscanpunkten (blau) berechnet wird, die innerhalb eines bestimmten Radius r liegen. Das Ergebnis dieser Berechnung ist ein regelmäßiges Oberflächenmodell, das an der Geometrie der Straße ausgerichtet ist. Strukturell gliedert sich eine CRG Datei in einen Header-Bereich, in dem die grundlegenden Strukturparameter definiert sind (z. B. Punktabstand auf dem Querschnitt V, Breite des Querschnitts V, Anfang/ Endpunkte der Referenzlinie U) und einen Datenteil, in dem die Höheninformationen der CRG- Knotenpunkte blockweise gespeichert sind. Für weitere Hintergrundinformationen zu CRG-Daten in Mobile Mapping Anwendungen siehe [16] und [17]. Abb. 4: Laserscan einer Betonfahrbahn (links) und überlagertes CRG Oberflächenmodell (rechts). Abb. 4 zeigt auf der linken Seite eine dichte, unorganisierte 3D-Punktwolke einer mit dem S.T.I.E.R System gescannten Betonstraßenoberfläche. Auf der rechten Seite sind die regelmäßig verteilten CRG Punkte (0,1 m x 0,1 m Raster) überlagert. Durch die klare Strukturierung der Daten innerhalb des CRG Formats und den Achsenbezug jedes einzelnen CRG Punktes ist ein schneller Zugriff auf die Punktdaten möglich, der weitere räumliche Auswertungen hinsichtlich Ebenheit und lokaler Oberflächenvariationen ermöglicht: Längs- und Querprofile können schnell und einfach an jeder Stelle der Straßenoberfläche extrahiert und ausgewertet werden siehe Abb. 5. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 321 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau Abb. 5: Prinzip der Extraktion beliebig vieler paralleler Längsprofile aus dem an der Straßengeometrie orientierten CRG Oberflächenmodell im Rahmen der Längsebenheitsbewertung. 3.2 Ebenheitsindikatoren Ergebnis einer Längsebenheitsmessung mit dem Planografen ist der Planografenschrieb, der die Auf- und Abbewegung des Messrades auf einer mm-Skala entlang des Messweges darstellt. In Anlehnung an dieses berührende Analyseverfahren hat sich die Lattensimulation auf Basis von berührungslosen Messungen als zentraler Indikator für die Längsebenheitsbewertung in den deutschen Richtlinien, insbesondere im Bereich der Bauabnahme, etabliert [7]. Bei der Lattensimulation wird eine virtuelle Latte von typischerweise 4 m Länge schrittweise über ein digitales Höhenlängsprofil mit 0,1 m Punktabstand bewegt siehe Abb. 6. An jeder Position der virtuellen Latte wird der Abstand unter der Lattenmitte zum entsprechenden Profilpunkt berechnet. Im Ergebnis liegt für die Messtrecke ein Signal der Stichmaße unter der 4-m Latte (PGR) im 0,1 m Intervall vor. Als Indikator für die Bewertung der Längsebenheit werden basierend darauf ein mittlerer PGR-Wert (PGR AVG) und ein maximaler PGR-Wert (PGR MAX) für einen Auswerteabschnitt definierter Länge berechnet. Typische Abschnittslängen sind 10 m, 20 m oder 100 m. Da die PGRWerte mit den von Planografen ermittelten Werten korrelieren, wird der PGR MAX in Deutschland vor allem bei Bauabnahmen und Funktionsinspektionen zur Längsebenheitsbewertung herangezogen. Es ist jedoch anzumerken, dass das Ergebnis der Lattensimulation kein direktes Pendant zur Planografenmessung ist, da die Bezugslinie des Planografen im Zuge der Messung geringfügig in das Längsprofil eindringen kann (aufgrund von Anordnung und Durchmesser der Laufräder) [4]. Die simulierte 4-m Latte liegt dagegen immer auf dem Profilpunkten auf. Die Lattensimulation liefert daher tendenziell höhere Stichmaßwerte als ein Planograf. Wie der Planograf kann auch die Lattensimulation nur punktuelle Unebenheiten bis zu einer Wellenlänge von 4 m adäquat bewerten. Dabei wirken sich gerade periodische Unebenheiten entscheidend auf den Fahrkomfort und die Straßenschädigung infolge verstärkter Belastung aus. Abb. 6: Prinzip der Lattensimulation (nach [11]) Nicht zuletzt deshalb wurde eine komplexere Bewertungsmethode entwickelt: das Bewertete Längsprofil bzw. Weighted Longitudinal Profile (WLP). Das WLP hat sich bereits für die netzweite Zustandserfassung in Österreich etabliert [18] und ist in der europäischen Norm EN 130365 beschrieben. Seine Kennwerte ΔWLP und σWLP adressieren die Aspekte Fahrkomfort, Sicherheit und Oberflächenhaltbarkeit besser als bestehende Ansätze, die sich nur auf die Bewertung der geometrischen Eigenschaften der Fahrbahnoberfläche konzentrieren [19]. Um die im Höhenlängsprofil einer Straßenoberfläche enthaltenen kurz- und langwelligen Anregungen über den gleichen Bewertungsmaßstab (Millimeter) beurteilen zu können, werden im Zuge eines Transformationsprozesses kurze Wellen mit vergleichsweise geringen Am- 322 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau plituden über eine Gewichtungsfunktion betont. Da im Längsprofil einer Straße enthaltene Periodizitäten zu Resonanzerscheinungen am Fahrzeug und in der Folge zu merklichen Komforteinbußen führen können, wird zusätzlich eine spezielle Oktavbandfilterung angewendet, um insbesondere kurze, in regelmäßigen Abständen auftretende Unebenheiten einer angemessenen Bewertung zuzuführen. Abb. 7 visualisiert das Berechnungsschema des WLP. Details zur Berechnung sind im Regelwerk beschrieben [7]. Der dem WLP zugrundeliegende Auswerteansatz verbindet die Vorteile von konventionellen geometrischen Bewertungsmethoden, wie der Lattensimulation (PGR), und Response-Type-Methoden, wie dem International Roughness Index (IRI), der auch Aspekte der Fahrdynamik berücksichtigt. Damit gewährleistet das WLP eine objektive Bewertung von lokalen Einzelereignissen (ΔWLP) sowie von regellosen und periodisch auftretenden Unebenheiten (σWLP). Die Kennwerte ΔWLP und σWLP stehen nicht nur im Zusammenhang mit dynamischen Radlasten und damit der potentiellen Straßenschädigung, sondern geben auch den empfundenen Fahrkomfort gut wieder, worauf nicht zuletzt die starke Korrelation von σWLP mit IRI Werten verweist [1]. Aus diesen Gründen hat die BASt in der vergangenen Dekade verschiedene Studien durchgeführt, um die Einführung des WLP als zukünftigen Standardindikator für die Zustandsbewertung von Autobahnen und für Bauvertragszwecke vorzubereiten [1], [4]. Eine Berechnung des WLP auf Basis von Planografendaten ist nicht möglich, da als Berechnungsgrundlage ein Höhenlängsprofil benötigt wird. Abb. 7: Schematische Darstellung der einzelnen Schritte zur Berechnung der WLP Kennwerte (nach [4]): Transformation in den Frequenzraum und Multiplikation mit einer Bewertungsfunktion (oben links), Zerlegung des bewerteten Spektrums in aufeinanderfolgende Oktavbänder und Rücktransformation in den Ortsraum (oben rechts), Zusammensetzung der Teilprofile zum WLP (unten links) und Ableitung der Indikatoren (unten rechts). Das im Regelwerk [7] erwähnte zehnte Oktavband mit dem Wellenlängenbereich von 102,4 - 204,8 m ist hier nicht mit aufgeführt. 3.3 3D-Oberflächenanalyse Die vorstehend vorgestellten konventionellen Erfassungsansätze und Längsebenheitsindikatoren haben gemeinsam, dass sie lediglich ein einzelnes Höhenlängsprofil einer Straßenoberfläche erfassen und bewerten. Liegt eine Ebenheitsanomalie außerhalb der Messlinie, kann sie nicht detektiert und somit auch nicht adäquat bewertet werden. Mobile Laserscanning Systeme wie S.T.I.E.R hingegen scannen die Straßenoberfläche über die gesamte Fahrstreifenbreite mit einer extrem hohen Messpunktdichte. Unebenheiten können daher auf der Grundlage von Laserscans nicht nur im Profil, sondern als tatsächliches dreidimensionales Phänomen analysiert werden. Dazu werden spezifische Indikatoren oder Merkmale benötigt, die die räumliche Anordnung von 3DPunkten in ihrer lokalen Umgebung beschreiben. Sogenannte 3D- Punktmerkmale bzw. 3D-Deskriptoren ermöglichen es, lokale Geometrien in Punktwolken zu beschreiben und damit sowohl signifikante Punkte zu identifizieren als auch 3D-Punktwolken in Bezug auf lokale Oberflächeneigenschaften zu klassifizieren [20]. Es existieren eine Vielzahl von Algorithmen zur Berechnung von lokalen und globalen 3D-Deskriptoren [21]. Die lokale Punktnachbarschaft wird in der Regel entweder durch eine Anzahl nächster Nachbarn oder durch eine Kugel mit einem bestimmten Radius um jeden 3D-Punkt definiert. Während Radien im Zentimeter- und Dezimeterbereich für die dreidimensionale Oberflächenanalyse von Straßen mit lokalen 3D-Deskriptoren sinnvoll sind, können auch größere, radius-unabhängige lokale Zusammenhänge berücksichtigt werden. Eine lokale Punktnachbarschaft 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 323 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau kann auch durch semantische Objektgrenzen definiert werden. Beispielsweise bildeten bei [22] die Messpunkte eine Punktnachbarschaft, die eine Betonplatte abbilden. In diese Punktnachbarschaft wurde eine lokale Oberfläche eingepasst. Die Abweichung der vorhandenen Plattenoberfläche von der idealen Plattengeometrie wurde dann durch Berechnung des 3D-Abstands jedes Scanpunkts zur ausgleichenden Ebene quantifiziert. Auf diese Weise wird jeder Scan-Punkt mit einem Wert attribuiert, der beschreibt, wie er relativ zur idealen Geometrie einer Betonplatte lokalisiert ist. Zur Veranschaulichung zeigt der linke Teil von Abb. 8 das Berechnungsprinzip der 3D-Punkt-zu-Ebene-Abweichung. Dort ist ein Profilschnitt durch eine gescannte Oberfläche S dargestellt, in die eine ausgleichende Ebene E eingepasst wird. Jedem Oberflächenscanpunkt wird der Abstand zu dieser Ebene zugeordnet. Auf der rechten Seite ist eine schematische 3D-Darstellung einer konkav verformten Betonplatte zu sehen, deren Oberflächenpunkte entsprechend der 3D- Ebenenabweichung eingefärbt sind (blau/ violett: Abweichung unterhalb der Ebene; grün: keine Abweichung von der Ebene; rot/ gelb: Abweichung oberhalb der Ebene). Abb. 8: Berechnungsprinzip der 3D-Punkt-zu-Ebene-Abweichung, die die vertikale Verformung einer Oberfläche quantifiziert [22] Diese Art der 3D-Oberflächenanalyse ermöglicht sowohl die Beschreibung von baubedingten oder thermisch induzierten Plattenverformungen als auch die detaillierte Untersuchung von kritischen Stellen im Bauprozess. Letzteres bezieht sich vor allem auf die Bereiche, in denen der Fertigungsprozess unterbrochen werden musste (z. B. aufgrund von Witterungseinflüssen). Nach dem erneuten Anfahren eines Gleitschalungsfertigers kann es durchaus einige Zeit dauern, bis alle Subsysteme wieder optimal funktionieren [9]. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass an solchen Ansatzstellen Unebenheiten auftreten. Wie in Abb. 9 zu sehen ist, ist der Übergang entlang der Querfuge durch eine lokal unterschiedlich stark ausgeprägte Aufwölbung gekennzeichnet. Der Grund dafür ist ein Herunterfahren des Fertigers am Ende eines Bau- Tages bzw. das Wiederaufnehmen des Fertigungsprozesses am Folgetag. Die vertikale Verformung wurde hier durch Einpassen einer Ebene in die angrenzenden Platten berechnet. Abb. 9: 3D-Analyse eines Bereichs, in dem der Gleitschalungsfertiger neu gestartet werden musste. Auf dem Kamerabild (links) ist ein sanierter Kantenschaden im Bereich der Querfuge am rechten Fahrbahnrand zu erkennen. Auf dem Laserscan (rechts) zeigt die Farbcodierung eine deutliche Aufwölbung direkt hinter der Querfuge. 324 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau 4. Anwendungen 4.1 Berührungslose Ebenheitsanalyse auf längstexturierten Oberflächen Um herauszufinden, welche modernen Erfassungstechnologien als Alternative zum HRM-Verfahren im Rahmen der Ebenheitsbewertung von Straßen infrage kommen, wurde im Auftrag der BASt zwischen 2018 und 2022 eine umfangreiche Studie durchgeführt [5]. Insgesamt wurden fünf Erfassungssysteme sowohl im öffentlichen Straßennetz als auch auf dem duraBASt-Testgelände gegeneinander getestet [23]. Dazu gehörten verschiedene HRM-Systeme unterschiedlicher Dienstleister, das LCMS-2 (Laserlichtschnittverfahren) und ein S.T.I.E.R- System mit PPS-Laserscanner. Neben der geometrischen Genauigkeit und Wiederholbarkeit wurden systematisch die Einflüsse von Fahrgeschwindigkeit, Fahrunterbrechungen, Textur, Brückenübergangskonstruktionen sowie Spurrinnen und enge Kurvenradien auf die Bewertung der Längsebenheit untersucht und verglichen. Die Studie kam zu dem Schluss, dass die auf dem PPS-Laserscan bzw. dem daraus abgeleiteten 3D-Oberflächenmodell (CRG) basierende Bewertung der Längsebenheit mit den Ergebnissen der bisher zugelassenen berührungslosen Methoden (HRM) vergleichbar ist. Es wird daher angestrebt, eine BASt-Zertifizierung des Laserscanverfahrens für die Längsebenheitserfassung zu erhalten. Für die Querebenheitserfassung erhält das System bereits seit 2012 jährlich die zeitbefristete Betriebszulassung durch die BASt. Abb. 10 zeigt exemplarisch einen 300 m langen Abschnitt aus einer Abnahmeprüfung (Lattensimulation) mit zwei Überschreitungen des Abnahmewertes. Da S.T.I.E.R sowohl über ein HRM-System als auch ein Oberflächen-LiDAR-System verfügt, können die simultan erfassten Daten direkt verglichen werden. Abb. 10: Vergleich einer HRM-basierten und einer Laserscanbzw. CRG-basierten Längsebenheitsanalyse unter Verwendung des derzeit in Deutschland für Abnahmeprüfungen gebräuchlichen Ebenheitsindikators PGR-MAX. Der hellgrün hinterlegte Bereich stellt den Toleranzbereich der Abnahmeprüfung dar. Wie vorstehend gezeigt, bietet ein 3D-Modell (CRG) im Allgemeinen eine valide Grundlage für die berührungslose Bewertung der Längsebenheit. Ein wesentlicher Vorteil des 3D-Modellansatzes gegenüber dem HRM- Verfahren wurde für längstexturierte Oberflächen gezeigt [6]. Bei Grinding- und Groovingstrukturen ist das HRM-Prinzip (Mehrfachabtastung desselben Oberflächenpunkts) verletzt, da es vorkommen kann, dass Messungen abwechselnd in den Rillen oder auf den Stegen vorgenommen werden. Obwohl die Rillen-Stege-Struktur prinzipiell auch vom Laserscanner erfasst wird, kann im Zuge der CRG Oberflächenmodellierung gesteuert werden, ob z. B. nur die obersten oder untersten LiDAR- Messungen für die Berechnung eines CRG Knotenpunkts berücksichtigt werden oder ein abstandsgewichteter Mittelwert. Dies ermöglicht eine adäquate geometrische Darstellung der längstexturierten Oberfläche und deren Bewertung hinsichtlich ihrer Ebenheit. In Abb. 11 ist dies am Beispiel einer 7 km langen Autobahnstrecke dargestellt (unbewehrter Beton, Plattenbauweise). 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 325 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau Abb. 11: Vergleich von HRM- und CRG-basierten Höhenlängsprofilen für Waschbeton (EAC) und längstexturierte Betonoberflächen (Grinding/ Grooving) unter Verwendung des Bewerteten Längsprofils (WLP). Die Indikatoren sind auf ihren Abnahmewert normiert. Die ersten 3 km sind als Waschbeton (EAC) ausgeführt. Danach folgt ein 3,3 km langer längstexturierter Abschnitt: die ersten 2,8 km sind nur gegrindet und für die letzten 0,5 km wurde eine kombinierte Grinding-/ Grooving-Oberflächenstruktur hergestellt. Daran schließt sich ein weiterer Waschbetonabschnitt von 1 km Länge an. Um ΔWLP und σWLP auf einer einheitlichen y-Achse darzustellen, wurden beide auf den entsprechenden Abnahmewert normiert (ΔWLP: 24mm; σWLP: 4mm). Werte über eins markieren somit Überschreitungen des Abnahmewertes. Anhand der Kennwertkurven lässt sich erkennen, dass die HRM- und 3D-Modell-basierten Höhenlängsprofile die Waschbetonoberfläche nahezu identisch abbilden. Zu Beginn der Grindingstrecke zeigen die 3D-Modell-basierten Kurven eine Abnahme des Kennwertniveaus und damit eine Verbesserung der Ebenheit. Im Gegensatz dazu sind die HRM-basierten Kurven durch ein erhöhtes Rauschen gekennzeichnet. Die ebenheitsverbessernde Wirkung des Grindings lässt sich aus den HRM-basierten Kurven nicht ablesen. In dem Abschnitt, in dem Grinding und Grooving kombiniert auftreten, zeigen die HRM-Profil-basierten Kennwerte eine extrem erhöhte Ausprägung, während die CRG-Profil-basierten Kennwerte stabil auf dem Niveau des vorherigen Abschnitts bleiben. 4.2 Plattenspezifische 3D-Deformationsanalysen Wie von [22] beschrieben, entsprechen die derzeit im deutschen Straßennetz vorherrschenden Oberflächenmorphologien von Betondecken nicht den Modellannahmen, von denen im Kontext der rechnerischen Dimensionierung und Restsubstanzbewertung von Betonfahrbahndecken ausgegangen wird. Die tatsächliche Situation ist wesentlich komplexer als die abstrahierenden Annahmen über konvex und konkav gekrümmte Oberflächenverformungen. Die derzeit verwendeten Stoßfaktoren bilden daher die reale Beanspruchung durch dynamische Radlasten nur unzureichend ab. Die Untersuchungen von [22] basieren auf Oberflächenlaserscans, die auf verschiedenen deutschen Autobahnen mit dem S.T.I.E.R System aufgenommen wurden (unbewehrter Beton, Plattenbauweise). Über die erwarteten Verformungen (Schüsseln / Wölben) hinaus konnten weitere Verformungsmuster identifiziert und mithilfe des Plane Deviation Grid (PDG) Deskriptors sowie einem maschinellen Lernansatz automatisch klassifiziert werden - siehe Abb. 12.Abb. 13 Der PDG- Deskriptor basiert auf der in Abschnitt 3.3 beschriebenen 3D-Analyse (Punkt-Ebene-Abstände). Mit seiner Hilfe können die vertikalen Verformungswerte an Schlüsselpunkten einer Platte automatisch extrahiert werden (z.-B. Ecken, Kanten und Plattenzentrum). Abb. 13 zeigt typische PDG-Deskriptorwerte für drei Deformationsmuster. Abb. 12: Beispiele für unterschiedliche Verformungsmuster auf deutschen Autobahnen (Draufsicht). Die Studie kam zu dem Schluss, dass der vorgeschlagene Ansatz nicht verformte Platten, konkave und konvexe Verformungen in zwei Schweregraden und andere unregelmäßige Verformungen zuverlässig automatisch klassifizieren kann. Die Autoren konnten auch zeigen, dass im deutschen Autobahnnetz verschiedene Verformungsmuster auftreten, die bisher bei der rechnerischen Dimensionierung und Restsubstanzbewertung von Betonfahrbahndecken nicht ausreichend berücksichtigt werden. Das Vorhandensein dieser Verformungsmuster lässt auf erhöhte Spannungen im Plattensystem schließen, wenn Radlasten auf vorverformte Platten treffen, was wieder- 326 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobiles Laserscanning zur Qualitätssicherung im Betonstraßenbau um einen Einfluss auf die Haltbarkeit einer Betonfahrbahn haben kann. Im Rahmen von Abnahmemessungen können mit dem Ansatz von [22] Ebenheitsanomalien lokalisiert und entsprechend behandelt werden, damit das Plattensystem bei der Verkehrsfreigabe einer möglichst geringen Belastung ausgesetzt wird. Dies kann zur Herstellung von Betondecken mit langer Lebensdauer und geringem Instandhaltungsbedarf beitragen. Abb. 13: Typische PDG-Deskriptorwerte für glatte Platten (grün) und nach konvex/ konkav verformte Platten (rot/ blau). Die IDs 0 bis 5 stehen für die Plattenmitte und die Plattenecken. 4.3 Kontrolle des lagegerechten Einbaus von Betonfertigteilen Die Verwendung von Betonfertigteilen hat verschiedene Vorteile, wie z. B. eine gleichmäßige Qualität durch kontrollierte Produktionsbedingungen oder einen beschleunigten Sanierungsprozess. Deshalb wird diese Bauweise zunehmend eingesetzt, vor allem wenn es darum geht, einzelne beschädigte Platten zu ersetzen. Das Forschungsprojekt „HESTER“ [24] untersuchte unter anderem den Einbau von Betonfertigteilen im Bereich von innerstädtischen Bushaltestellen. Von besonderem Interesse war dabei die Lage der Fertigteile zueinander und in Bezug zur angrenzenden Straßenoberfläche. Die Laserscannermessungen mit dem S.T.I.E.R. System wurden drei Wochen nach dem Einbau der Betonfertigteile durchgeführt. Wie in Abb. 14 zu sehen ist, wurde eine ausgleichende Ebene E für die angrenzende Asphaltfläche (Bestand) eingepasst. Anschließend wurden die vertikalen Abstände der gescannten Fertigteiloberfläche zu dieser Ebene berechnet. Während die Elemente im vorderen Teil von Abb. 14 nahezu perfekt eingebaut wurden, weichen einige andere Elemente von der Ebene der angrenzenden Asphaltdecke ab, da sie leicht schräg eingebaut wurden. Dadurch ergeben sich Kanten an einigen Übergängen zwischen den Fertigteilen, die wiederum die Haltbarkeit der Fertigteilelemente potentiell negativ beeinflussen. Abb. 14: Überprüfung der korrekten vertikalen Positionierung von Betonfertigteilen 5. Schlussfolgerung Dieser Beitrag fasst die Erkenntnisse verschiedener Forschungsprojekte zusammen und zeigt, dass mobiles Laserscanning die Aufnahme hochauflösender digitaler Topographien von Straßenoberflächen ermöglicht. Solche Oberflächenscans können nicht nur im Rahmen der Zustandserfassung und -bewertung, sondern auch zur Analyse der Bauqualität im Rahmen von Abnahmeverfahren verwendet werden. Auf der Basis von 3D-Punktwolken können Oberflächenmodelle erzeugt werden, die eine Extraktion und regelwerkskonforme Analyse von Längsprofilen an jeder beliebigen Stelle des Fahrstreifenquerschnitts anhand der derzeitigen und künftigen Längsebenheitsindikatoren zulassen. Insbesondere eignet sich diese Methode zur Bewertung gerichteter Oberflächen (Grinding/ Grooving), bei denen herkömmliche berührungslose Methoden (HRM) an ihre Grenzen stoßen. Darüber hinaus ermöglichen Laserscans dreidimensionale Auswertungen, die mit einer herkömmlichen Profilanalyse nicht zu realisieren sind. Eingebettet in einen entsprechenden Bauprozess können die Lasermessungen zur Qualitätssicherung genutzt werden, um potenzielle Problemstellen zu identifizieren, hochgenau zu lokalisieren und ebenheitsoptimierende Maßnahmen zielgenau durchzuführen. Literatur [1] FE 29.202/ 2008, „Längsebenheitsauswerteverfahren Bewertetes Längsprofil“, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bergisch-Gladbach, 2011. [2] FE 04.0213/ 2008, „Überprüfung der Signalverarbeitungsverfahren nach dem Prinzip der Mehrfachabtastung (HRM)“, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bergisch-Gladbach, 2015. [3] FE 04.0248/ 2011, „Integrale Bewertung der Ebenheit“, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bergisch-Gladbach, 2015. 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