Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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2025
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CSRD als Chance verstehen und in der Praxis umsetzen
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2025
Paul Reich
Die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet Unternehmen zu umfassender, standardisierter Nachhaltigkeitsberichterstattung, die finanzielle Risiken und Chancen sowie die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen berücksichtigt. Durch die Einführung neuer Berichtsstandards wie der doppelten Wesentlichkeitsanalyse stärkt die CSRD nicht nur Transparenz und Vergleichbarkeit, sondern fördert auch die interne Zusammenarbeit und nachhaltige Unternehmensstrategien. Dadurch bietet die CSRD Unternehmen die Chance, sich durch verbesserte Resilienz, Effizienz und nachhaltige Geschäftspraktiken als verantwortungsbewusste Marktführer zu positionieren und langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
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4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 161 CSRD als Chance verstehen und in der Praxis umsetzen Paul Reich, M. Eng. HOCHTIEF PPP Solutions GmbH, Essen Zusammenfassung Die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet Unternehmen zu umfassender, standardisierter Nachhaltigkeitsberichterstattung, die finanzielle Risiken und Chancen sowie die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen berücksichtigt. Durch die Einführung neuer Berichtsstandards wie der doppelten Wesentlichkeitsanalyse stärkt die CSRD nicht nur Transparenz und Vergleichbarkeit, sondern fördert auch die interne Zusammenarbeit und nachhaltige Unternehmensstrategien. Dadurch bietet die CSRD Unternehmen die Chance, sich durch verbesserte Resilienz, Effizienz und nachhaltige Geschäftspraktiken als verantwortungsbewusste Marktführer zu positionieren und langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. 1. Bedeutung der CSRD für Unternehmen Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union markiert einen Wendepunkt in der Nachhaltigkeitsberichterstattung und läutet eine neue Ära der Transparenz im Bereich Nachhaltigkeit ein. Sie verpflichtet Unternehmen, umfassend und einheitlich über ihre Aktivitäten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu berichten. Die Einführung der CSRD ist das Ergebnis eines kontinuierlichen regulatorischen Fortschritts, welcher auf der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) aufbaut. Die NFRD sollte bereits bestimmte Unternehmen zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen verpflichten, erwies sich jedoch als unzureichend, um konsistente und vergleichbare Daten bereitzustellen. Die CSRD adressiert nun diese Lücken, indem sie klare Berichtsstandards und umfassende Offenlegungspflichten festlegt. Die CSRD gilt dabei verpflichtend für Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen [1]: • im bilanzrechtlichen Sinne große Unternehmen • im bilanzrechtlichen Sinne kleine und mittlere Unternehmen, die kapitalmarktorientiert sind • Drittstaatenunternehmen mit 150 Mio. Euro Umsatz in der EU, deren Tochterunternehmen die vorstehenden Größenkriterien erfüllen oder deren Zweigniederlassungen mehr als 40 Mio. Euro Umsatz erreichen Diese Weiterentwicklung ist ein wichtiger Bestandteil des europäischen Green Deal und unterstützt das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die neuen Berichtsstandards sollen sicherstellen, dass Unternehmen nicht nur transparent über finanzielle Kennzahlen berichten, sondern auch ihre Nachhaltigkeitsleistung vergleichbar ausweisen. Mit dieser Erweiterung fallen nun fast rund 14.600 deutsche Unternehmen unter die neue Regulatorik [2]. Eine der wichtigsten Neuerungen der CSRD ist die Einführung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), welche von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt wurden. Die ESRS spezifizieren detaillierte Offenlegungsanforderungen zu Themen wie Klimawandel, Biodiversität, sozialer Verantwortung und Unternehmensführung und umfassen sowohl quantitative als auch qualitative Informationen. So sind zentrale Ziele der CSRD die Bereitstellung konsistenter, verlässlicher und standardisierter Informationen, welche für Investoren, Stakeholder und die Öffentlichkeit von Nutzen sind. Abbildung 1: Die sektorenunabhängigen ESRS (HOCHTIEF interne Darstellung) Die sektorenunabhängigen ESRS, die im Dezember 2023 veröffentlicht wurden, bieten einen umfassenden Rahmen, der für Organisationen in allen Sektoren gilt. In den kommenden Jahren werden sektorspezifische Standards, Unternehmensstandards aus Drittländern und KMU-Standards, die auf die besonderen Merkmale verschiedener Branchen oder Unternehmen zugeschnitten sind, die Berichtspflichten weiter verfeinern [3]. Durch die Harmonisierung der Berichterstattung durch diese Standards bekommen Stakeholder, einschließlich Investoren und Rating-Agenturen, Zugang zu verlässlichen und vergleichbaren Daten. Mit der Einführung der 162 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 CSRD als Chance verstehen und in der Praxis umsetzen CSRD will die EU daher sicherstellen, dass Stakeholder fundierte Entscheidungen auf der Grundlage klarer und vergleichbarer ESG-Daten (Environmental, Social, Governance) treffen können, da eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung, wie sie die CSRD fordert, zunehmend eine zentrale Rolle für Kapitalmärkte und Investoren spielt. Damit fördert die CSRD nachhaltige Investitionen und bietet eine solide Grundlage, um sich in einer zunehmend ESG-orientierten Finanzwelt zu behaupten. Auch Analysten und Rating-Agenturen nutzen die Berichte, um die Widerstandsfähigkeit und das Wachstumspotenzial von Unternehmen einzuschätzen. Die ESRS wurde zudem so konzipiert, dass sie mit internationalen Standards kompatibel sind und somit auch außerhalb der EU als Referenz dienen können. 2. Die Rolle der doppelten Wesentlichkeitsanalyse in der CSRD Eine zentrale Anforderung der CSRD ist die Wesentlichkeitsanalyse, die das Prinzip der „doppelten Wesentlichkeit“ einführt und zum zentralen Ausgangspunkt, für die von der CSRD betroffenen Unternehmen wird. Die Wesentlichkeitsanalyse soll sicherstellen, dass Unternehmen gezielt diejenigen ESG-Themen priorisieren, die sowohl für das Unternehmen selbst als auch für seine Stakeholder von Bedeutung sind. Die doppelte Wesentlichkeit unterscheidet sich von traditionellen Ansätzen der Finanzberichterstattung, indem sie nicht nur finanzielle Risiken und Chancen, sondern auch die Auswirkungen des Unternehmens auf Gesellschaft und Umwelt verpflichtend berücksichtigt. Im Rahmen der wesentlichen Auswirkung (Impact Materiality) analysieren die Unternehmen hierbei die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf ökologische und soziale Bereiche. Dazu gehören unter anderem der Treibhausgasausstoß, der Wasserverbrauch, das Abfallmanagement und die Auswirkungen auf die Biodiversität. Auf sozialer Ebene fallen Aspekte wie faire Arbeitsbedingungen und Verantwortung in der Lieferkette unter die Impact Materiality. Für ein CSRD konformes Berichtswesen ist es für Unternehmen daher entscheidend, diese Bereiche messbar zu machen, um die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit gezielt erfassen und steuern zu können. Parallel dazu bezieht sich die Finanzielle Wesentlichkeit (Financial Materiality) auf finanzielle Risiken und Chancen, die sich aus ESG-Themen ergeben können. Unternehmen analysieren hier Risiken durch physische Faktoren wie extreme Wetterereignisse und Übergangsrisiken, die beispielsweise durch neue Regulierungen, technologischen Wandel oder veränderte Kundenerwartungen entstehen können. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse stellt eine strategische Verbindung zwischen der ESG-Risikoanalyse und der Unternehmensstrategie her, indem sie sich auf die Identifizierung und Bewertung strategisch relevanter Risiken und Chancen konzentriert. Somit unterstützt sie Unternehmen dabei, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und die langfristige Resilienz der Unternehmen zu fördern. Die Einbeziehung von Stakeholder-Perspektiven darunter die Sichtweisen von Investoren, Mitarbeitende, Auftraggebende und der Öffentlichkeit ist dabei ein zentraler Aspekt. Nur durch eine transparente und umfassende Berücksichtigung externer Erwartungen kann sichergestellt werden, dass die Analyse die tatsächlichen Bedürfnisse und Anforderungen der wichtigsten Anspruchsgruppen widerspiegelt. Gleichzeitig fordert die CSRD eine genaue Dokumentation der Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse. Die Unternehmen sind aufgefordert, ihre Analysen detailliert nachzuweisen und alle wesentlichen Ergebnisse klar und nachvollziehbar zu dokumentieren. Diese Transparenz schafft Vertrauen und ermöglicht eine spätere Überprüfung durch externe Prüfer. Da sich Nachhaltigkeitsthemen ständig weiterentwickeln, ist die Wesentlichkeitsanalyse kein statischer, einmaliger Prozess. Vielmehr müssen Unternehmen regelmäßig überprüfen, ob ihre Analysen noch aktuell und angemessen sind. Diese Anpassungsfähigkeit ermöglicht es auch, auf neue oder veränderte Risiken und Chancen zu reagieren und die Strategie entsprechend auszurichten. Die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse dienen schließlich als Grundlage für die Auswahl relevanter KPIs und die Strukturierung der gesamten ESG-Berichterstattung. Auf diese Weise stellt die CSRD sicher, dass Unternehmen gezielt über jene Aspekte berichten, die für ihre Nachhaltigkeitsleistung und deren Bewertung durch die Öffentlichkeit und Investoren am relevantesten sind. 3. CSRD als Chance für Unternehmen Eine erfolgreiche Umsetzung der geforderten Standards nach CSRD in die Nachhaltigkeitsberichtserstattung bietet Unternehmen mehrere Vorteile und hat das Potenzial, die unternehmensweite Zusammenarbeit signifikant zu fördern, da die Anforderungen der CSRD einen umfassenden und integrierten Ansatz erfordern, welcher verschiedene Abteilungen und Funktionen einbezieht und somit ebenfalls die nachhaltigkeitsorientierte Unternehmenskultur stärkt. Die strukturierten Anforderungen der CSRD helfen Unternehmen dadurch, interne Prozesse klarer und effizienter zu gestalten. Die Abteilungen entwickeln so standardisierte Verfahren zur Datenerhebung und Berichterstattung, die eine bessere Abstimmung und einheitliche Datenqualität ermöglichen. Durch diese enge Verzahnung der Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden die betrieblichen Abläufe verbessert. Weiterhin können durch eine umfassende Berichterstattung über ESG-Risiken - wie Klimarisiken oder Lieferkettenrisiken - Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit und ihr Risikomanagement stärken, da die CSRD Unternehmen dazu verpflichtet, Risiken und Chancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu betrachten. Dies führt dazu, dass auch hier Synergien innerhalb der Unternehmen entstehen, da Abteilungen eng zusammenarbeiten müssen und so Ressourcen effizient gemanagt und Risiken frühzeitig erkannt und adressiert werden. Dies steigert nicht nur die Effizienz, sondern senkt langfristig die Kosten und stärkt die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit. 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 163 CSRD als Chance verstehen und in der Praxis umsetzen Nachhaltigkeitstransparenz wird zudem zunehmend als Wettbewerbsvorteil gesehen, der es Unternehmen ermöglicht, ihre Marktposition zu verbessern und sich als verantwortungsbewusste Marktführer zu etablieren. Auch hier bietet die CSRD Unternehmen die Möglichkeit, sich durch transparente und umfassende Nachhaltigkeitsstrategien von Wettbewerbsteilnehmenden zu differenzieren und ihre Marktposition zu stärken. Auch diese Transparenz erfordert die aktive Zusammenarbeit aller relevanten Abteilungen, um Daten zu erheben, auszuwerten und verlässlich zu berichten. Eine weitere Dimension ist die Motivation und Bindung der Mitarbeitenden. Mitarbeitende, die sehen, dass Nachhaltigkeit im Unternehmen gelebt und nicht nur proklamiert wird, fühlen sich stärker mit den Unternehmenszielen verbunden. Die CSRD ermöglicht es den verschiedenen Teams, gemeinsam an diesen Zielen zu arbeiten, was das Engagement der Mitarbeitenden erhöht und Talente anzieht, die Nachhaltigkeit schätzen. Die enge Zusammenarbeit in den ESG-Prozessen stärkt die Unternehmenskultur und schafft ein Gefühl der gemeinsamen Verantwortung. Das hohe Maß an Transparenz, wie es die CSRD fordert, erleichtert zudem den Auf bau langfristiger und stabiler Stakeholder-Beziehungen. Kunden und Investoren gewinnen so zunehmend Vertrauen in die Nachhaltigkeitsleistung der Unternehmen, was den Zugang zu Kapital erleichtert und die Attraktivität für ESG-orientierte Investoren erhöht. Neben den regulatorischen Anforderungen bietet die CSRD somit auch strategische Chancen für die betroffenen Unternehmen. So kann das Vertrauen von Investoren und Kunden Unternehmen unteranderem dadurch gewonnen werden, das ESG-Aspekte aktiv in die Geschäftsstrategie miteingebunden- und verlässliche Daten bereitstellt werden. So können sich Unternehmen langfristig positiv von der Konkurrenz abheben und dadurch ihre zukünftige Marktposition stärken. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die CSRD nicht nur eine regulatorische Anforderung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung darstellt, sondern auch umfassende Potentiale für Unternehmen bietet, um Kooperationen und Innovationen zu fördern. Dieser gemeinsame Fokus auf Nachhaltigkeit ermöglicht es Unternehmen, sich strategisch weiterzuentwickeln und langfristigen Mehrwert für alle Stakeholder zu schaffen. Die CSRD erweist sich somit als ein Instrument, das die unternehmensweite Zusammenarbeit stärkt und einen nachhaltigen Kulturwandel unterstützt, während sie gleichzeitig Unternehmen dabei unterstützt, ESG-Risiken gezielt zu identifizieren und zu managen, was wiederum deren langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit fördert. Die CSRD ist somit nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine Chance für Unternehmen, sich strategisch weiterzuentwickeln und ihre Marktposition zu stärken. Die Anforderungen an eine standardisierte Berichterstattung und externe Verifizierung erhöhen die Qualität und Verlässlichkeit der bereitgestellten Informationen und fördern das Vertrauen der Stakeholder. Die CSRD bietet Unternehmen einen Rahmen, um Nachhaltigkeit als zentrales Element ihrer Strategie zu verankern, ihre langfristige Resilienz zu stärken und Wert für die Gesellschaft und den Kapitalmarkt zu schaffen 4. Praktische Schritte zur Umsetzung der CSRD Die CSRD fordert von den betroffenen Unternehmen eine umfassende und transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dabei kommt es insbesondere auf ein strukturiertes Vorgehen an, das alle wesentlichen Berichtsanforderungen erfüllt und nachhaltigkeitsrelevante Daten zuverlässig erfasst und vergleichbar dokumentiert. Die folgenden Schritte bieten eine praxisorientierte Abfolge, um die CSRD effizient umzusetzen. 4.1 Scope- und Stakeholder-Analyse Zunächst sollten Unternehmen prüfen, ob sie von den Regelungen der CSRD betroffen sind und welche branchenspezifischen Berichtsstandards gelten. Danach ist es wichtig, die relevanten Stakeholder zu identifizieren sowohl direkt Betroffene wie Mitarbeitende und Lieferanten als auch indirekt Betroffene, wie Investoren und Regulierungsbehörden. Diese Analyse bildet die Grundlage für die nachfolgende Wesentlichkeitsanalyse und hilft bei der Priorisierung der relevanten ESG-Themen. 4.2 Doppelte Wesentlichkeitsanalyse und Identifikation der IROs Ein zentraler Schritt ist die Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse, die sowohl die finanziellen Auswirkungen (Financial Materiality) als auch die ökologischen und sozialen Auswirkungen (Impact Materiality) des Unternehmens berücksichtigt. Hier kommen die IROs (Impacts, Risks, and Opportunities) ins Spiel: • Auswirkungen (Impacts): Unternehmen müssen die direkten und indirekten Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft, wie zum Beispiel ihr Treibhausgasausstoß oder den Einfluss auf lokale Gemeinschaften analysieren. • Risiken (Risks): Risiken umfassen alle ESG-bezogenen Bedrohungen, die potenziell negative finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen haben können, wie z. B. physische Klimarisiken oder Marktveränderungen aufgrund strengerer Umweltgesetze. • Chancen (Opportunities): Chancen ergeben sich aus potenziellen Vorteilen, die sich aus einer proaktiven ESG-Strategie ergeben, wie z. B. die Erschließung neuer Märkte oder Kosteneinsparungen durch technische Innovationen. Die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse erfordert spezielle Methoden und Instrumente wie Stakeholderanalysen, Szenarioanalysen, Workshops und Interviews, die den Unternehmen helfen, die wesentlichen Themen zielgerichtet zu identifizieren und ihre Relevanz für die Unternehmensstrategie zu bestimmen. Die Analyse der IROs dient in diesem Schritt nicht nur der Erfüllung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, sondern bildet später ebenfalls die Grundlage für den Auf bau des nicht finanziellen Geschäftsberichtes. Gleichzeitig verlangt die CSRD eine präzise Dokumentation der Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse. Unternehmen sind aufgefordert, ihre Analysen detailliert nachzuweisen und alle wesentlichen Ergebnisse klar und 164 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 CSRD als Chance verstehen und in der Praxis umsetzen nachvollziehbar zu dokumentieren. Diese Transparenz schafft Vertrauen und ermöglicht eine spätere Überprüfung durch externe Prüfer. 4.3 Gap-Analyse und Datenbewertung Nachdem die wesentlichen Themen und IROs identifiziert wurden, können Unternehmen eine Gap-Analyse durchführen. Diese dient dazu, die bestehenden Daten und Berichtsstrukturen zu überprüfen und mögliche Lücken zu identifizieren. Dabei sollte analysiert werden, welche Daten bereits erhoben werden und welche zusätzlichen Informationen für eine CSRD konforme Berichterstattung noch benötigt werden. 4.4 Erstellung eines Implementierungsplans Basierend auf den Ergebnissen der Gap-Analyse kann anschließend ein Umsetzungsplan erstellt werden. Dieser Plan sollte die notwendigen Schritte zur Datenerhebung, zum Datenmanagement und zur Umsetzung der neuen ESG-Initiativen umfassen. Dazu gehört eine klare Rollenverteilung, die Festlegung von Verantwortlichkeiten und Zeitplänen, um die Umsetzung strukturiert voranzutreiben und Fortschritte messbar zu machen. Ein effizientes Datenmanagement ist hierbei die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung der ESG-Berichterstattung. Unternehmen benötigen daher IT-Systeme und digitale Tools, um ESG-Daten kontinuierlich zu erfassen, zu validieren und für die Berichterstattung zu konsolidieren. 4.5 Integration der Berichtspflichten und Reporting nach ESRS-Standards Auf bauend auf der Wesentlichkeitsanalyse und den identifizierten IROs wird der Nachhaltigkeitsbericht nach den ESRS erstellt. Der nicht finanzielle Bericht muss dabei alle wesentlichen Offenlegungspflichten für Umwelt, Soziales und Governance enthalten, wobei ebenfalls auf eine einheitliche und maschinenlesbare Darstellung aller relevanten Themen zu achten ist. 4.6 Externe Prüfung und Qualitätssicherung Die CSRD verlangt eine externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte. In der Anfangsphase ist eine „Limited Assurance“ ausreichend, langfristig könnte jedoch auch eine „Reasonable Assurance“ erforderlich werden [4]. Der Unterschied liegt dabei in der Prüfungstiefe, sprich bei der „Limited Assurance“ ist der Grad der erhaltenen Sicherheit geringer und die Verfahren, die der Prüfer durchführt, in ihrer Art und ihrem zeitlichen Ablauf und weniger umfangreich [5]. Unternehmen sollten dennoch interne Kontrollmechanismen einrichten, um die Datenintegrität sicherzustellen und eine zuverlässige Prüfung durch externe Prüfer zu ermöglichen. 4.7 Veröffentlichung und Kommunikation mit Stakeholdern Schließlich erfolgt die Veröffentlichung des Nachhaltigkeitsberichts im Rahmen des Geschäftsberichts. Parallel dazu können Unternehmen die Inhalte und Fortschritte des Berichts aktiv an ihre Stakeholder kommunizieren. Eine transparente Kommunikation stärkt das Vertrauen der Stakeholder und unterstützt die langfristige Positionierung der ESG-Strategie. 5. Schlussfolgerung und Handlungsimpulse Die CSRD ist eine regulatorische Herausforderung, aber auch eine wertvolle Chance. Mit einer soliden Nachhaltigkeitsstrategie, die auf klaren Daten und einer fundierten Wesentlichkeitsanalyse basiert, können Unternehmen nicht nur Compliance erreichen, sondern auch ihren Marktwert und ihre Resilienz steigern. Die CSRD bietet Unternehmen einen Rahmen, um Nachhaltigkeit systematisch zu integrieren und als Wachstumstreiber zu nutzen. 6. Ausblick der rechtlichen Umsetzung Ursprünglich sollte die CSRD bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht überführt werden. Die Umsetzung der europäischen Richtline in deutsches Recht verzögerte sich jedoch aufgrund der politischen Situation, insbesondere des Bruchs der Regierungskoalition, weshalb bis zur Abgabefrist des Manuskripts unklar blieb, wann dies erfolgen wird. Es erscheint jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass das Gesetz zur Umsetzung der CSRD noch im Jahr 2024 verabschiedet und wirksam wird [6]. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verabschiedung erst im Jahr 2025 erfolgt und von einer neu gewählten Bundesregierung sowie einem neu zusammengesetzten Bundestag durchgeführt wird. Die Verzögerung der Umsetzung zieht zum einen auf europäischer Ebene erste Konsequenzen, da die Europäische Kommission bereits im September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Zum anderen stehen Unternehmen, die bereits für das Geschäftsjahr 2024 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, aktuell vor der Herausforderung, ohne klare nationale Vorgaben zu agieren. Grundsätzlich erwachsen aus einer nicht fristgerecht umgesetzten europäischen Richtlinie keine Pflichten für private Akteure. Demnach würde sich die nachhaltige Berichterstattung bei Nichtumsetzung der CSRD bis Ende des Jahres 2024 im Grundsatz noch nach geltender Rechtslage richten [7]. Aus Sicht des Verfassers ist es jedoch ratsam, bereits proaktiv Maßnahmen zur CSRD konformen Berichterstattung zu ergreifen, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Literatur [1] Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) - CSR (csr-in-deutschland.de). [2] BMJ - Pressemitteilungen - Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen: Europäische Vorgaben sollen möglichst bürokratiearm ins deutsche Recht umgesetzt werden. [3] Webinarreihe des UN Global Compact Netzwerk Deutschland „Ready to report: EU-Reporting verstehen & angehen“. [4] Sustainability Audit: Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts | EY - Deutschland. [5] Limited vs reasonable assurance over ESG (kpmg.com). [6] Verspätete Umsetzung der CSRD und ihre Folgen. [7] Umsetzung der CSRD - EU-Kommission eröffnet Vertragsverletzungsverfahren.
