Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
0217
2025
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Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur – Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes
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2025
Kay Degenhardt
Anhand der mehrjährigen Erfahrungen des Landesbetriebes Straßenwesen Brandenburg beim Aufbau eines ganzheitlichen Asset- und Erhaltungsmanagements für die von ihm betreuten Bundes- und Landesstraßen wird dargestellt, wie komplex sich die Materie in der Praxis darstellt, welche großen Herausforderungen mit dieser Aufgabe verbunden sind, welche Lösungsansätze verfolgt werden und wie deren Erfolgsaussichten derzeit einzuschätzen sind. Digitalisierung und Datenverarbeitung spielen dabei eine wesentliche Rolle. Oft vernachlässigt oder unterschätzt werden hingegen das interdisziplinäre Verständnis aller am Prozess Beteiligten und ein hohes Maß an Kommunikation und Teamfähigkeit. Wie unabdingbar aber auch diese Aspekte für das Gelingen eines ganzheitlichen Ansatzes sind, wird ebenfalls thematisiert.
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4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 253 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Dipl.-Ing. Kay Degenhardt Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, Hoppegarten Zusammenfassung Anhand der mehrjährigen Erfahrungen des Landesbetriebes Straßenwesen Brandenburg beim Auf bau eines ganzheitlichen Asset- und Erhaltungsmanagements für die von ihm betreuten Bundes- und Landesstraßen wird dargestellt, wie komplex sich die Materie in der Praxis darstellt, welche großen Herausforderungen mit dieser Aufgabe verbunden sind, welche Lösungsansätze verfolgt werden und wie deren Erfolgsaussichten derzeit einzuschätzen sind. Digitalisierung und Datenverarbeitung spielen dabei eine wesentliche Rolle. Oft vernachlässigt oder unterschätzt werden hingegen das interdisziplinäre Verständnis aller am Prozess Beteiligten und ein hohes Maß an Kommunikation und Teamfähigkeit. Wie unabdingbar aber auch diese Aspekte für das Gelingen eines ganzheitlichen Ansatzes sind, wird ebenfalls thematisiert. 1. Koordiniertes Erhaltungsmanagement 1.1 Anspruch und Zielsetzung Der Betrieb und die Erhaltung der Straßeninfrastruktur erfolgen zunehmend nach einem ganzheitlichen Ansatz. Was bedeutet das konkret? Im Vordergrund stehen Sicherheit, Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit, die insbesondere den Wert von Strecken und Netzen bestimmen, sowie eine effiziente und wirtschaftliche Betriebsführung. Darüber hinaus sollen Betrieb und Erhaltung besonders nachhaltig erfolgen. Dies betrifft nicht zuletzt die ökologisch und klimatisch wertvollen Elemente der Straßeninfrastruktur wie Alleen und Baumreihen. Für den Straßenbaulastträger (Straßenbauverwaltung) stellt der daraus resultierende Zielkonflikt regelmäßig die Quadratur des Kreises dar. Wie kann ein ganzheitlicher Ansatz gelingen und welche Voraussetzungen sind dafür notwendig? Abbildung 1 gibt einen Überblick über die primären Ziele des Erhaltungsmanagements für die Straßeninfrastruktur und die damit verbundenen Fragestellungen. Dabei ist zwischen der Objektebene und der Netzebene zu unterscheiden. Zunächst empfiehlt sich eine Betrachtung des Erhaltungsbedarfs auf Objektebene, getrennt nach den drei Anlagenteilen Fahrbahnen, Ingenieurbauwerke und sonstige Anlagenteile sowie den darunter zugeordneten Objektarten und Einzelobjekten. Je nach Bedarf und Sinnhaftigkeit können die erforderlichen Betrachtungen bis auf die Ebene von Bauteilgruppen oder Bauteilen ausgedehnt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass die spätere Aggregation bis zur Netzebene umso komplexer wird, je feiner die Betrachtungen und Analysen erfolgen. Insofern ist immer zu hinterfragen, welchen Mehrwert bestimmte Informationen für die Zielerreichung haben und ob deren Verarbeitung bzw. Einbeziehung in den Entscheidungsprozess tatsächlich zielführend ist oder nur die Komplexität erhöht. Abb. 1: Zielsetzungen des Erhaltungsmanagements der Straßeninfrastruktur Die Straßeninfrastruktur setzt sich aus einer großen Vielfalt von unterschiedlichen Objektarten und Objekten zusammen. Abb. 2: Auswahl verschiedener Objektarten der Straßeninfrastruktur Wie bereits erwähnt, lassen sich alle diese verschiedenen Objektarten grundsätzlich den drei Anlagenteilen • Fahrbahnen (FB) • Ingenieurbauwerke (ING) • Sonstige Anlagenteile (SAT) 254 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes zuordnen. Die Fahrbahnen, insbesondere für Straßen und Radwege, und die Ingenieurbauwerke, hier insbesondere die Brücken, sind in ihren Ausprägungen, Materialien und Eigenschaften durch ein umfangreiches Regelwerk erfasst und beschrieben. Die Heterogenität in der Spezifikation innerhalb der beiden Objektarten ist eher gering und ermöglicht daher eine relativ gute Vergleichbarkeit in der Vorgehensweise. Bei den Fahrbahnen außerhalb des kommunalen Bereichs liegt der Schwerpunkt auf den Straßen und Radwegen. Sie stellen eine der beiden wesentlichen Grundvoraussetzungen für die räumliche Mobilität mit Kraftfahrzeugen dar und sind in der Regel gebunden und in Asphalt- oder Betonbauweise hergestellt. Die Fahrbahnen nehmen flächenseitig den größten Anteil der Straßeninfrastruktur ein. Innerhalb von Kommunen können zudem umfängliche Anteile aus Gehweg- und Parkbzw. Nebenbefestigungsflächen hinzukommen. Mit den Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen (ZTV- ZEB-StB) [1] und den Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen (RPE- STRA 01) [2] liegen zwei umfangreiche Regelwerke zur Zustandsbewertung und Maßnahmenspezifikation von Erhaltungsmaßnahmen vor. Bei den Ingenieurbauwerken sind vor allem die Brücken im Zuge der betrachteten Straßen bzw. Radwege hervorzuheben. Die Brücken stellen in Abhängigkeit von der topographischen Situation eine zwingende Voraussetzung für die Gewährleistung der räumlichen Mobilität mit Kraftfahrzeugen dar. Darüber hinaus sind den Ingenieurbauwerken weitere Objektarten zuzuordnen, wie z. B. Verkehrszeichenbrücken, Lärmschutzwände etc., die zwar ebenfalls einen wesentlichen Einfluss auf die verkehrssichere und ordnungsgemäße Verfügbarkeit der Straßeninfrastruktur haben, jedoch für die primäre Mobilität in ihrer auf den Untergrund einwirkenden Form von untergeordneter Bedeutung sind. Mit der DIN 1076: 1999-11 - Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung - [3], der Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfungen (RI-EBW-PRÜF) [4] und seit Ende 2020 auch mit der Richtlinien für die strategische Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Ingenieurbauwerken (RPE-ING) [5] können den Ingenieurbauwerken auch drei grundlegende Regelwerke zur Zustandsbewertung und Maßnahmenspezifikation von Erhaltungsmaßnahmen zugeordnet werden. Die Einheit der Fahrbahnen von Straßen und Radwegen mit den darin enthaltenen Brücken bildet die entscheidende Grundlage für die Nutzbarkeit der Straßeninfrastruktur. Für ein koordiniertes Erhaltungsmanagement haben deshalb zunächst diese zwei Komponenten und ihre Konsolidierung von Maßnahmenstrategien zur Zielerreichung, wie im Abbildung 1 dargestellt, die höchste Priorität. Vorzugsweise sollte auch hier die Maßnahmenstrategie zunächst getrennt nach Fahrbahnen und Brücken sowohl auf Objektals auch auf Netzebene analysiert werden, um dann in einem zweiten Schritt die notwendige Verschneidung in einer ganzheitlichen Sicht vornehmen zu können. Mit Fahrbahnen und Brücken werden nicht nur die primären Mobilitätsvoraussetzungen erfasst, sondern beide Komponenten repräsentieren in der Regel auch ca. 70 bis 90 Prozent des Anlagevermögens der gesamten Straßeninfrastruktur sowie des erforderlichen Aufwandes zu deren Erhaltung. Mit der Fokussierung auf Fahrbahnen und Brücken soll keinesfalls die Bedeutung aller sonstigen Anlagenteile sowie die Bedeutung der anderen Bauwerksarten bei den Ingenieurbauwerken und die Bedeutung der anderen Verkehrsflächenarten, insbesondere im kommunalen Bereich, geschmälert werden. Die ordnungsgemäße und sichere Nutzung der Straßenverkehrsinfrastruktur sowie ihr wirtschaftlicher und umweltverträglicher Betrieb erfordern letztlich das Zusammenwirken aller Elemente. Der Unterschied liegt vielmehr in der großen Heterogenität ihrer Ausprägung und Spezifikation und der damit verbundenen Komplexität sowie Verhältnismäßigkeit für die Gesamtbetrachtung im Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur. Eine regelmäßige Überprüfung wird daher empfohlen. Die Komplexität der sonstigen Anlagenteile kann z. B. [6] entnommen werden. Ebenso ist zu beachten, dass sich durch den Klimawandel weitere Verschiebungen in der Bedeutung der Objektarten ergeben werden. Dies betrifft z. B. die Entwässerungssysteme, aber insbesondere auch alle Gebiete, in denen die Straßeninfrastruktur (noch) durch einen umfangreichen Alleen- oder Baumreihenbestand geprägt ist. Stellten und stellen Alleen, Baumreihen und auch große Einzelbäume zunächst ein Hindernis für den Straßenbetrieb, die Straßenerhaltung und die Verkehrssicherheit der Verkehrsteilnehmer dar, so gewinnen sie gerade durch ihren außerordentlichen ökologischen Mehrwert wieder massiv an Bedeutung und müssen als Natur- und auch als Kulturgut unbedingt erhalten und revitalisiert werden. Welche umfangreichen Anstrengungen damit für die Straßenbauverwaltung verbunden sind, kann beispielsweise der Alleenkonzeption 2030 - Alleenreichtum in Brandenburg erhalten und stärken - [7] entnommen werden. Der Anspruch eines ganzheitlichen Erhaltungs- und Asset-Managements der Straßeninfrastruktur zum Erreichen der in Abb. 1 genannten Ziele: • hohe Verfügbarkeit • stabiler Werterhalt • geringer Aufwand • hoher Umwelt- und Klimaschutz besteht dementsprechend darin, auch alle Anlagenteile in die Gesamtmaßnahmenstrategie mit einfließen zu lassen. 1.2 Anforderungen und Umsetzungsrisiken Voraussetzung für ein umfassendes, ganzheitliches und koordiniertes Vorgehen ist, wie bereits erläutert, zunächst die Kenntnis aller in der Straßeninfrastruktur enthaltenen Objekte, ihrer Spezifikation und Ausprägung sowie ihrer Bedeutung in der Gesamtbetrachtung. Das klingt trivial, ist es aber nicht. 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 255 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Die wesentlichen Basisdaten sollten mittlerweile bei jeder Straßenbauverwaltung digital abruf- und bearbeitbar vorliegen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass diese auch den qualitativen Ansprüchen gerecht werden. Bei Detaildaten zu den Objekten und ihren Bauteilen erreicht man immer wieder schnell seine Grenzen. Der benötigte Informationsumfang lässt sich wie folgt strukturieren: • Objektdefinition - Um was handelt es sich? • Identifikationsmerkmale • physische Abmessungen und ggf. weitere Unterstrukturen • materielle-(stoffliche) Ausprägung • Herstellungsjahr und somit das Alter • mittlere Lebensdauer und/ oder normative Nutzungsdauer • Zustands- und Nutzungskriterien, deren Verhaltensfunktionen sowie deren Ist- und Sollwerte • Herstellungs-- und/ oder Wiederbeschaffungskosten (Bruttoanlagenwert) • Abschreibung und somit aktueller Zeitwert des Objektes (Nettoanlagenwert) • Einfluss bzw. Abhängigkeiten (Art und Größe) auf und zu anderen Assets (Objekten) Eine weitere wichtige Voraussetzung für ein ganzheitliches, koordiniertes Vorgehen ist der Wille aller Beteiligten, dieses auch wirklich umsetzen zu wollen. Dazu gehört vor allem die Fähigkeit der einzelnen Fachdisziplinen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Allzu oft hat man schon erlebt, dass die Objektverwaltungen der einzelnen Anlagenteile nicht oder nur sehr wenig miteinander kommunizieren. Der konstruktive Ingenieur kümmert sich gerne nur um seine Brücken, der Streckenerhalter/ Meister hat nur die Oberflächenbeschaffenheit der Fahrbahn im Blick und der Verkehrstechniker priorisiert die Anpassung der Schutzeinrichtungen. Jeder für sich und keiner im Kontext der Abhängigkeiten vom anderen. Im Ergebnis endet die Belagssanierung vor der Brücke und die Fahrzeugrückhaltesysteme werden erneuert, ohne dass die Kappen und Lager der Brücke für die höheren Anpralllasten nachgewiesen werden. Die wichtigste Anforderung ist jedoch an die politischstrategische Ebene zu stellen. Sie muss zunächst auf der Basis ihrer verkehrspolitischen Ziele entsprechende Vorgaben für die Erhaltung der Straßenverkehrsinfrastruktur entwickeln und kommunizieren. Erst daraus lassen sich konkrete Vorschläge ableiten, wie die Erhaltungsziele zu gewichten sind und mit welcher Erhaltungsstrategie sie erreicht werden können [8]. Platt gesprochen: Wenn die Gesellschaft, bestimmt durch einen politischen Mehrheitswillen, keinen oder kaum noch einen Mobilitätsbedarf im Straßenverkehr sieht, besteht auch keine Notwendigkeit mehr, Teile oder die Gesamtheit dieser Infrastruktur zu erhalten. Bei Nichtbeachtung einer oder mehrere der drei Anforderungen • umfängliche Netz- und Objektkenntnisse (Datengrundlage) • interdisziplinäres Verständnis und fachübergreifende Zusammenarbeit inklusive zugehörigem Datenmanagement • Verfügbarkeit von Vorgaben zur Erhaltung (Erhaltungskriterien) für Priorisierung und Wichtung wird kaum ein koordiniertes Erhaltungsmanagement im ganzheitlichen Sinne gelingen können. Werden diese Anforderungen jedoch erfüllt, kann der auf Einzelobjektebene bereits etablierte Erhaltungskreislauf, hier exemplarisch für die Ingenieurbauwerke in Abb. 3 dargestellt, mit Strategiesetzung, Maßnahmenvorschlag, Umsetzung und Erfolgskontrolle auch im Sinne eines ganzheitlichen, koordinierten Asset- und Erhaltungsmanagements für alle Objekte der Straßeninfrastruktur betrieben werden. Abb. 3: Ablauf der systematischen Erhaltung aus [9] 2. Datengrundlage und Datenverarbeitung 2.1 Bedeutung und Ausgangssituation Netz- und Objektwissen bedeutet in unserer modernen Gesellschaft im Kern nichts anderes als die dynamische Verfügbarkeit von umfassenden, digital verwertbaren Daten mit möglichst hohem Informationsgehalt bzw. hoher Aussagekraft. Die damit verbundene Komplexität soll anhand des vereinfachten Modells in Abbildung 4 verdeutlicht werden. 256 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Abb. 4: Komplexität der Objektbeschreibung Für die Daten der Objekte der Straßeninfrastruktur stehen heute eine Vielzahl von Datenbanksystemen zur Verfügung. Den Kern bildet in den Straßenbauverwaltungen der Länder und des Bundes fast überall eine sogenannte Straßeninformationsdatenbank auf Basis der ASB [10]. Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg setzt z. B. das System TT-SIB® INFOSYS [11] ein. NWSIB [12] und BISStra [13] sind adäquate Systeme. Die Daten der Ingenieurbauwerke werden modellseitig über die ASB-ING [14] [15] beschrieben und derzeit in dem bundeseinheitlich eingesetzten Programmsystem SIB-Bauwerke [16] gespeichert und verarbeitet. Für die Objektarten der sonstigen Anlagenteile gibt es darüber hinaus zumeist noch verschiedene Fachschalen der Straßeninformationsbank oder aber auch eigenständige Datenhaltungssysteme. Beispielhaft sei hier das Fachinformationssystem FISA [17] für die Straßenausstattung genannt, das derzeit im Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg für verschiedene SAT-Objektarten implementiert ist. Die Projektdatenhaltung und das Projektmanagement für Erneuerungs- und Erhaltungsmaßnahmen erfolgen in der Regel getrennt von der Objektdatenhaltung. Dies führt zur grundsätzlichen Problematik eines übergreifenden Datenmanagements für ein ganzheitliches Asset- und Erhaltungsmanagement (vgl. [18]). 2.2 Problem des Datenmanagements Im Rahmen der Erhaltung fällt eine Vielzahl von Daten an. Neben der Zustandserfassung, z. B. im Rahmen der ZEB [1] oder der Bauwerksprüfung nach DIN 1076 [3], betrifft dies zunehmend auch den Einsatz innovativer Verfahren sowohl bei der Zustandserfassung selbst als auch bei der anschließenden Zustandsbewertung und Maßnahmenbestimmung (vgl. [19]). Die Datenquellen und Datenhaltungen werden zukünftig und zwangsläufig noch wesentlich heterogener sein als bisher. Eines der größten Probleme ist dabei die dynamische Verfügbarkeit der Daten. Die Datenhaltung sollte dabei den FAIR-Prinzipien unterliegen. FAIR [20] steht für: • Findable (Auffindbar) • Accessible (Zugänglich) • Interoperable (interoperabel) • Reusable (wiederverwendbar) Die wesentlichen Medienbrüche liegen zum einen im Datenaustausch zwischen internen und externen Nutzern und zum anderen zwischen den einzelnen Anwendungen zur Datenhaltung (Abb. 5). Für die Verwaltung von Bauwerksdaten wurden beispielsweise in einem Workshop [21] bei der Bundesanstalt für Straßenwesen im Juni 2024 folgende fünf Punkte als notwendig priorisiert: • einen zentralen Zugangspunkt zur Ansprache der Daten über standardisierte Schnittstellen • die Verwendung standardisierter Datenmodelle inklusive verbindlicher Metadatenprofile • die Sicherheit der Daten • die anwendungsbezogene Datenqualität • eine langfristig lesbare und interpretierbare Datenarchivierung 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 257 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Abb. 5: Medienbrüche im Datenmanagement Diese Anforderungen können grundsätzlich für alle Anlagenteile der Straßeninfrastruktur verallgemeinert werden. Ebenso ist auf den in den Verwaltungen meist vorhandenen Medienbruch zwischen Projekt- und Objektmanagement hinzuweisen, Abb. 6. Ein klug aufgestelltes Asset- und Erhaltungs-Management-System könnte hier sowohl die Rolle des zentralen Datenhub (Datendrehscheibe) übernehmen als auch als Bindeglied zwischen Projekt- und Objektmanagement fungieren. Abb. 6: Asset-Management-System als Bindeglied zwischen Projekt- und Objektmanagement 2.3 Der Digitale Zwilling als Chance Die Datenverarbeitung erfolgt bisher weitestgehend auf der zweidimensionalen Betrachtungsebene der Infrastrukturobjekte. Grundlage hierfür ist die Netzsyntax nach ASB [10] (Bild 7). 258 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Abb. 7: Geometriemodell des Netzknoten-Stationierungssystems nach [10] Für viele Fragestellungen des Erhaltungsmanagements ist die zweidimensionale Betrachtung völlig ausreichend. Je nach Zweckmäßigkeit wird der sogenannte Digitale Zwilling diese Sichtweise sukzessive um weitere Dimensionen ergänzen. Mit dem Rahmendokument DIGITALER ZWILLING BUNDESFERNSTRASSEN Definition und Konzeption [21] liegt seit Oktober 2024 erstmals eine allgemeingültige Definition des Digitalen Zwillings für den Bereich der Bundesfernstraßen vor. Ein Digitaler Zwilling Bundesfernstraßen ist dementsprechend eine virtuelle dynamische Repräsentation des realen Systems und seiner Wirkzusammenhänge. Er unterstützt über einen (teil)automatisierten bidirektionalen Daten- und Informationsaustausch-optimierte-Entscheidungsgrundlagen für ein nachhaltiges Management im Lebenszyklus der Infrastruktur. Der digitale Zwilling könnte daher eine große Chance sein, die für ein koordiniertes Asset- und Erhaltungsmanagement notwendigen Daten der verschiedenen Anlagenteile in einer oder wenigen Repräsentationen zu konsolidieren bzw. konsolidiert für verschiedene Fragestellungen verfügbar zu halten. 3. Den ganzheitlichen Gedanken leben 3.1 Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Koordination auf verschiedenen Ebenen Die große Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit für das Gelingen eines ganzheitlichen Asset- und Erhaltungsmanagements wurde bereits mehrfach erwähnt. In gewisser Weise erfordert dies zunächst einen kleinen Kulturwandel. Die Forderung nach einem möglichst hohen Grad an interdisziplinärer Zusammenarbeit darf jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass Expertenwissen nicht mehr benötigt wird und jeder möglichst alle Themen gleichermaßen beherrscht. Im Gegenteil, gerade in der interdisziplinären Zusammenarbeit sind klare Zuständigkeiten und sehr gut strukturierte Prozesse gefragt. Der Fokus des Kulturwandels liegt vielmehr auf einer anderen Problematik. Es geht vor allem darum, das bisher noch häufig anzutreffende Herrschaftswissens aufzubrechen und stattdessen einen interdisziplinären Teamgeist zu schaffen, der von hoher Transparenz und einem respektvollen Miteinander auf verschiedenen Ebenen geprägt ist. Dies erfordert ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation. Hinsichtlich der unterschiedlichen Ebenen/ Zuständigkeiten sind z. B. zu nennen: • die politisch-strategische Ebene in Zuständigkeit für die übergeordneten Zielsetzungen der Erhaltung • die strategische Ebene in Zuständigkeit für die Überführung der übergeordneten, politischen Zielvorgaben in konkrete Erhaltungsstrategie, die Koordinierung und das Controlling • die operative Ebene in Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen Darüber hinaus hat sich im sukzessiven bzw. teilweise iterativen Erhaltungsprozess eine Unterteilung der Zuständigkeiten auf Objekt- und Netzebene bewährt. Sinnvoll kann auch eine mehrstufige räumliche Unterteilung insbesondere des operativen Bereichs in globale und lokale/ regionale Zuständigkeiten sein. Sowohl die Informationen zur Festlegung einer bestimmten Erhaltungsstrategie als auch die spätere Koordination und Umsetzung der Maßnahmen sowie deren spätere Abrechnung bzw. Erfolgskontrolle im Sinne der Wirksamkeit der festgelegten Strategie müssen auf allen Ebenen transparent verfügbar und damit allen Akteuren bekannt sein. Ohne die erforderliche Transparenz wird kein koordiniertes Erhaltungsmanagement die notwendige Akzeptanz bei den beteiligten Akteuren finden und damit immer wieder zum Scheitern verurteilt sein. Da die Koordination und die damit verbundene Kommunikation im ganzheitlichen Erhaltungsprozess sehr wichtig und umfangreich sind, sollten diese Aufgaben an zentralen Stellen mit ausreichenden Ressourcen gebündelt werden. 3.2 Lebenszyklus - Was bedeutet das wirklich? Wenn wir über Lebenszyklus sprechen, meinen wir zumeist den in Abb. 8 dargestellten Kreislauf. Abb. 8: Lebenszyklus im klassischen Sinn 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 259 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Bei der Straßeninfrastruktur gilt dieser Kreislauf jedoch in der Regel nur für einzelne Bauteile, selten aber für eine ganze Trasse und schon gar nicht für ein ganzes Netz. Unser Straßennetz ist praktisch seit Anbeginn der Menschheit kontinuierlich ausgebaut worden. Große, überregional bedeutsame Korridore, wie z. B. die Via Imperii von Stettin über Berlin (Cölln), Leipzig, Nürnberg, Innsbruck nach Rom, gibt es seit vielen Jahrhunderten. Ein ähnliches Beispiel in Europa kann in Ost-West- Richtung mit der alten Reichsstraße Via Regia genannt werden. Wenn wir also über den Bestand unserer Straßeninfrastruktur sprechen, so handelt es sich im umfassenden Sinne nicht um einen Kreislauf, sondern vielmehr um eine äußerst dauerhafte Tatsache. Bislang gab es einen stetigen Zuwachs und kaum einen Rückbau, zumindest aus globaler Netzsicht. So wird die Gesamtlänge der Straßen in Deutschland derzeit mit ca. 830 Tkm angegeben [22]. Die Flächeninanspruchnahme kann jedoch auf Dauer nicht unbegrenzt gesteigert werden. Umso wichtiger wird eine koordinierte Erhaltung des Bestandsnetzes über einen möglichst sehr langen bzw. besser dauerhaften Zeitraum. Eine einmalige Lebenszyklusbetrachtung im klassischen Sinne von Abb. 8 würde daher für eine ganzheitliche Sicht viel zu kurz greifen. 3.3 Wirtschaftlichkeit und Anlagevermögen Straßen sind in Deutschland nach derzeitiger Rechtslage überwiegend nicht ertragsbringend. Sie werden daher nicht als Vermögen angesehen. Dennoch lassen sich grundsätzlich Ansätze zur Bilanzierung des öffentlichen Straßeninfrastrukturvermögens beschreiben [23]. Die Wirtschaftlichkeit orientiert sich vor allem an der Rationalität von Investitionen und Verbräuchen bei Bau, Betrieb und Erhaltung. Sie folgt dem Grundsatz, dass ein bestimmter Erfolg mit geringstmöglichem Mitteleinsatz bzw. mit einem bestimmten Mitteleinsatz der größte Erfolg erzielt werden kann [24]. Ein wesentlicher Faktor in dieser Berechnung ist die Frage nach der Nutzungsdauer von Bauteilen, Bauteilgruppen und ganzen Bauwerken bzw. Objekten der Straßeninfrastruktur. Wann gilt ein Objekt in seiner Nutzung eingeschränkt? Wie verlängert sich die Nutzungsdauer und wie verbessert sich das Nutzungsvermögen nach bestimmten Maßnahmen? Was bestimmt den Erfolg? Allgemein anerkannte, einheitliche und umfassende Kriterien zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen gibt es für die Straßeninfrastruktur bisher nicht. Insofern gibt es nach wie vor einen sehr großen Ermessensspielraum, wenn es um die Frage der Wirtschaftlichkeit und des Anlagevermögens geht. Maßgeblich sind die Zielsetzungen der politisch-strategischen Ebene. Veränderungen dieser Zielsetzungen führen unmittelbar zur Frage der Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit im Handeln der beteiligten Akteure. Mit der Vorgabe der politisch-strategischen Ebene, dass die Tragfähigkeit von Brücken einem bestimmten Ziellastniveau entsprechen soll, werden z. B. alle Maßnahmen, die dieses Niveau nicht generieren, per se unwirtschaftlich, da sie einen zusätzlichen und nicht zielführenden Aufwand darstellen, auch wenn sie kurzfristig als notwendig erachtet werden. Hinsichtlich der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit und des Anlagevermögens sowie der Frage des Modernitätsgrades der Straßeninfrastruktur können daher derzeit nur Annahmen getroffen werden, deren Brauchbarkeit als Kriterium für ein ganzheitliches und koordiniertes Asset- und Erhaltungsmanagement immer wieder kritisch zu hinterfragen ist. 3.4 Nachhaltigkeit und Klimaschutz Das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz lässt sich auch im ganzheitlichen, koordinierten Asset- und Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur noch nicht statisch und abschließend einordnen. Gerne würden wir unser Handeln auf eine hohe Nachhaltigkeit und den damit einhergehenden Klimaschutz ausrichten. Leider ist dieses Ziel nicht so trivial zu erreichen und schon gar nicht bei der sehr, sehr langlebigen Straßeninfrastruktur. Gleichzeitig ergeben sich bei diesen Aspekten auch die größten Zielkonflikte mit der grundsätzlichen Forderung nach einer möglichst hohen Verfügbarkeit und Nutzbarkeit der Straßeninfrastruktur. Die Herausforderungen sind vielfältig und erfordern zumeist einen sehr umfangreichen und detaillierten Abwägungsprozess. Als Beispiel sei hier der Schutz von Alleen und Baumreihen im Land Brandenburg genannt [7]. Gleichzeitig muss aber auch die Verkehrssicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Fahrbahnen gewährleistet sein, was immer wieder zu der Frage führt: Fahrbahn grundhaft erneuern oder lieber ökologisch wertvolle Alleen erhalten und Geschwindigkeiten begrenzen? Noch komplexer wird es bei einer verkehrsträgerübergreifenden Sicht. Mehrheitsmeinung ist bisher, dass vor allem eine schnelle Beseitigung von Einschränkungen in der Straßeninfrastruktur nützlich ist. Dabei wird gerne sowohl auf die Folgekosten für die Nutzer durch Staus und Reisezeiten als auch auf die ökologische Komponente durch zusätzlichen Kraftstoffverbrauch und höhere Abgasemissionen verwiesen. Könnte aber nicht auch der umgekehrte Fall eintreten, wenn ein belastbarer ÖPNV zur Verfügung steht und in Folge der Einschränkung der Straße somit ein Umdenken in der Nutzung anderer, ökologisch und klimaschutztechnisch wesentlich zielführenderer Verkehrsträger stattfindet? Ein Wechsel des Blickwinkels kann manchmal eine ganz neue Sicht auf die Dinge ermöglichen. Die ganzheitliche Betrachtung sollte sich daher nicht nur und nicht ausschließlich auf die Straßeninfrastruktur selbst beschränken. 4. Praktische Erfahrungswerte 4.1 Aufbau eines Erhaltungsmanagements Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg betreibt seit vielen Jahren aktiv den Auf bau eines umfassenden und koordinierten Erhaltungsmanagements. Ansatzpunkte waren zunächst auf Objektebene die Fahrbahnen und Brückenbauwerke. Bereits vor über 20 Jahren wurden erste umfassende Erhaltungsbedarfslisten für die 260 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes Fahrbahnen und Brücken erstellt. Das Vorgehen orientierte sich an den damaligen bundesweiten Überlegungen für ein einheitliches PMS [25] und BMS [9]. Diese Überlegungen wurden sukzessive auf der jeweiligen Objektebene verfeinert. Mit den Erhaltungsbedarfslisten Brücken im Jahr 2020 unter Verwendung des Prognosetools EPING [26] [27] konnte für diesen Objekttyp inzwischen ein sehr hohes Niveau auf Objektebene erreicht werden (vgl. [28]). Für die Fahrbahnen wird derzeit mit ähnlichen Werkzeugen ein ähnliches Niveau angestrebt. Ebenso wird derzeit an einer ersten visuellen Verschneidung von Erhaltungsbedarf und Maßnahmenermittlung für Brücken und Fahrbahnen gearbeitet. Der komplexe Bereich der sonstigen Anlagenteile soll dann sukzessive ebenfalls einbezogen werden, wobei z. B. Anpassungen der Fahrzeugrückhaltesysteme an die Anforderungen der Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS 2009) [29] bereits in den entsprechenden Bedarfslisten für Brücken inkludiert sind. Abb. 9: Übersicht Projekt Asset- und Erhaltungsmanagement des LS Brandenburg Für die Aufgabe des strategischen Erhaltungsmanagements wurde inzwischen ein eigener Organisationsbereich geschaffen. Dieser thematisiert z. B. zweimal jährlich in einer interdisziplinär besetzten Fachgruppe Fragen der Erhaltung und fördert damit aktiv den Gedanken der interdisziplinären Zusammenarbeit und des gegenseitigen Verständnisses für Erhaltungsthemen und die damit verbundenen Zwänge der einzelnen Fachdisziplinen. Die Hauptaufgabe besteht jedoch im Auf bau eines ganzheitlichen, koordinierten Asset- und Erhaltungsmanagements und der Implementierung eines unterstützenden IT-Systems (Abb. 9). In der ersten Projektphase sollen alle Informationen zu Objekten und Objekttypen sowie die Vorgaben der Erhaltungsziele transparent zusammengeführt werden und als Datengrundlage für den weiteren Prozess dienen. In der zweiten Phase werden die Prozesse auf Objekt- und Netzebene spezifiziert und mit der Umsetzungsanalyse die Grundlage für das weitere Controlling gelegt. Im letzten Schritt des Auf bauprojektes soll dann ein IT-System den Prozess weiter automatisieren und professionalisieren. Dazu gehört auch die automatisierte Erstellung eines umfassenden Zustandsberichts der Infrastrukturobjekte, der ab 2020 alle zwei Jahre zu erstellen ist. Für das Controlling und die Steuerung wäre darüber hinaus eine dynamische und damit jederzeit verfügbare Auswertung des Status über Dashboards o. ä. Tools wünschenswert. Die einzelnen Teilprojekte mit ihren umfänglichen Arbeitspaketen werden derzeit im Detail konzipiert und dann sukzessive, zum Teil parallel, abgearbeitet. Die Mehrzahl der Arbeitspakete, wie z. B. das Digital Asset Management System (AMS), stellen zudem weniger kleine Arbeitspakete als vielmehr in sich geschlossene, größere Projekte dar. Dementsprechend kann Abb.-9 nur einen groben Gesamtüberblick über alle Projektaufgaben beim Auf bau eines ganzheitlichen Asset- und Erhaltungsmanagements geben. Die Gesamtaufgabe bietet zudem die Chance, das Datenmanagement zwischen den einzelnen Fachinformationssystemen zu verbessern. Es wird derzeit auch diskutiert, ob das AMS mit einer zukünftigen Anbindung an ein CDE/ Digital Twin später auch als Teil oder als Ganzes einer Datendrehscheibe dienen kann. 4.2 Kontinuität im Erhaltungsmanagement und Ausblicke Die bisherigen Aktivitäten und Überlegungen zeigen, dass der Auf bau eines koordinierten Asset- und Erhaltungsmanagements und eines entsprechenden IT-Systems für eine Straßenbauverwaltung zum einen die individuelle Situation vor Ort (Organisation, Netze, Objekte, Zuständigkeiten) und zum anderen die umfangreichen Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene sehr genau berücksichtigen muss. Mittlerweile sind zwar zahlreiche Systeme auf dem Markt. Eine 1: 1-Übertragung frei verfügbarer Originalanwendungen wird jedoch in den wenigsten Fällen langfristig erfolgreich sein. Vielmehr sollte der Auf- und Ausbau möglichst agil und in kleineren Paketen - Schritt für Schritt - erfolgen. So kann der Prozess kontinuierlich etabliert und vor allem immer wieder an den unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen der verschiedenen Ebenen gespiegelt und nachjustiert werden. Da das gesamte System mit der Validität seiner Daten steht und fällt, muss jede Ebene, vor allem aber diejenigen, die Daten eingeben, motiviert werden, dies auch verantwortungsvoll und genau 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 261 Koordiniertes Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur - Anspruch und Wirklichkeit im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes zu tun. Die Erfahrung zeigt, dass dies am besten gelingt, wenn diejenigen, die Daten einbringen, auch einen hohen Mehrwert aus den Informationen der anschließenden Datenverarbeitung ziehen. Die tatsächliche Dauer des Auf bau- und Umsetzungsprozesses im Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg ist heute noch nicht final absehbar. Für das eigentliche Projekt wird von den Fachverantwortlichen vorerst ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren veranschlagt. In dieser Zeit müssen auch die operativen Prozesse in der Steuerung, Planung und Umsetzung (Bau) von Erhaltungsmaßnahmen angepasst bzw. an einigen Stellen komplett neu aufgesetzt werden. Die Herausforderungen liegen in den vielen kleinen Details, die es zu berücksichtigen gilt. Um erfolgreich zu sein, sollte Genauigkeit vor Schnelligkeit gehen. Die Kontinuität im Betrieb eines ganzheitlichen, koordinierten Asset- und Erhaltungsmanagements in der gewünschten Professionalität und in vollständig digitaler Form ist daher frühestens zum Ende des Jahrzehnts zu erwarten. Literatur [1] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) Arbeitsgruppe Sonderaufgaben: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen (ZTV ZEB-StB); Ausgabe 2006. [2] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Arbeitsausschuss Systematik der Straßenerhaltung: Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen (RPE-Stra); Ausgabe 2001. [3] DIN 1076: 1999: DIN 1076: Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung. [4] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 (RI-EBW-PRÜF); 2017. [5] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Richtlinien für die strategische Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Ingenieurbauwerken (RPE-ING); Stand 12/ 2020. [6] Ulf Zander et al.: Grundlagen für die Einbeziehung der sonstigen Anlagenteile von Straßen in die systematische Straßenerhaltung als Voraussetzung eines umfassenden Asset Managements; Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen; Verkehrstechnik Heft V 256; Hrsg. Bundesanstalt für Straßenwesen; Bergisch Gladbach, Juni 2015. [7] Hrsg. Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg (MIL): Alleenkonzeption 2030 Alleenreichtum in Brandenburg erhalten und stärken; 2. aktualisierte Fassung; Potsdam; April 2024. [8] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Arbeitsausschuss Systematik der Straßenerhaltung; Hinweise für das Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur (H EM-Stra); unveröffentlichter Arbeitsstand 10/ 2024. [9] Haardt, P.: Entwicklung eines Bauwerks-Management-Systems für das deutsche Fernstraßennetz - Stufen 1 und 2; [Bericht zum Forschungsprojekt 99245] B 43. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Brücken und Ingenieurbau. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW. 2003. [10] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Fachgruppe „ASB“ der Dienstbesprechung, Koordinierung der B/ L-Fachinformationssysteme im Straßenwesen - ITKo“: Anweisung StraßeninformationsBank (ASB); Version 2.04, Stand 2018. [11] NOVASIB GmbH: TT-SIB®-INFOSYS, URL- Zugriff 2023-04-29 19: 26, https: / / www.novasib. de/ ? page_id=5098 [12] Straßen.NRW: Straßeninformationsbank Nordrhein-Westfalen (NWSIB); URL-Zugriff 2024- 11-28- 15: 24; - https: / / www.strassen.nrw.de/ de/ nwsib.html [13] Bundesanstalt für Straßenwesen: Bundesinformationssystem Straße (BISStra); URL-Zugriff 2024- 11-29 15: 38; https: / / www.bast.de/ DE/ Verkehrstechnik/ Fachthemen/ v2-bisstra.html [14] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung: Anweisung Straßeninformationsbank für Ingenieurbauten, Teilsystem Bauwerksdaten (ASB- ING), 2013. 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