Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
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Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten
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Michael Fuchs
Einen bedeutenden Einfluss auf die Höhe der Umweltwirkungen hat die Herstellungsphase der Baustoffe für die Deckschicht (Module A1-A3). Bei den Bauweisen mit Asphalt, Betonstein und Klinker dominieren die Module A1-A3 die Höhe der Umweltwirkungen in Bezug auf das Treibhauspotenzial GWP (Global Warming Potential) und den nicht erneuerbaren Primärenergiebedarf, total, PENRT (Primary Energy Non-Renewable, Total). Bei den Bauweisen mit Natursteinprodukten ergibt sich der bedeutendste Einfluss jedoch aus dem Transport der Produkte zur Baustelle (Modul A4), was in dem vergleichsweisen hohen Importanteil dieser Produkte begründet liegt. Ein Vergleich der in dieser vorläufigen Studie [1] untersuchten Oberbaukonstruktionen zeigt, dass mit Bauweisen unter Verwendung von Betonprodukten aus Sicht der Ökobilanz vorteilhafte Gesamtlösungen zu erzielen sind, dessen Angaben derzeit im Rahmen des Critical Review überprüft werden.
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4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 313 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten Dipl.-Ing. (FH) Michael Fuchs, M. Sc. Betonverband Straße, Landschaft, Garten e. V. (SLG), Bonn Zusammenfassung Einen bedeutenden Einfluss auf die Höhe der Umweltwirkungen hat die Herstellungsphase der Baustoffe für die Deckschicht (Module A1-A3). Bei den Bauweisen mit Asphalt, Betonstein und Klinker dominieren die Module A1-A3 die Höhe der Umweltwirkungen in Bezug auf das Treibhauspotenzial GWP (Global Warming Potential) und den nicht erneuerbaren Primärenergiebedarf, total, PENRT (Primary Energy Non-Renewable, Total). Bei den Bauweisen mit Natursteinprodukten ergibt sich der bedeutendste Einfluss jedoch aus dem Transport der Produkte zur Baustelle (Modul A4), was in dem vergleichsweisen hohen Importanteil dieser Produkte begründet liegt. Ein Vergleich der in dieser vorläufigen Studie [1] untersuchten Oberbaukonstruktionen zeigt, dass mit Bauweisen unter Verwendung von Betonprodukten aus Sicht der Ökobilanz vorteilhafte Gesamtlösungen zu erzielen sind, dessen Angaben derzeit im Rahmen des Critical Review überprüft werden. 1. Einführung Die Aspekte Klimaschutz und Ressourcenverbrauch erlangen eine immer größere Bedeutung im Bauwesen. Die Umweltwirkungen von Baustoffen und Bauweisen, insbesondere der damit einhergehende Energieverbrauch und der CO 2 -Ausstoß, sind zwar von hohem politischem Interesse und rücken daher mehr und mehr in den Fokus bei der Planung von Baumaßnahmen, doch gibt es im Hinblick auf belastbare Daten zum Vergleich von Verkehrsflächenauf bauten bisher nur wenige Untersuchungsergebnisse. Diese Tatsache hat den Betonverband Straße, Landschaft, Garten e.-V. (SLG) dazu bewogen, das Treibhauspotenzial und andere Umweltwirkungen von unterschiedlichen Oberbaukonstruktionen für Verkehrsflächenbefestigungen untersuchen und vergleichen zu lassen. Mit der Erstellung der Ökobilanzstudie wurde der Fachbereich Baubetrieb und Bauwirtschaft der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) beauftragt, der diese im ersten Halbjahr 2024 ausgearbeitet hat. 2. Angewandte Methodik 2.1 Allgemeines Die Erstellung der Ökobilanz wurde entsprechend den normativen Anforderungen für Ökobilanzen, d.- h. gemäß DIN EN ISO 14040 [3] und DIN EN ISO 14044 [4] erstellt. Sie berücksichtigt alle nach DIN EN 15804 [2] geforderten Umweltindikatoren. Die Durchführung erfolgte unter Anwendung von öffentlich zugänglichen Umwelt-Produktdeklarationen (EPD) und generischen Datensätzen aus der Datenbank ÖKOBAUDAT, damit die Ergebnisse belastbar, transparent und nachvollziehbar sind. 2.2 Untersuchte Verkehrsflächenbefestigungen In dieser vorläufigen Studie [1] wurden drei beispielhaft ausgewählte, für den kommunalen Bereich typische Verkehrsflächen-befestigungen untersucht. Die Deckschicht wurde jeweils variiert, wobei auch hier auf für die jeweilige Befestigung typische Deckschichten geachtet wurde. Dabei handelt sich um die nachstehend näher beschriebenen Oberbaukonstruktionen: - Beispiel 1: Sammelstraße, Aufbau gemäß RStO 12/ 24 [5] für Bk3,2. Deckschicht in Asphalt- und Betonpflasterbauweise. - Beispiel 2: Fußgängerzone mit Lieferverkehr, Aufbau gemäß RStO 12/ 24 [5] für Bk3,2. Deckschicht als Großformatbelag (Betonsowie Natursteinplatten) und in Klinkerpflasterbauweise (Hochkantverlegung). - Beispiel 3: Gehweg, Aufbau gemäß RStO 12/ 24 [5], Tafel 6, Zeile 2. Deckschicht in Asphalt-, Betonpflaster-, Klinkerpflaster- und Natursteinpflasterbauweise. 2.3 Datengrundlagen Ein Großteil der verwendeten Datensätze entstammt der ÖKOBAUDAT. Wenn in der Datenbank kein passender Datensatz vorhanden ist, wird ein extern verifizierter Datensatz aus einer veröffentlichten Umweltproduktdeklaration (EPD) gewählt. Welche Datensätze für welche Rohstoffe bzw. welchen Prozess verwendet wurden, kann der Tabelle 1 entnommen werden. Hier sind die Datensätze unter anderem mit Identifikation, Quelle und Gültigkeit aufgelistet. Da alle in der ÖKOBAUDAT hinterlegten Datensätze sowie auch die verwendeten Umweltproduktdeklarationen nach der DIN EN 15804 [2] modelliert wurden, kann die Datenqualität als gut angenommen werden, was jedoch noch im Rahmen des laufenden Critical Review zu überprüfen ist. 314 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten Tab. 1: Übersicht der verwendeten Datensätze Prozess/ Schicht Name Datensatz Identifikation Quelle Gültigkeit Eigentümer Binderschicht Asphaltbinder 3d1b480d-243f-4ff2aa16-428e1a93f5d8 ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Deckschicht Tragdeckschicht 24d554b6-a720-45a3b80d-17a46e612f26 ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Asphalttragschicht Asphalttragschicht f34786e7-0953-4085- 9f3d-955481cdd4ea ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Frostschutzschicht Schotter 16/ 32 85fc79d8-ba39-4236- 993e-eeb928d9ae6f ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Schottertragschicht Schotter 16/ 32 85fc79d8-ba39-4236 -993e-eeb928d9ae6f ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Bettungs- und Fugenmaterial Sand 0/ 2 8125026b-602d-47d5- 9087-7470c457d10a ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Transport (A4) Lkw b086b411-019a-4ddc- 8fe9-0c264051c24b ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Transport (A4) Bahntransport dbd05a45-6ed0-4e8e- 9679-434746979544 ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Transport (A4) Containerschiff 62d19bf5-ef5c-4468b533-e42959fda0f0 OKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Bodenaushub Verkehrsfläche (A5) Bagger 100 kW Aushub e6d99030-e78c-4aa7- 87da-c6a69208b569 ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Bodenaushub Gehweg (A5) Bagger 15 kW Aushub e6d99030-e78c-4aa7- 87da-c6a69208b569 ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Betonstein A2-Betonpflaster- Standardstein grau mit Vorsatz 0fdca580-3027-493da3c7-815758bac55d ÖKOBAU-DAT 2026 Betonverband Straße, Landschaft, Garten e.V. Naturstein Natursteinplatte, hart, Außenbereich 72d8921b-8ac0-471b- 943a-47871bd8d76a ÖKOBAU-DAT 2024 Sphera Solutions GmbH Klinker Pflasterziegel und Pflasterklinker EPD-BDZ-20230089- ICG3-DE IBU 2028 Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V. 2.4 Untersuchungsumfang Innerhalb der vorläufigen Studie [1] wird der gesamte Lebenszyklus der Oberbaukonstruktionen mit Ausnahme der Nutzungsphase untersucht (siehe Tab. 5). Er umfasst somit die Herstellungs-, Entsorgungs- und Recyclingphase (Module A1-A5, C1-C4 sowie D). Soweit vorhanden werden für die jeweiligen Module immer die Daten aus den in Tabelle 1 aufgeführten Datensätzen verwendet. Eine Ausnahme bildet hierbei das Modul A4, da dieses für jede Verkehrsflächenbefestigung individuell gerechnet wird. Hierbei werden die in Tabelle 2 definierten Transportentfernungen zugrunde gelegt. Tab. 2: Zugrunde gelegte Transportentfernungen Herkunftsmix- Szenarien und Transportmittel Herkunftsland und Verteilung China Europa Deutschland Herkunftsmix 1 50 % 43 % 7 % Herkunftsmix 2 40 % 30 % 30 % Transportmittel Herkunftsland und Transportentfernung Containerschiff 18880 km Bahntransport 500 km 1000 km Lkw 60 km 100 km 350 km Abweichend von dieser Methodik wird für die Natursteinprodukte der im Modul A4 hinterlegte Wert verwendet, da dieses Modul den Herkunftsmix-1 [siehe Tab. 3] bereits berücksichtigt. Um einen zweiten, weniger pessi- 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 315 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten mistischen Ansatz für die Transportentfernungen für Natursteinprodukte zu berücksichtigen, wird für alle Befestigungen mit Naturstein der Herkunftsmix 2 [siehe Tab. 3] berücksichtigt. Tab. 3: Zugrunde gelegte Herkunftsmix-Szenarien und Transportmittel für Natursteinpflaster Material Transportentfernung (Lkw-Transport) Asphaltbinder 100 km Asphaltdeckschicht 100 km Asphalttragschicht 100 km Material für Frostschutz- und Tragschicht 20 km Sand für Bettung und Fugenfüllung 20 km Betonpflastersteine 50 km Betonplatten (Großformate) 100 km Natursteinplatten (Großformate) Natursteinpflaster in Datensatz inkludiert Klinkerpflastersteine 100 km In Bezug auf die enthaltenen Pflasterdecken basieren die Berechnungen auf den in Tabelle 4 angenommenen Abmessungen und den zugehörigen Fugenanteilen. Tab. 4: Abmessungen der Pflastersteine und Großformate sowie Fugenanteile der Pflasterdecken Steine bzw. Großformate Abmessungen der Steine bzw. Großformate Fugenanteil in der Decke Länge Breite Dicke mm mm mm % Beispiel 1 - Verkehrsfläche mit überwiegend funktionalem Charakter, z. B. Sammelstraße Beton-Verbundpflastersteine 100 4,0 Beton-Verbundpflastersteine 120 4,0 Beispiel 2 - Verkehrsfläche mit funktionalem und gestalterischem Charakter, z. B. Fußgängerzone mit Lieferverkehr Betonplatten (Großformate) 600 400 160 4,1 Natursteinplatten (Großformate) 600 400 160 4,1 Klinkerpflastersteine "hochkant" 244 84 118 6,3 Beispiel 3 - Gehweg Betonpflastersteine 100 200 80 5,9 Kleinpflaster aus Naturstein 100 100 100 15,4 Klinkerpflastersteine „flach“ 244 122 71 4,9 Für die Nutzungsphase wird davon ausgegangen, dass keine Erhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Es wird unterstellt, dass alle Befestigungen fachgerecht geplant und ausgeführt werden und die ihnen zugedachte Nutzungsdauer von z.-B. 30 Jahren erreichen. Eine Unterscheidung der Nutzungsdauer der Pflasterbefestigungen nach den für die Decke verwendeten Baustoffen Beton, Naturstein und Klinker ist weder üblich noch sachlich gerechtfertigt, da zum einen die Leistungsfähigkeit einer Pflasterbefestigung im Wesentlichen von den Tragschichten bestimmt wird und zum anderen für die untereinander verglichenen Befestigungen gleiche Verkehrsbeanspruchungen über den Nutzungszeitraum angenommen werden. Eine Betrachtung der Nutzungs-phase im Rahmen der Module B1-B7 erfolgt daher nicht. Im Hinblick auf die Module C und D wird davon ausgegangen, dass die Frostschutzschichten und die Schottertragschichten nicht gezielt zurückgebaut werden, sondern an Ort und Stelle verbleiben. Es erfolgt demnach keine Entsorgung aber auch keine Auf bereitung infolgedessen etwaige Gutschriften erfolgen würden. Ebenfalls wird für das Fugenmaterial kein gezielter Rückbau angenommen. Dieses Material haftet gegebenenfalls an den Pflastersteinen (Pflasterkitt), wird aber nicht auf bereitet. Demnach umfassen die Module C und D Lasten und Gutschriften infolge der Nachnutzung der Pflastersteine und Großformate aus Beton und Naturstein sowie der Pflasterklinker und der Asphaltdeck- und Asphalttragschichten. Der Rückbau der benannten Materialien erfolgt teilweise maschinell und teilweise manuell. Im Modul C1 sind nur die maschinellen Aufwendungen aus ökobi- 316 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten lanzieller Sicht bewertbar. Der Rückbau erfolgt maschinell mittels Bagger (Modul C1). Der Transport vom Ort der Nutzung zum Ort der Auf bereitung mittels Lkw beträgt durchschnittlich 50 km und wird in Modul C2 adressiert. Die aus der Nachnutzung resultierenden Gutschriften für die rezyklierten Gesteinskörnungen sind Modul D zugeordnet. Direkt nach dem Auf bereitungsvorgang wiederverwendbares Deckschichtmaterial wird ebenfalls in Modul D adressiert. Tab. 5: Systemgrenzen der Ökobilanzberechnungen A1-A3 Herstellungsphase A4-A5 Bauphase B1-B7 Nutzungsphase C1-C4 Entsorgungsphase D Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenze A1 A2 A3 A4 A5 B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 C1 C2 C3 C4 D Rohstoffbereitstellung Transport Herstellung Transport Bau-/ Einbauprozess Nutzung Instandhaltung Reparatur Ersatz Umbau/ Erneuerung betrieblicher Energieeinsatz betrieblicher Wassereinsatz Rückbau, Abriss Transport Abfallbehandlung Deponierung Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs-, Recycling- Potenzial x x x x x x x in Ökobilanz enthalten x Modul nicht deklariert Als Referenzgröße wird 1 m² Oberbaukonstruktion der Verkehrsflächenbefestigungen inklusive des dafür notwendigen Bodenaushubs gewählt. 3. Studienergebnisse 3.1 Allgemeines Die Ökobilanz (Life Cycle Assessment - LCA) ist ein Werkzeug zur Analyse und Charakterisierung der Umwelteinflüsse, die durch Produktion, Nutzung, Entsorgung und Recycling eines Produkts oder Produktsystems verursacht werden. Das Ergebnis einer Ökobilanz resultiert nicht aus einer einzelnen Ergebniszahl oder einer einzigen Aussage, sondern ermöglicht eine differenzierte Ergebnisdarstellung zu unterschiedlichen Umweltwirkungen. Die im Abschnitt 2 beschriebene Vorgehensweise ermöglicht die Berechnung verschiedener Wirkungskategorien und Umweltindikatoren. Eine Wirkungskategorie beschreibt den potenziellen Effekt eines Produktionsprozesses auf die Umwelt. Der Einfluss unterschiedlicher Ressourcen und Emissionen wird je Umweltwirkungskategorie normalisiert und zu einer spezifischen Ressource/ Emission in Form von „Äquivalenten“ addiert; z.-B. werden die Treibhaus-gase mit der Einheit „kg CO 2 -Äquivalente“ ausgewiesen. Wirkungskategorien werden durch sogenannte „Elementarflüsse“ der Material- und Energiemengen berechnet. Elementarflüsse beschreiben die Menge an Ressourcen, die für die Herstellung der Vorprodukte und der Erzeugung von Energie aus der Umwelt entnommen werden, wie auch die Emissionen in die Umwelt, welche durch das Produktsystem verursacht werden. Innerhalb der vorläufigen Studie [1] werden die nach DIN EN 15804 [2] geforderten Wirkungskategorien und Umweltindikatoren betrachtet. Es werden insbesondere die Umweltwirkung hinsichtlich des Einsatzes von nicht erneuerbarer Primärenergie sowie des Treibhauspotenzials (CO 2 -Ausstoß) hervorgehoben. Die genannten Indikatoren lassen Aussagen im Hinblick auf den Klimawandel sowie auf die Energie- und Ressourceneffizienz zu, die von hohem politischem Interesse sind und zu den drängendsten Umweltfragen der Gegenwart gehören. Diese Indikatoren dienen daher häufig der Entscheidungsfindung und der Kommunikation. 3.2 Studienergebnisse zum GWP und PENRT Einen bedeutenden Einfluss auf die Höhe der Umweltwirkungen hat die Herstellungsphase der Baustoffe für die Deckschicht (Module A1-A3). Wie den Abbildungen 1 bis 6 zu entnehmen ist, dominieren bei den Bauweisen mit Asphalt, Betonstein und Klinker dominieren die Module A1-A3 die Höhe der Umweltwirkungen in Bezug auf das Treibhauspotenzial GWP (Global Warming Potential) und den nicht erneuerbaren Primärenergiebedarf, total, PENRT (Primary Energy Non-Renewable, Total). 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 317 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten Wie in den Abbildungen 3 bis 6 dargestellt, ergibt sich bei den Bauweisen mit Natursteinprodukten der bedeutendste Einfluss jedoch aus dem Transport der Produkte zur Baustelle (Modul A4), was in dem vergleichsweisen hohen Importanteil dieser Produkte begründet liegt. Die Auswertung des nicht erneuerbaren Primärenergiebedarfs [Abb. 4 und 6] macht deutlich, dass selbst bei Natursteintransporten innerhalb Europas allein durch den Transport dieselbe Größenordnung an nicht erneuerbarer Primärenergie erreicht wird, wie durch die Herstellung der Natursteine selbst. Die Natursteintransporte aus Übersee zeigen am Beispiel China deutlich, dass diese Bezugsform ökobilanziell erheblich nachteilig ist. Auch das Treibhauspotenzial zeigt für einen Natursteintransport aus Übersee höhere Werte als für die alleinige Herstellung. Ein lokaler Bezug von Baustoffen für Verkehrsflächenbefestigungen ist daher aus Sicht der Ökobilanz in jedem Fall vorzuziehen, was prinzipiell für alle in Frage kommenden Baustoffe gilt. Wie den Abbildungen 1 bis 6 zu entnehmen ist, fällt insbesondere für die Verwendung von Beton- und Natursteinprodukten auf, dass Aufwendungen in der Herstellungsphase aufgrund der sehr guten Wiederverwendbarkeit im End-of-Life-Szenario gut kompensiert werden können. Natursteinpflaster und Naturstein-Großformate können nahezu vollständig wiederverwendet werden, wodurch erneute Aufwendungen in der Herstellungsphase sowie teilweise lange Transportwege entfallen. Zusammenfassend ergeben sich bei der Betrachtung „cradle to grave“ für die Betonsteinvarianten innerhalb der miteinander verglichenen Befestigungen vorteilhafte Bilanzergebnisse. Abb. 1: Berechneter GWP-Ausstoß/ m² Verkehrsflächenbefestigungen für das Beispiel Sammelstraße Abb. 2: Berechneter PENR/ m² Verkehrsflächenbefestigung für das Beispiel Sammelstraße Abb. 3: Berechneter GWP-Ausstoß/ m² Verkehrsflächenbefestigungen für das Beispiel Fußgängerzone 318 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten Abb. 4: Berechneter PENR/ m² Verkehrsflächenbefestigung für das Beispiel Fußgängerzone Abb. 5: Berechneter GWP-Ausstoß/ m² Verkehrsflächenbefestigungen für das Beispiel Gehweg Abb. 6: Berechneter PENR/ m² Verkehrsflächenbefestigung für das Beispiel Gehweg 4. Fazit Mit Blick auf die beiden im Fokus der Öffentlichkeit und der Politik stehenden Umweltwirkungen Treibhauspotenzial (CO 2 -Ausstoß) und Verbrauch von nicht erneuerbarer Primärenergie (wesentliche Energieträger sind Erdöl, Erdgas und Kohle) sind die hier untersuchten Verkehrsflächenbefestigungen am vorteilhaftesten, wenn die Deckschicht mit Betonstein zur Ausführung kommt. Ein Vergleich der im vorläufigen Informationspapier Vergleichende Ökobilanz - Oberbaukonstruktionen von Verkehrs-flächen mit unterschiedlichen Deckschichten - Lang-fassung [1] untersuchten Oberbaukonstruktionen, dessen Angaben derzeit im Rahmen des Critical Review überprüft werden, zeigt, dass mit Bauweisen unter Verwendung von Betonprodukten aus Sicht der Ökobilanz in Bezug auf den Treibhausgasemissionen sowie auf dem nicht erneuerbaren Primärenergiebedarf vorteilhafte Gesamtlösungen zu erzielen sind. Die darin enthaltenen Zahlen lassen aber auch die Auswertung aller anderen, gemäß der DIN EN 15804 [2] ermittelten Ökobilanzergebnisse zu. 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 319 Vergleichende Ökobilanz für Oberbaukonstruktionen von kommunalen Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten Literatur [1] (2024), Informationspapier Vergleichende Öko-bilanz - Oberbaukonstruktionen von Verkehrsflächen mit unterschiedlichen Deckschichten - Langfassung, Betonverband Straße, Landschaft, Garten e.V. [2] (2022), DIN EN 15804 - Nachhaltigkeit von Bauwerken - Umweltproduktdeklarationen - Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte, Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN), Berlin, Deutsche Fassung EN 15804: 2012+A2: 2019 + AC: 2021, DIN Media [3] (2021), DIN EN ISO 14040 - Umweltmanagement - Ökobilanz - Grundsätze und Rahmenbedingungen (ISO 14040: 2006 + Amd 1: 2020), Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN), Berlin, Deutsche Fassung EN ISO 14040: 2006 + A1: 2020, DIN Media [4] (2021), DIN EN ISO 14044 - Umweltmanagement - Ökobilanz - Anforderungen und Anleitungen (ISO 14044: 2006 + Amd 1: 2017 + Amd 2: 2020), Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN), Deutsche Fassung EN ISO 14044: 2006 + A1: 2018 + A2: 2020, DIN Media [5] (2024), RStO 12/ 24 - Richtlinien für die Standardi-sierung des Oberbaus von Verkehrsflächen, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V., Köln, FGSV Verlag.
