eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 3/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
kstr
expert Verlag Tübingen
21
2023
31

Mobilitätswende gestalten - Projekte mit agilem, integrativen Arbeiten erfolgreich umsetzen

21
2023
Alexander Buttgereit
Katharina Thomalla
Andreas Pott
Andreas Groot-Körmelink
Das Thema Mobilitäts- und Verkehrswende ist in Deutschland seit einiger Zeit sehr hoch auf der Prioritätenliste der Verantwortlichen im Öffentlichen Dienst sowie im Bewusstsein von Politik und Gesellschaft. Ohne Maßnahmen zur Umgestaltung, zur alternativen Nutzung oder dem Umbau der Verkehrsinfrastruktur ist es aber oftmals nur bedingt möglich, wirksame Erfolge zu erzielen. Damit diese Maßnahmen auch realisiert werden können, bedarf es häufig eines komplexen und umfangreichen Planungs- und Bauprozesses mit einer Vielzahl an Beteiligten, der schließlich durch politische Beschlüsse sowie der baulichen Umsetzung abgeschlossen wird. Dieser Prozess dauert in der Regel von der ersten Planungsidee bis zur Umsetzung viele Jahre. Für die dringend notwendigen Maßnahmen zur Unterstützung der Verkehrswende werden aber kürzere Realisierungszeiten gewünscht und gefordert. Folglich sind alternative Vorgehensweisen gefragt. In der Stadt Münster sind daher verschiedene Herangehensweisen angewendet worden, um diese Prozesse zu beschleunigen, ohne dabei die rechtlichen, fachlichen Belange sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit zu vernachlässigen. Dies hat z. B. dazu geführt, dass innerhalb eines Jahres ca. 45 km Radwege erneuert worden sind bzw. ein neuer Radweg, die Kanalpromenade, von mehr als 20 km Länge in ca. dreieinhalb Jahren von der Planung bis zur Verkehrsfreigabe hergestellt werden kann. In diesem Beitrag soll die Vorgehensweise, die nicht nur in Münster anwendbar ist, mit den positiven wie negativen Effekten dargestellt werden. Außerdem soll es Mut machen, dem Beispiel zu folgen und somit die Mobilitäts- und Verkehrswende in Deutschland zu beschleunigen.
kstr310357
3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 357 Mobilitätswende gestalten - Projekte mit agilem, integrativen Arbeiten erfolgreich umsetzen Prof. Dr.-Ing. Alexander Buttgereit Jade Hochschule Oldenburg, FB Bauwesen, Geoinformation, Gesundheitstechnologie Katharina Thomalla, M. Sc. Geographie Stadt Münster, Amt für Mobilität und Tiefbau Dipl.-Ing. Andreas Pott Stadt Münster, Amt für Mobilität und Tiefbau Dipl.-Ing. Andreas Groot-Körmelink Stadt Münster, Amt für Mobilität und Tiefbau Zusammenfassung Das Thema Mobilitäts- und Verkehrswende ist in Deutschland seit einiger Zeit sehr hoch auf der Prioritätenliste der Verantwortlichen im Öffentlichen Dienst sowie im Bewusstsein von Politik und Gesellschaft. Ohne Maßnahmen zur Umgestaltung, zur alternativen Nutzung oder dem Umbau der Verkehrsinfrastruktur ist es aber oftmals nur bedingt möglich, wirksame Erfolge zu erzielen. Damit diese Maßnahmen auch realisiert werden können, bedarf es häufig eines komplexen und umfangreichen Planungs- und Bauprozesses mit einer Vielzahl an Beteiligten, der schließlich durch politische Beschlüsse sowie der baulichen Umsetzung abgeschlossen wird. Dieser Prozess dauert in der Regel von der ersten Planungsidee bis zur Umsetzung viele Jahre. Für die dringend notwendigen Maßnahmen zur Unterstützung der Verkehrswende werden aber kürzere Realisierungszeiten gewünscht und gefordert. Folglich sind alternative Vorgehensweisen gefragt. In der Stadt Münster sind daher verschiedene Herangehensweisen angewendet worden, um diese Prozesse zu beschleunigen, ohne dabei die rechtlichen, fachlichen Belange sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit zu vernachlässigen. Dies hat z. B. dazu geführt, dass innerhalb eines Jahres ca. 45 km Radwege erneuert worden sind bzw. ein neuer Radweg, die Kanalpromenade, von mehr als 20 km Länge in ca. dreieinhalb Jahren von der Planung bis zur Verkehrsfreigabe hergestellt werden kann. In diesem Beitrag soll die Vorgehensweise, die nicht nur in Münster anwendbar ist, mit den positiven wie negativen Effekten dargestellt werden. Außerdem soll es Mut machen, dem Beispiel zu folgen und somit die Mobilitäts- und Verkehrswende in Deutschland zu beschleunigen. 1. Einleitung Verfolgt man die öffentliche Berichterstattung in den Medien, so hört man viel zu oft, dass die notwendigen und dringenden Projekte der Erneuerung, des Ausbaus oder des Neubaus von Verkehrsinfrastrukturen oder auch der Digitalisierung (Breitbandausbau) zu lange dauern. Oftmals werden in diesem Zusammenhang reflexartig Stichworte wie Bürokratie, lange Genehmigungsprozesse als Ursache genannt und nach einer Revolutionierung des Arbeitens in der öffentlichen Verwaltung gefordert. Doch ist das wirklich so richtig? Oder kann man nicht auch in den bestehenden Strukturen erfolgreich arbeiten und wenn ja, was sind die Schlüssel zu diesem Erfolg? Als Beispiel sollen zwei komplett unterschiedliche Aufgaben aus dem Verantwortungsbereich des Amtes für Mobilität und Tief bau der Stadt Münster herangezogen werden. Die erste Aufgabe bestand darin, im Rahmen der Straßenerhaltung zusätzlich bereit gestellte Finanzmittel neben dem „normalen Tagesgeschäft“ zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur nachhaltig zu verbauen. Dieser Teil soll hier in der schriftlichen Ausarbeitung nur kurz dargestellt werden. Die zweite Aufgabe umfasst den Ausbau eines rund 27km langen Betriebsweges entlang des DEK in Münster auf einer Länge von etwa 21km innerhalb von 3-5 Jahren von der ersten Planung bis zur Inbetriebnahme. Wichtig ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass die Umsetzung sowohl in der klassischen Verwaltungsstruktur und -organisation nach Ämtern und Dezernaten sowie in Anlehnung an eine Projektorganisation mit z.T. „agilen Methoden“ erfolgte. In beiden Bespielen sind flexible Arbeitsorganisation, klare Kommunikation (-sprozesse) nach innen und nach außen, eindeutige Verantwortlichkeiten und Entscheidungsstrukturen als Basis des späteren Erfolgs zu nennen. 2. Klassischer Planungsprozess Der klassische Planungsprozess für den Straßenbau ist beispielsweise in den RE 2012 dargestellt (Bild 1). Die zu leistenden Inhalte und Qualitäten sind darin hinreichend beschrieben und bilden in Kombination mit den HAOI als 358 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobilitätswende gestalten - Projekte mit agilem, integrativen Arbeiten erfolgreich umsetzen Grundlage für die Honorarermittlung bei externer Vergabe die Basis vieler Straßenbauprojekte. Bild 1: Planungsprozess nach RE Begleitet wird die technische Planung von einer in den letzten Jahrzehnten immer komplexer werdenden Umweltverträglichkeitsprüfung. Aus dem Bild 2 ist zu erkennen, dass es eine enge Verflechtung zwischen der technischen Planung und der Umweltrechtlichen Prüfung gibt, die in einer iterativen Ergebnisfindung münden. Bild 2: Zusammenspiel Umweltschutz und Entwurf in der Planungsphase Damit aber die Straße gebaut werden kann, sind zusätzlich politische Beschlüsse erforderlich, die je nach Bedeutung und Zuständigkeit von unterschiedlichen Gremien in der Kommune oder des Landes oder des Bundes getroffen werden. Basis der Entscheidungen sind normalerweise die Entwurfsunterlagen (Technik und Umwelt inkl. Finanzierung) zu jeweiligen Planungsstadium. Dies ist ein gut geregelter und seit Jahren etablierter Prozess. Die Planungszeiten dieser Vorgehensweise betragen oftmals drei, fünf, zehn oder mehr Jahre, je nach Komplexität sowie Klarheit und Konstanz der Projektziele. Um die Mobilitätswende aber für die Bürger*innen und Entscheidungsträger*innen in Münster erfahrbar und erlebbar zu machen, sind solche Planungszeiträume zu lang. Deshalb sollten Alternativen gesucht und getestet werden. 3. Vorgehensweise Die Möglichkeiten zur Beschleunigung des Planungs- und Bauprozesses gibt es bereits heute unter Anwendung des geltenden Rechts und des geltenden technischen Regelwerks. Sie sind durch gesetzliche Änderungen z. B. für Arbeiten im Bestand im Straßen- und Wegegesetz NRW aktuell sogar noch größer als zum Zeitpunkt der im folgenden beschriebenen Beispiele. a) Straßenerhaltung Zur Unterstützung der Mobilitätswende hat der Rat der Stadt Münster zusätzliche Mittel insbesondere zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur für einen begrenzten Zeitraum von vier Jahren zur Verfügung gestellt. Ein Teil des Geldes sollte auch im Rahmen der Straßenerhaltung umgesetzt werden. Zunächst ist entschieden worden, dass die vorhandenen Möglichkeiten und Ermessensspielräume der Zuständigkeitsordnung möglichst weitgehend ausgeschöpft werden sollen, d. h. es sollten möglichst schlanke Entscheidungsstrukturen und Entscheidungswege genutzt werden. Außerdem ist die ämterübergreifende Projektarbeit in den klassischen Verwaltungsstrukturen intensiviert worden. Hierin sind ebenfalls externe Beteiligte wie z. B. die Polizei einbezogen worden. Auf diese Weise ist es innerhalb weniger Wochen möglich gewesen, Projekte zu identifizieren und zu priorisieren, die innerhalb der nächsten 3-4 Jahre realisiert werden sollten. Aus dieser Liste wurde im nächsten Schritt ein Bauprogramm für die folgenden 18-24 Monate festgelegt und mit den vorhandenen bzw. noch abzuschließenden Bauverträgen der Straßenerhaltung umgesetzt. Dies führte dazu, dass z. B. in 2019 rund 10 Mio. Euro in 45 zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur flossen, die teilweise sogar mit Zuwendungen refinanziert werden konnten. b)Kanalpromenade Am Anfang stand im Dezember 2018 die in 2016 im Radverkehrskonzept 2025 beschlossene Idee, einen 27 km langen Radwege entlang des DEK in Münster zu bauen (Bild 3) und das möglichst schnell (innerhalb von 3-4Jahren). Es gab den vorhandenen Betriebsweg, der baulich und kapazitätsmäßig ertüchtigt werden sollte. Allerdings gab es kein Baurecht, die Finanzierung war unklar, Zuwendungen standen noch nicht in Aussicht und Umweltverträglichkeitsuntersuchungen lagen noch nicht vor. 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 359 Mobilitätswende gestalten - Projekte mit agilem, integrativen Arbeiten erfolgreich umsetzen Bild 3: Ausbaustrecke mit Bauabschnitten (Quelle: Stadt Münster) Der Ausbau einer durchgängigen und für Radfahrende komfortabel nutzbaren Radverkehrsinfrastruktur entlang des DEK ist dringend erforderlich. Die ökologischen, ökonomischen und gesundheitlichen Vorteile (individuell und gesamtgesellschaftlich) liegen auf der Hand. Städtisches Ziel ist, mehr Radverkehr zu generieren und den Anteil des Radverkehrs am Modal Split auf 50 % zu erhöhen. Dies kann nur gelingen, wenn die Infrastruktur entsprechend komfortabel und sicher angepasst wird. Der derzeitige Ausbauzustand der vorhandenen Radwege entlang des DEK wird den Ansprüchen der Fahrradstadt Münster sowie pendelnder Personen (Berufstätige, Studierende) weitestgehend nicht gerecht. Um die Betriebswege zukünftig für den Alltagsradverkehr komfortabel nutzen zu können, sollen die Standards für Velorouten angewendet werden. Neben einer Asphaltoberfläche -die Vorteile ergeben sich hierbei durch einen geringeren Rollwiderstand (Reduzierung der Reisezeitverluste) sowie eine witterungsunabhängige Nutzung (weder Staub bei Trockenheit, noch Matsch bei Nässe) und geringere Unterhaltungsaufwendungen- sind eine Ausbaubreite von mindestens 3 m, Fahrbahnrandmarkierungen (Schmalstrich) sowie eine angemessene Beleuchtung auf ganzer Strecke zur besseren Orientierung und Erhöhung der Sicherheit wesentliche Kriterien. Da sich aufgrund des DEK-Ausbaus unterschiedliche Planungs- und Bauphasen ergeben, ist auf Basis eines Gesamtkonzepts eine stufenweise Umsetzung beabsichtigt, die mit den Abschnitten außerhalb der DEK-Ausbaustrecke (Stadtstrecke) beginnt (Bild 4). Bild 4: Ausbauphasen / -abschnitte für die Betriebswege des DEK Die Wahl der Bauabschnitte orientierte sich dabei im Wesentlichen an der folgenden Taktik: • Das Umsetzen, was einfach und schnell erreichbar ist, parallel die anderen Bereiche planen • Stadtstrecke durch WSA umsetzen lassen in Zuge des geplanten Ausbaus des DEK • Bauen von außen nach innen • Lösung der Umweltfragen „Mobilitätswende zu Lasten der Umwelt“ (Fledermäuse, Bäume und Sträucher, Versiegelung ), insbesondere im Abschnitt 4 (grün gegen Mobilität) in einem ergebnisoffenen, transparenten, integrativen Beteiligungsprozess • Intensive projektbegleitende Kommunikation Die notwendigen politischen Beschlüsse sind bis auf den Planungsbeschluss in 2019 zu Beginn des Projektes im weiteren Verlauf mehr oder weniger auf Basis einer „Idee“ gefasst worden und nicht üblich auf konkrete Fakten. Das bedeutete, dass im gesamten Planungs- und Genehmigungsprozess die Unterlagen parallel erstellt worden sind, Gutachten bearbeitet wurden, Zuwendungen beantragt wurden, Vereinbarungen zu Planung, Bau und Kostenteilung zwischen den Baulastträgern verhandelt wurden und die Umweltrechtlichen Dinge geklärt wurden. Trotz vieler Abhängigkeiten ist es durch eine sehr gute Projektleitung eines versierten Teams bislang zu keinen nennenswerten Verzögerungen oder Kostensteigerungen gekommen. Diese Vorgehensweise setzt ein immenses Vertrauen zwischen allen den Beteiligten, vor allem zwischen Politik und Verwaltung. Dieser Umstand soll daher an dieser Stelle noch einmal besonders gewürdigt und hervorgerufen werden. 360 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 Mobilitätswende gestalten - Projekte mit agilem, integrativen Arbeiten erfolgreich umsetzen Der aktuelle Umsetzungsstand stellt sich wie folgt dar: • September 2022: Fertigstellung BA 6 • Dezember 2022: Fertigstellung BA 1 • Sommer 2023: Fertigstellung BA 4 • BA 5 und Teilstück BA 3 sind bereits fertiggestellt Das Projekt ist somit immer noch im Zeit- und Kostenplan. Abschließend soll noch erwähnt werden, dass aufgrund der quantitativ und qualitativ hochwertigen Fledermauspopulation ein europaweit einzigartiges Forschungsprojekt läuft, in dem die Verträglichkeit von Fledermäusen mit adaptiver Beleuchtung untersucht wird (Bild 5). Nähere Informationen unter https: / / bmdv.bund.de/ Shared- Docs/ DE/ Artikel/ DG/ mfund-projekte/ flebefa.html. Bild 5: Adaptive Beleuchtung an der Kanalpromenade 4. Öffentlichkeitsarbeit - Beispiel Kanalpromenade Dem Thema Öffentlichkeitsarbeit kommt bei diesem Projekt eine herausragende Bedeutung zu, wenn es um die erfolgreiche Umsetzung geht. Wie oben im Abschnitt Planung bereits erwähnt, sind von diesem Projekt gegenläufige Interessen, allein im Bereich Umwelt betroffen. Damit die öffentliche Diskussion zu dem Thema in geordneten Bahnen, möglichst auf der Sachebene, verläuft, sollte von Beginn an eine maximale Transparenz der Ziele und der zur Zielerreichung erforderlichen Entscheidungsbasis geben, so dass die notwenigen politischen Beschlüsse nachvollziehbar sind und ggf. einer rechtlichen Prüfung Stand halten. Ein regelmäßiger Austausch mit allen Beteiligten / der Öffentlichkeit führte zu einer breiten Akzeptanz für dieses Infrastrukturprojekt. Für die beim Umbau entstandenen Einschränkungen und Umleitungen hat eine aufsuchende und crossmediale Baukommunikation stattgefunden: Eigens für die Kanalpromenade designte Baustellenschilder und -banner stellen relevante Informationen dar und illustrieren dieses besondere Projekt für Münster mit einem positiven Motiv. Neben den vor Ort eingesetzten Medien haben regelmäßig aufsuchende Formate stattgefunden, bei denen die Planerinnen und Planer mit den Menschen ins Gespräch gekommen sind, um über das Projekt zu informieren und Anregungen aufzunehmen. Informativ begleitet wird das Bauprojekt mit einer Imagebroschüre sowie mehreren Kurzfilmen, die unter www.stadt-muenster.de/ kanalpromenade angesehen werden können. Darüber hinaus wird auf dem Internetauftritt des Amtes für Mobilität und Tief bau der Stadt Münster fortlaufend über den Stand der Bauarbeiten berichtet. In Ergänzung zur klassischen Pressearbeit sowie zu Informationen über die städtischen Social-Media-Kanäle können sich die Bürgerinnen und Bürger so fortlaufend über Hintergründe des Bauprojektes sowie temporäre Wegesperrungen informieren. Als Letztes soll an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass auch an die spätere Nutzung der Anlage gedacht worden ist. Da der Kanal in Münster neben der Transport- und Verbindungsfunktion auch der Freizeit und Naherholung dient, müssen sich die Menschen dort rücksichtvoll bewegen, um eine gemeinsame Nutzung mit Freude zu ermöglichen. Zur Erinnerung und ins Bewusstseinsrufen sind Hinweistafeln entworfen worden (Bild 6). Bild 6: Schilder Rücksichtnahme (Quelle: Stadt Münster) 5. Wie geht es weiter? Die erfolgreiche Vorgehensweise bei den hier vorgestellten Projekten hat dazu geführt, dass im Rahmen der Projektplanung bereits geprüft wird, in wie weit diese auf andere Projekte 1: 1 oder angepasst übertragen werden kann. Eine erste Auswertung zeigte bereits sehr früh, dass im Rahmen der Straßenerhaltung durchaus die hier vorgestellte Vorgehensweise sinnvoll ist, die bei vergleichbaren Maßnahmen dauerhaft etabliert werden könnte. Eine pauschale Anwendung auf alle Maßnahmen der Straßenerhaltung macht dagegen wenig Sinn. Denn z. B. der Aufwand für die Vorbereitung und die Projektsteuerung ist deutlich größer und auf Dauer mit den vorhandenen Ressourcen vermutlich nicht zu leisten. Ähnliches gilt für die Kanalpromenade. Denn aufgrund der Dringlichkeit des Projektes sind Mitarbeitende aus dem vorhandenen Personalstamm für das Projekt abgestellt worden. Die Aufgaben, die die Personen bislang wahrgenommen haben, konnten nicht alle auf andere verteilt werden, so dass dort ein Arbeitsrückstau entstanden ist und am Ende übrigbleiben wird. Insbesondere der Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit ist mit 3. Kolloquium Straßenbau - Februar 2023 361 Mobilitätswende gestalten - Projekte mit agilem, integrativen Arbeiten erfolgreich umsetzen einem großen Zeitbedarf zu Buche geschlagen. Die üblicherweise zur Verfügung stehenden Personalressourcen reichen für den zu leistenden Qualitätsstandard nicht aus. Daher wird in der noch durchzuführenden Nachbetrachtung des Projektes von den Verantwortlichen zu entscheiden sein, wie viel zusätzliches Personal ist eine schnelle, im Konsens entstehende hochwertige Planung und Baudurchführung wert? Die Ansätze zur optimalen des Planungs- und Baurechts sind bereits in ein anderes Projekt im Brückenbau eingeflossen und haben dazu geführt, dass in das länger geplante Projekt mehr Dynamik in die richtige Richtung entstanden ist. In wie weit dauerhaft das sehr vertrauensvolle Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung aufrecht gehalten werden kann, scheint nur schwer vorhersagbar. Denn es ist bislang sehr stark von handelnden Personen abhängig gewesen, die bereits jetzt nicht mehr alle im notwendigen Umfang an den entsprechenden Positionen zur Verfügung stehen. Allein die Tatsache, dass sich die Politik der Wiederwahl stellen muss, eröffnet das Risiko, dass durch einen Wechsel von Mandatsträgern das Vertrauen ständig neu aufgebaut werden muss. Dennoch haben diese Projekte gezeigt, dass es ein lohnenswerter Weg ist. Neben dem fachlichen Erfolg und der positiven öffentlichen Meinung sind vor allem die im Projekt Beteiligten sehr motiviert und begeistert worden, alles daran zu setzen, am Ende erfolgreich zu sein. Diese positive Grundhaltung strahlt auch in andere Arbeitsbereiche hinein und sorgt dort für mehr Motivation und bessere Ergebnisse. Literaturverzeichnis [1] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (2019): Richtlinien zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau, Ausgabe 2012, FGSV Verlag, Köln [2] Weise, G.; Durth, W.; Kleinschmidt, P.; Lippold, C.: Straßenbau Planung und Entwurf, Verlag Bauwesen, 2005