eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 4/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
0217
2025
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Verbesserung des Erhaltungsmanagements von Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungs- und Temperaturmessdaten des mFUND-Projektes DaRkSeit

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2025
Uwe Reinhardt
Das Ziel des Erhaltungsmanagement von Straßen ist es, einerseits das Optimum aus minimaler finanzieller Investition und maximaler Nutzungsdauer der Infrastruktur zu finden und andererseits die Synchronisation der Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen der verschiedenen Konstruktionsschichten umzusetzen. Um dies zu ermöglichen, ist es notwendig, deren Zustand und Zustandsentwicklung prognostizieren zu können. Diese Prognose erfordert wiederum möglichst genaue Kenntnisse über die vorhandenen Material- und Einflussgrößen und ihr Zusammenwirken. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Datenbasierte Bewertung der Resilienz kommunaler Straßeninfrastruktur – DaRkSeit“ wurden aus diesem Grund die Material-, Temperatur- und Verkehrsdaten von zwei Messstationen in Stadtgebiet Münster nicht nur gemessen, sondern erstmalig auch echtzeitbasiert miteinander verknüpft.
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4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 97 Verbesserung des Erhaltungsmanagements von Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungs- und Temperaturmessdaten des mFUND-Projektes DaRkSeit Dipl.-Inf. Uwe Reinhardt Technische Universität Dresden, Professur für Straßenbau Zusammenfassung Das Ziel des Erhaltungsmanagement von Straßen ist es, einerseits das Optimum aus minimaler finanzieller Investition und maximaler Nutzungsdauer der Infrastruktur zu finden und andererseits die Synchronisation der Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen der verschiedenen Konstruktionsschichten umzusetzen. Um dies zu ermöglichen, ist es notwendig, deren Zustand und Zustandsentwicklung prognostizieren zu können. Diese Prognose erfordert wiederum möglichst genaue Kenntnisse über die vorhandenen Material- und Einflussgrößen und ihr Zusammenwirken. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Datenbasierte Bewertung der Resilienz kommunaler Straßeninfrastruktur - DaRkSeit“ wurden aus diesem Grund die Material-, Temperatur- und Verkehrsdaten von zwei Messstationen in Stadtgebiet Münster nicht nur gemessen, sondern erstmalig auch echtzeitbasiert miteinander verknüpft. 1. Einführung Bei der rechnerischen Dimensionierung gemäß den „Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung des Oberbaus von Verkehrsflächen in Asphaltbauweise - RDO Asphalt 09/ 24“ [1] und der Substanzbewertung gemäß dem Entwurf der „Richtlinien zur Bewertung der strukturellen Substanz des Oberbaus von Verkehrsflächen in Asphaltbauweise - RSO- Asphalt“ werden aktuell sowohl Standard-, als auch objektbezogene jährliche Häufigkeitsverteilungen für die Verkehrsbelastungen und die Temperaturbedingungen verwendet. Diese sind jeweils in diskrete Klassen unterteilt und werden für die Berechnung der auftretenden Belastungssituationen miteinander kombiniert. Dabei wird vorausgesetzt, dass diese Verteilungen voneinander stochastisch unabhängig sind, was bedeutet, dass die Zusammensetzung und der Beladungsgrad des Schwerverkehrs, unabhängig von Jahres- oder Tageszeit, gleich ist. Anhand der erhobenen Messdaten der, im Rahmen des DaRkSeit-Projektes eingerichteten Messstationen in Münster [2] konnten diese Annahmen für zwei Straßenabschnitte überprüft und sich daraus ergebende Unterschiede untersucht werden. Dabei wurden mit Hilfe der gemessenen Temperaturen in der Straße der Temperatur- und Materialzustand der Asphaltschichten für den Zeitpunkt einer jeden Fahrzeug-Überfahrt berechnet und die daraus resultierenden Schäden dieser Überfahrten bestimmt. Durch Akkumulation der Schäden kann mittels der neuen Methodik und gemäß der Hypothese von Miner [3] der aktuelle Zustand der einzelnen Asphaltschichten realitätsnaher bestimmt werden. 2. Methodik Um die Nutzungsdauer einer Straße prognostizieren zu können, müssen für die zeitlich beschränkenden Merkmale entsprechende Modelle vorhanden sein, mit deren Hilfe der Schadensverlauf beschrieben werden kann. In den RDO-Asphalt-09/ 24 sind dies für die Asphaltschichten die Schadensbilder Spurrinnen- und Rissbildung. Im Falle der nachfolgend betrachteten Rissbildung wird angenommen, dass sich die Gesamtschädigung des Materials aus der Summe der ertragenen Einzelschädigungen ergibt (Hypothese von Miner). Diese Einzelschädigungen innerhalb der Asphaltschichten ergeben sich wiederum aus dem Zusammenwirken äußerer Einflüsse [Abb. 1]. Abb. 1: Schematische Darstellung der Einflussgrößen auf die Nutzungsdauer und Haltbarkeit von Straßen Während sich bei der Betrachtung eines bestimmten Straßenabschnitts, die Materialeigenschaften, der Schichtenauf bau sowie die Anzahl und Art der überfahrenden Fahrzeuge relativ einfach bestimmen lassen, ist das für das Gewicht der einzelnen Achsen und die Temperaturzustände innerhalb der Konstruktion deutlich komplizierter. Um dieses Problem zu lösen und um die Anwendung der RDO-Asphalt-09/ 24 zu erleichtern, werden hierfür entsprechende statistische Achslast- und Temperaturbzw. Temperaturverlaufsverteilungen verwendet. Mit deren Hilfe können nun diskrete Beanspruchungs- 98 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Verbesserung d. Erhaltungsmanagements v. Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungsu. Temperaturmessdaten d. mFUND-Projektes DaRkSeit zustände betrachtet und die daraus resultierende Einzelschädigung berechnet werden. Nachteil dieser Methodik ist, dass durch die Anwendung der statistischen Jahresverteilungen und deren Kombination miteinander, objektspezifische Eigenschaften der Straßen verwischt oder bei der Prognose der Nutzungsdauer gar nicht mit berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wurden in Münster an zwei Stellen entsprechende Temperatur- und Achslastwägebzw. Weigh-in-motion-Sensoren eingebaut, um die Zustandsentwicklung der Straße mit realistischeren Zusammenhängen und im Hinblick auf Abweichungen zum Standardverfahren untersuchen zu können. 2.1 Bestimmung der Temperaturzustände Für die Berechnung der Schädigungen eines einzelnen Achsübergangs sind Kenntnisse über die Materialsteifigkeiten in den einzelnen Asphaltschichten zum entsprechenden Zeitpunkt notwendig. Die Steifigkeit von Asphalt ist dabei abhängig von der Temperatur und der Belastungsfrequenz, wobei die Frequenz im Verfahren gemäß den RDO-Asphalt-09/ 24 konstant mit 10-Hz angenommen wird. Somit ergibt sich der Materialzustand der Asphaltkonstruktion aus dem vorherrschenden Temperaturverlauf. Abb. 2: Im Bohrloch eingesetzter RFID-Sensor in einer Tiefe von etwa 10-cm (Quelle: Stadt Münster) Um den Temperaturzustand in der Asphaltkonstruktion bestimmen zu können, wurden verschiedene Arten von Temperatursensoren an verschiedenen Stellen in Münster in den Asphaltoberbau eingebaut (siehe [2]). Mit deren Hilfe wurden die Temperaturen, je nach Sensorentyp, in einer oder mehreren Tiefen gemessen [Abb. 2]. Da sowohl der räumliche Abstand der Messsensoren, als auch die zeitlichen Messintervalle zu groß für eine genaue Analyse sind, müssen die Messdaten entsprechend räumlich und zeitlich interbzw. extrapoliert werden. Dies erfolgte mittels der Gleichung-39 aus dem „Arbeitspapier Eingangsgrößen für die Dimensionierung und Bewertung der strukturellen Substanz - Teil 2: Klima“ [4]. Diese beschreibt, wie sich die Temperatur eines Berechnungspunktes innerhalb eines Zeitschrittes ändert, indem man die Temperaturleitfähigkeit des Materials und die Temperaturdifferenzen zu den unmittelbar darüber- und darunterliegenden Berechnungspunkten miteinander verrechnet. Auf diese Weise wurde eine Datengrundlage für die Temperaturzustände mit einer räumlichen Auflösung von 5-mm und einer zeitlichen Auflösung von 15-s erzeugt. Somit werden für jeden Tag mit entsprechend vorhandenen Messdaten 5.760 Temperaturverläufe berechnet, um anschließend einem Lastwechsel den, zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Temperatur- und somit auch Materialzustand zuweisen zu können. 2.2 Bestimmung der Materialdaten Für die Bestimmung der Haltbarkeit und Nutzungsdauer der Asphaltschichten sind Kenntnisse über die Eigenschaften aller verwendeten Materialien unerlässlich. Soweit es technisch, finanziell und zeitlich möglich ist, sollten es sich hierbei um objektbezogene Test- und Messergebnisse handeln [Abb. 3], um eine hohe Qualität der Prognose gewährleisten zu können. Ist dies nicht möglich, muss entsprechend auf Standardwerte und fachlich fundierte Annahmen zurückgegriffen werden. Abb. 3: Bohrkerne der Messstation Albersloher Weg stadtauswärts in Münster (Quelle: PTM Dortmund) Während der Berechnungen des Ermüdungszustands der Asphaltschichten wurden für die Methodik des Projektes DaRkSeit Modellparameter und Werte für folgende Materialeigenschaften der gebundenen und ungebundenen Schichten benötigt: • Materialsteifigkeit • Schichtdicke • Querdehnung • Schichtenverbund • Temperaturleitfähigkeit • Ermüdung (nur für Asphaltschichten) • Tieftemperaturverhalten (nur für Asphaltschichten) In Erweiterung zur gängigen Praxis, in welcher die Parameter der Ermüdungsfunktion nur für die Asphalttragschicht versuchstechnisch bestimmt werden, müssen sie auch für die Deck- und Binderschichtmaterialien untersucht werden. Mit deren Hilfe werden die Restnutzungsdauern dieser Asphaltschichten prognostiziert, da diese 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 99 Verbesserung d. Erhaltungsmanagements v. Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungsu. Temperaturmessdaten d. mFUND-Projektes DaRkSeit für die Wahl von Eingriffszeitpunkten und des Umfangs von Erhaltungsmaßnahmen immens wichtig sind. 2.3 Einbindung der Messdaten der Verkehrsbelastung Mit Hilfe der beiden Weigh-in-motion-Messtationen am Albersloher Weg in Münster [Abb. 4] können viele Fahrzeugeigenschaften gemessen werden, die für die Nutzungsdauerprognose relevant und für die Forschung interessant sind. Folgende Daten werden bei jeder Überfahrt aufgezeichnet: • Überfahrungszeitpunkt • Fahrzeuggesamtgewicht • Achslasten • Radlasten • Fahrzeuggeschwindigkeit • Fahrzeuggesamtlänge • Achsabstände Abb. 4: Weigh-in-Motion-Sensoren nach dem Einbau (Quelle: Stadt Münster) Diese Informationen ermöglichen nicht nur die kontinuierliche Messung der Verkehrsbelastung, sondern auch die Auswertungen hinsichtlich Über- und Fehlbeladungen sowie die Erstellung von kommunalen Fahrzeugtypverteilungen für die Erstellung von Standardverteilungen, um zukünftig auch kommunale Straßen realitätsnaher rechnerisch dimensionieren zu können. Im Falle der Zustandsprognosen im Rahmen des DaRk- Seit-Projektes wurden hauptsächlich die Daten des Überfahrungszeitpunktes und der Achslasten verwendet. Hierbei diente der Zeitstempel der Überfahrung der Waage der Bestimmung des dabei vorherrschenden Temperaturzustandes in der Straße und die Achslast der Berechnung der Schädigungen, die dieser Lastwechsel in den einzelnen Schichten verursacht hat. 2.4 Berechnung der Schädigung Nach den Vorgaben der RDO Asphalt 09/ 24 muss der Ermüdungsnachweis der Rissbildung für Asphaltschichten an der Stelle der höchsten Biegezugbeanspruchungen durchgeführt werden. Da im Vorfeld nicht eindeutig gesagt werden kann, wo sich diese Stelle in den jeweiligen Asphaltschichten befindet, werden die Beanspruchungen an den Punkten eines Punkteraster betrachtet und ausgewertet. An diesen Stellen werden mit Hilfe der Mehrschichtentheorie die jeweiligen Spannungen und Dehnungen berechnet und anschließend mittels der ersten Hauptdehnung die Einzelschädigung dieser Beanspruchung berechnet. Während des Nutzungszeitraumes ergibt sich der aktuelle Grad der Gesamtschädigung nach der Hypothese von Miner aus der Summe der bisher ertragenen Einzelschädigungen. Innerhalb des Punkterasters sind somit die Punkte mit den höchsten Summen die maßgeblichen Nachweispunkte für die jeweilige Asphaltschicht. Abb. 5: Beispielhafte schematische Darstellung der Verteilung des Ermüdungszustandes im Querschnitt einer Asphaltkonstruktion In Abb. 5 ist beispielhaft eine solche Verteilung des Ermüdungszustandes grafisch dargestellt. Dabei sind rote Bereiche, Bereiche mit einer großen Schädigung und blaue, Bereiche mit einer geringen Schädigung. Es ist erkennbar, dass sich die maßgeblichen Nachweispunkte hier in der Asphaltdeck- und -binderschicht an der jeweiligen Oberseite der Schicht und neben der Lastfläche befinden und in der Asphalttragschicht dies in der Lastachse und der Unterseite der Schicht der Fall ist. 3. Ergebnisse Die nachfolgenden Ergebnisse basieren auf den Daten, die von den Messstationen am Albersloher Weg in Münster erzeugt wurden. Dabei liefern die Messstation in Fahrtrichtung stadteinwärts seit dem 20.12.2022 und die Messstation in Fahrtrichtung stadtauswärts seit dem 07.02.2023 kontinuierlich Messdaten. Aus diesem Grund zeigen die nachfolgenden Auswertungen die Ergebnisse für die Jahre 2023 und teilweise 2024. Das Ziel und die Hoffnung des aufwändigen Einbaus der Messsensoren ist, dass die technischen Geräte Informationen über die Verkehrs- und Temperaturbelastungen sowie deren Entwicklungen bis zum Ausbau und Erneuerung der Asphaltdeckschichten in den Straßenabschnitten liefern. 3.1 Ergebnisse der Verkehrsauswertungen Die beiden Messstationen befinden sich beide in der Nähe der Bundesstraße 51, Anschlussstelle Albersloher Weg. Dabei führt die Fahrtrichtung stadtauswärts zu einem Gewerbegebiet, weswegen sich die Verkehrscharakteristik deutlich von der anderen Fahrtrichtung unterscheidet, die in die Innenstadt führt. 100 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Verbesserung d. Erhaltungsmanagements v. Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungsu. Temperaturmessdaten d. mFUND-Projektes DaRkSeit Abb. 6: Absolute und relative Anzahl der Fahrzeuge im Jahr 2023 an der Messstation Albersloher Weg stadteinwärts Durch die kontinuierliche Messung der Verkehrsbelastung können zu allererst einmal Informationen hinsichtlich der Verkehrsmenge und -zusammensetzung analysiert werden. In Abb. 6 sind die wöchentlichen Schwankungen in der absoluten Verkehrsmenge zwischen den Arbeitstagen und den arbeitsfreien Tagen sowie die Abnahme der Verkehrsbelastung in den Ferien (zum Beispiel im Sommer oder zum Jahreswechsel) gut zu sehen. In der Darstellung der relativen Verkehrsmenge ist eine deutliche Abweichung in den ansonsten relativ gleichmäßig verlaufenden Linien erkennbar. An diesem Tag fand der Münster City Triathlon statt, dessen Fahrradstrecke über die Messstation Albersloher Weg stadteinwärts führte. Die Darstellungen der äquivalenten Ergebnisse der Messstation Albersloher Weg stadtauswärts sind ähnlich zu denen in Abbildung Abb. 6. Allerdings unterscheiden sich die Werte des Schwerverkehrsanteils (SV-Anteil) mit 6,6-% und der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) mit 13.100-Kfz/ 24-h in Richtung stadtauswärts deutlich von denen in Richtung stadteinwärts mit einem SV-Anteil von 5,3-% und einer DTV von 7.800-Kfz/ 24-h. Abb. 7: Relative Häufigkeitsverteilung der täglichen Achsübergänge des Schwerkehrs für die Messstationen Albersloher Weg stadteinwärts (oben) und stadtauswärts (unten) Darüber hinaus unterscheiden sich die Verkehrscharakteristiken der beiden Messstationen hinsichtlich ihrer Fahrzeugtypenverteilung sowie der zeitlichen Verteilung des Schwerverkehrs [Abb. 7]. Während ein Großteil des Schwerverkehr morgens in Richtung Innenstadt fährt, ist die Häufigkeit in Richtung des Gewerbegebietes stadtauswärts tagsüber gleichmäßig erhöht und weist zusätzlich eine erhöhte Häufigkeit gegen 21 Uhr auf. Die Häufigkeitsverlagerung in den Vormittag an der Messstation Albersloher Weg stadteinwärts führt im Zusammenspiel mit den niedrigeren morgendlichen Außentemperaturen dazu, dass die Schädigung der Asphaltschichten, bei einer Dimensionierung unter Anwendung von statistischen Verteilungen für Temperatur und Verkehr, tendenziell überschätzt wird. Im Zuge der Messungen wurden für das Jahr 2023 folgende Maxima gemessen: Albersloher Weg stadteinwärts: • Maximales Fahrzeuggesamtgewicht: 73,62-t • Maximale Achslast: 17,78-t • Maximale Radlast: 12,65-t Albersloher Weg stadtauswärts: • Maximales Fahrzeuggesamtgewicht: 77,76-t • Maximale Achslast: 18,52-t • Maximale Radlast: 9,38-t 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 101 Verbesserung d. Erhaltungsmanagements v. Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungsu. Temperaturmessdaten d. mFUND-Projektes DaRkSeit 3.2 Ergebnisse der Temperaturauswertungen Zu den Messstationen der Weigh-in-motion-Achslastwaagen gehören neben dem Temperatursensor der Achslastwaage auch drei infraTest-RFID-Temperatursensoren, die in verschiedenen Tiefen der Asphaltbefestigung eingebaut wurden. Zu Beginn des Forschungsprojektes DaRk- Seit sollten für die Berechnung der Temperaturverläufe die Messwerte der insgesamt vier Temperatursensoren kombiniert werden. Das wurde aber nach der Auswertung der resultierenden Temperaturverläufe wieder verworfen, da diese nicht realistisch waren. Bei der Ursachensuche stellte sich dann heraus, dass die Temperatursensoren zwar räumlich relativ nah beieinander lagen, aber die Distanz ausreichte, um deutlich unterschiedliche Beschattungssituationen aufzuweisen [Abb. 8]. Abb. 8: Positionen der Temperatursensoren an der Messstation Albersloher Weg stadteinwärts - WIM- Sensor (gelb), infraTest-RFID-Sensoren (rot) (Quelle: Stadt Münster) Der Temperatursensor der WIM-Achslastwaage wird aufgrund seiner Nähe zum Straßenrand und der dort wachsenden Begrünung fast ganztägig verschattet, während das an der Position der anderen Sensoren fast gar nicht der Fall ist. Das hat zur Folge, dass sich bei Sonnenschein und sommerlichen Außentemperaturen die Straßenoberfläche an der Stelle der infraTest-RFID-Sensoren deutlich stärker erwärmt, als an der Stelle des WIM-Sensors [Abb.-9]. Dieser Unterschied kommt also nur in wenigen Monaten des Jahres zum Tragen. Ist dies aber der Fall, sind die Auswirkungen mitunter immens. So sind in den Asphaltdeckschichten Temperaturen von 60- °C und in den Asphaltbinderschichten von 50-°C aufgetreten, während der vorwiegend verschattete Straßenabschnitt zum gleichen Zeitpunkt nur Temperaturen von maximal 45-°C aufwies. Abb. 9: Temperaturverläufe an den Temperaturmessstationen Albersloher Weg stadteinwärts vom 25.06.2023 - WIM-Sensor (links), infraTest-RFID-Sensoren (rechts) 3.3 Ergebnisse der Prognoseberechnungen Mit den berechneten Temperaturverläufen und den Achslastmessungen wurden und werden die Ermüdungszustände der Asphaltschichten mittels des Algorithmus gemäß den RDO Asphalt 09/ 24 berechnet und prognostiziert. Mit Hilfe der zwei Achslastwaagen und den jeweils zwei Temperaturmessorten wurden die Zustände der drei Asphaltschichten in beiden Fahrstreifen jeder Fahrtrichtung berechnet [Abb. 10]. Damit ist es möglich, im Rahmen eines Erhaltungsmanagements, die Entwicklung der Zustände der einzelnen Asphaltschichten zu berechnen und notwendige Erhaltungs- und Neubaumaßnahmen rechtzeitig und ressourcenschonend zu planen. In Abb. 10 ist zu sehen, dass die Schäden des zweiten Fahrstreifens deutlich geringer sind, als die im Hauptfahrstreifen. Somit ermüden diese Asphaltschichten deutlich langsamer, was ebenfalls für die Planung von Eingriffszeitpunkten und der Verkehrsplanung während der Erhaltungsmaßnahmen wichtig ist. In der Abbildung ist darüber hinaus erkennbar, dass die größten Schädigungen in der Asphaltbinderschicht des Hauptfahrstreifens auftreten. Dies ist auch bei der anderen Messstation am Albersloher Weg der Fall, weswegen für die weiteren Betrachtungen diese Ermüdungsverläufe verwendet werden. Abb. 10: Berechneter Verlauf der Ermüdung für die beiden Fahrstreifen Albersloher Weg stadteinwärts und den Daten des WIM-Temperatursensors 102 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Verbesserung d. Erhaltungsmanagements v. Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungsu. Temperaturmessdaten d. mFUND-Projektes DaRkSeit Durch die Probleme, die bei dem Versuch der Kombination der Temperatursensordaten aufgetreten sind, gibt es nun zwei Temperaturmessstellen pro Achslastwaage. Die Auswertung der Temperatur-verläufe dieser Messstellen hat schon gezeigt, dass dabei große Unterschiede auftreten können. Die Berechnung der Ermüdungszustände hat gezeigt, wie groß der Einfluss der Beschattung sein kann. Während die Verläufe bei den beiden Temperaturmessstellen am Albersloher Weg stadtauswärts nur geringe Abweichungen aufweisen, sind die Unterschiede in Richtung stadteinwärts immens [Abb. 11]. Abb. 11: Vergleich der Ermüdungsverläufe der beiden Temperaturdatenquellen an der Messstation Albersloher Weg stadteinwärts Es ist zu sehen, dass die Verläufe der Ermüdung der Asphaltbinderschicht im Winter synchron verlaufen, sich im Frühling voneinander trennen, im Sommer stark voneinander abweichen und im Herbst parallel verlaufen. Am Ende des Jahres 2023 wies die Asphaltbinderschicht im unverschatteten Bereich, im Vergleich zum vorwiegend verschatteten Bereich, eine 23-% höheren Ermüdungsstatus auf. Um nachvollziehen zu können, wie dieser Unterschied entstand, wurden die wöchentlichen Zunahmen des Ermüdungsstatus an den beiden Temperaturmessstellen miteinander verglichen [Abb. 12]. Es ist deutlich erkennbar, dass sich die Unterschiede in der Mitte des Jahres konzentrieren. Dabei fällt aber auf, dass im Maximum die Zunahme des Ermüdungsstatus an der Stelle der infraTest-Temperatursensoren annähernd doppelt so groß ist, wie an der Stelle der WIM-Temperatursensoren. Abb. 12: Wöchentliche Zunahme des Ermüdungsstatus an den Temperaturmessstellen am Alberlsoher Weg stadteinwärts für das Jahr 2023 Betrachtet man die Wetterdaten für diese Woche, zeigt sich, dass in der Zeit in und um Münster Tageshöchsttemperaturen von über 25- °C bei einer Sonnenscheindauer von durchschnittlich 14 h geherrscht haben. Daran ist erkennbar, welchen Einfluss die Bewitterung, genauer gesagt die Energieabsorption der Sonnenstahlen, auf die Ermüdung der Asphaltschichten haben kann. Dem kann mittels Verschattung oder dem Einbau von helleren Asphaltdeckschichten entgegengewirkt und somit deren Einfluss reduziert werden. Ein Ziel des m-FUND-Forschungsprojektes DaRkSeit war es, für die betrachteten Streckenabschnitte eine Art Zustandsampel zur Verfügung zu stellen [Abb. 13]. Mit deren Hilfe können sich Interessierte, zum Beispiel auf Informationsseiten im Internet, über den aktuellen Zustand der Straßen informieren. Damit werden auch zukünftige Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmen transparenter und deren Notwendigkeit nachvollziehbaren. Abb. 13: Ermüdungsstatus am maßgeblichen Nachweispunkt an der WIM-Temperaturmessstelle der Messstation Albersloher Weg stadtauswärts 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 103 Verbesserung d. Erhaltungsmanagements v. Straßen mittels echtzeitbasierter Verkehrsbelastungsu. Temperaturmessdaten d. mFUND-Projektes DaRkSeit 4. Schlussfolgerung und Ausblick Trotz der Tatsache, dass es sich bei den Ergebnissen der Messstationen nur um einzelne Stichproben aus der Gesamtmenge der möglichen Verkehrsszenarien handelt, vermitteln sie einen guten Überblick über das Ergebnisspektrum hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Verkehrsbelastung und Tageszeit, zwischen Bewitterung und Nutzungsdauer sowie den Ermüdungszuständen von Haupt- und Nebenfahrstreifen. Um diese Einflüsse in ihrem Ausmaß und in ihrer Verbreitung besser bewerten und zukünftig auch adäquat berücksichtigen zu können, werden weitere Messstationen für kombinierte Temperatur- und Achslastmessungen, wie die am Albersloher Weg benötigt. Die Messdaten der Messstationen sind frei über die Mobilithek [5] erhältlich und werden monatlich möglichst zeitnah aktualisiert. Abb. 14: Vergleich der Verläufe der Ermüdung für die WIM-Temperaturmessstelle der Messstation Albersloher Weg stadteinwärts Anhand der Daten lässt sich schon erkennen, dass im Jahr 2024 die Verläufe der Ermüdung deutliche Unterschiede zu denen aus dem Vorjahr aufweisen [Abb. 14]. Der Verlauf der Ermüdung ist deutlich flacher als 2023 und es wird sich zeigen, innerhalb welchen Spektrums die Jahresverläufe zukünftig schwanken werden. Literatur [1] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV (2024): Richtlinien für die rechnerische Dimensionierung des Oberbaus von Verkehrsflächen in Asphaltbauweise - RDO Asphalt 09/ 24. (FGSV R 1, 498). Köln: FGSV Der Verlag. [2] Reinhardt, Uwe & Tesic, Marko (2023): Die technische Realisierung echtzeitbasierter Mess- und Auswerteprozesse von Klima- und Verkehrsbelastungsdaten kommunaler Straßeninfrastruktur. In: Jürgen Krieger und Technische Akademie Esslingen e.V. (Hg.): 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur. Fachtagung über Planung, Bau, Betrieb, Unterhalt, Rückbau von Brücken, Tunneln, Schienen, Straßen, Wasserwegen. Tübingen: expert Verlag. [3] Miner, M. A. (1945): Cumulative Damage in Fatigue. In ASME: Journal of Applied Mechanics. 1945(3). [4] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV (2023): Arbeitspapier Eingangsgrößen für die Dimensionierung und Bewertung der strukturellen Substanz - Teil 2: Klima. (FGSV W 2, 498/ 2). Köln: FGSV Der Verlag. [5] Internetadresse: https: \\mobilithek.info