eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 4/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
0217
2025
41

Wiedergewonnene Gesteinkörnungen im Straßenbau – Von der Aufbereitung bis zum Einbau vor dem Hintergrund gültiger Normen sowie Ausblick & Potentiale

0217
2025
Jan Bielefeld
Alexander Schäfler
Die Wiederverwertung und Rückgewinnung von Baustoffen und natürlichen Rohstoffen ist nicht nur Forderung unserer Regierung, sondern auch unsere gesellschaftliche Verantwortung im Baubereich. Insbesondere der damit verbundene hohe Bedarf an Rohstoffen nimmt vor diesem Hintergrund eine besondere Rolle ein. Der verantwortungsvolle Umgang mit Rohstoffen stellt mitunter die große Herausforderung im Bauen der Zukunft dar. Die daraus folgende logische Rückgewinnung von Rohstoffen und das Recycling von mineralischen Baureststoffen ist auch im Baubereich verstärkt im Einsatz. Mit fast 60 % ist der Anteil von Böden und Steinen [1] ein signifikanter Anteil der als Abfall in Gruben, Deponien oder Verfüllungen verfüllt wird. Der Kreislaufprozess der Ressourcennutzung kann einerseits von der Seite der Herstellung von Ersatzbaustoffen durch Aufbereitung betrachtet werden. Andererseits ergibt sich die Möglichkeit, den Ressourcenkreislauf unter den Gesichtspunkten des Primärrohstoffbedarfs zu betrachten. Bei der Verwendung von Ersatzbaustoffen ergeben sich neben den umweltrelevanten Fragestellungen auch bautechnische Aspekte, die im praxisgerechten Umgang mit Ersatzbaustoffen zur Substitution von Naturrohstoffen beachtet werden müssen.
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4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 75 Wiedergewonnene Gesteinskörnungen im Straßenbau - Von der Aufbereitung bis zum Einbau vor dem Hintergrund gültiger Normen sowie Ausblick & Potentiale Jan Bielefeld, MBA Unternehmensführung Bau Max Wild GmbH, Berkheim Alexander Schäfler, M. Eng. Bauingenieurwesen Max Wild GmbH, Berkheim Zusammenfassung Die Wiederverwertung und Rückgewinnung von Baustoffen und natürlichen Rohstoffen ist nicht nur Forderung unserer Regierung, sondern auch unsere gesellschaftliche Verantwortung im Baubereich. Insbesondere der damit verbundene hohe Bedarf an Rohstoffen nimmt vor diesem Hintergrund eine besondere Rolle ein. Der verantwortungsvolle Umgang mit Rohstoffen stellt mitunter die große Herausforderung im Bauen der Zukunft dar. Die daraus folgende logische Rückgewinnung von Rohstoffen und das Recycling von mineralischen Baureststoffen ist auch im Baubereich verstärkt im Einsatz. Mit fast 60 % ist der Anteil von Böden und Steinen [1] ein signifikanter Anteil der als Abfall in Gruben, Deponien oder Verfüllungen verfüllt wird. Der Kreislaufprozess der Ressourcennutzung kann einerseits von der Seite der Herstellung von Ersatzbaustoffen durch Auf bereitung betrachtet werden. Andererseits ergibt sich die Möglichkeit, den Ressourcenkreislauf unter den Gesichtspunkten des Primärrohstoffbedarfs zu betrachten. Bei der Verwendung von Ersatzbaustoffen ergeben sich neben den umweltrelevanten Fragestellungen auch bautechnische Aspekte, die im praxisgerechten Umgang mit Ersatzbaustoffen zur Substitution von Naturrohstoffen beachtet werden müssen. 1. Einführung Die Initiative Kreislaufwirtschaft Bau, ein Zusammenschluss von verschiedenen Verbänden der deutschen Bau- und Entsorgungswirtschaft, informiert die Bundesregierung regelmäßig über das Aufkommen und den Verbleib mineralischer Bauabfälle in Deutschland. Demnach sind im letzten Berichtsjahr 2020 in Form von Boden und Steine ohne gefährliche Bestandteile (AVV Schlüssel Nr. 17 05 04) 129,2 Mio. to an Abfall entstanden. Davon wurde der überwiegende Anteil von 97,0 Mio. to in übertägige Verfüllungen verbracht (sonstige Verwertung). Lediglich 10,6 % des im Jahr 2020 angefallenen Aushubs wurde in Deutschland durch die Auf bereitung zu Recyclingbaustoffen verwertet (Abbildung 1). Der zweite wesentliche Abfallstrom der mineralischen Bauabfälle ist Bauschutt. Diese Abfallfraktion setzt sich zum Großteil zusammen aus Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik. Die Recyclingquote des im Jahr 2020 angefallenen Bauschutts betrug 78,8 %. Der restliche Anteil wurde auf Deponien verbracht (Beseitigung) oder im Rahmen der Verfüllung von Abgrabungen verwertet (sonstige Verwertung) (Abbildung 2). 76 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Wiedergewonnene Gesteinskörnungen im Straßenbau Abbildung 1: Anfall und Verbleib mineralischer Bauabfälle - Fraktion Boden und Steine eigene Darstellung nach [1] Abbildung 2: Anfall und Verbleib mineralischer Bauabfälle - Fraktion Bauschutt eigene Darstellung nach [1] Beide genannten Abfallströme machten im Jahr 2020 zusammen 85,8 % - und damit den Großteil der mineralischen Bauabfälle in Deutschland aus. [1] Verfahren zur Steigerung der Recyclingquoten dieser beiden Abfallströme sind deshalb besonders effektiv, die Vorgaben des KrWG in der Baubranche umzusetzen. Im Sinne der darin festgelegten 5-stufigen Abfallhierarchie soll das Recycling gegenüber der Verwertung in Verfüllungen vorgezogen werden. 1 Gerade beim Abfallstrom Boden und Steine besteht also die Notwendigkeit, den Anteil der Verwertung in Verfüllungen (Abfallhierarchiestufe 4) zugunsten einer höheren Recyclingquote (Abfallhierarchiestufe 3) zu verringern. Neben dieser „Vorwärts“ Betrachtungsweise von der Abfallseite her, bei der das Augenmerk auf dem Umgang mit Abfällen liegt, besteht die Möglichkeit, den Kreislaufprozess ebenso „Rückwärts“, von der Seite des Rohstoffbedarfs zu betrachten (Verzicht auf Primärrohstoffe). Dabei rückt durch die Verwendung von Ersatzbaustoffen die Schonung natürlicher Ressourcen in den Vordergrund. Beide Betrachtungsweisen stehen eng in Verbindung zueinander und stellen in Kombination miteinander ein wirkungsvolles Mittel zur Förderung der Kreislaufwirtschaft dar. 2. Herstellung von Ersatzbaustoffen Die Herstellung von Ersatzbaustoffen in Form von rezyklierten Gesteinskörnungen entspricht einer Betrachtungsweise des Ressourcenkreislaufs hinsichtlich des Umgangs mit Abfällen. Insbesondere die beiden Abfall- 1 § 6 Abs. 1 Satz 1, KrWG ströme Boden und Steine, sowie Bauschutt sind mengenmäßig die wichtigsten Abfallströme der Bauwirtschaft, die zu Ersatzbaustoffen verarbeitet - und damit dem Abfallstrom entzogen werden können. Ein wesentliches Kriterium bei der Auf bereitung von Abfällen ist die Feststellung des Endes der Abfalleigenschaften und das Erreichen des Produktstatus. Abfälle sind gemäß KrWG zunächst „[…] Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.“ (§ 3, Abs. 1, KrWG) Verbunden mit der Einstufung als Abfall ergeben sich aus dem Abfallrecht umfangreiche Auflagen und Einschränkungen bezüglich des Transports, der Lagerung und der Behandlung von ausgehobenen Böden und Bauschutt. Eine Verwendung als Baustoff ist deshalb schon rein rechtlich - unabhängig von der technischen Eignung nicht möglich. Aus diesem Grund ergibt sich die Notwendigkeit, das Ende der Abfalleigenschaft herbeizuführen. Voraussetzung dafür ist gemäß § 5 Abs. 1, KrWG, dass der Abfall ein Recyclingverfahren durchlaufen hat und folgende vier Bedingungen erfüllt sind: 1. Es existiert ein üblicher Verwendungszweck 2. Es existiert ein Markt oder eine Nachfrage für den Stoff 3. Es werden alle, für die jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt 4. Die Verwendung führt insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen an Mensch und Umwelt 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 77 Wiedergewonnene Gesteinskörnungen im Straßenbau In den länderspezifischen Verordnungen, in denen bis zur Einführung der ErsatzbaustoffV die Herstellung und die Verwendung von Recyclingbaustoffen auf Länderebene geregelt war, wurde der Produktstatus - und damit das Ende der Abfalleigenschaften der entsprechend auf bereiteten Abfälle explizit attestiert. (z. B. RC-Leitfaden Bayern, „Dihlmann-Erlass“ BaWü) Mit Einführung der bundesweit gültigen ErsatzbaustoffV im August 2023 entfällt solch ein explizites „Attest“ über das Ende der Abfalleigenschaften für entsprechend auf bereitete Abfälle. Zwar kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass unter Einhaltung der ErsatzbaustoffV alle 4 Bedingungen nach § 5 Abs.1, KrWG erfüllt sind [2], jedoch obliegt die Aufgabe, das Abfallende festzustellen allein dem Abfallbesitzer. Er trägt damit auch das unternehmerische Risiko, sollte es für die zuständige Behörde im Einzelfall Anlass dazu geben, das Ende der Abfalleigenschaften anzuzweifeln. 2.1 Aufbereitung von Bauschutt Die Fraktion Bauschutt wird durch die Auf bereitungsverfahren sortieren, zerkleinern und sieben bereits heute zu etwa 80 % zu Ersatzbaustoffen auf bereitet. (vgl. Abbildung 2) Der Auf bereitungsprozess beginnt dabei schon beim selektiven Rückbau von Bauwerken. Neben der grundlegenden Unterscheidung zwischen mineralischen und nicht mineralischen Bestandteilen werden auch die mineralischen Bestandteile noch während des Rückbaus weiter vorsortiert um unerwünschte Baustoffe (z. B. asbesthaltige Baustoffe) auszusortieren. Auch andere Baustoffe (z. B. gipshaltige Bestandteile) werden soweit möglich noch während des Rückbaus separiert, wenn ihr Vorhandensein im späteren Ersatzbaustoff die umweltrelevanten Merkmale (z. B. Sulfatgehalt) negativ beeinflussen. Die ungeeigneten Bestandteile werden in separaten Abfallströmen weitergehend behandelt (z. B. gipshaltige Baustoffe, Altholz) oder -wenn nicht anders möglichentsprechend der letzten Stufe der Abfallhierarchie beseitigt (z. B. asbesthaltige Baustoffe) Der verbleibende Anteil der mineralischen Rückbaumasse, der zur Auf bereitung vorgesehen ist, wird dann einer Auf bereitungsanlage zugeführt. Im Falle der zentralen Auf bereitung in einer stationären Anlage wird das zur Auf bereitung vorgesehene Material unter Einhaltung aller abfallrechtlichen Vorgaben (z. B. zum Transport und Lagerung) zur Auf bereitungsanlage transportiert. Im Falle der dezentralen Auf bereitung mittels mobiler Brech- und Siebanlagen entfällt der Transport des Abfalls. Für die Auf bereitung von Bauschutt sind die weiteren Auf bereitungsverfahren zerkleinern und sieben der Regelfall. Üblicherweise werden zunächst die Feinanteile bis 30 mm abgesiebt (sog. Vorsieb). Dieser Abfallstrom besteht vor allem aus porösen, gipshaltigen Bausoffen, die dementsprechend einen erhöhten Anteil an unerwünschten Sulfatverbindungen aufweisen. Die Restfraktion 30/ X wird anschließend auf die gewünschten Körnungen zerkleinert und ggf. gesiebt, um Ersatzbaustoffe für den Tief- und Straßenbau zu erhalten. 2.2 Aufbereitung von Boden Während Bauschutt bereits heute zu etwa 80 % recycelt, das heißt zu mineralischen Ersatzbaustoffen auf bereitet wird, beträgt die Recyclingquote der Abfallfraktion Boden und Steine nur etwa 10 %. Der hauptsächliche Anteil von ca. 75 % wird nach derzeitigem Stand einem anderen Verwertungsverfahren zugeführt. (vgl. Abbildung 1) Unter den Begriff Verwertung fällt bei dieser Abfallfraktion zum großen Teil die Verfüllung im übertägigen Bergbau. Im Vergleich zur Abfallfraktion Bauschutt ist die Möglichkeit die Fraktion Boden und Steine (z. B. über eine nassmechanische Auf bereitungsanlage) zu Ersatzbaustoffen zu verarbeiten, aufwendiger. Gleichzeitig ist es vielfaches Betreiberkonzept, v.a. von Kiesgruben im süddeutschen Raum nach erfolgtem Abbau natürlicher (Kies-) Ressourcen, die dadurch entstandenen Gruben mit Aushubabfällen wieder zu verfüllen. Zur Unterstützung dieser Vorgehensweise macht beispielsweise der Freistaat Bayern von der Länderöffnungsklausel der seit August 2023 in Kraft getretenen, im Rahmen der Mantel Verordnung novellierten BBodSchV gebrauch. Ganz explizit für die „[…] Verfüllungen von abgebauten Vorkommen heimischer mineralischer Rohstoffe wie z. B. Kies oder Sand […]“ [3] besteht die Möglichkeit von bestimmten Vorgaben der BBodSchV abzuweichen, und stattdessen den bayerischen „Verfüll-Leitfaden“ weiterhin, d. h. seit Novellierung der BBodSchV, bzw. seit bundesweiten Einführung der ErsatzbaustoffV, anzuwenden. Eine Möglichkeit, bautechnisch und vor allem umwelttechnisch zunächst ungeeignete Böden zu hochwertigen Ersatzbaustoffen zu verarbeiten besteht in der nassmechanischen Auf bereitung. Die Firma Max Wild GmbH betreibt am Standort Eichenberg seit mehreren Jahren eine solche Anlage zur Auf bereitung von belasteten Böden und Gleisschotter bis zu einer Einstufung von DK II nicht gefährlich. Hier können stündlich 100 Tonnen Aushubabfälle auf bereitet werden. Abbildung 3: Nassmechanische Auf bereitungsanlage der Max Wild GmbH, Standort Eichenberg; alle Rechte vorhanden 78 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Wiedergewonnene Gesteinskörnungen im Straßenbau Aushubmaterialien, die zur Auf bereitung vorgesehen sind, liegen zunächst als Abfälle vor und werden unter Einhaltung aller abfallrechtlichen Bestimmungen zur zentralen Behandlung in der nassmechanischen Anlage transportiert. Vor bzw. während der Zuführung des Materials in die Auf bereitung werden unerwünschte Fremdstoffe bzw. nicht mineralische Bestandteile abgetrennt. Diese setzen sich v.a. aus Metallen, Kunststoffen und Holz zusammen. Die Hauptreinigungsarbeit besteht in der weiteren Abtrennung des mineralischen Feinanteils des Bodenmaterials mithilfe von Wasser. An dieser Fraktion, bestehend aus Partikeln < 0,063mm, haftet in der Regel der Schadstoffanteil belasteter Böden an. Der mithilfe von Wasser aufgeschlossene Feinanteil wird durch Zentrifugieren und über ein Filterverfahren abgeschieden. Der entstandene schluffig-tonige Filterkuchen, in dem der überwiegende Teil der Schadstoffbelastung des auf bereiteten Bodenmaterials konzentriert ist, ist für eine bautechnische Verwendung im offenen Einbau in der Regel ungeeignet und muss -auch wegen der Konzentration der Schadstoffe -entweder entsorgt oder in einem technischen Bauwerk verwertet werden. Je nach Feinkornanteil des aufgegebenen Bodenmaterials kann der Anteil des schadstoffbelasteten Abfallstroms auf diese Weise auf 15 - 25 M.-% reduziert werden. Gleichzeitig schränkt ein steigender Anteil des Feinanteils im aufzubereitenden Material die technische Umsetzbarkeit des Verfahrens ein, sodass nur Ausgangsböden mit einem Feinanteil bis etwa 25 M.-% auf diese Weise auf bereitet werden können. Das gereinigte Prozesswasser wird dem Kreislauf wieder zugeführt. Die gereinigte Grobfraktion ist sowohl umwelttechnisch -durch Entfernen des Schadstoffanteilsals auch bautechnisch -durch Entfernen des Schluff/ Ton Anteilsaufgewertet. Dieser Stoffstrom wird gesiebt und man erhält die auf bereiteten rezyklierten Gesteinskörnungen Sand 0/ 1, Sand 0/ 4, sowie Kies in den Fraktionen 4/ 8, 8/ 16, 16/ 32, 32/ 63 und 63/ 80. Durch Kombination dieser reinen Einzelfraktionen mittels Reihendoseur in genau abgestimmten Mengenverhältnissen lassen sich für jede Bauanwendung speziell abgestimmte Baustoffgemische herstellen. Als Vorteil gegenüber natürlich gewonnener Gesteinskörnungen kann durch diese Vorgehensweise eine unbegrenzte Bandbreite an Baustoffgemischen hergestellt, und die gleichbleibende Qualität über verschiedene Produktionschargen hinweg konstant gehalten werden. Um den bisher zu entsorgenden Abfallstrom der Filterkuchenproduktion zukünftig einer hochwertigeren Verwertung zuzuführen, ist die Firma Max Wild GmbH aktiv an der Entwicklung einer Weiterverwendung dieser Fraktion als Sekundärrohstoff beteiligt. Sowohl die aufwendigere Auf bereitung als auch die vereinfachte und bereits seit Jahrzenten angewandte Praxis der Verwertung in Verfüllungen sind wohl Gründe für die heute noch geringere Recyclingquote der Fraktion Boden und Steine im Vergleich mit der Behandlung des Abfallstroms Bauschutt. 2.3 Güteüberwachung Zur Überwachung und Steuerung der Qualität der hergestellten Baustoffe muss eine Güteüberwachung eingeführt werden. Für mineralische Ersatzbaustoffe ist diese in der ErsatzbaustoffV geregelt. Nur unter Einhaltung dieser Vorschrift ist die Erfüllung der dritten Voraussetzungen zur Feststellung des Endes der Abfalleigenschaften nach § 5 Abs. 1, KrWG möglich. Zunächst findet die Annahmekontrolle des aufzubereitenden Abfalls statt (§ 3, ErsatzbaustoffV). Diese dient der Rückverfolgbarkeit, Dokumentation und Kontrolle des angelieferten Materials. Die Güteüberwachung in der Herstellung mineralischer Ersatzbaustoffe setzt sich aus drei Teilen zusammen: (§ 4 Abs.1, ErsatzbaustoffV) 1. Eignungsnachweis (EgN) 2. Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) 3. Fremdüberwachung (FÜ) Beim Eignungsnachweis handelt es sich um die Feststellung der grundlegenden Eignung des Auf bereitungsverfahrens zur Herstellung eines bestimmten Ersatzbaustoffes. Bei stationären Anlagen muss dieser Nachweis einmalig bei Erstinbetriebnahme erbracht werden, bei mobilen Anlagen muss die Eignung bei jedem Standortwechsel, oder bei einem Wechsel der Baumaßnahme nachgewiesen werden. Die Werkseigene Produktionskontrolle umfasst die regelmäßige Kontrolle der Baustoffproduktion. Als Kriterium zur umweltrelevanten Einstufung eines Ersatzbaustoffes muss der in der ErsatzbaustoffV geforderte Parameterumfang für umweltrelevante Schadstoffe im Rahmen der WPK untersucht und bewertet werden. Wie auch schon in den länderrechtlichen Vorgängerregelungen werden die verschiedenen Ersatzbaustoffe anhand dieses Untersuchungsumfanges entsprechenden Materialklassen zugeordnet. Die Fremdüberwachung beinhaltet ebenfalls eine umwelttechnische Probenahme, sowie eine grundlegende Bewertung zur Betriebsbeurteilung und der durchgeführten WPK. Der EgN und die FÜ sind von einer unabhängigen, nach § 13a, ErsatzbaustoffV anerkannten Güteüberwachungsgemeinschaft durchzuführen. Neben den in der ErsatzbaustoffV genannten Anforderungen, die sich auf die umwelttechnische Beurteilung der Baustoffe beschränken, besteht die Möglichkeit, bzw. Notwendigkeit mineralische Ersatzbaustoffe auch auf bautechnischer Ebene zu zertifizieren: Als wichtigste Regelwerke im Tief- und Straßenbau gelten hier die Technischen Lieferbedingungen für Baustoffgemische zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (TL-SoB-StB) und die Technischen Lieferbedingungen für Böden und Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus (TL-BuB E-StB). Anforderungen an bautechnisch relevante Eigenschaften wie beispielsweise Kornverteilung, Frostsicherheit und stoffliche Zusammensetzung werden hier für verschiedene Baustoffgemische mit verschiedenen Anwendungsbereichen defi- 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 79 Wiedergewonnene Gesteinskörnungen im Straßenbau niert. Auch die konkrete Ausführung der entsprechenden Güteüberwachung wird hier festgelegt. Im Gegensatz zur Güteüberwachung nach ErsatzbaustoffV gelten die Anforderungen nach den TL-SoB-StB und TL-BuB E-StB gleichermaßen für rezyklierte und auch für natürlich gewonnene Gesteinskörnungen. Die entsprechend hergestellten Ersatzbaustoffe sind folglich in bautechnischer Hinsicht mit Primärrohstoffen gleichzustellen. Im Fall der nassmechanischen Auf bereitung sind die Baustoffe nicht einmal mehr augenscheinlich von Naturrohstoffen zu unterscheiden. Für die Verwendung als Zuschlagstoffe gelten für die bautechnische Zertifizierung eine Reihe von harmonisierten Normen. Als Beispiel seien die Normen DIN EN 12620 - Gesteinskörnungen für Beton und DIN EN 13043 - Gesteinskörnungen für Asphalt und Oberflächenbehandlungen für Straßen, Flugplätze und andere Verkehrsflächen genannt. Bei beiden Regelwerken handelt es sich um harmonisierte Normen im Sinne der EU-BauPVO. Für den Verkauf von Zuschlagstoffen zur Herstellung von Beton nach DIN EN 206-1, bzw. DIN 1045-2 sind diese Regelungen -und die damit verbundenen Güteüberwachungenzwingend einzuhalten. Auf diese Weise überwachte Zuschlagstoffe gelten damit als Bauprodukte im Sinne der EU-BauPVO und erhalten die CE-Kennzeichnung. Das Ende der Abfalleigenschaften ist damit eindeutig festzustellen. 3. Verwendung von Ersatzbaustoffen im Straßen- und Tiefbau Die Verwendung von Ersatzbaustoffen und die damit verbundene Substitution natürlicher Ressourcen entspricht einem Ansatz des Kreislaufwirtschaftsgedankens im Sinne der Schonung natürlicher Ressourcen. Den größten Bedarf an Kies und Sand in Deutschland stellt der Tief- und Straßenbau dar. Im Jahr 2020 lag der Bedarf dieser Ressourcen allein für den Bau von Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen und Kreisstraßen bei etwa 7 Mio. Tonnen. Für den Radwegeneubau wurden im selben Jahr weitere 7 Mio. Tonnen Kies und Sand verbraucht. Der Straßen- und Tief bau ist mit einem Anteil von etwa 40 % der größte Abnehmer von Kies und Sand in Deutschland. Zweitgrößter Abnehmer mit einem Anteil von etwa 30 % des bundesweiten Bedarfs ist der Transportbetonbereich. [4] Demgegenüber steht die Förderung von Sand und Kies aus natürlichen Lagerstätten im Jahr 2020 von etwa 323 Mio. Tonnen, von denen etwa 290 Mio. Tonnen verwertbar waren. Im Jahr 2021 ist die Rohförderung auf etwa 309 Mio. Tonnen und die Produktion verwertbarer Sande und Kiese auf 277 Mio. Tonnen gesunken. [4] Mittelfristig wird die Förderung von Naturkies und -Sand in einigen Regionen nicht zur Deckung des Bedarfs ausreichen. Gleichzeitig steigt der Flächendruck durch konkurrierende Nutzungsansprüche von Schutzgebieten, Infrastrukturanlagen, Wohnbebauungen und Gewerbegebieten. In einigen Bundesländern werden dadurch weit über 70 % der natürlichen Lagerstätten von der Nutzung zur Kies- und Sandgewinnung ausgeschlossen. [4] Allein dadurch ergibt sich schon die Notwendigkeit, die Verwendung von Ersatzbaustoffen weiter auszubauen und zu fördern. Mit Einführung der ErsatzbaustoffV ist nicht nur die Herstellung, sondern auch die Verwendung dieser Sekundärrohstoffe geregelt. Abhängig von der umweltrelevanten Einstufung in entsprechende Materialklassen wird die Zulässigkeit verschiedener Einbauweisen unter Berücksichtigung der hydrogeologischen Situation bewertet. Unter Einhaltung dieser genau festgelegten Einbauvorschriften wird die grundlegende Forderung zur Verhütung von Schäden an Mensch und Umwelt eingehalten. Auch das letzte Merkmal zur Feststellung des Endes der Abfalleigenschaften ist damit erfüllt. In bautechnischer Hinsicht spielt die Herkunft der Baustoffe des Tief- und Straßenbaus keine Rolle. Die Eignung wird durch die technischen Regelwerke TL-SoB-StB und TL-BuB E-Stb gleichermaßen für Primärrohstoffe und Sekundärrohstoffe (Ersatzbaustoffe) festgestellt. Eine Einschränkung der Einsatzmöglichkeiten in den technischen Regelwerken zur Bauausführung, beispielsweise der ZTV E-StB liegt nicht vor, sofern die umwelttechnische Zulässigkeit im Rahmen der ErsatzbaustoffV sichergestellt ist. Ersatzbaustoffe sind deshalb -sofern Sie die technischen Anforderungen erfüllenals gleichwertig zu den Naturrohstoffen anzusehen. Im Gegensatz dazu kommt für die Verwendung als Beton- oder Asphaltzuschlagstoffen -auch bei bester technischer Eignungnach derzeitigem Stand nur ein beschränkter Anteil an RC-Baustoffen in Frage. So ist bei der Betonherstellung der Anteil der Zuschlagstoffe aus RC-Materialien auf 20 - 45 Vol.-% beschränkt. Die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen < 2 mm ist hingegen gar nicht zulässig. Die Forschungsvorhaben, die den entsprechenden Regelwerken für sogenannten R-Beton zugrunde liegen, stammen aus den 1990er Jahren. Hinsichtlich der beachtlichen Weiterentwicklungen der Rückbau- und Auf bereitungsverfahren in den letzten 35 Jahren wäre eine Bearbeitung der entsprechenden Regelwerke notwendig. [5] Zur Substitution größerer Anteile von Zuschlagstoffen, bis hin zum gesamten Verzicht auf natürliche Gesteinskörnungen wird in Deutschland bereits geforscht. Erfahrungen aus der Schweizer Baupraxis zeigen, dass die Steigerung des recycelten Anteils in Zuschlagstoffen praxistauglich - auch über 45 Vol.-% hinaus gesteigert werden kann. [5] 80 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Wiedergewonnene Gesteinskörnungen im Straßenbau Literaturverzeichnis [1] Kreislaufwirtschaft Bau (2023): Mineralische Bauabfälle Monitoring 2020 - Bericht zum Aufkommen und Verbleib mineralischer Bauabfälle im Jahr 2020. [2] Bayerisches Landesamt für Umwelt LfU (2024): FAQs zur Ersatzbaustoffverordnung. LfU, 21.11.2024 [3] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (2023): Anforderungen an die Verfüllung von Gruben und Brüchen sowie Tagebauen (Verfüll-Leitfaden) In der Fassung vom 15.07.2021 [4] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2022): Sand und Kies in Deutschland Band I: Grundlagen [5] Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (2017): Leitfaden zum Einsatz von R-Beton Verordnungen und Gesetze Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) Verordnung über Anforderungen an den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke (Ersatzbaustoffverordnung - ErsatzbaustoffV) Leitfaden zu Anforderungen an die Verwertung von Recycling-Baustoffen in technischen Bauwerken (RC-Leitfaden) Vorläufige Hinweise zum Einsatz von Baustoffrecyclingmaterial („Dihlmann-Erlass“) Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) Leitfaden für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen („Verfüll-Leitfaden“) Verordnung (EU) Nr. 305/ 2011 der Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Auf hebung der Richtlinie 89/ 106/ EWG des Rates (EU-BauPVO) Normen und technische Regelwerke Technischen Lieferbedingungen für Baustoffgemische zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (TL-SoB-StB) Technischen Lieferbedingungen für Böden und Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus (TL-BuB E-StB) DIN EN 12620: 2017-07 Gesteinskörnungen für Beton DIN EN 13043: 2002-12 Gesteinskörnungen für Asphalt und Oberflächenbehandlungen für Straßen, Flugplätze und andere Verkehrsflächen