eJournals Kolloquium Straßenbau in der Praxis 4/1

Kolloquium Straßenbau in der Praxis
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expert Verlag Tübingen
0217
2025
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Digitale Bauprozesse und BIM – Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle?

0217
2025
Robert Hartung
Florian Ehmcke
Yanik Runde
Die bundes- und landespolitischen Entwicklungen forcieren die Einführung und Weiterentwicklung der BIM-Methode. Die gesteckten Ziele sind dabei angesichts einer flächendeckenden Ausweitung ambitioniert. Insbesondere im Bereich der Bauausführung sind längst nicht alle Prozesse einer digitalen Baustelle eindeutig definiert. Der Beitrag soll einen Einblick zur realen und praxisorientierten Umsetzung der BIM-Methode unter Berücksichtigung ausgewählter Anwendungsfälle der Bauausführung geben. Es zeigt sich, auch wenn weitere Standardisierungs- und Entwicklungsarbeit notwendig ist, bereits heute zahlreiche digitale Anwendungen umgesetzt werden können. Diese liefern bei weiterer Verstetigung dem Projektgeschäft einen deutlichen Mehrwert, bedürfen jedoch der weiteren Intensivierung von Erfahrungsmaßnahmen zur standardisierten Anwendung. Erst dann können verschiedene digitale Prozessketten zusammenwachsen und ihr vollständiges Potential entfalten.
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4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 429 Digitale Bauprozesse und BIM - Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle? Dr.-Ing. Robert Hartung JOHANN BUNTE Bauunternehmung SE & Co. KG, Papenburg Florian Ehmcke, M. Eng. JOHANN BUNTE Bauunternehmung SE & Co. KG, Braak Yanik Runde JOHANN BUNTE Bauunternehmung SE & Co. KG, Papenburg Zusammenfassung Die bundes- und landespolitischen Entwicklungen forcieren die Einführung und Weiterentwicklung der BIM-Methode. Die gesteckten Ziele sind dabei angesichts einer flächendeckenden Ausweitung ambitioniert. Insbesondere im Bereich der Bauausführung sind längst nicht alle Prozesse einer digitalen Baustelle eindeutig definiert. Der Beitrag soll einen Einblick zur realen und praxisorientierten Umsetzung der BIM-Methode unter Berücksichtigung ausgewählter Anwendungsfälle der Bauausführung geben. Es zeigt sich, auch wenn weitere Standardisierungs- und Entwicklungsarbeit notwendig ist, bereits heute zahlreiche digitale Anwendungen umgesetzt werden können. Diese liefern bei weiterer Verstetigung dem Projektgeschäft einen deutlichen Mehrwert, bedürfen jedoch der weiteren Intensivierung von Erfahrungsmaßnahmen zur standardisierten Anwendung. Erst dann können verschiedene digitale Prozessketten zusammenwachsen und ihr vollständiges Potential entfalten. 1. Einführung Die Produktivität der Baubranche stagniert. Bereits seit 2016 und seit dem Stufenplan Digitales Planen und Bauen [1] ersucht die Bundesregierung Möglichkeiten, Projektverläufe zu optimieren. Schlüssel für die Projektoptimierungen sind neben der Digitalisierung im Allgemeinen insbesondere die Ansätze der Methode Building Information Modeling (BIM). Vor diesem Hintergrund sind bereits für Bundesprojekte strategische Papiere zum Aufbau und zur Ausweitung der BIM-Kompetenz in den Bereichen Hochbau, Straßeninfrastruktur sowie Wasserstraße entstanden [2], [3], [4]. Diese geben den politischen Willen zur flächendeckenden Anwendung der BIM-Methode wieder. Damit dies gelingen kann, ist die Durchführung von Pilot- und Erfahrungsmaßnahmen unerlässlich. Verschiedene Auftraggeber auf Bundes- und Landesebene haben daher in den vergangenen Jahren Projekte in unterschiedlichen Projektphasen initiiert, jedoch zumeist die Planungsphase betrachtet. Im BIM-Pilotprojekt des Bundes „Dreistreifiger Ausbau der B5 zwischen Tönning und Rothenspieker“ wurden insbesondere die baubezogenen Anwendungsfälle durch den Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) beleuchtet [5] und durch das Bauunternehmen JOHANN BUNTE umgesetzt. Bei dem Projekt wurde in insgesamt fünf Bauabschnitten auf knapp 6- km Länge der heute zweistreifige Querschnitt auf einen dreistreifigen mit Überholfahrstreifen ausgebaut. Zum Projekt gehörten neben dem Verkehrsweg auch diverse Lärmschutzwände entlang der Strecke, Durchlässe sowie Wirtschaftswege. Abb. 1: Lage des Projektes der B5 in Schleswig-Holstein Da der BIM-Projekteinstieg im Nachgang zur konventionell erfolgten Planung gewählt wurde, sind vorgelagert zur Erarbeitung der eigentlichen baubezogenen Anwendungsfälle, die Umsetzung der Anwendungsfälle zur Erstellung des digitalen Modells notwendig. Hierfür wird die übergebene Ausführungsplanung herangezogen und ein digitales Modell zur baubegleitenden Ver- 430 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Digitale Bauprozesse und BIM - Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle? wendung aufgebaut. Nach Abschluss der Bauphase wird zudem ein As-Built-Modell der Strecke an den Auftraggeber übergeben. Dieses dient als Grundlage für den digitalen Zwilling im Betrieb des Verkehrsweges. Insgesamt sind die folgenden BIM-Anwendungsfälle (AWF) im Projekt nach bundeseinheitlicher Anwendungsfallbezeichnung umzusetzen: Tab. 1: Übersicht der umzusetzenden Anwendungsfälle (AWF) mit Bezeichnungen AWF 050 Koordination der Fachgewerke AWF 120 Terminplanung der Ausführung AWF 140 Baufortschrittskontrolle AWF 150 Änderungs- und Nachtragsmanagement AWF 160 Abrechnung von Bauleistungen AWF 170 Abnahme- und Mängelmanagement AWF 190 Projekt- und Bauwerksdokumentation Im weiteren Verlauf wird ein Einblick zur Umsetzung der verschiedenen Anwendungsfälle gegeben. Um die Umsetzung auf der Baustelle Realität werden zu lassen, ist dabei eine Betrachtung und Verknüpfung der BIM- Anwendungsfälle mit der Baustelle und den weiteren Bauprozessen (bspw. digitale Maschinensteuerung) unbedingt notwendig. Nur dann können die erwarteten Produktivitätssteigerungen erzielt und das Thema der Digitalisierung als großes Ganze gedacht werden. 2. Systemlandschaft und Modellierung 2.1 Rolle der Common Data Environment Grundvoraussetzung für die Umsetzung der BIM-Anwendungsfälle im Projekt ist die Bereitstellung einer gemeinsamen Datenplattform - dem CDE. Das Common Data Environment (CDE) sichert allen Beteiligten den Zugriff und die strukturierte Arbeit mit den BIM-Daten. Als Kernelement verknüpft das CDE zentral die digitalen BIM-Prozesse wie in Abbildung 2 ersichtlich. Abb. 2: Systemlandschaft zur Umsetzung der BIM-Prozesse im Projekt Zunächst beginnt auf Basis der Ausführungsunterlagen die Modellierung der Fachmodelle mittels verschiedener Autorensysteme (1). Während des eigentlichen Modellierungsprozesses findet noch keine Datenübergabe in das CDE statt, sondern die Datenhaltung wird über die interne Projektakte und die Serverstruktur des Auftragnehmers organisiert. Dies ermöglicht ein effizientes Handling des Modellierungsprozesses aufgrund der lokalen Anbindungen. Zum Übergabezeitpunkt der Arbeitsstände an den Auftraggeber sowie an das Baustellenteam findet eine Anbindung der Prozesse an das CDE statt (2). Über das CDE haben die weiteren Beteiligten (Projektleitung, Bauleitung, Polier, Bauüberwachung) Zugang zu den Modelldaten und können die baustellenbezogenen Anwendungsfälle umsetzen. Das Modell dient ab diesem Zeitpunkt als Grundlage für die Kommunikationssowie für die Dokumentationsprozesse auf der Baustelle. Dafür ist es relevant, eine Baustellen-geeignete Lösung zur Verfügung zu stellen, sodass die baustellenbezogenen Anwendungsfälle tatsächlich in situ umgesetzt werden können. Hierfür ist, neben der Fähigkeit das CDE von mobilen Endgeräten (Tablet/ Mobiltelefon) aus nutzen zu können, auch das Handling der Anwendung maßgebend. Nur dann ist die intensive Auseinandersetzung mit dem CDE im Baustellenalltag durch die Akteure sichergestellt. Des Weiteren findet vor der Modellübergabe der Prozess der Modellkoordination durch den BIM-Gesamtkoordinator statt. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Modelle die entsprechenden Qualitäten und Strukturvorgaben seitens des Auftraggebers, aber auch seitens der Baustelle besitzen. Durch den BIM-Gesamtkoordinator findet zudem die Auf bereitung und Auswertung der Modelle zur Umsetzung und Begleitung der baustellenbezogenen Anwendungsfälle statt. Hierfür ist ein enger Austausch zwischen dem Baustellenteam und der BIM-Gesamtkoordination notwendig, um die Bauprozesse digital zu unterstützen. Nach Maßgabe des Auftraggebers findet nach Abschluss der baustellenbezogenen Prozesse eine konsolidierte Übergabe der digitalen Baustellenakte in die Projektplattform des Auftraggebers statt (3). Damit sind 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 431 Digitale Bauprozesse und BIM - Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle? die Projektdaten qualitätsgesichert auch über das Projektende hinaus verfügbar. 2.2 Modellierung und Bereitstellung des Modells Für die Modellierung werden zunächst sämtliche Achs- und Trassierungsdaten aus der vorgelagerten Ausführungsplanung herangezogen. Die Daten liefern in Verbindung mit den Querprofilen ausreichende Datengrundlagen, um die Profilkörper des Verkehrsweges zu erstellen und den Auf bau des Verkehrsweges, wie in Abbildung 3 dargestellt, widerzugeben. Abb. 3: Ausschnitt aus dem Projekt im Bereich der Baustelleneinrichtung sowie Anschlussstelle mit Brückenüberfahrt in Verbindung mit einer Punktwolke Durch die Unterstützung von Skripten aus dem Bereich der visuellen Programmierung werden zudem Teilvorgänge der Modellierung automatisiert. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Attribuierung, um vordefinierte Merkmalsätze auf Basis von Attribuierungstabellen in das geometrische Modell zu schreiben. Nach Export des Modells aus der Autorensoftware findet ein Abgleich (Model-Check) des Modells mit der Passfähigkeit zur Ausführungsplanung statt. Hierfür werden die Dateien im offenen Austauschformat IFC (Industry Foundation Classes) in die Koordinationssoftware (vgl. Kapitel-2.1) eingeladen und geprüft. Durch regelmäßige Durchführung dieser Prüfschritte und Kenntnis der Prüfanforderungen können diese Schritte durch vorgefertigte Prüfmethoden zu einem großen Teil automatisiert werden. Neben der Verkehrsanlage wird das Modell dann ergänzt durch die Komponenten und die Objekte der technischen Ausrüstung, der Leitungen sowie der Lärmschutzwände. Gerade die Modelle der Verkehrsanlagen bieten neben der fachlichen Koordination die ideale Grundlage, die digitale Prozesskette über die eigentlichen Anwendungsfälle hinaus zu betrachten. Diese können als Grundlage für die digitale Maschinensteuerung genutzt werden und somit die Produktivität der Arbeitsvorbereitung, bei Erfüllung eines hohen Qualitätsstandards, erheblich steigern. Es zeigt sich, dass auch der Quereinstieg im Lebenszyklus der Bauphase gewinnbringend für die Verwendung und Nutzung digitaler Modelle sein kann. Gerade für die Bauprozesse und für die Dokumentation liefern die Modelle eine hervorragende Grundlage zur Kommunikation und Qualitätssicherung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Es sollte beim Quereinstieg jedoch eine Vorlaufzeit zur Erschaffung der notwendigen Datengrundlagen gegeben werden. 2.3 Abgleich Modellierung Punktwolke Die geschaffenen Modelle für den Verkehrsweg sowie der Auflastschüttungen (Abb. 4) bieten eine geeignete Datengrundlage für die digitale Maschinensteuerung. Nach Herstellung von Teilleistungen erfolgt mittels Drohnenbefliegung die Erfassung des tatsächlich gebauten Ist-Zustands. Über die Erfassung und den Abgleich zwischen Modell und Punktwolke findet eine kontinuierliche Qualitätssicherung der Bauleistung sowie das Schaffen einer Abrechnungsgrundlage statt. Über die Auswertung der Punktwolke wird der Leistungsstand für die Hauptbauleistungen erfasst und dokumentiert. Abb. 4: Vergleich des digitalen Modells (IFC) als Grundlage für die Gerätesteuerung mit den Punktwolken der UAV-Befliegung Aus der baupraktischen Abwicklung zeigt sich, dass die geschaffenen Datengrundlagen und Prozesse des modellbasierten Arbeitens ein hohes Verständnis zum Leistungsstand, zu Störungen und zu Abrechnungsmengen schaffen. Durch die Ergänzung von Herstellungsterminen, Kennzahlen und die Verknüpfung mit Einbaunachweisen erfolgt zudem baubegleitend eine strukturierte Dokumentation der Maßnahme. Dies lässt, wie in der folgenden Abb. 5 dargestellt, neben der Erfassung des eigentlichen Baufortschrittes, auch eine baubegleitende Dokumentation und Transparenz in der Erzeugung der Bestandsunterlagen zu. Abb. 5: Modellbasierte Erfassung des Baufortschrittes an zwei Stichtagen zur Herstellung von GEC-Säulen Im Bild zu sehen ist die modellbasierte Erfassung des Baufortschrittes sowie der technischen Einbaukennwerte von GEC-Säulen (Geotextile Encased Columns), die im Zuge der Maßnahme hergestellt werden. Diese mehr als 432 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Digitale Bauprozesse und BIM - Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle? 1.200 Sandsäulen dienen der Erhöhung der Tragfähigkeit des Baugrundes im Bereich der Auflagersituation eines querenden Brückenbauwerks und sind mit entsprechend eng gesteckten Dokumentationsanforderungen verbunden. Durch die modellbasierte Erfassung der vom Gerät aufgezeichneten Herstellungskennzahlen sind stichtagsgenau Auswertungen der tatsächlichen Bodensituation und der Einbauverfahren möglich. 2.4 Festlegungen und BIM-Abwicklungsplan Grundlage für die Umsetzung der digitalen Prozesse ist zunächst die Beschreibung der Auftraggeberseitigen Informationsanforderungen (vgl. Kapitel 1). Im Projekt selbst erfolgt dann die gemeinsame Festlegung der Prozesse im BIM-Abwicklungsplan. Die Grundstruktur ist im Projekt durch den Auftraggeber vorgegeben und wird kontinuierlich durch den Auftragnehmer und in gemeinsamer Abstimmung fortgeschrieben. Neben dem Konzept zur Softwarelandschaft (vgl. Kapitel 2.1) ist auch ein Modellierungskonzept und eine Modellierungsstruktur, ein Projektorganigramm mit Verortung von BIM-Rollen und von Verantwortlichkeiten sowie eine Terminschiene der BIM-Leistungen Bestandteil. Durch die Durchführung von Testfällen werden die im BAP getroffenen Festlegungen validiert, sodass diese als verbindliche Vorlage im Projekt genutzt wird. Im Rahmen der Testfälle werden anhand von exemplarisch gewählten Minimalbeispielen oder Teilmodellen die technische Umsetzbarkeit und die digitalen Workflows zwischen den Beteiligten zu Projektbeginn durchgespielt. Abbildung 6 stellt einen Einblick in die festgelegte Teilmodellstruktur dar. Neben dem Fachmodell (FM) der Verkehrsanlagen erfolgt die Bereitstellung und Koordination der technischen Ausrüstung, der Leitung sowie der Lärmschutzwand. Abb. 6: Zusammensetzung des Koordinationsmodells aus unterschiedlichen Fachmodellen Die Modelle, die aus unterschiedlichen Autorensystemen und von verschiedenen Modellautoren erzeugt wurden, werden im Koordinationsmodell zusammengeführt. Voraussetzung ist die Festlegung gemeinsamer Koordinatenpunkte, die auch über den BIM-Abwicklungsplan modellautorübergreifend festgeschrieben sind. Durch die Fortschreibung der Koordinationsmodelle zum Stand der Planung mit den bauzeitlichen Änderungen und Informationen entsteht das As-Built-Modell. Dieses „wie-gebaut- Modell“ dient dem Auftraggeber zur weiteren Verwendung im Rahmen des Betriebs und der Erhaltung. 3. Mengenermittlung und Abrechnung Das digitale Modell wurde für den Bereich des Verkehrsweges mit den relevanten Positionen des Leistungsverzeichnisses verknüpft. Neben der Trag- und Binderschicht wurden auch die Leistungen zur Herstellung der Deckschicht im Modell mit allen relevanten Nebenflächen und Elementen abgebildet. Dabei wurde die Struktur der Modellierung so gewählt, dass eine Teilmengenermittlung möglich ist und die Modellstruktur den tatsächlichen Herstellungsprozessen entspricht. In Ergänzung zur konventionellen Bauabrechnung wurde ein Vergleich des modellbasierten Arbeitsprozesses (vgl. Abb. 7) zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer entwickelt. 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 433 Digitale Bauprozesse und BIM - Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle? Abb. 7: Grundlegender Prozess zur modellbasierten Abrechnung von Erfassung Baufortschritt, über Auswertung dazugehöriger Abrechnungsmengen bis zur Verknüpfung Abschlagsrechnung Durch die Erfassung und Bestätigung des Baufortschrittes sowie der eingehaltenen Bauqualität und der Toleranzen bietet das fortgeschriebene Ausführungsmodell die Grundlage für die Abrechnung der zugehörigen Bauleistung. Durch Auswertung der zugehörigen Volumenkörper können die Einbaumassen für den Straßenauf bau ermittelt werden. Durch das fortgeschriebene und bestätigte bzw. freigegebene Ausführungsmodell entsteht der zugehörige Abrechnungsnachweis. Voraussetzung ist eine Modellstruktur, die auch der LV- Struktur sowie der baulichen Umsetzung entsprechend ist, sodass die Teilmengen valide ermittelt werden können. Andernfalls ist eine Nachbearbeitung des Modells vor Rechnungsstellung notwendig, um die Bauteilabgrenzungen entsprechend der realen Umsetzung zu erfassen. Zudem ist zu empfehlen, die Mengenermittlungen zu plausibilisieren. Die Kenntnis der genauen geometrischen Parameter und die Validierung dieser ist für die Plausibilität der Abrechnung erforderlich. Es zeigt sich, dass diese eingerichtet werden können und die zur Verfügung stehenden Berechnungsmethoden dann solide funktionieren. Für die Leistungspositionen der Auf bauschichten des Straßenkörpers ergibt sich eine Passfähigkeit der Mengenermittlung von 99,8-% in Gegenüberstellung zu den konventionellen Abrechnungsverfahren. Abweichungen sind in der Detailierungsgenauigkeit der Modelle, aufgrund der nachgelagerten Modellierung zwischen Ausführungsplanung und Bauausführung sowie Rundungsthematiken in der geometrischen Näherung begründet. Die Abweichungen sind im Gesamtergebnis jedoch als vernachlässigbar einzustufen. In einem weiteren Entwicklungsschritt sind diese Erkenntnisse in übergeordneten Prozessen zur modellbasierten Abrechnung zu überführen. Die Kommunikation, die Freigabeläufe und der Datenaustausch bezüglich der Rechnungslegung kann und sollte dabei maßgebend über das eingesetzte CDE erfolgen. 4. Fazit Als Gesamtergebnis zum umgesetzten Projekt zeigt sich, dass die BIM-Methode große Potentiale für die Bauausführung, gerade auch im Bereich des Straßenbaus bietet. Die gezeigte Projektpraxis legt dar, dass auch heute zahlreiche digitale Anwendungsfelder schon erschlossen sind. Für die weitere Verstetigung benötigt es jedoch weiterer Intensivierung von Praxisprojekten im Bereich der Bauausführung, um die Einzelaspekte zu einem gesamten digitalen Prozess zusammenwachsen zu lassen. Durch die verbindliche Vorgabe zu den Erwartungen, Anforderungen und grundlegenden Informationsstrukturen können BIM-Leistungen im Projekt belastbar kalkuliert und erfolgreich umgesetzt werden. Die verbindliche Vorgabe in den Vergabedokumenten schafft die Grundlage für ein einheitliches Verständnis auf allen Seiten. Dabei stellt der „BIM-Eintritt“ im Bereich der Bauausführung kein Hindernis, sondern vielmehr eine Chance dar. Durch die weitere Verstetigung und die Forcierung, BIM- Leistungen auch in der Bauausführung umzusetzen, werden die Themenfelder der digitalen Baustelle weiter zusammenwachsen. Die konsequente Umsetzung auch von „Quereinsteiger“-Projekten hilft dabei allen Beteiligten, weitere Strukturen auf- und auszubauen und Stabilität in den heute bereits umgesetzten Prozessen zu erlangen. Für die erfolgreiche Umsetzung sind die auftraggeberseitig gestellten Ziele projektspezifisch zu erfassen und der Komplexitätsgrad entsprechend den Maßnahmenzielen zu wählen. Durch die Umsetzung von Testfällen können die gemeinsamen Konzepte frühzeitig validiert und bei Bedarf angepasst werden. Somit ist die Grundlage für die weitere Entwicklung und die Standardisierung der BIM-Prozesse gelegt. Die BIM-Prozesse bilden die Grundlage, auch begleitende Effekte und Potentiale nutzbar zu machen, die neben Vermessungsleistungen auch eine digitale Projektkommunikation und Projektdokumentation betreffen. Hier sollte BIM als Teil der gesamten Digitalisierungsbestrebungen gesehen werden. 434 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis - Februar 2025 Digitale Bauprozesse und BIM - Wie viel Realität steckt im Mythos der digitalen Baustelle? Literatur [1] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2016). Stufenplan Digitales Planen und Bauen. Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken. Berlin. [2] BMI (2021): Masterplan BIM für Bundesbauten. Erläuterungsbericht. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) (heute: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen). Berlin. [3] BMVD (2021): Masterplan BIM Bundesfernstraßen. Digitalisierung des Planens, Bauens, Erhaltens und Betreibens im Bundesfernstraßenbau mit der Methode Building Information Modeling (BIM). Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVD) (heute: Bundesministerium für Digitales und Verkehr). Berlin. [4] GDWS (2022): Implementierungsstrategie BIM- WSV 2030. BIM-Masterplan für die Wasserstraße. Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMVD) und Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS). Berlin und Bonn. [5] https: / / www.schleswig-holstein.de/ DE/ landes regierung/ ministerien-behoerden/ VII/ Presse/ PI/ 2024/ III_2024/ 240725_B5_Baustellentermin_ BIM, aufgerufen am 03.12.2024.