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Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
ktw81/ktw81.pdf0922
2025
81
Die zuverlässige Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser erfordert hohe technische Standards - insbesondere bei der Speicherung. Trinkwasserspeicher sind essenzieller Bestandteil der Kritischen Infrastruktur (KRITIS): Sie sichern die kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung sowie von Einrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen und Schulen, dienen als Löschwasserreserve und sind in Notfall- und Katastrophenschutzpläne eingebunden. Hohe Anforderungen gelten an die Dichtheit und Beschaffenheit der Oberflächen: Diese müssen glatt, porenfrei und hygienisch unbedenklich sein. Gleichzeitig unterliegt die Technik einem fortlaufenden Wandel - getrieben durch neue Regelwerke, Normen und internationale Entwicklungen. Vor diesem Hintergrund versammelt das 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis am 23. und 24. September 2025 erneut Expertinnen und Experten aus Ingenieurwesen, Wissenschaft, Praxis und Verwaltung, um aktuelle Erkenntnisse und Erfahrungen zur Planung, zum Bau, zur Instandhaltung und zum Betrieb von Trinkwasserspeichern zu teilen. Im Mittelpunkt stehen Fortschreibungen des DVGW-Regelwerks W 300 sowie die Umsetzung der neuen europäischen Trinkwasserrichtlinie. Ergänzt wird das Programm durch Beiträge zur Werkstoffauswahl und Qualitätssicherung, zu hygienischen Anforderungen, zur Instandsetzung im Bestand sowie zu innovativen Lösungen im Neubau. Die Fachbeiträge in diesem Tagungsband spiegeln die inhaltliche Breite und Tiefe der Veranstaltung wider. Sie dokumentieren den Stand der Technik und liefern wertvolle Impulse für Fachleute, die sich mit der Planung, Ausführung und Überwachung von Trinkwasserbehältern befassen. Der Inhalt Forschung Hygiene Instandsetzung Neubau Planung mit besonderen Herausforderungen Untergrund & Oberflächen Werkstoffe Werkstoffe - spezielle Anwendungen Die Zielgruppe Das Kolloquium richtet sich an alle, die mit Planung, Bau, Betrieb oder Instandhaltung von Trinkwasserspeichern befasst sind: Wasserversorger Ämter und Behörden Städte, Gemeinden Wassermeister Materialhersteller Planungsbüros Verarbeiter Hersteller/ Verwender von technischen Ausrüstungen www.tae.de ISBN 978-3-381-15021-2 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis Tagungshandbuch 2025 Herausgegeben von Wolfgang Breit 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis Fachtagung über Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von Trinkwasserbehältern Tagungshandbuch 2025 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis 23. und 24. September 2025 Technische Akademie Esslingen Herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis Fachtagung über Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von Trinkwasserbehältern Tagungshandbuch 2025 Medienpartner Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das vorliegende Werk wurde mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Haftung für die Fehlerfreiheit, Aktualität und Vollständigkeit des Werkes und seiner elektronischen Bestandteile. © 2025. Alle Rechte vorbehalten. expert verlag Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen E-Mail: info@verlag.expert Internet: www.expertverlag.de Printed in Germany ISBN 978-3-381-15021-2 (Print) eISBN 978-3-381-15022-9 (ePDF) Technische Akademie Esslingen e. V. An der Akademie 5 · D-73760 Ostfildern E-Mail: bauwesen@tae.de Internet: www.tae.de 5 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 5 Vorwort Die sichere und nachhaltige Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser stellt hohe Anforderungen an die Planung, Ausführung und Instandhaltung der zugehörigen Infrastrukturen. Insbesondere die Speicherung des Trinkwassers erfordert kontinuierliche Anpassungen an neue technische, hygienische und regulatorische Entwicklungen. Vor diesem Hintergrund versammelt das 8. Kolloquium „Trinkwasserspeicherung in der Praxis“ am 23. und 24. September 2025 erneut Expertinnen und Experten aus Ingenieurwesen, Wissenschaft, Praxis und Verwaltung, um aktuelle Erkenntnisse und Erfahrungen zur Planung, zum Bau, zur Instandhaltung und zum Betrieb von Trinkwasserspeichern zu teilen. Die zweitägige Fachtagung wird in Kooperation mit der S. I. T. W. - Schutz und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern e. V. - durchgeführt. Im Mittelpunkt stehen Fortschreibungen des DVGW-Regelwerks W 300 sowie die Umsetzung der neuen europäischen Trinkwasserrichtlinie. Ergänzt wird das Programm durch Beiträge zur Werkstoffauswahl und Qualitätssicherung, zu hygienischen Anforderungen, zur Instandsetzung im Bestand sowie zu innovativen Lösungen im Neubau. Die in diesem Tagungsband versammelten Fachbeiträge spiegeln die inhaltliche Breite und Tiefe der Veranstaltung wider. Sie dokumentieren den Stand der Technik und liefern wertvolle Impulse für Fachleute, die sich mit der Planung, Ausführung und Überwachung von Trinkwasserbehältern befassen. Weitere Infos zur Tagung unter www.tae.de/ 50020. Unser Dank gilt allen Vortragenden für ihre Beiträge sowie dem Programmausschuss unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit für die fachliche Konzeption und Begleitung der Tagung. 7 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 7 Inhaltsverzeichnis 0.0 Plenar 0.1 Neues aus den Regelwerken DVGW W 300-1 (A) bis W 300-3 (A) und Überarbeitung W 316 (A) 11 Sascha Kochendörfer, M. Sc. 0.2 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus 15 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit, Prof. Dr.-Ing. Melanie Merkel 0.3 Umsetzung des Konzeptes der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) nach DIN 1045-1000 in der Praxis am Beispiel des Neubaus eines Trinkwasserbehälters 23 Dipl.-Ing. Sascha Leck 0.4 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 27 Dipl.-Ing. Jan Rassek, Dipl.-Ing. Jacqueline Rassek 0.5 DVGW W 300-2: Umsetzung des Behälterbuchs für Wasserversorgungsunternehmen 35 Peter Sudermann, M. Eng. 1.0 Planung mit besonderen Herausforderungen 1.1 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des laufenden Weiterbetriebes am Standort 41 Nikolai Bernhardt, M. Eng. 1.2 Neubau des Trinkwasserbehälters Petze IV 51 Dipl.-Ing. Holger Nordmann 2.0 Hygiene 2.1 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich - Einführung in die neue europäische Trinkwasserrichtlinie 57 Dr. Frank Czerny 2.2 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement 61 Priv.-Doz. Dr. Christiane Schreiber 3.0 Neubau 3.1 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim 73 Dipl.-Ing. (FH) Tim Kammer, Robert Jahn, M. Eng. Wasserwirtschaft (FH) 3.2 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext 81 Dr. rer. nat. Ludger Boonk 88 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 4.0 Forschung 4.1 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung 95 Prof. Dr.-Ing. Robert Schulte Holthausen 4.2 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen 103 Anja Tusch, M. Eng., Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit 5.0 Untergrund & Oberflächen 5.1 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten 115 Annika Schlombs, M. Sc., Dipl.-Ing. Jacqueline Rassek 5.2 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - Ab wann wird es zum Problem? 121 Prof. Dr.-Ing. Melanie Merkel, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit 6.0 Instandsetzung 6.1 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern 131 Stefan Schmalfuß, M. Sc. 6.2 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter - Erfahrungsbericht aus der Planung und Umsetzung 137 Dipl.-Ing. Martin Hobl, Annabelle Schmerse-Bleser, M. Sc. 7.0 Werkstoffe 7.1 Bestimmung des Auslaugverhaltens von Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes 145 Dr.-Ing. Wolfram Kämpfer, Dr. Michael Berndt 7.2 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 155 Dipl.-Ing. Martin Bolesta 7.3 Einsatz von PE-Röhren im Neubau beim Trinkwassermanagement und der Trinkwasserspeicherung 161 Dipl.-Ing. (FH) Markus Petry, Martin Großkopf, M. Eng. 7.4 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem 165 Dr. rer. nat. Jens Glowacky, Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Adrian Pflieger 8.0 Anhang 8.1 Programmausschuss 177 8.2 Autorenverzeichnis 179 Plenar 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 11 Neues aus den Regelwerken DVGW W 300-1 (A) bis W 300-3 (A) und Überarbeitung W 316 (A) Sascha Kochendörfer, M. Sc. DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V., Bonn Zusammenfassung In den letzten Jahren hat sich in der Regelsetzung im Bereich der Trinkwasserspeicherung einiges getan. Mit der Veröffentlichung der Arbeitsblätter DVGW W 300-1 (A) (Planung und Konstruktion) und DVGW W 300-3 (A) (Instandsetzung und Verbesserung) wurde z. B. Neuerungen aus der Veröffentlichung der Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerken und der aktualisierten DIN 1045 Normenreihe (Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton) Rechnung getragen. Die Überarbeitung der DVGW W 300-2 (A) (Betrieb, Wartung und Inspektion) gibt Praktikern überarbeitete Hilfestellungen für den Betrieb und die Instandhaltung von Trinkwasserbehältern und die bevorstehende Veröffentlichung der überarbeitenden DIN EN 1508 stärkt europaweit den Qualitätsanspruch an die Trinkwasserspeicherung. Die nächsten Monate und Jahre halten ebenso weitere wichtige Veröffentlichungen bereit. Die DVGW W 300-4-(A) (zukünftig Bauausführung und Qualitätssicherung) ist in den letzten Zügen vor der Veröffentlichung im Gelbdruck. Die Überarbeitung der DVGW W 300-5 (A) (Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme) wird in Kürze begonnen und die Überarbeitung der W 316 (A) (Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen für Planung, Bau, Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern; Fachinhalte) hat gestartet. Gemeinsam mit dem SITW wird derzeit an einem Artikel gearbeitet, der Unternehmen die Zertifizierung nach der DVGW W 316 (A) erleichtern bzw. attraktiver machen soll, um auch hier dem deutschen Qualitätsanspruch an das Trinkwasser Rechnung zu tragen. 1. Einführung Mit der Entwicklung seiner technischen Regeln ermöglicht der DVGW die technische Selbstverwaltung der Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland. Hierdurch gewährleistet er eine sichere Gas- und Wasserversorgung nach international höchsten Standards. Der im Jahr 1859 gegründete Verein hat rund 14.000 Mitglieder. Das Thema der Trinkwasserspeicher ist seit mindestens 1959 in den Regelwerken des DVGW verankert und hat sich bis heute ständig weiterentwickelt. Durch die Aufteilung der W 300 in eine 8-teilige Regelwerksreihe im Jahr 2014 konnte der Komplexität der unterschiedlichen Phasen im Lebenszyklus eines Trinkwasserspeichers und anderer wichtiger Belange, wie z. B. der Hygiene und Auskleidungsmaterialien, ausreichend Rechnung getragen werden. 2. Neuerungen aus der Regelwerksarbeit 2.1 Überarbeitung der W 300-1 (A) und W 300-3 (A) Die beiden Arbeitsblätter DVGW W 300-1 (A) und DVGW W 300-3 (A) wurden im Jahr 2024 im Weißdruck veröffentlicht. Im Verlauf der Gelbdruckphase wurden einige konstruktive Einsprüche in das Arbeitsblatt eingearbeitet, um dessen Qualität weiter zu erhöhen. Ebenso wurde die Gelbdruck Phase mit der Veröffentlichung der DIN 1045 Normenreihe abgepasst, um deren Veränderungen für den Behälterbau mit einfließen lassen zu können. Anhand der geringen Anzahl an Einsprechern bei beiden Arbeitsblättern kann man darauf schließen, dass die Überarbeitung von der Praxis gut angenommen wurde und der Einsatz und Qualitätsanspruch der Projektkreise durch die Unternehmen gewürdigt wurden. Hier soll sich auf die Änderungen zum Gelbdruck aus dem Jahr 2023 durch die DIN 1045 Normenreihe und durch die Einsprüche fokussiert werden. Über die Version des Gelbdrucks wurde bereits informiert [1]. Weitere Informationen finden Sie in [2]. Zur einfacheren Übersicht werden die wichtigsten Änderungen hier stichpunktartig aufgeführt. DVGW W 300-1 (A) - Um die Arbeitsblätter stärker an ihrem Anwendungsbereich auszurichten, wurden kontinuierlich die Kapitel mit den anderen Arbeitsblättern der DGW W 300 Regelwerkreihe abgeglichen. Im Zuge der Einspruchsphase haben sich daher noch Verschiebungen einzelner Abschnitte in die DVGW W 300-4 (A) ergeben. - Das Thema der Hygiene hat ein eigenes Kapitel erhalten, um deren Wichtigkeit im gesamten Ablauf der Planung und Konstruktion widerzuspiegeln. Dabei wird auf das Hygienekonzept und auf die entsprechende Erstellung der Leistungsbeschreibung hingewiesen. Wo es möglich war, wurden alle Hinweise auf die Hygiene aus den anderen Kapiteln hier zusammengeführt. - Um dem Fokus des Arbeitsblatts auf die Werkstoffe Beton, Stahlbeton und Spannbeton gerecht zu werden, wurde Kapitel 8 „Tragwerksplanung und konstruktive Anforderungen“ umbenannt in „Tragwerksplanung und konstruktive Anforderungen an Beton, Stahlbeton und Spannbeton“ 12 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Neues aus den Regelwerken DVGW W 300-1 (A) bis W 300-3 (A) und Überarbeitung W 316 (A) - In Kapitel 8 wurde aufgrund der Veröffentlichung der DIN 1045-1000 (Grundlagen und Betonbauqualitätsklassen (BBQ)) die Planungsklasse PK-E, die Betonklasse BK-N und die Ausführungsklasse AK-E für Trinkwasserbehälter aufgenommen. Zusätzlich ist nun das Kommunikationskonzept nach DIN 1045- 1000 Anhang A anzuwenden. Tiefergehende Informationen finden Sie in [2] - Die Terminologie der Vorplanung wurde gestrichen. Die Materialauswahl, Bauarten, Behälteranordnung und Bauweise sind alles Inhalt der Variantenbetrachtung. - Mit als Teil der Planung wurde die Bauausführung, Bauen in Schutzgebieten und der Rückbau als eigene Abschnitte aufgeführt. Diese drei Themen sind unbedingt schon frühzeitig in der Planung zu beachten. Die Bauausführung wurde durch den starken Bezug zur DVGW W 300-4 (A) zu einem großen Teil in dieses Arbeitsblatt verschoben. - Dimensionierung des Speichervolumens mit Betrachtung energetischer Optimierung wurde aufgeführt. Dabei wurde erwähnt, dass Ausfallszenarien bei der Bemessung der Betriebsreserve beachtet werden sollten. - Erwähnung der Auswirkung der Behälterform auf den Reinigungsaufwand - Hinweis auf die Wechselwirkung des Bodens/ Grundwassers mit der erdberührten Bauteilflächen wurde aufgenommen - Bei der Entscheidungsfindung wurden nun Nachhaltigkeitsbetrachtungen als Parameter aufgenommen - Es wird nun darauf hingewiesen, dass unabhängig der möglicherweise naturnahen Gestaltung des Anlagengeländes in der Genehmigungsphase darauf geachtet werden sollte, dass der Charakter als technische Anlage beibehalten wird - Die Empfehlung zum Verzicht von Bepflanzung der Behälterüberdeckung wurde erweitert um flachwurzelnde Pflanzen, da diese die Pflege ebenfalls erschweren und auch tiefwurzelnde Pflanzen anfliegen können. Fokus sollte auf der Ansaat von Magerrasen liegen - Der Abschnitt 7.3.2 „Beton (DVGW Merkblatt W 398)“ wurde komplett gelöscht - Es wurde nicht mehr speziell auf den Entwurfsgrundsatz a sondern nur noch generell auf die Grundsätze verwiesen - Grafiken z. B. zur Definition der Rissweite wurden entfernt - Aufnahme von Hinweis, dass eine wasserabführende/ -saugende Schalungsbahn den w/ z eq Wert reduziert - Aufnahme eines Hinweises zu der Probefüllung zur Auslösung der Selbstheilung von Rissen. Dadurch ergeben sich längere Standzeiten vor Inbetriebnahme, die zu berücksichtigen sind DVGW W 300-3 - Hinweis auf die bauaufsichtliche Verwendbarkeit von Betonersatz wurde aufgenommen - Hinweis zu Carbonatisierung je nach Betriebs- und Nutzungsbedingungen aufgrund fehlender Wassersättigung des Untergrundes aufgenommen - Der Fachplaner wurde definiert. Die Qualifikation eines Fachplaners kann z. B. durch ein gültiges Zertifikat nach W 316 (A) nachgewiesen werden. Fachplaner können auch innerhalb eines Versorgungsbetriebs angestellt sein. Fachplaner können für einzelne Teilgebiete beauftragt werden, beispielsweise zur Bewertung des Ist-Zustands, Bewertung von Schäden, Bewertung und Eignung von Stoffen und Verfahren oder auch zur Planung einer Instandsetzungsmaßnahme. - Es wurde aufgenommen, dass das Instandsetzungskonzept sich auf das Gesamtobjekt „Trinkwasserbehälteranlage“ oder auf Teilbereiche (z. B. Behälterauskleidung Rohrleitungsbau) beziehen kann - Hinweis zur Begrenzung von Zwangsspannungen durch Auswahl entsprechender Materialien und Verfahren - Absatz zu Mindestrautiefenklassen wurde gelöscht - Der Abschnitt zu spritzrauen Decken wurde erweitert - Hinweise auf die Spritzverfahren und deren Ausführung wurde in DVGW W 300-4 (A) verschoben - Aufnahme der Mindestdruckfestigkeitsklassen für die jeweilige Expositionsklasse in den jeweiligen Abschnitten zu den Instandsetzungsverfahren - Der Abstand der Alkalitätsgrenze in Verfahren C wurde auf größer gleich 15mm abgeändert - Ausführung des Betonersatzes wurde in DVGW W 300-4 (A) verschoben - Hinweis zu den Nachbehandlungszeiten wurde in DVGW W 300-4 (A) verschoben 2.2 Überarbeitung der W 300-2 Die Überarbeitung der W 300-2 (A) wurde Ende 2024 abgeschlossen und das Arbeitsblatt wurde im November 2024 im Gelbdruck veröffentlicht. In der Einspruchsphase wurde nur eine geringe Anzahl an Einsprüchen eingereicht, die sich hauptsächlich auf die Veröffentlichung der W 263 (A) (Hygiene in der Wasserversorgung bis zur Übergabestelle an die Trinkwasser-Installation) und die Kommunikation mit den Gesundheitsämtern fokussierten. Bei der Überarbeitung der W 300-2 (A) lag der Fokus einerseits auf einer generellen Aktualisierung der Verweise, andererseits darauf den Betreibern von Trinkwasserbehältern ein noch anwenderfreundlicheres und praxistauglicheres Arbeitsblatt zur Verfügung zu stellen. Die Betriebs- und Instandhaltungsziele wurden aktualisiert und die Bedeutung von Hygienekonzepten und regelmäßiger Umsetzung der Wartungs- und Inspektionsplänen für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Das Arbeitsblatt DVGW W 263 (A) und das Merkblatt DVGW W 300-8 (M) sind für das Hygienekonzepte ausschlaggebend. Verweise auf beide Regelwerke wurden an verschiedenen Stellen im Arbeitsblatt W 300-2 (A) aufgenommen. Ein Beispiel eines Inspektionsplanes wurde im Anhang aufgenommen. Der Entwicklung von Regelwerken im Bereich des Asset Managements wurde durch die Aufnahme der DIN ISO 24516-2 und der DVGW-Information Wasser Nr. 102 Rechnung getragen. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 13 Neues aus den Regelwerken DVGW W 300-1 (A) bis W 300-3 (A) und Überarbeitung W 316 (A) In der aktuellen Ausgabe der DVGW W 300-2 (A) wurde das Behälterbuch neu mit aufgenommen. Ergebnisse der Inspektion und Wartung werden hier dokumentiert und dienen für eine verbesserte Nachverfolgbarkeit der Auswertung der Daten. Eine Auswahl an Inhalten für das Behälterbuch wurde im Anhang aufgeführt. Dieses Beispiel nutzt die Dokumentation für den Neubau eines Behälters nach DVGW W 300-1 (A) als Grundlage und erweitert dieses um weitere wesentliche Informationen. Weiterführende Informationen sind in [3] zu finden. Weiterhin wurden die Inspektionen in Haupt- und Nebeninspektion unterteilt. Ziel einer Hauptinspektion ist eine tiefergehende Untersuchung und Bewertung der Bausubtanz, inklusive der technischen Ausrüstung. Die Ergebnisse der Nebeninspektionen fließen in die Hauptinspektionen ein und schreiben diese fort. Die Hauptinspektion kann sich an den Reinigungszyklen orientieren und sollte einen Abstand von 6 Jahren nicht überschreiten. Ziel einer Nebeninspektion ist eine zerstörungsfreie Beobachtung und Feststellung von Auffälligkeiten an allen trinkwasserberührten Oberflächen und Einbauten. Die Nebeninspektion sollte sich an den Reinigungszyklen orientieren und einen Abstand von 3 Jahren nicht überschreiten Um auch den speziellen Anforderungen von Systembehältern gerecht zu werden, wurde auf die Möglichkeit der Verwendung von automatisierten Reinigungssystemen hingewiesen. Aufgrund der Rückziehung der DVGW W 319 (M) (Reinigungsmittel für Trinkwasserbehälter) wurde in der aktuellen W 300-2 (A) darauf hingewiesen, dass die Eignung des Reinigungsmittels für den jeweiligen Werkstoff durch den Hersteller des Mittels bestätigt werden muss. Eine Herstellererklärung gilt analog für die Desinfektionsmittel. 2.3 Veröffentlichung zu „Praktische Hinweise zur Umsetzung Qualitätsanforderungen durch DVGW W 316 (A) Zertifizierung“ Innerhalb eines Projektkreises, dessen Mitglieder aus Vertretern von Fachplanungsunternehmen, Wasserversorgern und einer Anwältin des Vergaberechts bestehen wurde die DVGW-Information W Nr. 113 „Praktische Hinweise zur Umsetzung Qualitätsanforderungen durch DVGW W 316 (A) Zertifizierung“ erarbeitet. Ziel der Information war es eine Hilfestellung für Auftraggeber zur Vergaberechts-konformen Ausschreibung und eine Beschreibung des Zertifizierungsablaufs zu liefern. Des weiteren soll damit auch eine branchenweite Stärkung der DVGW-Zertifizierung nach DVGW W 316 (A) erfolgen. Aufgrund gewisser europäischer Regelungen hat sich der Normenausschuss allerdings dazu entschieden, das Thema als DVGW unabhängigen Artikel zu veröffentlichen, um die Bedeutung der Zertifizierung von Unternehmen nach DVGW W 316 (A) stärker herausarbeiten zu können und um die Zertifizierung als Teils des Ausschreibungsprozesses auch bei den Auftraggebern weiter zu stärken und attraktiver zu machen. Derzeit wird in einem kleinen Kreis dieser Artikel, aufbauend auf der ehemals geplanten DVGW-Information W Nr. 113 erarbeitet. Die Inhalte werden übernommen und angepasst. Eine Veröffentlichung ist Ende des Jahres 2025 angedacht. Eine Auswahl der Verbreitungskanäle für den Artikel wird im weiteren Verlauf getroffen. 2.4 Überarbeitung der W 316 (A) Um den Überarbeitungsbedarf des DVGW W 316 (A) Arbeitsblatts zu ermitteln wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Das Arbeitsblatt wurde auf Praxistauglichkeit untersucht und darauf, inwiefern jüngste Entscheidungen bzw. Rechtsprechungen auf europäischer Ebene Einfluss auf verschiedene Aspekte der Zertifizierung haben. Im Laufe der Überarbeitung wird noch entschieden, ob es sinnvoll ist das Arbeitsblatt in drei separate Teile aufzuteilen. Dabei wird der Fokus des ersten Teils auf allgemeine Grundlagen und auch auf den generellen Prozess gelegt. Die beiden anderen Teile könnten dann getrennt die Fachplaner und die bauausführenden Unternehmen betrachten. Im Zuge dessen wird auch untersucht, inwiefern die Anforderungen an die Fachplaner praxisgerechter gestaltet werden kann, um die Zertifizierung in der Berufsgruppe attraktiver zu machen. Eine Veröffentlichung wird im Laufe des nächsten Jahres erwartet. Literatur [1] Kochendörfer, S.: Aktuelles aus internationaler und nationaler Regelwerksarbeit, 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis, TAEsslingen, Ostfildern 21./ 22.03.2023. [2] Breit, W.; Merkel, M.: Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil- 5 im Fokus, 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis, TAEsslingen, Ostfildern 23./ 24.09.2025. [3] Sudermann P.: DVGW W 300-2: Umsetzung des Behälterbuchs für Wasserversorgungsunternehmen, 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis, TAEsslingen, Ostfildern 23./ 24.09.2025. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 15 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern (RPTU), Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen, Kaiserslautern bsm² Breit ∙ Schuler ∙ Merkel Beratende Ingenieure PartGmbB, Kaiserslautern Prof. Dr.-Ing. Melanie Merkel bsm² Breit ∙ Schuler ∙ Merkel Beratende Ingenieure PartGmbB, Kaiserslautern Zusammenfassung Die Neufassung des DVGW-Regelwerks W 300, insbesondere der Teile 4 und 5, reagiert auf aktuelle normative, technische und hygienische Anforderungen an die Bauausführung und Werkstoffverwendung bei Trinkwasserbehältern. Das Arbeitsblatt W 300-4: 2025 (Entwurf) bündelt die vormals verteilten Inhalte der Ausgaben 2005 und 2014 und differenziert klar zwischen Neubau und Instandsetzung. Es stärkt die hygienische Bewertung aller eingesetzten Materialien - auch temporärer Bauhilfsstoffe - und ergänzt die technischen Anforderungen u.-a. durch konkrete Vorgaben zur Qualitätssicherung, Nachbehandlung und Dokumentation. Teil 5 wird in einer künftigen Fassung systemkonform weiterentwickelt, um die Anforderungen an die Verwendbarkeit von Werkstoffen im Spannungsfeld von europäischem Bauproduktenrecht und nationaler Trinkwasserhygiene konsistent abzubilden. Der Beitrag ordnet die Neuerungen fachlich ein, analysiert ihre Auswirkungen auf die Praxis und zeigt Perspektiven für eine rechtssichere und qualitätsorientierte Ausführung von Trinkwasserbehältern auf. 1. Regelwerkreihe DVGW W-300 Bei der erstmaligen Erarbeitung des DVGW-Arbeitsblattes W 300 [1] wurden aus baustofftechnischer Sicht die bewährten technischen Anforderungen an den Baustoff Beton und die daraus hergestellten Bauteile aus dem DVGW-Arbeitsblatt W 311 [2] übernommen und an die grundlegend reformierte und im Jahr 2001 neu eingeführte Normenreihe der DIN 1045: 2001-07 [3] angepasst. Mit Einführung des DVGW-Arbeitsblattes W 300 im Juni 2005 wurde das DVGW-Arbeitsblatt W 311 abgelöst. Eine vergleichbare Situation ergibt sich für die aktuelle Überarbeitung der DVGW-Arbeitsblätter W 300, die an die im Jahr 2023 veröffentlichte Normenreihe DIN 1045: 2023-08 [5] anzupassen ist. Ein zentrales bzw. übergeordnetes Element der neuen Norm ist das Konzept der BetonBauQualitätsklassen (BBQ), eingeführt in DIN 1045-1000 [6]. Hierauf wird in Kapitel 2 dieses Beitrags erläuternd eingegangen. Seit 2014 ist das DVGW-Arbeitsblatt W 300 in fünf Teile untergliedert: • Teil 1: Planung und Konstruktion [7] • Teil 2: Betrieb und Instandhaltung [8] • Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung [9] • Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme [10] • Teil 5: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Anforderungen und Prüfungen [11] Die fünf Teile decken die zentralen technischen, hygienischen und werkstoffspezifischen Anforderungen für Trinkwasserbehälter ab und orientieren sich thematisch am betroffenen Anwender des Regelwerks. Das führte für den Nutzer zu einer deutlichen Erleichterung der Lesbarkeit des Regelwerks. Die Teile W 300-6 [12], -7 [13] und -8 [14] aus dem Jahr 2016 ergänzen die Reihe durch praxisorientierte Hinweise (z. B. Reinigung, Desinfektion, Hygienekonzepte), bleiben aber inhaltlich eigenständig. Die vorgenannten Teile haben den Status eines „Merkblatts“. Abb. 1 zeigt die Anwendung des DVGW-Regelwerks der Reihe W 300 Teile 1 bis 8 über den Lebenszyklus von Wasserbehältern in der Trinkwasserversorgung. DVGW W 300-5 Fassung 2014 musste nach dem EuGH- Urteil C-100/ 13 vom 16.10.2014 zurückgezogen und überarbeitet werden. Das Urteil untersagte nationale Regelungen mit produktbezogenen Anforderungen, sofern diese über die Vorgaben der Bauproduktenverordnung hinausgingen. Daher wurde die Prüfgrundlage überarbeitet, um Anforderungen an das Bauwerk - und nicht an Bauprodukte - zu adressieren. Der überarbeite und an die geänderte Sichtweise angepasste Teil 5 ist im August 2020 im Status eines Arbeitsblatts neu erschienen [15]. 16 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus Abb. 1: Anwendung des DVGW-Regelwerks der Reihe W 300 über den Lebenszyklus von Wasserbehältern in der Trinkwasserversorgung Abb. 2 zeigt die Chronologie der Regelwerkreihe DVGW W 300. Sie hat sich zu einer umfassenden technischen Regelwerkreihe zu Planung, Bau, Betrieb, Instandhaltung und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern entwickelt. Eine Überarbeitung der Regelwerke läuft seit 2020 und berücksichtigt neue Forschungsergebnisse, Praxiserfahrungen sowie Veränderungen der in Bezug genommenen normativen Regelungen. Im Rahmen von Schulungsmaßnahmen nach DVGW- Arbeitsblatt W 316 [16] wurde immer wieder festgestellt, dass verschiedene Themen, wie z. B. die hygienischen Anforderungen oder die Hinweise zur Bauausführung, in verschiedenen Teilen der W 300 angesprochen werden. Im Rahmen der 2020 gestarteten Überarbeitungen wurde daher vereinbart, die bestehende W 300: 2014-10 Reihe insbesondere auch dahingehend zu prüfen, ob Inhalte in den jeweiligen Teilen vorhanden sind, die eigentlich einem anderen Teil zuzuordnen sind. Dies war erforderlich, um zu einer klareren Struktur der Gesamtreihe zu kommen und z. T. widersprüchliche Aussagen auszuräumen. Abb.-2: Chronologie der Regelwerkreihe W 300 So finden sich z. B. im Teil 1, Abschnitt 9 [7] Ausführungen zur Bauausführung, die dem Teil 4 zuzuordnen sind, während der Teil 4 z. B. in Kapitel 6 Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe enthält, die inhaltlich dem Teil 5 zuzuordnen sind. Identifizierte Abschnitte sollten dann systematisch dem inhaltlich passenden W 300 Teil zugeordnet und dort eingebunden werden. Das hat im Ergebnis zu einer grundlegenden Überarbeitung aller Teile geführt. Die Überarbeitung der W 300 Reihe dient also sowohl der fachlichen und normativen Aktualisierung als auch der besseren Abbildung heutiger Praxis. Im Einzelnen kann das wie folgt zusammengefasst werden: • Technischer Fortschritt: Neue Entwicklungen in Digitalisierung, Instandhaltung und Messtechnik erfordern eine Anpassung der Inhalte. • Normative Aktualisierung: Verweisungen auf überarbeitete DVGW-Arbeitsblätter und DIN-Normen werden angeglichen, europäische Standards berücksichtigt. • Veränderte Praxis: Der Fokus liegt heute stärker auf präventivem Netzmanagement, Risikobewertung und Lebenszyklusansätzen. • Systematisierung: Die Struktur der W 300-Reihe wird vereinheitlicht, Inhalte klarer gegliedert und Teilbereiche besser abgegrenzt. • Rückmeldungen aus der Praxis: Anregungen und Kritik von Anwendern fließen zur Erhöhung der Praxistauglichkeit ein. Als überarbeitete Fassungen liegen inzwischen die Teile 1 [17] (siehe Abb. 3) und 3 [18] mit Ausgabedatum 11/ 2024 sowie Teil 2 [19] mit Ausgabedatum 05/ 2025 vor. Die Neuerungen, die mit diesen Teilen einhergehen, werden umfassend in [20] behandelt. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 17 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus Abb. 3: DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 (neues Layout) Die zu erwartenden Änderungen in den Teilen 4 und 5 sind Bestandteil dieses Beitrags. Die Überarbeitung von Teil 4 ist zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrags weitgehend abgeschlossen und ist noch in den zuständigen Gremien zu verabschieden. Die Arbeiten am DVGW- Arbeitsblatt W 300-5 werden in der zweiten Hälfte 2025 aufgenommen. Insofern können diesbezüglich nur die perspektivisch notwendigen Änderungen aufgezeigt werden, wie z. B. die Aufnahme der Anforderungen an Beton (Expositionsklasse XTWB). 2. Neue DIN 1045: 2023-08 2.1 Allgemeines Mit der Neufassung der DIN 1045: 2023-08 [5] sind alle Regelwerke anzupassen, die bislang auch die normativen Regelungen von DIN 1045 in Bezug nehmen. Da das DVGW-Regelwerk W 300 auch grundlegend die Beton-, Stahlbeton- und Spannbetonbauweise in Bezug nimmt, sind auch hier entsprechende Anpassungen im Rahmen der Überarbeitung vorzunehmen. 2.2 BetonBauQualitätsklassen Mit der Einführung des Konzepts der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) in DIN 1045-1000: 2023-08 [6] wurde ein differenziertes System etabliert, um den unterschiedlichen Anforderungen an Planung, Betonherstellung und Ausführung gerecht zu werden. Die Einteilung erfolgt in drei Klassen: • BBQ-N (normale Anforderungen), • BBQ-E (erhöhte Anforderungen), • BBQ-S (besondere, individuell festzulegende Anforderungen). Ziel ist es, durch einheitliche Zuordnungsregeln die Qualitätssicherung im Betonbau systematisch zu verbessern. Maßgebend für die Einstufung ist das jeweils höchste Anforderungsniveau in den Bereichen Planung (PK), Beton (BK) und Ausführung (AK). Während bei BBQ-N und BBQ-E die Anforderungen in der Regel vollständig durch die DIN 1045 abgedeckt sind, bewegen sich BBQ- S-Anforderungen zumindest in einem Bereich außerhalb des Normentextes. In den BBQ-Klassen E und S sind zudem verbindliche Kommunikationsstrukturen mit Betonfachgesprächen, einem Betonbaukonzept sowie der Einbindung fachkundiger Personen vorgesehen. Diese Instrumente dienen der Sicherstellung der Qualität über alle Projektphasen hinweg, insbesondere an den Schnittstellen zwischen Planung, Ausführung und Überwachung. Abb. 4 zeigt schematisch das BBQ-Konzept nach DIN 1045: 2023-08. Beispielhafte Anwendungen verdeutlichen die Systematik: • Sichtbeton SB1 wird als BBQ-N eingestuft, da die Anforderungen in allen Bereichen als normal gelten (s. DIN 1045-1000, Tabelle 2, Zeile 9). • Sichtbeton ab SB2 bis SB4 hingegen erfordert eine Einstufung als BBQ-S, da erhöhte bzw. besondere Anforderungen bestehen. (s. DIN 1045-1000, Tabelle 2, Zeile 10); BBQ-S gilt im übrigen auch für Sichtbeton außerhalb des Merkblatts. • Auch bei abweichender Nachbehandlung ist regelmäßig BBQ-S anzusetzen (s. DIN 1045-1000, Tabelle 2, Zeile 76). Abb. 4: BBQ-Konzept nach DIN 1045: 2023-08 [5] 18 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus Diese Systematik ermöglicht eine transparente, qualitätsorientierte Projektplanung und bietet gleichzeitig einen normativen Rahmen zur Berücksichtigung individueller Projektanforderungen. Die Anpassung des DVGW Regelwerks an DIN 1045: 2023-08 [5] ist eine zwingend notwendige Voraussetzung. 3. Sachstand DVGW-Arbeitsblatt W 300-4 3.1 Allgemeines Das DVGW-Arbeitsblatt W 300-4 ist Teil der Arbeitsblattreihe W 300 und befasst sich mit den Grundsätzen und der Qualitätssicherung auf der Baustelle, kurz mit der Bauausführung, vergleichbar DIN 1045-3 [21]. Insbesondere mit dem noch zu verabschiedenden Entwurf 2025 ist es gelungen, die Inhalte zur Bauausführung der Ausgaben 2005 und 2014 nun zentral im Teil 4 zu bündeln. 3.2 Ausgabe 2005 Hinweise zur Bauausführung finden sich im DVGW- Arbeitsblatt W 300: 2005-06 [1] im Abschnitt 6.7 „Bauausführung“. Dieser Abschnitt enthält grundlegende Anforderungen an die technische Ausführung wasserberührter Bauteile von Trinkwasserbehältern und geht deutlich über die Inhalte des zurückgezogenen W 311 [2] hinaus. Behandelt werden insbesondere folgende Punkte: • Schalung und Trennmittel: Anforderungen an Maßhaltigkeit und Oberflächenqualität; Einsatz hygienisch unbedenklicher Trennmittel. • Verlegung der Bewehrung: Spannungsfreie, lagegerechte Anordnung mit dauerhaft beständigen Abstandhaltern. • Betonherstellung und -transport: Verwendung geeigneter Ausgangsstoffe nach DIN 1045; gleichmäßiger Transport ohne Entmischung. • Einbau und Verdichtung: Sorgfältige Verarbeitung des Frischbetons zur Vermeidung von Lunkern, Poren und Kiesnestern. • Nachbehandlung: Sofortiger Beginn und Durchführung über mindestens sieben Tage zur Sicherstellung der Erhärtung und Dichtheit. • Fugen und Durchführungen: Verwendung trinkwassertauglicher Dichtsysteme (z. B. Fugenbänder, Quellprofile); spannungsfreie Einbindung von Einbauteilen. • Qualitätssicherung: Verpflichtende Eigen- und Fremdüberwachung sowie umfassende Dokumentation aller relevanten Arbeitsschritte. 3.3 Ausgabe 2014 Mit der Herausgabe des DVGW-Arbeitsblatts W 300- 4: 2014-10 [10] erfolgte eine grundlegende Neustrukturierung des bisherigen Regelwerks W 300: 2005-06 [1], die erstmals eine thematische Differenzierung innerhalb einer modular aufgebauten Regelwerksreihe vorsieht. Während W 300: 2005-06 sämtliche Aspekte der Planung, Bauausführung, Inbetriebnahme und Instandhaltung von Trinkwasserbehältern integrierte, fokussiert W 300-4: 2014-10 auf die Bauausführung sowie die hygienische und technische Bewertung der eingesetzten Werkstoffe und Systeme. Ein wesentlicher Unterschied besteht in der systematischen Verankerung hygienischer Anforderungen. Während diese im Arbeitsblatt von 2005 nur begleitend thematisiert wurden, stellen sie in W 300-4: 2014-10 einen Schwerpunkt dar. Werkstoffe, Hilfsstoffe und selbst temporär eingesetzte Materialien müssen eine hygienische Eignung nachweisen, unter anderem nach den Anforderungen der DVGW- Arbeitsblätter W 347 [22] und sofern organische Bestandteile vorhanden sind auch W 270 [23]. Zusätzlich wird für Betone im Trinkwasserkontakt die Expositionsklasse XTWB eingeführt, verbunden mit strengeren Anforderungen an Zusammensetzung, Verarbeitung und Nachbehandlung (z. -B. dreifache Nachbehandlungsdauer nach DIN 1045-3: 2012-03 [24]). Auch im Bereich der Qualitätssicherung geht W 300-4 über die 2005er-Fassung hinaus. Vorgaben zur Eigen- und Fremdüberwachung, die in W 300: 2005-06 lediglich allgemein formuliert waren, werden nun durch verpflichtende Qualitätssicherungspläne, Probeflächen, Dokumentationspflichten und produktbezogene Nachweise konkretisiert. Damit wird die Ausführung stärker formalisiert und für Bauherren wie ausführende Unternehmen transparenter und überprüf barer. Zusammenfassend stellt W 300-4: 2014-10 eine inhaltliche Spezialisierung und methodische Weiterentwicklung gegenüber der früheren Fassung dar. Die technische Bauausführung wurde um eine umfassende werkstoff- und hygienebezogene Betrachtung ergänzt, wodurch sich das Regelwerk zunehmend als integraler Bestandteil eines risikobasierten Qualitätssicherungssystems etablierte. 3.4 Ausgabe 2025 (Entwurf) Mit der Neufassung des DVGW-Arbeitsblatts W 300- 4: 2025 (Entwurf) „Bauausführung und Qualitätssicherung“ erfährt das Regelwerk gegenüber der Ausgabe von 2014 eine umfassende inhaltliche und strukturelle Überarbeitung. Der bisherige Fokus auf Werkstoffe, Auskleidungen und Beschichtungssysteme wird beibehalten, aber nun wesentlich differenzierter in Neubau (Kapitel 8) und Instandsetzung (Kapitel 7) untergliedert. Die neue Fassung ist eingebettet in eine deutlich ausgeweitete W 300-Regelwerksreihe, in der W 300-4 nun primär der Bauausführung und Qualitätssicherung zugeordnet ist. Ein zentraler Unterschied zur Fassung von 2014 besteht in der Stärkung der hygienischen Anforderungen an die Bauausführung. Während bereits 2014 alle trinkwasserberührenden Werkstoffe nach DVGW W 347 und ggf. W 270 bewertet werden mussten, erfasst die 2025er-Fassung (Entwurf) nun auch systematisch den indirekten Materialkontakt (z. -B. über Schalungsmatrizen, Vliese, Trennmittel). Entsprechend sind auch temporäre Bauhilfsstoffe auf hygienische Unbedenklichkeit zu prüfen - vorzugsweise über Nachweise nach den Bewertungsgrundlagen und Leitlinien für Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser des Umweltbundesamtes (KTW-BWGL) [25], [26]. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 19 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus In Bezug auf die Betontechnologie wird die Expositionsklasse XTWB (bereits 2014 eingeführt) weiter ausdifferenziert und mit klar definierten Anforderungen aus Sicht der Bauausführung an Betonzusammensetzung, Verarbeitung, Nachbehandlung und Prüfung verknüpft. Die Nachbehandlungszeiten bleiben auf dem erhöhten Niveau (dreifacher Wert nach DIN 1045-3: 2023 [27]), werden aber nun mit ergänzenden Vorgaben zur Monitoringpflicht (z. -B. Luftfeuchte, Temperatur) und zur Dokumentation flankiert. Abb. 5: Nachbehandlung mit vorgefertigten Tafeln Unter Bezug auf DIN 1045: 2023-08 ist die Expositionsklasse XTWB in die Betonklasse BK-E einzustufen, die Anforderungen an die Nachbehandlungszeiten oder die Sichtbetonklasse SB4 führen zur Ausführungsklasse AK-S. Damit sind die Regelungen der Betonbauqualitätsklasse BBQ-S anzuwenden. Wesentlich erweitert wurden auch die Vorgaben zur Qualitätssicherung (QS) der Bauausführung. Neben QS-Plänen und Probewänden fordert die neue Fassung Erprobungs- und Referenzflächen (vergleiche Abb. 6), eine konsequente Rückstellprobennahme sowie die Mitwirkung des Bauherrn in der Fremdüberwachung. Die Herstellung von Nullserien bei Fertigteilbauweisen sowie der systematische Nachweis der Eignung von Stoffsystemen nach DVGW-Arbeitsblatt W 300-5 sind verbindlich vorgesehen. Zur Qualitätssicherung im Rahmen von Instandsetzungsarbeiten wird auf [28] verwiesen. Schließlich erfährt auch die Fugen- und Oberflächenausbildung eine Präzisierung: Die Verwendung von Fugenmaterialien ist mit einem Nachweis der Verwendbarkeit nach den DIBt-Grundsätzen zu unterlegen, gleichzeitig sind erhöhte Anforderungen an porenarme, glatte, hydrolysebeständige Oberflächen festgeschrieben. Insgesamt ist das überarbeitete DVGW-Arbeitsblatt W 300-4: 2025 (Entwurf) geprägt von einer weiteren Angleichung an bestehende Normen und Regelwerke, einem gestärkten Hygieneverständnis und einer durchgängigen Qualitätssicherungslogik, die sowohl Neubau als auch Instandsetzungsmaßnahmen abdeckt. Der Anspruch des Arbeitsblatts, als technisches Fundament für eine hygienisch sichere und dauerhaft dichte Wasserspeicherung zu dienen, wird durch die neuen Regelungen systematisch erweitert und präzisiert. 3.5 Fazit Die Neufassung des DVGW W 300-4: 2025 (Entwurf) stellt die Bauausführung von Trinkwasserbehältern auf eine neue Grundlage: Sie verbindet technische Anforderungen mit einer konsequenten Hygieneorientierung und umfassenden Qualitätssicherungsmaßnahmen. Neu ist insbesondere die verpflichtende Bewertung auch temporärer Bauhilfsstoffe sowie die systematische Unterscheidung von Neubau und Instandsetzung. Mit klaren Vorgaben zu Nachbehandlung, Dokumentation und Prüfnachweisen stärkt das Arbeitsblatt die Ausführungssicherheit und trägt maßgeblich zur Sicherung der Trinkwasserhygiene bei. Abb. 6: Erprobungs- und Referenzflächen 20 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus 4. Sachstand DVGW-Arbeitsblatt W 300-5 4.1 Allgemeines Das DVGW-Arbeitsblatt W 300-5 ist Teil der Arbeitsblattreihe W 300 und befasst sich mit Anforderungen an Werkstoffe sowie Auskleidungs- und Beschichtungssysteme für Trinkwasserbehälter. Die Entwicklung der Ausgaben 2005, 2014 und 2020 zeigt eine deutliche Fortschreibung technischer, rechtlicher und normativer Anforderungen, auf die im Folgenden eingegangen wird. 4.2 Ausgabe 2005 Die Ausgabe 2005 stellte die erste systematische Zusammenfassung von Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe sowie an Auskleidungs- und Beschichtungssysteme für Trinkwasserbehälter dar. Sie war Bestandteil des damaligen Gesamtrahmens W 300 und bot eine technische Grundlage für Planung, Bau und Instandhaltung. Inhaltlich kann wie folgt zusammengefasst werden: • Fokus auf Materialanforderungen und deren Eignung im Kontakt mit Trinkwasser. • Allgemein gehaltene Anforderungen ohne Bezug zu europarechtlichen Entwicklungen. • Orientierung am damaligen Stand der Technik. Die Fassung entsprach dem damaligen Stand der Technik und bildete die Grundlage für folgende technische und normative Fortschreibungen. 4.3 Ausgabe 2014 - Prüfgrundlage Mit der Fassung vom Oktober 2014 wurde das Arbeitsblatt als technische Prüfgrundlage neu gefasst. Ziel war es, eine qualifizierte Bewertung der Eignung von Werkstoffen und Beschichtungen zu ermöglichen. Diese Version enthielt detaillierte Prüfvorgaben und versuchte, auf neue hygienische Anforderungen stärker einzugehen. Die Änderungen können wie folgt zusammengefasst werden: • Deutlich präzisierter technischer Auf bau mit konkreten Prüfanforderungen. • Einführung standardisierter Bewertungskriterien für Auskleidungen und Beschichtungen. • Anpassung an fortgeschrittene materialtechnische Entwicklungen. Diese Fassung musste jedoch nach dem EuGH-Urteil C-100/ 13 vom 16.10.2014 zurückgezogen und überarbeitet werden. Das Urteil untersagte nationale Regelungen mit produktbezogenen Anforderungen, sofern diese über die Vorgaben der Bauproduktenverordnung hinausgingen. Daher wurde das Arbeitsblatt überarbeitet, um Anforderungen an das Bauwerk - und nicht an Bauprodukte - zu adressieren. 4.4 Ausgabe 2020 - Arbeitsblatt Die aktuelle Fassung vom August 2020 wurde als Arbeitsblatt herausgegeben und ersetzt die Prüfgrundlage von 2014. Sie berücksichtigt sowohl die europarechtlichen Anforderungen als auch technische Entwicklungen. Im Mittelpunkt stehen die Anforderungen an das Bauwerk bzw. die Bauart, nicht mehr diejenigen an das einzelne Produkt. Die wesentlichen Änderungen betreffen: • Anforderungen werden als Bauwerksbzw. Bauartanforderungen formuliert. • Technische und hygienische Anforderungen an das Gesamtsystem werden produktspezifischen Eigenschaften gegenübergestellt. • Einführung eines Leitfadens zur Bewertung der Verwendbarkeit von Produkten. • Stärkere Betonung der werkseigenen Produktionskontrolle zur Qualitätssicherung Das Arbeitsblatt W 300-5: 2020-08 bildet somit die Schnittstelle zwischen europäischem Bauproduktenrecht und nationalen Hygieneanforderungen gemäß Trinkwasserverordnung. Es erlaubt eine nachvollziehbare und rechtssichere Anwendung moderner Materialien im Trinkwasserbereich. 4.5 Zukünftige Ausgabe 2025 Im Zuge der Überarbeitung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 wird das Arbeitsblatt W 300-5 künftig eine deutlich erweiterte inhaltliche Rolle einnehmen. Auf bauend auf der derzeit gültigen Fassung vom August 2020 ist vorgesehen, sämtliche bautechnischen Anforderungen an Werkstoffe, die bislang noch in den Teilen 1 und 4 geregelt sind, in das Arbeitsblatt W 300-5 zu überführen. Ziel ist eine Straffung der Regelwerksstruktur und die Schaffung einer konsistenten technischen Grundlage für alle Planungs- und Ausführungsphasen im Behälterbau. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Überarbeitung liegt in der systematischen Übernahme der z. B. im DVGW- Arbeitsblatt W 300-4: 2014-10, Abschnitt 6 enthaltenen Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe in die zukünftige Fassung von Teil 5. Diese Anforderungen werden künftig nicht mehr produktspezifisch, sondern als bauwerkbezogene Anforderungen formuliert. Darüber hinaus sind die Anforderungen an Beton an den aktuellen Stand der Technik anzupassen und auf die neue DIN 1045-2: 2023-08 [29] abzustimmen. Die DIN 1045-2: 2023-08 bringt einige normative Änderungen mit sich: So entfällt beispielsweise die bisherige Anforderung an den Mehlkorngehalt zugunsten neuer Kriterien, wie etwa verbindlich vorgegebener Mindest- Leimgehalte in Abhängigkeit vom Größtkorn der Gesteinskörnung. Diese Änderungen sind auch im Anwendungsbereich Trinkwasser zu berücksichtigen und entsprechend in das DVGW-Regelwerk zu überführen. Die expositionsspezifische Zuordnung - wie bisher über die Klasse XTWB definiert - bleibt weiterhin Bestandteil der bautechnischen Anforderungen. Auch die bislang nicht in W 300-5 enthaltenen Anforderungen an Spritzbeton sollen in die zukünftige Fassung überführt werden. Grundlage hierfür bilden die DIN EN 14487 („Spritzbeton - Anforderungen, Prüfung, Anwendung“) [30] sowie die DIN 18551 („Ausführung von Spritzbetonarbeiten“) [31]. Die Integration dieser Regelungen zielt darauf ab, auch für Spritzbeton eine konsis- 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 21 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus tente und trinkwasserspezifisch geeignete Anwendung im DVGW-Regelwerk abzubilden. Die geplante Neufassung des DVGW-Arbeitsblatts W 300-5 wird somit als konsolidiertes Dokument sämtliche baulichen Anforderungen an Behälterbauwerke bündeln. Diese Konzentration erhöht die Anwendungsfreundlichkeit, stärkt die Kohärenz innerhalb der Regelwerksreihe und verbessert zugleich die Anschlussfähigkeit an nationale und europäische technische Normen. 4.6 Fazit Die Entwicklung des DVGW-Arbeitsblatts W 300-5 verdeutlicht den kontinuierlichen Wandel von produktspezifischen Prüfgrundlagen hin zu bauwerkbezogenen, europarechtskonformen Anforderungen. Mit der geplanten Neufassung 2025 wird das Arbeitsblatt zur zentralen technischen Grundlage für alle werkstoff- und baubezogenen Anforderungen im Trinkwasserbehälterbau ausgebaut. Die Integration bislang verteilter Inhalte stärkt die Anwendungsfreundlichkeit und sichert die Anschlussfähigkeit an aktuelle normative und hygienische Standards. 5. Zusammenfassung Der Beitrag beleuchtet die fortschreitende Überarbeitung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 mit Schwerpunkt auf den Teilen 4 (Bauausführung und Qualitätssicherung) und 5 (Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme). Ausgehend von der historischen Entwicklung des Regelwerks wird aufgezeigt, wie technische, normative und hygienische Anforderungen schrittweise weiterentwickelt wurden. Die Fassung W 300-4: 2025 (Entwurf) fasst erstmals die bisher verteilten Inhalte systematisch zusammen, unterscheidet klar zwischen Neubau und Instandsetzung und legt besonderes Augenmerk auf die hygienische Eignung aller eingesetzten Bau- und Hilfsstoffe - auch bei nur indirektem Wasserkontakt. Im Vergleich zu den früheren Ausgaben werden Anforderungen an Beton, Fugen, Oberflächen und Dokumentation deutlich verschärft. Ergänzt werden diese durch neue Instrumente wie Erprobungsflächen, Nullserien und Rückstellproben. Teil 5, dessen Überarbeitung noch bevorsteht, soll diese Systematik konsequent fortführen und Anforderungen an Bauprodukte im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben und nationalen Hygieneanforderungen formulieren. Ziel ist eine rechtssichere, normkonforme und qualitätsorientierte Ausführungspraxis von Trinkwasserbehältern. Literatur [1] DVGW-Arbeitsblatt W 300: 2005-06 Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserbehältern in der Trinkwasserversorgung [2] DVGW-Arbeitsblatt W 311: 1988-02 Planung und Bau von Wasserbehältern - Grundlagen und Ausführungsbeispiele [3] DIN 1045: 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahl-beton und Spannbeton; Teil 1: Bemessung und Ausführung; Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität (Anwendungsregeln zu [4]); Teil 3: Bauausführung; Teil 4: Ergänzende Regeln für die Herstellung und Konformität von Fertigteilen [4] DIN EN 206-1: 2001-07 Beton; Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität [5] DIN 1045: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton (alle Teile) [6] DIN 1045-1000: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1000: Grundlagen und Betonbauqualitätsklassen (BBQ) [7] DVGW-Arbeitsblatt W 300-1: 2014-10 Teil 1: Planung und Konstruktion [8] DVGW-Arbeitsblatt W 300-2: 2014-10 Trinkwasserbehälter; Teil 2: Betrieb und Instandhaltung [9] DVGW-Arbeitsblatt W 300-3: 2014-10 Trinkwasserbehälter; Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung [10] DVGW-Arbeitsblatt W 300-4: 2014-10 Trinkwasserbehälter - Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle [11] DVGW-Prüfgrundlage W 300-5: 2014-10 Trinkwasserbehälter; Teil 5: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Anforderungen und Prüfungen [12] DVGW-Merkblatt W 300-6: 2016-09 Trinkwasserbehälter - Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von System- und Fertigteilbehältern [13] DVGW-Merkblatt W 300-7: 2016-09 Trinkwasserbehälter - Teil 7: Praxishinweise Reinigungs- und Desinfektionskonzept [14] DVGW-Merkblatt W 300-8: 2016-10 Trinkwasserbehälter - Praxishinweise Hygienekonzept: Neubau und Instandsetzung [15] DVGW-Arbeitsblatt W 300-5: 2020-08 Trinkwasserbehälter; Teil 5: Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme [16] DVGW W 316: 2018-04 Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen für Planung, Bau, Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern [17] DVGW W 300-1: 2024-11 Trinkwasserbehälter - Teil 1: Planung und Konstruktion [18] DVGW-Arbeitsblatt W 300-3: 2024-11 Trinkwasserbehälter; Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung [19] DVGW W 300-2: 2025-05 Trinkwasserbehälter - Teil 2: Betrieb, Wartung und Inspektion [20] Kochendörfer, S.: Neues aus den Regelwerken DVGW W 300-1 bis W 300-3 und Überarbeitung W 316, 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis, TAEsslingen, Ostfildern 23./ 24.09.2025 [21] DIN 1045-3: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung [22] DVGW W 347: 2023-11 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich 22 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Weiterentwicklung der DVGW-Regelwerksreihe W 300 - Teil 4 und Teil 5 im Fokus [23] DVGW W 270: 2007-11 Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich - Prüfung und Bewertung [24] DIN 1045-3: 2012-03 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung - Anwendungsregeln zu DIN EN 13670 [25] Umweltbundesamt (UBA): Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser - Bewertungsgrundlagen und Leitlinien (KTW-BWGL), https: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ wasser/ trinkwasser/ trinkwasser-verteilen/ bewertungsgrundlagen-leitlinien#einfuhrung (Zugriff 11.07.2025) [26] Umweltbundesamt (UBA): UBA-Information: Hygienische Anforderungen an Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser - Neue europäische Regelung nach Richtlinie (EU) 2020/ 2184, https: / / www.umweltbundesamt.de/ dokument/ ubainformation-hygienische-anforderungen-an, (Zugriff 11.07.2025) [27] DIN 1045-3: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung [28] Rassek, J.: Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuem DVGW W 300-4, 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis, TAEsslingen, Ostfildern 23./ 24.09.2025 [29] DIN 1045-2: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton [30] DIN EN 14487-1: 2023-03 Spritzbeton - Teil 1: Begriffe, Festlegungen und Konformität [31] DIN 18551: 2014-08 Spritzbeton - Nationale Anwendungsregeln zur Reihe DIN EN 14487 und Regeln für die Bemessung von Spritzbetonkonstruktionen 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 23 Umsetzung des Konzeptes der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) nach DIN 1045-1000 in der Praxis am Beispiel des Neubaus eines Trinkwasserbehälters Dipl.-Ing. Sascha Leck GUV Gesellschaft für Geohydraulik, Umweltberatung, Verfahrens- und Ingenieurtechnik mbH, Lohfelden Zusammenfassung Der Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen in Ortbetonbauweise (Stahlbeton) erfordert eine umfangreiche und schnittstellenübergreifende Qualitätssicherung. Der nachfolgende Bericht versucht einen Überblick über die Anforderungen des Konzeptes der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) und des Qualitätssicherungsplanes sowie über die praktischen Erfahrungen bei der Umsetzung der gemäß Regelwerk und aktueller Normung zur Verfügung stehenden Konzepte der Qualitätssicherung zu geben. 1. DIN 1045-1000 [1] Zitat aus dem Vorwort [1] Die Sicherstellung der Qualität im Betonbau ist eine schnittstellenübergreifende Aufgabe von Planung, Baustofftechnik und Bauausführung. Dabei werden bereits in der Planung Festlegungen getroffen zur Wahl der Baustoffe und Bauverfahren, die für die Baustofftechnik und Bauausführung von Bedeutung sind. Darüber hin-aus gibt es häufig Wechselwirkungen, die ein Interagieren der Bereiche Planung, Baustofftechnik und Bauaus-führung erfordern. Vor diesem Hintergrund werden in dieser Normenreihe alle notwendigen Schritte von der Planung (Bemessung und Konstruktion) über die Baustofftechnik (Beton) bis hin zur Bauausführung differenziert über Betonbauqualitätsklassen BBQ festgelegt. Zitat aus dem Anwendungsbereich [1] (1) Zur Unterscheidung des Anforderungsniveaus in technischer Hinsicht und hinsichtlich erforderlicher Kommunikation bzw. der Komplexität in den Bereichen Planung, Beton und Bauausführung von Bauwerken und Bauteilen legt dieses Dokument ein System von Betonbauqualitätsklassen mit zugehörigen Anwendungsfällen fest. (2) Dieses Dokument ist anwendbar für Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, die nach DIN EN 1992-1- 1: 2011-01 und DIN EN 1992-1-1/ A1: 2015-03 in Verbindung mit DIN EN 1992-1-1/ NA: 2011-01 und DIN EN 1992-1-1/ NA/ A1: 2015-12 bzw. DIN EN 1992-2: 2010-12 in Verbindung mit DIN EN 1992-2/ NA: 2013-04 und DIN 1045-1 bemessen und konstruiert werden, bei denen Beton nach DIN 1045-2 verwendet wird und deren Bauausführung nach DIN 1045- 3 erfolgt sowie für die Herstellung und Verwendung von Betonfertigteilen unter Beachtung der Regelungen in DIN 1045-4 und DIN 1045-41. (3) Dieses Dokument legt mit Bezug zu den BBQ-Klassen Anforderungen an den Planungs- und Bauprozess fest. ANMERKUNG Die Struktur der Normenreihe DIN 1045 ist in Abb. 1 dargestellt. Abb. 1: - Struktur der Normenreihe 24 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Umsetzung des Konzeptes der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) nach DIN 1045-1000 in der Praxis (4) Dieses Dokument behandelt keine vertraglichen Aspekte für die ausgewiesenen Tätigkeiten. Es legt hierzu auch keine Verantwortlichkeiten fest. 2. Betonbauqualitätsklasse für Trinkwasserspeicheranlagen in Ortbetonbauweise (Stahlbeton) Das mit der Einführung der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) durch die DIN 1045-1000 vorgegebene Qualitätssicherungssystem ist bereits seit vielen Jahren durch die Anforderung des geltenden Regelwerkes DVGW W 300 und W 398 im Bereich des Neubaus von Trinkwasserspeicheranlagen etabliert. Mit der Novellierung des Regelwerkes erfolgte nun auch die Einstufung der Trinkwasserspeicheranlagen aus Stahlbeton in - die Planungsklasse PK-E, - die Betonklasse BK-E, - die Ausführungsklasse AK-E und somit in die Betonbauqualitätsklasse BBQ-E. Dementsprechend ist das Kommunikationskonzept nach DIN 1045-1000 Anhang A anzuwenden. Das Kommunikationskonzept nach DIN 1045-1000 Anhang A sieht für die Errichtung von Betonbauwerken in den Klassen BBQ-E und BBQ-S die nachfolgenden Betonfachgespräche zur Sicherstellung der Betonbauqualität vor: BBQ-Ausschreibungsgespräch Zielsetzung des BBQ-Ausschreibungsgespräches ist die Erarbeitung von Parametern für die Ausschreibung von Betoneigenschaften, den Einbau und die Nachbehandlung von Beton unter Einbeziehung der projektspezifischen Randbedingungen aus der Planung in einem vorläufigen Betonbaukonzept. BBQ-Ausführungsgespräche - Startgespräch Zielsetzung des Startgespräches ist die Erarbeitung eines Betonbaukonzeptes, das die Betonherstellung und die Bauausführung umfasst. BBQ-Ausführungsgespräche - Bauverlaufsgespräche Zielsetzung ist die Fortschreibung des Betonbaukonzeptes in der laufenden baupraktischen Umsetzung. Die Gespräche müssen bauteilbezogen, nachverfolgbar und ergebnisorientiert dokumentiert werden. Hierzu erfolgt bereits in der Planungsphase die Aufstellung eines projektspezifischen Qualitätssicherungsplanes, welcher planungs- und baubegleitend umgesetzt und fortgeschrieben wird und somit einen elementaren Baustein zur erfolgreichen Projektabwicklung darstellt. 3. Einordnung der Leistungen zum Qualitätssicherungsplan und Umsetzung des Kommunikationskonzeptes nach DIN 1045-1000 in die Leistungsbilder der HOAI und der VOB/ C (ATV) Die notwendigen Planungsleistungen zur Aufstellung des Qualitätssicherungsplans sowie die Umsetzung des seitens der DIN 1045-1000 geforderten Kommunikationskonzeptes sind nicht Bestandteil des Leistungsbilds Ingenieurbauwerke (HOAI 2021). Dementsprechend handelt es sich um vergütungspflichtige „Besondere Leistungen“, die entsprechend in den Ausschreibungen von Ingenieurleistungen zur Planung von Trinkwasserspeicheranlagen angefragt und bei der Beauftragung der Leistungen berücksichtigt werden sollten. In jedem Fall sollten diese Themen aus Sicht des Autors über die zuständigen Gremien in die Novellierung der HOAI einfließen. Bei den aus den Vorgaben des Qualitätssicherungsplans sowie des seitens der DIN 1045-1000 geforderten Kommunikationskonzeptes resultierenden Leistungen des ausführenden Unternehmens handelt es sich um keine Nebenleistungen gemäß VOB/ C (ATV), sondern um vergütungspflichtige „Besondere Leistungen“, die im Rahmen der Ausschreibung der Bauleistung in die Technischen Vertragsbedingungen und die Leistungsbeschreibung mit aufgenommen werden sollten. 4. Vertragliche Aspekte und Regelung der Zuständigkeiten / Verantwortlichkeiten Aus Sicht des Autors bedarf es grundsätzlich der Aufklärung aller am Bau Beteiligten über die Anforderungen an die Qualitätssicherung im Bereich des Neubaus von Trinkwasserspeicheranlagen. Auf planerischer Seite bzw. auf Seiten der Bauüberwachung sind die Anforderungen des Regelwerkes und die Forderungen der DIN 1045-1000 im Hinblick auf die Qualitätssicherung zwingend zu erbringen, da seitens der Planung der Erfolg geschuldet wird. Für die Umsetzung wäre es wünschenswert konkrete vertragliche Aspekte und Zuständigkeiten für den gesamten Planungs- und Bauprozess einheitlich zu regeln. Aus diesem Thema hält sich die DIN 1045-1000 offensichtlich bewusst heraus: Zitat aus [1] (4) Dieses Dokument behandelt keine vertraglichen Aspekte für die ausgewiesenen Tätigkeiten. Es legt hierzu auch keine Verantwortlichkeiten fest. Ob die Norm eine anerkannte Regel der Technik darstellt bzw. darstellen wird ist derzeit noch fraglich. Während die inhaltlichen Vorgaben der DIN als technisch sinnvoll und bereits gelebte Praxis angesehen werden können, bestehen rechtliche Risiken und Ungewissheiten. In diesem Zusammenhang wird auf den Bericht „Rechtliche Risiken und Ungewissheiten/ Die DIN 1045-1000: 2023-08 - aus anwaltlicher Sicht“ von Fabian Ranitzsch, Frankfurt, verwiesen. Einen Überblick über mögliche Zuständigkeiten / Verantwortlichkeiten gibt die DIN 1045-1000 in Tabelle A.1. In Tabelle A.2 erfolgt eine Auflistung zu Federführenden, Mitwirkenden und Zuständigkeiten im Kommunikationsprozess. Eine Mitwirkung kommt der seitens der Norm wie folgt definierten fachkundigen Person zu: Zitat aus [1] fachkundige Person in der Betonbautechnik erfahrene Person, die über schnittstellenübergreifende Kenntnisse in den Bereichen 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 25 Umsetzung des Konzeptes der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) nach DIN 1045-1000 in der Praxis Bemessung und Konstruktion, Beton sowie Bauausführung verfügt Anmerkung 1 zum Begriff: Siehe auch 5.4. Anmerkung 2 zum Begriff: Bei komplexen Aufgabenstellungen können auch mehrere fachkundige Personen mitwirken. Die erforderlichen Kenntnisse werden unter „5.4 Kenntnisse in der Betonbautechnik“ seitens der Norm wie folgt definiert: Zitat aus [1] Zur Erfassung der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bereichen müssen schnittstellenübergreifende Maßnahmen festgelegt werden, die entsprechende Kenntnisse in der Betonbautechnik voraussetzen. Hierzu gehören insbesondere: - vertiefte Kenntnisse in Bemessung und Konstruktion und Bauverfahren; - vertiefte Kenntnisse zur Beurteilung der Standsicherheit (einschl. Brandschutz, Bauphysik und gegebenenfalls Verkehrssicherheit) und Gebrauchstauglichkeit; - Kenntnisse über die Technischen Baubestimmungen und die Grundanforderungen an Bauwerke und Bau-teile und die daraus resultierenden Anforderungen an Baustoffe und Systeme; - nachweislich vertiefte Kenntnisse und Erfahrung in der Betontechnik und in der Herstellung von und dem - Bau mit Betonfertigteilen sowie in der Bauausführung und der Qualitätssicherung; - vertiefte Kenntnisse zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit von Betonbauteilen; - bei Fertigteilen vertiefte Kenntnisse der Werkplanung und der Herstellung. Des Weiteren wird durch die Norm die Position des BBQ- Koordinators eingeführt: Zitat aus [1] BBQ-Koordinator natürliche oder juristische Person, die in den Klassen BBQ-E und BBQ-S die Kommunikationsprozesse beim Zusammenwirken mehrerer Stellen, Personen oder Organisationen organisiert, insbesondere die Betonfachgespräche Anmerkung 1 zum Begriff: BBQ-Koordinator kann z. B. ein Planungsbüro, ein Bauunternehmen oder der Bauherr selbst sein. In der Praxis wird der BBQ-Koordinator durch den Bauherrn festgelegt, siehe Abschnitt A.1 (2). In Analogie zur Position des gem. DVGW W 300-8 geforderten „Hygienekoordinators“ sollte für die Qualitätssicherung und Umsetzung des Kommunikationskonzeptes nach DIN 1045-1000 Anhang A ein entsprechend fachlich geeigneter „Qualitätssicherungskoordinator/ BBQ-Koordinator“ benannt werden. Bezogen auf den Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen in Ortbetonbauweise (Stahlbeton) sollte die Funktion des Hygienekoordinators und des Qualitätssicherungskoordinators / BBQ-Koordinators im Idealfall in Personalunion ausgeführt werden, da ohnehin eine unmittelbare fachliche und inhaltliche Verbindung besteht. Somit wäre die seitens des Regelwerkes und der Norm geforderte Mitwirkung einer fachkundigen Person gewahrt/ sichergestellt, die über nachfolgende Qualifikationen verfügen sollte: - Qualifikation die Anforderungen an Fachaufsichten des entsprechenden Tätigkeitsfeldes oder die Anforderungen an Fachplaner nach DVGW-Arbeitsblatt W 316 erfüllen. - In der Betonbautechnik erfahrene Person, die über schnittstellenübergreifende Kenntnisse in den Bereichen Bemessung und Konstruktion, Beton sowie Bauausführung verfügt und die erforderlichen Kenntnisse nach Punkt 5.4 Kenntnisse in der Betonbautechnik der DIN 1045-1000 erfüllt. Auf Seiten der ausführenden Unternehmen sollte ein entsprechend qualifizierter Qualitätssicherungsbeauftragter benannt werden. Sofern die ausführenden Unternehmen nicht über eine Zertifizierung gem. DVGW W 316 verfügen, muss ein entsprechend zertifiziertes Fachunternehmen mit den notwendigen Leistungen zur Qualitätssicherung beauftragt werden. Der Nachweis der Zertifizierung gem. DVGW W 316 bzw. die verbindliche Benennung einer entsprechend zertifizierten Fachaufsicht (Qualitätssicherungsbeauftragter) hat bereits mit der Angebotsabgabe schriftlich zu erfolgen. Aus Sicht des Autors sollte für alle Beteiligten am Planungs- und Ausführungsprozess ein hoher Bedarf zur Klärung der vertraglichen Aspekte und Zuständigkeiten/ Verantwortlichkeiten liegen, da entsprechende Regelungen elementare Bausteine zur erfolgreichen Projektabwicklung darstellen. 5. Theorie und Praxis Leider ist es immer noch nicht der Regelfall, dass bei Neubauten von Trinkwasserspeicheranlagen seitens aller Beteiligter die aus Sicht des Autors zwingend erforderliche Umsetzung der Qualitätssicherung erfolgt. Dieser Umstand beginnt bereits im Rahmen der Bedarfsplanung des Bauherrn, setzt sich über die Ausschreibung der Planungs- und Bauleistungen sowie den in diesem Zuge geforderten Leistungen und den gestellten Eignungskriterien an die Bieter fort und endet zwangsläufig in der Ausführung ohne die erforderliche bzw. mit einer unzureichenden Qualitätssicherung. Hier besteht offensichtlich immer noch erheblicher Aufklärungsbedarf. Ohne die Einführung klarer vertragliche Aspekte und verbindlicher Regelung der Zuständigkeiten/ Verantwortlichkeiten wird sich dieser Zustand schwer zum Besseren entwickeln. Die Sicherstellung der Qualitätssicherung muss Teil der Bedarfsplanung des Bauherrn werden und ist durch eine fachkundige Person zwangsläufig und frühzeitig mit dem Beginn der Planung umzusetzen. Hierzu gehört insbesondere die Klärung und Absicherung von Verfügbarkeiten und die Aufstellung des Betonbaukonzeptes. In diesem Zusammenhang muss vor allem die Kommunikation zwischen Tragwerksplaner und Objektplaner in Verbin- 26 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Umsetzung des Konzeptes der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) nach DIN 1045-1000 in der Praxis dung mit dem Qualitätssicherungskoordinator / BBQ-Koordinator (diese Funktion muss zukünftig auch verbindlich definiert / geschaffen werden und sollte aus Sicht des Autors erweiternd in die W 316 Ausbildung explizit aufgenommen werden) stattfinden. Die Forderung der DIN 1045-1000 bereits in der Planung die Verfügbarkeit und Güte des Betons nach Eigenschaften durch Kommunikation mit den lokal ansässigen Betonlieferanten grundsätzlich abzusichern, ist nicht neu und zudem immer schon Empfehlung des DVGW Regelwerkes W 300 und insbesondere der W 398. Im Hinblick auf die Festlegung des Betons nach Eigenschaften und der Sicherstellung der Marktverfügbarkeiten bei den Betonlieferanten im Umkreis des geplanten Bauvorhabens lassen sich die Erfahrungen aus den letzten Neubauprojekten wie folgt zusammenfassen: - Die Auswahl und Vielfalt an Zementen nimmt ab und beschränkt sich mittlerweile auf wenige „Standardzemente“, wie z. B. CEM III / 42,5 N-LH. - CEM III / 42,5 L-LH oder 32,5 L-LH sind nur bedingt und teilweise nur regional verfügbar. - Flugaschen als Betonzusatzstoffe zur Reduzierung des Zementgehaltes und somit zur Herabsetzung der Reaktivität der Betonmischung sind auf dem Markt eingeschränkter verfügbar. Zudem muss für die Zumischung von Flugasche deren hygienische Eignung gem. W 398 in Form eines Einzelnachweises oder über die Prüfung der Gesamtzusammensetzung nach DVGW W 347 nachgewiesen werden. Die Nennung in der Positivliste des W 347 ist nicht ausreichend. - Aufgrund der Eigenschaften der auf dem Markt zur Verfügung stehenden Betone hinsichtlich ihrer Festigkeitsentwicklung und Hydratationswärme muss im Rahmen der Tragwerksplanung bei der Begrenzung von Rissbreiten auf einen deutlich erhöhten Bewehrungsgrad und hieraus resultierende größere Bauteilstärken zurückgegriffen werden. - Hinzu kommt, dass bei nicht optimalen Betoneigenschaften aufgrund erhöhter Rissbildung standardmäßig Rissverpressungen als Planungs-/ Entwurfsgrundsatz (WU-RiLi Entwurfsgrundsatz c: Festlegung von Trennrissbreiten in Verbindung mit planmäßigen Dichtmaßnahmen) berücksichtigt werden müssen, da der Bauablauf in der Regel keine Selbstheilung der Risse bei befülltem Behälter zulässt. Hieraus ergibt sich im Hinblick auf die Trinkwassereignung das Problem, dass aktuell kein zugelassenes PUR-Verpressmittel auf dem Markt verfügbar ist. Abhilfe kann hier nur durch eine Risikobewertung geschaffen werden, die durch qualifizierte Personen geführt werden muss. - Für den geforderten XTWB-Beton gibt es in der Regel beim Betonlieferanten keine passenden Betonsorten. Somit bestehen auch keine Erstprüfungen und trinkwasserhygienische Nachweise. Die Erstprüfungen sowie die notwendige trinkwasserhygienische Nachweisführung nehmen erhebliche Zeiträume in Anspruch, welche sich planungstechnisch und im schlechtesten Fall bauablauftechnisch verzögernd auswirken können. Der Nachweis der technischen und hygienischen Eignung des Betons gem. Vorgaben des DVGW W 398 erfolgt in der Praxis fast ausschließlich über den Nachweis der Einzelstoffe. Die Prüfung der Betonrezepturen und deren Eignungsfeststellung sind langwierig und mit hohem Aufwand verbunden. Im Rahmen der Ausführung müssen die betontechnologischen Gespräche mit dem Auftragnehmer / Bauausführenden und dessen Betonlieferanten ebenfalls frühzeitig erfolgen. Hierbei wurde durch den Autor regelmäßig die Erfahrung gemacht, dass trotz expliziter Vorgabe des Betons nach Eigenschaften im Rahmen der Ausschreibung die ausführenden Unternehmen und Betonlieferanten auf die Lieferung des trinkwassergeeigneten Betons nach Eigenschaften für Neubauprojekte nicht eingestellt sind und diesbezüglich Erfahrungen und teilweise auch Fachkunde fehlen. Im Bereich der Sanierungen, hier setzen sich die ausführenden Unternehmen fast ausschließlich aus dem Kreis der W 316 zertifizierten Unternehmen zusammen und die Mörtelsysteme der Lieferanten sind standardisiert und überwacht, ist dies sicherlich aufgrund der vorhandenen Fachkunde und entsprechenden Marktverfügbarkeiten nicht der Fall. Trotz aller Bemühungen der Qualitätssicherung im Vorfeld steht und fällt die Qualität der Betonbauteile mit der Ausführung. Hier stecken die meisten Fehlerquellen, welche sich bei ungünstiger Wahl des Betons nach Eigenschaften potenzieren. 6. Schlussbetrachtung Die mit der Einführung der DIN 1045-1000 einhergehende Verankerung der Betonbauqualitätsklassen korreliert mit der Umsetzung des seitens des DVGW Regelwerkes W 300-1 geforderten Qualitätssicherungsplanes. Die mit der Novellierung des Arbeitsblattes W 300-1 vorgenommene Einstufung des Trinkwasserbehälters aus Stahlbeton in die Betonbauqualitätsklasse BBQ-E ist die logische und angemessene Konsequenz. Die Umsetzung der für den Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen geltenden Qualitätsvorschriften verlangt auf planerischer und ausführender Seite eine hohe Fachkunde und Aufmerksamkeit im gesamten Planungs- und Bauprozess. Elementare Werkzeuge hierfür stellen die Aufstellung von projektspezifischen Qualitätssicherungsplänen und die Umsetzung des durch die DIN 1045-1000 eingeführten bzw. präzisierten Kommunikationskonzeptes dar, welche planungs- und baubegleitend umgesetzt und fortgeschrieben werden müssen und somit elementare Bausteine zur erfolgreichen Projektabwicklung darstellen. Literatur [1] DIN 1045-1000, August 2023, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1000: Grundlagen und Betonbauqualitätsklassen (BBQ) [2] DVGW W 300-1 (A), November 2024, Trinkwasserbehälter; Teil 1: Planung und Konstruktion 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 27 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 Dipl.-Ing. Jan Rassek w+s bau-instandsetzung gmbh, Fuldabrück Dipl.-Ing. Jacqueline Rassek w+s bau-instandsetzung gmbh, Fuldabrück Zusammenfassung Die Qualitätssicherung bei der Betoninstandsetzung umfasst Maßnahmen zur Sicherstellung der Wirksamkeit und Langlebigkeit der durchgeführten Arbeiten, um die Werthaltigkeit des Bauwerks zu erhalten. Dazu gehören die Einhaltung von Normen und Richtlinien, die Qualifikation der beteiligten Fachkräfte, die Überwachung der Ausführung und die Verwendung geeigneter Materialien. Die Eigenüberwachung als Teil der Qualitätssicherung beinhaltet die Überprüfung der Arbeiten durch das ausführende Unternehmen selbst und wird in der Regel durch die Überwachung durch eine dafür anerkannte Überwachungsstelle (ehemals „Fremdüberwachung“) ergänzt. Im Rahmen der Instandsetzung von Trinkwasserbauwerken werden der Qualitätssicherung hohe Anforderungen und Standards beigemessen, um bautechnisch und hygienisch einwandfreie Bauwerke zu gewährleisten. Dies implementiert vor allem die notwendige Zertifizierung der ausführenden Firma nach DVGW W 316 und entsprechend fachgerecht ausgebildetes Personal und angemessene Geräteausstattung. Durch die aktuelle Überarbeitung des DVGW-Regelwerks W 300-4 wird der Qualitätssicherung beim Neubau und der Instandsetzung von Trinkwasserbauwerken eine Grundlage geschaffen, die es ermöglichen soll, einen neuen Standard für die Überwachung der Ausführung zu gewährleisten. 1. Regelwerke zur Qualitätssicherung Seit ihrer Herausgabe im Jahr 2020 gilt die TR Instandhaltung des Deutschen Instituts für Bautechnik [2] als maßgebliches Regelwerk für die Instandsetzung von Betonbauwerken in Deutschland. Sie löst damit die bis dahin geltende DAfStb-Richtlinie „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ („Instandsetzungsrichtlinie“) in weiten Teilen ab. Im Wesentlichen gilt aus dieser Richtlinie nur noch Teil 3: „Anforderungen an die Betriebe und Überwachung der Ausführung“ [1]. In Europa existiert seit 2006 die harmonisierte DIN EN 1504 „Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität“ [9]. DIN EN 1508 “Wasserversorgung - Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung“ [10] ist zudem europaweit seit 1998 auf dem Markt und wurde 2024 überarbeitet. Sie stellt im Zusammenhang mit der Instandsetzung von Trinkwasserbauwerken das europäische Rahmenregelwerk dar. Alle o. g. Regelwerke werden den nationalen Anforderungen, welche sich aus der Trinkwasserverordnung und der deutschen Wasserversorgung ergeben, nicht gerecht. Diese Lücke wird durch die DVGW-Regelwerksreihe W 300 geschlossen, wobei sich Teil 4 besonders mit der Qualitätssicherung auf der Baustelle auseinandersetzt [4]. Hinweise zur Qualitätssicherung finden sich zudem in den Regelwerksteilen des DVGW W 300-1 bis W 300-8, W 316 sowie W 398. Querverweise innerhalb der Regelwerke sind immer zu berücksichtigen. 2. Unterschiedliche Wahrnehmung der Qualitätssicherung in der Ausführung Die Vielzahl der genannten Regelwerke, die teilweise unvollständige Angaben zu bestimmten Prüfungen, Anforderungen und Voraussetzungen, Häufigkeiten und Erfordernissen machen, lässt deutlich werden, dass eine Grundlage geschaffen werden muss, auf der ein neuer Standard der Qualitätssicherung aufzubauen ist. Dies soll mit der aktuellen Überarbeitung der DVGW W 300-4 erfolgen, die voraussichtlich Ende 2025 in den Gelbdruck gehen wird [4]. In deren normativem Anhang B „Überwachung der Ausführung durch das ausführende Unternehmen“ wird es eine Tabelle geben, die klare Vorgaben zur Ausführung der Eigenüberwachung macht. Sie ist angelehnt an Anhang A der Instandsetzungsrichtlinie Teil 3, wurde aber umfangreich überarbeitet und an die Anforderungen von Trinkwasserbauten angepasst. Sie beinhaltet die Qualitätssicherung für folgende Materialien: • Beton • Spritzbeton • Beschichtung und Betonersatz • Vergussmörtel, Vergussbeton • Zweikomponenten-Reaktionsharz-Systeme • Rissfüllstoffe • Abdichtungsbahnen • PE/ PP-Platten • Edelstahl 28 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 Die Tabelle ist aufgeteilt in die Abschnitte: Angelieferte Stoffe, Betonuntergrund, Stahloberfläche, Verarbeiten, Eigenschaften der fertigen Leistung und Technische Einrichtungen (vgl. untenstehende Tabelle 1). Die Überwachung durch das ausführende Unternehmen (Eigenüberwachung) hat nach diesem Anhang B zu erfolgen. Es dürfen laut DVGW W 300-4 auch andere als in Anhang B angegebenen Prüfverfahren angewendet werden, sofern ihre Eignung nachgewiesen wurde und die Anwendung vom Hersteller angegeben wird. Mit Überarbeitung des Regelwerks hat sich zudem ein Arbeitskreis aus Mitgliedern der SITW-Fachvereinigung gebildet, der sich mit der Qualitätssicherung bei der Instandsetzung von Trinkwasserbauwerken beschäftigt und in diesem Zuge einen Abgleich der Forderungen der DVGW W 300-4 für die Qualitätssicherung auf der Baustelle mit den Herstellervorgaben vornimmt. Hierzu wird aktuell ein Formblatt erarbeitet, welches die Vorgaben der Norm bei den gängigen Herstellern für Trinkwasserprodukte abfragen soll. Der Arbeitskreis wird versuchen die gewonnenen Ergebnisse unmittelbar in die Überarbeitung des DVGW- Arbeitsblattes W 300-5 „Trinkwasserbehälter - Teil 5: Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme“ einfließen zu lassen. Letztes Herausgabedatum des Arbeitsblattes war 2020, eine Überarbeitung wurde im 3. Quartal 2025 begonnen. Im bauaufsichtlichen Bereich wird anstelle des Begriffes „Standsicherheitsrelevanz“ der Begriff „Gefährdung der Standsicherheit“ verwendet. Dabei liegt eine Gefährdung der Standsicherheit nicht nur bei einem entsprechenden Schaden vor. Sie liegt auch dann vor, wenn eine Gefährdung der Standsicherheit mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb der planmäßigen Nutzungsdauer zu erwarten ist. Im Bereich der Instandsetzung von Trinkwasserbehältern wurde u. a. aufgrund der speziellen Auslaugungsproblematik von unmittelbar trinkwasserberührten Oberflächen bereits mit Herausgabe der letzten W 300-4 in 2014 die Expositionsklasse X TWB eingeführt, die besondere Anforderungen an Hygiene und Hydrolysebeständigkeit stellt. Der Beton der Expositionsklasse X TWB ist aufgrund der „besonderen Eigenschaften“ der Überwachungsklasse-2 nach DIN 1045-3 [8] zuzuordnen. Bezüglich der Überwachung gelten zudem die Grundsätze nach DIN 1045-2 [7] und DIN EN 13670 [11]. Die Regelungen, die die Instandsetzungsrichtlinie des DAfStb bezüglich der Überwachung durch eine dafür anerkannte Überwachungsstelle trifft, umfasst unter anderem die Kontrolle der Prüfprotokolle, Eignungsnachweise, Lieferscheine etc. Dies hat in Zukunft zur Folge, dass die Ergebnisse der Überwachung der Ausführung durch das ausführende Unternehmen nach Tabelle 9 des DVGW W 300-4 sowie die Vorgaben der Materialhersteller entsprechend der ausgearbeiteten Checkliste des Tab. 1: Ausschnitt aus Tabelle 9 - Überwachung der Ausführung durch das ausführende Unternehmen (künftige DVGW W 300-4, Anhang B) Spalte 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Zeile Gegenstand der Prüfung Art der Prüfung Anzuwenden für Anforderung Erfordernis, Häufigkeit, Zeitpunkt Beton Spritzbeton Beschichtung und Betonersatz Vergussmörtel Vergussbeton6 Zweikomponenten-Reaktionsharz-Systeme Rissfüllstoff Abdichtungsbahnen PE/ PP-Platten Edelstahl 3. Überwachung durch eine dafür anerkannte Überwachungsstelle als Teil der Gesamtüberwachung der Instandsetzung Nach DVGW-Arbeitsblatt W 300-4 und TR Instandhaltung wird festgelegt, dass eine standsicherheitsrelevante Instandsetzungsmaßnahme zusätzlich durch eine anerkannte Überwachungsstelle (ehemals „Fremdüberwachung“) zu überwachen ist. zuvor genannten SITW-Arbeitskreises in der Fremdüberwachung überprüft werden müssen. Hierfür ist eine ausreichende Qualifikation des Überwachungspersonals notwendig. Fremdüberwachungsberichte, die explizit auf die Trinkwasserinstandsetzung abgestimmt sind, gibt es bislang noch nicht. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 29 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 4. Besonderheiten der Qualitätssicherung nach künftiger DVGW W 300-4 Es gibt einige Besonderheiten, die in den Regelwerken noch nicht ausformuliert werden und weiterer tiefergehender Betrachtung und Angaben durch den Materialhersteller und den Planer bedürfen. 4.1 Konsistenzprüfung Die Konsistenzprüfung ist eine der wichtigsten und einfachsten Prüfungen auf der Baustelle zur Feststellung der Einhaltung der Menge des vorgegebenen Zugabewassers, bzw. damit einhergehend der Einhaltung des w/ z-Wertes. Sie wird durch die Ermittlung des Ausbreitmaßes nach DIN EN 13395-1 (bei Betonersatz) und nach DIN EN 12350 bzw. DIN 1045-2 (bei Beton) ermittelt. Die Konsistenzprüfung war bereits Bestandteil der Qualitätssicherung nach Instandsetzungsrichtlinie und wird nun auch im normativen Anhang B der künftigen W 300-4 berücksichtigt. Leider gibt es scheinbar nach wie vor Materialhersteller, die die Vorgaben zur Konsistenz des eigenen mineralischen Beschichtungsmaterials nicht benennen können. Hier ist unbedingt eine entsprechende Anpassung der Prüfstandards bzw. Herstellervorgaben notwendig. 4.2 Nachbehandlung Im künftigen DVGW- Arbeitsblatt W 300-4 wird die Nachbehandlung als Teil des normativen Anhangs B in der Tabelle folgendermaßen formuliert: Das dort in den Anforderungen genannte Kapitel 6 beschäftigt sich mit der Bauausführung eines Neubaus. Inhaltlich wird darin folgendermaßen auf die Nachbehandlung eingegangen: „Zum Erreichen der Hydrolysebeständigkeit gelten für die Nachbehandlung die dreifachen Werte der DIN 1045-3. Die Nachbehandlung ist schnellstmöglich zu beginnen und erfolgt bevorzugt durch eine hohe Luftfeuchtigkeit (≥ 95 %, z. B. erzeugt durch Wasserzerstäubungsgeräte) oder durch kontinuierliches Nässen nach ausreichender Erhärtung. Ein Luftzug wie z. B. im Zugangsbereich oder im Bereich von Öffnungen ist zu verhindern. […]“ Für die Instandsetzung wird unter Punkt 7.1.3.8 [4] ebenfalls die dreifache Nachbehandlungszeit zu DIN 1045-3 für das Erreichen einer hydrolysebeständigen Oberfläche gefordert. Die Nachbehandlungszeit hängt dabei von der Temperatur und der Festigkeitsentwicklung des zementgebundenen Materials ab. Die Vorgaben/ Angaben des Materialherstellers sind zu beachten. Nach 8.1.4.1.3 [4] ist während der Verarbeitung und im Zuge der Nachbehandlung zementgebundener Materialien zudem eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit sicherzustellen. Dies kann z. B. mit Hilfe einer Verneblungsmaschine aus Abb.-1 erfolgen. Diese Anforderungen stellen den Grundsatz einer zielführenden Nachbehandlung dar. Eine dementsprechende Durchführung kann jedoch nur erfolgen, wenn die geforderten Eigenschaften auch durch die Angaben insbesondere des Materialherstellers und ggfs. des Planers vorgegeben werden. Tab. 2: Ausschnitt aus Tabelle 9 - Überwachung der Ausführung durch das ausführende Unternehmen (künftige DVGW W 300-4, Anhang B), Pkt. 4.13 Spalte 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Zeile Gegenstand der Prüfung Art der Prüfung Anzuwenden für Anforderung Erfordernis, Häufigkeit, Zeitpunkt Beton Spritzbeton Beschichtung und Betonersatz Vergussmörtel Vergussbeton 6 Zweikomponenten-Reaktionsharz-Systeme Rissfüllstoff Abdichtungsbahnen PE/ PP-Platten Edelstahl 4.13 Fertige Arbeitsleistung Nachbehandlung + + + + + - - - - nach Herstellervorgaben und nach Kapitel 6 jeder Arbeitsabschnitt 30 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 Abb. 1: Verneblungsmaschine zur Sicherstellung einer ausreichenden Luftfeuchtigkeit im Trinkwasserbehälter Für eine fachgerecht ausführbare Nachbehandlung bedarf es demnach zusätzlich einer Vielzahl an notwendigen Informationen, die dem ausführenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden müssen, wie z. B.: • Nachbehandlungsbeginn Bei welcher Mindestfestigkeit der Oberfläche kann mit einer Nachbehandlung begonnen werden? • Nachbehandlungsart Wie wird die Nachbehandlung sichergestellt? Wie ist die Nachbehandlung zu dokumentieren? Welche Aufzeichnungen sind zu machen? • Minimale und maximale Luftfeuchtigkeit Ist ein Wasserfilm zulässig - ja oder nein? Wie geht man mit Kondensat um? Wann und wo wird die Luftfeuchtigkeit gemessen? Dies bezieht sich vor allem auf die Situation im Einstieg, der sich in der Regel am oberen Rand der Wasserkammer befindet und eine geringere Luftfeuchtigkeit aufweist, als am Boden der Wasserkammer. Eine Möglichkeit der Messung stellt ein Thermohygrograph dar; in Abbildung 2 z. B. befestigt an einer Stütze in der Wasserkammer. Die Materialhersteller treffen derzeit teilweise verwirrende Vorgaben bezüglich der Nachbehandlung. So gibt beispielsweise ein Materialhersteller vor, dass „In den ersten sieben Tagen nach der Applikation keine Kondenswasserbzw. Wasserfilmbelastung der Beschichtung erfolgen darf.“ Wie soll diese Vorgabe bei einer kontinuierlichen Applikation des Betonersatzsystems z. B. bei der Decken- oder insbesondere bei der Bodenbeschichtung gewährleistet werden? Zudem werden von den Materialherstellern unterschiedliche Mindest-Nachbehandlungszeiten vorgegeben (z. B. 5, 7 oder 21 Tage). Einer der Hersteller gibt in seinem Produktdatenblatt für einen Spritzmörtel im Trinkwasserbereich sogar vor, dass die Nachbehandlungsdauer sich nach der Nachbehandlungsrichtlinie des Deutschen Betonvereins und nach ZTV-ING, Teil 3, Abschnitt 4. richten solle. Abb. 2: Thermohygrograph zur Messung der Luftfeuchtigkeit in der Wasserkammer 4.3 Zwischenlagenhaftung Unter Punkt 7.1.3.4 der künftigen DVGW W 300-4 wird der Umgang mit Arbeitsabschnitten (Überarbeitungszeitfenster, Verbund zwischen einzelnen Lagen) erläutert: „Immer dann, wenn im Zuge der Instandsetzungsarbeiten ein mehrlagiger Aufbau zum Erreichen der festgelegten Gesamtschichtdicke erforderlich ist (z. B. Verwendung unterschiedlicher Materialien als Betonersatz (A1) und Beschichtung (A2)), ist die nachfolgende Schicht erst dann aufzutragen, wenn die vorherige Schicht ausreichend tragfähig ist. Immer dann, wenn zwischen dem Einbau der einzelnen Schichten ein längerer Zeitraum liegt, ist die vorherige Schicht durch geeignete Maßnahmen vorzubereiten. […] Die Vorgaben des Materialherstellers sind zu beachten.“ Dies wird in den Verarbeitungshinweisen der Technischen Merkblätter für mineralische Betonersatzsysteme oftmals übernommen. D. h. immer, wenn ein mehrlagiger Auftrag notwendig ist, muss sichergestellt werden, dass es zu keiner Gefügestörung zwischen den einzelnen Schichten kommt, denn eine unzureichende Zwischenlagenhaftung führt letztlich zur Ablösung der oberen Schicht bzw. Schichten. Hier kommt auch der Begriff „frisch-in-frisch“ zur Sprache, welches oftmals in den Verarbeitungshinweisen der Technischen Merkblätter erwähnt wird. Durch das „frisch-in-frisch“-Verfahren wird die neue Schicht auf 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 31 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 die noch nicht vollständig ausgehärtete vorherige Schicht aufgetragen. Das kann zu einer besseren Haftung zwischen den Schichten führen und den Arbeitsaufwand reduzieren. Für eine standardisierte Herangehensweise bedarf es auch zu diesem Thema genauerer Angaben der Materialhersteller: • Was bedeutet die Verarbeitungsvorgabe „frisch in frisch“ genau? • Wie wird eine optimale Zwischenlagenhaftung zwischen verschiedenen Schichten des Materials hergestellt? • Wie geht man damit um, wenn Zeiten überschritten werden? Was für Vorbereitungsmaßnahmen sind hierfür zu treffen? Ein Beispiel für eine nicht funktionsfähige Zwischenlagenhaftung zeigt die folgende Abbildung. Hier wurden die Bearbeitungszeiten überschritten und keine optimale Haftung der oberen Schicht erzielt. Abb. 3: Ablösungen der äußeren Spritzmörtelschicht aufgrund fehlender Haftung 4.4 Rautiefenmessung Mit Herausgabe der TR Instandhaltung in 2020 wurde der Begriff der Rautiefenklasse im Zuge der Sicherstellung der Dauerhaftigkeit des Verbunds eingeführt. Die jeweilige Rautiefenklasse wird durch die Anforderung an die mittlere Rautiefe Rt in [mm] definiert. Je nach Rauheit des Betonuntergrundes bei Adhäsionsverbund wird bei den verschiedenen Instandsetzungssystemen eine unterschiedliche Mindestrautiefenklasse gefordert. Folgende Verfahren können nach DVGW W 300-4 zur Anwendung kommen: • Sandflächenverfahren nach DIN EN 1766 • Lasermessverfahren nach DIN EN ISO 13473-1 • Spachtelung mit Verbrauchserfassung Für die Rautiefe gelten die Vorgaben nach TR Instandhaltung, eine alternative Bewertung ist jedoch möglich. So wird in der überarbeiteten W 300-4 künftig beschrieben, dass bei einer gemeinsamen Inaugenscheinnahme mit den am Bau Beteiligten festgelegt werden kann, dass die Rautiefe auch optisch überprüft werden kann. Dies ist vor allem bei der Untergrundvorbereitung durch HDW- Strahlen der Fall. So wurde es auch in Tabelle 9 des normativen Anhangs B übernommen. 4.5 Porosität Die Ermittlung der Gesamtporosität stellt auch künftig im DVGW W 300-4 einen Teil der Überwachung der Eigenschaften der fertigen Leistung dar (siehe Tabelle 3) Gemäß DVGW W 300-5 (08-2020) ergibt sich für die Bauwerksanforderung der Dauerhaftigkeit (über Expositionsklasse X TWB ) ein grundsätzliches Kriterium der Gesamtporosität (bei entsprechender Lagerung des Prüfkörpers) von ≤ 12 Vol.-%, geprüft nach DIN ISO 15901-1 [13]. Anmerkung: Der Zeitpunkt, zu dem die Anforderungen erfüllt sind, ist festzuhalten. Die Anforderungen sind spätestens nach 90 d zu erbringen. Die Lagerung erfolgt bis zur Prüfung in Wasser, nach 24stündiger Vakuumtrocknung wird die Porosität mit dem Quecksilberdruckporosimeter bis 2000 bar ermittelt. [5] Es wird immer wieder beobachtet, dass der Grenzwert von ≤ 12 Vol.-% vom Planer im Leistungsverzeichnis deutlich geringer ausgeschrieben wird, weil der Ansatz verfolgt wird, dass ein durch geringere Porosität vermeintlich hochwertigeres Material zielführender für eine fachgerechte Instandsetzung des Bauwerks ist. Manchmal kommt es dann bei Überschreitung des geforderten Wertes sogar zur Aufforderung einer verlängerten Gewährleistung, obwohl man sich bis 12 Vol.-% wie zuvor erläutert im Grenzbereich des Regelwerkes bewegt. Nicht bedacht wird hierbei zudem das Zusammenspiel des Betonersatzes mit den bereits seit 2004 im Wasserbau angewendeten und künftig im W 300-4 berücksichtigten Altbetonklassen, bei denen der Untergrund aufgrund der vorhandenen Werte bzgl. Druckfestigkeit und Oberflächenzugfestigkeit in Altbetonklasse A1 bis A5 eingestuft wird. Hierfür ist es wichtig, dass Betonersatz und Untergrund aufeinander abgestimmt sind. Eine zu geringe Porosität und damit ggfs. ein erhöhter E-Modul kann sich also auch negativ auf den Haftverbund auswirken. Anzuwendende Normen für die Festigkeiten eines Instandsetzungsmörtels und -betons beziehen sich aktuell nur auf eine bestimmte Untergrenze. Eine Norm, die die Festigkeit des Betonersatzsystems nach oben begrenzt, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht auf dem Markt. Peter Sudermann beschreibt in [13] zudem eindrücklich die Problematik der Auswirkungen nicht normgerechter Lagerung von Bauteilproben bis zur Porositätsprüfung. In der Praxis kommt es häufig vor, dass die entnommenen Bohrkerne komplett oder teilweise ausgetrocknet zur Untersuchung eingeschickt werden. Nach DIN ISO 15901-1 soll die Prüfung wie genannt jedoch an wassergelagerten Proben erfolgen, die erst 24h vor der Prüfung einer Vakuumtrocknung unterzogen werden [12]. Werden die Proben aber bereits trocken verschickt, so ist die Hydratation des Zementsteins bei der Prüfung bereits lange abgeschlossen und die Porositäten sind fälschlicherweise höher als bei fachgerechter Lagerung. Zudem weist Sudermann darauf hin, dass ein herkömmlicher Queck- 32 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 silberporosimeter ein Fassungsvolumen von ca. 20 g Feststoff besitzt, was einem Bruchteil der Gesamtprobe darstellt. Das Probenmaterial sollte daher bei allen Instandsetzungsmaßnahmen aus einem vergleichbaren Bereich z. B. aus dem mittleren Drittel der Probe entnommen werden. Grundsätzlich ist anzuraten, so wenig Proben wie möglich aus der fertigen Beschichtung/ Mörtelflächen zu entnehmen, da jedes nachträglich hergestellte Bohrloch eine Schwachstelle in der Gesamtkonstruktion darstellt. So rät die DVGW W 300-4 dazu, die Porosität an Bohrkernen zu messen, die aus Spritzkisten bzw. Spritzpfannen entnommen werden. Nur in Zweifelsfällen sind Bohrkerne direkt aus dem Bauwerk zu entnehmen. 5. Ausblick - Auswirkungen auf andere Regelwerke Bereits anhand der Auswahl der erläuterten Beispiele aus dem vorigen Abschnitt wird deutlich, dass mit Überarbeitung des Regelwerks W 300-4 vor allem die Materialhersteller gefragt sind, weitere Vorgaben für die ausführenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen, damit eine standardisierte Qualitätssicherung möglich ist. Ein wichtiger Schritt hierfür ist die Erarbeitung des Formblattes durch den SITW-Arbeitskreis, das von den Materialherstellern alle wichtigen Informationen abfragt. Diese Informationen werden automatisch in Teil 5 des Regelwerkes eingearbeitet und werden voraussichtlich einen normativen Anhang des Regelwerkes darstellen. Tab. 3: Ausschnitt aus Tabelle 9 - Überwachung der Ausführung durch das ausführende Unternehmen (künftige DVGW W 300-4, Anhang B), Pkt. 5.7 Spalte 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Zeile Gegenstand der Prüfung Art der Prüfung Anzuwenden für Anforderung Erfordernis, Häufigkeit, Zeitpunkt Beton Spritzbeton Beschichtung und Betonersatz Vergussmörtel Vergussbeton 6 Zweikomponenten-Reaktionsharz-Systeme Rissfüllstoff Abdichtungsbahnen PE/ PP-Platten Edelstahl 5.7 Gesamtporosität Quecksilberdruckporosimetrie nach DIN ISO 15901-1 (Bohrkerne aus Spritzkisten/ Spritzpfannen oder in Zweifelsfällen durch Bohrkernentnahme am Bauwerk) 4, 5 - - + - - - - - - nach DVGW W 300-5 (A) nach Vorgaben des Fachplaners bis 500 m 2 Gesamtfläche je Bauteil mind. 1 (pro Bauteil) bis 1.000 m 2 Gesamtfläche je Bauteil mind. 2 (pro Bauteil) bis 2.000-m 2 Gesamtfläche je Bauteil mind.-3 (pro Bauteil) je weitere 1000-m 2 eine weitere Prüfung je Bauteil 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 33 Zielgerechte Qualitätssicherung bei der Instandsetzung im Abgleich zum neuen DVGW W 300-4 Das Formblatt für Materialhersteller könnte zum Beispiel folgende Angaben abfragen: • Konsistenz (unter Laborbedingungen und im üblichen Toleranzbereich, Winter und Sommer) • Für welche Altbetonklassen geeignet? • Frischmörtelrohdichte (gespritzt und nicht gespritzt) - beide Werte sind anzugeben • Frischmörteltemperatur, Lagerungstemperatur • Porosität • Festmörtelrohdichte Für eine standardisierte Qualitätssicherung auf der Baustelle müsste es schließlich Checklisten geben, die abfragen, ob die geforderten Prüfungen nach DVGW W 300-4 bzw. W 300-5 durchgeführt wurden und den Vorgaben durch den jeweiligen Materialhersteller entsprechen. Bleibt zu hoffen, dass mit diesen detaillierten Vorgaben eine Qualitätssicherung auf den Baustellen dauerhaft, regelmäßig und definierter als bislang durchgeführt wird. Die Überwachung der durchgeführten Qualitätssicherung muss letztlich aber auch durch den Planer und den Auftraggeber geprüft werden. So kann beispielsweise ein positiv bestandener Überwachungsbericht der Fremdüberwachung als Voraussetzung für eine Abnahme vertraglich vereinbart werden. Literatur [1] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb): Richtlinie zum Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, Teil 3: Anforderungen an die Betriebe und Überwachung der Ausführung, Oktober 2001. [2] Deutsches Institut für Bautechnik, Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR-Instandhaltung), Teil 1 und 2, Mai 2020. [3] Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. DVGW: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-4: Trinkwasserbehälter - Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle, Oktober 2014. [4] Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. DVGW: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-4 Entwurf: Trinkwasserbehälter - Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme-- Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle, voraussichtlich 2025. [5] Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. DVGW: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-5: Trinkwasserbehälter - Teil 5: Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme, August 2020. [6] Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. DVGW: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 316: Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen für Planung, Bau, Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern; Fachinhalte, April 2018. [7] DIN 1045-2: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton. [8] DIN 1045-3: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung. [9] DIN EN 1504-3: 2006-03 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität- - Teil 3: Statisch und nicht statisch relevante Instandsetzung. [10] DIN EN 1508: 2024-06 - Entwurf: Wasserversorgung - Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung, Juni 2024. [11] DIN EN 13670: 2011-03 Ausführung von Tragwerken aus Beton; Deutsche Fassung EN 13670: 2009. [12] DIN ISO 15901-1: 2016-04 Bewertung der Porengrößenverteilung und Porosität von Feststoffen mittels Quecksilberporosimetrie und Gasadsorption - Teil 1: Quecksilberporosimetrie. [13] Sudermann, P.: Untersuchungsmethoden nach W 300-4 und -5 und Interpretation der Ergebnisse, sowie baupraktische Rückschlüsse, TAE Tagungshandbuch, 5. Kolloquium Betonbauwerke in der Trinkwasserspeicherung, Juni 2018. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 35 DVGW W 300-2: Umsetzung des Behälterbuchs für Wasserversorgungsunternehmen Peter Sudermann, M. Eng. Hochschule Koblenz Zusammenfassung Das neue DVGW-Arbeitsblatt W 300-2 legt umfassende Anforderungen an Planung, Bau, Betrieb und Rückbau von Trinkwasseranlagen fest und setzt dabei auf höchste Hygiene-, Sicherheits- und Nachhaltigkeitsstandards. Es fördert einen ganzheitlichen Asset-Management-Ansatz über den gesamten Lebenszyklus hinweg, um wirtschaftliche, technische und hygienische Ziele langfristig zu sichern. Bereits in der Planungsphase sollen Risikoanalysen, Betreiberintegration und Lebenszykluskostenbetrachtungen eingebunden werden, um spätere Optimierungen zu ermöglichen. Im Betrieb sind digitale Zustandsbewertungen, regelmäßige Prüfungen und Monitoring zentrale Elemente für eine effiziente Instandhaltung. Auch der Rückbau wird strukturiert geregelt, wobei Aspekte wie Wiederverwertung und technische Lebensdauer berücksichtigt werden. Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) stärkt die Transparenz, Dokumentation und langfristige Betriebssicherheit. Die konsequente Umsetzung der Anforderungen ermöglicht eine resiliente und lernfähige Infrastruktur. Damit stellt das Arbeitsblatt einen Paradigmenwechsel dar und adressiert zentrale Herausforderungen wie demografischen Wandel, Klimawandel und Fachkräftemangel . 1. Einführung Der Neubau von Trinkwasseranlagen unterliegt höchsten Anforderungen an Hygiene, Betriebssicherheit und Nachhaltigkeit. Mit dem neuen Arbeitsblatt DVGW W 300- 2 setzt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) Maßstäbe für Qualitätssicherung im gesamten Lebenszyklus solcher Anlagen. Die Vorgaben betreffen sowohl Planung und Bau als auch Betrieb und Stilllegung. Ziel ist es, die technische, hygienische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit langfristig sicherzustellen. Die Anwendung des Arbeitsblattes markiert einen Paradigmenwechsel hin zu einem ganzheitlichen Asset-Management im Trinkwasserbereich. Hintergrund: Der DVGW und das Arbeitsblatt W 300-2 Das DVGW-Arbeitsblatt W 300-2 ist Teil einer Normenreihe, die sich mit dem Bau und Betrieb von Trinkwasserbehältern befasst. Während Teil 1 insbesondere bauliche Anforderungen behandelt, fokussiert sich Teil 2 auf die betrieblichen Aspekte. Es ist im Jahr 2024/ 2025 überarbeitet worden und tritt im Kontext zunehmender Herausforderungen durch Klimawandel, demografische Entwicklungen und steigende Ansprüche an Ressourceneffizienz in Kraft. Zielsetzung des Arbeitsblattes W 300-2 Das Arbeitsblatt definiert konkrete Maßnahmen zur Qualitätssicherung von der Projektidee bis zur Außerbetriebnahme. Zentrale Zielgrößen sind: • Nachhaltige Funktionalität • Hohe Betriebssicherheit • Wirtschaftlichkeit über die Lebensdauer • Minimierung hygienischer Risiken Die Integration von Qualitätssicherung in jede Phase des Projekts - Planung, Ausführung, Betrieb, Instandhaltung und Rückbau - wird gefordert. Kerninhalte und Neuerungen 2. Lebenszyklusorientiertes Asset-Management Im Zentrum steht ein ganzheitlicher Asset-Management- Ansatz, der über rein technische Betrachtungen hinausgeht. Dazu gehören: • Bewertung des baulichen und betrieblichen Zustands • Erfassung der Umwelt- und Standortbedingungen • Prognose zukünftiger Anforderungen an Betrieb und Kapazität • Dokumentation und kontinuierliche Zustandsbewertung Dies bedeutet, dass Planung und Bau nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern als integraler Teil eines langfristigen Infrastrukturmanagements. Aus wirtschaftlicher Sicht ist ein funktionierendes Asset- Management entscheidend für eine kostenoptimierte und ressourcenschonende Infrastrukturstrategie. Durch die kontinuierliche Bewertung des Anlagenzustands und der Betriebskosten können Investitionen gezielt und bedarfsgerecht gesteuert werden. Dies verhindert unnötige Sanierungsmaßnahmen, verlängert Lebenszyklen und steigert die Betriebseffizienz. Wird auf ein systematisches Asset-Management verzichtet, drohen unkoordinierte Instandhaltungsmaßnahmen, teure Notfallreparaturen und ein Verlust an Planungs- und Investitionssicherheit. Zudem steigt das Risiko für Versorgungsausfälle, was im Bereich der kritischen Infrastruktur erhebliche Konsequenzen haben kann. 36 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 DVGW W 300-2: Umsetzung des Behälterbuchs für Wasserversorgungsunternehmen 3. Schwerpunkt des Assetmanagements in der Planungsphase Schon in der frühen Planungsphase fordert die W 300´er- Reihe eine Risikoanalyse in der Planungsphase. Diese basiert beispielsweise auf: • Standortbewertung (z. B. geologische und hydrologische Gegebenheiten) • Anforderungen an Materialwahl und Bautechnologie • Einbindung des Betreibers in die Entscheidungsprozesse Darüber hinaus sollte das Assetmanagement bereits in dieser frühen Planungsphase als strukturierender Faktor eingebunden werden. Die Erfassung von Lebenszykluskosten, geplanten Wartungszyklen und zukünftigen Anpassungsbedarfen bietet die Möglichkeit, nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich und betrieblich optimale Entscheidungen zu treffen. Ein weiterer Vorteil liegt in der frühzeitigen Integration der Betreiberperspektive. Diese kennen die betrieblichen Anforderungen und Schwachstellen aus dem Bestand und können so wertvolle Hinweise für die technische Auslegung und funktionale Gestaltung geben. So können nicht nur typische Planungsfehler vermieden, sondern auch Betriebskosten gesenkt und die Instandhaltungsfreundlichkeit verbessert werden. Ein durchdachtes Assetmanagement in der Planungsphase schafft zudem eine fundierte Datengrundlage für spätere Betriebsphasen und unterstützt eine nahtlose Übergabe von der Bauin die Betriebsverantwortung. Nur wenn Planungsentscheidungen systematisch dokumentiert und mit erwarteten Betriebsanforderungen verknüpft werden, lassen sich spätere Optimierungen effektiv und nachvollziehbar durchführen. 4. Betrieb und Instandhaltung Während des Betriebs sind regelmäßige Inspektionen, Prüfungen und Wartungsmaßnahmen empfohlen. Neu ist die stärkere Gewichtung von: • Zustandsprognosen • Digitalisierung der Betriebsdaten • Integration von Bauwerksmonitoring für den ganzen Lebenszyklusses eines Trinkwasserbehälters in das Asset-Management Regelmäßige Bauwerksprüfungen, wie sie z. B. nach DIN 1076 oder der VDI 6200 empfohlen werden, leisten hierbei einen wertvollen Beitrag. Sie ermöglichen nicht nur die frühzeitige Erkennung baulicher Mängel und sicherheitsrelevanter Schwachstellen, sondern liefern auch belastbare Daten für die Zustandsbewertung und die Priorisierung von Instandhaltungsmaßnahmen. Gerade im Zusammenspiel mit digitalen Monitoring-Systemen ergeben sich verlässliche Entscheidungsgrundlagen für technische und finanzielle Maßnahmen. Wirtschaftlich gesehen bieten solche Prüfungen erhebliche Vorteile: Durch die rechtzeitige Identifikation und gezielte Beseitigung von Schäden lassen sich Folgekosten durch Notmaßnahmen, Nutzungsausfälle oder aufwendige Komplettsanierungen deutlich reduzieren. Zudem erhöhen regelmäßige Prüfungen die Betriebssicherheit und verlängern die Lebensdauer der Bauwerke - was langfristig zu einer besseren Planbarkeit und einer effizienteren Verwendung der verfügbaren Investitionsmittel führt. 5. Wendepunkt: Rückbau und Ersatzinvestitionen Im DVGW W 300-2 wird das Ende der Nutzungsdauer stärker berücksichtigt: • Geordnete Stilllegung • Bewertung von Rückbau- und Entsorgungskosten • Wiederverwertung und Ressourcenschonung Ein Trinkwasserbehälter gilt als abgeschrieben, wenn er seine technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer erreicht hat, die Betriebssicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann oder notwendige Sanierungsmaßnahmen in keinem sinnvollen Verhältnis zu einem Ersatzneubau stehen. Kriterien hierfür sind unter anderen: • Wiederkehrende oder strukturelle Schäden trotz Instandhaltung • Unwirtschaftliche Energie- und Betriebskosten im Vergleich zu modernen Neubauten • Nicht erfüllbare Anforderungen/ Risiken an Hygiene, Trinkwasserschutz oder technische Standards • Fehlende oder stark erschwerte Anpassbarkeit an zukünftige Anforderungen • Nicht durchführbare Nachrüstungen gemäß gesetzlicher oder technischer Vorgaben (siehe PFAS-Problematik etc.) Ein wesentlicher Maßstab für diese Bewertung ist die sogenannte Total Cost of Ownership (TCO), also die Gesamtkostenbetrachtung über den Lebenszyklus. Wenn die prognostizierten Betriebskosten, Ausfallrisiken und Sanierungsaufwendungen eines Bestandsbehälters die Investition in einen modernen Neubau übersteigen, sollte ein Ersatzbau ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Durch diese systematische Bewertung lassen sich Ressourcen zielgerichtet einsetzen, Planungs- und Investitionssicherheit schaffen sowie hygienische und technische Risiken nachhaltig minimieren. Die Restnutzungsdauer eines Trinkwasserbehälters lässt sich über eine Kombination technischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Kennwerte abschätzen. Grundlage hierfür sind regelmäßige Zustandsbewertungen nach standardisierten Verfahren, etwa mithilfe von bautechnischen Prüfungen (z. B. Sichtprüfungen, Riss- & Korrosionsanalysen, Dichtheitsprüfungen), kombiniert mit ingenieurtechnischer Bewertung und Erfahrungswerten. Alleine schon der demografische Wandel führt dazu, dass in der Zukunft auf immer weniger Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann. Dadurch leidet die Wirtschaftlichkeit von Projekten, wie auch Synergieeffekte werden dadurch eingeschränkt wahrnehmbar. Digitale Erfassungsmethoden wie Bauwerksmonitoring, Lebenszyklusanalysen und strukturierte Wartungshistorien liefern zusätzliche Daten zur Prognose - über Generationen hinweg. Durch die Verknüpfung dieser Informationen mit vordefinierten Degradationsmodellen kann die verbleibende technische Lebensdauer eingeschätzt und mit prognostizierten Instandhaltungsmaßnahmen kombiniert werden. Daraus ergibt sich ein Wartungsplan, der 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 37 DVGW W 300-2: Umsetzung des Behälterbuchs für Wasserversorgungsunternehmen präventive und korrektive Maßnahmen optimal verteilt und damit wirtschaftlich wie auch technisch die Nutzungsdauer verlängern kann. In der Praxis zeigt sich, dass die frühzeitige Definition von Grenzzuständen, das Monitoring relevanter Parameter (z. B. Feuchtigkeit, Rissbildung, Spannungen) sowie eine lückenlose Dokumentation Voraussetzung für belastbare Aussagen zur Restnutzungsdauer sind. Nur mit einem solchen vorausschauenden und datenbasierten Vorgehen kann zwischen gezielter Instandsetzung und notwendigem Ersatzneubau fundiert entschieden werden. 6. Building Information Modeling (BIM) in der kritischen Infrastruktur Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) gewinnt auch im Bereich der Trinkwasserinfrastruktur zunehmend an Bedeutung. Insbesondere bei kritischen Infrastrukturen wie Trinkwasseranlagen bietet BIM durchgängige Transparenz und Effizienz entlang des gesamten Lebenszyklus. Grundlage bilden hierbei die Richtlinie VDI 2552 sowie die internationale Normenreihe DIN EN ISO 19650 und DIN EN ISO 16739. BIM ermöglicht eine zentrale Datenhaltung und -vernetzung für alle Projektbeteiligten. Relevante technische, betriebliche und hygienische Parameter können modellbasiert integriert und aktuell gehalten werden. In Verbindung mit dem DVGW-Arbeitsblatt W 300-2 ergibt sich eine praxisorientierte Umsetzung von „Digital zu Real“. Durch simulationsgestützte Planungsprozesse, kollaborative Modellarbeit und vernetzte Bau- und Betriebsphasen wird eine neue Qualitätssicherungsebene etabliert. Ein weiterer Vorteil liegt in der verbesserten Kommunikation zwischen Planern, Bauausführenden und Betreibern. Die durchgängige Verfügbarkeit konsistenter und strukturierter Informationen erleichtert nicht nur die Koordination in der Bauphase, sondern bildet auch die Grundlage für eine nachhaltige Betriebsführung. Besonders im Störfallmanagement und bei Wartungseinsätzen ermöglicht BIM eine zielgerichtete Reaktion durch den schnellen Zugriff auf relevante Bauwerksdaten und Dokumentationen. Im Neubaubereich liegen oft bereits Teilleistungen in den IFC-Formaten vor, da die in statischen Berechnungen oft digital erstellt und berechnet werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Überführung von Bestandsbauwerken in BIM-Modelle. Dies erfolgt durch folgende Schritte: • Bestandsaufnahme mittels 3D-Laserscanning oder photogrammetrischer Verfahren • Strukturierung der Daten gemäß ISO 19650-Standards • Erstellung semantisch angereicherter Modelle (z. B. für Instandhaltung, Betrieb, Monitoring) • Integration in bestehende Asset-Management-Systeme Damit wird nicht nur die digitale Dokumentation verbessert, sondern auch der Betrieb optimiert und zukunftssicher gestaltet. Ein praxisnahes Instrument zur Umsetzung eines räumlichen digitalen Zwillings ist beispielsweise das System NavVis IVION. Dieses ermöglicht eine umfassende visuelle und geometrische Erfassung der gebauten Realität. Dabei werden durch mobile Mapping-Systeme Punktwolken, Panoramabilder und Navigationspfade erzeugt, die in einem browserbasierten Interface zur Verfügung stehen. Auf Basis dieser Daten können anschließend präzise IFC-Modelle erstellt und mit dem BIM-Modell abgeglichen oder ergänzt werden. Der gleichzeitige Zugriff auf Vermessungsdaten und das virtuelle BIM-Modell bringt entscheidende Vorteile mit sich. Teilflächen oder spezifische Bauwerksbereiche lassen sich exakt lokalisieren und mit zusätzlichen Informationen wie Zustandsbewertungen, Wartungshinweisen oder Sensorwerten anreichern. Dies verbessert die Nachvollziehbarkeit von Planungs- und Betriebsentscheidungen erheblich und erhöht die Effizienz im Lebenszyklusmanagement. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die während der Planungsphase erstellten Planunterlagen für den Neubau in nur wenigen Fällen exakt mit der tatsächlich gebauten Realität übereinstimmen. Gründe hierfür liegen in baubetrieblichen Abweichungen, kurzfristigen Anpassungen auf der Baustelle sowie in den unvermeidbaren Toleranzen des Bauprozesses. Die bautechnischen Toleranzen nach DIN 18202 beschreiben zulässige Abweichungen im Hoch- und Ingenieurbau und sind maßgeblich für die Differenz zwischen Planung und Realität verantwortlich. Alleine diese Tatsche führt dazu, dass Abweichung Soll- Ist in der Errichtung von Bauwerken entstehen. Trotz dieser bekannten Differenzen wird auf die Erstellung eines vollständigen Bestandsplanes nach Fertigstellung häufig verzichtet (oft aus wirtschaftlichen Gründen). Dabei bietet ein solcher Bestandsplan, der die tatsächliche Ausführung dokumentiert, wesentliche Vorteile für den Betrieb, die Wartung sowie für spätere Umbaumaßnahmen. Während ein Neubauplan die theoretisch geplante Ausführung widerspiegelt, bildet ein Bestandsplan die gebaute Wirklichkeit ab - inklusive aller Abweichungen, Ergänzungen und Änderungen. Erst mit einem validierten Bestandsmodell können digitale Zwillinge und BIM-basierte Prozesse ihr volles Potenzial entfalten. 7. Fazit Das neue DVGW-Arbeitsblatt W 300-2 ist ein entscheidender Schritt hin zu einer modernen, nachhaltigen Trinkwasserversorgung. Die konsequente Anwendung fördert die Langlebigkeit, Sicherheit und Effizienz von Neubauten und trägt maßgeblich zur Sicherung der Trinkwasserqualität über den Lebenszyklus bei. Es empfiehlt sich, die Prinzipien bereits in der Ausbildung von Fachkräften und in der strategischen Infrastrukturplanung zu verankern. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt der langfristige Erhalt und die Anpassungsfähigkeit kritischer Infrastrukturen zunehmend an Bedeutung. Eine alternde Gesellschaft, rückläufige Bevölkerungszahlen in bestimmten Regionen sowie sich verändernde Nutzungsanforderungen stellen Planer und Betreiber vor neue Herausforderungen. Dabei zeigt sich besonders kri- 38 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 DVGW W 300-2: Umsetzung des Behälterbuchs für Wasserversorgungsunternehmen tisch, dass sich Fehler aus der Vergangenheit in der Praxis wiederholen - oftmals unbemerkt. Ein wesentlicher Grund dafür liegt im Fehlen konsistenter, historischer Dokumentationen: Wenn Informationen zu früheren Ausführungen, Planänderungen oder Mängeln nicht dokumentiert wurden, fehlt die Grundlage für eine fundierte Bewertung und Verbesserung. Der Lerneffekt aus vergangenen Projekten bleibt aus, was zur wiederholten Umsetzung fehlerhafter Lösungen führt. Die langfristigen Folgen dieser strukturellen Defizite zeigen sich nicht nur in ineffizienten Abläufen, sondern auch in erhöhtem Sanierungsbedarf, unnötigen Kosten und teils gravierenden Betriebsrisiken. Nur durch eine lückenlose und transparente Dokumentation aller Projektphasen - von der Planung über die Bauausführung - Instandhaltung bis zum Betrieb - kann das systematische Vergessen vermieden werden. Die Einführung digitaler Werkzeuge wie BIM schafft hierbei eine verlässliche Grundlage, um Wissen über Generationen hinweg zu bewahren und einen nachhaltigen Wandel in der Infrastrukturplanung und -bewirtschaftung zu ermöglichen. Erst wenn eine durchgängige Systematik über viele Projekte hinweg erkennbar wird, lassen sich wertvolle Synergieeffekte für die Fehlervermeidung und fundierte Entscheidungsfindung erzielen. Wiederkehrende Muster, strukturelle Schwächen oder bewährte Lösungsansätze können analysiert, verglichen und systematisch verbessert werden. Die Transparenz über mehrere Projekte hinweg eröffnet die Möglichkeit, nicht nur auf Einzelfehler zu reagieren, sondern strategische Optimierungen im gesamten Netz kritischer Infrastrukturen zu initiieren. Eine systematische Wissensbasis bildet so den Schlüssel für resilientere, effizientere und lernfähige Infrastruktursysteme der Zukunft. Diskussion Die Umsetzung der Anforderungen des DVGW W 300- 2 stellt viele Wasserversorger vor neue Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich Dokumentation, Digitalisierung und langfristiger Planung. Gleichzeitig bietet sie eine Chance für einen nachhaltigen und resilienten Betrieb. Der Fokus auf Qualitätssicherung über den gesamten Lebenszyklus trägt zur Minimierung hygienischer Risiken und kostengünstigen Anlagenbewirtschaftung bei und unterstützt die Erfüllung regulatorischer Anforderungen. Die Umlegung des Fokus auf die Übergabe des Materiellen und Immateriellen Wertes dieser Anlage an die (i. d. R. mindesten) nächsten 2 - 3 Generationen führt dazu, dass die Grundsteinlegung zur Aufrechterhaltung der langfristig-übergeordneten Strategiepläne von Beginn angestrebt und durch einen entsprechenden PDCA-Zyklus sichergestellt werden können. Literatur [1] DVGW W 300-1 „Trinkwasserbehälter Teil 1; Planung & Bau“ [2] DVGW W 300-2 „Trinkwasserbehälter Teil 2; Betrieb und Instandhaltung“ [3] DVGW W 300-3 „Trinkwasserbehälter Teil 3; Instandsetzung und Verbesserung“ [4] DVGW W 300-4 „Trinkwasserbehälter Teil 4; Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme“ [5] DVGW W 300-5 „Trinkwasserbehälter Teil 5; Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme“ [6] DIN 1076, „Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen“ [7] VDI 6200, „Standsicherheit von Bauwerken - Regelmäßige Überprüfung“ [8] VDI 6199, Bauwerksinspektion [9] DIN EN ISO 16739 Industry Foundation Classes (IFC) für den Datenaustausch in der Bauwirtschaft und im Anlagenmanagement- [10] Normenreihe DIN EN ISO 19650 [11] Richtlinienreihe VDI 2552- Planung mit besonderen Herausforderungen 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 41 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des laufenden Weiterbetriebes am Standort Nikolai Bernhardt, M. Eng. GUV Gesellschaft für Geohydraulik, Umweltberatung, Verfahrens- und Ingenieurtechnik mbH, Minden Zusammenfassung Bei der Planung des Neubaus eines Trinkwasserspeichers in einem Wohngebiet waren beengte Platzverhältnisse, betriebliche Zwänge und technische Einschränkungen der Altanlage zu bewältigen. Mangels Alternativen wurde trotz ungünstiger Topografie das bestehende Betriebsgelände gewählt. Die geplante Umsetzung soll in zwei Bauabschnitten zur Herstellung jeweils einer 5.000 m³ großen Wasserkammer und einem Bauabschnitt zum Rückbau der Bestandsanlage erfolgen. Hierdurch soll die Versorgungssicherheit sowie eine zukunftsfähige Versorgung gewährleistet werden. Hierbei mussten für viele Zwänge Lösungen gefunden werden, z. B. eine Geländeauffüllung, eine entkoppelte Gründung der Neuanlage von der Winkelstützmauer oder ein Logistikkonzept zur Andienung der Baustelle aufgrund einer beengten Anfahrtsstraße. Weitere Aspekte wie z. B. die Erstellung eines Entwässerungskonzepts, eines Betonbaukonzepts und vieler weiterer Konzepte zur Bewältigung der Herausforderungen mussten ebenfalls beachtet werden, um eine technische einwandfreie Planung zur Umsetzung des Neubaus auf dem vorhandenen Baugrundstück umsetzen zu können. 1. Einführung Die Planung von Neubauprojekten auf neu erschlossenen und/ oder großzügig bemessenen Grundstücken ist grundsätzlich ein anzustrebendes Ziel, da in solchen Fällen sowohl eine moderne, den aktuellen technischen Standards entsprechende Planung als auch eine optimale Einbindung in bestehende Infrastrukturen ohne größere Komplikationen ermöglicht werden kann. Insbesondere bei technisch anspruchsvollen Projekten wie der Errichtung von Trinkwasserspeicheranlagen bietet ein ausreichend dimensioniertes Grundstück erhebliche Vorteile. Allerdings stellt ein solches Grundstück bereits ohne zusätzliche Anforderungen ein rares und in vielen Regionen kaum verfügbares Luxusgut dar, das nur in Ausnahmefällen als Ausgangslage genutzt werden kann. Bei Trinkwasserspeichern kommen darüber hinaus verschiedene, sehr spezifische Standortfaktoren hinzu. Hierzu zählen zum Beispiel eine ausreichende Höhenlage, um einen stabilen Netzdruck zu gewährleisten, sowie die räumliche Nähe zum Versorgungsgebiet, um Transportverluste zu minimieren und eine wirtschaftliche Betriebsführung sicherzustellen. Ein weiterer, zentraler Aspekt ist die Möglichkeit einer direkten Anbindung an das bestehende Versorgungsnetz. Sollte eine solche Anbindung nicht gegeben sein, wäre die aufwendige und kostenintensive Verlegung neuer Transportleitungen erforderlich, was den finanziellen und technischen Aufwand des Gesamtprojekts erheblich erhöhen würde. Aus diesen Gründen bleibt in vielen Fällen als einzige praktikable Option nur die Nutzung des bereits vorhandenen Grundstücks, auf dem sich häufig auch Bestandsanlagen befinden. Diese Vorgehensweise bringt jedoch zusätzliche planerische Herausforderungen mit sich. Besonders relevant ist hierbei die Tatsache, dass bestehende Trinkwasserspeicher im laufenden Betrieb in aller Regel nicht außer Betrieb genommen werden können, ohne die Versorgungssicherheit des angeschlossenen Versorgungsgebiets zu gefährden. Eine Realisierung des Neubaus muss daher so geplant werden, dass die Altanlage bis zur Fertigstellung und Inbetriebnahme des neuen Behälters uneingeschränkt funktionsfähig bleibt. Diese komplexen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen planerischen Herausforderungen werden im Folgenden exemplarisch anhand des Projekts zur Errichtung eines neuen Trinkwasserspeichers in einem Wohngebiet detailliert dargestellt. 2. Ausgangssituation Beim bestehenden Trinkwasserbehälter handelt es sich um einen runden Trinkwasserspeicher, der aus zwei mäandrierend angeordneten Wasserkammern besteht, einer inneren und einer äußeren Wasserkammer. Die äußere Wasserkammer besitzt mit einem Speichervolumen von rund 4.500 m³ eine etwas größere Kapazität im Vergleich zur inneren Wasserkammer, die etwa 3.500 m³ fasst. Dieses Bauwerk wurde bereits in den 1970er Jahren errichtet und weist inzwischen altersbedingt erhebliche Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen auf, die sich sowohl in der Bausubstanz als auch in den technischen Anlagenteilen niederschlagen. Eine grundlegende Sanierung erscheint nach eingehender Prüfung zwar grundsätzlich möglich, wurde jedoch im Hinblick auf die seinerzeit gewählte Baukonstruktion, die Dimensionierung der Bauteile und das bereits vorliegende Schadensbild als nicht wirtschaftlich bewertet. Besonders kritisch ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die vorhandenen, relativ dünn dimensionierten Zwischentrennwände zwischen den beiden Wasser- 42 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes kammern keinen getrennten Betrieb einzelner Kammern erlauben. Diese Trennwände sind statisch und funktional auf einen gleichmäßigen Wasserstand auf beiden Seiten ausgelegt worden, sodass ein kammerweiser Betrieb technisch ausgeschlossen ist. Dies schränkt die Flexibilität im laufenden Betrieb erheblich ein und stellt ein nicht vertretbares Risiko für die Versorgungssicherheit dar. Angesichts dieser technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wurde daher die Entscheidung getroffen, die Altanlage vollständig durch einen Neubau zu ersetzen. Im Zuge dieser Neubauplanung soll gleichzeitig das Nutzvolumen deutlich erhöht werden, um den steigenden Anforderungen der nächsten Jahrzehnte gerecht zu werden. Vorgesehen ist ein Nutzvolumen von insgesamt 10.000 m³, wodurch die Versorgungs-sicherheit auch bei zukünftigen Lastspitzen und einem wachsenden Trinkwasserbedarf in verbrauchsintensiven Sommermonaten nachhaltig gewährleistet werden kann. Ziel ist es, mit einer modernen und leistungsfähigen Neuanlage sowohl die Betriebssicherheit als auch die Wartungsfreundlichkeit erheblich zu verbessern und damit langfristig eine stabile Wasserversorgung sicherzustellen. 3. Findung eines Baugrundstücks Im Zuge einer umfassenden Machbarkeitsstudie wurden zunächst mehrere in Frage kommende Grundstücke im Umfeld des Bestandsbehälters systematisch untersucht. Dabei wurde ein Suchradius von rund einem Kilometer festgelegt, um sowohl die Nähe zum bestehenden Versorgungsnetz als auch eine ausreichende Höhenlage und die logistische Erreichbarkeit sicherzustellen. Bei dieser Grundstücksanalyse wurden insbesondere Kriterien wie die Realisierbarkeit des gewünschten Nutzvolumens sowie die technische Anbindung an die bestehenden Transportleitungen berücksichtigt. Eine zentrale Rolle spielte außerdem die Möglichkeit, die Versorgungsunterbrechung während der Bauphase so gering wie möglich zu halten. Die Untersuchung zeigte, dass sich der derzeitige Standort des Bestandsbehälters in einem überwiegend durch Wohnbebauung geprägten Gebiet befindet, das eine entsprechend hohe Bebauungsdichte aufweist. Aufgrund dieser städtebaulichen Gegebenheiten standen im betrachteten Umfeld keine ausreichend großen, zusammenhängenden Grundstücke mit einer für den Neubau günstigen, geometrischen Form zur Verfügung. Alle potenziellen Alternativstandorte wiesen entweder eine zu geringe Fläche, eine ungünstige Form oder nicht ausreichende Abstände zur Nachbarbebauung auf, sodass sie für die Umsetzung des Projektes nicht infrage kamen. Eine vielversprechende Lösung stellte schließlich das unmittelbar benachbarte Grundstück des bestehenden Betriebsgeländes dar. Durch eine gezielte Erweiterung des bisherigen Betriebsgeländes würde sich dort eine ausreichend große Fläche schaffen lassen, die die Errichtung eines neuen Trinkwasserbehälters mit dem vorgesehenen Nutzvolumen ermöglicht. Allerdings wies diese in Betracht gezogene Erweiterungsfläche einen erheblichen Geländeabfall auf, der in der weiteren Planung berücksichtigt werden musste. Trotz dieser topografischen Herausforderungen und mangels praktikabler Alternativen wurde dieses Grundstück als Ausgangsbasis für die weitere Detailplanung festgelegt, um die langfristige Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Abb. 1: Bestandsgrundstück einschließlich Grundriss Bestandsbehälter sowie anliegendem Erweiterungsgrundstück 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 43 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes Abb. 2: Schnitt des Grundstücksgeländes mit Darstellung des Geländeabfalls 4. Festlegung einer Bauform Die erste wesentliche Hürde im Rahmen der Planungsphase bestand in der Wahl einer geeigneten Behälterform, da die zur Verfügung stehende Erweiterungsfläche auf dem vorhandenen Grundstück alleine nicht ausreichte, um die gewünschte Behältergröße in einem Bauabschnitt zu realisieren. Dabei mussten neben den geltenden Vorgaben der Bauordnung, wie etwa Abstandsflächen zu benachbarten Grundstücken, maximal zulässige Bauhöhen sowie weiteren bauordnungsrechtlichen Restriktionen, auch die Vorstellungen des Bauherrn berücksichtigt werden. Dieser wünschte ausdrücklich zwei gleich große, symmetrisch aufgebaute Wasserkammern, um eine ausgewogene und betriebssichere Versorgung zu gewährleisten. Nach Abwägung dieser Anforderungen und Rahmenbedingungen wurde entschieden, das Bauvorhaben in mehreren Bauabschnitten umzusetzen. Im ersten Bauabschnitt soll zunächst eine Wasserkammer mit einem Nutzvolumen von 5.000 m³ als Rundbehälter errichtet werden. Dieser wird mit einem vorgelagerten Bedienhaus kombiniert, das die erforderliche technische Infrastruktur und Steuerungstechnik aufnehmen kann. Nach erfolgreichem Bau und Inbetriebnahme des ersten Behälters ist im zweiten Bauabschnitt der Rückbau des bestehenden Altbehälters vorgesehen, um den Platz für den zweiten Behälter im dritten Bauabschnitt zu schaffen. Abb. 3: Darstellung des Grundrisses, der Lage, sowie der unterschiedlichen Abschnitte des geplanten Neubaus Im dritten Bauabschnitt erfolgt der Neubau des zweiten Behälters samt Bedienhaus, welches an das Bedienhaus des ersten Behälters anschließt und mit diesem verbunden ist. 5. Gründung des Neubaus Aufgrund des vorhandenen Abfalls des Geländeniveaus, der in Teilbereichen bis zu rund 5,0 m beträgt, ist für die Errichtung der ersten Wasserkammer eine partielle Anhebung des Geländeniveaus zwingend erforderlich, um ein stabiles und gleichmäßiges Baugrundniveau zu schaffen. Diese Geländeanpassung ist notwendig, um den vorgesehenen Rundbehälter standsicher zu gründen und spätere Setzungen oder ungleichmäßige Belastungen der Bauwerksstruktur zu vermeiden. Die dabei einzuhaltenden Abstände zu den Grundstücksgrenzen sowie zur Straßenmitte reichen jedoch nicht aus, um die entstehende Auf höhung im Bereich der Bauwerksränder in einer flach verlaufenden Böschung mit einer Neigung von maximal 45° oder weniger abzufangen. Eine solche Böschung würde aufgrund des begrenzten Grundstücksraums zu weit in benachbarte Bereiche hineinragen und wäre damit nicht genehmigungsfähig. Darüber hinaus soll um das Bauwerk herum ein umlaufender, begehbarer Kontrollbereich geschaffen werden. Dieser Bereich dient dazu, den Neubau später jederzeit vollständig inspizieren und auf potenzielle Schadstellen prüfen zu können. Nur so kann sichergestellt werden, dass Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen effizient durchgeführt und eventuelle Schäden frühzeitig erkannt und ausgebessert werden können, ohne dass größere bauliche Eingriffe erforderlich sind. Als geeignete Lösung wurde im Rahmen der planerischen Betrachtung daher der Einsatz einer Winkelstützmauer vorgesehen. Diese Winkelstützmauer soll Höhen von bis zu 6,0 m erreichen und verläuft parallel zu den Grundstücksgrenzen sowie umlaufend um das Bauwerk der ersten Bauphase. Um die langfristige Wartungsfähigkeit zu gewährleisten, darf die Winkelstützmauer dabei keine tragende Funktion für die Bauwerksgründung übernehmen. Das bedeutet, dass sie ausschließlich der Geländesicherung dient und statisch vollständig unabhängig / entkoppelt von der eigentlichen Gründung des Trinkwasserbehälters zu betrachten ist. Der Abtrag sämtlicher Lasten des eigentlichen Bauwerks muss daher vollständig von der Winkelstützmauer entkoppelt erfolgen. 44 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes Diese Bauweise gewährleistet zugleich, dass im weiteren Betrieb der Trinkwasseranlage mögliche Schadstellen oder beschädigte Elemente der Winkelstützmauer bei Bedarf in einem überschaubaren Aufwand ausgetauscht oder repariert werden können, ohne dabei die Statik oder Funktionalität des eigentlichen Trinkwasserbehälters zu gefährden. Somit wird sowohl die Betriebssicherheit als auch die langfristige Wartungsfreundlichkeit des gesamten Bauwerkskonzepts nachhaltig gewährleistet. 6. Andienung der Baustelle Für die im Rahmen der Bauausführung zwingend erforderlichen Materialanlieferungen sowie den Abtransport von Aushub- und Baustellenmaterialien wurde zunächst eine umfassende Untersuchung der potenziellen An- und Zufahrtsmöglichkeiten durchgeführt. Ziel war es, frühzeitig ein praxistaugliches und genehmigungsfähiges Andienungskonzept zu entwickeln, das sowohl die logistischen Anforderungen der Baustelle erfüllt als auch die Belastung der angrenzenden Infrastruktur auf ein Mindestmaß reduziert. Das Baugrundstück befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Autobahn, sodass eine grundsätzlich günstige verkehrliche Anbindung vorliegt. Nach dem Verlassen der Autobahn erfolgt die Weiterfahrt zunächst auf einer Kreisstraße über eine Distanz von etwa 1,5 km bis zur Anliegerstraße, von der aus die Baustelle nach weiteren rund 400 m erreicht werden kann. Allerdings bestehen innerhalb dieser Anliegerstraße beengte Platzverhältnisse, die insbesondere für größere Baustellenfahrzeuge erhebliche Schwierigkeiten beim Rangieren verursachen. Zudem stehen innerhalb des Straßenraums keine ausreichenden Ausweich- oder Wendeflächen zur Verfügung, was die Organisation eines konfliktfreien Anlieferverkehrs erschwert. Aus diesem Grund wurde ein erster Entwurf für ein Andienungskonzept entwickelt, das einen vollständigen Durchgangsverkehr vorsah: Transportfahrzeuge sollten die Anliegerstraße bis zur Rückführung in eine Gemeindestraße durchfahren können, um anschließend wieder auf die Kreisstraße und dann auf die Autobahn zu gelangen. Durch diese Führung sollten sämtliche Rangiermanöver innerhalb der engen Anliegerstraße vermieden werden, um den Verkehrsfluss sowie die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten. Zu diesem Zweck ist im Randbereich des Gebäudes eine abgestufte Gründungskonstruktion aus Magerbeton vorgesehen. Diese wird in mehreren Lagen mit einer Stärke von jeweils 50 cm ausgeführt. Mit zunehmender Tiefe wird die Gründung in Richtung der Außenkante des Gebäudes abgetreppt, sodass eine Art umlaufender Keil entsteht, durch welchen die Lasten senkrecht in den Untergrund geleitet werden können. Die Tiefe dieser abgestuften/ abgetreppten Gründung wird dabei so gewählt, dass sie unterhalb der Gründungsebene der später herzustellenden Winkelstützmauer liegt. Hierdurch wird eine vollständige Entkopplung der beiden Bauwerke sichergestellt. Abb. 4: Darstellung der Entkopplung des Bauwerks 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 45 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes Dieses Konzept wurde der zuständigen Stadtverwaltung vorgelegt und einer umfassenden Prüfung unterzogen. Nach Bewertung durch die Stadt wurde die geplante Durchgangslösung jedoch abgelehnt, da sich im weiteren Verlauf der Anliegerstraße sowohl eine Schule als auch eine Kindertagesstätte befinden. Die Stadt sah hier insbesondere zu den Spitzenzeiten am Morgen und am Nachmittag ein erhebliches Gefährdungspotenzial für Kinder, Eltern und andere Verkehrsteilnehmer, sodass der Vorschlag aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht genehmigt wurde. In einem weiteren Planungsschritt wurde das Andienungskonzept angepasst und dahingehend überarbeitet, dass sämtliche Anlieferungen nur noch in klar definierten Zeitfenstern außerhalb der relevanten Stoßzeiten von Schule und Kita stattfinden sollten. Zusätzlich wurde vorgesehen, dass während dieser Anlieferzeiträume Weisungspersonal eingesetzt wird, um den Verkehrsfluss zu steuern und Gefährdungen auszuschließen. Trotz dieser Verbesserungen konnte auch diese überarbeitete Version die Stadt nicht überzeugen, sodass eine endgültige Genehmigung wiederum versagt wurde. Da die Anliegerstraße die einzige realistisch nutzbare Anbindung zur Baustelle darstellt, war die Entwicklung einer weiteren Alternative erforderlich. Schließlich wurde ein Konzept erarbeitet, bei dem kleinere Baustellenfahrzeuge direkt auf dem Baustellengelände rangieren können. Für größere Fahrzeuge wie beispielsweise Sattelzüge soll das Rangieren innerhalb einer Kreuzung mit einer weiteren Anliegerstraße erfolgen, wobei zwingend vorgesehen ist, dass diese Vorgänge ausschließlich unter Einsatz von entsprechend eingewiesenem Weisungspersonal stattfinden dürfen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Zusätzlich soll zur Absicherung der schwächeren Verkehrsteilnehmer für die Dauer der gesamten Bauzeit ein 1,30 m breiter Geh- und Radweg entlang der Anliegerstraße eingerichtet werden, der durch eine bauliche Absperrung klar vom Baustellenverkehr getrennt wird. Dieser Geh- und Radweg wird zudem mit einer geeigneten Beleuchtung ausgestattet, um auch in den Morgen- und Abendstunden sowie in der dunklen Jahreszeit eine sichere Nutzung zu ermöglichen. Dieses Maßnahmenpaket soll gewährleisten, dass trotz der schwierigen örtlichen Randbedingungen ein sicherer, effizienter und genehmigungsfähiger Baustellenbetrieb umgesetzt werden kann. Abb. 5: Andienung Baugelände über Anliegerstraße 46 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes 7. Baustelleneinrichtungsfläche Für die Durchführung der geplanten Baumaßnahme war es erforderlich, eine Vielzahl von Baustelleneinrichtungsflächen zu konzipieren und festzulegen, die sich abhängig von den einzelnen Bauphasen unterscheiden. Diese Flächen mussten so geplant werden, dass sie den jeweiligen logistischen und sicherheitstechnischen Anforderungen während der Bauzeit genügen. Neben der Einrichtung ausreichend dimensionierter Flächen für die notwendigen Rangiervorgänge der Baustellenfahrzeuge, Transporter und Lieferwagen war darüber hinaus zu berücksichtigen, dass im unmittelbaren Umfeld des Bauwerks Böschungsneigungen sowie vorgeschriebene Sicherheitsabstände zu den Baugruben eingehalten werden müssen. Diese sicherheitsrelevanten Abstände sind unverzichtbar, um sowohl die Standsicherheit der Baugruben als auch den Schutz des Baustellenpersonals dauerhaft zu gewährleisten. Die Summe dieser Anforderungen führte dazu, dass die ohnehin schon sehr begrenzte Fläche innerhalb des zur Verfügung stehenden Baufeldes weiter eingeschränkt wurde. Eine flexible Anpassung der Einrichtungsflächen während der unterschiedlichen Bauphasen war daher kaum möglich, sodass die Planung mit erheblichen Zwängen konfrontiert war. Das begleitend zur Planung durchgeführte Bodengutachten hat ergeben, dass der Aushub nicht wieder einbaufähig ist. Als konsequente und zugleich wirtschaftlich vertretbare Lösung wurde deshalb beschlossen, sämtlichen Bodenaushub direkt vom Baufeld abzufahren und auf ein externes Zwischenlager zur Analyse und späteren Entsorgung zu verbringen. Auf diese Weise konnten Konflikte mit Rangierflächen, Sicherheitsabständen und den Anforderungen an die Baustellenlogistik vermieden werden. Diese Vorgehensweise hat zudem den Vorteil, dass das Baustellengeschehen übersichtlich bleibt und sich keine zusätzlichen Risiken durch provisorische Materiallager ergeben. Hierdurch kann gewährleistet werden, dass die Baustelle während sämtlicher Bauphasen funktional bleibt und die Bauarbeiten ohne vermeidbare Behinderungen durch zwischengelagerte Erdmassen durchgeführt werden können. 8. Partielle Freilegung des Bestandsgebäudes Zur Schaffung ausreichender Aufstellflächen wird zudem eine partielle Freilegung des Bestandsbehälters vorgesehen. Dieser zusätzliche Schritt ist notwendig, um innerhalb der beengten Baustellenverhältnisse ausreichende Flächen für Lagerung, Verkehrswege sowie notwendige Sicherheitseinrichtungen zu schaffen. Für die Planung der Freilegung war jedoch zwingend eine eingehende tragwerksplanerische Bewertung erforderlich, bei der insbesondere die Standsicherheit sowie die Tragfähigkeit der vorhandenen Wandbauteile im voll befüllten Zustand der Wasserkammern überprüft werden musste. Hierbei galt es nachzuweisen, dass auch bei einer teilweisen Freilegung der erdüberdeckten Außenwände keine unzulässigen Zwänge, Spannungen oder Verformungen entstehen, welche die Betriebssicherheit oder die Dauerhaftigkeit der Behälterkonstruktion beeinträchtigen könnten. Neben den rein statischen Aspekten mussten darüber hinaus auch thermische und hygienische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Durch die teilweise Entfernung des umgebenden Erdreichs entfällt die bislang wirksame natürliche Dämmwirkung, die zuvor durch die Anschüttung gewährleistet war. Ohne diese dämmende Erdüberdeckung könnten die freigelegten Wandflächen des Trinkwasserspeichers deutlich stärkeren Temperaturschwankungen unterliegen. Besonders in den heißen Sommermonaten wäre dabei eine unkontrollierte Erwärmung des Trinkwassers denkbar, wodurch wiederum die Gefahr mikrobieller Belastungen, insbesondere die Bildung von Keimen und Biofilmen, erheblich steigen könnte. Ein solcher Effekt würde die hygienische Unbedenklichkeit des Trinkwassers gefährden und ist daher unbedingt zu vermeiden. Um diesem Risiko gezielt entgegenzuwirken, wurde im Rahmen der Planung der Auf bau einer provisorischen Dämmschicht vorgesehen, die während der Bauzeit an den freigelegten Wandbereichen installiert werden soll. Diese temporäre Wärmedämmung dient dazu, die Wassertemperatur auch in den kritischen Perioden stabil zu halten und so einen sicheren und hygienisch einwandfreien Betrieb des Trinkwasserspeichers zu gewährleisten. Durch diese abgestimmte Kombination aus Bodenabfuhr, Freilegung der Behälterwände und ergänzenden Dämmmaßnahmen ist es gelungen, die dringend benötigten Flächen für die Baustelleneinrichtung und die logistischen Abläufe innerhalb des engen Baufelds zu generieren, ohne gleichzeitig die Funktionalität und die Trinkwassersicherheit des bestehenden Behälters zu gefährden. 9. Entwässerung des Grundstücks Zusätzlich zu den bereits dargestellten Herausforderungen im Rahmen der Planung stellte auch die Entwässerungssituation vor Ort eine weitere erhebliche Hürde dar, die im Planungsprozess berücksichtigt werden musste. Die neue Trinkwasserspeicheranlage wird künftig über freistehende Flachdächer verfügen, welche im Vergleich zur bisherigen erdüberdeckten Bauweise sehr große, versiegelte Dachflächen darstellen. Diese Flächen führen im Falle von Niederschlägen zu einer erheblichen Erhöhung der abfließenden Regenwassermengen, da keine natürliche Versickerung über Erdanschüttungen mehr stattfinden kann. Im Ergebnis muss das anfallende Niederschlagswasser vollständig über die Entwässerungsleitungen in das bestehende Kanalsystem eingeleitet werden. Bei der genaueren Analyse der vorhandenen Infrastruktur stellte sich jedoch heraus, dass das bestehende Regenwasserkanalsystem ursprünglich ausschließlich für die Entwässerung der damals erdüberdeckten Behälterbauweise ausgelegt wurde. Der vorhandene Kanalquerschnitt genügt daher nicht, um die bei Starkregen oder gar einem sogenannten Jahrhundertregenereignis auftretenden Nieder-schlagsmengen aufzunehmen und schadlos abzuführen. Ohne zusätzliche Maßnahmen wäre die Gefahr von Überflutungen oder Rückstau in das Betriebsgebäude und in angrenzende Bereiche nicht auszuschließen gewesen. Zur Lösung dieses Problems wurden ein Stauraumkanal und Drosselschächte zur Dämpfung von Starkregen- 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 47 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes abflüssen vorgesehen. Mit dieser Vorgehensweise kann einerseits eine Überlastung des bestehenden Kanalsystems vermieden werden und andererseits die Sicherheit des neuen Betriebsgebäudes sowie angrenzender Grundstücke auch bei extremen Niederschlagsereignissen langfristig gewährleistet werden. Das Retentionskonzept stellt damit einen wesentlichen Baustein im Gesamtkonzept für einen dauerhaft sicheren und nachhaltigen Betrieb der neuen Anlage dar. 10. Rohrleitungsinstallation und Anlagen Resultierend aus den beengten Platzverhältnissen der zur Verfügung stehenden Baufläche unterlag die maximal mögliche Größe des geplanten Bedienhauses erheblichen baulichen und funktionalen Zwängen. Diese Einschränkungen wirkten sich unmittelbar auf die architektonische Gestaltung sowie die technische Auslegung des Gebäudes aus. Insbesondere musste bei der Planung berücksichtigt werden, dass eine umfangreiche Rohrleitungsinstallation mit einem Nennmaß von DN 500 innerhalb des vorgegebenen Baukörpers untergebracht werden konnte, ohne dabei die betrieblichen Abläufe zu beeinträchtigen. Darüber hinaus war bereits in der Planungsphase sicherzustellen, dass eine spätere bauliche Erweiterung des Bedienhauses technisch realisierbar bleibt. Dies umfasste nicht nur strukturelle Reserven für einen potenziellen Anbau, sondern auch die Mitführung weiterer Rohrleitungsabschnitte für die zweite, bislang noch nicht realisierte Wasserkammer. Diese Erweiterungsoption stellte zusätzliche Anforderungen an die Tragwerksplanung, die Leitungsführung sowie an die spätere Montagefreundlichkeit. Neben der Rohrleitungstechnik musste auch die Integration weiterer betriebsnotwendiger Anlagentechnik sowie der gesamten elektrotechnischen Ausrüstung gewährleistet werden. Dabei war insbesondere auf eine kompakte, aber gleichzeitig wartungsfreundliche Anordnung der Komponenten zu achten. Zudem war es zwingend erforderlich, die Zugänglichkeit zu sämtlichen technischen Einrichtungen für Wartung, Instandhaltung und Betrieb dauerhaft sicherzustellen. Aus diesen Überlegungen heraus wurden sowohl das Erdgeschoss als auch das Obergeschoss in Form von schmalen Laufstegen entlang der Innenwände des Bedienhauses ausgebildet. Diese begehbaren Bereiche ermöglichen über mehrere Treppen den Zugang zu verschiedenen Ebenen sowie zu allen relevanten Technikpunkten. Die zentral in den Bedienhausabschnitten freigehaltenen lichten Bereiche dienen dabei nicht nur der Bewegungsfreiheit im Betrieb, sondern insbesondere der uneingeschränkten Erreichbarkeit der untergebrachten Rohrleitungssegmente und Armaturen. Letztere können über die vorgesehenen Deckenkräne effizient gehoben, montiert oder gewartet werden, wodurch auch bei beengten Platzverhältnissen ein funktionaler und betriebssicherer Betrieb gewährleistet bleibt. Abb. 6: Grundriss EG mit Sicht auf die Rohrleitungsinstallation im KG des Bedienhauses (Abschnitt 1 und 2) 48 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes Abb. 8: Isometrie des 3D Modells des gesamten Gebäudes Zur Umsetzung der Planung der Bedienhäuser einschließlich Anlagentechnik in stetiger Abstimmung mit dem Bauherren wurde auf die Erstellung von 3D Modellen gesetzt, welche mittels Einsatzes von entsprechender Software „begangen“ werden konnten. Anhand der bereitgestellten 3D Modelle konnte der Bauherr diese vollumfänglich begutachten und entsprechende Anpassungswünsche etc. äußern. Abb. 7: Isometrie des 3D Modells der Bedienhäuser Abb. 9: Darstellung des stationären Verteilsystems mit Betonpumpe im Schnitt des 1. Bauabschnitts 11. Betonbaukonzept, Qualitätssicherungsplan und Hygienekonzept Um den erhöhten Anforderungen an die Qualität der verwendeten Materialien und an die Hygiene sowie dem BBQ-Kommunikationskonzept gemäß DIN 1045-1000 gerecht zu werden, wurden im Rahmen der Planung mögliche Betonrezepturen der Expositionsklasse XTWB mit den im Bereich der Baumaßnahme ansässigen Betonlieferanten abgestimmt. Ziel war es eine Rezeptur herauszuarbeiten, welche den Anforderungen des XTWB entspricht und zeitgleich in ausreichenden Mengen für den Zeitraum der Betonage zur Verfügung steht. In Zusammenarbeit mit den Betonlieferanten und der zuständigen Tragwerksplanung wurde zudem ein Betonbaukonzept ausgearbeitet. Hierbei soll die Betonage über ein zentrales Verteilsystem mit stationärer Betonpumpe zum Einsatz kommen. Des Weiteren wurde ein Qualitätssicherungsplan für sämtliche zu verwendende Baustoffe und Materialien sowie für die Ausführung aufgestellt, welcher Grundlage der Ausschreibung ist und im Rahmen der Ausführung fortgeführt wird. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 49 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes Abb. 10: Darstellung der definierten Hygienezonen im 1. Bauabschnitt Im Hygienekonzept werden die hygienischen Anforderungen sowie die Einrichtung der Baustelle in Hygienezonen durch den Hygienezonenplan (Abb. 10) geregelt / vorgeben. 12. Abbruchkonzept und Schadstoffsanierung Im Rahmen des Abbruchkonzeptes der Bestandsanlage mussten aufgrund festgestellter Schadstoffbelastungen der Bausubstanz umfangreiche Maßnahmen zur Schadstoffsanierung und Entsorgung des Abbruchmaterials geplant werden. Die Maßnahmen zur Schadstoffsanierung stellen hierbei ein ablaufrelevantes Kriterium dar und sind mit hohen technischen und wirtschaftlichen Aufwendungen verbunden. 13. Naturschutz Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Erschwernissen, insbesondere den erheblichen Einschränkungen durch die beengten Platzverhältnisse auf dem Baufeld, ergaben sich im Zuge der landschaftsplanerischen Begleitplanung weitere relevante Rahmenbedingungen, die in die Gesamtplanung einzubeziehen waren. Im Rahmen einer ökologischen Bestandsaufnahme wurde festgestellt, dass sich auf dem betroffenen Grundstück eine Gruppe von fünf ausgewachsenen Linden befindet. Diese Bäume stehen nicht nur als landschaftsprägende Elemente im Gebiet, sondern erfüllen darüber hinaus auch eine bedeutsame ökologische Funktion. Die Untersuchung hat ergeben, dass diese Linden regelmäßig von verschiedenen Nistvogelarten zur Brutzeit aufgesucht und aktiv genutzt werden. Sie stellen somit ein geschütztes Habitat im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes dar. Ein Eingriff in diesen Baumstand - sei es durch Fällung, Beschädigung oder auch nur durch Beeinträchtigung des Wurzelraums - ist aus naturschutzrechtlicher Sicht unzulässig und hätte schwerwiegende Konsequenzen für die Genehmigungsfähigkeit des Gesamtvorhabens. Daher wurde im Zuge der weiteren Planung besonderes Augenmerk daraufgelegt, dass diese fünf Bäume unter allen Umständen erhalten bleiben. Dies betrifft nicht nur deren physische Unversehrtheit, sondern auch die 50 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planerische Herausforderung bei einem Neubau und Abbruch eines Trinkwasserspeicherbehälters unter Berücksichtigung des lauf. Weiterbetriebes Sicherstellung eines ausreichend großen Schutzradius während der Bauarbeiten, um Bodenverdichtungen, Wurzelschäden oder andere nachteilige Einwirkungen auszuschließen. Entsprechende Schutzmaßnahmen und Ausschlusszonen wurden definiert und in die Bauablaufplanung integriert, sodass die ökologischen Anforderungen mit den bautechnischen Erfordernissen in Einklang gebracht werden konnten. Abb. 11: Rendering des Neubaus mit Darstellung der Winkelstützwand und einer möglichen Begrünung 14. Fazit Das zur Verfügung stehende Baugelände stellte aufgrund vieler Zwänge und ungünstiger Gegebenheiten immense Herausforderungen an die Planung dar. Mit Hilfe von aufwendiger 3D Modellierung, dem Hinzuziehen der erforderlichen Fachplaner, Sicherstellung der erforderlichen Qualität, enger Zusammenarbeit der einzelnen Fachdisziplinen und offener Kommunikation mit der Bauherrschaft konnte letztendlich eine „schlüsselfertige“ Planung umgesetzt und zum Abschluss gebracht werden. Die Umsetzung der Maßnahme steht nun ab 2026 an und wird durch den Autor bauüberwachend begleitet. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 51 Neubau des Trinkwasserbehälters Petze IV Dipl.-Ing. Holger Nordmann Harzwasserwerke GmbH, Hildesheim Zusammenfassung Die Trinkwasserbehälter am Standort Petze haben eine zentrale Funktion im Fernwassernetz der Harzwasserwerke (HWW). Im Rahmen regelmäßiger Inspektionen wurde ein dringender Handlungsbedarf aufgrund von Bewehrungsschäden bei einem 20.000 m³ großen Wickeldrahtbehälter festgestellt. Darüber war ein weiterer Behälter von 15.000 m³ aufgrund des Alters sanierungsbedürftig. Auf Basis der Behälterstrategie der HWW erfolgte nach sorgfältiger Abwägung die Entscheidung zu einem Neubau eines größeren Behälters sowie dem Abriss der beiden sanierungs-bedürftigen Behälter. Der Neubau erfolgte unter Beachtung des DVGW-Regelwerks. 1. Einführung Die Harzwasserwerke beliefern als größter Wasserversorger Niedersachsens rd. 2 Millionen Kunden und Firmen mit hochwertigem, weichem Trinkwasser. An den Talsperren erzeugen wir umweltfreundlichen Strom aus Wasserkraft und schützen die Region zuverlässig vor Hochwasser. Zusätzlich tragen wir die Verantwortung für den Erhalt der Oberharzer Wasserwirtschaft, die Teil des UNESCO-Weltkulturerbes ist. Abb. 1: Leitungsnetz der Harzwasserwerke Sechs Talsperren und vier Grundwasserwerke sind die Grundpfeiler unseres überregionalen Systems. Im Zusammenspiel mit den rund 520 km langen Leitungsnetz, zahlreichen Hochbehältern und Druckerhöhungsanlagen ist eine Trinkwasserversorgung jederzeit sichergestellt - von Göttingen bis Bremen. 2. Standort Petze Der Standort Petze hat eine zentrale Funktion im Fernwassernetz der Harzwasserwerke. Rund die Hälfte des produzierten Trinkwassers geht über diesen Standort. Die Harzwasserwerke betrieben dort insgesamt drei Trinkwasserbehälter zur Weiterverteilung von Wasser aus den beiden Oberflächenwasserwerken an der Sösetalsperre und der Granetalsperre. Der erste Hochbehälter (HB-I) mit 5.000-m³ wurde 1935 errichtet. Zwei Erweiterungen folgten, 1954 der HB-II mit 15.000-m³ und 1984 der HB-III mit 20.000-m³. Mit dem Neubau des HB-IV mit 25.000 m³ wird ein Ersatz für die Behälter HB-I und HB-II geschaffen. Abb. 2: Luftbild Standort Petze, Foto Christian Gossmann 3. Anlass für den Neubau Der Hochbehälter II ist als vorgespannter Wickeldrahtbehälter konstruiert worden. Im Dezember 2019 wurde eine Schädigung bzw. eine Durchrostung des außenliegenden torkretierten Spannstahls festgestellt. Gemäß gutachterlicher Stellungnahme ist die Standsicherheit des Hochbehälters II nicht mehr nachweisbar. Für einen temporären Weiterbetrieb wurden Deformationsmessungen an dem Hochbehälter installiert. Des Weiteren wurde im Dezember 2019 der Hochbehälter I vertieft überprüft. Im Zuge der Überprüfung wurde festgestellt, dass ein Sanierungsbedarf in Höhe von rd. 4,0 Mio. € (netto) besteht, um den Hochbehälter den anerkannten Regeln der Technik entsprechend zu sanieren. 52 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Neubau des Trinkwasserbehälters Petze IV Außerdem hatten Hochlastphasen besonders in den Vorjahren 2018 und 2019 gezeigt, dass die Speicherkapazitäten an ihre Grenzen stießen, um Spitzenwasserabgaben ausgleichen zu können. 4. Planungskonzept Auf Basis der aktuellen Zulauf- und Entnahmemengen wurde ermittelt, dass zukünftig ein Speichervolumen von 45.000 m³ am Standort Petze für einen gleichmäßigen Betrieb des Wasserwerks an der Granetalsperre erforderlich ist. Bei Außerbetriebnahme bzw. Rückbau des HB I und HB II ergibt sich somit ein erforderliches Speichervolumen von rd. 25.000 m³ für einen Behälterneubau am Standort Petze. In der Planung war zu berücksichtigen, dass zu jeder Zeit der Bauphase ein nutzbares Behältervolumen von 40.000 m³ zur Verfügung stehen musste, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Die genutzten drei Hochbehälter mussten damit während des Neubaus in Betrieb bleiben. Dadurch verblieb nur ein Neubau an anderer Stelle. Dank vorausschauender Planung besaßen die Harzwasserwerke bereits eine geeignete Fläche am Standort. Aufgrund der Unsicherheit in Hinblick auf die Standsicherheit des HB-II wurde mit Hochdruck ein Entwurf entwickelt und der Bauantrag bereits im August 2020 eingereicht. Die Baugenehmigung lag im Februar 2022 vor. Damit war der Weg frei, Bauaufträge in EU-weiten Verfahren auszuschreiben und zu vergeben. 4.1 Konstruktive Auslegung des Betonbehälters Die erste Herausforderung lag bereits im Baugrund. Aufgrund der Baugrunduntersuchungen war in der Hauptmasse von Fließerdeböden auszugehen, wobei die Baugrubentiefe bis 7 m betrug. Im Sohlbereich wurde durch den anstehenden Boden der Einbau einer mineralischen Bettungsschicht von mind. 50 cm Stärke erforderlich. Die Böschungen mussten abgedeckt werden und auf der Hangseite wurde aufgrund der vorhandenen Grundstücksgröße ein rückverankerter Verbau inkl. Tiefendrainage nötig. An dem Standort war Staufeuchte bis hin zur Vernässung immer wieder präsent und uneinheitliche Grundwassersignale waren kennzeichnend. Die Wasserproben wiesen Anteile kalklösender Kohlensäure auf, die eine Eingruppierung des Betons in die Expositionsklasse XA2 ergab. Außerdem wurden die Verlegung einer Drainage und ein Bodenaustausch als Maßnahme vorgesehen. Für die Baugrube wurden innerhalb von vier-Monaten rd.-50.000-m³ ausgehoben, von denen rd. 40.000-m³ abgefahren wurden. Abb. 3: Baugrube und Verbau, Einbau Mineralschicht Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde die behördliche Auflage gemacht, für diese Arbeiten ein Bodenschutzkonzept (BSK) aufzustellen und darauf auf bauend den Aushub mit einer bodenkundlichen Baubegleitung (BBB) zu begleiten. Der neue Behälter ist eine erdüberschüttete Stahlbetonkonstruktion und besteht aus zwei Wasserkammern á 12.500 m³ mit Entnahmerinne und einem Bedienungshaus. Die Abmessungen des Behälters betragen 73,5 x 71,5 m. Die Wandhöhe variiert zwischen 5,30 und 8,09 m. Das Bedienungshaus hat die Maße 25,10 x 9,80 x 10,97 m (L x B x H). Die 60 cm starke Bodenplatte der Wasserkammern wurde auf einer Sauberkeitsschicht mit einer bituminösen Gleichschicht errichtet. Sie wurde in vier Betonierabschnitten mit dazwischenliegenden 2,50 m breiten Hydratationsgassen hergestellt. Zur Verbesserung der Oberflächenqualität wurde die Sohle mechanisch abgerieben und geglättet. Die 50 und 60 cm starken Wände wurden in 11,0 - 13,5 m langen Abschnitten mit dazwischenliegenden Hydratationsgassen von 2,50 m Breite errichtet. Zur Verbesserung der Oberflächenqualität wurde auf den Innenwänden eine wasserabführenden Schalungsbahn mit DVGW-Zulassung zur einmaligen Verwendung eingesetzt. Auf der Außenseite kam eine Schalungsbahn ohne Zulassung, dafür für mehrfache Verwendung geeignet, zum Einsatz. Die 50 cm starke Decke wurde ebenfalls in vier Abschnitten betoniert und erhielt auf der Wasserseite ebenfalls eine wasserabführenden Schalungsbahn mit DVGW-Zulassung. Für die Dämmung der Dachfläche wurden vollflächig in Heißbitumen geklebte Schaumglasplatten mit einer Dämmstärke von 10 cm verlegt. Anschließend wurde das Dach mit einer insgesamt 60 cm starken Erdüberschüttung (50-cm Sand/ Kies-Gemisch sowie 10-cm Oberboden) vor äußeren Einflüssen geschützt. Zur sicheren Vermeidung von Stagnationszonen wurden Strömungssimulationen durchgeführt. Aufgrund der Ergebnisse wurden 2 Leitwände je Kammer notwendig. Das Betonierkonzept sah für den Bau des gesamten Behälters die Verwendung nur einer Betonsorte mit verschiedenen Korngrößen vor. Insgesamt wurden rd.-9.000-m³ Beton und etwa 2.000-t Bewehrungsstahl verbaut. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 53 Neubau des Trinkwasserbehälters Petze IV Abb. 4: Einbringen des ersten Sohlbetons Die Dichtheitsprüfung der Decke erfolgte durch Beregnung, die der Wände und Sohle durch Wasserfüllung. Dabei zeigten sich im letzten Betonierabschnitt der Decke verstärkt Risse. Das Finden von geeignetem Verpressmaterial stellte sich dabei als eigene Herausforderung heraus, da durch den Übergang von Zulassungen nach DVGW W270 zu Prüfungen nach KTW-BWGL ein erhöhter Klärungsbedarf bestand. Abb. 5: Bedienungshaus im Frühjahr 2025 4.2 Technische Ausrüstung Das Bedienungshaus nimmt die für die Funktion des Wasserbehälters erforderlichen Armaturen, einen Kran sowie die elektrotechnische Ausrüstung auf. Das Bedienungshaus wird nur im Rahmen von Wartungsgängen / Kontrollen begangen. Jeweils zwei Zulauf- und Entnahmeleitungen DN700 und DN1000 führen in das Bedienungshaus. Über Bypassleitungen können die Zulaufleitungen direkt auf die Entnahmeleitungen geschaltet werden. Insgesamt wurden 25 Armaturen und rd. 70 m Leitungen DN700 bis DN1000 verbaut. Dazu kommen die Leitungen für den Notüberlauf DN800, der Be- und Entlüftung DN600 sowie der Restentleerung DN200. In den Wasserkammern wurden weiter 100 m Edelstahlleitung DN1000 verbaut. Die Absperrarmaturen sind motorangetrieben und können zentral gesteuert werden. Sie waren daher als eine Anlage im Sinne der Maschinenrichtlinie zu betrachten und es wurden eine Betriebsanleitung sowie Risikobeurteilung für die CE-Kennzeichnung erstellt. Abb. 6: Zulauf- und Entnahmeleitungen Die Kammerbelüftung erfolgt über Luftfilter. Für die Auslegung wurden verschiedene Betriebszustände untersucht. Die Auslegung der Luftfilter erfolgte für den Normalbetrieb. Der Bedarf für den „Worst Case“-Fall Rohrbruch und Ausfall Schieberantriebe wird über Sicherheitsventile abgedeckt. Die Notüberläufe dürfen gem. Trinkwasserverordnung nicht mit dem trinkwasserführenden System verbunden sein (Trennung Trinkwasser führender / nicht Trinkwasser führender Rohrleitungen gem. § 17 Trinkwasserverordnung). Die Trennung erfolgt im Bedienungshaus. Die beiden Leitungen wurden mit Gewichtsklappen versehen, um einen Nebenstrom bei der Kammerbelüftung zu verhindern. Abb. 7: Luftfilter und Sicherheitsventile 4.3 Brandschutzkonzept Für den Brandschutznachweis wurde ein objektbezogenes Brandschutzkonzept erstellt, dessen Ergebnis bereits in den Entwurf eingeflossen ist. Aufgrund der Größe der Wasserkammern und der Gestaltung des Bedienungshauses als ein Raum ohne notwendigen Treppenraum waren zwei formale Abweichungen zur niedersächsischen Bauordnung zu beantragen, die genehmigt wurden. 4.4 Sicherheitskonzept Die Harzwasserwerke unterliegen der KRITIS-Verordnung und sind daher verpflichtet, sowohl die Gebäude 54 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Neubau des Trinkwasserbehälters Petze IV der Wasserversorgung als auch ihre IT-Infrastruktur vor Ausfällen und Angriffen zu schützen. Nach diesem Sicherheitskonzept gehört der Hochbehälter Petze IV zur Kategorie 3: Technische Bauwerke der Wasserversorgung. Für die Umsetzung der Anforderung aus der KRITIS-Verordnung und der EN 50600 ist es notwendig, entsprechende Schutzzonen zu definieren und in den Anlagen der Harzwasserwerke umzusetzen. Die Schutzzonen folgen dem Zwiebelschalenprinzip, dabei liegt das zu schützende Objekt im inneren der Zwiebel und wird von mehreren Schichten geschützt. Im Merkblatt DVGW W 1050 (M) werden die Schutzzonen als Sicherheitszonen bezeichnet. 4.5 Entwässerungskonzept Im Zuge des Neubaus des Trinkwasserhochbehälters IV erfolgte die Neuordnung der Wasserableitung aus den Behältern und der Oberflächenentwässerung. Da die Wassereinleitung in den Vorfluter behördlicherseits eingeschränkt wurde, musste der Zufluss gedrosselt und ein Rückhalteraum geschaffen werden. Für die Bemessung des Rückhalteraumes wurden verschiedene Lastfälle betrachtet, die u. a. die Behälterentleerung oder das Anspringen des Behälternotüberlaufs berücksichtigten. 4.6 Hygienekonzept Erstmalig wurde bei den HWW für einen Behälterneubau ein Hygienekonzept nach DVGW W300-8 erarbeitet. Abhängig von den Bauteilen und dem Baufortschritt erhöhten sich die Anforderungen. Die Einhaltung des Konzeptes erwies sich als eine Herausforderung und erforderte eine ständige Kontrolle. Abb. 8: Hygienekonzept, Foto Christian Gossmann 4.7 Reinigungs- und Desinfektionskonzept Für die Wasserkammern und für die Rohrleitungen inkl. der erdverlegten wurde ein Reinigungs- und Desinfektionskonzept gemäß DVGW W 300-7 (M) vom Planer aufgestellt und zusammen mit dem ausführenden Unternehmen fortgeschrieben. Zur Desinfektion des Trinkwasserbehältern inkl. der Rohrleitungen wurde Wasserstoffperoxid gem. DVGW Arbeitsblatt W-291 eingesetzt. Für die erdverlegten, mit Zementmörtel ausgekleideten Rohre fand zusätzlich das Arbeitsblatt W 346-2 Berücksichtigung. Die Beprobung und mikrobiologische Freigabe erfolgten durch das hauseigene Labor unter Aufsicht des Gesundheitsamtes. Die Koloniezahl für 22 °C und 36 °C wurde dabei abweichend von der TrinkwV auf ≤ 10 statt 100 begrenzt. 4.8 Außenbereich und Ausgleichsmaßnahmen Zur Anbindung an das bestehende Leitungsnetz waren rd. 600 m zementmörtelausgekleidete Stahlrohrleitungen DN700 und DN1000 mit Polyethylen-Ummantelung zu verlegen und an das kathodische Korrosionsschutzsystem anzuschließen. Eine besondere Herausforderung stellte auch hier der Fließerdeboden dar, der die Rohrleitungsverlegung behinderte und einen Verbau erforderlich machte. Die Anbindung ans Leitungsnetz erfolgte in verbrauchsarmen Zeiten. Für die Umwandlung der Waldfläche mussten Ersatzpflanzungen erfolgen. Diese waren nur zu einem geringen Teil im Nahbereich möglich und es mussten Verträge mit Forstgenossenschaften geschlossen werden, um die Kompensationsverpflichtung zur Aufforstung zu erfüllen. Die Wasserkammerdecke inkl. der Böschungen wurde als halbruderale Gras-/ Krautfläche angelegt. Abb. 9: Anbindung ans vorhandene Rohrleitungsnetz 5. Schlussbetrachtung Durch die plötzliche Dringlichkeit eines Ersatzbaus war das Projekt eine besondere Herausforderung. Erschwerend kam hinzu, dass die Planungsphase in die Zeit der COVID-19-Pandemie in Deutschland fiel. Letztendlich konnte der neue Behälter nach 5- Jahren Planung und Bau im Juni 2025 erfolgreich ans Netz gebracht werden. Die Kosten für den Behälterneubau betragen rd. 25,5 Mio. € inkl. aller Nebenkosten. Der Abbruch der beiden Behälter HB II und HB I ist für Ende 2025 bzw. 2026 geplant. Dann wird das Projekt abgeschlossen sein. Hygiene 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 57 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich - Einführung in die neue europäische Trinkwasserrichtlinie Dr. Frank Czerny Kiwa GmbH, Berlin Zusammenfassung Die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie hat sich zum Ziel gesetzt, harmonisierte Mindesthygieneanforderungen für Materialien, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kontakt kommen, festzulegen. Diese Anforderungen werden in sechs verschiedenen Rechtsakten dargelegt, die von der europäischen Kommission erlassen wurden. Da das „Guidance document“ derzeit lediglich in einer Entwurfsversion vorliegt, kann an dieser Stelle nur der aktuelle Stand zu den hygienischen Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe wiedergegeben werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den einzelnen Schritten im Zertifizierungsprozess. 1. Einführung Im Jahr 2015 fand im Anschluss an eine europäische Bürgerinitiative eine Überprüfung der bestehenden „Trinkwasserrichtlinie“ (Richtlinie 98/ 83/ EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch) hinsichtlich ihrer Effizienz und Leistungsfähigkeit statt. Dabei stellte sich heraus, dass eine Aktualisierung der Richtlinie notwendig ist. Unter anderem wurde konstatiert, dass es nicht gelungen ist, einheitliche Hygieneanforderungen für Produkte, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Berührung kommen, aufzustellen. Hieraus resultieren viele verschiedene Anforderungen für die nationalen Produktzulassungen, was wiederum sowohl für Hersteller als auch für die Mitgliedstaaten höhere Kosten bedeutet. [1] Daher sollen in einer Neufassung der Trinkwasserrichtlinie unter anderem harmonisierte Mindestanforderungen für Materialien, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Berührung kommen, festgelegt werden. In der Neufassung der „Trinkwasserrichtlinie“ vom 16.12.2020 (Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch) werden in Artikel- 11 Mindesthygieneanforderungen für Materialien, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kontakt kommen, festgelegt. Konkret wird dargelegt, dass diese Materialien • den Schutz der menschlichen Gesundheit weder direkt noch indirekt gefährden • die Färbung, den Geruch oder den Geschmack des Wassers nicht beeinträchtigen • nicht die Vermehrung von Mikroorganismen fördern • nicht dazu führen, dass Kontaminanten in höheren Konzentrationen als aufgrund des mit dem Material verfolgten Zwecks unbedingt nötig in das Wasser gelangen [1] Da diese Festlegung den einzelnen Mitgliedstaaten wiederum zu viel Spielraum bei den Mindesthygieneanforderungen lässt, wurde die europäische Kommission außerdem ermächtigt, Durchführungs- und delegierte Rechtsakte zu erlassen, um EU-weit harmonisierte Mindesthygieneanforderungen sicherzustellen.[1] 2. Einführung in die Trinkwasserrichtlinie 2.1 Übersicht über notwendige Dokumente Wie in der Einführung bereits beschrieben, stellt die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie vor allem den rechtlichen Rahmen bereit. Mindesthygieneanforderungen werden in sechs Rechtsakten festgelegt, die im Januar 2024 veröffentlicht wurden. Nachfolgend werden diese sechs Rechtsakte kurz vorgestellt: 1.) Durchführungsbeschluss (EU) 2024/ 365 Es werden Methoden und Anforderungen zur Bewertung von Ausgangsstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen für die Aufnahme in die Positivlisten des Durchführungsbeschlusses (EU) 2024/ 367 beschrieben. [2,3] 2.) Durchführungsbeschluss (EU) 2024/ 367 Es werden Positivlisten für • Ausgangsstoffe für organische Materialien • Zusammensetzungen metallener Werkstoffe • organische Bestandteile zementgebundener Werkstoffe • Zusammensetzungen für Emails, keramische Werkstoffe und andere anorganische Werkstoffe vorgestellt. Jeder Eintrag in einer Positivliste ist mit einem individuellen Ablaufdatum versehen.[2,4] 3.) Delegierte Verordnung (EU) 2024/ 369 Es wird das Verfahren zur Bewertung von Ausgangsstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen durch die 58 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich ECHA festgelegt. Die Mitteilung der Absicht zur Beantragung der Aufnahme eines Ausgangsstoffes in die europäische Positivliste kann bereits ab dem 31.12.2025 erfolgen.[2,5] 4.) Durchführungsbeschluss (EU) 2024/ 368 Es werden die Verfahren und Methoden zur Prüfung der endgültigen Materialien festgelegt.[2,6] 5.) Delegierte Verordnung (EU) 2024/ 370 Es werden Konformitätsbewertungsverfahren für Produkte vorgestellt.[2,7] 6.) Delegierte Verordnung (EU) 2024/ 371 Es wird ein Verfahren zur Kennzeichnung von Produkten beschrieben.[2,8] Darüber hinaus sind so genannte „Guidance documents“ in Arbeit, die rechtlich jedoch nicht bindend sind. Sie sollen die bestehenden Rechtsakte weiter erläutern. Hierzu wird die europäische Chemikalienagentur ECHA ein „Guidance document“ bezüglich der ersten drei hier vorgestellten Rechtsakte veröffentlichen. Der Schwerpunkt wird dabei auf allen Themen rund um die europäischen Positivlisten liegen. Ein weiteres „Guidance document“ wird von einer Expertengruppe bestehend aus Repräsentanten der EU-Mitgliederstaaten und Vertretern aus Industrie und zukünftig notifizierter Stellen erarbeitet. Thematische Schwerpunkte sind hier die Verfahren zur Prüfung von Materialien sowie das Konformitätsbewertungsverfahren.[9] 2.2 Zeitlicher Ablauf zur Einführung der Trinkwasserrichtlinie Ein zeitlicher Ablauf soll im Folgenden stichpunktartig skizziert werden: [1, 2, 5, 9] • 16.12.2020: Neufassung der europäischen Trinkwasserrichtlinie • 23.01.2024: Veröffentlichung der entsprechenden Rechtsakte • 31.12.2025: Mitteilung zur Absicht auf Beantragung der Aufnahme eines Ausgangsstoffes in die europäische Positivliste möglich • 31.12.2026: alle Rechtsakte treten in Kraft - neue Produkte müssen den europäischen Anforderungen entsprechen • 31.12.2026 - 30.12.2032: Übergangsphase: Produkte mit nationalen Zulassungen, die bereits vor dem Start der Übergangsphase auf dem Markt waren, müssen spätestens zum 31.12.2032 den europäischen Anforderungen entsprechen • 2032: Überprüfung des neuen Zertifizierungssystems 2.3 Anwendungsbereich der Trinkwasserrichtlinie Die Trinkwasserrichtlinie gilt nur für Endprodukte. Darunter sind Produkte zu verstehen, die nicht zu anderen Produkten weiterverarbeitet werden und die direkt in Kontakt mit Wasser kommen, das für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist. Hierzu gehören beispielsweise Betonfertigteile. Einzelne Bestandteile wie Zement oder Betonzusatzmittel liegen nicht im Anwendungsbereich der Trinkwasserrichtlinie, können allerdings im Rahmen einer Vorabprüfung ebenfalls getestet und zertifiziert werden. Eine Sonderstellung nehmen hier baustellenseitig hergestellte Produkte ein. Da es sich bei diesen Produkten per se um neue Produkte handelt, müssen sie bereits ab dem 31.12.2026 den Vorgaben der europäischen Trinkwasserrichtlinie entsprechen. Gemäß der aktuellen Version des „Guidance documents“ (März 2025) kann die Konformität dieser Produkte mittels eines erfolgreich abgeschlossenen Konformitätsbewertungsverfahrens aller Bestandteile nachgewiesen werden. Die notifizierende Stelle muss dann entweder sicherstellen, dass die entsprechenden Bestandteile wirklich eingesetzt werden oder kann alternativ auf der Baustelle Prüfkörper herstellen lassen. [9] 2.4 Ablauf der Zertifizierung Zunächst muss das zu zertifizierende Produkt einer Risikogruppe zugeordnet werden, um den Prüfaufwand abschätzen zu können. Hierzu wird das Produkt zunächst gemäß Tabelle- 5 des Durchführungsbeschluss (EU) 2024/ 368 einer Produktgruppe zugeordnet, aus der sich jeweils ein Umrechnungsfaktor ergibt. Mithilfe dieses Umrechnungsfaktors kann die notifizierte Stelle gemäß Tabelle-1 des Durchführungsbeschluss (EU) 2024/ 368 die Risikogruppe ermitteln. Bei Vorprüfungen einzelner Bestandteile (z. Bsp. Betonzusatzmitteln, Zement, Gesteinskörnung) können die notwendigen Parameter dem „Guidance document“ entnommen werden. [9] Der Ablauf der Zertifizierung lässt sich in vier Schritte untergliedern: • Rezepturprüfung (entfällt bei Risikogruppe 4) • Migrationstest (Untersuchung der organoleptischen und toxikologischen Parameter) • Prüfung zur Vermehrung von Mikroorganismen • jährliche Inspektion (falls nötig) 2.4.1 Rezepturprüfung [6,9] ∗ Vergleich der einzelnen Rezepturbestandteile mit den entsprechenden europäischen Positivlisten ∗ jeder Eintrag in der europäischen Positivliste hat ein Ablaufdatum à am Ausstellungstag des Zertifikats darf Ablaufdatum nicht überschritten sein ∗ Ermittlung relevanter Stoffe für die Migrationsprüfung 2.4.2 Migrationsprüfung [6,9] ∗ jedes Produkt wird bei 23 °C geprüft ∗ zusätzliche Prüfung bei Produkten für Betriebstemperaturen > 30 °C bei entweder 60 °C oder 85 °C ∗ Migration (Kaltwasserprüfung) findet in gechlorten und nicht-gechlorten Wasser statt ∗ Analyse auf: • Geruch • Geschmack • Farbe 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 59 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich • Trübung • TOC • relevante Stoffe (aus Rezepturprüfung) • Elemente gemäß Tabelle-1, Anhang-V, Durchführungsbeschluss (EU) 2024/ 367 • unerwartete Stoffe (GC/ MS-Screening, nur bei organischen Bestandteilen in der Rezeptur) 2.4.3 Prüfung zur Vermehrung von Mikroorganismen [6, 9] ∗ nur notwendig, falls Rezeptur organische Bestandteile beinhaltet ∗ Prüfung gemäß DIN EN 16421: 2015, Verfahren 1 oder 2 2.4.4 Jährliche Inspektion [7,9] Gemäß den Bestimmungen der delegierten Verordnung (EU) 2024/ 370 finden je nach Risikogruppe verschiedene Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang-II des Beschlusses Nr. 768/ 2008/ EG Anwendung. Für die Risikogruppen 1 und 2 werden folgende Konformitätsbewertungsverfahren herangezogen: ∗ Modul B: • Prüfung eines Prüfmusters • Prüfung durch notifizierte Stelle • Prüfmuster werden durch notifizierte Stelle entnommen ∗ Modul D (mithilfe notifizierter Stelle): • Bewertung des Qualitätssicherungssystems • Erstinspektion der Produktionsstätte • jährliche Inspektion incl. Entnahme von Prüfmustern • jährliche Prüfungen Für die Risikogruppen 3 und 4 werden dahingegen diese Konformitätsbewertungsverfahren herangezogen: ∗ Modul B: • Prüfung eines Prüfmusters • Prüfung durch notifizierte Stelle • Prüfmuster können vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden ∗ Modul C (ohne notifizierte Stelle): • werkseigene Produktionskontrolle des Herstellers Die Anforderungen des Modul-B werden durch die Punkte 2.4.1-2.4.3 abgedeckt. Diese Prüfung muss nach 5 Jahren wiederholt werden. Modul-D schreibt neben der Bewertung des Qualitätssicherungssystems auch eine jährliche Inspektion vor. Die jährlichen Prüfungen können jedoch mit einem reduzierten Prüfaufwand erfolgen, wobei die Migrationswässer nur auf Geruch, Geschmack, Farbe, Trübung und TOC hin untersucht werden. 2.5 Kennzeichnung von Produkten [8,9] Produkte, die das Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich abgeschlossen haben, müssen durch den Hersteller mit folgendem Symbol gekennzeichnet werden: Darüber hinaus soll unter dem Symbol deutlich erkennbar der Text „FÜR TRINKWASSER GEEIGNET“ hinzugefügt werden. 2.6 Zusammenfassung - Was ist neu? (Auszug) Wesentliche Änderungen im Vergleich zum nationalen Konformitätsbewertungssystem nach dem DVGW- Arbeitsblatt W 347 werden hier noch einmal stichpunktartig zusammengefasst: • Einführung von Risikogruppen • Einträge in der Positivliste haben ein Ablaufdatum • Zusätzliche Prüfung bei Produkten für Betriebstemperaturen > 30 °C • GC/ MS-Screening auf unerwartete Stoffe • Für Risikogruppe 1 & 2: • Prüfmuster werden im Rahmen einer Inspektion durch eine notifizierte Stelle entnommen • jährliche Inspektion • jährliche Prüfungen • Prüfzeugnisse sind 5 Jahre gültig und können nicht verlängert werden Literatur [1] RICHTLINIE (EU) 2020/ 2184 DES EUROPÄI- SCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch Richtlinie - 2020/ 2184 - EN - EUR-Lex [2] UBA-Information „Hygienische Anforderungen an Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser“ vom 20.07.2024 [3] DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2024/ 365 DER KOMMISSION mit Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Methoden für die Prüfung und Akzeptanz von Ausgangsstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen, die in die europäischen Positivlisten aufzunehmen sind Durchführungsbeschluss - 2024/ 365 - EN - EUR- Lex [4] DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2024/ 367 DER KOMMISSION zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Erstellung der europäischen Positivlisten von Ausgangsstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen, die für die Verwendung bei der Herstellung von Materialien bzw. Werkstoffen oder Produkten, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kontakt kommen, zugelassen sind https: / / eur-lex.europa.eu/ legal-content/ DE/ TXT/ ? uri=CELEX: 32024D0367 60 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich [5] DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/ 369 DER KOMMISSION zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung des Verfahrens für die Aufnahme von Ausgangsstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen in die europäischen Positivlisten oder deren Streichung daraus Delegierte Verordnung - EU - 2024/ 369 - EN - EUR-Lex [6] DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2024/ 368 DER KOMMISSION mit Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Verfahren und Methoden für die Prüfung und Bestätigung der Zulässigkeit endgültiger, in Produkten verwendeter Materialien bzw. Werkstoffe, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kontakt kommen Durchführungsbeschluss - 2024/ 368 - EN - EUR- Lex [7] DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/ 370 DER KOMMISSION zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung von Konformitätsbewertungsverfahren für Produkte, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kontakt kommen, sowie von Vorschriften für die Benennung der an diesen Verfahren beteiligten Konformitätsbewertungsstellen Delegierte Verordnung - EU - 2024/ 370 - EN - EUR-Lex [8] DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/ 371 DER KOMMISSION zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung harmonisierter Spezifikationen für die Kennzeichnung von Produkten, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Kontakt kommen Delegierte Verordnung - EU - 2024/ 371 - EN - EUR-Lex [9] Guidance document - Materials in Contact with Drinking Water: Testing of Final Materials and Conformity Assessment (Entwurfsversion, Stand: März 2025) 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 61 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement Priv.-Doz. Dr. Christiane Schreiber Leitung Wissenschaft & Kommunikation der CARELA GmbH, Rheinfelden Freiberufliche Wissenschaftlerin, Ratingen assoziierte Senior Fellow am IHPH, Universität Bonn/ UKB, Bonn Zusammenfassung Es bestehen vielfältige Beziehungen bzw. Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren, Mikroorganismenwachstum, Versorgungsinfrastruktur und Gesundheitsgefährdungen. Daher ist ein gesundheitsorientiertes Risikomanagement in der Trinkwasserversorgung sinnvoll, das vorausschauend auch zukünftige Herausforderungen durch den Klimawandel berücksichtigt. Ein modernes Risikomanagement in der Wasserversorgung wie es die Trinkwasserverordnung 2023 fordert, orientiert sich u. a. am Water Safety Plan-Konzept der WHO. Ein regelmäßiges Monitoring geeigneter Aspekte und Stellschrauben ist wichtig, um trinkwasserhygienische Beeinträchtigungen nicht nur bei Auftreten zu minimieren, sondern ungünstige Veränderungen schon frühzeitig zu erkennen und so mikrobiologische Gesundheitsgefahren effektiv vorzubeugen und zu kontrollieren. Trinkwasserbehälter nehmen dabei eine zentrale Rolle im Sinne kritischer Kontrollpunkte ein. Steigende Wassertemperaturen - nicht nur im Zuge des Klimawandels - erfordern eine Anpassung der Instandhaltungs- und Überwachungsmaßnahmen auch in Trinkwasserbehältern, um die hygienisch einwandfreie Trinkwasserqualität bis hin zum Verbraucher nachhaltig zu sichern. Neben präventiven Aspekten und Maßnahmen ist insbesondere im Kontaminationsfall die Ursachenanalyse und -beseitigung entscheidend, um das Wachstum umwelt-bürtiger Krankheitserreger zu kontrollieren. Das in der neuen UBA-Empfehlung von Januar 2025 skizzierte strukturierte Vorgehen im Falle von Nachweisen coliformer Bakterien im Versorgungssystem für einen bundesweit einheitlichen Umgang mit Positivbefunden kann dabei auf andere Spezies übertragen werden. Kontaminationen in Trinkwasserspeicherbehältern sind entsprechend allgemein anerkannter Regeln der Technik (u. a. DVGW Merkblatt W300-7) zu beseitigen. 1. Einführung Die Sicherstellung einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserversorgung stellt eine der zentralen gesundheitsbezogenen Aufgaben der Daseinsvorsorge dar. Mit der Neufassung der EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/ 2184 [1] im Jahr 2020 ist der risikobasierte Ansatz zur Gewährleistung der Wasserqualität auf europäischer Ebene rechtlich verankert worden. Risikobewertung und Risikomanagement soll entlang der gesamten Versorgungskette von der Quelle bis zum Zapf hahn erfolgen, um die hygienische und damit gesundheitliche Sicherheit für den Verbraucher sicherzustellen. Zur operativen Umsetzung und aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten werden dabei die drei Subsysteme Einzugsgebiet, Versorgungssystem und Trinkwasserinstallationen unterschieden. Das Versorgungssystem umfasst mit Auf bereitung, Speicherung und Verteilung des Trinkwassers bis zum Hausanschluss den klassischen Tätigkeitsbereich zentraler und dezentraler Wasserversorger. Die entsprechenden Implementierungen in nationales deutsches Recht wurden über die novellierte Trinkwasserverordnung [2] und die neu geschaffene Einzugsgebieteverordnung [3] umgesetzt. In Anlehnung an das Water Safety Plan-Konzept (Wassersicherheitsplan; WSP) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) [4] und unter Verweis auf mindestens entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere der DIN EN 15975-2, verpflichtet die TrinkwV [2] bestimmte Betreiber von Wasserversorgungsanlagen nun zum kontinuierlichen Risikomanagement. Dabei sind natürlich auch Aspekte zu berücksichtigen, die sich durch den globalen Klimawandel auf lokaler bzw. regionaler Ebene nachteilig verändern können. Damit rückt zum Beispiel die Trinkwassertemperatur in den Fokus, aber auch nachteilige Effekte auf die Wasserquantität und -qualität infolge geänderter Niederschlagsmuster und vermehrter Extremwetterereignisse. Daneben bleibt das Minimierungsgebot auch bezüglich unerwünschter Mikroorganismen und chemischer Stoffe und Substanzen weiterhin implementiert (§ 6 Abs. 5, § 7 Abs. 5). Hierzu zählt auch Biofilm-Minimierung, was ebenfalls im Rahmen des hygienischen Risikomanagements Berücksichtigung findet. Im Folgenden wird das Versorgungssystem - also Trinkwasserverteilung zwischen Ausgang Wasserwerk und Hausanschluss - näher betrachtet. Wichtige mikrobielle Kontaminanten, Möglichkeiten deren Überwachung und Minimierung im Sinne eines WSP stehen dabei im Fokus. 62 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement 2. Umweltbedingungen und mikrobiologisches Wachstum - Grundlagen für das Verständnis hygienischer Risiken 2.1 Umweltfaktoren als Triebkräfte mikrobiellen Wachstums Mikroorganismen sind integraler Bestandteil jeder aquatischen Umwelt. Ihr Vorkommen, ihre Aktivität und ihre Vermehrung unterliegen physikalisch-chemischen Rahmenbedingungen. Hinzu kommen biologische Faktoren wie der Populationsdynamik, Zelldichten und Vergesellschaftung oder Konkurrenz zwischen verschiedenen Arten. Wichtige Wachstum beeinflussende Faktoren sind z. B. die Verfügbarkeit von Nährstoffen und organischem bzw. bioverfügbarem Kohlenstoff, der pH- Wert, Sauerstoffkonzentration bzw. Sauerstoffsättigung und Temperatur. In allen Habitaten der Umwelt existieren Mikroorganismen, die sich an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst haben. Werden diese Parameter in einen für eine Spezies günstigeren Bereich verschoben, beschleunigt sich die Vermehrung. Grundsätzlich wachen Prokaryonten - also Bakterien und Archaeen - dabei durch Zellteilung, also exponentiell. Die Vermehrung der eukaryotischen Mikroorganismen - Pilze, Algen und Protozoen - ist zwar im Detail komplexer, aber ebenfalls durch spezies-spezifische optimale Habitatbedingungen definiert. In der Umwelt siedeln sich Mikroorganismen auf Oberflächen an, wo sie sich vermehren und Beläge in Form von Biofilmen ausbilden [Abb. 1]. Biofilme bieten Lebensraum für unzählige Bakterien und andere Kleinstlebewesen. Diese kommen natürlich vor oder werden als Kontamination eingetragen. Die Mehrheit aller Mikroorganismen liegt damit nicht in der Wasserphase, sondern oberflächenassoziiert an Wandungen und andere Flächen vor. Damit gilt auch für Wasser: Mikroorganismen wachsen besonders an den Grenzflächen, weniger in der freien Wasserphase [5]. Zusätzlich zur Besiedlung von Wandungen im System haften und wachsen Mikroorganismen an losen Partikeln. Diese lagern sich bei geringer Fließgeschwindigkeit und Stagnation als Sediment ab. Viele der beim Menschen Krankheiten verursachenden Mikroorganismen, sogenannte Humanpathogene, besitzen Temperatur-Optima im Bereich um die menschliche Körpertemperatur, oft zwischen 25 °C und 45 °C. Bereits geringe Temperaturerhöhungen im Bereich von wenigen Grad Celsius können deren Wachstum, bei ansonsten stabilen Umgebungsbedingungen, deutlich steigern. Zudem bewirkt ein Anstieg der Wassertemperatur ein Mikrobiom-Shift. So konnten z. B. infolge eines Anstiegs der Wassertemperatur auf 24 °C erhöhte Vorkommen von Pseudomonaden und Mykobakterien festgestellt werden [6]. Abb. 1: Schematische Darstellung der Einnistung und Freisetzung von fakultativ-pathogenen Bakterien aus der Umwelt in Biofilme, die sich an Materialoberflächen in Kontakt mit Trinkwasser bilden. Die Bakterien können sich im Versorgungssystem vermehren, der Klimawandel begünstigt dies. (Bild: Schreiber, 2023) 2.2 Einfluss des Klimawandels auf die Wasserversorgungssysteme Im Zuge des Klimawandels steigen die Temperaturen in Oberflächenwie Grundwasserressourcen bereits heute nachweislich an. Gleichzeitig sinkt in vielen Regionen die mittlere Verweildauer des Niederschlagswassers im Boden, was eine Verringerung der natürlichen Filter- und Selbstreinigungseffekte im Zuge von Bodenpassagen bewirkt. Erhöhte Mikroorganismenkonzentrationen bereits im Rohwasser sind die Folge. Dieser Herausforderung muss die Auf bereitung im Wasserwerk als zweite wichtige Barriere im Multibarrierenkonzept begegnen. Auch im Water Safety Plan spielen Einzugsgebiet und Trinkwasserauf bereitung im Wasserwerk eine wichtige Rolle. Entsprechend dem Fokus dieses Beitrags soll dies jedoch nicht weiter ausgeführt werden. Auch auf die Trinkwasserverteilung wirken sich steigende Umgebungstemperaturen aus. Denn höhere Umgebungstemperaturen erwärmen auch das Wasser im Verteilungssystem. Besonders macht sich dieser Effekt im Sommer bemerkbar. Im Rahmen von Studien wurde festgestellt, dass die Trinkwassertemperatur im Versorgungsnetz bereits heute höher ist als gewünscht: am Übergabepunkt vom Versorgungssystem zur Trinkwasserinstallation von Gebäuden hat es im Mittel einer bundesweiten Studie zufolge 14 °C. Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zur Auslegung von Trinkwasserinstallationen in die Berechnung einbezogen werden allerdings nur 10 °C. In mehr als 25 % der untersuchten Gebäude erreichte das Trinkwasser über 17 °C an der Übergabestelle zur Gebäudewasserversorgungsanlage; im Sommer wurden Temperaturen bis zu 22 °C gemessen [7]. Der weitere Klimawandel wird die Aufwärmungen und damit das Biofilmwachstum verstärken. Temperatureffekte durch Wärmeübertragung bei parallel verlegten Fern- und Nahwärmeleitungen kommen im Falle nicht ausreichender Dämmung hinzu. Diese allerdings wirken sich nicht spezifisch im Sommer, sondern das ge- 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 63 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement samte Jahr über aus. Eine erhöhte Verweildauer begünstigt die Temperaturübergänge. 2.3 Mikrobielles Wachstum im Versorgungssystem Es ist heute hinlänglich bekannt, dass Trinkwasser nicht steril ist oder sein kann. Auch wenn keine oder nur wenige Mikroorganismen, meist Bakterien, mit den nach TrinkwV anzuwendenden Methoden im Trinkwasser nachweisbar sind, befinden sich in jedem Tropfen auf bereiteten Trinkwassers, der das Wasserwerk verlässt, noch mehrere Zehntausend bis Millionen Mikroorganismen, die beispielsweise mittels mikroskopischer oder durchflusszytometrischer Zellzählungen oder durch Genanalysen nachgewiesen werden können [5]. Wichtig ist, dass sich nach der Auf bereitung des Rohwassers im Trinkwasser verbleibende Mikroorganismen nicht durch Vermehrung negativ auf Verteilungsinfrastruktur-Technik oder menschliche Gesundheit auswirken. In technischen wasserführenden Systemen erfolgt mikrobielle Besiedlung bevorzugt an Grenzflächen, etwa auf Rohrinnenwänden, in Dichtungen, Ventilen oder Behälteroberflächen. Dort bilden sich Biofilme, also schleimartige Ansammlungen aus Mikroorganismen und extrazellulärer Matrix, die sowohl Schutz als auch Lebensgrundlage für die enthaltenen Bakterien darstellen. In Biofilmen sind Mikroorganismen gegenüber Umwelteinflüssen sowie gegen Desinfektionsverfahren jeder Art (z. B. UV) besonders widerstandsfähig. Ursachen und begünstigende Faktoren von Biofilmwachstum wurde in den letzten zwei Dekaden intensiv wissenschaftlich untersucht. In wasserführenden Systemen spielen neben Nährstoffgehalten und gelöstem organischem Kohlenstoff vor allem Temperatur und Stagnation bzw. zu geringer Durchfluss, im Sinne von Wasseraustausch und Strömungsgeschwindigkeit, eine Hauptrolle. [z. B. 7-9]. Letzteres begünstigt Temperaturerhöhungen und gibt Mikroorganismen Zeit zum Wachstum. Im Verteilungssystem sind also Abschnitte mit niedriger Durchflussrate bzw. Stagnation besonders von Biofilmbildung, und damit von potenziellen hygienischen Auffälligkeiten, betroffen. Neben vermeidbaren Risikobereichen, z.-B. in unzureichend genutzten oder überdimensionierten Leitungsabschnitten, stellen Trinkwasserspeicherbehälter damit geplante Risikobereiche dar. Die Bevorratung ist zur störungsfreien Trinkwasserversorgung notwendig, zugleich aber begünstigt die verlängerte Verweildauer des Wassers in der Wasserkammer ein potenzielles Mikroorganismenwachstum an den Oberflächen von Bauteilen sowie in abgelagerten Sedimenten. 2.4 Hygienische und gesundheitliche Relevanz Trinkwasserhygiene-relevante Mikroorganismen lassen sich nach biologischen und epidemiologischen Gesichtspunkten in verschiedene Gruppen unterteilen. Am gebräuchlichsten ist die Unterscheidung zwischen fäkal-bürtigen und umweltbzw. wasser-bürtigen Organismen. Während erstere durch eine Kontamination des Trinkwassers von außen durch tierische oder menschliche Fäkalien verursacht werden, und sich in der Regel im Wasser selbst nicht vermehren, sondern dort bestenfalls längere Zeit persistieren können (z. B. Escherichia coli, intestinale Enterokokken, Salmonellen, Shigellen), kommen die umweltbzw. wasser-bürtigen Organismen natürlicherweise in der Umwelt und im Rohwasser vor; entsprechende wird ihre Zahl in der Auf bereitung zwar verringert aber es erfolgt keine vollständige Elimination. Damit ist ein Aufwachsen im Verteilungssystem unter günstigen Bedingungen möglich. Die im Trinkwassersystem auftretenden wasser-bürtigen Mikroorganismen sind dabei größtenteils harmlos. Kritisch wird es, wenn sich opportunistische Pathogene einnisten und vermehren. Hierzu zählen unter anderem fakultativ-pathogene Krankheitserreger wie Legionellen, Pseudomonaden (insbesondere Pseudomonas aeruginosa) oder Coliforme, die bereits eine gewisse Rolle in der Trinkwasserüberwachung spielen. Anders als das Vorkommen der fäkal-bürtigen Bakterien E.- coli und Enterokokken ist der Nachweis von Coliformen nicht per se mit gesundheitlicher Relevanz verbunden. Es gibt jedoch innerhalb der Gruppe der coliformen Bakterien einige nicht unkritische Krankheitserreger. Dazu gehören Vertreter der sogenannten KEC-Gruppe, d. h. verschiedene Klebsiellen (z. B. K. pneumoniae, K. oxytoca, K. aerogenes), Enterobacter-Arten (z. B. E. cloacae) und Citrobacter (z. B. C. freundii) sowie Serratien (S. marcescens und S. liquefaciens). Diese können bei entsprechender Anfälligkeit schwerwiegende Infektionen verursachen) [10]. Ältere oder anderweitig, z. B. durch Vorerkrankung, immungeschwächte Menschen, sowie Kinder, weil ihr Immunsystem noch nicht völlig ausgereift ist, sind besonders betroffene vulnerable Personengruppen. Dementsprechend ist besonders in medizinischen Einrichtungen eine gute Wasserqualität wichtig, um sogenannte nosokomiale Infektionen zu verhindern. Hinzu kommt, dass sowohl die Coliformen als auch P.-aeruginosa oft über Mehrfachresistenzen gegenüber Antibiotika verfügen, was eine Therapie erschwert [11]. Neben den Vorgaben aus der TrinkwV müssen medizinische Einrichtungen daher strengere Qualitätsanforderungen im Trinkwasser einhalten. Maßgeblich sind hier insbesondere auch die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO). Strengere Grenzwerte oder zusätzliche Parametervorgaben aber lassen sich in einer Trinkwasserinstallation nur umsetzen bzw. einhalten, wenn sie in dem vom Versorger gelieferten Trinkwasser an der Übergabestelle zur Gebäudewasserversorgungsanlage erfüllt sind. Bereits in minimaler Menge aus dem Versorgungssystem eingetragene Erreger, und aufgrund seiner Biofilm- Zusammensetzung und Genügsamkeit v. a. P. aeruginosa, können in der Trinkwasserinstallationen hartnäckige Kontaminationen verursachen. Daher soll, zusätzlich zu den Vorgaben der TrinkwV, gemäß UBA-Empfehlung - als Teil der allgemein anerkannten Regeln der Technik - sowohl im Leitungsnetz als auch in Trinkwasserinstallationen (v. a. öffentlicher Gebäude) P.-aeruginosa in 100 ml nicht nachweisbar sein (<-1-KBE/ 100-ml) [12]. Für Krankenhäuser gilt dies auf Grundlage einer RKI- 64 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement Richtline bereits seit fast fünf Jahrzehnten, um Infektionen z. B. bei Beatmung und Dialyse zu verhindern [13]., Auf Grundlage einer DGKH-Empfehlung soll dort, wo medizinische Einrichtungen am Versorgungsnetz angeschlossen sind, P. aeruginosa verschärft in 1-Liter Trinkwasser des Verteilungssystems nicht nachweisbar sein (<-1-KBE/ 1-L), um die Infektionsgefahr zu minimieren [14]. Dies stellt für den bereits hygienisch arbeitenden Wasserversorger zwar im Allgemeinen eine geringe Herausforderung dar, bedarf aber der Überprüfung. Aber auch außerhalb von öffentlichen Einrichtungen gibt es Risikopersonen, etwa Patienten mit Inhalationsgeräten oder Menschen in Krebstherapie [10]. Da zudem der Trend zu häuslicher Versorgung (statt Pflegeheim) steigt, und die Bevölkerung zunehmend älter und damit krankheitsanfälliger wird, ist Erreger-armes Trinkwasser letztlich für jeden Verbraucher wichtig. Sich darauf zu berufen, Trinkwasser sei in Deutschland das am häufigsten untersuchte Lebensmittel, ist - entsprechend der obigen Ausführungen - keine Garantie für hygienisch einwandfreies Trinkwasser. Sichere Trinkwasserinstallationen lassen sich nur gewährleisten, wenn auch hygienisch einwandfreies Wasser vom Versorger geliefert wird. Viele in der Wasserversorgung weniger bekannte Erreger, wie beispielsweise atypische (nicht-tuberkulöse) Mykobakterien [15], Amöben [16] oder Schimmelpilze (v. a. in wechselfeuchten Bereichen) [17], sind wasser-bürtige Krankheitserreger. Auch sie stellen besonders für die o. g. Risikogruppen eine Gesundheitsgefährdung dar. Das Wasser-assoziierte Bakterium A.-baumannii beispielsweise ist wie P.-aeruginosa oder Coliforme ein Verursacher nosokomialer Infektionen, und Carbapenem-resistente A. baumannii werden auf der WHO-Liste Antibiotika-resistenter Bakterien ebenfalls als kritisch (Priorität 1) eingestuft [11]. Außerdem können auch (fakultativ-pathogene) Umweltorganismen durch Undichtigkeiten und Öffnungen ins Verteilungssystem eindringen, v. a. bei Bauarbeiten oder Rohrbrüchen. Pilze sind seit einiger Zeit als Kontaminanten im Fokus, insbesondere bei Trinkwasserbehältern. Diese besiedeln Decken, Wände, Säulen und Boden, also sowohl über als auch unter Wasser befindliche Oberflächen. Betroffen sind sowohl Speicher aus Beton als auch metallene und andere Oberflächen. Pilze können durch ihre Mycelbildung leicht lokale Materialschäden verursachen, wie z. B. Risse oder Abplatzen des Behälter-Werkstoffs [17], Lochfraß bzw. Korrosion. Auch im akkumulierten Sediment in Trinkwasserspeichern finden sich Pathogenitätsfaktoren (Gene, die für eine Infektion des Menschen notwendig sind) und Antibiotikaresistenzen [18], also relevante Krankheitserreger. Somit stellen auch Sediment-Biofilme potenzielle Gesundheitsrisiken dar. Biofilmwachstum im Versorgungssystems verstärkt zudem die Gefahr nachgelagerter Probleme in der Trinkwasserinstallation. 3. Gesundheitsorientiertes Risikomanagement in der Trinkwasserversorgung - mit dem WSP-Konzept zum Ziel 3.1 Hintergrund und Zielstellung des Water Safety Plan-Konzepts Das Water Safety Plan-Konzept wurde von der WHO als internationaler Leitfaden bzw. Instrument für Risikoabschätzung und umfassendes Risikomanagement im Bereich der Trinkwasserversorgung entwickelt [4]. Seinen Ursprung hat es in der Lebensmittelhygiene. Bereits in den 1960er Jahren wurde durch die NASA für die Raumfahrt das sogenannte HACCP-Konzept (Hazard Analysis Critical Control Points) entwickelt, um sichere Lebensmittel für Astronauten zu gewährleisten. In der EU besteht seit rund 20 Jahren durch die Lebensmittelhygiene-Verordnung eine verpflichtende Berücksichtigung im gesamten Lebensmittelbereich [19]. Da Trinkwasser in vielen EU-Mitgliedsstaaten nicht der Lebensmittelhygiene, sondern einem separaten Regelungs- und Überwachungsbereich unterliegt, wurde das HACCP-Konzept bzw. WSP mit der EU-Trinkwasserrichtlinie 2020 [1] auch in der europäischen Trinkwasserhygiene verankert. Durch Novellierung der Trinkwasserverordnung 2023 [2] erfolgte die Umsetzung in nationales deutsches Recht. Für Deutschland ist dieses Konzept im Grunde nicht neu. Denn das etablierte Multibarrierensystem, Überwachung nach TrinkwV und existierende Vorgaben für Planung, Bau und Betrieb sowie adäquate Inbetriebnahme und Unterhaltung sind bereits wichtige etablierte Bausteine eines Risikomanagements. Für eine bessere Handhabung splittet die EU-Trinkwasserrichtlinie die Versorgungskette in drei Subsysteme auf: Einzugsgebiet, Versorgungssystem und Hausinstallation/ Trinkwasserinstallation. Abb. 2: Strategisches Vorgehen im Risiko-Management nach WSP sowie HACCP-Konzept (aus: Schreiber & Krumrey 2023 [19]) Im Subsystem Versorgungssystem gilt: Betreiber von zentralen Wasserversorgungsanlagen sowie mobile und zeitweilige Wasserversorgungsanlagen mit eigener Wassergewinnung nach TrinkwV Abschnitt 7 (§§ 34-38) sind 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 65 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement verpflichtet, bis 12.01.2029 (≥ 100 m³/ d bzw. 500 Personen) bzw. 12.02.2033 (≥ 10 m³/ d bzw. 50 Personen) ein Risikomanagement mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere DIN EN ISO 15975-2, durchzuführen, und dies unter Berücksichtigung der in § 35 benannten Aspekte [2]. Um hygienische Sicherheit vorausschauend und wirtschaftlich zu gewährleisten, profitieren auch Betreiber anderer Wasserversorgungsanlagen von der Umsetzung eines solchen system-basierten Ansatzes. Im Zentrum des HACCP-, sowie des WSP-Konzepts steht die Idee, Risiken entlang der gesamten Versorgungskette systematisch zu identifizieren, zu bewerten und durch Monitoring und Maßnahmen zu beherrschen [2] (Abb. 2). Um Kontinuität und Effektivität zu gewährleisten, müssen die erstellten Risikomanagementpläne dann mindestens alle sechs Jahre geprüft und aktualisiert werden [2]. Dies entspricht dem Verständnis von Risikomanagement als iterativem Prozess nach dem WSP-Konzept der WHO [4], welches Planung, Betrieb, Überwachung und kontinuierliche Verbesserung miteinander verknüpft. Ziel ist es, Gefährdungspotentiale für die Trinkwasserqualität proaktiv und präventiv zu minimieren sowie Risiken zeitnah zu detektieren. Der Vorsorge-Schwerpunkt für Trinkwasserqualität wird somit konsequent von der Endproduktkontrolle hin zu einer Prozesskontrolle verlagert. Der Vorteil von Prozesskontrollen ist, dass neben bestimmten Probenahmen auch andere Einfluss- und Messgrößen auf den Prozess in die Überwachung einfließen, und man so bereits frühzeitig reagieren bzw. gegensteuern kann. Online- Monitoring verkürzt die Reaktionszeit zudem. Deutsche Umsetzungshilfen sind z. B. ein auf kleine deutsche Wasserversorgungen angepasstes WSP-Handbuch [20], sowie das DVGW-Merkblatt W 1001 [21]. Folgt man dem WHO-Konzept, so muss nicht alles benötigte Wissen für das Risikomanagement in einer fachkundigen Person vereint sein. Verschiedene Kompetenzen und hinreichende Fachkenntnisse (z. B. durch Berufserfahrung oder Schulung) in einem multidisziplinären Team zusammenzufassen bringt Vorteile (Anlagenspezifisches Fachwissen, Einzugsgebietskenntnis, Hygiene etc.). Es hilft bei der Identifikation von besonders risikobehafteten Elementen im System sowie geeigneter Korrektur- oder Interventions-Maßnahmen und sinnvollen Informationswegen bei Abweichungen, Auffälligkeiten und Problemen [Abb.-2]. Analog dem HACCP-Konzept der Lebensmittelhygiene werden kritische Kontrollpunkte (engl. critical control points; CCPs) überwacht [4]. 3.2 Kritische Kontrollpunkte im Kontext des Wassersicherheitsplans Kritische Kontrollpunkte als zentrale Elemente im WSP bezeichnen Stellen innerhalb der Versorgungskette, an denen ein Gesundheitsrisiko besteht, die Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefährdung jedoch durch gezielte Maßnahmen kontrolliert oder verhindert werden kann. CCPs dienen der gezielten Überwachung und Steuerung besonders vulnerabler Systemabschnitte und sind damit das praktische Bindeglied zwischen Risikoanalyse und Risikomanagement. Die Festlegung von CCPs für die Umsetzung eines WSP erfolgt im Rahmen der systematischen Risikoanalyse, also Gefährdungsidentifikation und -bewertung. In einem optimalerweise multidisziplinären Team aus Betrieb, Hygiene, Technik und ggf. Gesundheitsbehörden werden alle Systemkomponenten bewertet. Die identifizierten CCPs werden in einem Überwachungskonzept - Risikomanagementplan - mit Zielwerten, Messbzw. Prüf häufigkeiten und Korrekturmechanismen verankert. Bei Abweichungen werden abgestufte Maßnahmen vordefiniert, z. B. betriebliche oder technische Modifikation, zusätzliche Reinigung, oder temporäre Desinfektion. Die Auswahl geeigneter CCPs sollte nach den folgenden festgelegten Kriterien erfolgen [4]: • Die Stelle muss ein konkretes Risiko für die Trinkwasserqualität darstellen oder in räumlicher Nähe dazu nachgelagert verortet sein (z. B. mikrobiologische, chemische oder physikalische Belastung). • Es muss eine wirksame Maßnahme zur Risikominimierung existieren (z. B. Reinigung, Desinfektion, Filtration, Temperaturregime). • Eine Überwachung dieser Maßnahme muss technisch und organisatorisch möglich sein (Messbarkeit, Dokumentation). • Bei Abweichungen vom Sollzustand müssen definierte Korrekturmaßnahmen rasch umsetzbar sein. Je nach Rohwasserquelle, Auf bereitungstechnik, Versorgungssystemstruktur und Verbrauchercharakteristika können unterschiedliche CCPs sinnvoll definiert werden. Trinkwasserwerke können je nach Auf bereitungstechnik bspw. Eintragsstellen für verschiedene Auf bereitungschemikalien darstellen. Deren Dosierpunkte können ebenso wie Filteranlagen zur Partikelentfernung sinnvoll hinsichtlich ihrer korrekten Funktion überwacht werden. Eine Qualitätskontrolle am Wasserwerksausgang ist seit langem Usus und kann durch online-Monitoring chemisch-physikalischer Parameter unterstützt werden. Da das Rohrleitungsnetz als solches schlecht einsehbar ist, eignen sich zudem Trinkwasser-Speicherbehälter und ihre Zubzw. Ableitungen gut als überprüf bare Stellen. Für stagnationsgefährdete Leitungsabschnitte (z. B. Endstränge, Totleitungen) müssen i. d. R. individuelle Lösungen gefunden werden. Trinkwasserbehälter nehmen nicht nur aufgrund ihrer zentralen Rolle im System und vergleichsweise gute Zugänglichkeit eine besondere Stellung ein. Durch die gewollte Speicherung stellen sie wegen der sich baulich ergebenden geringeren Durchflussgeschwindigkeiten, verlängerten Verweildauer, großen Oberflächen und Sedimentbildung sowie Sauerstoffeinfluss auch typische Risikobereiche für mikrobiologisches Wachstum dar [22]. 3.3 Strukturierte Vorgehen bei Ursachenanalyse und Beseitigung im Kontaminationsfall Die neue UBA-Empfehlung von Januar 2025 [23] integriert Erkenntnisse der letzten 15 Jahre (Vorgängerver- 66 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement sion von 2009). Sie skizziert ein strukturiertes Vorgehen zur Ursachenanalyse im Falle von Nachweisen von coliformen Bakterien im Versorgungssystem. Damit soll ein bundesweit einheitlicher Umgang mit Positivbefunden erreicht werden, der auch auf Probleme mit anderen Spezies übertragen werden kann. Das allgemeine Vorgehen zur Bewertung umfasst neben gezielter Ursachenklärung auch eine unverzügliche Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse, zusätzliche Probennahmen mit erweitertem Parameterumfang sowie die Analyse von Umfang und Ausmaß des Ereignisses. Dadurch werden fundierte Informationen gewonnen, die eine faktenbasierte Beurteilung geeigneter Abhilfemaßnahmen ermöglichen. Zudem lassen sich so mögliche Gesundheitsgefährdungen identifizieren, die als Grundlage für Entscheidungen über notwendige Sofortmaßnahmen sowie für die Abstimmung zur Information der Verbraucher dienen. Zugleich betont die UBA-Empfehlung die adäquate Berücksichtigung von individuellen Umständen in jedem Einzelfall. Prinzipiell unterscheidet das UBA-Papier das strategische Vorgehen bei Störfällen „mit bekannter oder vermuteter Ursache“, auf die in der Regel schnell und zielgerichtet reagiert werden kann, um das Problem zu beseitigen, von solchen „ohne bekannte Ursache“ [23]. In letzterem Fall sind Lokalisation und Ursachenermittlung erfahrungsgemäß mit deutlich mehr Zeit und Aufwand verbunden, was die Kontaminationsbeseitigung verzögert. Es müssen verschiedene in Betracht kommende Ursachen evaluiert werden, darunter der bauliche und betriebliche Zustand des betroffenen Versorgungsabschnitts sowie mögliche, kurz zuvor in Fließrichtung vorgelagerte Eingriffe. Besonders im Falle unbekannter Ursachen können die Dokumentationen des Monitorings an CCPs des Risikomanagements wertvolle Zusatzinformationen zumindest zur Ursachenlokalisation, wenn nicht gar zu ihrer Identifikation liefern. Da sowohl der externe Eintrag als auch das systeminterne Wachstum von Coliformen - ebenso wie von anderen Krankheitserregern - im Rahmen eines effektiven Multibarrierensystems bzw. Risikomanagements unerwünscht sind, muss in jedem Fall die Ursache einer Kontamination ermittelt und beseitigt werden [23]. Folgerichtig ist nach Auffassungen von Hygiene-Experten und auch des UBA ein vereinzelter Coliformen-Nachweis im Verteilungsnetz kritisch zu sehen. Dies gilt besonders, wenn es prioritäre Einrichtungen im betroffenen Bereich gibt [22]. Die UBA-Empfehlung unterstreicht damit die Notwendigkeit, unerwünschte mikrobielle Wachstumsprozesse im Verteilnetz konsequent zu verhindern oder zeitnah zu beseitigen. Entsprechendes gilt für andere temperatursensitive wasser-bürtige Erreger, darunter nicht nur die in behördliche Überwachung einbezogenen Parameter Koloniezahl 22/ 36 °C, P.-aeruginosa oder Legionellen [24]. Um systemische Kontaminationen zu vermeiden, muss jeder einzelne Positiv-Befund ernstgenommen werden. „Die wiederholt beobachtete Praxis, dass wiederkehrende Einzelnachweise nicht weiter nachverfolgt werden, wenn die nachfolgende Untersuchung keine Grenzwertüberschreitung mehr zeigt, ist nicht zielführend“ [23]. Räumliche und zeitliche Variationen in Befunden entstehen schon dadurch, dass jede Probennahme nur eine sehr kleine Zufallsstichprobe aus einem großen Wasservolumen ist, in dem Bakterien nicht gleichverteilt vorliegen. Mikroorganismen neigen dazu, sich aneinander und an Grenzflächen anzulagern. Die Mehrheit von ihnen kann sich selbst bewegen, und wird nicht wie chemische Stoffe über Diffusionskräfte homogen im Wasser verteilt. Zudem ist das Wachstum der Bakterien im Kultivierungsverfahren vom Stresszustand der „eingefangenen“ Zellen abhängig. Viele Coliforme sind in der Lage, VBNC-Stadien zu bilden, wie viele andere Umweltbakterien auch [25]. Das UBA weist darauf hin, dass bei geringen, kontinuierlichen Einträgen von außen oder aus Biofilmen diskontinuierliche Nachweise aufgrund der Verdünnung im System zu erwarten sind - ein Phänomen, das auch trotz Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik im Betrieb und der Instandhaltung von Wasserversorgungsanlagen beobachtet wird. Risikobewertung und Ursachenbeseitigung sind auch in solchen Fällen unabdingbar [23]. Neben einer räumlich-strategischen intensiven Beprobung des Trinkwassers im Falle von Positiv-Befunden, die eine ggf. bereits bestehende Verteilung der Kontamination im Versorgungsnetz nachvollziehbar macht (z. B. Ringleitungen, Abzweige, Knotenpunkte) und im günstigen Fall bis auf ihren Ursprung zurückverfolgt werden kann, eignen sich besonders die im Rahmen des WSPs bzw. Risikomanagements definierten CCPs des Versorgungssystems aufgrund der vordefinierten Kriterien und dem regelmäßigen Monitoring unterstützend für die Ursachensuche und Kontaminationsbewertung. Auch die Behälterkontrolle ist sinnvollerweise einzubeziehen. Kontaminationsfälle mit kausalem Zusammenhang zwischen Trinkwasserinstallationen und Behältern der Trinkwasserspeicherung sind der Fachwelt bekannt. Die Kontaminationsursache kann dabei sowohl hier wie dort liegen. Festgestellte bzw. lokalisierte Kontaminationen im Rohrnetz sowie im Trinkwasserspeicher müssen entsprechend allgemein anerkannter Regeln der Technik [u. a. 8, 26] beseitigt werden. 3.4 Trinkwasserbehälter als kritische Kontrollpunkte 3.4.1 Sinnvolle Prüfkriterien bei Trinkwasserspeichern Wesentliche Faktoren für Mikroorganismenwachstum und damit Stellschrauben im Biofilm-Management sind Oberflächenbeschaffenheit, Nährstoffe, Temperatur, und Stagnation [9]. Letztere ist durch die gewollte Funktion der Trinkwasserspeicher nicht zu vermeiden. Temperaturanstiege ergeben sich durch die Stagnation, bei guter Anlagendämmung aufgrund der geringeren Querschnitte vermutlich aber in relevantem Maße durch Aufwärmung im vorgelagerten Versorgungssystem, denn im Trinkwasserspeicher selbst. Durch Temperaturkontrollen lassen sie sich aber einfach überprüfen. Steigende Temperatur des Trinkwassers in der Wasserkammer bedeutet auf jeden Fall ein erhöhtes Risiko der Biofilmbildung 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 67 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement in Behälter und auch nachgelagertem Versorgungsnetz. Messungen in Zulauf- und Ablauf der Wasserkammer geben dabei Aufschluss, ob die Erwärmung in der Wasserkammer stattfindet oder bereits erwärmtes Trinkwasser eingebracht wird. Ebenso existieren bereits online-Messysteme die Nährstoffgehalte anzeigen oder für einfach bestimmbare physiko-chemische Parameter, die auf Mikroorganismenwachstum selbst schließen lassen. Dazu gehören Trübung, pH-Wert oder Leitfähigkeit. Oberflächenbeschaffenheit und Nährstoffe lassen sich neben korrekter Materialauswahl bereits in der Bauphase über die Instandhaltung der Trinkwasserbehälter und insbesondere der Lüftungsanlagen und Wasserkammern beeinflussen. Detaillierte Angaben zu ordnungsgemäßer Instandhaltung sind im Standardwerk von Merkl (2024) nachzulesen, inzwischen in der 4. aktualisierten und erweiterten Auflage. Dazu gehören u. a. regelmäßige Sichtprüfungen in die geschlossene Wasserkammer, um bereits kritisches (da sichtbares) Biofilmwachstum an den Wandungen oder auch als Kahmhaut auf der Wasseroberfläche oder Sedimentakkumulation zu erkennen, sowie auch eine mindestens jährliche Begehung der Wasserkammer [27], mit selbstverständlich nachfolgender Reinigung und Desinfektion. Regelmäßige Trinkwasseranalysen auch am Behälter steigern die Sicherheit hygienisch einwandfreien Wassers. Jedes Ergebnis sollte ernst genommen werden, auch wenn es unbequem ist. Eine Fehlinterpretation von vereinzelt auftretenden Positiv-Befunden als „unbedeutender Ausreißer“ [s. a. 23] oder Vertrauen in vermeintlich „guten“ Biofilm birgt dabei die Gefahr, systemische Kontaminationen zu übersehen. Abb. 3: Wasserkammer eines Trinkwasserbehälters - kritischer Kontrollpunkt (CCP) im Rahmen des Risikomanagements: Kontamination erkannt, Gefahr gebannt - sofern fachgerecht gereinigt wird. Engmaschigere Kontrolle und Intervention senkt das Risiko bzw. macht es beherrschbar. (Foto: mit freundlicher Genehmigung von CARELA ® ) 3.4.2 Korrekturmaßnahmen im Trinkwasserspeicherbehälter Obwohl es keine wissenschaftlich fundierte Evidenz dafür gibt, wird von verschiedenen Stellen und Akteuren suggeriert, der „stabile Biofilm“ in den Regeln des DVGW [8] sei ein „guter“ Biofilm. Diese Sichtweise legt nahe, dass ein solcher Biofilm das Wachstum von Krankheitserregern im System sicher verhindere und daher als Zeichen einer sicheren Infrastruktur gewertet werden könne. Die Interpretation, ein stabiler Biofilm sei per se schützend und ungefährlich, wird in Wissenschaftskreisen jedoch eindeutig widerlegt [z. B. 9]. Legionellen, Pseudomonaden, Coliforme u. a. können sich entsprechend der Ausführungen oben auch in den als „stabile Biofilme“ bezeichneten Belägen unerkannt vermehren, sofern sie nicht an die Wasserphase abgegeben werden, weil eine entsprechende Bakteriendichte erreicht ist. Einmal im Biofilm als Kontamination etabliert, sind unerwünschte Mikroorganismen und insbesondere Krankheitserreger jedoch nur sehr schwer wieder selektiv zu eliminieren. In Stagnationszonen wachsen Biofilme besonders gut, auch schon bei geringeren Temperaturen. Damit auch in Wasserkammern. Dem Wachstum von Erregern kann effektiv vorgebeugt werden, indem Biofilme bzw. deren Wachstum insgesamt minimiert werden. Flemming und Kollegen stellten u. a. wegen dieser Erkenntnisse die Forderung auf, das Biofilm-Management müsse „stärker in den technischen Regelwerken berücksichtigt werden“ [9]. Wo die oben genannten Stellschrauben für Organismenwachstum bzw. Biofilmbildung sich nicht weiter optimieren lassen, sind ein engmaschiges Monitoring und Korrekturmaßnahmen umso bedeutender. Reinigung und Desinfektion stellen geeignete Maßnahmen zur Prävention von Verunreinigungen und (begleitende) Korrekturmaßnahmen dar [Abb.-3]. Ihnen kommt eine entscheidende - und zunehmend wichtigere - Rolle für die Sicherstellung hygienisch einwandfreien Trinkwassers zu. Auch das aktuelle Technische Regelwerk betont die Bedeutung solcher Maßnahmen: „Die Reinigung und Desinfektion von Anlagen und Einrichtungen, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, liefert einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung einer einwandfreien Trinkwasserqualität“. Explizit empfohlen werden „periodische Reinigungen, bevor Trübungen entstehen“ [8]. Die vorsorgliche Reinigung, erst recht die von Trinkwasserbehältern, ist damit anerkannter Teil des Risikomanagements entlang der Trinkwasserversorgungskette von Quelle bis Zapf hahn, wie die neue EU-Trinkwasserrichtlinie es vorschreibt. Sie sollte daher ebenso als überwachter CCP ein Baustein des Risikomanagements und Bestandteil im Wassersicherheitsplan eines jeden Trinkwasserersorgungssystems sein [28]. Davon unberührt bleibt die Notwendigkeit einer Reinigung mit ggf. anschließender Desinfektion im Sanierungsfall bei akuten Problemen [26]. Wasser allein ist dabei nicht in der Lage, festsitzende Kontaminationen - Inkrustierungen, Biofilme und dergleichen - zu mobilisieren und zu beseitigen. Denkt man an das alltägliche Hände- oder Wäschewa- 68 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement schen, wird dies schnell klar. Auch eine mechanische Reinigung - im Alltagsvergleich das Reiben der Hände bzw. Walken der Wäsche - hilft nur bedingt gegen Verschmutzungen, sprich Biofilm und Ablagerungen. Im besten Fall ist ein optischer Effekt „sauberer“ Hände oder Wäsche erzielt. Für ein hygienisch zufriedenstellendes Ergebnis - im Haushaltskontext Hände bzw. Wäsche frei von Krankheitserregern - benötigt man Detergenzien - im Haushalt zumindest Seife bzw. Waschmittel oder Hygienereiniger, ggf. noch zusätzlich Desinfektionsmittel. Ähnlich gelagert ist es mit dem Reinigen wassertechnischer Anlagen. Allein mit Wasser, also Ab- und Ausspülen ausschließlich losen Materials, ist dies zum Scheitern verurteilt. Mechanische Hilfsmittel können eine Grobreinigung darstellen. Gebundene, festsitzende Beläge müssen jedoch anderweitig abgelöst werden. Gute Reinigungsmittel weisen eine effektive Wirksamkeit auf und sind abgestimmt auf die jeweils zu entfernenden Oberflächenanhaftungen und abgesetzten Sedimente verbauten Materialien, angewendete Reinigungstechnik, usw. Nur diese können zuverlässig Biofilm und weitere Beläge angreifen und lösen, und damit die mit bloßen Augen nicht sichtbaren Mikroorganismen und Krankheitserreger sicher beseitigen. Im Bedarfsfall können persistierende Mikroorganismen anschließend (! ) durch Desinfektion effektiv abgetötet bzw. inaktiviert werden. Daher ist eine gute, fachmännisch durchgeführte Reinigung der Trinkwasserkammern nach jeder Begehung wesentlich für eine gute Trinkwasserhygiene, und eine Desinfektion - sofern zusätzlich notwendig - erst in Kombination mit vorangehender Reinigung sinnvoll, wirksam und effektiv [26, 28]. Räumlich lokalisiert im Subsystem Versorgungssystem stellt korrekte Behälterreinigung also aktiven Gesundheitsschutz und nachhaltiges Risikomanagement dar. 4. Fazit In der deutschen Trinkwasserversorgung ist Risikomanagement im Sinne von Prävention bereits seit langem traditionell durch Vorsorgeprinzip, Minimierungsgebot, Multibarrierenprinzip und Indikatorprinzip verankert. Ein modernes Risikomanagement in der Wasserversorgung unter Berücksichtigung des Water Safety Plan-Konzepts der WHO, wie es die EU-Richtlinie 2020 und die Trinkwasserverordnung 2023 fordern, ist wichtig, um trinkwasserhygienische Beeinträchtigungen nicht nur zu minimieren, sondern ungünstige Veränderungen schon frühzeitig zu erkennen und so insbesondere hygienischmikrobiologische Gesundheitsgefahren effektiv zu kontrollieren. Steigenden Wassertemperaturen - nicht nur im Zuge des Klimawandels - erfordern eine Anpassung der Instandhaltungs- und Überwachungsmaßnahmen auch in Trinkwasserbehältern, um die hygienisch einwandfreie Trinkwasserqualität bis hin zum Verbraucher nachhaltig zu sichern. Kontinuierliches Risikomanagement, das nicht nur technische Aspekte, sondern im Sinne der Water Safety Plans auch hygienische und damit gesundheitsorientierte Sicherheit verfolgt, ist ein wichtiger Schlüssel zu nachhaltig gesundem, weil qualitativ und quantitativ sicherem Trinkwasser. Jeder Versorger muss die für sein Verteilungsnetz relevanten kritischen Kontrollpunkte individuell entsprechend der Systemcharakteristik definieren. Strategisch günstige CCPs stellen dabei in jedem Falle die Trinkwasserspeicher dar, weil Behälterkontrollen, aufgrund der besseren Zugänglichkeit anders als im Rohrnetz, vergleichsweise einfach durchzuführen sind. Neben präventiven Maßnahmen ist insbesondere im Kontaminationsfall die Ursachenanalyse und -beseitigung entscheidend, um das Wachstum umwelt-bürtiger Krankheitserreger zu kontrollieren. Das in der neuen UBA-Empfehlung von Januar 2025 skizzierte strukturierte, Vorgehen wie im Falle von Nachweisen von coliformen Bakterien im Versorgungssystem für einen bundesweit einheitlichen Umgang mit Positivbefunden kann dabei auf andere Spezies übertragen werden Das WSP-Konzept bietet einen systematischen Rahmen für die kontinuierliche Sicherung der Trinkwasserqualität unter Einbeziehung aller relevanten Risiken. Die Definition und Bewirtschaftung Kritischer Kontrollpunkte erlaubt es, besondere Schwachstellen wie Trinkwasserbehälter gezielt zu überwachen und Risiken präventiv zu kontrollieren. Damit wird das Konzept zu einem wesentlichen Werkzeug im Kontext von Klimawandel, demografischem Wandel und gestiegenen hygienischen Anforderungen. Durch die frühzeitige Erkennung problematischer Entwicklungen, welche zu hygienischen Problemen führen können, und adäquates Gegensteuern wird auch korrekte Reinigung von Rohrnetzen und Behältern entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik an Bedeutung gewinnen. Literatur [1] Richtlinie (EU) 2020/ 2184 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Neufassung) (Trinkwasser-Richtlinie). [2] Zweite Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung (Trinkwasserverordnung - TrinkwV): BGBl. 2023 1 Nr. 159 vom 23.06.2023. [3] Trinkwassereinzugsgebieteverordnung (Trinkw EGV): BGBl. 2023 I Nr. 346 vom 4.12.2023. [4] Weltgesundheitsorganisation (Hrsg.) (2023): Water safety plan manual: step-by-step risk management for drinking-water suppliers. Genf. 2.- Auflage. URL: https: / / www.who.int/ publications/ i/ item/ 97 89240067691 [5] Hammes, F. et al. (2008): Flow-cytometric total bacterial cell counts as a descriptive microbiological parameter for drinking water treatment processes. In: Water Research 42 (1/ 2): 269-277. doi: 10.1016/ j.watres.2007.07.009 [6] Calero Preciado, C. et al. (2021): Implications of Climate Change: How Does Increased Water Temperature Influence Biofilm and Water Quality of Chlorinated Drinking Water Distribution Systems? Frontiers in Microbiology 12: 658927. doi: 10.3389/ fmicb.2021.658927 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 69 Trinkwasserhygiene und Klimawandel - Trinkwasserbehälter als neuralgische Punkte im multidisziplinären Risikomanagement [7] Rühling, K. et al. (2018): EnEff: Wärme - Verbundvorhaben Energieeffizienz und Hygiene in der Trinkwasser-Installation im Kontext: DHC Annex TS1 ”Low Temperature District Heating for Future Energy Systems“ (Akronym: EE+HYG@TWI). Koordinierter Schlussbericht. URL: https: / / tu-dresden.de/ ing/ maschinenwesen / iet/ gewv/ forschung/ forschungsprojekte/ eneff_waerme_ee_hyg_twi [8] DVGW (2021): W 291 Arbeitsblatt 2021-12 Reinigung und Desinfektion von Wasserversorgungsanlagen. [9] Flemming, H.-C. et al. (2014): Erkenntnisse aus dem Projekt „Biofilm-Management“. Thesenpapier. [10] Exner, M. et al (2024): Mitteilung der DGKH bei systemischer Kontamination des Trinkwassers mit Coliformen. Hygiene & Medizin 49 (12): 285-287. [11] Weltgesundheitsorganisation (2024): WHO Bacterial Priority Pathogens List. 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(2014): The importance of the viable but non-culturable state in human bacterial pathogens. Front. Microbiol. 5, 258. doi: 10.3389/ fmicb.2014.00258 [26] DVGW (2014): W300-2 Arbeitsblatt 2014-10: Trinkwasserbehälter - Teil 2: Betrieb und Instandhaltung. [27] Merkl, G. (2024): Trinkwasserbehälter - Planung, Bau, Betrieb, Schutz und Instandsetzung. Kapitel 10: Instandhaltung von Wasserbehältern. München. 4. aktualisierte Auflage. [28] Schreiber, C. & B. Krumrey (2022): Korrekte Behälterreinigung in Zeiten des Klimawandels. Der WasserMeister 03-2022: 14-15. Neubau 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 73 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Dipl.-Ing. (FH) Tim Kammer Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband, Brake Robert Jahn, M. Eng. Wasserwirtschaft (FH) H 2 U aqua.plan.Ing-GmbH, Neukirchen-Vluyn Zusammenfassung Zur Verbesserung der Versorgungssituation im südlichen Verbandsgebiet des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbands (OOWV) plant dieser die Errichtung eines neuen Speicherpumpwerkes, bestehend aus zwei runden Trinkwasserbehältern und einem dazwischen liegenden Betriebs- und Pumpwerksgebäudes. Im Rahmen der gesamten Projektvorbereitungs-, Planungs- und Bauphase zeigten sich insbesondere während der Genehmigungsplanung und der Bauausführung vielfältige Herausforderungen. Diese konnten durch ein striktes Projektmanagement, dem Einsatz von erfahrenen Spezialisten in den einzelnen Fachgewerken sowie einer gemeinschaftlichen Fokussierung aller Beteiligten auf die Projektrealisierung bewältigt werden. Mit Beginn der Planung im Dezember 2020, dem Baubeginn ab Juli 2023 und der Inbetriebnahme ab August 2025 wurde das Projekt erfolgreich realisiert. 1. Einführung und Überblick über den OOWV Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) ist ein kommunaler Zweckverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Seit 1948 ist der OOWV für die Trinkwasserversorgung und seit 1999 auch für die Abwasserentsorgung im Weser-Ems-Gebiet in Nordwestdeutschland zuständig. Das Versorgungsgebiet umfasst rund 7.480 km² mit etwa 1,2 Millionen Einwohnern. Es werden 15 Wasserwerke, 7 Speicherpumpwerke, 255 Förderbrunnen sowie 46 Kläranlagen betrieben. Im Jahr 2024 hat der OOWV über 83 Millionen Kubikmeter Trinkwasser abgegeben. Die mittlere Tagesabgabe liegt bei rund 229.000 m³ - mit einem Spitzenwert von über 346.000 m³ im Sommer 2019. Insgesamt können über 220.000 m³ Trinkwasser in Trinkwasserbehältern zwischengespeichert werden. Die gestiegenen Spitzenbedarfe sowie der Klimawandel zwingen den OOWV zur strategischen Weiterentwicklung der Infrastruktur. 1.1 Warum ein neues Speicherpumpwerk? Im südlichen Verbandsgebiet des OOWV, konkret im Oldenburger Münsterland, war die Versorgungssituation in Spitzenlastzeiten unzureichend. Insbesondere in der Gemeinde Lastrup zeigte sich entlang der DN500- Transportleitung vom Wasserwerk Thülsfelde Richtung Wasserwerk Holdorf ein Engpass. Um diese kritische Infrastruktur zu stabilisieren, war der Neubau eines Speicherpumpwerks mit 10.000 m³ Volumen notwendig. Ziel war es, nicht nur den erhöhten Bedarf zur Spitzenlastzeit abzudecken, sondern auch langfristige Versorgungssicherheit und Flexibilität für die Landkreise Cloppenburg und Vechta zu schaffen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist die Arbeit der internen AG „Strategische Planung Trinkwasser“, die diesen Bedarf identifiziert und entsprechende Maßnahmen abgeleitet hat. 1.2 Standort- und Grundstücksauswahl Der Suchkorridor für den Standort erstreckt sich fünf Kilometer entlang der DN500-Leitung. Entscheidende Kriterien bei der Grundstückswahl waren: Nähe zur Transportleitung, Hochwasserschutz, rechtliche Genehmigungsfähigkeit und Flächenverfügbarkeit von etwa 2-Hektar. Fündig wurde der OOWV schließlich auf einem 17.526-m² großen Areal, bisher genutzt als Maisfeld. Es liegt direkt an der Transportleitung, ist nicht hochwassergefährdet, erlaubt den Bau eines Entleerungsteichs und erfüllt alle baurechtlichen Vorgaben - ein idealer Standort für das Vorhaben. 1.3 Technisches Vor-Konzept - Speicherbehälter und Außenanlagen Ein Speicherpumpwerk dient vorwiegend dem Zweck, in Zeiten verringerte Abnahmen z. B. den Nachtstunden Trinkwasser zu speichern, um dieses in den Hochlastphasen mit einem Pumpwerk in der benötigten Menge und dem benötigten Versorgungsdruck ins Netz einzuspeisen. Beim Speicherpumpwerk Kneheim wurde auf beim OOWV bewährte Technik gesetzt. Aufgrund der örtlichen Topografie und der technischen Anforderungen wurde ein Tief behälter mit Durchlauffunktion gebaut. Statt eines einzelnen Behälters wurden zwei runde Trinkwasserbehälter mit je 5.000 m³ errichtet, zwischen denen das Pumpengebäude liegt - das erhöht die Betriebssicherheit und die Wartungsflexibilität. Zur Integration in das Landschaftsbild wurde eine naturnahe Gestaltung nach den Vorgaben des ökologischen Leitbildes des OOWV in Form von Blühwiesen mit ausschließlich regionalen Pflanzenarten umgesetzt. Auch die Teichanlage wurde ökologisch wertvoll errichtet und soll zukünftig für schulische Umweltbildung genutzt werden. 74 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Ein Verblendmauerwerk aus regionaler Produktion und ein Gründach sorgen zudem für eine architektonische Einbindung des Speicherpumpwerkes in die Umgebung. 1.4 Planungsbüro und Vergabeverfahren Der OOWV ist als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 3 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einzuordnen. Die Tätigkeit in der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung macht den OOWV zu einem Sektorenauftraggeber im Sinne des §-100 GWB. Da das Projektvolumen die EU-Schwellenwerte für Bauleistungen von 5.350.000 Euro (2020) und auch für Dienstleistungen von 428.000 Euro (2020) für Sektorenauftraggeber überschreitet, wurden für die Ausschreibungen der Ingenieurwie auch der Bauleistungen europaweite Vergabeverfahren notwendig. Das Verfahren für die Planungsleistungen wurde als „Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb“ nach SektVO durchgeführt. Der Ablauf im Überblick: • 30.07.2020 - Absendung der EU-Bekanntmachung • 01.09.2020 - Ablauf der Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge • 09.09.2020 - Versendung der Absagen und der Aufforderung zur Angebotsabgabe • 09.10.2020 - Ablauf der Frist für die Abgabe der Angebote • 43./ 44. KW 2020 Präsentation/ Verhandlung • 45./ 46. KW 2020 Versendung der Bieterinformation gemäß § 134 GWB • 47./ 48. KW 2020 Zuschlagserteilung bzw. Vertragsunterzeichnung Insgesamt wurden sechs Bewerbungen eingereicht, von denen vier in die Angebotsphase kamen. Nach Bewertung aller Kriterien, Präsentationen und Verhandlungsgespräche erfolgte die Vergabe an das Planungsbüro H 2 U aqua.plan.Ing-GmbH aus Neukirchen-Vluyn, das die höchste Punktzahl in der Bewertungsmatrix erreichte. 2. Ingenieurbüro H 2 U aqua.plan.Ing-GmbH Das Ingenieurbüro H 2 U aqua.plan.Ing-GmbH mit Hauptsitz in Neukirchen-Vluyn besitzt zwei Zweigniederlassungen in Zürich und Luxemburg sowie seit 2024 einen Standort in Lindau am Bodensee und beschäftigt insgesamt 66-MitarbeiterInnen. Das Büro ist spezialisiert auf die Trinkwasserversorgung und beschäftigt Experten für Wasserauf bereitung, Wassergewinnung, Behälterbau sowie für Behältersanierung. Die Planungen der Gewerke Hoch- und Tief bau, Verfahrenssowie die Elektrotechnik erfolgen im eigenen Haus. Dadurch gelingt eine Planung, welche umfassend ineinandergreift und somit ein Höchstmaß an Optimierungen im Verlauf eines Planungsprozesses zulässt. 3. Planung Ausschreibung und Vergabe 3.1 Aufbau des Projektmanagements Mit Vergabe der Planungsleistung durch den OOWV begann ab Dezember 2020 umgehend die Organisation des Projektes. Zu Beginn wurde auf Basis des Rahmenterminplans ein Zeit- und Ressourcenplan aufgestellt, welcher neben der Projektorganisation sicherstellt, dass für die Planungs- und Bauphasen ausreichende Personalkapazitäten zur Verfügung stehen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projektmanagements war das Risikomanagement. Ziel dessen ist die Identifikation aller Risiken, welche die Realisierung des Bauvorhabens, die Termine oder die Einhaltung der Kostenziele gefährden können sowie Strategien, welche diese Risiken beherrschbar machen. Dabei werden nach einem definierten System Risiken nach Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet, woraus sich eine Risikoklasse ableitet. Ergibt die Bewertung ein zu hohes Risiko, werden Gegenmaßnahmen erarbeitet, durch welche sich das Risiko senken lässt. Eine inhaltliche Revision erfolgte quartalsweise und während des Projektes gab es zusätzlich regelmäßige Überprüfungen durch das gesamte Projektteam. Für die Projektorganisation während der Planungs- und Bauphase wurden regelmäßige Sitzungen mit dem OOWV eingestellt, um technische, organisatorische und strategische Themen zu besprechen. Die Dokumentation erfolgte in standardisierten Aktenvermerken. Zudem wurden Aufgaben und Entscheidungen für das Projekt separat dokumentiert. Quartalsweise wurden durch das Ingenieurbüro H 2 U aqua.plan.Ing-GmbH Berichte erstellt, die dem OOWV Informationen zum Kosten-, Termin- und Leistungsstand gaben. Damit konnte über das gesamte Projekt eine fortlaufende Kosten- und Terminverfolgung gewährleistet werden. Ein konsequentes und etabliertes Projektmanagement sichert somit die Qualität in der Projektbearbeitung und ist damit wesentlicher Bestandteil für die erfolgreiche Umsetzung des Projektes. 3.2 Fachkonzept und Projektanalyse Das erstellte Fachkonzept des OOWV für die Planung des neuen Speicherpumpwerkes lieferte einen Rahmen für die Planung und die Projektziele. Vorgaben gab es unter anderem für das Speichervolumen, die Planung des neuen Pumpwerkes, dem Betriebskonzept bzw. der Fahrweise des zukünftigen Speicherpumpwerkes, der Einbindung in das vorhandene Verbundnetz und zur Gestaltung des Bauwerkes inklusive der dazugehörigen Außenanlagen. Die Grundlagendaten wurden mit dem OOWV in einem Kick-Off-Meeting besprochen, woraus sich konkrete Anforderungen für die Planung ergaben. Die Zielrichtung konnte somit gemeinsam mit dem OOWV konkretisiert und festgelegt werden. 3.3 Planungsphase Im Rahmen der Grundlagenermittlung erfolgte die Dokumentation der Planungsziele aus dem Fachkonzept des OOWV [Abb.-1] sowie die Erarbeitung von wesentlichen Projektrandbedingungen wie z. B. die Standortanalyse und der Verbundnetzstruktur für die Planung und Einbindung des Pumpwerkes mit dem vorgegebenen Betriebskonzept. Diese Ergebnisse flossen unmittelbar in die weiteren Planungsphasen als Randbedingungen ein. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 75 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Abb.-1: Entwurf aus Fachkonzept OOWV Die Festlegung der Bauform des Speicherpumpwerkes war ein wesentlicher Meilenstein in den frühen Planungsphasen. Hierbei galt die Entscheidung des OOWV, das Speicherpumpwerk als Brillenbehälter (zwei Rundbehälter mit jeweils 5.000 m³ Volumen) mit einer dazwischenliegenden Schieberkammer zu planen: Die Schieberkammer dient dabei zur Installation der verfahrens- und elektrotechnischen Einrichtungen. Zudem befinden sich innerhalb der Schieberkammer die Drucktüren, um im Bereich der jeweiligen Behältersohle einen Zugang zu den Wasserkammern für Wartungs-, Revisions- oder Reinigungsarbeiten zu ermöglichen. Weiterhin wurde ein Büro- und Sozialbereich vorgesehen, da das Speicherpumpwerk nicht dauerhaft besetzt werden soll und aus der Ferne gesteuert werden muss. Für die Festlegung der Gebäudeabmessungen und der Raumaufteilung wurde im Zuge der Vor- und Entwurfsplanung zunächst die Planung der Netzeinbindung, des Betriebskonzeptes, des Pumpwerkes inkl. Druckstoßbetrachtung und der verfahrenstechnischen Installation in den Vordergrund gestellt. Das Speicherpumpwerk soll als Durchlauf behälter in das vorhandene Verbundnetz des OOWV integriert und an die bestehende Transportleitung (DN500) angebunden werden, über welche der südliche Verbandsbereich versorgt wird. Die Leitungstrasse befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Grundstück und war u. a. ein Kriterium für die Wahl des Standortes. Die Befüllung des Speicherpumpwerkes erfolgt aus der Transportleitung in den Nachtstunden, wobei die Einspeisung mit einer geringen Trinkwassermenge in das südliche Verbandsgebiet im Bypass an dem geplanten Speicherpumpwerk weiterhin vorbeigeführt wird. Während der Tageszeit fördert das neue Pumpwerk aus dem Speicherpumpwerk in die Transportleitung und unterstützt damit das südliche Verbandsgebiet des OOWV. In der Transportleitung wurde folglich ein Zulauf zum Speicherpumpwerk und eine Leitung ausgehend von dem Speicherpumpwerk zur Transportleitung geplant. Zwischen beiden Abgängen ist eine Rückschlagklappe vorgesehen, welche beim Betrieb des neuen Pumpwerks eine Rückströmung in Richtung Norden verhindert. Das Speicherpumpwerk agiert mit anderen Wasserwerken des OOWV im Verbund, sodass das Speicherpumpwerk im Wesentlichen mit einer Mengensteuerung betrieben wird. Alternativ wurde bei der Automatisierung auch ein Betrieb mit Druckregelung vorgesehen. Weiterhin wurde die Vorgabe durch den OOWV definiert, dass im Falle eines Rohrbruches auf der zulaufseitigen Transportleitung ein Leerlaufen der Wasserkammern in das Verbundnetz vermieden wird. Aus diesem Grund wurden Rückschlagarmaturen vorgesehen, welche sich direkt vor den Wasserkammern innerhalb der Schieberkammer befinden. Für die Auslegung des neuen Trinkwasserpumpwerkes wurde durch den OOWV eine Netzberechnung erstellt. Diese berücksichtigt verschiedene Lastfälle und zukünftige Entwicklungen im Verbundnetz. Im Ergebnis ergaben sich daraus die für die Planung relevanten Betriebspunkte für die Pumpwerksplanung. Auf Basis der definierten Betriebspunkte erfolgte im Anschluss die Dimensionierung des Pumpwerkes, wobei unter Berücksichtigung von Redundanzvorgaben und nach verschiedenen Optimierungen drei baugleiche Trinkwasserpumpen zum Einsatz kommen [Abb.-2]. Abb.-2: Ausschnitt Schieberkammer 76 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Die Förderleistung des Pumpwerkes liegt zwischen 200-m³/ h und-500-m³/ h, was mit zwei der drei baugleichen Trinkwasserpumpen erreicht wird. Die dritte Pumpe stellt die Ausfallreserve sicher. Neben der Planung des Pumpwerkes wurden umfangreiche Betrachtungen hinsichtlich der Nutzung des netzseitigen Versorgungsdrucks vor der Einspeisung in die Wasserkammern in Form einer Energierückgewinnung durchgeführt. Im Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen wurde jedoch entschieden, keine Energierückgewinnung für das Speicherpumpwerk vorzusehen. Im weiteren Verlauf erfolgte die verfahrenstechnische Planung der Rohrleitungen und Rohreinbauten innerhalb der Schieberkammer, wobei auch die Ergebnisse der parallel zur Planung durchgeführten Druckstoßberechnung berücksichtigt wurden und eine entsprechende Druckwindkesselanlage geplant wurde. Weitere Planungsaufgaben beschäftigten sich anschließend mit der Planung des Behälterzu- und -ablaufes, des Notüberlaufes in Zusammenhang mit der Teichplanung, der Be- und Entlüftungsanlage, der Entleerung und dem Entwässerungskonzept. Auf bauend auf die Planung der verfahrenstechnischen Komponenten erfolgte die elektrotechnische Planung. Im Rahmen der Entwurfsplanung wurde zunächst der Energiebedarf für das neue Pumpwerk inkl. der Nebenanlagen sowie der Raum- und Platzbedarf für die Komponenten ermittelt. Auch Grundzüge zur Steuerung und Automatisierung mit den Sicherheitsvorgaben an den Objektschutz wurden mit dem OOWV abgestimmt und in die Planung integriert. Zusätzlich wurde auf den Dachflächen des Speicherpumpwerkes eine Photovoltaikanlage zur Eigenstromnutzung vorgesehen. Durch die integrative Planung zwischen den einzelnen Fachgewerken konnte die Bauteilplanung parallel zu den technischen Gewerken bearbeitet und an die konkretisierten Anforderungen angepasst werden. Somit konnte die Schieberkammer im Verlauf der Planung bautechnisch optimiert und die entsprechende Raumaufteilung angepasst werden. Im Fokus stand dabei die Funktionalität. Im Zuge der spezifischen Bauteilplanung erfolgte der Entscheidungsprozess hinsichtlich der Innenauskleidung der beiden Wasserkammern auf Basis einer Nutzwertanalyse. Im Ergebnis wurde durch den OOWV die Entscheidung getroffen, die Wasserkammern mit einer Innenbeschichtung aus Epoxidharz auszuführen. Wesentliches Argument war dabei, dass auf diese Weise eine sichere und hygienische Barriere gegenüber dem eigentlichen Baukörper aus Ortbeton geschaffen wird - auch mit dem Ziel, dass eine Verkeimung infolge von Rissbildung während der Bauausführung nicht zu Problemen oder Verzögerungen im Projekt führen. Weitere Aspekte für die Entscheidung begründeten sich in der begrenzten Anzahl der verfügbaren Fachfirmen für die Ausführung eines Betonbehälters ohne Beschichtung, der Dauerhaftigkeit und der Reinigungsfähigkeit der glatten Oberfläche. Für die Planung des Speicherpumpwerkes wurde im Rahmen der Vorplanung eine Baugrunduntersuchung und weiterführend auch eine hydraulische Berechnung der Grundwasserhaltung durch ein Fachbüro erstellt. Die daraus resultierenden Vorgaben konnten somit frühzeitig in die Planung aufgenommen werden, was aufgrund des hohen Grundwasserstands auf dem Gelände einen deutlichen Einfluss auf die Planung des Bauteils und die Erstellung der prüffähigen Statik hatte. Beide geplanten Wasserkammern verfügen im Inneren über Leitwände, deren Anordnung eine Durchströmung der gesamten Wasserkammer gewährleistet sowie Stagnationszonen und Kurzschlussströmungen vermeidet. Zudem wurden im Zuge der Bauteilplanung innerhalb der Wasserkammern geschottete Behälterbalkone vorgesehen. Diese sind aus der Schieberkammer begehbar und ermöglichen eine Einsicht des Wasserspiegels auf der Zu- und Ablaufseite sowie die optische Kontrolle des Notüberlaufes. Mit Abschluss der Entwurfsplanung wurden verschiedene Baustandards (Dachausführung, Anschluss von Wänden und Decken, Mauerdurchführungen, Montage- und Laufwege, usw.) sowie diverse Ausführungsdetails mit dem OOWV abgestimmt, um die Planungsgrundlage für die anschließende Erstellung des Bauantrages und der detaillierten Ausführungsplanung zu erarbeiten. Das Fachkonzept des OOWV sah die Planung eines Teichs auf dem Gelände des Speicherpumpwerkes vor. Dieser hat zum einen eine ökologische Funktion und dient der Umweltbildung. Diesem Teich werden zudem die anfallenden Wässer wie Regenwasser, Notüberlauf oder sonstige Klarwässer aus dem Speicherpumpwerk zugeführt und von dort in den direkt an das Grundstück anschließenden Vorfluter eingeleitet. Die Einleitmenge in den Vorfluter wurde begrenzt auf einen von der Behörde vorgegebenen Drosselabfluss von 1,3-l/ s*ha. Daher wurde die Teichanlage auch als Retentionsbecken geplant, welches den Zulauf zwischenpuffert und die Einleitmenge in den Vorfluter gedrosselt über ein Mönchbauwerk abführt. Ziel war dabei, dass der Aufstau im Teich durch die Pufferfunktion möglichst gering ist. Die Bemessung orientierte sich am DWA Arbeitsblatt A 117 [1] und die Teichkubatur wurde mit einer geschwungenen Uferlinie und überwiegend flachen Böschung von 1: 5 bis 1: 10 ausgeführt. Eine weitere Herausforderung bestand darin, dass die Einleitung in den Vorfluter oberhalb des Mittelwasserstandes zu erfolgen hatte und demzufolge die Notüberlaufhydraulik mit den Höhen des Teiches und der Einleitung austariert werden musste, wobei es nur einen geringen Spielraum gab. Das gesamte Entwässerungskonzept war durch die vielen Einschränkungen und Restriktionen komplex und könnte nahezu als eigenes Teilprojekt angesehen werden. Geplant wurde die Teichanlage als Erdbecken mit einer Tonabdichtung gegenüber dem anstehenden Grundwasserstand auf dem Gelände. Komponenten wie z. B. eine Steganlage als Zugang zur Wasseroberfläche dienen dem späteren Zweck der Umweltbildung. Weiterer Bestandteil der Planung war der Tief- und Rohrleitungsbau auf dem Gelände. Hauptpunkte waren hier die Anbindung des Speicherpumpwerkes an die Transportleitung sowie die verbindenden Rohrleitungen zwischen dem Speicherpumpwerk und der Teichanlage. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 77 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Das Gelände des Speicherpumpwerkes ist zweigeteilt und besteht aus dem öffentlichen Bereich mit dem Teich und dem separat abgetrennten Betriebsbereich für das Speicherpumpwerk, welches entsprechend den KRITIS Vorgaben mit einer umfangreichen Überwachung ausgestattet wurde. Die Entwurfsplanung wurde im Juli 2021 auf einem hohen Planungsniveau abgeschlossen und lieferte dadurch Grundlagen für die Genehmigungsplanung. Im Zuge der Ausführungsplanung, welche zum Großteil parallel zur Genehmigungsplanung lief, wurden die einzelnen Gewerke detailliert, wobei wesentliche Richtungsentscheidungen mit Abschluss der Entwurfsplanung vorgelegt wurden. 3.4 Genehmigungsplanung Mit Abschluss der Entwurfsplanung erfolgte im September 2021 ein Termin mit den zuständigen Fachbehörden. Zweck war neben der Vorstellung des Projekts auch die Identifizierung von Umfang der Antragsverfahren und der weiteren Gutachten bzw. Stellungnahmen, sowie der Abgleich des Projektplans in Bezug auf die Dauer der Antrags- und Genehmigungsverfahren. Aus diesem Grund wurde umgehend nach dem Behördentermin eine Strategie zur Bearbeitung der verschiedenen Antragsverfahren erstellt, um mögliche Synergien für die Erstellung der Anträge und der notwendigen Planunterlagen zu nutzen. Neben dem Bauantrag mit Vorlage der prüffähigen Statik für das Speicherpumpwerk gab es zahlreiche Antragsverfahren im Wasserrecht für die Einleitung in den Vorfluter (z. B. Notüberlauf, Regenwasser), den Bau der Teichanlage sowie auch für die Grundwasserhaltung während der Baumaßnahme. Für den Bau der Teichanlage war zudem ein eigenständiges Gewässerausbauverfahren nach § 68 WHG erforderlich, welches im Bauantragsverfahren konzentriert wurde. Dies erfolgte aufgrund der engen Verbindung zwischen dem Bauwerk und der Teichanlage als Puffer und Retentionsbecken. Die Antragsverfahren im Bereich des Naturschutzes waren geprägt durch eine geforderte Kartierung der Brutvögel, welche im Zeitraum von März bis Ende Juli 2022 erfolgte und damit auch einen deutlichen Einfluss auf den Projektzeitplan hatte. Zudem musste eine UVP-Vorprüfung für den Bau des Speicherpumpwerkes und die Grundwasserhaltung erstellt werden, welche auch Bestandteil des Bauantragsverfahrens waren. Mit den Ergebnissen der Kartierung erfolgte die Erstellung der Artenschutzprüfung (ASP) und die Bearbeitung eines Landschaftspflegerischen Begleitplanes (LBP). Die UVP- Vorprüfungen sowie die weiteren Gutachten (ASP und LBP) wurden durch externe Fachplaner erstellt und die eigentliche Antragsgestaltung in Verbindung mit den sonstigen Unterlagen durch das Ingenieurbüro H 2 U aqua. plan.Ing-GmbH ausgearbeitet. Erschwert wurde die Genehmigungsplanung und damit der Projektverlauf durch eine unmittelbar an das Baugrundstück angrenzende Kreisstraße und die geplante Zuwegung an diese über einen Genossenschaftsweg. Hier ergaben sich im Verlauf der Genehmigungsplanung weitere Hürden, da schlussendlich der Ausbau des Genossenschaftsweges und dessen Anbindung an die Kreisstraße nötig war. Neben einer weiteren Fachplanung, welche extern durchgeführt wurde, mussten zur Einhaltung der Vorgaben im Einmündungsbereich auf die Kreisstraße durch den OOWV im Rahmen der laufenden Genehmigungsplanung eine Teilfläche einer angrenzenden landwirtschaftlichen Fläche erworben werden. Erst dadurch konnten die Vorgaben zur Planung der Zufahrtsstraße und des Einmündungsbereiches realisiert werden. Weiterhin führte die Kreisstraße durch Berücksichtigung einer Bauverbotszone dazu, dass die Einfriedung auf dem Grundstück mit einer Wallhecke (Vorgabe der unteren Naturschutzbehörde) und die Teichanlage auf dem Grundstück angepasst bzw. verschoben wurde. Mit dieser Änderung konnte die Sondernutzungserlaubnis beantragt werden. Durch eine umfangreiche Änderung der Planung konnte erreicht werden, dass alle Anforderungen der zuständigen Fachbehörden bewältigt und damit ein weiterer Teil der umfangreichen Genehmigungsplanung abgeschlossen wurde. Mit Beginn der Genehmigungsplanung im September 2021 konnten bis Anfang März 2022 ein Großteil der Anträge zur Vorprüfung eingereicht werden. Nach einer zweimonatigen Prüfphase durch die zuständigen Fachbehörden wurden verschiedene Nachforderungen bearbeitet, sodass im Zeitraum von Juni bis August 2022 die Antragsunterlagen final eingereicht wurden. Durch die Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachbehörden war es möglich, dass der Landschaftspflegerische Begleitplan und die Artenschutzprüfung während des laufenden Verfahrens zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden konnten und dadurch keine weitere Verzögerung entstand. Die Mitteilung zur Baugenehmigung erfolgte im März 2023, was den wesentlichen Meilenstein für die weiteren Schritte darstellte - insbesondere für die Ausschreibung der Bauleistungen. Wasserrechtliche Genehmigungen wurden im Zeitraum von August 2022 bis Ende Januar 2023 erteilt, sodass auch die dort enthaltenen Nebenbestimmungen noch rechtzeitig in der weiteren Planung berücksichtigt werden konnten. Mit einer Gesamtdauer von ungefähr 18 Monaten hatte die Genehmigungsplanung einen erheblichen Einfluss auf den Verlauf des Projektes, sodass ein striktes Management im Projekt erforderlich war, um Strategien zur Kompensation des zeitlichen Verzugs zu erarbeiten. Weiterhin musste mit Blick auf die Bauausführung ein weiteres Managementinstrument etabliert werden, um die Nebenbestimmungen aller Genehmigungen so zu organisieren und strukturieren, dass während der Bauausführung klare Verantwortlichkeiten für jeden Fachbereich definiert wurden. Neben der Antragsphase im Rahmen der eigentlichen Genehmigungsplanung erfolgten mit Beginn der Bauausführung weitere Antragsverfahren, welche sich insbesondere auf die Entnahme und Einleitung von gefördertem Grundwasser zur Grundwasserhaltung während der Bauphase bezogen und erweitert bzw. angepasst werden mussten. Auch eine zweite Sondernutzungserlaub- 78 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim nis für die Einrichtung einer Baustraße mit Anbindung an die Kreisstraße erfolgte unmittelbar mit Beginn der Bauarbeiten. Anzahl, Umfang und Verknüpfungen der einzelnen Anträge und die Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden machte die Genehmigungsplanung bei diesem Projekt zu einer besonderen Herausforderung, welche durch eine umfassende Fachkompetenz und der Kenntnis der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Disziplinen trotz aller Schwierigkeiten erfolgreich abgeschlossen wurde. 3.5 Ausschreibung und Vergabe Mit Abschluss der Kostenberechnung nach DIN-276 nach Abschluss der Entwurfsplanung und auf Basis des geplanten Bauablaufplans wurde ein Vergabekonzept aufgestellt. Die Baukosten lagen oberhalb des EU-Schwellenwertes für Bauleistungen von 5,382 Mio. Euro (Stand 2023), so dass eine EU-weite Ausschreibung der Bauleistung erfolgen musste. In Zusammenarbeit mit dem OOWV wurde die Aufteilung in 12 Baulose abgestimmt und die jeweilige Art des Vergabeverfahrens definiert. Die Aufteilung der Baulose richtete sich u. a. an dem Ziel, einen möglichst reibungslosen Ablauf zwischen den verschiedenen Gewerken bzw. Losen zu erreichen. Zudem wurde ein Vergabezeitplan aufgestellt und in den Projektzeitplan übernommen, sodass die Erstellung und Anpassung der Leistungsverzeichnisse mit Berücksichtigung der Veröffentlichungszeiträume und des gewählten Vergabeverfahrens in den gesamten Projektverlauf integriert wurde. Auf dem kritischen Pfad lagen die Bauhauptarbeiten für das Speicherpumpwerk. Diese Bauleistung wurde nach § 14 SektVO im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Nach Erteilung der Baugenehmigung wurde die Ausschreibung von diesem Los im April 2023 veröffentlicht. Die Vergabe der Bauleistungen erfolgte durch den OOWV, wobei das Ingenieurbüro H 2 U aqua.plan.Ing- GmbH bei der technischen Auswertung und den Bietergesprächen mitwirkte. Nach Ablauf der Abgabefrist Ende Mai 2023 erfolgte nach Auswertung der Angebote der Zuschlag an das wirtschaftlichste Angebot Ende Juni 2023. Die weiteren Lose waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht und befanden sich teilweise in der Ausführungsplanung bzw. in der Erstellung der Leistungsverzeichnisse. Weitere Gewerke für die Ausführung des Speicherpumpwerkes wurden zu folgenden Zeitpunkten vergeben; • Verfahrenstechnik: 06/ 2024 • Tief- und Rohrleitungsbau: 07/ 2024 • Innenbeschichtung: 08/ 2024 • Elektro- / Automatisierungstechnik: 02/ 2025 • Außenanlagen: 06/ 2025 4. Bauausführung Nach Vergabe der Bauhauptarbeiten begannen die Bauarbeiten am Speicherpumpwerk unmittelbar im Juli 2023 mit Einrichtung und Organisation der Baustelle. Dabei wurde in einem ersten Schritt ein Hygienekonzept durch ein externes Fachbüro erstellt, welches die Hygienezonen für die verschiedenen Bereiche des Bauwerkes sowie die Vorkehrungen zum Schutz des Bauwerkes und den angrenzenden Betriebsanlagen definierte. Die Errichtung einer provisorischen Baustraße auf dem Gelände des Speicherpumpwerkes war erforderlich, um den Ausbau der Zufahrtsstraße und die Anbindung an die Kreisstraße zu realisieren. Nach Ausbau der Zufahrtsstraße begannen auf dem Gelände die umfangreichen Tief- und Erdarbeiten zur Herstellung der Baugrube. Ein Wesentlicher Punkt war die Einrichtung der umfassenden Grundwasserhaltung als Horizontaldrainage, wobei sich unmittelbar nach Inbetriebnahme der Grundwasserhaltung zeigte, dass die prognostizierten Grundwassermengen mit einem Faktor von fünf bis acht deutlich überschritten wurden. Dies führte dazu, dass während des Bauablaufes weitergehende technische Maßnahmen bzw. eine Erweiterung der Grundwasserhaltung notwendig waren. Eine Erweiterung der Absenkungsanlage bzw. eine mehrfache Anpassung der bestehenden Entnahme- und Einleitmenge hinsichtlich Menge und Dauer führten zu einem hohen Aufwand während der Bauausführung. Neben Anpassung und Erweiterung der Anträge wurden zahlreiche Nebenbestimmungen wie z. B. hydraulische Berechnungen zum Vorfluter, Einrichtung von neuen Peilbrunnen zum Monitoring, UVP-Vorprüfungen usw. in Zusammenarbeit zwischen dem OOWV, dem Planungsbüro H 2 U aqua.plan.Ing-GmbH und weiteren Beteiligten umgesetzt, sodass ein kontinuierlicher Bauablauf gewährleistet werden konnte. Unter Berücksichtigung von weiteren Antragsverfahren zur Grundwasserhaltung der Teichanlage zogen sich die Verfahren nahezu über den gesamten Bauablauf. Anfang Februar 2024 haben die Stahlbetonarbeiten an der Schieberkammer begonnen. Parallel zu dessen Errichtung begannen ab Mai 2024 die Stahlbetonarbeiten an einem der beiden Trinkwasserbehälter [Abb.-3], wobei die Außen- und Innenwände zeitversetzt und teilweise auch parallel hergestellt wurden. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 79 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Abb.-3: Außenwände des ersten Behälters Während der Bauausführung ergaben sich verschiedene Verzögerungen. Um das übergeordnete Ziel des OOWV zur Inbetriebnahme des Speicherpumpwerks bis zum Sommer 2025 zu realisieren, erfolgten im Rahmen der Baubesprechungen fortlaufende Anpassungen des Bauablaufplans, um Punkte zu identifizieren, die zeitgleich ablaufen können, um die entstandenen Verzögerungen zur kompensieren. Aus diesem Grund starteten ab Ende April 2024 die Arbeiten an dem zweiten Behälter. Geplant war, mit Blick auf die Inbetriebnahme die Dichtigkeitsprüfung von einem der beiden Behälter zu priorisieren. Dafür wurden ab Ende August 2024 die Mauerdurchführungen einbetoniert und die erforderlichen Leitungen für die Befüllung eingerichtet. Anschließend wurde der erste Behälter befüllt und die Dichtigkeitsprüfung startete ab Ende September 2024. Im Zuge der Dichtigkeitsprüfung zeigten sich am ersten Behälter eine große Anzahl von Undichtigkeiten, welche anschließend zur Abdichtung verpresst wurden [Abb.-4]. Nach umfangreichen Verpressarbeiten wurde die Dichtigkeit des ersten Behälters im Dezember 2024 festgestellt. Im Nachgang erfolgten die Entleerung und die Vorbereitungen zur Innenbeschichtung. Die in der Bauausführung entstandenen diversen Undichtigkeiten zeigten, dass sich die während der Planungsphase getroffene Entscheidung zur Ausführung der Wasserkammern mit einer Epoxidharzbeschichtung als zielführend und richtig bewiesen hat. Abb.-4: Abdichtungsmaßnahmen Außenwand Parallel zu den Beschichtungsarbeiten im Zeitraum von Februar bis Juni 2025 am ersten Behälter wurde die Dichtigkeitsprüfung am zweiten Behälter durchgeführt. Auch hier gab es massive Undichtigkeiten, sodass der Aufwand zur Abdichtung dem des ersten Behälters entsprach. Die Dichtigkeitsprüfung für den zweiten Behälter wurde im April 2025 festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte eine erneute Anpassung des Bauablaufes, sodass durch weitere Verzögerungen die Inbetriebnahme des Speicherpumpwerkes mit zunächst einem Behälter fokussiert wurde. Nach Feststellung der Dichtigkeit erfolgte die Erdanfüllung der Behälter und des Pumpwerkes, sodass in diesem Zuge auch die Grundwasserhaltung ab Ende April 2025 sukzessiv reduziert und ab Mitte Mai 2025 vollständig abgeschaltet werden konnte. 80 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Bau eines Speicherpumpwerkes mit einem Nutzvolumen von 2 x 5.000 m³ - Speicherpumpwerk Kneheim Abb.-5: Speicherpumpwerk Parallel zu den Beschichtungsarbeiten am ersten Behälter, der Dichtigkeitsprüfung für den zweiten Behälter und der weiterführenden Ausführung der Innenbeschichtung wurde der Bau des Speicherpumpwerkes mit den verschiedenen Gewerken fortgeführt [Abb.-5]. In diesem Zusammenhang erfolgte u. a. die Verlegung der erdverlegten Rohrleitungen mit Anschluss an die Netzleitung. Ab Januar 2025 starteten die Werkplanungen mit den ausführenden Firmen für die Gewerke Verfahrens- und Elektrotechnik. Nach Klärung von diversen Details und weiteren Anpassungen zum Bauablauf begann die z. T. parallele Ausführung ab Mitte Mai 2025. Weitere Abstimmungen mit den am Bau beteiligten Parteien zielten vor allem auf die zeitliche Planung zur Fertigstellung der Installation, der Desinfektion und Beprobung sowie zur Teilinbetriebnahme des Speicherpumpwerkes mit zunächst einem Behälter ab, um in den verbrauchsstarken Zeiten den südlichen Verbandsbereich des OOWV mit Trinkwasser zu stützen und die Versorgungssicherheit somit zu erhöhen. Mit Abschluss der Warm- und Kaltinbetriebnahme im August 2025 begann das Speicherpumpwerk mit der Förderung in das Verbundnetz. Im Nachgang zur Teilinbetriebnahme erfolgten die verschiedenen Restarbeiten, welche sich unter anderem mit der Inbetriebnahme des zweiten Behälters sowie der Fertigstellung der Teich- und Außenanlagen befassten. Literatur [1] Arbeitsblatt DWA-A 117 - Bemessung von Regenrückhalteräumen - Dezember 2013, Stand: korrigierte Fassung Februar 2014 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 81 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext Dr. rer. nat. Ludger Boonk Vorrink Bautenschutz GmbH & Co. KG, Gronau Zusammenfassung: Lösemittelfreie Epoxidharze sind 2-komponentige Kunststoffe, aus denen komplette Systeme für die Beschichtung und Sanierung von mineralischen Untergründen hergestellt werden können, die zu glatten, dichten, inerten und gut zu reinigenden, hermetisch abschließenden Oberflächen führen. Die wesentlichen Auswahlkriterien und Ausführungsanforderungen aus den unterschiedlichen Teilen des W 300 werden mit Bezug auf org. Beschichtungen komprimiert zusammengefasst. Am Beispiel eines Behälterneubaus wird gezeigt, dass unzureichende Untergrundqualitäten, wie sie sich bei realen Bauprojekten ergeben können und die damit verbundenen qualitativen Mängel und zeitlichen Engpässe durch das direkte Einplanen einer organischen Beschichtung verhindert werden können. Der zeitliche Ablauf der Einführung der europäischen Trinkwasserrichtlinie und Nachhaltigkeitsaspekte bilden den Abschluss. Besonders interessant ist die sich eröffnende technische Möglichkeit, dass Recyclingmaterialien zukünftig -zusammen mit einer hermetisch abschließenden Auskleidungunter Nachhaltigkeitsaspekten auch im Trinkwasserbereich eine Rolle spielen könnten. Auswahlkriterien für Auskleidungssysteme Die Anforderungen an Materialien für den Kontakt mit Trinkwasser werden im Arbeitsblatt W 300-1[1] (Trinkwasserbehälter; Planung und Bau) und W 300-3 [2] (Trinkwasserbehälter; Instandsetzung und Verbesserung) sowie im W 300-4 [3] (Bauausführung und Qualitätssicherung) aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Die im W 300-1 genannten unterschiedlichen Materialien und Materialsysteme sind für den Einsatz im Trinkwasserbereich geeignet, unterscheiden sich aber in ihren Eigenschaften und Anwendungskriterien. In den folgenden Zusammenstellungen sind Aspekte aus den 3 Teilen zusammengefasst. Die Anforderungen unterscheiden sich nicht zwischen Neubauauskleidung und Sanierungsfall. 1. Kriterien für Trinkwasserkontaktmaterialien 1.1 Allgemein Grundsätzlich können Materialien zum Einsatz kommen, die einerseits die Dichtigkeit des Behälters nachhaltig gewährleisten und andererseits eine nachteilige Veränderung des gespeicherten Wassers dauerhaft verhindern. Bei der Beurteilung/ Auswahl geeigneter Materialien sind zeitabhängige Werkstoffveränderungen wie z. B. Auslaugung, Alterung und chemische Beeinflussungen ebenso zu berücksichtigen wie deren Ursachen: wie ständiger Wasseraustausch, Druckschwankungen, Strömung und die chemischen Parameter wie Lösevermögen (Carbonhärte, Calcitlösekapazität), pH-Wert und Oxidationspotential. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Lage unterhalb oder oberhalb der Wasserlinie. Die Druckschwankungen sind oberhalb der Wasserlinie geringer, dafür ist das dort anfallende Kondenswasser weicher und je nach Wassersättigung eine Carbonatisierung möglich. Da an Untergründe im Kontakt mit Trinkwasser besondere Anforderungen an die Hygiene und die Hydrolyse Beständigkeit (Vermeidung von Auslaugungen des Betons und damit verbundener Absenkung seiner Alkalität) gestellt werden, sind im DVGW-Arbeitsblatt W 300 eine zusätzliche Expositionsklasse X-TWB sowie im W 300-5 (A) Materialanforderungen an die Auskleidungssysteme definiert. 1.2 Physiologisch und mikrobiologisch unbedenklich Die verwendeten Materialien müssen momentan den Anforderungen der entsprechenden Leitlinien/ BWGL des Umweltbundesamtes in Bezug auf zugelassene Rohstoffe, Migrationsgrenzwerte, mikrobiologische Eignung und den dort festgelegten Prüfverfahren genügen. Für organische Materialien ist das die KTW-BWGL. Das DVGW- Arbeitsblatt W 347 legt Prüfungen und hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe fest. In Zukunft (2027) werden die hygienischen Aspekte europäisch über die DWD (Drinking Water Directive, (EU) 2020/ 2184) geregelt. 2. Materialien 2.1 Materialarten Im W 300 sind, bei entsprechender Prüfung, folgende Materialsysteme als geeignete Trinkwasserkontaktmaterialien aufgeführt. • Zementgebundene Werkstoffe (Matrix wird maßgeblich vom Zement bestimmt) Beton Beton- und Zementmörtel • Typ 1: ohne Betonzusatzmittel und ohne kunststoffhaltige Zusätze • Typ 2: mit Betonzusatzmittel nach DIN EN 934-2 bis max. 5 %/ z (Zementäquivalent) und ohne kunststoffhaltige Zusätze 82 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext • Typ 3: ggf. mit Betonzusatzmittel nach DIN EN 934-2 und mit kunststoffhaltigen Zusätzen bis insgesamt max. 10 %/ z (Zementäquivalent) • Typ 4: ggf. mit Betonzusatzmittel nach DIN EN 934-2 und mit kunststoffhaltigen Zusätzen bis insgesamt max. 25 %/ z (Zementäquivalent) • Es gibt 4 Materialklassen, die sich durch die Zugabe kunststoffhaltiger Zusätze bezogen auf den Zementanteil unterscheiden. 1 = 0 %; 2 = 1-4 (Matrix wird maßgeblich vom Zement bestimmt, 0-5, 10 und 10-25 % kunststoffhaltige Zusätze auf Zement) Diese Materialien sind funktionell als Beschichtung (A2) oder Betonersatz (A1.1 bis A 1.3) einsetzbar. • Niedriglegierter Stahl (erfordert Schutzmaterialien) • Nicht rostende Stähle (nicht gegen alles beständig, Rohrleitungen, Einbauten, Auskleidungssystem C) Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GfK) Tanks, Rohrleitungen, ggf. Auskleidungssystem C • Kunststoffe (z. B. Polyethylen PE, Polypropylen PP (Rohrleitungen, Einbauten, Auskleidungssystem C) • Flüssigkunststoffe, Zweikomponenten Reaktionskunststoffe (Aushärtung maßgeblich durch organische Matrix bestimmt, Korrosionsschutz, Auskleidungssystem B (Beschichtungen)) 2.2 Anforderungen an Auskleidungssysteme Die Auskleidungssysteme werden in 4 Gruppen unterschieden: • Verfahren A1.1, A 1.2 und A1.3 Betonersatz • Verfahren A2, zementgebundene Werkstoffe • Verfahren B, organische Beschichtung • Verfahren C, Dichtungsbahnen, Plattensysteme oder nichtrostender Stahl Anforderungen bautechnisch: • Verbund der Bewehrung • Standsicherheit der Konstruktion • Korrosionsschutz der Bewehrung (Erhalt oder Wiederherstellung) Anforderung trinkwassertechnisch: • Trinkwasserqualität • Beständigkeit der wasserberührten Oberfläche (X- TWB) • Vermeidung von Kontaminationen des Untergrundes oder von Materialien Systemunterscheidung der Auskleidungssysteme: • Mit vollflächigem Verbund (A und B ohne Spalt zwischen Untergrund und Auskleidung) • Ohne vollflächigen Verbund (C verfügen über Spalt zwischen Untergrund und Auskleidung und Tragekonstruktion) 3. Untergrund Kriterien: Sanierungs-/ Verbesserungsbedarf besteht, wenn die Betonrandzone geschädigt ist (Alkalitätsabfall, und/ oder visuelle Auffälligkeiten der Oberfläche) und/ oder die Betondeckung und/ oder der Alkalitätspuffer für die Restnutzungszeit nicht ausreichend ist. Welche der möglichen Auskleidungssysteme unter welchen Bedingungen eingesetzt werden können, ist im W 300-3 geregelt. Dabei werden 3 Untergrundeigenschaften zur Systemauswahl herangezogen. Die Altbetonklasse (Betonfestigkeit), die alkalische Überdeckung und die Mindestbetonüberdeckung. Zusätzlich wird die Qualität der Betonrandzone für Notwendigkeit einer Auskleidung und die Tiefe des erforderlichen Materialabtrags beurteilt. Die Auswirkung korrodierender Bewehrung ist statisch zu beurteilen. Untergrundüberprüfungen sind für die Systemauswahl bereits in der Planungsphase notwendig. Während der Ausführung sollten Kriterien wie Oberflächenzugfestigkeit, Haftzugfestigkeit und verbleibende Betondeckung möglichst früh an gestrahlten, repräsentativen Probestellen und bei Auffälligkeiten bestimmt werden, damit bei Abweichungen von der Planung die Untergrundbehandlung und ggf. das Auskleidungssystem früh entsprechend angepasst werden können. Bei Hohlstellen (vor allem bei mehrlagigen Auf bauten) ggf. mögliche Trocknungseffekte im Verlauf der Zeit berücksichtigen. Generell gilt, dass vor Beginn der Auskleidungsarbeiten zu kontrollieren ist, ob die Voraussetzungen der Systemauswahl noch gegeben sind. Die wesentlichen Randbedingungen sind im Folgenden aufgeführt. 3.1 Festigkeit des Untergrundes Altbetonklasse A1 bis A5 Die Druckfestigkeitsbereiche erstrecken sich über einen Bereich von A1 ≤ 10 MPa bis A5 ≥ 75 MPa, Die dazugehörigen Oberflächenzugfestigkeiten zeigen Werte von ≤ 0,8 (0,5) MPa bis ≥ 2,5 (2) MPa, (-) kleinster Einzelwert). Bei der Festigkeitsklasse A4/ A5 sind alle Systeme in Bezug auf die Untergrundfestigkeit einsetzbar. Bei der Festigkeitsklasse A2/ A3 sind Zusatzbeurteilungen notwendig und bei der Festigkeitsklasse A1 kommt eine bewehrte Innenschale oder Neu-/ Teilneubau in Betracht. Die erforderliche Rauheit des Untergrundes ist abhängig vom gewählten System und liegt zwischen Werten von 0,3 bis > 3 mm. Bei der Beschichtung mit organischen 2 Komp. Reaktionsharzbeschichtungen (System B) ist die niedrigste Rauheit erforderlich, weil die Haftung dieser Systeme materialbedingt sehr gut ist und das Material aufgrund der Porosität des Untergrundes diesen auch geringfügig penetrieren kann. Gemessen werden kann die Rauheit mit dem Sandflächenverfahren DIN EN 1766, dem Lasermessverfahren oder einer Spachtelung mit Verbrauchserfassung. 3.2 Alkalitätsgrenze (Korrosionsschutz der Bewehrung) Wegen des hohen Schutzpotentials gegen z. B. Auslaugung und Carbonatisierung sind die Anforderungen mit 5 mm alkalischer Überdeckung bei organischen Beschichtungen am niedrigsten [Abb. 1] und bei den spaltbildenden Systemen mit Platten- und Folienauskleidungen (Edelstahl, PE, PP) mit 15 mm am höchsten. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 83 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext 3.3 Betonüberdeckung Eine ausreichend dicke Betonüberdeckung mit entsprechender Festigkeit stellt den guten Verbund der Bewehrung mit der Matrix und eine Übertragung der statischen Kräfte sicher. Bei der Beschichtung mit Flüssigkunststoffen sind die Anforderungen mit mind. 10 mm oder dem Bewehrungsdurchmesser am geringsten, da nur die statische Anforderung erfüllt werden muss und durch die diffusionsdichte Auskleidung ein ausreichender Schutz besteht, der eine Verschlechterung der Verhältnisse verhindert. Weil die Flächen bei vorgehängten Systemen der Auskleidungen nach System C nicht kontrolliert werden können, sind für diese Systeme die Anforderungen mit 30 mm am höchsten. Dazwischen liegen die zementgebundenen Auskleidungssysteme die bei entsprechendem technischem Nachweis auch als Betonersatz bei statisch relevanten Mängeln eingesetzt werden können. Die Betondeckung kann großflächig und zerstörungsfrei auf Grundlage von Magnet-Induktionsverfahren ausgeführt und ggf. eine Kartierung durchgeführt oder lokal zerstörend durch Freilegen der Bewehrung ermittelt werden. Tab. 1: Auswahlkriterien der Auskleidungssysteme Ein Auskleidungssystem ist anwendbar, wenn in jeder Zeilengruppe (Altbetonklasse, alkalische Überdeckung, Mindestbetondeckung) das System bei den vorgegebenen Kriterien möglich ist oder die Kriterien im Zuge der Auskleidung mindestens erreicht werden. (Beispiel: rote Einfärbung vorgefundene Kriterien, grüne Einfärbung mögliche Systeme pro Kriterium) 3.4 Zustand Betonrandzone • Auslaugung (Carbonatisierungstiefe, Auslaugungstiefe) Eine tiefreichende Carbonatisierung im Unterwasserbereich ist bei ständiger Beaufschlagung mit Wasser nicht zu erwarten. Eine Carbonatisierung allein ist kein qualitätsminderndes Kriterium, da sie die Festigkeit der Betonrandzone eher erhöht als erniedrigt, es sei denn, sie minimiert den Bereich der alkalischen Überdeckung oberhalb der Bewehrung zu stark. • Ausblühungen, Aussinterungen, Absandungen, Staub: Minderfeste Bestandteile des Untergrundes müssen entfernt werden, da sie sich haftungsmindernd auswirken. • Feuchtigkeit (Untergrundfeuchtigkeit): Es ist zu unterscheiden zw. Feuchtigkeit aufgrund von Untergrundfehlern oder technischen Mängeln wie Rissen, Hohlräumen und einer allgemeinen Untergrundfeuchte aufgrund des Trocknungszustandes. Mineralische Systeme erfordern feuchte und organische Beschichtungssysteme i. d. R. trockene Untergründe. • Bewuchs (oberflächlicher Bewuchs, Durchwachsungen): Die Ursache für Bewuchs muss geklärt und entweder durch das Auskleidungssystem oder in separaten Arbeitsschritten beseitigt werden. • Verunreinigungen: Verunreinigungen durch Fremdstoffe (Öl, Fett, Trennmittel, Gummiabrieb, Nachbehandlungsmittel, Altbeschichtungen) müssen entfernt werden. • Risse (Breite, Erscheinungsform, dynamisch/ statisch): Die Rissursachen müssen geklärt und die Risse abhängig vom gewünschten Füllziel fachgerecht verschlossen werden. • Treiben/ Salze im Untergrund: Bei entsprechenden Verdachtsmomenten sind fachkundig Untersuchungen auf ihre Auswirkungen durchzuführen und Maßnahmen festzulegen. • Hohlstellen: Hohlstellen müssen z.B. durch Abklopfen erkannt und registriert werden. Je nach Lage und Ursache müssen sie verfüllt bzw. entfernt und ggf. reprofiliert werden. Sie können sich bei mehrlagigen Systemen im Verlauf des Trocknens bilden oder vergrößern. • Saugfähigkeit des Untergrundes: Über Einsprühen mit Wasser kann die Saugfähigkeit des Untergrundes überprüft werden. Abperlendes Wasser kann einen Hinweis auf silanisierten Unter- 84 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext grund sein, auf dem die Haftung der Vollverbundsysteme ein Problem sein kann. 3.5 Korrodierende Bewehrung Im Falle zu niedriger alkalischer Überdeckung kommt es zu Bewehrungskorrosion. Liegt korrodierende Bewehrung vor, so sind die Ursachen und die statische Relevanz zu klären. Bei lokalen, statisch nicht relevanten Korrosionsschäden können diese auch mit geeigneten Komponenten der Auskleidungssysteme repariert werden. Bei statischer Relevanz kommen für die Reparatur in der Regel zementgebundene Materiale zum Einsatz. Ein entsprechender Eignungsnachweis des einzusetzenden Materials für die statische Eignung ist erforderlich. Abb. 1: Anforderung an die Alkalitätsgrenze und die Mindestbetondeckung für organische Beschichtungen 4. Funktionsprinzip organischer Beschichtungen Abb. 2: Hermetischer Abschluss des mineralischen Untergrundes Das Funktionsprinzip organischer Beschichtungen ist der hermetische Abschluss des Untergrundes, der jegliche Wechselwirkung zwischen Wasser und Untergrund unterbindet [Abb. 2]. Das schützt sowohl den Untergrund vor negativen Einwirkungen des Wassers als auch umgekehrt das Wasser vor Einflüssen aus dem Untergrund. Sind schädliche Stoffe im/ auf dem Untergrund mit vertretbarem Aufwand nicht restlos zu entfernen, stellen organische Beschichtungen aufgrund ihrer hohen Diffusionsdichte gegenüber vielen Stoffen eine Möglichkeit dar, diese Bestandteile sicher vom Trinkwasser fernzuhalten. Ggf. kann die Migration mit Hilfe von Modellierungsrechnungen abgeschätzt werden. Bei einer realen Fragestellung wurden die Diffusionskoeffizienten von PCB durch Dotierung der Beschichtung mit PCB gemessen und die entsprechenden Migrationen mit den erhaltenen Daten und unrealistisch negativen Worst Case Szenarien über einen langen Zeitraum berechnet. Im Ergebnis zeigte sich, dass nach etwa 30-40 Jahren eine nicht messbare Belastung des Trinkwassers in der Größenordnung von 0,03 pg/ m³ zu erwarten war [Abb. 3], die nach einem Maximum wieder abnahm. Abb. 3: Berechnete PCB Konzentrationen im Trinkwasser nach Migration durch eine 2K-Epoxidharzbeschichtung mit der Zeit. Die ermittelte Größenordnung der Migration ist für die Praxis nicht relevant. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 85 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext 5. Praktische Ausführung 5.1 Praxishinweise: Bei der Verarbeitung von Epoxidharzsystemen sind die vom Hersteller angegebenen Kriterien wie maximale Untergrundfeuchte, Mindestaushärtetemperaturen, Überarbeitungszeitfenster und dazugehörige Klimabedingungen einzuhalten. Sowohl eine zu weit ausgehärtete Oberfläche als auch Nebenreaktionen an der Oberfläche wie die Carbamatbildung können zu Problemen mit der Zwischenlagenhaftung führen. Bei Überschreitung der Überarbeitungszeitfenster müssen angepasste Maßnahmen zur Sicherstellung der Haftung der Folgeschicht ergriffen werden. Das können z. B. Einstreuen der noch frischen Schicht mit Granulaten oder das erneute Aufrauen sein. Eine weitere Folge der reaktiven Eigenschaften der Epoxidharze ist die Notwendigkeit, bei Überschreitung der Überarbeitungszeitfenster, in sauber abgegrenzten Arbeitsabschnitten zu arbeiten, um Zwischenhaftungsprobleme in Überlappungsbereichen zu verhindern. 5.2 Systemaufbau Um diesen hermetischen Abschluss des Untergrundes zu gewährleisten, müssen vor dem Auf bringen der Deckbeschichtung Betonausbrüche und Schalungsversätze egalisiert und die vorhandenen Poren verschlossen werden. Am Beispiel eines Betonausbruchs aufgrund korrodierender Bewehrung kann der Gesamtauf bau illustriert werden. 1. Korrosionsschutz der Bewehrung. 2. Primerung der Ausbruchstellen 3. Reprofilieren 4. Egalisieren des Untergrundes 5. Flächiger Porenverschluss 6. Deckbeschichtung 5.3 Mögliche Ausführungsvarianten Es ergeben sich drei technisch machbare Varianten: 1. Aufbau bis zur organischen Beschichtung mit mineralischen Systemen 2. Gesamtaufbau mit organischen Systemen 3. Schließen und Egalisieren grober Oberflächenstrukturen mit zementgebundenen Materialien, auf denen mit organischen Materialien weitergearbeitet wird. Die Untergrundvorbereitungen sind in allen Varianten vergleichbar. Lediglich die geforderte Rauheit ist bei Epoxidharzsystemen niedriger. In der Regel werden Arbeiten aufgrund technischer Vorteile durchgängig mit organischen Systemkomponenten durchgeführt [Abb.-4]. Bei großen Untergrundrauigkeiten, bei Verguss von z.-B. Rohrdurchführungen oder auch bei statischer Notwendigkeit werden auch mineralische Materialien zur Vorbereitung des Untergrundes eingesetzt. Bei Vorarbeiten mit mineralischen Systemen muss man berücksichtigen, dass die Systemanforderungen beider Materialklassen unterschiedlich sind und sich daraus Folgen für den Arbeitsablauf ergeben. Während man für mineralische Materialien feuchte Bedingungen und entsprechende Nachbehandlungszeiten benötigt, werden für organische Beschichtungen in der Regel trockene Bedingungen (Restfeuchte <-4-%) gefordert. Auch bei den Überarbeitungszeiträumen ergeben sich aufgrund der Materialeigenschaften (dünne Schichten, kaum Spannungen) Vorteile bei durchgängig organischen Materialauf bauten. So können bis zu 3 Arbeitsgänge pro Tag durchgeführt werden. Nachbehandlungen sind nicht erforderlich und entsprechende Wartezeiten, die sich bei der Vorbereitung des Untergrundes mit mineralischen Systemen ergeben, entfallen. Lediglich die materialspezifischen Klimabedingungen, und nach dem Auftrag der Deckbeschichtungdie Mindestaushärtetemperatur und Mindestaushärtezeit müssen eingehalten werden. Abb. 4: Systemauf bau mit organischen Materialien vom Primern der Bewehrung bis zur Deckbeschichtung Für das Auftragen der organischen Deckbeschichtung sind je nach Materialeigenschaften verschiedene Verfahren möglich [Tab. 2]. 86 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext Tab. 2: Auftragsmöglichkeiten der organischen Deckbeschichtung Auftragsmöglichkeiten organsicher Deckbeschichtungen Methode Besonderheiten Eigenschaften Streichen Für höhere Schichtdicken i. d. R mehrfacher Auftrag notwendig. Möglichkeit von Haftungsproblemen zwischen den Schichten. Genaue Kontrolle der Klima- und Überarbeitungszeiten notwendig. Rollbzw. Streichstrukturen in der Oberfläche Spachteln Pro Arbeitsgang hohe systemabhängige Schichtdicken möglich. Oberfläche zeigt in der Regel Spachtelgrate Oberfläche i. d. R. matter aufgrund höheren Stellmittelgehaltes Konventionell Airlessspritzen In einem Spritzgang mittlere Schichtdicken möglich. I. d. R. Wärmetauscher notwendig Gute optische Oberflächeneigenschaften Schichtdicken höher als beim einmaligen Streichen und niedriger als im HS-Verfahren I. d. R. werden einzelne Chargen manuell gemischt und dann einzeln verarbeitet. Bei mehr als einem Spritzgang zur Erzielung höherer Schichtdicken sind Klimabedingungen, die damit korrespondierenden Überarbeitungszeitfenster und ggf. Untergrundvorbereitungsmaßnahmen zu beachten. Heißspritzen (HS-Verfahren) In einem Arbeitsgang hohe systemabhängige Schichtdicken möglich. Gute optische Eigenschaften, kontinuierliches maschinelles Mischen. Gleichbleibende Materialeigenschaften an der Spritzdüse, da kontinuierliches Mischen und direkte Spritzverarbeitung ohne Zeitabhängigkeit einer Chargenmischung. 5.4 Reinigung und Desinfektion: Nachdem die Auskleidung ausgehärtet ist, sind die Empfehlungen des Materialherstellers für eine erste Reinigung vor Inbetriebnahme zu beachten. Sie dienen dazu evtl. entstandene Nebenprodukte (z. B. Carbamante) von der Oberfläche zu entfernen, bevor der Behälter in Betrieb geht. Die folgenden Reinigungen erfordern i.d.R. keine besonderen Maßnahmen und orientieren sich an den Notwendigkeiten für die Entfernung der entstehenden Beläge und der nachfolgenden Desinfektion. 6. Materialanschlüsse, Rissverpressung und Fugenausbildung 6.1 Anarbeiten an Fremdmaterialien/ Durchdringungen Epoxidharze haben i. d. R eine gute Haftung auf unterschiedlichen Materialien. Eine Ausnahme bilden PE/ PP Materialien. Hier können Übergangslösungen konstruiert werden. Bei anderen Materialien wie Stahl, Edelstahl, PVC und andere muss der Untergrund den üblichen Sauberkeitskriterien entsprechen und angeraut sein. Für z. B. rechte Winkel sowohl bei Materialübergängen als auch im gleichen Material haben sich Hohlkehlen für einen gleichmäßigen, porenfreien Materialauftrag bewährt [Abb. 5/ 6]. Abb. 5: Anarbeitungen an PVC & Edelstahl Abb. 6: Anarbeitung an Edelstahlrohrdurchführung 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 87 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext 6.2 Rissverpressung Ziele und praktische Aspekte: Füllziele für das Füllen von Rissen oder Hohlräumen. Die grundsätzlichen Anforderungen an die Füllziele sind der TR-Instandhaltung zu entnehmen. Folgende Ziele können bei der Rissbehandlung verfolgt werden: • Füllziel 1: Schließen (Begrenzen der Rissbreite durch Füllen) Hemmen oder Verhindern des Zutritts von korrosionsfördernden (beton- und stahlangreifenden) Stoffen in Betonbauteilen durch Risse. • Füllziel 2: Abdichten Beseitigen von riss- und hohlraumbedingten Undichtheiten eines Betonbauteils durch Füllen mit Rissfüllstoffen. • Füllziel 3: Kraftschlüssiges Verbinden Füllen von Rissen und Hohlräumen zum Herstellen einer druck-, schub- und zugfesten Verbindung der Rissbzw. Betonflanken mit Festigkeitseigenschaften, die von der Art des Füllgutes und des Füllverfahrens abhängen. Für Bauteile mit wiederkehrender Rissursache ist dieses Füllziel ungeeignet. Der Einfluss von potenziellen Verschmutzungen im Riss ist zu berücksichtigen. Bei Rissen ist eine zug- und druckfeste Verbindung der Flanken herzustellen. Dazu ist der Füllgrad in den Rissen ≥ 80 % maßgebend. ANMERKUNG: Beim kraftschlüssigen Verbinden ist aufgrund der statischen Relevanz eine Abstimmung zwischen Fachplaner und einem Tragwerksplaner notwendig. • Füllziel 4: Begrenzt dehnbares Verbinden Füllen von Rissen und Hohlräumen zum Herstellen einer begrenzt dehnbaren Verbindung der Rissbzw. Betonflanken mit füllstoffspezifischen Festigkeitseigenschaften. Für Bauteile mit wiederkehrender Rissursache geeignet. Die Problematik bei der Rissverfüllung besteht darin, dass der Füllkanal den Riss kreuzen muss, ohne ihn z.-B. durch den Packer zu verschließen. Dabei ist der Rissverlauf im Inneren von der Oberfläche nicht sicher vorherzusagen. Die Qualität der Rissflanken in Bezug auf ihre Eignung als Haftgrund für die Verpressmaterialien kann nur lokal durch entsprechende Kernbohrungen stichprobenweise kontrolliert werden. Ist der Riss nur einseitig verdämmbar, kann auf der anderen Seite das Material austreten. Als Verpressmaterial sollte möglichst trinkwassergeeignetes Material verwendet werden. Ist das nicht möglich, müssen die Auswirkungen (z. B. Kontamination der Oberfläche) beurteilt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, sodass das Trinkwasser nicht negativ beeinflusst werden kann. Bei der Verdämmung im Trinkwasserbereich sind 2 Fälle zu unterscheiden. Bei Verdämmung mit nicht trinkwassergeeignetem Material muss dieses entweder nach der Verpressung wieder entfernt werden oder mit geeignetem Material in ausreichender Stärke überarbeitet werden. Werden trinkwassergeeignete z. B. trinkwasserzugelassene Materialen verwendet, sollte der Beton zuvor entsprechend der aufzubringenden Schichtdicke der Verdämmung abgetragen werden, damit ein bündiges Anarbeiten an den Bestand gewährleistet wird. Bei einer trinkwassergeeigneten, organischen Beschichtung kann die Verdämmung aufgrund der niedrigen Schichtdicke ggf. als integraler Bestandteil des Gesamtsystems gelten. Sollte Verpressmaterial an der Oberfläche oder an den angrenzenden Bauteilen austreten, [Abb. 7] sind diese Bereiche gesondert zu betrachten, damit keine hygienischen Risiken entstehen. Die Packer sind entweder auszubauen oder so tief zu setzen, dass sie nach der Rissbehandlung im Bauteil verbleiben und überarbeitet werden können. Die Ausbaustellen sind mit einem trinkwasserzugelassenen Material nach Härtung des Füllguts zu schließen [Abb. 8]. Abb. 7: Kontamination Oberfläche nach Rissverpressung [4] Abb. 8: Mit Trinkwassermaterial verschlossene Packer Bohrungen [4] 6.3 Fugenausbildung: Fugen sind in der Regel Schwachstellen im Gefüge und sind aufgrund der niedrigeren Vernetzungsdichte elastischer Materialein u. U. anfälliger für Verkeimungen u.-a. Effekte. Daher sollte man die Notwendigkeit von Fugen auf ein Minimum beschränken. Fugen dienen dazu, sich gegeneinander bewegende Bauteile elastisch miteinander zu verbinden und abzudichten. Dabei müssen die freie Breite der Fuge und die permanente dynamische Dehnbarkeit des elastischen Materials die entstehenden Bewegungen der Bauteile aufnehmen können. Die Fugenflanken sind bei einer klassischen Fugenausführung die Haftflächen für das Fugenmaterial, müssen dicht sein 88 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext und entsprechende Beständigkeiten gegenüber chemischen Komponenten des aushärtenden Materials (z. B. Essigsäure bei acetatvernetzenden Silikonen) aufweisen, oder entsprechend mit trinkwasser- und unterwassergeeignetem Primer abgeschlossen werden. Auf der wasserzugewandten Seite von Trinkwasserbehältern haben sich drei Fugenausführungen etabliert. Die klassische Fuge bestehend aus Hinterfüllmaterial und Fugenmasse mit den Fugenflanken als Haftzone für das Fugenmaterial. Bei der Verwendung von einkomponentigen Fugenmassen muss die Reaktionsmöglichkeit des Materials z. B. mit Feuchtigkeit zur Aushärtung bei der Dimensionierung und Aushärtezeit der Fuge berücksichtigt werden. Fugenbänder werden beidseits des Risses auf der Oberfläche mit dem Untergrund verklebt und sind über die Breite des nicht verklebten Bereiches variabel im Dehnbereich. Werden Fugenbänder komplett mit starren Materialien überarbeitet, bilden sich im starren Material Risse im Dehnbereich, wenn sich die Bauteile gegeneinander bewegen. Des Weiteren kann man beide Ausführungen z. B. mit Silikon und Silikonfugenband kombinieren. Dabei hat es sich in der Praxis bewährt, das Fugenband vollflächig und damit spaltfrei zu verkleben. Bei der Möglichkeit die klassische Fugenausführung mit einem Fugenband zu kombinieren, findet die Abdichtung redundant sowohl auf der Fläche als auch an den Haftflanken statt. Sie hat darüber hinaus den Vorteil, dass die größte Fläche des Fugenauf baus mit einem Material abgedeckt ist, dass maschinell vorgefertigt ist und durch entsprechende Produktionsschritte im Vergleich zum Kartuschenmaterial z. B. durch Erhitzen im Monomer-Anteil reduziert ist, was sich in kritischen Fällen positiv auf die hygienischen Aspekte auswirken kann. 6.4 Decken Aufgrund der Tauwasserbildung und der Luftzirkulation zählen Decken im Trinkwasserbereich indirekt zu den trinkwasserberührten Oberflächen. Die Ausführung von langen Tropfen bzw. Stalaktiten hat sich in der Praxis nicht bewährt. Für die Ausbildung der Stalaktiten ist in der Regel ein hoher Wasserzementwert erforderlich. Das Material erstarrt während des Abtropfens zu der Tropfenstruktur. Häufig entstehen -wie bei realen Stalaktitenan der Spitze Hohlräume. Die Tropfen sind minderfest und nur bedingt zu reinigen [2]. Mit zementgebundenen Materialien lassen sich spritzraue und geglättete Oberflächen erstellen. Die Erstellung geglätteter Flächen erfordert ein hohes Maß an praktischer Erfahrung. Glatte Deckenflächen sind mit organischen Beschichtungssystemen aufgrund des niedrigen Gewichtes und der hohen Adhäsion im Verarbeitungszustand gut zu realisieren. 7. Neubau/ Instandsetzung und Verbesserung Für Betone liegen positive Erfahrungen in der Wasserspeicherung vor. Trotzdem kann es unter dem Aspekt einer höheren Oberflächenqualität, die mit einer höheren Reinigungsfähigkeit einhergeht oder aufgrund der Wasserqualitäten/ Betriebsweisen sinnvoll sein die Betonflächen mit einer Auskleidung zu versehen, um a priori die Dauerhaftigkeit und damit die Nutzungsdauer zu erhöhen, was neben den qualitativen Aspekten auch wirtschaftlich interessant sein kann. Die erforderlichen Fähigkeiten und der Aufwand, um eine möglichst glatte, poren- und rückstandsfreie Betonoberfläche in Trinkwasserqualität zu erstellen ist erheblich. Die Anforderungen an den X-TWB Beton (Wasserzementwert, nicht alle Hilfsstoffe können eingesetzt werden) führen dazu, dass die Verarbeitung Erfahrungen mit diesen Materialien erfordert. In den letzten Jahren kommen aus dem Markt Signale, dass die Verfügbarkeit von Firmen mit entsprechender Qualifikation und den dazugehörigen Fachkräften schwierig sein kann. Um sicherzustellen welche Oberflächenqualität akzeptiert wird (möglichst glatt und porenfrei) hat es sich bewährt, vor Beginn der Betonierarbeiten eine Probefläche zu erstellen. Dazu kommen die hygienischen Anforderungen während der gesamten Bauzeit, um eine Kontamination der i. d. R. saugfähigen Oberflächen sicher zu vermeiden. Beim Einsatz diffusionsdichter Beschichtungen -mit dem vorausgehenden Strahlen der Oberflächenwirken sich hygienische Beeinträchtigungen der mineralischen Oberfläche nicht unmittelbar auf die spätere Trinkwasserkontaktfläche aus, da diese nicht mehr von der Betonoberfläche gebildet wird, sondern von einem dichten trinkwassergeeigneten System abgedeckt ist. Entscheidet man sich im Voraus für eine Beschichtung ist man deutlich unabhängiger von Betonier- und Baustelleneffekten und deren mögliche Auswirkung auf den zeitlichen Ablauf. Abb. 9: Neu betonierte porige Wandfläche mit Schalungsversätzen, Betonieransätzen und Spindellochvertiefungen vor dem Strahlen. Sollte man sich, aus der Erfordernis heraus, dass die Betonierergebnisse nicht optimal sind (Abb. 9/ 10) oder geplant für eine Oberflächenvergütung entscheiden, sind die Randbedingungen für die Auswahl der Systeme im W 300-3 und die Anforderungen an die Ausführung im W 300-4 beschrieben. Im Neubaubereich sollten die Festigkeit des Betons, die alkalische Überdeckung und die Mindestbetonüberdeckung der Bewehrung i. d. R. unkritisch sein, sodass alle Systeme für eine Verbesserung der Oberfläche in Betracht kommen sollten. Allerdings kann es durchaus in der Oberfläche zu Mängeln kommen, wie 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 89 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext Poren, Risse und Schalungsversätze [Abb. 9/ 10]. Diese Mängel können beim Einsatz organischer Beschichtungssysteme behoben werden [Abb. 11/ 12]. Im Sanierungsfall können die Untergrundvoraussetzungen entsprechend schlechter sein, sodass die Auswahl der Systeme und der benötigte Aufwand stärker vom Zustand des Untergrundes bestimmt wird. Am Ende steht in beiden Fällen als Ergebnis eine homogene, farblich ansprechende, dichte und glatte Beschichtung [Abb. 13]. Abb. 10: Poren- und Rissbildung in der Oberfläche nach dem Anstrahlen. Abb. 11: Vorgepachtelte Wandfläche im Behälterneubau Abb. 12: Auftragen der Deckbeschichtung im HS- Verfahren auf eine egalisierten, porenfrei gespachtelten Untergrund. Abb. 13: Im HS-Verfahren fertig gestellte Wand-, Decken- und Stützenflächen. Die Bodenflächen wurden mit selbstverlaufendem Material ausgeführt. 8. Prüfungen Im W 300-4 wird es im Anhang eine Tabelle geben, in der die zu Prüfenden Parameter systemabhängig aufgeführt sind. Übersichtsweise sind hier die wesentlichen Aspekte in Bezug auf organische Beschichtungen aufgeführt. • Untergrundkontrolle und Systemkompatibilität Vor dem Auf bringen der Systeme und nach Abschluss der Untergrundvorbereitung muss kontrolliert werden, ob die bei der Systemauswahl im Planungsstadium zu Grunde gelegten Annahmen nach der Untergrundvorbereitung noch stimmen. Ist das nicht der Fall, muss anhand der Auswahlkriterien überprüft 90 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext werden, ob das vorgesehene System tatsächlich angewendet werden kann oder ob Modifizierungen notwendig sind. • Materialidentifikation Vor Beginn der Arbeiten muss sichergestellt sein, ob es sich um das vorgesehene, trinkwassergeeignete Material handelt. Im Anhang zum W 300-4 befindet sich eine Checkliste, in der die für Epoxidharze wesentlichen Parameter abgefragt werden. • Klimabedingungen und Arbeitsplanung Die vom Hersteller genannten Klima und Zeitbedingungen sind einzuhalten und eine entsprechende Arbeitsabschnittsplanung und die Planung der Vorgehensweise sind darauf anzupassen. Dazu gehört ggf. auch eine Lüftungsplanung, die Planung des Einsatzes von Trocknern, der Lagerhaltung und des Anrührplatzes in Übereinstimmung mit dem Hygienekonzept. Insbesondere ist der Ablauf und ggf. die Einteilung in Arbeitsabschnitte und deren Abgrenzung beim Auf bringen der Deckbeschichtung im Spritzverfahren zu planen. Zur Qualitätskontrolle sollten die Klimabedingungen, die verarbeiteten Materialien zusammen mit den unter diesen Bedingungen ausgeführten Flächen dokumentiert werden. Dazu eignen sich beispielsweise entsprechend ausgestaltete Bautagebücher. • Kontrolle der fertiggestellten Flächen Schichtdicken lassen sich auf metallischen Untergründen sehr genau im Nachhinein messen. Auf mineralischen Untergründen greift man auf eine Verbrauchsmassenbetrachtung, Nassschichtdickenmessungen beim Spritzen und visuelle Beurteilungen der erzeugten Oberflächen zurück. Im Zweifel können zerstörende, oberflächliche Kernbohrungen mit kleinem Durchmesser Aufschluss über den Systemauf bau und Schichtdicken liefern. Der Film muss geschlossen sein und sollte keine Läufer oder Poren enthalten. Ist der Film flächig nicht geschlossen, ist das Schutzsystem der diffusionsdichten Auskleidung durchbrochen. Diese Flächen müssen erneut aufgeraut und überarbeitet werden. Einzelne Poren können aufgerieben und verschlossen werden. Einzelne Poren auf mineralischen Untergründen stellen in der Regel kein technisches Problem dar, da sie nur einen verschwindend kleinen Anteil an der Oberfläche haben und keine direkte negative Beeinflussung des Untergrundes vorauszusetzen ist. Es ist auch möglich eine Porenprüfung mit Hochspannung auf Beton durchzuführen. Aufgrund der niedrigen Leitfähigkeit von Beton und der Abhängigkeit vom durchgängigen Bewehrungsverlauf ist diese Methode nicht üblich. Bei Läufern handelt es sich meistens um optische Beeinträchtigungen. Hier muss zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer eine Einigung erzielt werden, wie damit umzugehen ist. • Aushärtung und Inbetriebnahme Die Aushärtung der Epoxidharzbeschichtungen muss oberhalb der systemspezifischen Mindestaushärtetemperatur und der damit verbundenen Aushärtezeit erfolgen. Im groben gilt die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel/ van‘t-Hoff-Regel). Diese Regel besagt, dass man bei einer Temperaturerhöhung von 10 °C mit einer Beschleunigung der Reaktion (Aushärtung) um einen Faktor 2-4 rechnen kann. Das ermöglicht, wenn man die Temperatur eines Objektes entsprechend erhöhen kann, eine kürzere Zeit bis zur Inbetriebnahme und lässt sich insbesondere bei lokal begrenzten Reparaturarbeiten nutzen. Die Auswirkungen einer Temperaturerhöhung außerhalb des gewöhnlichen Rahmens müssen mit dem Materialhersteller geklärt werden. 9. DWD (Europäische Trinkwasserrichtlinie): Bislang legt das Umweltbundesamt (UBA) auf Grundlage des § 15 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) Anforderungen an Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser fest. Dazu sind drei rechtsverbindliche, materialspezifische Bewertungsgrundlagen festgelegt worden. Die Metall-BWGL die Email/ Keramik-BWGL und die KTW-BWGL. Für zementgebundene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser wird das UBA nicht im Vorgriff auf eine europäische Regelung eine nationale Bewertungsgrundlage für zementgebundene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser festlegen. Bis dahin können zementgebundene Werkstoffe nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 347 geprüft und bewertet werden. Daneben gibt es verschiedene UBA- Leitlinien, mit empfehlendem Charakter, die zur Beurteilung der hygienischen Eignung von Materialien im Kontakt mit Trinkwasser herangezogen werden können. Die Bewertungsgrundlagen werden ab dem 31.12.2026 durch die europäische Richtlinie (EU) 2020/ 2184 (DWD) abgelöst, in der allgemeine Mindesthygieneanforderungen konkretisiert werden. [5] In verschiedenen Rechtsakten werden die Methoden und Anforderungen zur Bewertung von Ausgangstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen für die Aufnahme in die entsprechenden Positivlisten, die Verfahren zur Bewertung von Ausgangsstoffen, Zusammensetzungen und Bestandteilen durch die ECHA und die Prüfung von Anforderungen an die endgültigen Materialien (Prüfung von Produkten und Bauteilen) geregelt. Ausgangsstoffe, Zusammensetzungen und Bestandteile, die im Zeitraum 13. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2026 national genehmigt wurden, können bis zum 31. Dezember 2032 zur Herstellung von Produkten im Kontakt mit Trinkwasser im nationalen Geltungsbereich verwendet werden. 10. Nachhaltigkeitsaspekte • Schutzniveau, Qualitätssteigerung und Erhalt bestehender Anlagen: Epoxidharzmaterialien weisen eine hohe Beständigkeit gegenüber auslaugenden Wässern und auch gegenüber mechanischen Belastungen wie fließendes Wasser auf und sind damit in der Lage relevante Qualitätsverluste langfristig zu verhindern. Die hohe Diffusionsdichte schützt den mineralischen Untergrund und die Bewehrung sicher vor allen Einflüssen, die 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 91 Epoxidharzbeschichtungen im Trinkwasserbereich - Perspektiven im aktuellen Kontext wasserseitig auf die Oberfläche einwirken und erhöht damit die Restnutzungsdauer vor allem bei ungünstigen Betriebsbedingungen außerordentlich. Zudem lassen sich die sehr glatten und nicht porösen oder saugfähigen Oberflächen effizienter und nachhaltiger reinigen als rein mineralische Oberflächen. • Massenbetrachtung (System und Untergrund): Die erforderliche alkalische Überdeckung (5 mm) und die Mindestbetonüberdeckung (10 mm/ Durchmesser Bewehr) sind niedrig. Das kann sich bei Sanierungen positiv bemerkbar machen, weil dann nicht zusätzliche Putzschichten aufgetragen werden müssen, um die Mindestwerte zu erreichen. Insbesondere bei niedrig dimensionierten Decken kann eine zusätzliche Gewichtsbelastung kritisch sein. Die Schutzwirkung bei Epoxidharzsystemen wird mit sehr niedrigen Flächengewichten erreicht. Ausgehend von 15 mm mineralischen Mörtel kommt man auf ein Flächengewicht von ca. 30 kg. Kleidet man die Flächen mit einem Epoxidharzsystem aus kommt man auf ca. 2-3 kg. • Möglichkeiten der Verwendung von Recyclingbaustoffen in der Zukunft: Die hohe Diffusionsdichte der organischen Beschichtungsmaterialien kann zusätzlich durch den Einsatz funktioneller Füllstoffe, wie z. B. Glasflakes erhöht werden. Momentan ist es so, dass die eingesetzten Baumaterialien trinkwassergeeignet sein müssen. Im Zuge von Nachhaltigkeitsbetrachtungen kann man die Überlegung anstellen, ob es in Zukunft nicht möglich sein sollte, auch im Trinkwasserbereich auf recycelte Zuschlagstoffe für Beton zurückzugreifen. Dabei sind technische und hygienische Anforderungen zu berücksichtigen. Welche Typen recycelter Gesteinskörnung und in welchen Anteilen eingesetzt werden könnten, muss nach technischen Gesichtspunkten beurteilt werden. Der hermetische Abschluss des Untergrundes durch organische Beschichtungen eröffnet theoretisch in hygienischer Sicht diese Möglichkeit, ohne das Trinkwasser zu gefährden. Insbesondere wenn der gesamte Auf bau auf der Basis organischer Systemkomponenten, die ggf. in Bezug auf Diffusionseigenschaften optimiert werden könnten, erfolgt. Literaturverzeichnis: [1] DVGW-Arbeitsblatt W 300-1, Trinkwasserbehälter; Planung und Bau [2] DVGW-Arbeitsblatt W 300-3, Trinkwasserbehälter; Betrieb und Instandsetzung [3] DVGW-Arbeitsblatt W 300-4, Trinkwasserbehälter; Bauausführung und Qualitätssicherung [4] DVGW W 316, Kompaktkurs Modul A3, A4 & A5 [5] UBA-Information: Hygienische Anforderungen an Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser-Neue europäische Regelung nach (EU) 2020/ 2184 Forschung 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 95 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung Prof. Dr.-Ing. Robert Schulte Holthausen Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen Zusammenfassung Die Porosität ist ein wichtiger Kennwert zur Bewertung der Dauerhaftigkeit von zementgebundenen Mörteln und Beschichtungen. Für die Anwendung in Trinkwasserbehältern erfolgt gemäß den gültigen DVGW-Arbeitsblättern die Messung mittels Quecksilber-Druckporosimetrie. Um mit dieser im Forschungskontext sehr etablierten Methode auch in der Materialprüfung wiederhol- und vergleichbare Ergebnisse erzielen zu können, müssen einige Verfahrensschritte beachtet werden. Neben diesem Verfahren wurde in den vergangenen Jahren in Forschungsprojekten zur Dauerhaftigkeit von mineralischen Beschichtungen in Trinkwasserkontakt auch das Verfahren der einseitigen Wasserstoff-Kernspinresonanz mit großem Erfolg angewendet. In diesem Beitrag werden für beide Messverfahren besonders kritische Einflüsse bei Präparation, Messung und Auswertung dargestellt und deren Bedeutung für die Bewertung der Dauerhaftigkeit zementgebundener Baustoffe diskutiert. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Verfahren werden aufgezeigt. Die einseitige Wasserstoff-Kernspinresonanz weist insgesamt großes Potenzial als Materialprüfverfahren zur Bewertung mineralischer Beschichtungen auf, zuvor müssen jedoch noch weitreichende Arbeiten zur Standardisierung des Verfahrens erfolgen. 1. Porosität mineralischer Beschichtungen Die Porosität von Mörtel und Beton beeinflusst die Leistungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit von Bauwerken. Zementgebundene Materialien besitzen dabei ein zusammenhängendes Porennetzwerk, das offen gegenüber kapillarem und diffusivem Transport von Wasser ist. In Folge können schädigende Substanzen wie Chloride, Sulfate oder andere im Wasser gelöste Stoffe eindringen oder auch für die strukturelle Integrität des Zementsteins wichtige Bestandteile herausgelöst werden. Die Porenstruktur wird über die Lebensdauer von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Die chemische Zusammensetzung des Zementes, der Wasser-Zement-Wert, wie auch Gesteinskörnung und Zusatzstoffe beeinflussen die Porosität bei Herstellung und Hydratation. Die Nachbehandlung oder auch die oben genannten schädigenden Substanzen verändern sie in seiner Lebensdauer. Zur Beschreibung der komplexen Porenstruktur zementgebundener Werkstoffe bestehen eine Vielzahl von Modellvorstellungen. Vereinfacht erfolgt eine Unterteilung in zwei Porenarten statt: • Gelporen sind als Teil des Zementsteins unter normalen Umgebungsbedingungen immer mit Wasser gefüllt und so fein, dass sie nicht oder nur untergeordnet zu Transport- und Schädigungsprozessen beitragen. • Kapillarporen trocknen unter normalen Umgebungsbedingungen aus, saugen sich jedoch bei Kontakt mit flüssigem Wasser kapillar voll. Im gefüllten Zustand können durch Kapillarporen Ionen ein- oder ausdiffundieren. Kapillarporen werden infolge als wichtigster Einfluss für die Dichtigkeit und Widerstandsfähigkeit von zementgebundenen Werkstoffen angesehen. Die Unterscheidung dieser Porenarten erfolgt typischerweise anhand einer Grenz-Porengröße, die je nach Messmethode, technischer Anwendung und Autor unterschiedlich gewählt sein kann. 2. Quecksilberdruckporosimetrie 2.1 Messmethodik und Einflüsse der Hg-Poro Eine weit verbreitete Methode zur Bestimmung der Porosität und Porengrößenverteilungen (PGV) zementgebundener Materialien ist die Quecksilberdruckporosimetrie (Hg-Poro) [1-4]. Dabei wird nicht-benetzendes Quecksilber unter Druck in die Poren eines Materials gezwungen und das eingedrungene Volumen über den aufgebrachten Druck aufgezeichnet. Basierend auf dem angelegten Druck wird ein entsprechender Porendurchmesser d Pore mittels der Washburn-Gleichung berechnet [5]: Dabei ist P der angelegte Druck (in N/ m²), γ die Oberflächenspannung von Quecksilber (0,48 N/ m), θ der Kontaktbzw. Benetzungswinkel zwischen Quecksilber und der Porenwand (in °), und k ein Faktor, der von der angenommenen Porengeometrie abhängt. k beträgt 4 für zylindrische und 2 für schlitzförmige Poren. Typische mittels Hg-Poro ermittelte PGV sind in Abb.-1 gezeigt. Hierbei zeigt sich (von rechts nach links gesehen, dem steigenden Druck bzw. der damit kleiner werdenden Porengröße folgend) zunächst ein geringerer Anstieg bis etwa 100-nm. Dieser wird insbesondere dem Einfluss von 96 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung Gesteinskörnung und damit der Kontaktzone zugeschrieben. Ab der Grenz-Porengröße von etwa 100 nm zeigt sich ein stärkerer Anstieg, der das zusammenhängende Kapillar-Porennetzwerk und bei noch kleinen Poren der Gelporosität zugeschrieben wird. Die Anwendbarkeit und Genauigkeit von Quecksilberdruckporosimetrie zur Beschreibung von Porenstrukturen ist, insbesondere bei der stark hygroskopischen Struktur zementgebundener Proben, Gegenstand kontroverser Diskussionen [3, 6-9]: • Die Auswertung der PGV auf Basis der Washburn- Gleichung beruht auf einem stark vereinfachten Modell verbundener zylindrischer Poren [8]. Der Kontaktwinkel zwischen Quecksilber und Probe wird als konstant über alle Druckbereiche und Porengrößen angenommen und basiert üblicherweise auf makroskopischen Beobachtungen eines Quecksilbertropfens auf der Probenoberfläche [1, 10]. In der Literatur variieren die verwendeten Kontaktwinkel zwischen 120-° und 150 ° [1, 2], was eine Variation der berechneten Porengrößen um den Faktor zwei bedeutet. • Hg-Poro liefert üblicherweise eine kontinuierliche Abbildung der PGV zwischen 2 nm und 50 μm. Es ist zu beachten, dass nicht die tatsächliche Porengröße, sondern lediglich deren Eintritts- oder Grenzweite gemessen wird [8, 11, 12]. Dieser sogenannte „Flaschenhals-Effekt“ führt häufig auch dazu, dass erhebliche Mengen Quecksilber dauerhaft in der Porenstruktur eingeschlossen bleiben und beim Ablassen des Drucks nicht wieder austreten [1, 11-13]. Vergleiche zwischen Wasseraufnahme und Messungen der Gesamtporosität mittels Hg-Poro haben gezeigt, dass teils wasserzugängliche Poren für Quecksilber unerreichbar bleiben und nicht erfasst werden können [14] verglich verschiedene Trocknungsverfahren für Zementstein und Beton mittels Hg-Poro und zeigte die starke Abhängigkeit der Gesamtporosität, der Porengrößenverteilungen und der Grenz-Porengrößen vom eingesetzten Trocknungsverfahren. Es wurde geschlussfolgert, dass die Porenzugänglichkeit um 0,1 μm größtenteils auf Trocknungsartefakte zurückzuführen ist und Gefriertrocknung im Gegensatz zur Ofentrocknung besser geeignet ist. Zu ähnlichen Ergebnissen kam ein Bericht der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung [15]. Abb.-1 zeigt diese Abhängigkeit der Porositätsmessung von der Trocknungsart für Zementmörtel eindrücklich. Muller et al. [9] kam zu ähnlichen Ergebnissen und bevorzugte den Lösungsmittelaustausch gegenüber der Gefriertrocknung, da er deutlich geringere strukturelle Veränderungen verursacht und die zugängliche Porosität von Zementpasten weiter reduziert. Abb.-1: Exemplarischer Verlauf von Quecksilberdruckporosimetriemessungen an unterschiedlich getrockneten Zementmörteln, in Anlehnung an [15] Ein weiterer kritischer Aspekt der Messung mittels Hg- Poro ist zwingende Umgang mit hochgiftigem Quecksilber genannt, das im Labor nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen sicher eingesetzt werden kann. Zusätzlich entstehen bei jeder Messung relevante Kosten, insbesondere durch den Verbrauch von Quecksilber. Trotz ihrer Einschränkungen ist Hg-Poro weit erbreitet zur Bewertung zementgebundener Proben und kann sehr reproduzierbare Ergebnisse an Zementsteinen und Mörteln liefern [4, 8]. Gleichzeitig kam eine umfassende Studie von Moro und Böhni [13] zu dem Schluss, dass die Messungen bei Vorhandensein gröberer Gesteinskörnung in gewissem Maße durch Probenmaß, Trocknungsverhalten und zufällig vorhandene Luftblasen verfälscht wurden und infolge für Beton und Mörtel mit grober Gesteinskörnung nur eingeschränkt geeignet. 2.2 Messung der Gesamtporosität von Mörteln im Trinkwasserbereich mittels Hg-Poro Für Mörtel in der Sanierung und dem Neubau von Trinkwasserbehältern ist in Deutschland die Messung der Gesamtporosität mittels Hg-Poro gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 300-5 vorgeschrieben [16]. Hierbei wurden in der letzten Merkblattüberarbeitung im Jahr 2020 einige relevante Veränderungen gegenüber dem Stand in 2014 vorgenommen, gegenübergestellt in Tab.-1. Die Bestimmung der Gesamtporosität wurde auf nur noch eine Lagerungstemperatur bei 10 °C beschränkt. Diese soll die in Trinkwasserbehältern relevante Applikationstemperatur im Vergleich zur Lagerung bei Raumtemperatur realitätsnäher abbilden. Gleichzeitig wurden die zugehörigen Grenzwerte für diese Lagerung auf 12 Vol.-% erhöht. Weiterhin wurde für die Probenpräparation ein eindeutigeres Prozedere durch Vakuumtrocknung für 24 Stunden sowie ein Maximaldruck während der Messung von 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 97 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung 2000 bar definiert. Die Größe und Geometrie des Probenstücks wie auch der bei der Trocknung verwendete Vakuumdruck bleiben weiterhin unberücksichtigt. Auch eine messtechnische Differenzierung der Gesamtporosität in weniger kritische Gelporen und für den Transport und damit die Schädigung relevante Kapillarporosität erfolgt nicht. Tab.-1: Gegenüberstellung relevanter Angaben zur Messung der Gesamtporosität mittels Quecksilber- Druckporosimetrie gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300-5 Vorgaben gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300 Teil 5 2014 2020 Messung gemäß DIN 66133 DIN ISO 15901-1 Messung der Gesamtporosität bei 21 °C p 28d ≤12 Vol.-% - Messung der Gesamtporosität bei 10 °C P 90d ≤10 Vol.-% P 90d 1 ≤12 Vol.-% Probenkonditionierung - 24h Vakuumtrocknung Angaben zur Messung - bis 2000 bar 1 Der Zeitpunkt des Erreichens des Grenzwertes ist festzuhalten, maximal 90 d Vorgaben gemäß DIN 66133: 1993 DIN ISO 15901- 1: 2019 Probenkonditionierung trockener Feststoffs Probe kann durch Erhitzten oder Evakuieren entgast werden Kontaktwinkel Quecksilber 140 ° 140 ° Im Rahmen eines vom DVGW-geförderten Forschungsprojektes wurden zwischen 2017 bis 2020 eine Reihe handelsüblicher zementgebundener Beschichtungen (Mörteltyp 1 und 2 gemäß DVGW-Arbeitsblatt W300-5) für den Trinkwasserbereich untersucht. Die Mörtel wurden dabei möglichst realitätsnah hergestellt durch Spritzapplikation sowie teils nachträgliche Oberflächenglättung und -vergütung. Tab.-2 gibt eine kurze Übersicht über einige wesentliche Herstellerangaben dieser Mörtel. Es wurden unter anderem die Porosität nach 28 und 90 Tagen entsprechender Lagerung in Mörtelkern sowie Mörteloberfläche erfasst. Die Ergebnisse sind auszugsweise in Abb.-2 dargestellt. Alle acht Mörtel erreichen die schon in 2014 definierten Grenzwerte. Gleichzeitig zeigt sich die teils großen Abweichungen der mittels Hg-Poro erhaltenen Porosität zwischen dem Kernmaterial sowie der für die Widerstandsfähigkeit der Mörtel wichtige Oberflächenschicht, die jedoch gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300-5 nicht erfasst wird. Abb.-2: Ergebnisse der Gesamtporosität mittels Hg-Poro von acht im Trinkwasserbereich eingesetzten mineralischen Beschichtungsmörteln aus Forschungsprojekt [17]. Messungen mittels Quecksilberdruckporosimetrie und deren Ergebnisse und Bewertung wurden in der Vergangenheit immer wieder kontrovers diskutiert [3, 6-8]. Infolge ist es wenig verwunderlich, dass die für mineralische Beschichtungsmörtel im Trinkwasserbereich definierten Grenzwerte ebenfalls kritisch hinterfragt wurden [18]. Bei korrekter Anwendung kann das Verfahren gut reproduzierbare Ergebnisse liefern [15]. Insbesondere bei laborübergreifenden Vergleichen von Messergebnissen ist jedoch die Probenpräparation, insbesondere die Art der Trocknung vor der Messung, entscheidend für das Ergebnis. Infolge war die klarere Definition der Probenpräparation mit der Überarbeitung des DVGW-Arbeitsplattes W300-5 ein notwendiger und wichtiger Schritt für die Vergleichbarkeit des Verfahrens. Tab.-2: Angaben der geprüften Mörtel im Rahmen des DVGW-geförderten Forschungsprojektes [17] gemäß Herstellerangaben Bezeichnung Typprüfung gemäß W 300-5 Bindemittel Fe 2 O 3 -Gehalt des Bindemittels (gemessen) M1 Typ 1 CEM III 2,1 M2 Typ 2 CEM I 2,2 M3 Typ 1 CEM I 2,5 M4 Typ 1 CEM I 3,1 M5 Typ 1 k.A. 1 2,2 M6 Typ 2 CEM I 1,6 M7 Typ 1 CEM II/ A-LL 2,1 M8 Typ 1 CEM I 3,0 1 Gemäß chemischer Analyse wird als Bindemittel ein Tonerdeschmelzzement angenommen. 98 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung 3. Einseitige Wasserstoffkernspinresonanz 3.1 Messmethodik und Einflüsse der 1 H NMR In den letzten Jahren wächst das Interesse an der Nutzung von Wasserstoff-Kernspinresonanz ( 1 H NMR) zur Charakterisierung der Porenstruktur von Zementstein. Dabei werden Wasserstoffprotonen im porösen Material durch hochfrequente elektromagnetische Pulse angeregt und senden anschließend ein detektierbares Signal aus. Die Signalintensität in der ¹H-NMR korreliert, nach entsprechender Signal-Normierung zu Φ NMR , direkt mit der Menge an Wasserstoff im Material und damit der Menge an Wasser in porösen Baustoffen [19, 20]. Zudem erlaubt die zeitliche Abnahme der Signalstärke Rückschlüsse zu der zugehörigen Mobilität des Wassers und damit der Porengröße in porösen Baustoffen. Ausgedrückt wird dieses anhand der sogenannten T 2 -Relaxationszeit. Des Weiteren wird eine Auftrennung mehrerer Signalanteile möglich, die von unterschiedlich großen Poren ausgesendet werden. Laut dem Brownstein-Tarr-Modell [21] ist die Relaxationszeit ein direktes Maß für das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen einer Pore. Mit Hilfe der Oberflächenrelaxivität λ eines Materials lässt sich die T₂-Relaxationszeit einfach in den Porendurchmesser umrechnen: Analog zur Washburn-Gleichung ist k gleich 2, 4 oder 6 für schlitzförmige, zylindrische bzw. kugelförmige Poren [22]. In NMR-Relaxationssignalen von Zementpasten finden sich üblicherweise vier charakteristische Signalanteile. Umfangreiche Forschungen [9, 23, 24] erlaubten die Zuordnung dieser Anteile zu Wasser in (A1) der geschichteten Kalzium-Silikat-Struktur, (A2) Gelporen, (A3) Interhydratporen (entspricht großen Gelporen bzw. kleinen Kapillarporen) und (A4) Kapillarporen. Die Grenzen und Anwendungsmöglichkeiten der ¹H-NMR zur Messung der PGV in zementgebundenen Materialien werden zunehmend erweitert. Die Messung, Auswertung und Interpretation unterliegen jedoch ebenfalls einigen kritischen Umständen [25, 26]: • Ebenso wie das Washburn-Modell berücksichtigt auch das Brownstein-Tarr-Modell keine Unterschiede in den Eigenschaften der Porenwandungen für verschiedene Porengrößen oder von der idealisierten Porengeometrie abweichende Strukturen. Es wird typischerweise eine für ein Material konstante Oberflächenrelaxivität angenommen. Dabei variiert diese mit den im Material vorhandenen Mineralphasen sowie insbesondere des dort gebundenen Eisens. Höhere Eisengehalt im Zement verschieben dabei bei gleicher Porenstruktur das Relaxationsverhalten hin zu kleineren T 2 -Relaxationszeiten. Infolge ist insbesondere ein direkter Vergleich zwischen Mörteln basierend auf Grau- und Weißzement erschwert. • Die Fähigkeit von ¹H-NMR, unterschiedlich große Poren zu detektieren, hängt von der Konnektivität der Porenstruktur ab. Aufgrund des Porenwasseraustauschs zwischen Poren verschiedener Größen während der Messzeit erscheinen mehrere unterschiedlich große Poren als eine mittlere Pore, wenn sie gut miteinander verbunden sind . Sehr große Poren lassen sich nicht mehr vom ungebundenen Wasser unterscheiden. Brownstein und Tarr [21] schätzten diese Grenze auf ca. 30 µm. Aufgrund diffusionsbedingter Signalabschwächung in Magnetfeldgradienten ist diese Grenze bei einseitigen NMR-Messgeräten noch geringer. Die messbare PGV hängt somit teils vom Gerätetyp und der Pulssequenz ab und reicht, theoretisch, von der kleinsten möglichen Porenstruktur (eine Wassermonolage) bis etwa 1 μm bei einseitigen Geräten. • Ob die Darstellung der Porosität eher als kontinuierliche PGV oder als diskrete Porenarten erfolgt, hängt maßgeblich von der Art der Auswertung der gemessenen T 2 -Relaxationskurven ab. Diskrete Porenarten können am einfachsten mittels mehrexponentiellem Fit erhalten werden. Hierbei hat sich die Verwendung fixierter T 2 -Relaxationszeiten als dienlich gezeigt, die jedoch in Bezug auf die Unterscheidung von Gel- und Kapillarporen bei jeder Messserie z. B. in Bezug auf Eisengehalt des Zementes kritisch zu überprüfen sind. Auch kontinuierliche PGV können durch die sog. Inverse Laplace Transformation erhalten werden. • Am wichtigsten ist: Da das in der Probe vorhandene Wasser selbst als Messmedium dient, ist keine Trocknung erforderlich. Die Porenstruktur bleibt also unverändert. Um jedoch große Poren detektieren zu können, muss die Probe mit Wasser gesättigt sein. Letzteres spielt jedoch für mineralische Beschichtungen im Kontakt mit Trinkwasser keine Bedeutung, da diese unter Anwendungsbedingungen typischerweise wassergesättigt sind. Im Rahmen des vom DVGW-geförderten Forschungsprojektes wurden die in Tab.- 2 aufgelisteten mineralischen Beschichtungen ebenfalls mittels 1 H NMR geprüft. Abb.-3 zeigt die an den Mörteln gemessenen Wasserverteilungen. Wie zu erwarten, sind ein wesentlicher Anteil des in den Proben vorhandenen Wassers im Zementstein und der Gelporosität gebunden. Auffällig sind hierbei die Mörtel M1 und M5, die eine merklich abweichende Wasserbindung und Porositätsstruktur zeigen. Diese ist auf abweichende Bindemittel (CEM III bzw. Tonerdeschmelzzement) zurückzuführen. Nur ein deutlich geringerer Anteil des Wassers und damit der Porosität findet sich in der kapillaraktiven Porosität, die sich als Summe aus der Interhydrat (A3) und Kapillarporenwassers (A4) ergibt, dargestellt in Abb.-4. Auch hier sticht der Mörtel M5 aufgrund seines abweichenden Bindemittels besonders hervor. Insgesamt liegt die kapillaraktive Porosität der Mörtel (exklusive M5) zwischen 0,5 und 1,2 Vol.-%. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 99 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung Abb.-3: Mittels 1H NMR gemessene Porositätsverteilung, unterteilt in zementsteingebundenes Wasser (A1 und A2) sowie kapillaraktives Porenwasser (A3 und A4) der acht im Forschungsprojekt [17] untersuchten Mörtel. Im Rahmen des DVGW-geförderten Forschungsprojektes [17] wurde auch der Widerstand einer Reihe von Betonzusammensetzungen gegenüber einer auslaugenden Beanspruchung geprüft. Hierbei ist besonders spannend, dass eine direkte Korrelation zwischen dem sog. inversen Materialwiderstand und der mittels 1 H NMR gemessenen kapillaraktiven Porosität gefunden wurde [27], siehe Abb.-5. Hierbei wurde für Betone, die der Expositionsklasse XTWB entsprechend hergestellt wurden, Porositätswerte zwischen 0,5 und 1,5 Vol.-% gemessen. Betone mit höherem w/ z-Wert wiesen eine Porosität von bis zu 3 Vol.-% auf. Ein derartiger direkter Vergleich ist für mineralische Mörtel noch nicht erfolgt. Abb.-4: Mittels 1H NMR gemessene kapillaraktive Porosität (A3 und A4) der acht im Forschungsprojekt [17] untersuchten Mörtel. Abb.-5: Vergleich der mittels 1 H NMR gemessenen kapillaraktiven Porosität (A3 + A4) mit dem nach 6-monatiger Auslaugung bestimmten inversen Materialwiderstand verschiedener Betone gegenüber Auslaugung, in Anlehnung an [27]. Im Vergleich zur Porositätsmessung mittels Hg-Poro ist ein großer Vorteil der 1 H NMR, dass keinerlei gesundheitsschädliche Substanzen zum Einsatz kommen. Das Messmedium ist Leitungswasser. Auch entstehen je Messung keine nennenswerten Material- oder Verbrauchskosten. Die Messmethode erlaubt die Bestimmung aller oben beschriebener Eigenschaften mit einer sub-Millimeter Tiefenauflösung. Die Messung ist darüber hinaus zerstörungsfrei und kann dadurch wiederholt an einer Probe durchgeführt werden. So können insbesondere unter Laboranwendungen, potenziell jedoch auch unter Baustellenbedingungen auch geringfügige Materialveränderungen detektiert und zeitlich aufgelöst werden [27, 28]. Die Bestimmung der Porosität mineralischer Baustoffe mittels 1 H NMR wird seit einigen Jahren mit Nachdruck erforscht und findet aktuell zunehmend Anwendung für mineralische Mörtel in Kontakt mit Trinkwasser. Die Messmethode weist eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber Hg-Poro auf, insbesondere entfällt die sehr kritische Probenpräparation. Das Verfahren bedarf jedoch noch weiterer Forschung und insbesondere einer stringenten Standardisierung (vergleichbar z. B. zu [29], um unabhängig von Prüfer-, Geräte- und damit Laboreinflüssen nachweislich vergleichbare Ergebnisse liefern zu können. 3.2 Vergleich zwischen 1 H-NMR und Hg-Poro Beim Einsatz zwei gänzlich unterschiedlicher Messverfahren zu Bestimmung einer Eigenschaft ergibt sich die Frage der Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse. Für poröse Gesteine fanden eine Reihe von Studien [30-32] erfolgreich vergleichbare Porosität und PGV zwischen Hg-Poro und 1 H NMR. Da Hg-Poro den Poreneingang und 1 H NMR die Porenkörper erfasst, wurden Unterschiede zwischen beiden Verfahren genutzt, um In- 100 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung formationen über Porenform und -zugänglichkeit zu gewinnen. Für zementgebundene Materialien ist der Vergleich deutlich schwieriger. Eine aktuelle Studie [9] zeigte eine gute Übereinstimmung beider Techniken, wenn die Proben für MIP schonend durch Lösungsmittelaustausch vorbereitet und willkürlich ein Quecksilberkontaktwinkel von 120 ° angenommen wird. Der Hauptgrund für die geringe Vergleichbarkeit ist die erhebliche Veränderung der Porenstruktur beim Entfernen des Porenwassers. In aktuellen Studien wurde ¹H- NMR genutzt, um diese Veränderungen beim Trocknen [33, 34], Wiederbefeuchten [20, 35] sowie beim Lösungsmittelaustausch [36] zu quantifizieren. In Abb.-6 ist die zeitabhängige Veränderung der Porenstruktur nach dem Trocknen und dem anschließenden Wiederbefeuchten eines mit einem CEM III/ A-Zement hergestellten Mörtels in Anlehnung an [20] gezeigt. Die Reorganisation der Poren beginnt unmittelbar nach der Wiederbefeuchtung und setzt sich über mehrere Wochen fort. Während anfangs nur eng gebundenes Schichtwasser sowie große Kapillar- und Interhydratporen detektiert werden, erfolgt im Laufe der Zeit eine Reorganisation mit Ausbildung kleinerer Gelporen. In Abb.-7 sind infolge die erhaltenen PGVs innerhalb der ersten Stunde nach Wiederbefeuchten sowie nach vierwöchiger Wassersättigung mit einer gleich getrockneten und mittels Hg-Poro gemessenen Probe gezeigt. Die am trockenen Mörtel gemessenen NMR-Signale und das damit im getrockneten Mörtel vorhandene Restwasser wurde hierbei von allen NMR-Messkurven abgezogen. Abb.-6: Veränderung des 1H NMR Messsignals bei Wiederbefeuchten eines CEM III/ A-Mörtels nach vorangegangener Trocknung bei 105 °C in Anlehnung an [20]. Abb.-7: Vergleich der Porengrößenverteilung eines Mörtels gemessen mittels Hg-Poro (MIP), mittels 1 H NMR am wassergesättigten Mörtel (NMR saturated) sowie innerhalb der ersten Stunde nach Wiederbefeuchten (NMR rewettet). Ergänzend ist der gravimetrisch gemessene Wassergehalt nach Wiederbefeuchten (Weighing) dargestellt. Es wird deutlich, dass direkt nach Wiederbefeuchten eine direkte Vergleichbarkeit von 1 H NMR und Hg-Poro sowohl in Bezug auf Gesamtporosität als auch PGV besteht. Die Verfahren gestatten es also grundsätzlich, direkt vergleichbare Ergebnisse an mineralischen Mörteln zu erhalten. Infolge der anschließenden wassergetriebenen Quellvorgänge verändert sich jedoch der mineralische Mörtel massiv. Die PGV verschiebt sich um etwa eine halbe Größenordnung. Die maximale Porosität vergrößert sich weiter durch das Sättigen kleinster Porenräume innerhalb des Kalzium-Silikat-Hydratphasen. Der direkte Vergleich mit der mittels Wasseraufnahme bestimmten Gesamtporosität zeigt, dass die mittels 1 H-NMR bestimmten Porositätswerte die tatsächliche Materialporosität im gesättigten Zustand korrekt erfassen. Gleichzeitig konnte im Forschungsprojekt [17] beim Vergleich zwischen der mittels Hg-Poro (Abb.-2) und 1 H-NMR (Abb.-4) erhaltenen Porositätswerte keine direkte Vergleichbarkeit hergestellt werden. Hierfür könnten die deutlich abweichenden Prüfalter zwischen den Messungen, abweichende Messbereiche innerhalb der Proben oder aber auch der kritische Einfluss der Probentrocknung maßgebliche Gründe darstellen. Hierfür müssten weitergehende Vergleichsuntersuchungen mit dem direkten Ziel der Überprüfung der Vergleichbarkeit erfolgen. Anders als in vergangenen Studien diskutiert, kann eine direkte Vergleichbarkeit zwischen Hg-Poro und 1 H NMR in Bezug auf gemessene Gesamtporosität und PGV hergestellt werden. Hierbei zeigt sich einmal mehr deutlich der äußert kritische Einfluss der Probentrocknung auf die empfindliche Porenstruktur von mineralischen Mörteln. 1 H NMR ermöglicht es mineralische Mörtel in ihrem für 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 101 Porositätsmessung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserkontakt - Messverfahren, Präparationseinflüsse und Bewertung Trinkwasseranwendungen natürlichen, wassergesättigten Zustand zu charakterisieren. 4. Zusammenfassung Die Quecksilberdruckporosimetrie ist aktuell das zur Messung der Porosität mineralischer Beschichtungen im Trinkwasserkontakt definierte Messverfahren. Dabei wurden Ergebnisse, Bewertung und in Folge die gesetzten Grenzwerte in der Vergangenheit immer wieder kontrovers diskutiert. Bei korrekter Anwendung kann das Verfahren gut reproduzierbare Ergebnisse liefern; besonders bei laborübergreifenden Vergleichen von Messergebnissen ist jedoch die Probenpräparation, insbesondere die Art der Trocknung vor der Messung, entscheidend für das Ergebnis. Infolge war die Definition der Probenpräparation mit der Überarbeitung des DVGW-Arbeitsplattes W300-5 ein notwendiger und wichtiger Schritt für die Steigerung der Reproduzierbarkeit des Verfahrens. Das Verfahren der einseitigen Wasserstoff-Kernspinresonanz ( 1 H NMR) wird seit einigen Jahren mit Nachdruck erforscht und findet aktuell zunehmend Anwendung für mineralische Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser. Die Messmethode weist eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber Hg-Poro auf, insbesondere entfällt die sehr kritische Probenpräparation. Das Verfahren bedarf jedoch weiterer Forschung und insbesondere einer stringenten Standardisierung von Messung und Auswertung, um unabhängig von Prüfer-, Geräte- und damit Laboreinflüssen nachweislich vergleichbare Ergebnisse liefern zu können. Dabei weist die Technik noch eine Vielzahl weiterer, für die Bewertung der Dauerhaftigkeit von mineralischen Beschichtungen im Trinkwasserkontakt spannende Möglichkeiten auf. Die submillimeter-genaue Tiefenauflösung erlaubt die frühe Detektion initialer Schädigung wie auch die genaue Bestimmung der Tiefe einer fortgeschrittenen Schädigung. Das Verfahren ist zerstörungsfrei und erlaubt grundsätzlich sogar die Messung in-situ. Zuletzt sei erwähnt, dass das Verfahren nicht nur für mineralische Beschichtungen eingesetzt werden kann, sondern ähnlich weitereichende Anwendungsmöglichkeiten für die Charakterisierung polymerer Beschichtungen aufweist [37]. Literatur [1] H. Giesche, Mercury Porosimetry: a General (Practical) Overview, Part. Part. 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Da es sich dabei jedoch um äußerst komplexe Vorgänge mit vielen Einflussfaktoren handelt, gibt es bisher keine zuverlässigen Verfahren und Modelle, die eine reelle Lebensdauerabschätzung zulassen. Ein Einflussfaktor, der oft gar nicht berücksichtigt wird, ist die regelmäßig durchgeführte Reinigung der Behälter, bei der häufig chemische Reinigungsmittel zur Anwendung kommen. Im Rahmen eines DVGW geförderten Projekts wurde der Einfluss der Reinigung auf die Mörtelstruktur untersucht. Es hat sich gezeigt, dass es zu Wechselwirkungen kommt, die einen merklichen Materialabtrag zur Folge haben können. Unter Berücksichtigung eines maximal tolerierbaren Materialabtrags über die Nutzungsspanne eines Trinkwasserbehälters, kann durch Hochrechnung des jährlich durch Reinigung abgetragenen Beschichtungsmaterials die Lebensdauer des Werkstoffs reell abgeschätzt werden. 1. Einführung In Trinkwasserbehältern werden i. d. R. mineralische Beschichtungen für wasserberührte Bereiche eingesetzt, da sie über die Jahre eine gute Dauerhaftigkeit in dieser anspruchsvollen Umgebung bewiesen haben. Trotzdem sind auch diese Beschichtungen nicht völlig inert und treten mit dem sie umgebenden Medium in Wechselwirkung. Die dabei ablaufenden Reaktionen sind sehr komplex, unterliegen vielen äußeren Einflüssen und sind bis heute nicht eindeutig aufgeklärt, bzw. lassen sich nur schwer vorhersagen. Dies erschwert eine Prognose hinsichtlich der Lebensdauer im Anwendungsfall. Trinkwasserbehälter in Betonbauweise werden in der Regel entsprechend Eurocode [1] auf eine Betriebsdauer von etwa 50 Jahren ausgelegt. In der Realität werden jedoch auch immer wieder vor Ablauf dieser Zeitspanne Schäden an den wasserberührten Oberflächen bzw. Beschichtungsmaterialien festgestellt, die einer Instandsetzung bedürfen. Bisher soll die Dauerhaftigkeit durch ein deskriptives Konzept sichergestellt werden, welches die zu verwendenden Materialien, die Verarbeitung und daraus resultierende Eigenschaften hinsichtlich der Dichtheit und Oberflächenbeschaffenheit vorgibt. Basis hierfür sind zum einen DIN EN 1508 [2] und zum anderen insbesondere die DVGW-Arbeitsblätter W 300 [3]-[7], in denen die Vorgaben und Anforderungen verankert sind. Nachteil derartiger eher konservativer Konzepte ist der Ausschluss neuer Materialentwicklungen und Verfahren, da dies in den gültigen Regelwerken nicht berücksichtigt wird. Abhilfe könnte ein performancebasiertes Konzept schaffen, bei dem anhand eines Prüfverfahrens und/ oder Prognosemodells die Dauerhaftigkeit eines Werkstoffs bestimmt wird. In Ermangelung geeigneter Prüfverfahren gibt es bisher kein Prognosemodell, mit dem sich die Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser prognostizieren lässt. Die Genauigkeit solcher Prognosen hängt sowohl von der Anzahl der eingehenden Einflussfaktoren als auch von der Qualität der zugrunde liegenden Daten ab. Je mehr Einflussfaktoren berücksichtigt werden, desto genauer wird die Prognose, desto anspruchsvoller wird allerdings auch die Ermittlung der nötigen Eingangsparameter. Wichtig ist es hierbei die Balance zwischen einem möglichst ingenieurmäßigen Modellansatz und einer hinreichend realitätsnahen Prognose zu finden. Dazu müssen zunächst die Haupteinflussfaktoren qualifiziert werden, um dann entsprechende Untersuchungsverfahren und Prognosemodelle zu entwickeln. Im Rahmen des DVGW-Forschungsvorhabens „Entwicklung eines Prüfverfahrens für die Bewertung der Hydrolysebeständigkeit und der Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser“ [8] wurden unter anderem verschiedene Einflussfaktoren auf die Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass ein nicht zu unterschätzender Faktor die Reinigung der Trinkwasserbehälter ist, die häufig in jährlichem Rhythmus durchgeführt wird. Ziel dieser Reinigung ist die Entfernung von Verunreinigungen und Ablagerungen, die die Wasserqualität negativ beeinflussen könnten. Um die zum Teil hartnäckigen Ablagerungen zu lösen, werden häufig auch spezielle Reinigungsmittel eingesetzt. Nachteil hierbei ist jedoch, 104 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen dass diese Reinigungsmittel nicht allein die Ablagerungen angreifen, sondern auch mit der mineralischen Beschichtung selbst in Wechselwirkung treten. Dies kann zu unerwünschten Nebenreaktionen mit dem Material und auf Dauer zu Schäden führen. In diesem Beitrag wird ein Prognosemodell vorgestellt, dass auf der Annahme basiert, dass diese jährliche Reinigung der Haupteinflussfaktor für die Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern ist. 2. Grundlagen Mineralische bzw. zementgebundene Beschichtungen sind normalerweise sehr beständig gegenüber einem Kontakt mit Wasser. Sie sind jedoch nicht völlig inert und treten mit dem Wasser in Wechselwirkung. Im Regelfall bildet sich im Kontakt mit Trinkwasser an der Oberfläche eine Calciumcarbonatschicht, die wie eine natürliche Schutzschicht wirkt und weitere Reaktionen hemmt. In besonderen Fällen, wie beispielsweise bei sehr weichem Wasser kann der Kontakt allerdings auch zu einem lösenden Angriff und Korrosionserscheinungen an der Beschichtung führen. Weiterhin kann ein lösender Angriff auch durch andere flüssige Medien wie Säuren oder Salzlösungen ausgelöst werden. Bei der heterogenen Reaktion an der Phasengrenze zwischen flüssigem Medium und Beschichtung wird in erster Linie der Zementstein angegriffen. Es handelt sich hierbei um ein komplexes Gleichgewicht von Fällungs- und Lösungsreaktionen. Da Zementstein aus einer Vielzahl unterschiedlicher Zementsteinphasen mit unterschiedlichen Eigenschaften besteht, verläuft der Zersetzungsvorgang inkongruent. Die Löslichkeit der einzelnen Zementsteinphasen hängt dabei auch stark vom pH-Wert ab. Allgemein folgt der lösende Angriff am Zementstein folgendem Schema [9]-[11]: • Neutralisation der Alkalihydroxide in der Porenlösung • Auflösung des Portlandits ab einem pH-Wert von ca. 12,5 • Hydrolyse der Aluminathydrate ab einem pH-Wert unterhalb von 11,8 • Hydrolyse der Afm- und Aft-Phasen unterhalb eines pH-Werts von 11,6 • Hydrolyse der CSH-Phasen Bei der Reaktion von zementgebundenen Werkstoffen mit Wasser unterscheidet man in der Regel drei Fälle, die in Abb. 1 dargestellt sind [12]. Beim Angriff durch weiche bzw. ionenarme Wässer (a) kommt es zu einer flächigen Auslaugung der oberflächennahen Schichten. Treibende Kraft ist hier in erster Linie das Konzentrationsgefälle zwischen der hochkonzentrierten Porenlösung und dem ionenarmen Wasser. Im Bestreben, dieses auszugleichen, werden die Alkalihydroxidionen aus der Porenlösung ausgespült, was zu einer Absenkung des pH-Werts führt. Infolgedessen gehen Calciumionen aus dem Feststoff in Lösung [13]. Bei der Reaktion mit kohlensaurem Wasser (b) dringen zusätzlich die H 3 O + -Ionen in die Poren ein und neutralisieren die Alkalihydroxide, was ebenfalls zu einer Absenkung des pH-Wertes führt und die Lösung von Calciumionen aus dem Werkstoff zur Folge hat. Auch dieser Angriff führt zu flächigen Schäden, bei denen die Zersetzung des Materials jedoch schneller fortschreitet als im Fall (a). Beim Fall (c) der hydrolytischen Korrosion treten hingegen eher lokal begrenzte Schäden auf. Verursacht werden sie durch Wasser, das sich im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht befindet. Normalerweise bildet sich hier eine Calciumcarbonatschicht aus, die als natürliche Schutzschicht dient, da sie die Transportprozesse verlangsamt bzw. hemmt. Durch die gleichzeitige Absenkung des pH-Wertes in der oberflächennahen Schicht kann es jedoch trotzdem zu lokalen Schadstellen kommen [12]. Abb. 1: Wirkung unterschiedlicher Wässer auf zementgebundene Werkstoffe [12] 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 105 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen Beim Kontakt mit Säure kommt es ebenfalls zu einem lösenden Angriff, der prinzipiell mit dem lösenden Angriff durch Wasser zu vergleichen ist [14]. Auch hier wird nach und nach Calcium aus dem Werkstoffgefüge gelöst. Basis hierfür sind neben dem Konzentrationsgefälle auch Säure-Base-Reaktionen. Mit steigenden H 3 O + -Konzentrationen aus der Säure nimmt die schädigende Wirkung zu. Darüber hinaus können beim Säureangriff auch die enthaltenen Säureanionen eine Reaktion mit dem Zementstein eingehen, was entweder einen beschleunigenden oder aber hemmenden Effekt auf die Gesamtreaktion haben kann [9]. Durch das inkongruente Lösungsverhalten kommt es zu einer Zonierung des Werkstoffs. Es entsteht eine Reaktionsschicht, die im zeitlichen Verlauf weiter ins Werkstoffinnere vordringt. Daraus ergibt sich auch aus kinetischer Sicht ein charakteristischer Verlauf für den lösenden Angriff am Beton. Wie in Abb. 2 dargestellt, gliedert sich der lösende Angriff in drei wesentliche Stadien auf. Im ersten Stadium verläuft der Prozess reaktionskontrolliert, während er im zweiten Stadium in einen transportkontrollierten Prozess übergeht. Grund hierfür ist das Anwachsen der Reaktionsschicht, was den Transportweg der Reaktanden zum Reaktionsort verlängert und so zu einer Verlangsamung führt. Die Reaktionsgeschwindigkeit geht von einem Zeit-proportionalen Verlauf in einen Wurzel-Zeit-Verlauf über. Erst wenn die Reaktionsschicht eine gewisse Dicke erreicht hat, stellt sich wieder ein proportional zur Zeit verlaufender Prozess ein. Die Reaktionsschicht wird dann in gleichem Maße abgetragen, wie sie weiter ins Werkstoffinnere vordringt. Abb. 2: Korrosionsstadien beim lösenden Betonangriff (Darstellung nicht maßstabsgetreu), in Anlehnung an Gerlach & Lohaus (2016a) [9] Die Verweildauer von Wasser in Trinkwasserbehältern ist deutlich höher als im Rohrnetz und kann zur Sedimentation von Wasserinhaltsstoffen, Ausfällungen und Verkeimung führen. Aus diesem Grund ist eine regelmäßige Kontrolle durchzuführen, an die sich eine Reinigung der Behälter anschließt. Bei der Reinigung sollen Verunreinigungen und Ablagerungen, die die Trinkwasserqualität negativ beeinflussen könnten, entfernt werden. Die Reinigung kann sowohl mit als auch ohne Anwendung chemischer Reinigungsmittel erfolgen, wobei der Einsatz chemischer Reinigungsmittel nach Möglichkeit zu vermeiden ist. Bei den chemischen Reinigungsmitteln unterscheidet man im Wesentlichen zwischen sauren Reinigungsmitteln und pH-neutralen Reinigungsmitteln [15]. Die sauren Reinigungsmittel basieren meist auf einer oder mehreren anorganischen Säuren wie Salz- oder Phosphorsäure [12]. Auch organische Säuren wie Glycolsäure können enthalten sein. Meist handelt es sich um ein Gemisch verschiedener Säuren. Ziel ist es Mangan-, Kalk- oder Eisenablagerungen zu entfernen. Dem reinigenden Effekt liegt das Prinzip der Säure-Base-Reaktion zugrunde, welches auch beim Angriff von sauren Lösungen am Zementstein zum Tragen kommt [12]. In neutralen Reinigungsmitteln werden dagegen Reduktionsmittel wie Natriumdithionit eingesetzt [15]. Mit Hilfe dieser Reduktionsmittel sollen Ablagerungen und Verschmutzungen in besser lösliche Verbindungen überführt werden, um sie so zu entfernen. Die pH-Neutralität dieser Reinigungsmittel gilt als Vorteil, da sie gegenüber mineralischen Beschichtungen als weniger angreifend angesehen werden. Doch sowohl 106 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen neutrale als auch saure Reiniger wirken nicht selektiv und können deshalb auch mit den Phasen des Zementsteins Reaktionen eingehen und so Schäden hervorrufen. 3. Untersuchungen In den hier vorgestellten Versuchen sollten die Wechselwirkungen von mineralischen Beschichtungen mit chemischen Reinigungsmitteln untersucht werden, um deren Einfluss auf die Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen genauer bestimmen zu können. In der ersten Versuchsreihe wurde eine jährliche Reinigung eines Trinkwasserbehälters mit chemischen Reinigern nachgestellt, um die direkten Auswirkungen dieser Reinigungen zu ermitteln. In der zweiten Versuchsreihe wurde der zeitliche Verlauf von eines Säureangriffs auf die Beschichtungen untersucht. Anhand von CT-Aufnahmen konnten dabei die Veränderungen in den oberflächennahen Bereichen der Mörtel zerstörungsfrei erfasst werden. 3.1 Untersuchung des Einflusses einer jährlichen Reinigung auf Trinkwassermörtel a) Durchführung Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurde eine jährliche Reinigung von Trinkwasserbehältern in einem beschleunigten Versuch nachgestellt. Dazu wurden Proben von mineralischen Beschichtungen mit handelsüblichen Reinigern behandelt. Insgesamt wurde der Einfluss von zwei unterschiedlichen Reinigern auf vier Trinkwassermörtel untersucht. In Tab. 1 ist eine Übersicht der verwendeten Materialien gegeben. Tab. 1: Verwendete Materialien Verwendete Mörtel nach DVGW W 300-4 und -5 B1 Typ 1 Mörtel B2 Typ 1 Mörtel B3 Typ 1 Mörtel B4 Typ 2 Mörtel Verwendete Reiniger R1 pH-neutraler Reiniger auf Basis von Natriumdithionit; der Reiniger kam als Lösung im Verhältnis 1: 50 (Reiniger: Wasser) zum Einsatz R2 Saurer Reiniger auf Basis eines Säuregemischs (Salzsäure, Phosphorsäure, Glycolsäure); der Reiniger kam als Lösung im Verhältnis 1: 5 (Reiniger: Wasser) zum Einsatz Im Rahmen der Untersuchungen wurden Betonprobekörper (Substrat) mit den Maßen 10-x-10-x-4-cm 3 eingesetzt und auf der Oberseite mit den Trinkwassermörteln beschichtet. Dazu wurde die Oberfläche zunächst angerauht und dann der jeweilige Mörtel entsprechend den Herstellervorgaben aufgebracht. Die Schichtdicke betrug einheitlich 20-mm. Anhand von Porositätsmessungen mittel Quecksilberdruckporosimetrie [16] wurde sichergestellt, dass auch die Anforderungen an die Gesamtporosität von maximal 12-% für Beschichtungen des Typs 1 und 2 nach DVGW Arbeitsblatt W 300-5 erfüllt wurden. Um den Einfluss der Reinigungsmittel auf die Trinkwassermörtel zu untersuchen wurden die Probekörper im Anschluss 50 Reinigungszyklen mit den jeweiligen Reinigern unterzogen. Dazu wurden mithilfe eines Niederdruck-Sprühgeräts die Reinigerlösung auf den Probekörpern aufgetragen und 30-Minuten einwirken gelassen. Im Anschluss wurden die Probekörper mit reichlich Wasser abgespült, um den Reiniger restlos zu entfernen. Zwischen den Reinigungszyklen wurden die Probekörper für mehrere Stunden unter Wasser gelagert. Im Abstand von jeweils fünf Reinigungszyklen erfolgte eine Massenbestimmung der Probekörper und mittels Digitalmikroskop wurden Detailaufnahmen der Oberfläche angefertigt. Ziel der Untersuchungen war es, Veränderung im Werkstoff durch die Einwirkung des Reinigungsmittels zu erfassen. b) Auswertung In Abb. 3 sind die Ergebnisse der Massenänderung in Abhängigkeit von der Anzahl der Reinigungszyklen und dem verwendeten Reiniger dargestellt. Bei allen Proben kam es zu einer Massenabnahme über die Zeit. Wie zu erwarten, fiel diese bei Reinigung mit einem sauren Reiniger deutlich höher aus als bei dem neutralen Reiniger, der weniger stark angreifend wirken soll. Während der Massenverlust durch den Einsatz des sauren Reinigers je nach Beschichtung bei 4-10-g lag, führte der Einsatz des neutralen Reinigers lediglich zu Massenverlusten von 1-2-g. Die geringste Massenänderung weist in beiden Fällen Mörtel B4 auf. Hierbei handelt es sich um einen Typ 2 Mörtel. Die anderen drei Mörtel vom Typ 1 liegen jeweils sehr nah beieinander. Bei beiden Reinigern verlief der Massenabtrag nahezu linear, wobei die Steigung der Geraden beim neutralen Reiniger wesentlich flacher ist als beim sauren Reiniger. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 107 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen Abb. 3: Gemittelter Massenverlust der Beschichtungen in Abhängigkeit vom verwendeten Reinigungsmittel und der Anzahl der Reinigungszyklen Der durch die Reinigungsmittel hervorgerufene Materialabtrag zeigt sich auch sehr eindrücklich in den mikroskopischen Aufnahmen. In Abb. 4 sind Aufnahmen der Mörteloberflächen im Ursprungszustand und nach 50 Reinigungszyklen in Abhängigkeit vom verwendeten Reiniger abgebildet. Darauf ist zu erkennen, dass die Oberflächen aller Mörtel nach 50 Reinigungszyklen mit dem sauren Reiniger deutliche Angriffsspuren zeigen. Die oberste Zementleimschicht ist nahezu komplett abgetragen und die obere Schicht der eingebundenen Gesteinskörnung ist weitgehend freigelegt. Gesteinskörner mit kleinem Durchmesser sind in diesem Stadium nicht mehr fest in der Zementsteinmatrix verankert und können herausbrechen. Zusätzlich wird durch die Freilegung der Gesteinskörnung die Oberfläche signifikant rauer, was Ablagerungen begünstigen kann. Bei der Reinigung mit dem neutralen Reiniger wurden hingegen nur die Kornspitzen freigelegt und die Körner blieben fest eingebunden. Beim Typ 2-Mörtel (B4) bleibt die deckende Zementleimschicht sogar weitgehend komplett erhalten. Lediglich einzelne Kornspitzen werden freigelegt. Daran erkennt man auch sehr deutlich die unterschiedliche Beständigkeit einzelner Instandsetzungsmörtel gegenüber den Reinigungsmitteln. Die beste Beständigkeit zeigte dabei der Typ 2-Mörtel (B4), gefolgt vom Typ 1-Mörtel (B3). Es zeigte sich nicht nur der Einfluss auf die Dauerhaftigkeit der Materialien, sondern dass schon wenige Reinigungen sich deutlich sichtbar auf die Werkstoffoberfläche auswirken können. In Abb. 5 ist die Veränderung der Mörteloberfläche in Abhängigkeit vom verwendeten Reiniger und der Anzahl der Reinigungszyklen dargestellt. Bereits nach fünf Zyklen werden sichtbare Veränderungen festgestellt. Abb. 4: Oberflächenbeschaffenheit der untersuchten Mörtel im Ursprungszustand und nach 50 Reinigungszyklen mit neutralem Reiniger (1) und saurem Reiniger (2); Vergrößerung: 20x Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die beschriebenen Veränderungen deutlich bei Verwendung des sauren Reinigers hervortreten. Die deckende Zementleimschicht wurde bereits teilweise abgetragen und eingebundene Gesteinskörnung freigelegt. Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Ruhezeiten zwischen den Reinigungen relativ kurz ge- 108 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen wählt waren und deshalb nicht ganz der Realität entsprechen. Im Normalfall finden diese Reinigungen maximal einmal im Jahr statt. In der Zwischenzeit kann sich eine Carbonatschicht an der Werkstoffoberfläche bilden, die bis zu einem gewissen Punkt als Schutzschicht fungieren kann. Allerdings wurde in Untersuchungen nachgewiesen, dass die Carbonatbildung sehr schnell einsetzt und sich innerhalb von wenigen Stunden Carbonatschichten auf den Oberflächen mit Wasserkontakt bilden [17]. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass es bei der Reinigung aufgrund der Größe der Behälter und den nötigen Arbeitsabläufen auch zu längeren Einwirkzeiten der Reiniger kommen kann, was dann wiederum zu einem stärkeren Angriff führt. Abb. 5: Optische Veränderung des untersuchten Mörtels B1 in Abhängigkeit vom verwendeten Reiniger und der Anzahl der Reinigungszyklen; Vergrößerung 20x 3.2 Untersuchung des Einflusses von Säure auf die oberflächennahen Strukturen von Trinkwassermörteln a) Versuchsdurchführung Im Rahmen der hier dargestellten Untersuchungen wurden die bereits in der vorherigen Versuchsreihe verwendeten Trinkwassermörtel gezielt einer sauren Lösung ausgesetzt und mittels Computertomografie untersucht. Ziel war es, nicht nur die oberflächlichen Veränderungen, sondern auch die möglichen Veränderungen in der tieferliegenden Struktur zu erfassen, um so genauere Erkenntnisse über den schädigenden Angriff zu erhalten. Es wurden Prismen mit den Maßen 1-x-1-x-4-cm 3 eingesetzt, was die Durchführung hochaufgelöster CT-Scans erlaubt. Die Proben wurden über einen Zeitraum von 28 Tagen der sauren Lösung ausgesetzt und in definierten Zeitabständen gescannt und gewogen. Als Prüflösung wurde eine Essigsäure/ Natriumacetat-Lösung mit einem pH- Wert von 5 verwendet. Um möglichen Materialverlust durch mechanische Einwirkung zu vermeiden, wurden die Proben vor den Untersuchungen lediglich vorsichtig mit Leitungswasser abgespült. Parallel wurde eine weitere Reihe Proben in demineralisiertem Wasser gelagert und nach dem gleichen Prüfmuster untersucht b) Auswertung Die Massenbestimmung über die Zeit zeigte für alle Proben eine deutlich messbare Gewichtsabnahme. Bei den in saurer Lösung gelagerten Proben war der Massenverlust erwartungsgemäß jedoch deutlich höher als bei den Proben, die in demineralisiertem Wasser gelagert wurden. In Abb. 6 sind die Massenabtragsraten für die untersuchten Mörtel in Abhängigkeit vom Prüfmedium dargestellt. Die in demineralisiertem Wasser gelagerten Proben wiesen sehr geringe Abtragsraten auf, die sich nach etwa sieben Tagen auf einem konstanten Niveau einpendelten. Die in Essigsäure/ Natriumacetat-Lösung gelagerten Proben wiesen hingegen zu Beginn sehr hohe Massenabtragsraten auf, die dann über den gesamten Prüfzeitraum kontinuierlich wieder abnahmen. Grund hierfür ist das Wandern der Reaktionsfront ins Innere des Probekörpers und die Ausbildung einer Reaktionsschicht, die den Reaktionsfortschritt verlangsamt. Abb. 6: Massenabtragsraten der untersuchten Trinkwassermörtel in Abhängigkeit vom Prüfmedium 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 109 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen Abb. 7: Darstellung des chemischen Angriffs im zeitlichen Verlauf anhand von Volumenmodellen und Schnittbildern aus dem Probenquerschnitt von Mörtel B4 Abb. 8: Entwicklung der Reaktionsschicht beim chemischen Angriff über die Zeit anhand von CT-Schichtaufnahmen aus 50 µm und 500-µm Tiefe des Mörtels B4 Die Entwicklung der Reaktionsschicht lässt sich gut anhand der durchgeführten CT-Aufnahmen abbilden. Abb.- 7 zeigt Volumenmodelle und Schichtaufnahmen aus dem Querschnitt von Probe B4 im zeitlichen Verlauf. Während die Probe zu Beginn eine einheitlich dichte Struktur aufweist, zeigen sich bereits nach sieben Tagen deutliche Veränderungen im Randbereich. Zu erkennen ist dies durch das deutliche Hervortreten der Gesteinskörnung. Die Zementsteinmatrix hat an Dichte verloren und erscheint im Bild deshalb deutlich dunkler als zuvor. Nach 28 Tagen hat die Dicke der Reaktionsschicht deutlich zugenommen. Äußerlich sieht man zwar, dass die Gesteinskörnung freigelegt wird, jedoch hat der Umfang bzw. das Volumen der Proben nicht in dem Maße abgenommen wie die Masse. Dies liegt daran, dass der Zementstein nicht gleichmäßig zersetzt wird, da zunächst der Portlandit in Lösung geht, während die anderen Zementsteinphasen deutlich stabiler sind und erst später angegriffen werden. Dadurch ergibt sich die in den CT- Aufnahmen deutlich zu erkennende Reaktionsschicht. In diesen Bereichen haben bereits Lösungsvorgänge stattgefunden, was zu einer Verringerung der Dichte führt. 110 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen Das Grundgerüst bleibt jedoch zunächst erhalten. Durch die Auslaugung entstehen allerdings Risse in der Reaktionsschicht, die sich in den Schichtaufnahmen in Abb. 8 deutlich erkennen lassen. In der Abbildung ist der Verlauf des chemischen Angriffs anhand von Schichtaufnahmen in zwei Tiefenstufen (50-µm und 500-µm) dargestellt. Der Fortschritt der Reaktionsfront lässt sich gut erkennen. In den Aufnahmen zeigen sich in etwa 50-µm Tiefe bereits nach sieben Tagen deutliche Veränderungen im Zementstein. Die Dichte ist im Vergleich zum Ursprungszustand verringert und es sind Risse in der Struktur zu erkennen. Nach 28 Tagen haben die Risse sich verbreitert und die Poren scheinen vergrößert. In 500-µm Tiefe sieht man nach sieben Tagen ebenfalls erste Veränderungen in der Dichte der Zementsteinmatrix, jedoch in geringerem Ausmaß. Nach 28 Tagen zeigt sich auch hier eine offensichtliche Verringerung der Dichte und Risse in der Matrix. Die Proben der Beschichtungen B2 und B3 zeigen ein ähnliches Verhalten. Auch hier kommt es unter Einwirkung der Essigsäure/ Natriumacetat-Lösung zur Bildung einer ausgeprägten Reaktionsschicht. Diese Schicht ist nicht mehr mechanisch stabil und wird unter mechanischer Einwirkung teilweise abgetragen 4. Modell zur Lebensdauerabschätzung Trinkwasserbehälter sollen über viele Jahre möglichst ohne Sanierungsmaßnahmen genutzt werden. Dazu ist es wichtig dauerhafte Materialien einzusetzen. Bisher gibt es jedoch keine geeigneten Verfahren, die eine zuverlässige Dauerhaftigkeitsprognose mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser zulassen. Aufgrund der langen Zeitspannen ist eine Echtzeitmessung nicht möglich. Es wurden daher verschiedene Verfahren für eine beschleunigte Prüfung entwickelt. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich der chemische Angriff mit sauren Lösungen effektiv beschleunigen lässt, ohne den Reaktionsmechanismus dabei stark zu verändern [9]. Die Verfahren ermöglichen in erster Linie einen Vergleich unterschiedlicher Beschichtungen untereinander. Setzt man diese Daten jedoch zur Prognose der Dauerhaftigkeit über lange Zeitspannen ein, führt dies in der Regel zu einer Unterschätzung der Dauerhaftigkeit und zu kurzen Lebensdauerspannen [9]. Im Rahmen der hier dargestellten Untersuchungen wurde vor allem der Einfluss der chemischen Reinigung auf die Dauerhaftigkeit der Trinkwasserbehälter untersucht. Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse sollte ein Prognosemodell auf Basis des durch die Reinigung verursachten Materialabtrags entwickelt werden, das im Folgenden vorgestellt wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass während des Betriebs des Trinkwasserbehälters kein relevanter Abtrag von Material entsteht. Vielmehr bildet sich, wie unter anderem bei [10] und [17] gezeigt, eine Carbonatschicht. Das gebildete Calciumcarbonat kristallisiert aus der Lösung aus und lagert sich sowohl an der Oberfläche als auch in den Porenräumen ab. Unterhalb der Carbonatschicht kann sich eine an Calcium verarmte Reaktionsschicht ausbilden. In Abb. 9 ist das Szenario schematisch dargestellt. Abb. 9: Schematische Darstellung zur Bildung der Calciumcarbonatschicht während der Betriebszeit des Trinkwasserbehälters Boos [10] hat im Rahmen seiner Untersuchungen ermittelt, wie viel Carbonat sich in wassergelagerten Mörtelproben über einen Zeitraum von einem Jahr gebildet hat. Aus den erhaltenen Daten und der Dichte des Materials ließen sich theoretische Carbonatschichtdicken von bis zu 90-µm berechnen, wenn man davon ausgeht, dass die Bildung gleichmäßig und lediglich an der Oberfläche der Proben erfolgt. Berücksichtigt man, dass auch innerhalb der Poren Calciumcarbonat gebildet wird, muss dieser Wert nach unten korrigiert werden. Geht man davon aus, dass diese Schicht bei der jährlichen Reinigung abgetragen wird, liegt die Oberfläche wieder für einen chemischen Angriff frei. Zusätzlich kann Material aus der nicht mehr stabilen Reaktionsschicht abgetragen werden. Daraus können Materialabträge von schätzungsweise 40-50-µm resultieren. Um mit den Daten eine Prognose abgeben zu können, muss außerdem eine maximale Abtragstiefe definiert werden. Beschichtungsmörtel in Trinkwasserbehältern enthalten in der Regel Gesteinskörnung mit einem maximalen Korndurchmesser von 2-4-mm. Beginnt diese Gesteinskörnung auszubrechen, ist von einem erfassbaren Schaden auszugehen. Um einen Ausbruch zu verhindern, muss die Gesteinskörnung mindestens zur Hälfte in der Matrix eingebunden bleiben. Der Abtrag sollte daher nicht mehr als 1-mm betragen. Zusammen mit diesem Kriterium ergeben sich aus dem oben abgeschätzten Abtrag Lebensdauern von 20 bis 25 Jahren, was einer realitätsnahen Nutzungsdauer bis zur Instandsetzung eines Trinkwasserbehälters entspricht. Aus den erhaltenen Versuchsdaten lassen sich die in Tab.-2 dargestellten Abtragstiefen je Reinigung ermitteln. Die Werte liegen deutlich unter den oben angenommenen Werten. Trotzdem ergeben sich über einen Zeitraum von 25 Jahren daraus deutlich erkennbare Materialabträge. Insbesondere die Prognosewerte für die Anwendung des sauren Reinigers legen nahe, dass es hier ggf. zu sichtbaren Schäden kommen kann. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 111 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen Tab. 2: Mittlerer Materialabtrag pro Reinigung in Abhängigkeit von Material und Reinigungsmittel Reiniger Probe Mittlere Abtragstiefe pro Reinigung [µm] Prognostizierter Abtrag über 25 Jahre [µm] R1 B1 (Typ 1) 2,4 60 B2 (Typ 1) 1,8 44 B3 (Typ 1) 2,3 57 B4 (Typ 2) 0,9 24 R2 B1 (Typ 1) 10,0 250 B2 (Typ 1) 8,0 200 B3 (Typ 1) 7,3 182 B4 (Typ 2) 5,2 130 5. Fazit Im Rahmen der hier dargestellten Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die Reinigung von Trinkwasserbehältern ein nicht zu vernachlässigender Einflussfaktor für die Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen für die Anwendung in Trinkwasserbehältern darstellt. Insbesondere chemische Reinigungsmittel können den zementgebundenen Werkstoff angreifen und zu einem ungewollten Materialabtrag führen. Saure Reiniger haben dabei ein größeres Angriffspotenzial als neutrale Reiniger auf Basis von Reduktionsmitteln. Durch den Angriff von Säuren bildet sich eine Reaktionsschicht, die an Calcium verarmt ist und eine geringere mechanische Festigkeit aufweist. Diese Schicht ist von außen nur bedingt zu erkennen, da das Volumen zwar erhalten bleibt, die Dichte jedoch abnimmt und sich Risse innerhalb der Zementsteinmatrix bilden. Wie die CT-Daten gezeigt haben, kann diese Schicht innerhalb relativ kurzer Zeit deutlich in die Tiefe des Materials vordringen. Bildet sich über die Betriebszeit eine Carbonatschicht an der Materialoberfläche, wirkt diese wie ein natürlicher Schutzschild, der weiteren Angriff verhindert oder zumindest verlangsamt. Durch die Reinigung wird diese Schutzschicht jedoch ebenfalls angegriffen und abgetragen. Danach sind die Oberflächen wieder für Angriffe durch flüssige Medien freigelegt und reaktionsbereit. Geht man davon aus, dass die Reinigung der Haupteinflussfaktor für die Dauerhaftigkeit von mineralischen Beschichtungen ist, lässt sich daraus ein einfaches Modell zur Lebensdauerprognose ableiten, da durch die Reinigung der Hauptmaterialabtrag generiert wird. Dieser lässt sich durch Versuche simulieren und hochrechnen. Die hier dargestellten Berechnungen haben gezeigt, dass sich dadurch realitätsnahe Lebensdauern ergeben. Um die Prognose jedoch weiter präzisieren zu können, sollten weitere Untersuchungen hinsichtlich der Carbonatschichtbildung und der Bildung der Reaktionsschicht im Zusammenspiel mit dem Einfluss der Reinigungsmittel durchgeführt werden. 6. Literatur [1] Deutsches Institut für Normung e. V.: DIN EN 1990: 2021-10 - Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung; Deutsche Fassung EN 1990: 2002 + A1: 2005 + A1: 2005/ AC: 2010. Berlin: Beuth Verlag GmbH (Oktober 2021). [2] Deutsches Institut für Normung e. V.: DIN EN 1508: 1998-12, Wasserversorgung - Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung; Deutsche Fassung EN_1508: 1998. Berlin: Beuth Verlag GmbH, 11.06.2021 (Dezember 1998). [3] DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.: DVGW W 300-1 (A) - Trinkwasserbehälter; Teil 1: Planung und Konstruktion. Bonn: Wirtschafts- und Verlagsges. Gas u. Wasser mbH (November 2024). [4] DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.: DVGW W 300-2 (A) - Trinkwasserbehälter; Teil 2: Betrieb, Wartung und Inspektion. Bonn: Wirtschafts- und Verlagsges. Gas u. Wasser mbH (Mai 2025). [5] DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.: DVGW W 300-3 (A) - Trinkwasserbehälter - Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung. Bonn: Wirtschafts- und Verlagsges. Gas u. Wasser mbH (November 2024). [6] DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.: DVGW W 300-4 (A) - Trinkwasserbehälter; Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle. Bonn: Wirtschafts- und Verlagsges. Gas u. Wasser mbH (Oktober 2014). [7] DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.: DVGW W 300-5 (A) - Trinkwasserbehälter; Teil 5: Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme. Bonn: Wirtschafts- und Verlagsges. Gas u. Wasser mbH (August 2020). [8] Breit, W., Tusch, A., Raupach, M., Glawe, C.: Abschlussbericht W 202005 2024-06 - Entwicklung eines Prüfverfahrens für die Bewertung der Hydrolysebeständigkeit und der Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser Juni 2024. [9] Gerlach, J.: Ein performance-basiertes Konzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung chemisch beanspruchter Betonbauteile. Dissertation 2017. [10] Boos, P.: Herstellung dauerhafter zementgebundener Oberflächen im Trinkwasserbereich - Korrosionsanalyse und technische Grundanforderungen. Zugl.: Münster, Univ., Diss., 2002. Düsseldorf: Verl. Bau und Technik 2003. [11] Boos, P. ; Breit, W.: Hydrolysebeständigkeit und Dauerhaftigkeitsprognosen für zement-gebundene Auskleidungen in Trinkwasserbehältern. In: Betonbauwerke in der Trinkwasserspeicherung, 1. Kolloquium TAEsslingen, März 9-10, 2010, (Breitbach, M. (Ed.)), S. 39-45 112 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Lebensdauerabschätzung mineralischer Beschichtungen in Trinkwasserbehältern anhand des Einflusses durchgeführter Reinigungszyklen [12] Schäufele, I., Schwotzer, M., Gerdes, A.: Einfluss von Reinigungsmitteln auf Werkstoffverhalten zementgebundener Beschichtungen von Trinkwasserbehältern. GWF Wasser Abwasser (2008). [13] Schulte Holthausen, R., Raupach, M., Merkel, M., Breit, W.: Auslaugungswiderstand von Betonoberflächen in Trinkwasserbehältern. Bautechnik 97 (2020), S. 368-376. [14] Alexander, M., Bertron, A., Belie, N. de (Hg.): Performance of Cement-Based Materials in Aggressive Aqueous Environments. State-of-the-Art Report, RILEM TC 211 - PAE. Dordrecht: Springer 2013. [15] Mösslein, G., Grunig, H.-J.: Desinfektion und Reinigung von Behältern und Anlagen unter Berücksichtigung von „Merkblatt DVGW W 300-7“. In: Breitbach, M. (Hg.): 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis. Fachtagung über Planung, Bau, Instandhaltung, Instandsetzung und Betrieb von Trinkwasserbehältern : Tagungshandbuch 2023. Tübingen, Ostfildern: expert; TAE. [16] ISO 15901-1: 2016-04 Bewertung der Porengrößenverteilung und Porosität von Feststoffen mittels Quecksilberporosimetrie und Gasadsorption - Teil 1: Quecksilberporosimetrie [17] Schwotzer, M.: Zur Wechselwirkung zementgebundener Werkstoffe mit Wässern unterschiedlicher Zusammensetzung am Beispiel von Trinkwasserbehälterbeschichtungen. Dissertation. Karlsruhe 2008. Untergrund & Oberflächen 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 115 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten Annika Schlombs, M. Sc. w + s bau-instandsetzung gmbh, Fuldabrück Dipl.-Ing. Jacqueline Rassek w + s bau-instandsetzung gmbh, Fuldabrück Zusammenfassung Betonbauwerke der Trinkwasserspeicherung unterliegen einer Vielzahl an beeinflussenden Randbedingungen, die sich auf die Qualität der Konstruktion auswirken. Es bedarf daher einer individuellen Herangehensweise für eine zielgerechte Instandsetzung. Einwirkungen aus der Umgebung, aus dem Untergrund, bei der Herstellung, bei der Nutzung, Umwelteinflüsse und altersbedingte Einflüsse geben dem Planer eine umfangreiche Palette an Parametern, die es vor einer Instandsetzung zu ermitteln und bei der Ausschreibung zu berücksichtigen gilt. Bereits vor über 20 Jahren wurde im Bereich des Wasserbaus der Parameter der Altbetonklassen ins Spiel gebracht. Dieser erlangt mit der Herausgabe der TR Instandhaltung und der Überarbeitung der Regelwerke des DVGW nun ebenfalls einen wichtigen Status im Bereich der Instandsetzung von Bauwerken der Trinkwasserspeicherung. 1. Notwendigkeit der Einführung von Altbetonklassen Bei einem nicht unerheblichen Anteil der Bauwerke der Trinkwasserspeicherung besteht das Instandsetzungsziel vor allem in der Aufrechterhaltung der Dauerhaftigkeit in Kombination mit entsprechenden Hygieneansprüchen. Der Dauerhaftigkeitsanspruch für Tragwerke aus Stahlbeton ist in DIN EN 1992 (EC2) festgelegt. Ein Tragwerk gilt demnach als angemessen dauerhaft, wenn es während der vorgesehenen Restnutzungsdauer seine Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit behält, ohne dass die Nutzungsqualität wesentlich beeinträchtigt wird. Dies sollte mit angemessenem Instandhaltungsaufwand möglich sein. Eine Betoninstandsetzung erfolgt in der Regel in mehreren Schritten. Diese Schritte bzw. Ebenen müssen letztlich so aufeinander abgestimmt sein, dass sie zusammen funktionieren und die vorgesehenen Anforderungen in Bezug auf die bereits in der Einleitung genannten Einwirkungen erfüllen. Im Betonersatz auftretende Spannungen müssen sicher in die vorhandene Betonkonstruktion eingeleitet werden. Dies kann zum einen durch Bewehrung und Rückverankerung des Betonersatzes in den Untergrund erfolgen oder aber über den adhäsiven Verbund des Betonersatzes mit dem vorbereiteten Betonuntergrund. Die Rückverankerung stellt den dauerhaften Verbund mechanisch sicher. Der adhäsive Verbund ist eine Folge der chemischen Reaktion des Zements mit dem Wasser im Betonersatz. Eine nur auf Adhäsion beruhende Verbundwirkung des Betonersatzes mit dem Untergrund erfordert eine entsprechende Anpassung der Eigenschaften des aufgebrachten Materials an den Untergrund hinsichtlich des Festigkeits- und Verformungsverhaltens. In der Nutzungsphase des Bauwerkes kann es beim adhäsiven Verbund zu Rissen im Betonersatz bzw. Hohllagen zwischen Betonersatz und Untergrund kommen. Ursächlich hierfür kann eine mangelhafte mechanische Kompatibilität für die flächige Betoninstandsetzung sein. Wichtig ist, dass der flächig aufgetragene Betonersatz die Verformung des Bauteils nicht behindert und keine Eigenspannungen aus Schwinden aufgebaut werden. So kann eine Überlastung der Verbundebene zwischen Betonuntergrund und Betonersatz entstehen. Neben dem Schwinden stehen zudem Aspekte wie Quellen, unterschiedliche thermische Dehnung und unterschiedliche E-Module von Altbeton und Betonersatz im Vordergrund. Die spezifischen Eigenschaften des Betonersatzes, vor allem E-Modul und Druckfestigkeit, müssen auf den Betonuntergrund abgestimmt werden, d. h. sie sollten möglichst ähnlich sein. Im Bereich der Instandsetzung von Trinkwasseranlagen ist die sogenannte „Putzer-Regel“, die besagt, dass das aufgebrachte System nach außen hin weicher werden sollte, nicht zielführend. Aufgrund der Porosität sind Betonersatzsysteme im Trinkwasserbereich in der Regel sehr fest. Zudem sollte die Nacherhärtung des Betonersatzes nicht außer Acht gelassen werden. Dies wird in den Regelwerken bislang nicht berücksichtigt. Hieraus wird klar, dass es einer systematischen Herangehensweise bedarf, die zunächst den Altbetonuntergrund einstuft und die aufzubringenden Materialien und Instandsetzungsprinzipien und -verfahren darauf abstimmt. 2. Herkunft und Anwendung der Altbetonklassifikation in Regelwerken Den vor genannten Vorgaben tragen nationale und europäische Regelwerke Rechnung. Ein nationales Regelwerk, die ZTV-W LB 219, berücksichtigt die Ermittlung und Einteilung in Altbetonklassen bereits seit der Her- 116 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten ausgabe in 2004. Grundlage hierfür stellten umfangreiche Untersuchungsergebnisse an Wasserbauwerken (ab Baujahr 1880) dar, die unterschiedlichste Betoneigenschaften aufwiesen (bezogen auf Druckfestigkeit, Rohdichte, Abreißfestigkeit und Wasseraufnahme). Auf Basis der Ergebnisse wurden für den Betonuntergrund die Altbetonklassen A1 bis A4 definiert. Statt der bislang im Wasserbau vorrangig verwendeten Instandsetzung durch eine im Altbeton rückverankerte, bewehrte Vorsatzschale aus Ort- oder Spritzbeton, sollte für den Anwendungsfall der Aufrechterhaltung der Dauerhaftigkeit eine Lösung gefunden werden, bei dem die Anwendung dünnschichtiger, dem Untergrundbeton in Festigkeits- und Verformungsverhalten angepasster Instandsetzungssysteme zum Einsatz kommt, welche nur durch Adhäsionsverbund am Untergrund haftet. Hierfür hat die BAW zudem das Merkblatt „Spritzmörtel“ herausgegeben, in dem Anforderungen und Grenzwerte an Spritzmörtel/ -betone SA-2 und SA-3 entsprechend der Altbetonklassen gestellt werden. [10] Die Europäische Norm EN 1504 (national: DIN EN 1504) regelt die Betoninstandsetzung auf europäischer Ebene seit 2006 und berücksichtigt seitdem ebenfalls nach Teil-3 eine Klassifizierung von Instandsetzungsmörteln- und betonen bei der Planung und Ausführung in die Klassen R1 bis R4. Von R4 bis R1 nehmen Druckfestigkeit und Elastizitätsmodul des Betonersatzes ab. Seit ihrer Herausgabe im Jahr 2020 werden Altbetonklassen auch in der TR-Instandhaltung berücksichtigt. Gegenüber der ZTV-W LB 219 existieren darin sogar Altbetonklassen A1 bis A5. Von A5 bis A1 sinken die Druckfestigkeit sowie die Abreißfestigkeit des Altbetons. Im DVGW-Merkblatt W300-3 (Ausgabe 11/ 2024) werden die Altbetonklassen bereits berücksichtigt. Das DVGW- Merkblatt W300-4 macht Vorgaben zu Werkstoffen, Auskleidungs- und Beschichtungssystemen, sowie Qualitätssicherung auf der Baustelle bei der Instandsetzung von Trinkwasserbauwerken und ist gerade in der Überarbeitung. Altbetonklassen werden hier künftig auch im normativen Anhang B „Überwachung durch das ausführende Unternehmen“ bedacht. 3. Vorgehen bei der Einstufung in Altbetonklassen Wie die nachfolgende Abbildung 1 aus [4] zeigt, ist die Einstufung in eine Altbetonklasse in der TR-Instandhaltung fester Bestandteil der Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung einer Instandsetzungsmaßnahme. Sie wird im Zusammenhang mit den Einwirkungen auf das Bauwerk aus der Umgebung und dem Betonuntergrund im Zuge der Erfassung des Ist-Zustandes ermittelt. Abb. 1: Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung am Beispiel einer Instandsetzungsmaßnahme mittels Betonersatz [4] Die Altbetonklasse beschreibt die qualitative Einstufung eines vorhandenen Betonuntergrunds im Hinblick auf: • Druckfestigkeit • Abreißfestigkeit • Dichte • Porosität • Feuchtegehalt • mikrobielle oder chemische Belastungen Besonders essentielle Parameter, die für die Einordnung des Altbetons in eine Altbetonklasse maßgeblich sind, sind die Werte der Druckfestigkeit und der Abreißfestigkeit. 3.1 Ermittlung der Eigenschaften des Altbetons Gegenüber der DAfStb-RL SIB wurde die Klassifizierung der Altbetonklassen in der TR Instandhaltung neu eingeführt. Die wichtigsten Parameter, die für die Einordnung des Altbetons in eine Altbetonklasse maßgeblich sind, werden entsprechend folgender Normen ermittelt: 1. Druckfestigkeit Die Bestimmung erfolgt nach DIN EN 12504-1 Relevant ist der Mittelwert der Druckfestigkeit pro Bauteil. 2. Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit Die Bestimmung erfolgt nach DIN EN 1542. Relevant sind der kleinste Einzelwert sowie der Mittelwert pro Bauteil. Zu 1.) Die DVGW W300-3 erläutert zur Ermittlung der Druckfestigkeit im Zuge der Zustandserfassung von Wasserkammern im Anhang A, dass die Druckfestigkeit des Bauwerksbetons, wenn sie nicht bekannt ist, nach DIN EN 13791 an repräsentativen Stellen unter Berücksichtigung der konkreten Situation und ingenieurtechnischer Beurteilung zu bewerten ist. Zudem wird angemerkt, dass die zerstörungsfreie Überprüfung der Druckfestigkeit vor 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 117 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten Ort mittels Rückprallhammer lediglich zur groben Orientierung dient, da nur die oberflächennahe Druckfestigkeit abgeschätzt werden kann. Über die Druckfestigkeit des Kernbetons lassen sich durch diese Prüfmethode keine Erkenntnisse ableiten. Sie zeigt außerdem auf, dass eine ausgelaugte oder carbonatisierte Oberfläche zu veränderten Druckfestigkeiten führen kann. Hierfür wird auf die Grenzwerte zur Carbonatisierung nach DIN EN 13791 und die Berücksichtigung des Feuchtezustands der oberflächennahen Betonrandzone hingewiesen. Zu 2.) Folgende besondere Auswertungsgrundsätze sind entsprechend DVGW W300-3 bei der Ist-Zustandserfassung bezüglich der Abreißfestigkeit zu beachten: Auch hier wird zunächst auf die Berücksichtigung der konkreten Situation und der ingenieurtechnischen Beurteilung hingewiesen. Als Orientierung kann die Prüfanzahl von mindestens 3 Stellen pro 250 m² Oberfläche je Prüf bereich angewendet werden. Alle konstruktiven Elemente (Sohle, Wand, Decke, Stützen, etc.) sind in Prüfbereiche aufzuteilen und einzeln zu erfassen. Eine Prüfung der tiefengestaffelten Oberflächenzugfestigkeit in der Betonrandzone kann z. B. Aufschluss darüber geben, ob Festigkeitsunterschiede bestehen und minderfeste Schichten bis zu einem ausreichend festen Untergrund abzutragen sind. Sollte ein zementgebundener Mörtel vorliegen und soll dieser planmäßig erhalten bleiben, ist ebenfalls zu überprüfen, ob eine ausreichende Tragfähigkeit des Untergrunds vorliegt (Oberflächenzugfestigkeit des Mörtels und Haftzugfestigkeit zum Beton). Tab. 1: Einordnung des Altbetons im Bereich der Instandsetzungsebene Altbetonklasse Druckfestigkeit in [MPA] 1) Oberflächenzugfestigkeit in [MPA] 2) Mittelwert Kleinster Einzelwert A1 ≤ 10 < 0,8 < 0,5 A2 > 10 ≥ 0,8 ≥ 0,5 A3 > 20 ≥ 1,2 ≥ 0,8 A4 > 30 ≥ 1,5 ≥ 1,0 A5 > 75 ≥ 2,5 ≥ 2,0 1) Mittelwert der Druckfestigkeit (Bestimmung nach DIN EN 12504-1) 2) Kleinster Einzelwert/ Mittelwert (Bestimmung nach DIN EN 1542) Die notwendige materialspezifische Oberflächenzugfestigkeit / Haftzugfestigkeit von Zwischenschichten ist gemäß der Altbetonklassen bis zum Kernbeton zu erfüllen. Falls Festigkeitsschwankungen von Bestandsmaterialien vorliegen, sollte der Prüfumfang erhöht werden. Durch Abtrocknung können Spannungen in den auf dem Kernbeton aufgetragenen Materialien entstehen, die sich negativ auf den Haftverbund auswirken. Bei der Ermittlung der Haftzugfestigkeit von Untergründen kann es daher sinnvoll sein, die Prüfung an entnommenen Bohrkernen im Labor durchzuführen. 3.2 Einordnung des Altbetons in eine Altbetonklasse Die instand zu setzenden Betonbauteile sind aufgrund ihrer zum Zeitpunkt der Instandsetzung vorhandenen Eigenschaften im Hinblick auf die anzuwendenden Instandsetzungsverfahren in Altbetonklassen einzuordnen. Die nachfolgende Tabelle 1 der Altbetonklassen ist sowohl in der TR-Instandhaltung (Teil 1, Tabelle 4) als auch im DVGW W300 (Teil 3, Tabelle 8) zu finden und ist inhaltlich identisch. Die Technische Regel erklärt jedoch zusätzlich, dass die Tabelle keine abschließenden Regelungen zur Altbetonklasse A1 enthält. Maßgeblich für die Zuordnung zu einer Altbetonklasse ist die ungünstigere Untergrundeigenschaft (Druckfestigkeit oder Oberflächenzugfestigkeit). Instand zu setzende Bauteilbereiche mit lokal abweichenden Eigenschaften sind durch geeignete Untersuchungen einzugrenzen. Bei zu erwartendem Betonabtrag erfolgt die Einstufung in eine Altbetonklasse in der Ebene der vorgesehenen Verbundzone. 4. Instandsetzungsprinzipien und -verfahren (nach DVGW W300) in Abhängigkeit der Altbetonklasse Wurde das Betonbauteil systematisch aufgrund der ermittelten Eigenschaften und vorhandenen Schäden und Einwirkungen in die entsprechende Altbetonklasse eingestuft, können die geeigneten Instandsetzungsprinzipien, -verfahren und Materialien unter Berücksichtigung der Altbetonklasse und der spezifischen Anforderungen des Bauwerks festgelegt werden. In Tabelle 9 erläutert das DVGW-Arbeitsblatt W 300-3 die Prinzipien und Verfahren zum Schutz oder zur Instandsetzung von Trinkwasserbehältern in Abhängigkeit der Altbetonklasse als ein Parameter der Anwendungsgrenze. Altbetonklasse A1 wird in diesem Zuge nicht aufgeführt. In der nachfolgenden Abbildung 2 des Arbeitsblattes W300-3 wird dargestellt, welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten die ermittelte Altbetonklasse nach sich zieht. 118 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten Abb. 2: Ablaufschema bzw. Hinweise zur Anwendbarkeit der Altbetonklasse nach [5] Bei vorhandener Altbetonklasse A4 oder A5 können die Instandsetzungsverfahren nach DVGW W300-3 ohne zusätzliche Arbeitsschritte angewendet werden. Ein Verbund des Betonersatzes mit dem Untergrund kann allein über Adhäsion erfolgen. Bei Altbetonklasse A2 und A3 sind die Maßnahmen zum Erreichen eines dauerhaften Verbunds zum Untergrund unbedingt vom Fachplaner zu planen. Der Fachplaner muss prüfen, ob ein Haftverbund allein über Adhäsion ausreichend sichergestellt werden kann oder ob beispielsweise eine Verankerung zum Untergrund notwendig ist. Dies wird in der Praxis vor allem bei Altbetonklasse A2 mit einer rückverankerten Spritzbetonschale ausgeführt. Neben der Betonbauweise wurden Trinkwasserbehälter u. a. auch aus Mauerwerk hergestellt. Bei gemauerten Behälterbauten mit unterschiedlichen Festigkeiten von Ziegel und Mauermörtel, welche zum Beispiel mit Zementputz und Chlorkautschukbeschichtung versehen sind, kann nach Abtrag der beiden äußeren Schichten ebenfalls eine Auskleidung mit rückverankertem Spritzbeton eine zielführende Instandsetzungsmöglichkeit sein (vgl. Abb. 3 bis 5). Abb. 3: Mauerwerkswände einer Trinkwasserspeicheranlage nach Abtrag von Zementputz und Chlorkautschukbeschichtung Abb. 4: Rückverankerte Bewehrung Abb. 5: Spritzbetonauftrag Zur Bearbeitung der Altbetonklassen A2 und A3 wird im DVGW-Arbeitsblatt W300-3 folgende Aussage getroffen: „Das aufzubringende System ist zu den Eigenschaften des Altbetons passend vom Planer auszuwählen. Aufgrund der gleichbleibenden Temperatur im Bereich der wasserberührten Oberflächen ist auch die zementgebundene Beschichtung von Bestandsbetonen der Altbetonklassen A2 und A3 (Bewertung durch Fachplaner) möglich.“ Ob bei Altbetonklasse A2 ein ausreichender Verbund allein durch eine erhöhte Rautiefe erzielt werden kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt der Materialentwicklung durch den Planer und auch durch den Materialhersteller mit höchster Vorsicht zu beurteilen. Eine weitere planerische Lösung, die im Bereich der Altbetonklasse A3/ (A2) aber zur Ausführung kommen kann, ist der Einbau einer rückverankerten AKS-Edelstahlmatte mit anschließender mineralischer Beschichtung. Dies kann auf verschiedenen Untergründen angewendet werden, z. B. auf Eisenbeton, Stahlbeton, Stampf beton oder Mauerwerk. Bei vorliegender Altbetonklasse A1 oder gravierenden Undichtigkeiten verweist das Regelwerk auf die Ausbildung einer bewehrten Innenschale oder auf die Herstellung eines (Teil-)Neubaus. So ist in einigen Fällen, sobald der Untergrund in Altbetonklasse A1 eingestuft wurde z.-B. die Herstellung einer neuen Sohle oder die soge- 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 119 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten nannte Behälter-in-Behälter-Bauweise die letztlich zielführende Instandsetzungsmöglichkeit. Ein Beispiel einer Behälter-in-Behälter-Lösung mit neuer schwimmender Betonsohle und Spritzbetonwänden zeigen die nachfolgenden Abbildungen. Abb. 6: Herstellung einer neuen Sohle Abb. 7: Herstellung der Spritzbetonwände 5. Fazit und Perspektive Die Bewertung und Einbeziehung von Altbetonklassen in die Auswahl des Materials und des Instandsetzungsverfahrens sind ein wichtiger Schritt für eine zielgerechte und dauerhafte Instandsetzung von Trinkwasserbauwerken. Die Auswahl entsprechend geeigneter, trinkwasserzugelassener, rein mineralischer Mörtel für die jeweilige Altbetonklasse ist bislang begrenzt und steckt in der Entwicklung noch in den Kinderschuhen. So stellt sich die Frage für die nahe Zukunft: Wird es Materialhersteller geben, die für die Altbetonklasse A2/ A3 einen trinkwasserzugelassenen Mörtel freigeben, der ohne weitere Maßnahmen (z. B. ohne Rückverankerung) als Betonersatz und als fertige Oberfläche verwendet werden kann? Einige Hersteller geben Ihre Produkte bereits jetzt für die Altbetonklasse A2/ A3 frei - mit dem Zusatz „…bedarf aber der Bewertung durch eine Person mit besonderer Fachkunde.“ [11] Allerdings weisen diese Materialien eine Festigkeitsklasse C35/ 45 auf, die demnach die der angegebenen Altbetonklassen übersteigt. Auch die zuvor genannte Nacherhärtung der Mörtelsysteme insbesondere bei Betonersatz mit den Zementen CEM II und CEM III birgt ein Risiko der zu hohen Festigkeiten und Steifigkeiten gegenüber dem Altbeton. Dies könnte letztendlich zu nachträglichen Verbundstörungen und größeren Schadensfällen führen. Ein sorgfältiger Umgang mit abgestimmten Betonersatzsystemen auf den Bestandsbeton ist daher eine zwingende Voraussetzung für eine dauerhaft erfolgreiche Instandsetzung. Literatur- und Normenverzeichnis [1] Bundesanstalt für Wasserbau: BAW-Merkblatt „Spritzmörtel/ Spritzbeton“ nach ZTV-W LB 219, Abschnitt 5, Karlsruhe, 2007 [2] Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Abteilung Eisenbahnen, Wasserstraßen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen - Wasserbau (ZTV-W) für Schutz und Instandsetzung der Betonbauteile von Wasserbauwerken (Leistungsbereich 219), 2004 [3] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb): Richtlinie zum Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, Teile 1-3; Oktober 2001 [4] Deutsches Institut für Bautechnik, Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR-Instandhaltung), Teil 1 und 2, Mai 2020 [5] Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. DVGW: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-3 (A), Trinkwasserbehälter, Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung, Bonn, Oktober 2024 [6] Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. DVGW: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-4, Trinkwasserbehälter - Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle, Oktober 2014 [7] DIN EN 1542: 1999-07 Prüfverfahren - Messung der Haftfestigkeit im Abreißversuch 120 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Altbetonklassen und Anpassung an den Untergrund - mineralische Ausführungsvarianten [8] DIN EN 1504-3: 2006-03 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität - Teil 3: Statisch und nicht statisch relevante Instandsetzung [9] DIN EN 12504-1: 2021-02 Prüfung von Beton in Bauwerken, Teil 1: Bohrkernproben - Herstellung, Untersuchungen und Prüfung der Druckfestigkeit [10] Dr.-Ing. T. Reschke: Instandsetzung von Wasserbauwerken mit geringer festen Altbetonen, BAW- Kolloquium, 7.11.2006, Karlsruhe [11] P&T Technische Mörtel GmbH & Co. KG: Technisches Merkblatt, Kerasal ANS 14 A04 VSM, Trinkwassermörtel, Stand 08/ 23 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 121 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - Ab wann wird es zum Problem? Prof. Dr.-Ing. Melanie Merkel bsm² Breit ∙ Schuler ∙ Merkel Beratende Ingenieure PartGmbB, Kaiserslautern Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern (RPTU), Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen, Kaiserslautern bsm² Breit ∙ Schuler ∙ Merkel Beratende Ingenieure PartGmbB, Kaiserslautern Zusammenfassung Die Anforderungen an Betonoberflächen im direkten oder indirekten Kontakt mit Trinkwasser unterliegen strengen technischen und insbesondere auch hygienischen Maßgaben. Das DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 (Ausgabe November 2024) konkretisiert diese Anforderungen und stellt eine zentrale normative Grundlage für die Planung, Herstellung und Bewertung entsprechender Bauteile in der Trinkwasserspeicherung dar. Darüber hinaus definiert das Regelwerk den Soll-Zustand trinkwasserberührter Betonoberflächen und formuliert verbindliche Vorgaben sowohl für Neubauten als auch für Instandsetzungsmaßnahmen. Erfahrungen aus der Praxis zeigen jedoch, dass die im DVGW-Regelwerk W 300-1 bis -4 formulierten Anforderungen - trotz bestmöglicher Präzision - nicht in allen Fällen eine vollumfängliche Bewertung der ausgeführten Betonoberflächen erlauben. Dies gilt insbesondere dann, wenn Abweichungen durch artfremde Bestandteile (z. B. unplanmäßige Einschlüsse) auftreten. Der vorliegende Beitrag greift diese Problematik auf und zielt darauf ab, die bestehende Bewertungsmethodik für trinkwasserberührte Betonoberflächen weiterzuentwickeln. Auf Basis technischer Kenngrößen und analytischer Ableitungen wird aufgezeigt, wie die normativen Anforderungen praxisgerecht ergänzt und konkretisiert werden können, mit dem Ziel, die Oberflächenqualität in der Trinkwasserspeicherung objektivierbar und nachhaltig bewerten zu können. 1. Oberflächenqualität nach DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 1.1 Allgemeine Anforderungen Das übergeordnete Ziel bei der Ausführung trinkwasserberührter Betonflächen ist die Herstellung porenarmer und möglichst glatter Oberflächen. Poren und Lunker können die Ablagerung von Sedimenten sowie das Wachstum von Mikroorganismen begünstigen und stellen daher hygienisch bedenkliche Schwachstellen dar. Mit der Einführung des überarbeiteten DVGW-Arbeitsblatts W 300-1 [1] im Jahr 2024 wurden erstmals objektiv überprüf bare Kriterien zur Beurteilung der Ausführungsqualität eingeführt. Die zentralen Anforderungen lauten: Porigkeit • Ausbildung von gleichmäßig porenarmen Betonoberflächen. • Die Oberfläche für Decken kann eben und glatt oder mit Textur ausgeführt werden, in jedem Fall aber möglichst poren- und lunkerfrei. Textur • Raue Oberflächen sowie Schalungsversätze und Unebenheiten sind zu vermeiden. • Erforderlich ist ein glatter Schalungsabdruck der Betonoberfläche mit geschlossener Zementhaut und ohne Haufwerksporigkeit. • Fugen zwischen Schalungselementen sind abzudichten. 1.2 Verweis auf DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ Ergänzend zu den DVGW-Regelungen kann die Sichtbetonklasse SB4 nach dem DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ [2] herangezogen werden, auch wenn dessen Anwendungsbereich primär auf den allgemeinen Hochbau fokussiert, Das DVGW-Regelwerk übernimmt die Sichtbetonklassifizierung nicht zur Gestaltung, sondern als technisch/ hygienisch motiviertes Qualitätsniveau für Oberflächen in Trinkwasserbehältern. Daher wird z. B. die Farbtongleichmäßigkeit - im Gegensatz zur Vorgabe des DBV-Merkblatts - ausdrücklich nicht gefordert. Folgende Einzelkriterien werden im DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 gefordert: • Texturklasse T3 • Porigkeitsklasse P3 • Ebenheit der Betonfläche E3 • Schalhautklasse SHK3 • Arbeitsfugen und Schalungsstöße AF4 Hinweis: Auch wenn in der überarbeiteten Fassung des DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 auf die Porigkeitsklasse P3 verwiesen ist, so ist die Porigkeitsklasse P4 maßgebend. Die Wahl der Porigkeitsklasse (P3 oder P4) bei SB4 richtet sich nach dem Verwendungszweck und der eingesetzten Schalungshaut. Bei einer saugenden Schalungshaut ist die Porigkeitsklasse P4 und bei einer nicht saugenden Schalungshaut ist die Porigkeitsklasse P3 zulässig. Da die Ausführung von wasserabführenden oder saugenden Schalungsbahnen nach DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 empfohlen wird, ist somit die Porigkeitsklasse P4 maßge- 122 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - ab wann wird es zum Problem? bend. Zudem wird grundsätzlich eine möglichst porenarme Betonoberfläche gefordert, muss als Konsequenz Porigkeitsklasse P4 umgesetzt werden. Nach DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ [2] gelten für die Porigkeitsklasse P4 die in Tab. 1 genannten Kriterien. Die Vorgabe nach einer porenfreien Betonoberfläche ist technisch nicht herstellbar und wird in keiner Porigkeitsklasse gefordert. Tab. 1: Zusammenstellung der Anforderung der Porigkeitsklasse P4 Kriterium Anforderung der Porigkeitsklasse P4 maximaler Porenanteil 750 mm² pro 0,25 m² Einzelporengröße (Einzeldurchmesser) 2 mm < d < 15 mm Kiesnester oder stark sichtbare Schüttlagen nicht zulässig Porenanhäufung unzulässig, insbesondere an Kanten, Ankerstellen und Schalstößen eingeschränkt tolerierbar: im oberen Teil vertikaler Bauteile Folgende Anforderungen ergeben sich aus der Texturklasse T3 [2]: • Glatte, geschlossene, weitgehend einheitliche Betonfläche • Feinmörtelaustritt an Schalungsstößen bis ca. 3 mm Breite zulässig • Technisch unvermeidbare Grate bis ca. 3 mm zulässig • Weitere Anforderungen z. B. an Ankerausbildung, Konenverschlüsse oder Schalungshautstöße müssen objektspezifisch definiert werden Bei der Schalhautklasse SHK3 sind unter Berücksichtigung von trinkwasserspezifischen Aspekten die nachfolgenden Punkte unzulässig [2]: • Bohr-, Nagel- und Schraublöcher, Kratzer (außer als mit dem AG abgestimmte Reparaturstelle) • Beschädigung durch Innenrüttler • Beton- und Mörtelreste Bei Arbeitsfugen und Schalungsstöße der Klasse AF4 ist folgendes zu beachten [2]: • Planung der Detailausführung erforderlich • Versatz der Flächen im Fugenbzw. Stoßbereich bis ca. 3 mm zulässig • Feinmörtelaustritt auf dem vorhergehenden Betonierabschnitt sollte rechtzeitig entfernt werden • weitere Anforderungen (bspw. Ausbildung von Arbeitsfugen und Schalungsstößen) sind detailliert festzulegen An die Ebenheitsklasse E3 werden folgende Anforderungen gestellt [2]: • nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 6 [3] • höhere Ebenheitsanforderungen sind gesondert zu vereinbaren; dafür erforderliche Aufwendungen und Maßnahmen sind vom Auftraggeber gesondert detailliert festzulegen Die konsequente Einhaltung der genannten Kriterien ist unerlässlich, um hygienisch unbedenkliche Oberflächen zu gewährleisten. Insbesondere ausgeprägte Vertiefungen, Stagnationszonen und Kanten begünstigen mikrobielle Anhaftungen und Verkeimungspotenzial. 1.3 Besonderheiten bei Deckenflächen Deckenflächen unterliegen infolge von Tauwasserbildung besonderen Anforderungen. Kondensat kann zu einer beschleunigten Auslaugung des Betons führen und dessen Dauerhaftigkeit beeinträchtigen. In den überarbeiteten DVGW-Arbeitsblättern W 300-1 [1] und -3 [3] sind folgende Ausführungsvarianten beschrieben: • glattgeschalte Oberfläche • Textilstruktur durch Einsatz von wasserabführenden/ -saugenden Schalungsbahnen • nachträgliche Applikation einer Beschichtung/ Auskleidung nach DVGW-Arbeitsblatt W 300-3 und -4 [5] Bei der nachträglichen Applikation einer Beschichtung/ Auskleidung stehen die folgenden Ausführungen zur Verfügung (vgl. Abb. 1): • spritzraue Oberfläche (feine bis grobe Struktur mit zementgebundenen Systemen) • glatte Oberfläche (zementgebundene Systeme, organische Beschichtung) • nachträgliche Auskleidung (Kunststoff- und Edelstahlplatten) 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 123 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - ab wann wird es zum Problem? Abb.-1: Schematische Darstellung möglicher Oberflächenstrukturen und Begrifflichkeiten für die Instandsetzung Die Ausbildung sogenannter Tropfenstrukturen bzw. Stalaktiten hat sich in der Praxis als ungeeignet erwiesen (vgl. Abb. 2). Aufgrund des hierfür notwendigen hohen Wasserzementwertes erstarrt das Material während des Abtropfens zur Tropfenform, wobei häufig Hohlräume im Inneren entstehen. Diese Strukturen sind mechanisch minderfest und können die Reinigung erheblich erschweren. Abb.-2: Schematische Darstellung einer Tropfenstruktur Die Wahl der geeigneten Ausführungsvariante ist anhand bauphysikalischer, hygienischer und betrieblicher Kriterien projektspezifisch festzulegen. 1.4 Qualitätssicherung durch Referenzflächen Referenzflächen dienen sowohl im Neubau als auch bei der Instandsetzung von Trinkwasserbehältern als qualitätssichernde Maßnahme zur Bewertung und Freigabe der Bauausführung. Sie ermöglichen die objektive Beurteilung der Werkstoffe, Oberflächenqualität, Ausführungsgüte sowie der handwerklichen Verarbeitung durch Simulation der realen Bedingungen am Bauteil. Im überarbeiteten DVGW-Arbeitsblatt W 300-4 (Entwurf 2025) [6] ist die Herstellung von Erprobungs- und Referenzflächen im Rahmen der Qualitätssicherung explizit vorgesehen. Diese müssen folgende Anforderungen erfüllen: • Repräsentativität: Die Fläche muss repräsentativ für die tatsächlichen Bauwerksflächen sein, insbesondere in Bezug auf Untergrund, Auf bau und Applikation der Werkstoffe. • Werkstoffgleichheit: Alle eingesetzten Schichten und Komponenten müssen identisch zur späteren Bauausführung sein. • Oberflächenbewertung: Aspekte wie Porigkeit, Erscheinungsbild und Textur sind auf der Referenzfläche zu prüfen. Sie dient als Maßstab für alle nachfolgenden Bauabschnitte. • Lage und Dokumentation: Die Fläche ist dauerhaft zu kennzeichnen, fotografisch zu dokumentieren und im QS-Plan zu hinterlegen. Nach Abstimmung kann eine Referenzfläche als verbindlicher Maßstab zur vertraglichen Leistungsbewertung herangezogen werden. Anmerkung: Die in Kapitel 2 behandelten „Abweichungen durch Bestandteile in den Ausgangsstoffen“ können an Referenzflächen nicht erprobt werden. 2. Abweichungen durch Bestandteile in den Ausgangsstoffen 2.1 Allgemeines Sowohl bei Neubauten als auch bei Instandsetzungsmaßnahmen können in seltenen Fällen in den Ausgangsstoffen vorhandene, unerwünschte Bestandteile zu Auffälligkeiten im „worst case“ auch zu Schadstellen in der Oberfläche führen. Besonders relevant sind aus der baupraktischen Erfahrung hierbei leichtgewichtige organische (z. B. Kohle, Holz) sowie eisenhaltige oder mineralische Bestandteile. 2.2 Leichtgewichtige organische Bestandteile Auch wenn DIN EN 12620 „Gesteinskörnungen für Beton“ [7] Grenzen für leichtgewichtige organische Bestandteile vorsieht, kann in der praktischen Anwendung das Vorhandensein von derartigen Bestandteilen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Leichtgewichtige organische Bestandteile stellen aufgrund ihrer organischen Zusammensetzung ein hygienisches Risiko dar und sind demnach nicht zulässig. Insbesondere horizontale Flächen sind davon betroffen, da die leichtgewichtigen Bestandteile aufschwimmen und sich an der Oberfläche konzentrieren können. 124 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - ab wann wird es zum Problem? Sollte ihr Auftreten festgestellt werden, ist eine gezielte Instandsetzung erforderlich. Diese erfolgt in der Regel lokal begrenzt. In Ausnahmefällen können solche Bestandteile auch erst nach Abnutzung der Oberfläche sichtbar werden. 2.3 Eisenhaltige Bestandteile 2.3.1 Vorkommen Lokale, punktförmige Korrosionsprodukte auf Beton- und Mörteloberflächen lassen sich häufig auf Eisensulfide oder Eisenoxide zurückführen, wie z. B. Pyrit (FeS₂), Pyrrhotin (FeS), Markasit (FeS₃), Eisenoxid (FeO, Fe₂O₃). Solche Minerale können natürlicherweise in Quarzkies- und -sandlagerstätten vorkommen. In zementgebundenen Systemen können sie als anhaftende oder eingeschlossene Bestandteile auftreten [8]. Für bspw. pyrithaltige Bestandteile existieren derzeit keine geeigneten Prüfverfahren, die es den Herstellern von zementgebundenen Produkten (z. B. Instandsetzungsmörtel) ermöglichen würden, diese im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) erkennen und damit ausschließen zu können. Zur Herstellung von zementgebundenen Instandsetzungsmörteln werden Ausgangstoffe (z. B. Zement, Gesteinskörnung, etc.) eingesetzt, die die Anforderungen an die jeweiligen Stoffnormen (z. B. DIN EN 197-1 [9], DIN EN 12620 [7], etc.) erfüllen. Zur Sicherstellung von Produkteigenschaften kann der Hersteller der zementgebundenen Produkte weitere Anforderungen und Prüfkriterien festlegen. 2.3.2 Reaktionsmechanismus Die Zersetzungsreaktion von Pyrit erfolgt unter Einwirkung von Wasser und Sauerstoff. Sie verläuft in mehreren Stufen [8]: 1. Oxidation des Pyrits zu Schwefel und Eisensulfat → sichtbar als gelblich-grünliche Zwischen-produkte 2. Bildung von Eisenoxid- und Eisenhydroxid-verbindungen (Rost) → sichtbar als braune bis rötliche Verfärbungen („Rostfahnen“) Mikroskopisch zeigt sich meist eine konzentrische Zersetzung der betroffenen eisenhaltigen Bestandteile. Die entstehende Schwefelsäure senkt den lokalen pH- Wert, was zu einer selbstverstärkenden Reaktion führt [8]. 2.3.3 Auswirkung auf Dauerhaftigkeit und Hygiene Die Entstehung der lokalen, punktförmigen Korrosionsprodukte an den Oberflächen kann im Rahmen der Ausführung schon bei der Nachbehandlung sichtbar werden oder nach der Inbetriebnahme. Die Ausblühungen und Zersetzungsreaktionen finden nur an der Oberfläche bzw. im oberflächennahen Bereich (vgl. Abschnitt 2.2.2). statt. Beeinträchtigungen in Bezug auf die Dauerhaftigkeit des Mörtels sind i. d. R. nicht zu erwarten, da es sich lediglich um eine lokal begrenzte Reaktionsstelle handelt. Auch die hygienischen Anforderungen werden i. d. R nicht beeinträchtigt. Kritisch zu bewerten sind Fehlstellen, die durch die Zersetzungsreaktion Löcher und Hohlräume hinterlassen. Mit fortschreitender Zeit vergrößern sich diese Hohlräume. Zudem findet eine lokale beschleunigte pH-Wert Absenkung in der Fehlstelle statt. Aus den vorgenannten Gründen sind die Fehlstellen ab einer gewissen Größenordnung als Schadstellen einzustufen und instand zu setzen. 2.3.4 Bewertung und Handlungsempfehlung Werden Oberflächen mit eisenhaltigen Bestandteilen vorgefunden, so ist zunächst der betroffene Bereich zu identifizieren, da ggf. nur eine Charge und damit ein begrenzter Ausführungsabschnitt betroffen ist. Eine betroffene Teilfläche begründet keine vollflächige Behandlung des Bauteils. Für die lokalisierten Bereiche ist eine Lösung zwischen Auftraggeber, Auftragnehmer und Materialhersteller für den Einzelfall abzustimmen. In Anlehnung an das DBV- Merkblatt „Sichtbeton“ und darin enthaltenen Porigkeitsklassen, den Vorgaben aus dem DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 und den Vorgaben aus anderen Regelungen wie bspw. aus dem Industriebodenbereich können folgende Bewertungsgrundsätze abgeleitet werden: • Punktförmige Korrosionsstelle bis zu einem Durchmesser von maximal 2 mm gelten nicht als Schadstelle und bedürfen keiner Überarbeitung (vgl. Abb. 3), sofern sie sich in einem Zeitraum von einem Jahr nicht verändern. Begründung: Poren bis zu einem Durchmesser von 2 mm werden nicht für die Ermittlung und Bewertung des Porenanteils nach DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ und DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 berücksichtigt. Abb. 3: Punktförmige Korrosionsstelle ohne erkennbare Fehlstelle bzw. „Loch“ • Läufer oder Einschlüsse, die keine Fehlstelle in der Oberfläche hinterlassen, stellen lediglich eine optische Beeinträchtigung dar. Ein Abschleifen oder Entfernen ist aus technischer Sicht nicht begründet. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 125 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - ab wann wird es zum Problem? • Punktförmige Korrosionsstellen ab einem Durchmesser größer 2 mm, die eine Fehlstelle bzw. ein mittiges „Loch“ hinterlassen, sind als kritische Bereiche (Schadstelle) einzustufen und sollten instandgesetzt werden (vgl. Abb. 4). Abb. 4: Erscheinungsbild eines Einschlusses, der eine Fehlstelle bzw. ein „Loch“ hinterlässt • In Anlehnung an in der Praxis bereits bestehende Bewertungsgrundlagen (vgl. [8] im Industriebodenbereich) lassen sich bis zu vier- Schadstellen/ m² nicht zielsicher vermeiden. Dennoch ist bei Auftreten einer Schadstelle aus hygienischer Sicht eine Bewertung und ggf. Behandlung erforderlich. Die Fehlstellen können lokal durch Auskratzen, Ausbohren oder Ausstemmen und ggf. Verfüllen instandgesetzt werden. Ein Verfüllen ist erst bei einem Ausbohren oder Ausstemmen erforderlich. Hinweis: Auf Kernbohrungen sollte verzichtet werden, da die glatten Wandungen keinen ausreichenden Kraftschluss zum neu einzubringenden Mörtel zulassen und zusätzlich Kernbohrungen einen zu großen Eingriff in die Substanz darstellen. • Bei lediglich lokal aufgetretenen Schadstellenkann im Rahmen des Gewährleistungszeitraums ein Monitoring zusammen mit dem ausführenden Unternehmen ratsam sein, um entscheiden zu können, ob die Reaktionsprozesse bereits zum Stillstand gekommen sind. Sollten sich innerhalb der Gewährleistungszeit keine negativen Auswirkungen ergeben, stellen die Schadstellen vermutlich kein Problem dar. Ggf. ist es sinnvoll einen Sachverständigen miteinzubeziehen. Hinweis: Ein lokales Verfüllen stellt potenzielle Schwachstellen in einer sonst einheitlich geschlossenen Oberfläche dar. Sollte es sich nur um vereinzelte Schadstellen handeln, ist ein Monitoring vorzuziehen, um zu einer abschließenden Handlungsempfehlung zu kommen. • Bei einem größeren Anteil an Schadstellen oder einem großflächigen Auftreten der Einschlüsse sollte im wasserberührten Bereich in Abstimmung mit allen Beteiligten eine flächige Überarbeitung in Betracht gezogen werden. Zur baupraktischen Bewertung kann ein lokaler Bereich mit etwa 20- Schadstellen/ m² als kritisch bewertet werden, In dem Fall ist eine flächige Überarbeitung ratsam, da sonst zu viele Fehlstellen und damit potenzielle Schwachstellen in der sonst intakten Oberfläche vorliegen. Begründung: Bei der Porigkeitsklasse P4 wird für die Porigkeit eine maximale summierte Porenfläche von 750 mm² je 0,25 m² Prüffläche, entsprechend 3.000 mm² auf 1 m² angesetzt. Unter Berücksichtigung eines maximal zulässigen Porendurchmessers von 14 mm (d < 15 mm) ergibt sich eine Anzahl von 19 Schadstellen (aufgerundet 20). Die Bewertung der Schadstellenanzahl/ m² ist als Richtwert und für eine begrenzt auftretendes Erscheinungsbild anzusehen. Sollte die gesamte Wasserkammer betroffen sein und eine Anzahl von > 1.000-Schadstellen/ 500-m² vorliegen, ist ein Sachverständiger miteinzubeziehen und eine flächige Instandsetzung in Betracht zu ziehen. Grundsätzlich muss zwischen funktionaler Beeinträchtigung und rein optischer Beeinträchtigung unterschieden werden. Bei einem Trinkwasserbehälter sind primär die technischen und hygienischen Aspekte relevant, sodass bei einem Überarbeitungswunsch des Bauherrn aus rein optischen Gründen Kosten, die über die lokale Instandsetzung hinaus gehen, getragen werden sollten. Der Verwender der Produkte hat keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Werktrockenmörtel. Es besteht somit keine Möglichkeit während der Ausführung korrigierend einzugreifen bzw. er kann die Entstehung von Ausblühungen nicht verhindern. Es müssen daher gesonderte Vergütungsregeln für die Überarbeitung von z. B. durch eisenhaltige Bestandteile verursachte Fehlstellen vereinbart werden. Grundsätzlich sollten durch den Auftraggeber, Auftragnehmer und den Materialhersteller einvernehmliche individuelle Lösungen herbeigeführt werden und ggf. die Versicherungsmöglichkeit geprüft werden. Auch wenn keine Prüfverfahren für den Nachweis von bspw. pyrithaltigen Bestandteilen existieren, so können dennoch entsprechende Bewertungsklassen analog zu [8] vom Fachplaner ausgeschrieben werden. So kann in der Planungsphase bereits auf das Risiko hingewiesen und ein Bau-Soll definiert werden. 2.4 Kalktreiben 2.4.1 Vorkommen und Reaktionsmechanismus Das Kalktreiben hat seinen Ursprung im Zementstein. Freies CaO bzw. Freikalk ist der Anteil an CaO, der nicht in den Klinkerverbindungen gebunden wird, also im erhärtenden Beton oder Mörtel als nicht hydratisierte Kalkanteile vorliegt. Wenn freies CaO in grob kristalliner Ausbildung in größeren Mengen vorhanden ist, läuft die Reaktion mit Wasser sehr langsam ab und ist dann noch nicht abgeschlossen, wenn die Erhärtung des Zements schon begonnen hat [10]. Beim Eindringen von Wasser findet allmählich die Hydration des CaO statt. Das CaO reagiert mit dem Wasser zu Calciumhydroxid, welches mit einer Ausdehnung des 126 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - ab wann wird es zum Problem? Hydroxids verbunden ist [10]. Im Fall einer Volumenzunahme auf das Doppelte und bei einem Freikalkanteil im Klinker von > 2 M.-% ist eine Sprengwirkung und eine damit verbundene Gefügeschädigung zu erwarten [12] (vgl. Abb. 5). Abb. 5: Schematische Darstellung des Kalktreibens, links: CaO im erhärteten Mörtel oder Beton, rechts: Sprengwirkung bei allmählicher Hydratation zu Ca(OH) 2 [12] Folgende Ursachen kommen nach [11] für einen erhöhten Gehalt an freiem CaO in Betracht: • Zu kalkreich eingestelltes Rohstoffgemisch, sodass die Kalksättigung überschritten wird und der CaO Überschuss nicht mehr gebunden wird • Zu grobe Körner von Kalkstein und Quarz infolge unzureichender Feinmahlung des Rohstoffgemisches • Unzureichende Homogenisierung des Brenngutgemisches • Zu niedrige Brenntemperaturen • Reduzierte Ofenatmosphäre, die das Kalkbindevermögen des Rohstoffgemisches vermindert Weitere prozesstechnische Ursachen können nicht ausgeschlossen werden. 2.4.2 Auswirkung auf Dauerhaftigkeit und Hygiene Die festgestellten Mängel an der Oberfläche sind trinkwasserhygienisch als unkritisch einzustufen, da es sich nach vorliegenden Erkenntnissen um rein mineralische Reaktionsprodukte handelt. Eine fehlstellenbehaftete Oberfläche entspricht jedoch nicht dem definierten Soll-Zustand nach DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 und -3. 2.4.3 Bewertbarkeit Oftmals weisen die Pop-Outs unterschiedliche Stadien auf, von bereits abgeplatzt, Aufwölbung der Beschichtung und erkennbare Rissbildung. Die Treiberscheinung geht von den weißen punktförmigen Stellen im Mörtel aus (vgl. Abb. 6 und Abb. 7). Abb. 6: Pop-Out, Bodenbereich Wasserkammer Abb. 7: Einschluss mit Rissbildung, Bodenbereich Wasserkammer Inwieweit ein Ausbohren und anschließendes Verschließen der schadhaften Bereiche sinnvoll ist, ist im Einzelfall zu prüfen und hängt von der Anzahl der schadhaften Stellen ab. Darüber hinaus ist zu bewerten, ob im weiteren zeitlichen Verlauf ggf. neue Schadstellen auftreten können. Es muss davon ausgegangen werden, dass der Reaktionsmechanismus nicht innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen ist. Je nach Tiefenlage und Verfügbarkeit können in den ersten Jahren immer wieder Pop-Outs auftreten. Es wird eine objektbezogene Zustandsanalyse und Bewertung durch eine sachverständige Person empfohlen, da es nicht zielführend ist derartige Fälle regualtiv zu erfassen. Eine bereits erfolgreich angewendete Instandsetzungsmaßnahme kann z. B. ein Teilabtrag der Randzone von 5 mm bis 10 mm und eine vollflächige Applikation eines zementgebundenen Mörtels sein. Ggf. kann es sinnvoll sein, verschiedene Maßnahmen an Musterflächen zu untersuchen, um das geeignetste Instandsetzungsverfahren festlegen zu können. Dies setzt einen vertrauensvollen Umgang aller Beteiligten voraus und kann bis zur abschließenden Bewertung einer dauerhaften Lösung auch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Es ist im Einzelfall zu entscheiden, ob ggf. ein vollständiger Abtrag des Mörtels notwendig ist. Beispielsweise kann bei Materialen mit hoher Festigkeit oder geringem Größtkorn und damit verbundener erschwerter Untergrundvorbereitung ein vollständiger Abtrag notwendig werden. Zudem kann damit vollständig ausgeschlossen werden, dass ein zeitverzögertes Kalktreiben auftritt. Hinweis: Schäden durch Kalktreiben sind vergleichbar der eisenhaltigen Bestandteile nur temporär festzustellen. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 127 Auffälligkeiten an Oberflächen von trinkwasserberührten Bauteilen - ab wann wird es zum Problem? Durch z. B. Änderungen der Ausgangsstoffe können die Probleme beseitigt werden. 3. Zusammenfassung und Fazit Die Bewertung von Betonoberflächen in Trinkwasserbehältern erfordert mehr als die bloße Einhaltung normativer bez. regulativer Anforderungen. Zwar bieten das DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 sowie ergänzende Regelwerke wie das DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ ein solides Fundament, doch reichen diese Vorgaben in der Praxis nicht immer aus, um mit sicherer Aussagekraft die Qualität der Ausführung bewerten zu können, Insbesondere bei unvorhersehbaren Abweichungen wie Einschlüssen, Korrosionsprodukten oder Treibreaktionen sind individuelle Lösungen gefragt, die in Absprache mit allen Beteiligten und ggf. unabhängiger externer Beratung zu klären sind. Der vorliegende Beitrag hat aufgezeigt, dass insbesondere die Beurteilung und der Umgang mit eisenhaltigen und organischen Bestandteilen sowie mit Phänomenen, wie dem Kalktreiben eine differenzierte, ingenieurtechnische Betrachtung erforderlich machen. Die vorgestellten Bewertungskriterien und Richtwerte - etwa in Bezug auf Schadstellendichte oder Porendurchmesser - bieten praxisorientierte Hilfestellungen zur Einzelfallbewertung und zur Ableitung geeigneter Maßnahmen. Literatur [1] DVGW-Arbeitsblatt W 300-1: 2024-11 Teil 1: Planung und Konstruktion [2] Deutscher Beton- und Bautechnik Verein E.V., DBV-Merkblatt „Sichtbeton“, Fassung Juni 2015 [3] DIN 18202: 2019-07 Toleranzen im Hochbau - Bauwerke [4] DVGW-Arbeitsblatt W 300-3: 2024-11 Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung [5] DVGW W 300-4: 2014-10 Trinkwasserbehälter - Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungs-systeme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle [6] DVGW-Arbeitsblatt W 300-4: 2025 (Entwurf Datum nicht veröffentlicht - aktuell in Überarbeitung) Trinkwasser-behälter - Teil 4: Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle [7] DIN EN 12620: 2008-07 Gesteinskörnungen für Beton [8] Voß, K.-U.: Wer trägt die Verantwortung für Pyritschäden? Estrichtechnik & Fussbodenbau38 (2021), Nr. 222, S.4-7 [9] DIN EN 197-1: 2011-11 Zement - Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normalzement [10] Verein Deutscher Zementwerke e. V. (vdz): Zement-Taschenbuch, 51. Ausgabe, Verlag Bau + Technik GmbH, 2008 [11] Locher, W.: Zement - Grundlagen der Herstellung und Verwendung, Verlag Bau + Technik GmbH, 2000 [12] Göske, J.; Pöllmann, H.; Mast, A.: Die wichtigsten mineralischen Treiberscheinungen als Schadensursache von Bauschäden, Der Bausachverständige 6 (2010), Heft 2, S. 22-27 Instandsetzung Ihr fachkundiger Partner für Instandsetzung und Planung von Trinkwasseranlagen. WIR planen Zukunft. Planen Sie mit uns. ACHIM AURICH ESSEN FRANKFURT DRESDEN MÜNCHEN Ihr fachkundiger Partner für Instandsetzung und Planung von Trinkwasseranlagen. WIR planen Zukunft. Planen Sie mit uns. ACHIM AURICH ESSEN FRANKFURT DRESDEN MÜNCHEN 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 131 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern Stefan Schmalfuß, M. Sc. Dr. Born - Dr. Ermel GmbH, Achim Zusammenfassung Die Sanierung von Trinkwasserbehältern besteht nicht nur daraus, ein geeignetes Beschichtungsmaterial zu bestimmen und die Untergrundvorbehandlung festzulegen. In vielen Fällen wird häufig bereits bei der Erstbesichtigung innen eine farbige Beschichtung oder außen eine schwarze Abdichtung festgestellt. Dies kann auf eine mögliche Schadstoffbelastung hinweisen. Eine sorgfältige Bestandsaufnahme mit der Sichtung der alten Dokumente ist genauso wichtig wie die Abstimmung der richtigen betontechnologischen Untersuchung mit der Erkundung von Schadstoffen. In den folgenden Kapiteln werden die gängigsten Schadstoffe betrachtet und das Vorkommen in und an Trinkwasserbehältern praxisnah erläutert. 1. Ausgangzustand in der Praxis Bevor die Planung der Sanierung eines Trinkwasserbehälters beginnen kann, steht an erster Stelle der Betreiber, der den notwendigen Bedarf einer Sanierung feststellt, definiert und meldet. In der Praxis wird größtenteils im Betrieb des Trinkwasserbehälters festgestellt, dass ein Problem wie bspw. eine Verkeimung des Trinkwassers oder Blasenbildung an alten Beschichtungen vorliegt. Falls im Unternehmen keine internen Fachleute zur Verfügung stehen, wird empfohlen, sich zunächst an ein erfahrenes Ingenieurbüro zu wenden, damit eine nachhaltig sinnvolle Planung der Sanierung ausgearbeitet werden kann. Viele Aspekte, wie die Grundlagenermittlung, die betontechnologische Untersuchung, das Feststellen von Schadstoffen oder das Instandsetzungskonzept erfordern eine sorgfältige und zeitintensive Bearbeitung. Die Schadstoffbeseitigung ist dabei nur ein Aspekt, welcher in der Planung berücksichtigt werden muss. Die folgende Grafik erläutert die wesentlichen Schritte bis zur Planung der Schadstoffbeseitigung: Abbildung 1: Vorgehen bis zur Schadstoffentfernung Auf die Aspekte der Schadstoffidentifizierung und -beseitigung wird in den folgenden Abschnitten in chronologischer Reihenfolge im Detail eingegangen. Weiterhin werden praxisnahe Beispiele aufgezeigt. 2. Feststellung Ist- und Sollzustand Im ersten Schritt wird der Ist- und Sollzustand festgestellt. Die Feststellung des Ist- und Sollzustandes ist auch der Arbeitsschritt, in dem der Behälter physisch begutachtet wird. Auch können in diesem Arbeitsschritt bereits die ersten Vermutungen zur Bausubstanz getätigt werden. Während der Vor-Ort-Besichtigung des Trinkwasserbehälters lässt sich bereits vermuten, ob mit Schadstoffen bei einer Sanierung gerechnet werden muss. Am auffälligsten sind farbige Anstriche oder Beschichtungen, welche auf den Wänden, der Sohle oder der Decke appliziert worden sind. Die folgende Abbildung 2 zeigt ein Beispiel aus der Praxis von einer Besichtigung eines Behälters aus Norddeutschland. Gut zu erkennen ist, dass der Behälter im Inneren komplett mit einer blauen Beschichtung beschichtet worden ist. Abbildung 2: Blaue Beschichtung in einem Trinkwasserbehälter in Norddeutschland (eigene Aufnahme) Die Farbe allein stellt keinen eindeutigen Hinweis auf das Vorhandensein eines Schadstoffs dar. Zudem kann anhand der Farbe kein spezifischer Schadstoff identifiziert werden. Es ist lediglich ein Hinweis auf eine mögliche Schadstoffbelastung. Sollte der Betreiber noch alte Bestandsunterlagen für das Bauwerk vorliegen haben, können alte Materialnachweise 132 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern Hinweise darauf geben, welcher Hersteller vorliegt und ggf. was für Inhaltsstoffe in der Beschichtung verarbeitet wurden. Aber auch das sollte nur als Hinweis verstanden werden und nicht als eindeutiger Beweis, ob eine Schadstoffbelastung vorhanden ist. In der Praxis wurden teilweise alte Materialnachweise gefunden, wo in der Verarbeitung der damaligen Materialen Zusatzstoffe wie Stellmittel beigefügt wurden, welche aber nicht in den Unterlagen erwähnt worden sind. Weiterhin ist das Alter des Behälters oder der Beschichtung ein wichtiger Aspekt, welcher Aufschluss auf verarbeitete Schadstoffe geben kann. Auch kann die „Handschrift des Verarbeiters“ Rückschlüsse auf Schadstoffe vermuten lassen. Aus der Praxis ist bekannt, dass regional oft dieselben Beschichtungen oder Bauweisen vorzufinden sind. Dies lässt darauf schließen, dass ein Bauunternehmen mehrere Behälter im gleichen Baustil errichtet hat. Damit können aus vorherigen Sanierungen bereits Rückschlüsse auf Schadstoffe gezogen werden. Für eine Schadstoffdeklaration ist immer ein Beweis notwendig. Dieser kann durch eine betontechnologische Untersuchung erlangt werden. 3. Betontechnologische Untersuchung Es ist die Aufgabe der Planung die betontechnologische Untersuchung qualitativ zu beschreiben. Neben Parametern wie Haftzugwerten oder Druckfestigkeiten muss dem Untersuchenden auch mitgeteilt werden, welche Schadstoffe in der Bausubstanz vermutet werden. Die Information, welche Schadstoffe vermutet werden, lässt sich aus der Grundlagenermittlung, der Vor-Ort-Besichtigung und Erfahrung aus vergleichbaren Projekten ableiten. Es empfiehlt sich außerdem, die betontechnologische Untersuchung fachlich zu begleiten. Oftmals lässt sich erst während der Untersuchung eine versteckte Schadstoffquelle aufdecken. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn eine mehrlagige Beschichtung festgestellt wird. So ist es vor Ort möglich, weitere Untersuchungen und ggf. eine größere Probenmenge abzustimmen, um Schadstoffe im Trinkwasserbehälter festzustellen. 4. Schadstoffe im Trinkwasserbehälter 4.1 Belastung und Schadstoffgruppen Um zu erläutern, warum viel Aufwand und Zeit in die Untersuchung und Deklaration von Schadstoffen bei der Sanierung von Trinkwasserbehältern investiert wird, folgt zunächst die Definition: „Schadstoffe: sind Substanzen, die in bestimmten Mengen oder Konzentrationen negative Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen haben können“ [1]. Einer der wichtigsten Punkte für Betreiber und Planer ist demnach, dass bei der Sanierung Menschen geschützt werden müssen, wenn Sie mit den Schadstoffen in Kontakt kommen. Sollten wissentlich Schadstoffe vermutet werden und Menschen kommen bei der Sanierung zu Schaden, steht der Betreiber/ Planer in der Verantwortung. Der nächste wichtige Punkt ist, dass wenn man Eigentümer und Besitzer von schadstoffbelastetem Material ist, sorgetragen werden muss, dass die Verwertung ordnungsgemäß durchgeführt wird und keine unzulässige Exposition in die Umwelt gelangt. Aus der Praxis sollte erwähnt werden, das fachkundige Firmen, welche Sanierungen durchführen sich größtenteils auch mit Schadstoff belastetem Material auskennen. Sollte somit eine mangelhafte Planung und betontechnologische Untersuchung durchgeführt worden sein und Schadstoffe nicht oder ungenügend nachgewiesen worden sein, so ist im Bauablauf mit Nachträgen und erheblichen Kostensteigerungen zu rechnen, welche gleichzeitig Terminpläne nichtig machen und sprengen können. In der Praxis kommen folgende Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen regemäßig vor: • Polychlorierte Biphenyle (PCB) • Asbest • Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) Auf diese drei Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen wird im Nachfolgenden mit Praxisbezug näher eingegangen. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass nicht alle Schadstoffe in Trinkwasserbehältern damit abgedeckt sind. Eine Schadstoffbelastung kann z. B. auch durch Schimmelpilze verursacht werden. Auch können Fremdstoffe wie Chloride das Strahlgut und die Bausubstanz belasten, wenn z. B. mit chloridhaltigen Mitteln gereinigt wurde. Um die Schadstoffbelastung zu bewerten, müssen die Gefährdungsbeurteilung nach GefStoffV (§ 6) und die Technischen Regeln für Gefahrenstoffe (TRGS) angewandt werden. Es handelt sich dabei jeweils um eine gesetzlich vorgeschriebene Bewertung, bei der ermittelt wird, ob Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gefährdet sind und welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Sie ist unter anderem Pflicht bei Arbeiten mit Asbest, PCB und PAK [2]. 4.2 Polychlorierte Biphenyle Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind künstlich hergestellte chemische Verbindungen, die aus zwei miteinander verbundenen Benzolringen bestehen, auf denen unterschiedlich viele Chloratome sitzen. Sie wurden früher in elektrischen Geräten, Farben und Dichtungen verwendet, weil sie sehr stabil und hitzebeständig sind. Heute sind PCB wegen ihrer giftigen, umweltgefährdenden und gesundheitsschädlichen Eigenschaften weltweit verboten [3]. In der Praxis lassen sich noch immer beschichtete Behälter vorfinden, in welchem PCB vorhanden ist. Anders als PAK ist PCB ein künstlich hergestelltes Produkt aus Chemikalien. PCB wurde früher in die Beschichtungen gemischt, damit die Verarbeitung einfacher ist. Damit wurden Anstriche streichfähiger und die Materielaien wurden beständiger. Praxisbeispiel zu PCB: Die Abbildung 3 zeigt einen Bohrkern aus einem Vorlagebehälter. Der Behälter ist aus den 70-iger Jahren und wurde mit einer blauen Farbe vollständig beschichtet. Eine Untersuchung der Beschichtung ergab einen Wert von PCB in Summe von 8,8 mg/ kg, womit die Schadstoffbelastung nachgewiesen ist. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 133 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern Abbildung 3: Bohrkern aus einem Vorlagebehälter mit blauer Beschichtung (eigene Aufnahme) 4.3 Asbest Asbest ist ein Sammelbegriff für natürlich vorkommende, faserartige Minerale, die früher wegen ihrer Hitzebeständigkeit, Isolierfähigkeit und Reißfestigkeit weit verbreitet in der Bauindustrie eingesetzt wurden. Intensiv verbaut wurde Asbest vor allem zwischen 1950 und 1980 [4]. Asbest ist ein natürlicher Baustoff, welcher für Meschen und Tiere gefährlich ist. Diese Fasern sind lungengängig und können z. B. bei Stahlarbeiten in die Luft übertragen werden. Bereits eine einzelne Asbestfaser kann nachweislich eine Asbestose auslösen. Asbestose ist eine chronische Lungenerkrankung, die durch das Einatmen von Asbestfasern verursacht wird. Die eingeatmeten Asbestfasern reizen und schädigen das Lungengewebe, was zu einer fortschreitenden Vernarbung (Fibrose) der Lunge führt. [5] Die folgende Abbildung 4 zeigt Asbest in seiner natürlichen Form. Die Aufnahme wurde vergrößert damit die Fasern erkenntlich sind. Abbildung 4: Asbest in seiner natürlichen Form (Aufnahme erworben bei I-Stock Photo) In der Praxis sind Asbestfasern unter anderem als Stellmittel bei Beschichtungen eingesetzt worden, um die Konsistenz der Beschichtung zu ändern. Stellmittel - auch Thixotropiermittel, Verdickungsmittel oder Rheologieadditive genannt - sind Zusatzstoffe, die die Viskosität oder das Fließverhalten einer Beschichtung gezielt verändern, ohne die Endhärte oder Optik zu beeinträchtigen. Untersuchungen in der Praxis haben ergeben, dass der Asbestgehalt in Beschichtungen in der Regel bei ca. 1-5-% liegt, auch höhere Konzentrationen sind möglich. Asbestfasern, welche als Stellmittel verwendet wurden, sind mit dem bloßem Auge nicht direkt sichtbar. Das Vorkommen der Fasern kann nur im Labor nachgewiesen werden. Gängige Methoden sind Polarized Light Microscopy (PLM) oder Rasterelektronen-Mikroskopie mit energiedispersiver Röntgenspektroskopie (REM/ EDX). 1. Praxisbeispiel zu Asbest: In der Abbildung 5 ist ein dreischichtiger Auf bau einer Beschichtung dargestellt. Dieser Auf bau stammt aus einem Behälter aus Norddeutschland, der 1970 gebaut wurde und 1993 saniert/ beschichtet wurde. Die drei Schichten bestehen aus einer blauen Deckschicht ca. 1000- mm dick, einer Egalisierungsschicht ca. 1500- mm dick und einer hellen gelblichen Ausgleichsschicht ca. 5000-mm dick. Appliziert wurde diese auf einem Beton mit sehr hohen Druckfestigkeiten. Der Beton wies zudem ein sehr großes Größtkorn auf mind. 36 mm auf. Abbildung 5: Asbestkonterminiert Beschichtung (Bild bereitgestellt von bsm²) In diesem Fall lag eine Bestandsdokumentation der Beschichtung vor. Es wurde ein KTW zugelassenes Material ausgewiesen, ohne Hinweis auf Asbest. Es wurde im Labor festgestellt, dass sich in der Egalisierungsschicht (Schicht 2) Asbest befindet. Dieses wurde als Stellmittel beigefügt. Der Zeitraum der Beschichtung lag zwischen 1992 und 1993. An diesem Beispiel wird deutlich, dass obwohl eine Dokumentation der Beschichtung vorlag und das Jahr eher nicht auf den Einsatz von Asbest hindeutet bzw. in der Übergangszeit liegt, Asbest festgestellt wurde. Auch ist in der mikroskopischen Aufnahme kein optischer Hinweis auf Asbestfasern zu erkennen. Asbestfasern können jedoch auch in Einbauteilen vorkommen. Ein Beispiel dafür sind verlorene Schalungen von runden Stützen. Hier wurden in der Vergangenheit Faserzementrohre verwendet, welche als Schalung für die Bewehrung dienten. Die Rohre wurden dann je nach Konstruktion als Pendelstützen im Bauwerk ausbildet. Das Rohr wurde aufgestellt und die Bewehrung wurde als Korb in das Rohr gesetzt. Im Anschluss wurde das Rohr ausbetoniert. In so einem Fall ist der Asbestgehalt sehr hoch und mit bloßem Auge sichtbar. 134 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern 2. Praxisbeispiel zu Asbest: Die folgende Abbildung 6 stammt von einem Haftzugversuch, welcher auf einem Faserzementrohr durchgeführt wurde. Auf dem Bild sind die Fasern deutlich zu erkennen, welche sich von der Oberfläche des Rohres gelöst haben. Der Behälter, in dem das Faserzementrohr eingebaut wurde, wurde im Jahr 1975 gebaut. Eine Bestandsdokumentation lag nicht vor. Auf den Oberflächen war eine weiße Beschichtung appliziert. Das Rohr war nicht als Fertigteil erkennbar. Aufgefallen war das Asbestrohr im Zuge der betontechnologischen Untersuchungen. Abbildung 6: Gezoomtes Bild aus einem Haftzugversuch an einem Faserzementrohr, eingebaut in einem Behälter in Norddeutschland (eigene Aufnahme) In der Praxis gibt es jedoch auch Bereiche, welche nicht direkt untersucht werden können. So wurde während einer Sanierung asbesthaltiges Dämmmaterial bei Kernbohrungen zwischen zwei Wänden festgestellt. Das Material wurde als Trennsicht zwischen der Wand einer Schieberkammer und der Wand der Wasserkammer verwendet. Diese Bereiche sind während einer betontechnologischen Untersuchung schwer zu untersuchen bzw. der Aufwand dahinter ist sehr hoch. Aufgefallen ist dies bei einer Behältersanierung, eines Trinkwasserbehälters aus 1940. Eine Bestandsdokumentation lag nicht vor. 4.4 Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind chemische Verbindungen, die aus mehreren, miteinander verbundenen Benzolringen bestehen. Sie entstehen vor allem bei unvollständiger Verbrennung von organischen Stoffen wie Kohle, Öl, Holz oder Tabak. Viele PAKs sind giftig, können die Umwelt belasten und einige gelten als krebserregend [6]. Ein wichtiger Leitparameter ist unter anderem Naphthalin. Dieser Parameter kommt in PAK haltigen Beschichtungen häufig vor und ist gut nachweisbar [7]. PAK-Schadstoffe kommen selten im Inneren von Behältern vor, konnten aber auch schon in verschieden Beschichtungen nachgewiesen werden. Dies entsteht dann, wenn die einzelnen Bestandteile verunreinigt sind. So wurden in einer Beschichtung eines PCB-Schadstoff belasteten Behälters auch PAKs nachgewiesen. Relativ häufig kommen stark belastete Bauteile jedoch außerhalb von Behältern vor. Die Wasserstoffverbindungen sind früher ein Bestandteil von steinteerhaltigen oder teeröligen Anstrichen gewesen. Sie wurden aufgrund der Langlebigkeit und der gut abdichtenden Eigenschaften eingesetzt. Die Anstriche wurden bis hin in die 80-iger Jahre verwendet. Anfang 1990 wurden diese Anstriche dann in Deutschland verboten. Praxisbeispiel zu PAKs: In der nachfolgenden Abbildung 7 ist die freigelegte Behälterdecke eines Trinkerwasserbehälters aus 1970 dargestellt. Die Freilegung erfolgte, um zu prüfen, ob eine Außenabdichtung vorliegt. Vorgefunden wurde eine teerhaltige Abdichtung, welche als Anstrich außen auf dem Tragwerk appliziert wurde. Abbildung 7: Kratztest an einer teerhaltigen Beschichtung (eigene Aufnahme) Es sollte beachtet werden, dass viele Trinkwasserbehälter in Trinkwasserschutzgebieten liegen. Somit besteht immer die Möglichkeit einer Exposition in das Erdreich. Gerade in der Nähe von Brunnengalerien können sich daraus Probleme entwickeln, wenn die Grundwasservorkommen nahe den Oberflächen liegen und nicht durch eine mächtige Lehm- oder Tonschicht geschützt sind. 5. Planung der Schadstoffentfernung 5.1 Anforderungen an die Schadstoffbeseitigung Sind durch den Betreiber/ Planer die Schadstoffe erkannt und deklariert worden, erfolgt die Planung der Entfernung des Schadstoffes. Durch die Technischen Regeln für Gefahrenstoffe (TRGS) wird beschrieben, was dabei beachtet werden muss. Die TRGS regeln zudem, ob ein Sachkundenachweis für die Beseitigung von Schadstoffen vorliegen muss. Ob der Sachkundenachweis bei der Firma, die zur Entfernung beauftragt wird, vorliegt, muss entsprechend sichergestellt werden. Bei der Planung der Schadstoffentfernung der oben genannten Schadstoffe PAK, PCB und Asbest sind unter anderem folgende TRGS in der Anwendung sinnvoll: TRGS 400 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 135 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern (Gefährdungsbeurteilung), TRGS 524 (Sanierung in kontaminierten Bereichen), TRGS 500 (Schutzmaßnahmen), TRGS 551 (PAK/ PCB/ Dioxine/ Furane, TRGS 519 (Asbest), PCB-Richtlinie (für Sanierung und Entsorgung in Gebäuden). Für das belastete Objekt bedeutet dies, dass in den Vergabeunterlagen (Leistungsverzeichnissen) entsprechende Positionen erstellt werden müssen. Die Positionen dienen dabei maßgeblich dem Schutz der Mitarbeiter und der Verhinderung einer Freisetzung der Schadstoffe in der Umwelt. Bei Asbest muss beachtet werden, dass alle Arbeiten nach § 15 Gefahrenstoffverordnung bei dem zuständigen Amt angemeldet werden müssen. Dies muss mindestens sieben Tage vor Beginn der Arbeiten erfolgen. Gleiches gilt für PCB, wenn von einer Gefahrenstofffreisetzung ausgegangen wird [8]. In der Planung sollte zudem eine Deklaration des belasteten Materials erfolgen. Diese ist wichtig, um belastetes Material entsprechend zu verwerten. Im Fall von Asbest, PCB und (PAK) Endlagern nach DepV. Es muss in der Planung auch betrachtet werden, wo sich ggf. Endlagerstätten befinden, damit bei größeren Mengen der Materialtransport in der Kostenberechnung mit betrachtet werden kann. Als Alternative kann in der Planung auch eine thermische Verwertung in Betracht gezogen werden. Dies kann in seltenen Fällen sogar notwendig werden, wenn Grenzwerte massiv überschritten werden. Bei der Entfernung der Stoffe vom Kernbeton ist zudem das Minimierungsgebot anzuwenden. Obwohl die Praxis dem Vorgehen teilweise widerspricht, wenn von der Deponie maximale Grenzkonzentrationen der Stoffe vorgegeben werden und eine Verdünnung des Schadstoffes erfolgen muss. 5.2 Schadstoffentfernung in der Praxis am Beispiel von einem Asbest belasteten Trinkwasserbehälter Bei dem Praxisbeispiel handelt es sich um einen Trinkwasserbehälter in Norddeutschland, welcher eine blaue Beschichtung vorwies. Abbildung 2 und Abbildung 5 stammen aus diesem Praxisbeispiel. In der betontechnologischen Untersuchung wurde Asbest vom Planer als Standarduntersuchungsparameter gefordert. In den Proben, welche untersucht wurden, ist Asbest mit 5-% Masse nachgewiesen worden. In den ausführlichen Bestandsunterlagen wurde das Stellmittel nicht erwähnt oder beschrieben. In der Planung der Behältersanierung wurde deshalb als zusätzlicher Arbeitsgang das Abfräsen der Beschichtung bei der Untergrundvorbereitung berücksichtigt. Zusätzlich zu einer normalen Baustelleneirichtung müssen aufgrund der Schadstoffbelastung zusätzliche Positionen berücksichtigt werden. Diese beinhaltete unter anderem eine Sauganlage für den Unterdruck, eine 3-Kammer- Personenschleuse, eine 2-Kammer-Materialschleuse, Unterdruckmessungen, Zwischenreinigung und Freimessen des Behälters. Bei der Planung wurde zudem berücksichtigt, dass das entfernte Material abgepackt und für die Endlagerung übernommen werden musste. Weiterhin musste eine große Arbeitshöhe berücksichtigt werden, welche in dem Behälter nur mit Gerüst erreicht werden konnte. Für den Betreiber bedeutetet dieser Aufwand Mehrkosten von ca. 150 €/ m². Die zu sanierende Fläche beträgt ca. 2.300 m². Unter der Berücksichtigung, dass das Stellmittel in der Vergangenheit nur für die bessere Fließfähigkeit und Applikation aufgebracht wurde, führt dies zu erheblichen Kosten. 6. Fazit Es gibt in alten sanierungsbedürftigen Trinkwasserbehältern ein erhebliches Risiko, dass schadstoff belastete Materialien im Bau verwendet wurden. Die Identifikation gestaltet sich häufig schwierig und muss im Rahmen der betontechnologischen Untersuchung abgeklärt werden. Unzureichende Kenntnisse und versäumte Untersuchungen können im Verlauf der Sanierung zu erheblichen Problemen führen und die Kosten unplanmäßig erhöhen. Sorgsam und rechtzeitig nachgewiesene Belastungen können hingegen Planungssicherheit geben. Die Kosten der Entfernung und Entsorgung sind in beiden Fällen hoch. 136 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung der Sanierung von schadstoffbelasteten Behältern Literatur [1] Umweltdatenbank (Hrsg.). Schadstoffe. In: Umwelt-Lexikon. Online: https: / / www.umweltdatenbank.de/ cms/ lexikon/ 45-lexikon-s/ 1715-schadstoffe.html [Zugriff: 03.07.2025] [2] BAuA. Technische Regel für Gefahrstoffe - TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“, GMBl 2017 Nr. 36, S. 638 (08.09.2017) [3] Umweltbundesamt (UBA). Polychlorierte Biphenyle (PCB). UBA - Luftschadstoffe. Online: https: / / www.umweltbundesamt.at/ umweltthemen/ luft/ luftschadstoffe/ pops/ pcb [Zugriff: 03.07.2025] [4] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). (2019). TRGS 519 - Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (GMBl Nr. 5, S. 98-162) [5] GILDEMEISTER, D.; LEHNERT, M.: Berufskrankheit Asbestose - Diagnostik, Verlauf und Prävention. In: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 113, Heft 12, Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 2016, S. A- 532-A-535. [6] UMWELTBUNDESAMT (Hrsg.): Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe - Umweltschädlich! Giftig! Unvermeidbar? Hintergrundpapier. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt, Januar 2016. Online unter: Umweltbundesamt.de; zuletzt abgerufen am 07.07.2025. [7] Umweltbundesamt: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Online im Internet: https: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ chemikalien/ persistente-organische-schadstoffe-pop/ polycyclische-aromatische-kohlenwasserstoffe-pak [Zugriff am 03.07.2025] [8] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV) vom 26.11.2010 (BGBl. I S. 1643), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 22.11.2021 (BGBl. I S. 4900). Online verfügbar unter: https: / / www.gesetze-iminternet.de/ gefstoffv_2010/ __11a.html [Zugriff am 03.07.2025] 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 137 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter - Erfahrungsbericht aus der Planung und Umsetzung Dipl.-Ing. Martin Hobl GUV GmbH Annabelle Schmerse-Bleser, M. Sc. GFB Gesellschaft für Bauwerksanierung und Instandsetzung mbH fördert aufgrund eines Beschlusses des Bundestages die Durchführung des Projektes „Grundlegende Instandsetzung des gesamten Bauwerkes“ am Baudenkmal: Wasserturm Emden, Abdenastraße 13, 26725 Emden. Zudem wird die Maßnahme durch das „Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege“ gefördert. Zusammenfassung Der Wasserturm wurde in den Jahren 1910/ 11 als erstes Bauwerk in Emden in Stahlbetonbauweise in der Abdenastraße nahe dem heutigen Hauptbahnhof errichtet. Die Planung und Umsetzung der Sanierung des Wasserturms Emden sowie des Wasserbehälters im Wasserturm erfolgt - analog der Planung und Sanierung eines jeden Bauwerkes zur Trinkwasserversorgung - nach den anerkannten Regeln der Technik, insbesondere unter Beachtung der TR Instandhaltung des DIBt sowie des DVGW-Regelwerkes W 300-1 bis 5 sowie 7-8. Da der seit dem Jahre 1999 unter Denkmalschutz stehende Wasserturm Emden aber zusätzlich als Einzeldenkmal gem. § 3 (2) NDSchG in die Liste der Kulturdenkmäler Niedersachsens mit geschichtlichem, städtebaulichem und wissenschaftlichem Wert eingetragen ist, sind bei dieser Maßnahme zusätzliche projektspezifische Herausforderungen in Folge auftretender Konfliktsituationen zwischen der Einhaltung einerseits der anerkannten Regeln der Technik und andererseits der Auflagen des Denkmalschutzes zu meistern. Kurzbeschreibung Wasserturm Die unmittelbare Umgebung des Wasserturms entwickelte sich erst in der Nachkriegszeit - infolge der Verlegung des Bahnhofs - zu einem zentralen städtischen Bereich. Für den Stahlbetonbehälter wurde eine zylindrische Form gewählt, gestützt durch zwei konzentrische Auflagerringe, die von zehn biegesteif miteinander verbundenen Doppelsäulen getragen werden. Die Gründung des Wasserturmes mit einer Gesamtlast in Höhe von ca. 4.000 Tonnen erfolgt über eine Tiefengründung bestehend aus 260 Pfählen von ca. 17 m Länge. Der ca. 42 m hohe Wasserturm beinhaltet eine Trinkwasserkammer mit einem Speichervolumen von ca. 1.000-m³, deren Zugang sich auf einer Höhe von 26,80 m, d. h. bei 29,90 müNN, befindet. Zwischen Wasserkammer und Außenhülle des Turmes wurde seinerzeit ein ca. 0,60 m breiter Luftraum vorgesehen, der begehbar ist. Die unter Denkmalschutz stehende Außenhülle wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach saniert und farblich neugestaltet. Zurzeit weist die Außenfassade einen vorwiegend spritzrauen Putz - akzentuiert mit Glattputz im Rahmenbereich der Fenster, im Eckbereich der Doppelsäulen etc. - mit einem weißen Farbbzw. Oberflächenschutzanstrich auf. Dieser Putz wurde analog auf der Außenwand der Wasserkammer sowie der Innenseite der Dachfläche aufgebracht. Das kegelförmige Dach, das mit roten Biberschwanzziegeln gedeckt ist, trägt an der Spitze eine goldfarbene Kugel. Der Zugang zur Ebene des Trinkwasserspeichers ist ausschließlich über eine Treppenanlage mit insgesamt 184 Stufen möglich. Der runden Wasserkammer mit einem Innendurchmesser von ca. 12,00 m sowie einer mittleren Höhe von ca. 9,10 m bis zum Bediensteg bzw. von ca. 138 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter 15,10 m bis zur Dachkuppel ist ein polygonaler Eisenbetonmantel zur Isolierung vorgelagert. In Behältermitte befindet sich ein Treppenturm mit innenliegendem Treppenaufgang zum Bediensteg auf 9,10 m Höhe. Der Zugang zur Wasserkammer erfolgte ursprünglich vom Bediensteg aus über eine Stahlleiter mit Rückenkorb. Dabei konnte die Stahlleiter über eine umlaufende Schiene verschoben werden. Die Leiter ist dato jedoch sehr stark korrodiert und daher nicht mehr nutzbar. Der noch mögliche Zugang zur Wasserkammer über ein Mannloch mit einem Durchmesser von 400 mm im Behälterboden entspricht weder den Vorgaben der UVV noch den Vorgaben gem. DVGW-Regelwerk W 300. Die trinkwasserberührten Flächen der Wasserkammer sind mit einer dunklen Beschichtung versehen, die Decke weist keine Beschichtung auf. An den Wandflächen der Wasserkammer befinden sich unter der Beschichtung unterschiedlich dicke Lagen Ausgleichsmörtel, am Boden wurde ein Gefälleestrich eingebaut. Abb. 1: Wasserturm Emden Bestand vor Sanierung (Quelle: GUV GmbH, 2024) Durchgeführte Bauzustandsanalysen Aufgrund des langjährigen Betriebes und vor dem Hintergrund der nach aktuellem Regelwerk bzw. nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gestellten hygienischen Anforderungen an Speicheranlagen der Trinkwasserversorgung wurde seitens der Stadtwerke Emden GmbH die Entscheidung getroffen, die Wasserkammer gemäß DIN 1508 bzw. gem. der DVGW-Arbeitsblätter W 300-1 bis 5 und 7 bis 8 zu untersuchen und daraus resultierend Kenntnisse über den aktuellen Zustand - insbesondere hinsichtlich der hygienischen Anforderungen an die Wasserspeicherung und solche an die Standsicherheit des Bauwerks - zu gewinnen. Des Weiteren sollten die Art und der Umfang der Betonschäden an der Außenhülle (Innen- und Außenseite) des Wasserturmes im Rahmen einer betontechnologischen Untersuchung festgestellt und in Form einer Bauzustandserfassung dokumentiert werden. Abschließend waren die Befunde im Hinblick auf die Sanierungswürdigkeit/ Sanierungsfähigkeit der der Wasserkammer sowie der Außenhülle des Wasserturmes zu bewerten. Die Bewertung erfolgte auf Grundlage des aktuellen Regelwerks bzw. der allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere unter Beachtung der TR Instandhaltung des DIBt sowie des Arbeitsblattes der DVGW, W 300-3 (A), wonach „… nicht der Altzustand der Behälteranlage wiederhergestellt, sondern ein Zustand geschaffen wird, der den Anforderungen gemäß W 300-1 (A (Anm. d. Verf.: Neubau)) entspricht …“. Als Resümee der durchgeführten betontechnologischen Untersuchungen konnte festgehalten werden, dass sowohl der Zustand der Wasserkammer als auch der Zustand der Außenhülle des Wasserturmes eine umfassende Sanierung unter Beachtung des aktuellen Regelwerks erfordern. Sanierungsumfang Neben einer umfassenden Sanierung sämtlicher Boden-. Wand und Deckenflächen der Wasserkammer (Beschichtungsmaterial weist erhöhte PAK-, PCB-, EOX-Werte auf: abfallrechtliche Entsorgung) sowie der Außenhülle (Außenseite/ Innenseite) des Wasserturms einschl. Rückbau, Untergrundvorbereitung, Instandsetzung lokaler Schadstellen, Austausch schadhafter Bewehrung, Rissverpressung, Fugensanierung sowie Auftrag neuer Oberflächenschutzsysteme sind folgende weitere Sanierungsmaßnahmen vorgesehen: • Im Bereich der Wasserkammer ⇒ Erneuerung der wasserkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen ⇒ Erneuerung der Bodendurchführungen, Ringraumverschluss mittels Vergussbeton ⇒ Austausch Mannloch DN 400 gegen Mannloch DN 800 ⇒ Demontage und Entsorgung Einstiegsleiter WK und Laufschiene einschl. Verankerung ⇒ Erneuerung Geländer auf Bediensteg in WK ⇒ Erneuerung Pegelmesslatte ⇒ Erneuerung und Verschluss der Fenster in der WK-Decke (Licht-, Luft-, Insektendichtigkeit) ⇒ Austausch der Insektenschutzgitter der Einhausung des WK-Treppenaufgangs durch neue Elemente aus Edelstahl/ Kunststoff ⇒ Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage • Im Bereich der Außenhülle des Wasserturms ⇒ Erneuerung der vorkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen (Bestandsinstallation besteht aus Asbestzement: Beachtung der Technischen Regeln für Gefahrstoffe „Asbest“ - TRGS 519) 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 139 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter ⇒ Fassadenöffnung im oberen Turmbereich und Einbau einer Be- und Entlüftungsjalousie ⇒ Austausch aller Fenster ⇒ Austausch der Zugangstüren ⇒ Erneuerung der Blitzschutzeinrichtungen und anderer Fassadeneinbauten (Beleuchtung) ⇒ Erhöhung des Geländers/ Einbau einer Knieleiste gem. gültigen UVV-Vorschriften ⇒ Erneuerung der innenliegenden Dachentwässerung ⇒ Erneuerung der E-Technik • Im Dachbereich ⇒ Erneuerung der Dacheindeckung Sanierungsplanung/ Sanierungsumsetzung unter projektsowie standortspezifischen Herausforderungen Erhöhter Genehmigungsaufwand infolge projektsowie standortspezifischer Herausforderungen Da es sich bei dem Wasserturm Emden um ein Baudenkmal gem. § 3 (2) NDSchG handelt, muss sowohl die Sanierungsplanung als auch die Sanierungsumsetzung des Wasserturms in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde/ Fachdienst Bauaufsicht der Stadt Emden erfolgen. Bei einer denkmalgeschützten Immobilie muss für sämtliche Sanierungsmaßnahmen bzw. geplanten baulichen Veränderungen eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung eingeholt werden. Im Falle des Wasserturms Emden wurden bereits im Rahmen der Vorplanung die aus fachplanerischer Sicht erforderlichen Sanierungsmaßnahmen/ baulichen Veränderungen, die in den Bereich des Denkmalschutzes eingreifen bzw. eingreifen könnten, zusammengestellt und im Rahmen einer Vorbesprechung mit Vertretern der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Emden vorabgestimmt. Für die im Rahmen der Entwurfsplanung nochmals aktualisierte Zusammenstellung aller denkmalschutzrelevanten Sanierungsmaßnahmen (siehe nachfolgende Tabelle- 1) war dann gem. § 10 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes eine ⇒ Denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Instandsetzung des in die Liste der Kulturdenkmäler Niedersachsens eingetragenen Kulturdenkmals „Wasserturm Emden“ bei dem Fachdienst Bauaufsicht der Stadt Emden/ Untere Denkmalschutzbehörde einzuholen. Tabelle 1: Liste der denkmalrelevanten Änderungen Alle - im Laufe der Umsetzung der Sanierungsmaßnahme - erforderlichen Abweichungen von der genehmigten Maßnahme müssen mit der Unteren Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden. Eine weitere projektspezifische Herausforderung stellt die Höhe des Bauwerks von ca. 42 m dar: Das Bauwerk musste vor Beginn der Sanierungsarbeiten aufwändig eingerüstet werden. Da als Zugang zur Ebene des Trinkwasserspeichers ausschließlich eine Treppenanlage mit insgesamt 184 Stufen zur Verfügung steht, musste für die Durchführung der Sanierungsarbeiten ein Bauaufzug mit Personenbeförderung installiert werden: Für den eigentlichen Zugang zur Ebene des Trinkwasserspeichers musste eine temporäre Öffnung in der Außenhülle hergestellt werden, für die - als denkmalschutzrelevante Abweichung von der bereits genehmigten Maßnahme - eine ergänzende Denkmalschutzrechtliche Genehmigung eingeholt werden musste. Auch für den Austrag der vorkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen aus Asbestzement muss ggf. eine Öffnung im unteren Bereich der Außenhülle hergestellt werden: Die Rückbauarbeiten sind gem. TRGS 519 mittels faserfreiem Schneidverfahren durchzuführen, wobei das Schneiden auf ein Minimum zu reduzieren ist und möglichst lange Rohrleitungsstücke auszutragen sind. Sofern für den Austrag eine weitere temporäre Öffnung in der Außenhülle hergestellt werden muss, ist auch für diese denkmalschutzrelevante Abweichung von der bereits genehmigten Maßnahme eine ergänzende Denkmalschutzrechtliche Genehmigung einzuholen. Der Rückbau der asbesthaltigen Materialien (Rohrleitungen) ist des Weiteren ergänzend beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Emden anzuzeigen. 140 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter Neben den zuvor aufgeführten projektspezifischen Herausforderungen liegt bei diesem Projekt - infolge des Standortes des Wasserturms in einem zentralen städtischen Bereich - des Weiteren eine große standortspezifische Herausforderung vor. Der ehemals auf der „grünen Wiese“ errichtete Wasserturm in der Abdenastraße befindet sich heute - infolge der Verlegung des Bahnhofs - unmittelbar neben dem Bahnhof in einem dicht bebauten innerstädtischen Bereich. Auf der anderen Seite des Wasserturms befindet sich mit Bootsverleih und Grünanlage ein kleines Naherholungsgebiet. Die große Herausforderung dieses Standortes liegt zum einen an den geringen und zudem in weiten Teilen stark geneigten Freiflächen für das Gerüst, die Baustelleneinrichtung, Materiallager, Container etc.. Die Nutzung der stark geneigten Flächen als Materiallager sowie für Bürocontainer ist sowohl mit einem hohem Vorbereitungsaufwand (Auf bau eines Gerüstes zum Höhenausgleich) als auch mit einem erhöhtem Rückbauaufwand verbunden. Zum anderen befindet sich der Wasserturm direkt an der Einmündung des Bahnhofsplatzes in die Abdenastraße/ K 39, wodurch eine Andienung der Baustelle in diesem vorderen Zugangsbereich des Wasserturms nur sehr eingeschränkt möglich ist. Direkt umlaufend um das Gebäude - und damit unmittelbar im Bereich des nunmehr aufgebauten Gerüstes - befindet sich ein öffentlicher Gehweg, der während der Sanierungsphase - als direkter Verbindungsweg zum Bahnhofsplatz - nicht gesperrt werden durfte: In diesem Bereich musste gem. Anordnung des Fachdienstes Straßenverkehr der Stadt Emden ein Fußgängertunnel errichtet werden, auf dem dann anschließend ein Teil des Gerüstes aufgelagert wurde. Vom Gehweg aus gelangt man über eine Treppenanlage zu der unterhalb des Wasserturmes endenden Sackgasse Außer dem Beckhofstor sowie den hier angeordneten Parkplätzen der Polizei. Gemäß bereits im Vorfeld der Sanierungsumsetzung erfolgter Abstimmung zwischen der Polizeiinspektion Emden bzw. dem Polizeikommissariat Emden und der Stadtwerke Emden GmbH dürfen diese gepflasterten Flächen während der Sanierungsmaßnahme als Baustelleneinrichtungsfläche genutzt werden. Die Andienung der Baustelle erfolgt nunmehr zunächst über die Abdenastraße (K39), dann über den Bahnhofsplatz sowie anschließend über die Straße Außer dem Beckhofstor. Für die vorgenannten Maßnahmen war gem. § 46 Abs. 1und gemäß § 45 Abs. 6 StVO eine ⇒ Verkehrsrechtliche Anordnung/ Sondernutzungserlaubnis mit Auswirkung auf den öffentlichen Verkehrsraum beim Fachdienst Straßenverkehr der Stadt Emden zu beantragen. Gem. Verkehrsrechtlicher Anordnung war eine temporäre Sperrung des Gehweges für die Dauer von 4 Tagen für den Auf bau des Fußgängertunnels sowie das Gerüstauflager in diesem Bereich erlaubt. Die verkehrsrechtliche Anordnung ist zunächst befristet bis zum 07.07.2026: Sofern das Gerüst nach diesem Zeitpunkt noch benötigt wird, ist eine Verlängerung der Verkehrsrechtliche Anordnung zu beantragen. Des Weiteren musste ein ⇒ formloser Antrag zur Nutzung der Parkplätze im Bereich der Straße Außer dem Beckhofstor bei der Polizei der Stadt Emden gestellt werden. Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahme ist für den Rückbau des Fußgängertunnels sowie des Gerüstauflagers in diesem Bereich eine gesonderte Verkehrsrechtliche Anordnung zu beantragen. Neben den vorgenannten Genehmigungen war - wie immer bei einer Sanierungsmaßnahme - eine ⇒ Anzeige der Maßnahme nach § 11 TrinkwV einschl. Vorlage des Hygieneplans beim Gesundheitsamt der Stadt Emden zu stellen. Geplanter Bauablauf/ Außerbetriebnahme/ Notversorgung Die Durchführung der Maßnahme „Sanierung Wasserturm Emden“ umfasst die beiden Sanierungsbereiche Innen (Sanierung der Wasserkammer/ Erneuerung der gesamten Rohrleitungsinstallation/ Sanierung der Innenseite der Außenhülle des Wasserturms) bzw. Außen (Sanierung der Außenseite der Außenhülle des Wasserturms). Die Sanierung der beiden Bereiche erfolgt dabei getrennt voneinander durch jeweils einen der beiden ARGE-Partner. Bei der Sanierung des Sanierungsbereiches Innen ist ein in zwei Teilabschnitten unterteilter Bauablauf vorgesehen: Im ersten Teilabschnitt ist zunächst die Sanierung der Wasserkammer sowie die Erneuerung der vor- und wasserkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen einschl. der Rohrleitungsinstallationen im Rohrtunnel vorgesehen. Während dieser Sanierungsphase ist die Außerbetriebnahme der Wasserkammer erforderlich. Die Aufrechterhaltung der Versorgung während dieser Phase wird seitens der Stadtwerke Emden GmbH sichergestellt. Parallel zu den Arbeiten in der Wasserkammer erfolgen die Arbeiten zur Erneuerung der vor- und wasserkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen einschl. der Rohrleitungsinstallationen im Rohrtunnel. Hierbei ist strengstens zu beachten, dass während der Rückbauarbeiten der vorkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen aus Asbestzement keine anderen Arbeiten innerhalb des Wasserturms durchgeführt werden dürfen. ⇒ Nach Wiederinbetriebnahme der Wasserkammer erfolgt - im Rahmen des zweiten Teilabschnittes - die Sanierung der Innenseite der Außenhülle des Wasserturmes. Während dieser Sanierungsphase ist zum einen für einen fachgerechten Schutz der dann bereits erneuerten vorkammerseitigen Rohrleitungsinstallationen zu sorgen. Zum anderen ist auch während der zweiten Sanierungsphase ein an diese Phase optimal angepasstes Hygienekonzept aufzustellen und umzusetzen: Mittels gezielter Hygienemaßnahmen ist der ausreichende Schutz der sanierten Wasserkammer vor dem Eintrag von Verkeimungen zu 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 141 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter gewährleisten, ohne den weiteren Bauablauf zu beeinträchtigen. Die Sanierung des Sanierungsbereiches Außen beginnt zeitgleich mit den Maßnahmen des ersten Teilabschnittes der Sanierung des Sanierungsbereiches Innen. Aktueller Sachstand der Sanierungsumsetzung Am 12.02.2024 fand der Baueinweisungstermin sowie - im Anschluss an der 1. Baustellentermin - die Unterweisung der ARGE nach § 4 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A 1) durch die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatorin statt. Zurzeit erfolgen im Außenbereich Stemm- und Strahlarbeiten und im Innenbereich (Wasserkammer) Strahlarbeiten an Decke und Wänden. Elektrotechnik Die Auslegung und Planung der Anpassung der Elektrotechnik für den Wasserturm Emden wird von der Stadtwerke Emden GmbH bauseits ausgeführt. Dach des Wasserturmes Eine Sanierung des Daches des Wasserturmes war im Rahmen der Sanierung zunächst nicht vorgesehen, sodass die Einrüstung des Wasserturms auch zurzeit unterhalb der Dachebene endet. Im Zuge einer Bestandsaufnahme des Wasserturms mittels Drohne wurde jedoch festgestellt, dass die Dacheindeckung und die beiden umlaufenden Dachrinnen einschl. der Fallrohre (bis zur Einführung ins Innere des Wasserturms) ebenfalls sanierungswürdig sind. Da die nunmehr seitens der Stadtwerke Emden GmbH vorgesehene Sanierung der Dacheindeckung nebst Dachrinnen und Fallrohren um eine Abweichung von der genehmigten Maßnahme handelt, ist auch für diese Maßnahme eine Denkmalschutzrechtliche Genehmigung einzuholen. Abb. 2: Wasserturm eingerüstet (Quelle: ARGE Wasserturm Emden GfB/ w+s, 2025) Hygienekonzept Gemäß Neufassung der Technischen Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-1/ Oktober 2014 ist für die Planung und Bauausführung einer Sanierung bzw. eines Neubaus sowie auch für den späteren Betrieb einer Trinkwasserbehälteranlage ein Hygienekonzept aufzustellen. Die Grundlage für das Hygienekonzept bildet das Merkblatt DVGW W 300-8/ Oktober 2016. Inhaltlich deckt dieses Konzept trinkwasserhygienische Anforderungen und Maßnahmen für Arbeiten in Trinkwasserbehältern ab. Das Hygienekonzept muss dabei folgende Punkte berücksichtigen: ⇒ Organisatorische Maßnahmen, wie Einweisung des auf der Baustelle eingesetzten Personals, Personen- und Materialschleusen ⇒ Überwachung der trinkwasserhygienischen Eignung der eingesetzten Werkstoffe und Bauhilfsstoffe ⇒ Ordnung und Sauberkeit auf der Baustelle, insbesondere der Werkzeuge und Arbeitsmittel ⇒ Regelung zum Verzehr von Nahrungs- und Genussmitteln ⇒ Lagerung von Baustoffen, Bauhilfsstoffen und Produkten, welche später in Kontakt mit Trinkwasser stehen ⇒ Schutz der hergestellten Betonoberflächen, welche im Kontakt mit Trinkwasser stehen, gegen Verunreinigung und Beschädigung Abb. 3: Wasserturm (Schnitt mit Hygienezoneneinteilung (Quelle: GUV GmbH, 2024)) 142 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Planung und Sanierung eines denkmalgeschützten Wasserturms mit einem in Betrieb befindlichen Wasserbehälter Lärmimmission Während der Umsetzung der Sanierungsmaßnahme werden Lärmmessungen mittels geeichtem Messgerät in Richtung der nächsten Wohnbebauung durchgeführt. Zu Beginn der Sanierungsmaßnahme wurden Referenzmessungen durchgeführt, um festzustellen, wie hoch der „normale“ Lärmpegel an diesem Standort ist. Konfliktsituation: Anerkannte Regeln der Technik versus Denkmalschutz Die Sanierung eines Baudenkmals ist - analog der Sanierung jedes anderen Bauwerkes - grundsätzlich unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik sowie des einschlägigen Normen- und Regelwerks durchzuführen. Im Falle der Sanierung eines Baudenkmals sind jedoch des Weiteren die Auflagen und Bestimmungen des Denkmalschutzes zu berücksichtigen, wodurch Konfliktsituationen unausweichlich sind. So kam es sowohl im Rahmen der Sanierungsplanung als auch während der bisherigen Sanierungsumsetzung bei diesem Projekt zu diversen Konfliktsituationen, von denen nachfolgend zwei Beispiele aufgeführt sind: • Ausführung der Fenster Der Wasserturm Emden weist neben diversen Fenstern im Bereich der Außenhülle des Weiteren 5 Dreiecksfenster im Bereich des Daches, welches gleichzeitig die Wasserkammerdecke bildet, auf. Bei den Bestandsfenstern handelt es sich um Holzrahmenfenster mit einer 1-fach Verglasung. Vor dem Hintergrund der anerkannten Regeln der Technik/ des einschlägigen Normen- und Regelwerks müssten diese Fenster - schon zur deutlichen Verringerung der Kondensatbildung - mindestens mit 2-fach Verglasung eingebaut werden. Des Weiteren müsste die Planung einen Wegfall der 5 Fenster in der Wasserkammerdecke vorsehen, um einen Lichteinfall auf die Wasseroberfläche zu verhindern. Nach den Auflagen der Denkmalschutzrechtlichen Genehmigung sind die Fenster mit 1-fach Verglasung auszuführen: Die 5 Dachfenster müssen erneuert werden. Abb. 4: Fensteranlage Wasserturm Bestand (Quelle: GUV GmbH, 2024) • Ausführung der Eingangstür Der Wasserturm Emden weist zurzeit eine einfache Holztür auf. Vor dem Hintergrund der anerkannten Regeln der Technik/ des einschlägigen Normen- und Regelwerks müssten diese Tür gegen eine Edelstahltür der Widerstandsklasse RC3 ausgetauscht werden. Diese Tür könnte - um im Außenbereich dem historischen Bestand zu gleichen - mit einer Holzaufdopplung hergestellt werden. Abb. 5: Türanlage Wasserturm Bestand (Quelle: GUV GmbH, 2024) Nach den Auflagen der Denkmalschutzrechtlichen Genehmigung ist die Tür in Material und Erscheinungsbild detailgetreu dem historischen estand entsprechend zu fertigen und muss demzufolge komplett aus Holz hergestellt werden. Werkstoffe 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 145 Bestimmung des Auslaugverhaltens von Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes Dr.-Ing. Wolfram Kämpfer Materialforschungs- und -prüfantalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA), Weimar Dr. Michael Berndt Materialforschungs- und -prüfantalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA), Weimar Zusammenfassung Zukünftig werden klinkereffiziente Zemente auf der Basis von CEM II/ C-M, von Kompositzementen CEM VI aus der neuen Normenreihe DIN EN 197-5 sowie von Mehrkomponentensystemen CEM X maßgeblich zur Dekarbonisierung der Zementindustrie beitragen und zu einer deutlichen Reduzierung des Klinkeranteils auf bis zu 35 Masse-% führen. Die Gebrauchstauglichkeit (Dauerhaftigkeit) von Instandsetzungsmörteln wird derzeit ausschließlich auf der Basis deskriptiver Vorgaben für die Expositionsklasse X TWB nach DVGW W 300 sichergestellt. Entsprechende Langzeiterfahrungen für neue Zemente liegen nicht vor. Für die Bemessung des Materialwiderstandes gegenüber lösendem chemischen Angriff XA von kalklösender Kohlensäure wurde durch die MFPA an der Bauhaus-Universität Weimar ein Prüfverfahren auf der Basis eines performance-orientierten Konzeptes entwickelt, mit dem eine qualitative und quantitative Prognose der Dauerhaftigkeit möglich ist. Es werden die experimentelle Vorgehensweise als auch die Ergebnisse der Dauerhaftigkeitsuntersuchungen an Instandsetzungsmörteln mit Mehrkomponentenzementen CEM X bei mäßigem und starkem chemischen Angriff durch kalklösende Kohlesäure vorgestellt. 1. Entwicklung und Anwendung klinkereffizienter Zemente auf der Basis von CEM X Die Zementindustrie gilt bei einer derzeitigen Produktionsmenge von ca. 5 Mrd. t/ Jahr weltweit als eine größten CO 2 -Emittenten mit einem Anteil von etwa 8 %. Die Dekarbonisierung ist daher für die Zement- und Betonindustrie eine zentrale Herausforderung. Bild 1: Referenzszenario der CO 2 -Minderung in der deutschen Zementindustrie bis 2050 [VDZ; 2020] Die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 stößt technisch auf Grenzen. Daher wird aus derzeitiger Sicht mindestens ein Drittel der Minderung von CO2-Emissionen bis 2050 durch die CCUS-Technologien erfolgen müssen. Portlandzementklinker wird auf absehbare Zeit der wesentliche Bestandteil von Zement bleiben. Alternative Bindemittel mit ausreichender technischer Qualität in 146 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes ausreichender Menge sind nicht in Sicht. Ein wesentlicher Baustein bleibt daher die Steigerung der Klinkereffizienz über die Senkung des Klinker-Zement-Verhältnisses. [Müller; 2020] Der Anteil an Portlandzement CEM I hat sich in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich von 62- % auf derzeit etwa 27 % verringert. Der Anteil an Portlandkompositzementen, insbesondere auf Basis von CEM II/ B-M (S-LL) hat im Gegenzug deutlich zugenommen. Zunehmend wird CEM II/ C-M, also Zemente mit einem deutlich reduzierten Klinkeranteil von 50 % in der Betonindustrie eingesetzt. [VDZ; 2020] Normative Regelwerke für den breiteren Einsatz von CEM X-Bindemitteln, also Zementen mit mehreren Hauptbestandteilen, sind mit der DIN EN 197-5: 2021 auf den Weg gebracht. Bild 2: Anwendung klimaeffizienter Zemente in Deutschland im Zeitraum von 2000 bis 2018 [Müller; 2020] Seit Veröffentlichung der CO 2 -Roadmap des VDZ im November 2020 wurden durch das DIBt Berlin 29 bauaufsichtliche Zulassungen für klinkereffiziente Zemente erteilt. Das ist mehr als eine Verdopplung für den Zeitraum von 2020 bis 2023. Weit mehr als die Hälfte der neu zugelassenen Zemente sind CEM II/ C-Zemente mit einer Reduzierung des Klinkeranteils auf 50 %. [VDZ; 2023] Bild 3: Anzahl der bauaufsichtlichen Zulassungen für klinkereffiziente Zemente im Zeitraum 2003 bis 2023 [VDZ; 2023] Die breite Verwendung klinkereffizienter Zemente auf Basis von CEM II/ C-M, CEM VI und CEM X-Zementen bleibt ein wesentlicher Baustein, um die in der CO 2 - Roadmap aufgezeigte Klimaneutralität zu erreichen. Mit der neuen Zementnorm DIN EN 197-5: 2021, wurden die entsprechenden normativen Vorgaben dafür geschaffen. Portlandkomposit- und Kompositzemente weisen neben dem Klinker mindestens zwei weitere Hauptbestandteile auf. Für CEM II/ C-M kann der Klinkergehalt auf bis zu 50 % und für CEM VI auf bis zu 35 % reduziert werden. Alle Zementbestandteile müssen die Anforderungen nach DIN EN 197-1, Abschnitt 5 erfüllen. Die möglichen Zementzusammensetzungen sind im Bild 4 tabellarisch aufgeführt, Für Kalkstein (LL, L) gelten gesonderte Festlegungen. So kann beispielsweise ein Portlandkompositzement CEM II/ C mit 20 % Kalkstein und bis zu 30 % Hüttensand, Flugasche oder gebranntem Schiefer hergestellt sein. Bild 4: Anforderungen an die Zusammensetzung von Portlandkomposit- und Kompositzement nach DIN EN 197-5 [Küchlin; 2021] 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 147 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes Mit der bauaufsichtlichen Einführung von DIN 1045- 2: 2023-08 zum 01. März 2025 sind die Anwendungsregeln für CEM II/ C-M analog zu den für CEM II/ B geltenden Regelungen aufgenommen worden. Das bedeutet, dass CEM/ C-M damit für alle Expositionsklassen mit Ausnahme von XF2 bis XF4 ohne Anwendungszulassung eingesetzt werden kann. Für alle anderen Mehrkomponentenzemente CEM X gilt diese Regelungen nicht, das heißt, hierfür ist weiterhin eine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt notwendig. Die Untersuchungen zu den Frisch- und Festbetonparametern sowie zu den Beständigkeitskennwerten zeigen bei der Anwendung von klinkereffizienten Zementen ein differenziertes Bild. Während das Erreichen baupraktisch relevanter Konsistenz- und Festigkeitswerte zumeist keine Hürde darstellt, können sich für einzelne Dauerhaftigkeitsparameter Einschränkungen hinsichtlich der Expositionsklassen ergeben. Diese betreffen insbesondere den Einsatz in Bauteilen mit hoher Wassersättigung und Beanspruchungen durch Frost- und Tausalzbelastungen. [Müller; 2020] 2. Gebrauchstauglichkeit von ressourcenschonenden Betonen auf Basis klinkereffizienter Zemente Für die relevanten Frisch- und die mechanischen Festbetoneigenschaften sowie für die Karbonatisierungsraten und den Sulfatwiderstand werden bei Einsatz klinkereffizienter Zemente keine Schwierigkeiten gesehen, zumal durch Einsatz von Hochleistungsverflüssigern die mechanischen Parameter gezielt einstellbar sind. Die Frage ist, ob durch bei Einhaltung der mechanischen Kennwerte auch die Gebrauchstauglichkeit gegeben ist. In Bezug auf die Frost- und Frost-Tausalz-Beständigkeit sowie die Chloridmigration ergeben sich insbesondere bei Anwendung von CEM II/ B-LL und CEM II/ C-M mit hohem LL-Gehalt gewisse Einschränkungen. [Müller; 2020] Bild 5: Frostwiderstand von Betonen nach CEN/ TS 12390-9 mit verschiedenen Zementen [Müller; 2019] Bild 6: Chlorideindringwiderstand von Betonen nach EAD 15001-00-0301, Annex E mit verschiedenen Zementen [Müller; 2019] Die Druckfestigkeit ist nicht in jedem Falle ein ausreichendes Abnahmekriterium für die Dauerhaftigkeit. Im Rahmen eines IGF-Vorhabens wurde vom VDZ GmbH Düsseldorf eine neue Methode zur Bestimmung der Gebrauchtauglichkeit von Betonen auf der Basis von Mörteluntersuchungen entwickelt. Ein wesentlicher Bewertungsparameter stellt hierbei die Porengrößenverteilung (Quecksilberintrusionsporosimetrie) dar. 3. Performance-basierte Bemessungskonzepte für die Gebrauchstauglichkeit zementgebundener Beschichtungen in trinkwassertechnischen Anlagen In trinkwassertechnischen Anlagen kann es unter verschiedenen Betriebsbedingungen zu einem erhöhten chemisch-abrasiven Angriff auf mineralische Beschichtungen kommen. Die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit exponierter Bauteiloberflächen erfolgt derzeit ausschließlich mittels deskriptiver Vorgaben und Kennwerte nach den Arbeitsblätter DVGW W 300. Auf der Basis von Erfahrungswerten werden in Abhängigkeit von festgelegten Angriffsbedingungen für die Expositionsklasse XTWB Mindestanforderungen (Mittelwerte und Standardabweichungen) an die Zusammensetzung der Beschichtungen, an die Herstellung, den Einbau und die Nachbehandlung der Beschichtungen gestellt. Entsprechend der Anforderungen für die Expositionsklasse XTWB gemäß Arbeitsblatt DVGW W 300-4 (A) ist der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit entsprechend vorgegebener Identitäts- und Leistungsanforderungen sowohl in der Erstprüfung durch den Materialhersteller als auch im Rahmen der Eigenüberwachung (Kontrollprüfungen) durch das ausführende Unternehmen zu führen (Mindestschichtdicke, Druck-/ Biegefestigkeit, Haftzugfestigkeit, Dichtigkeit/ Porositätskennwerte). Dieses Konzept stößt jedoch dann an seine Grenzen, wenn durch den Einsatz neuer Instandsetzungsmaterialien und Instandsetzungsverfahren der derzeit gesicherte Erfahrungsbereich verlassen wird oder die in den trinkwassertechnischen Anlagen vorherrschenden Umgebungsbedingungen von den standardisierten Angriffs- und Randbedingungen abweichen. [Gerlach.; 2017] Die in der Zementindustrie derzeit ablaufenden Transformationsprozesse in Richtung signifikant klinkerreduzier- 148 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes ter Bindemittel zwingen mittelfristig dazu, die Anzahl der angebotenen Kompositzemente mit stark anwendungsfokussierten Eigenschaften deutlich zu erhöhen. Aus materialtechnischer Sicht kann von einem gesicherten Erfahrungsbereich für die Expositionsklasse XTWB ausgegangen werden. Verschiedene Anwendungsbeispiele zeigen jedoch, dass die chemischen Angriffsbedingungen bei mineralsauren und kalklösenden Wässern, bei kritischen Mischwässern und/ oder weichen Wässern in bestimmten Bereichen trinkwassertechnischer Anlagen auch außerhalb des Erfahrungsbereiches für die Expositionsklasse XTWB liegen können. Bild 7: Prüf- und Bewertungsverfahren für Mörtel/ Betone bei chemischem Angriff Für die Anwendung von zementgebundenen Instandsetzungsmörteln außerhalb des für die Expositionsklasse XTWB geltenden Erfahrungsbereiches sind normativ geforderte zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich. Verschiedene Anwendungsbeispiele haben gezeigt, dass auch bei deutlich erhöhten chemisch-abrasiven Expositionen eine ausreichende Gebrauchtauglichkeit vorliegen kann. Diese Anwendungsmöglichkeiten werden durch die deskriptiven Regelungen nach DVGW W 300 jedoch derzeit nicht berücksichtigt. Um die Dauerhaftigkeit von zementgebundenen Instandsetzungsmörteln auf Basis klinkereffizienter Zemente unter chemisch-abrasiven Angriffsszenarien nachzuweisen, sind performance-basierte Konzepte zur Dauerhaftigkeitsbemessung erforderlich. Diese Konzepte sollen die Möglichkeit schaffen, die Gebrauchstauglichkeit neuer Zemente auf der Basis von CEM X in der Praxis besser nutzbar zu machen. 4. Chemischer Angriff auf zementgebundene Beschichtungen in trinkwassertechnischen Anlagen Unter einem chemischen Angriff auf zementgebundene Beschichtungen ist die Wechselwirkung zwischen dem Beschichtungsmörtel und dem umgebenden Medium zu verstehen. Wenn auch die Vielzahl der ablaufenden chemischen und physikalischen Prozesse hierbei sehr vielschichtig und komplex ist, lassen sich zwei unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen angreifendem Medium und der Zementsteinmatrix unterscheiden. Bei der hydrolytischen Korrosion/ Auslaugung laufen die grundlegenden Schadensmechanismen zeitlich gestaffelt ab. Zunächst wird Portlandit (Ca(OH) 2 ) kontinuierlich aus der Zementsteinmatrix gelöst. Damit verbunden ist eine Absenkung des Alkalitätsdepots, was langfristig auch zu einer Decalcinierung der festigkeitsbildenden CSH-Phasen führt. [Schwotzer; 2008] Eine stark auslaugende Wirkung weisen sehr weiche, mineralstoffarme Wässer auf. Die Korrosion durch Austauschreaktion zwischen Angriffsmedium und Zementstein beruht dabei auf der chemischen Umwandlung einzelner Zementsteinphasen. Die entstehenden Reaktionsprodukte werden in Abhängigkeit von Ihrer Löslichkeit herausgelöst. Diese Form des chemischen Angriffs kommt insbesondere bei mineralsauren Wässern, wie der kalklösenden Kohlensäure in Betracht. 4.1 Auslaugung durch weiche Wässer Die Gesamthärte des Wassers wird durch die Summe der Gehalte an Erdalkali-Ionen beschrieben und in °dH angegeben. Sehr weiche Wässer, auch als salzarme oder als demineralisierte Wässer bezeichnet, weisen einen Härtegrad zwischen 0 °dH und 4 °dH auf. Im Kontakt mit weichem Wasser kommt es auf Grund des Konzentrationsgefälles zur Diffusion der im Porenwasser gelösten Ionen und damit zur Auslaugung der Feststoffphasen. Durch die Diffusion von Calciumionen wird Portlandit permanent ausgelaugt, was zu einer deutlichen Abnahme des Ca/ Si-Verhältnis im oberflächennahen Randbereich des Zementsteins führt. Zurück bleibt ein SiO 2 -Gel, welches als Schutzbarriere für die weitere Auslaugung dient, aber keinen Beitrag mehr zur mechanischen Stabilität des Zementsteins leistet. [Schwotzer; 2008] Das Ca/ Si-Verhältnis und somit die Stabilität der festigkeitsbildenden CSH-Phasen stehen in unmittelbarem funktionellen Zusammenhang mit dem Absenken des Alkalitätsdepots sowie der Vergrößerung des Porenraumes. Die Geschwindigkeit der Auslaugung von mineralischen Beschichtungen durch Lösungs-, Transport- und Diffusionsprozesse erfolgt in drei Phasen. Unter Berücksichtigung des Lösungsverhaltens der Zementsteinphasen kann die Kinetik der hydrolytischen Auslaugung beschrieben werden. Die Initialphase des Auslaugprozesses wird zunächst durch das oberflächennahe Portlandit (Ca(OH) 2 ) bestimmt. Dieser Prozess läuft als weitgehend lineare Funktion reaktionskontrolliert ab. Es erfolgt der Auf bau einer Schutzschicht aus SiO 2 -Gel. [Gerlach.; 2017] Im weiteren Verlauf der hydrolytischen Korrosion gehen die CASH- und später die CSH-Phasen des Zementsteins in Lösung. Es bildet sich eine SiO 2 -reiche Schicht an der Grenzfläche zwischen Zementstein und dem Auslaugmedium, die einen diffusionskontrollierten Auslaugprozess als √t-Funktion hervorruft. Zu Beginn der Phase 2 ist das Voranschreiten der Korrosionsfront deutlich größer als der lösende Abtrag der SiO 2 -reichen Schicht. In Phase 3 gleichen sich die Geschwindigkeiten des Korrosionsfortschrittes und des Materialabtrages an, die sich ausbildende Schutzschicht bleibt konstant und der Prozess der hydrolytischen Korrosion läuft mit konstanter 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 149 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes Geschwindigkeit als diffusionskontrollierter Prozess mit linearem Fortschreiten der Schädigungstiefe. Die Dauer der einzelnen Reaktionsstadien werden maßgeblich von der Konzentration des Angriffsmediums, der Löslichkeit der sich bildenden Schutzschicht und von der Zusammensetzung des Instandsetzungsmörtels bestimmt. Zu beachten ist, dass die Kinetik des Korrosionsprozesses von weiteren Faktoren abhängig ist (Abrasion, Temperatur, strömungsmechanische Faktoren) [Gerlach.; 2017] 4.2 Chemischer Angriff durch kalklösende Kohlensäure Im Kontakt mit kohlesäurehaltigen Wässern können aus zementgebundenen Instandsetzungsmörteln carbonatische Bestandteile herausgelöst werden. Die Aggressivität derartiger Wässer hängt von den gelösten Alkalien und Erdalkalien, den gelösten Salzen und von den Kohlensäurespezies CO 2(aq) , HCO 3 - und CO 3 2 , die sich in einem chemischen Gleichgewicht befinden, ab. Die Löslichkeit von CO 2 ist stark temperaturabhängig. Die jeweiligen Anteile der Kohlensäurespezies CO 2(aq) , HCO 3 - und CO 3 2 in wässrigen Lösungen werden im Wesentlichen vom pH-Wert der Lösung bestimmt. Bei pH- Werten > 10 liegen überwiegend Carbonationen CO 3 2 vor, bei pH-Werten < 6 überwiegend in Wasser gelöstes CO 2 und bei einem pH-Wert von 8,2 liegt ausschließlich Hydrogencarbonat HCO 3 vor. Das Wasser befindet sich hierbei im sogenannten Kalk-Kohlesäure-Gleichgewicht. Löst sich CO 2 in Wasser, reagieren ca. 0,7 % mit den Wassermolekülen zu Kohlensäure H 2 CO 3 . Diese Kohlensäure dissoziiert in zwei Stufen unter Bildung sowohl von Hydrogencarbonat (HCO 3 -) als auch von Carbonat (CO 3 2 -). Die Kohlensäure kann in verschiedenen Formen auftreten. [Schuler; 2019] Ausschlaggebend für das Reaktionsverhalten ist der Sättigungindex (SI) des Wassers bezüglich Calcit. Auf der wasserberührten Bauteiloberfläche mischt sich dieses Wasser mit der hoch alkalischen Porenlösung des Zementsteins. Durch die pH-Wert-Erhöhung verschiebt sich das Gleichgewicht in Richtung des CO 3 2 -. Die Folge ist eine Abnahme des pH-Werts der Porenlösung unter fortschreitender Aufzehrung von Portlandit. Bei weiterer Einwirkung (SI<0) auf die neutralisierte Randzone der mineralischen Beschichtung erfolgt ein Angriff auf alle Zementsteinphasen. Die Zersetzung, die in der Randzone begonnen hat, kann in größere Tiefe voranschreiten. Als Reaktionsprodukt bleibt ein amorphes Silikat-Gel auf der Oberfläche zurück, welches die Korrosionsgeschwindigkeit im weiteren Verlauf reduziert. [Schwotzer; 2008] Eine vereinfachte Bewertung der Betonaggressivität eines Wassers kann aus den beiden in der Trinkwasseranalyse ermittelten Kennwerten pH-Wert und Carbonathärte erfolgen. Da die hydrolytische Auslaugung noch von weiteren Faktoren bestimmt wird, ist hierbei ein Übergangsbereich zwischen aggressiven/ nicht-aggressiven Wässern zu berücksichtigen. Bild 8: Bewertung der Betonaggressivität eines Wassers aus dem pH-Wert und der Carbonathärte [Peters; 2008] 5. Hydrolytische Korrosion und Auslaugung Die hydrolytische Korrosion tritt dort auf, wo sich zementgebundene Beschichtungen in ständigem Kontakt mit Wasser befinden. Das äußere Erscheinungsbild unterscheidet sich zu den oben beschriebenen chemischen Angriffsszenarien dadurch, dass es sich hierbei zumeist um bereichsweise auftretende Materialzersetzungen auf den wasserberührten Bauteiloberflächen handelt. Das im Kontakt mit der zementgebundenen Beschichtung stehende Wasser steht im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht (KKG) und weist einen neutralen pH-Wert auf. Auch hierbei werden, wie bei dem beschriebenen Angriff durch weiche Wässer und kalklösende Kohlensäure zunächst Alkalihydroxide neutralisiert und im weiteren Verlauf Portlandit (Ca(OH 2 )) aus dem Zementstein ausgelaugt. Die damit verbundene Absenkung des Alkalitätsdepots führt zum schrittweisen Abbau festigkeitsbildender CASH- und CSH-Phasen. Eine hydrolytische Korrosion kann durch den anteilmäßigen Zuwachs an Calcit (CaCO 3 ) und an der Veränderung des Ca/ Si-Verhältnis im Tiefenprofil analytisch nachgewiesen werden. Die hydrolytische Korrosion tritt insbesondere dort auf, wo eine erhöhte Porosität des Zementmörtels (Widerstandsseite) die Diffusions-, Lösungs- und Transportvorgänge in der oberflächennahen Randzone weitgehend begünstigt (Angriffsseite). 6. Performance-basiertes Konzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung von Instandsetzungsmörteln auf Basis von CEM X bei Auslaugung durch kalklösende Kohlensäure Im Gegensatz zu deskriptiv-erfahrungsbasierten Konzepten beruht die performance-basierte Bemessung der Gebrauchstauglichkeit sowohl auf laborwie auch auf modellbasierten Ansätzen. Wichtig dabei ist, dass in den entsprechenden Zeitrafferprüfungen die tatsächlichen, in der Praxis auftretenden Reaktionsverhältnisse wiedergegeben werden. Eine Verschärfung der Einwirkungsseite darf keinesfalls zu einem grundsätzlich anderen Schadensmechanismus führen. Im Rahmen einer Austragsforschung wurde an der MFPA Weimar eine Versuchseinrichtung entwickelt, mit der performance-basierte Zeitrafferuntersuchungen an Mör- 150 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes telprismen 40 mm * 40 mm * 160 mm durchgeführt werden können. Zielstellung hierbei ist es, Aussagen zur Nutzungsdauer für neuartige CEM X-Systeme und für unterschiedlichen Expositionen zu treffen. Die Einstellung der CO 2 -Konzentration und der Kalklösekapazität erfolgt über den pH-Wert und die Wassertemperatur. Die pH-Werterfassung wird mittels pH-Elektrode sowie in einer pH-Wertkontrolleinheit mit integrierter Ansteuerung für die CO 2 -Dosierung ausgeführt, die wiederum eine konstante CO 2 -Konzentration und Kalklösekapazität über den gesamten Prüfzeitraum sichert. Die CO 2 -Zufuhr wird über eine Gasleitung geführt, die in einen CO 2 -Diffusionsreaktor/ Flipper mündet, so das CO 2 -Blasen im Bereich der Vorkonditionierung sichtbar nach oben aufsteigen. Der Wasserwechsel erfolgt in der Regel wöchentlich. In Abhängigkeit von Schwankungen der Calcitlösekapazität ist ggf. auch ein kürzerer Wasserwechsel vorzusehen. Die Einlagerungsbecken müssen thermisch so isoliert und abgedeckt sein, dass keine signifikanten Temperaturänderungen in der Vorkonditionierung und in den Lagerungsbecken stattfinden können. Zusätzlich erfolgt der Betrieb der Anlage unter konstanten Laborbedingungen bei 15/ 60. Ein kontinuierlicher Wasseraustausch wird dadurch gewährleistet, dass Wasser aus der Vorkonditionierung kontinuierlich in den Prüf bereich gepumpt wird. Ein Schlauch zwischen den beiden Kammern (kommunizierende Gefäße) nivelliert den Wasserstand beider Gefäße aus. Eine schematische Darstellung der eingesetzten Prüfeinrichtung zeigt das nachfolgende Bild. Bild 9: Versuchsauf bau für die Simulation der hydrolytischen Auslaugung bei Angriff kalklösender Kohlensäure Als klinkereffiziente Zementmörtel kommen zwei Versuchsmischungen V1 (CEM III/ A 42,5 R + Zusatzstoff Siliciumdioxid/ Silica fume) und V2 (CEM II/ C-M (P- L) mit natürlichem Puzzolan und Kalksteinmehl als Zusatzstoffe bei einem Klinkeranteil von 50 Masse-% zum Einsatz. Die Mörtelprismen lagern über einem Zeitraum von 6- Monaten in den Becken (offenes System/ Durchlaufverfahren), in die temperiertes Wasser mit einem Kohlensäuregehalt von 50 mg/ l und 110 mg/ l Wasser eingeleitet wird. Der Anteil an gelösten CO 2 von 110 mg/ l Wasser entspricht bei einem pH-Wert von 6,6 einer Kalklösekapazität von 250 mg/ l CaCO 3 . Als Wasserumlauf wird 5,0-l/ h je Lagerbecken angesetzt, was einem Durchsatz von täglich vier Wasserwechseln entspricht. Um zu gewährleisten, dass die zugeführte Menge an CO 2 dem Soll-Wert abhängig von pH-Wert und Temperatur entspricht, ist es erforderlich, die pH-Sonde regelmäßig zu kalibrieren. Die Kalibrierung erfolgt wöchentlich mit Hilfe einer auf die Einlagerungstemperatur abgestimmten Kalibrierlösung. Zur Abschätzung der Langzeitbeständigkeit von Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen werden nachfolgende relevante Parameter und Kennwerte erfasst und ausgewertet: • Masse- und Volumenänderung (Geometrieerfassung mittels hochauflösendem 3D-Laserscanner) • Visuell sichtbare Veränderungen/ Anomalien • Biegezug-/ Druckfestigkeit/ dynamischer E-Modul • pH-Wertänderungen in der Randzone • Abtragstiefe (aus den Geometriedaten des 3D-Laserscanners) • Schädigungstiefe (Stereo-Auflichtmikroskopie an Bruchflächen/ Anschliffen, µRFA-Mapping zur Detektion der Elementeverteilung im Randbereich) und • Phasenänderungen in der Randzone (µRFA/ REM) Visuell sichtbare Veränderungen auf den Prismenoberflächen beginnen durch abschnittsweise Erweichungen und örtlich begrenzten Absandungen, danach kommt im weiteren Verlauf zum Materialabtrag, beginnend an den Prismenkanten mit deutlich sichtbaren Kantenabrundungen. Je nach Materialzusammensetzung ist der Schädigungsverlauf an Verfärbungen der Prismen sichtbar. Mit der Geometrieerfassung durch einen hochauflösenden 3D-Laserscanner ist es möglich, ortsauflösend kleinste Volumenänderungen und Abtragungen zu quantifizieren. Durch fest fixierte Messpunkte auf der Prüfkörperoberfläche kann das Messsystem eine Wiedererkennung der Positionierung vornehmen und so die 3D-Messungen nach unterschiedlichen Einlagerungszeiten wiederholen. Das Messsystem arbeitet mit einer Auflösegenauigkeit von ± 0,05 mm. Der Nachweis der Schädigungstiefe erfolgt an den Bruchflächen im Prismenquerschnitt der Stirnflächen mittels Stereo-Auflichtmikroskop STEMI 2000. Die Bruchflächen werden vor den Untersuchungen mittels Triphenylmethan-Farbstoff besprüht. Es bilden sich scharfe Kanten zwischen ungeschädigtem/ geschädigtem Mörtelgefüge aus. Die Nachweise zu den 3D-Volumenänderungen mittels 3D-Laserscanner sowie zur Schädigungstiefe mittels Stereo-Auflichtmikroskopie erfolgen jeweils am Prüfmörtel und zur Validierung/ Vergleichmessung an einem Referenzmörtel nach DIN EN 196-1. 7. Bewertung der Beständigkeit von Instandsetzungsmörteln gegenüber chemischem Angriff durch kalklösende Kohlensäure Die Vorgaben für die Expositionsklasse X TWB nach DVGW W 300 haben dazu geführt, dass mineralische 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 151 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes Beschichtungen im Allgemeinen eine ausreichende Gebrauchstauglichkeit über den geplanten Nutzungszeitraum von 50 Jahren aufweisen. Die Auslaugung/ Hydrolyse durch mineralstoffarme, kohlendioxidhaltige oder mineralsaure Wässer stellt verglichen mit dem Säureangriff in abwassertechnischen Anlagen einen vergleichsweise schwachen chemischen Angriff dar. Kohlensäure kann chemisch im Wasser in unterschiedlichen Formen vorliegen. Für den chemischen Angriff auf wasserberührte Bauteiloberflächen ist der Gehalt an freier, überschüssiger Kohlensäure entscheidend. Dieser Anteil unterliegt entsprechend der regionalen und geologischen Herkunft sowie den jeweiligen Betriebsbedingungen (Temperatur- und Druckverhältnisse) entsprechenden Schwankungen. Ist das Wasser nicht im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht (KKG) und ist der pH-Wert kleiner als der Gleichgewichts-pH-Wert, liegt mehr freie Kohlensäure vor als zugehörige Kohlensäure. Diese freie, überschüssige Kohlensäure führt zu einer beschleunigten Auslaugung/ Korrosion der wasserberührten, zementgebundenen Mörteloberflächen. Die Auslaugung von zementgebundenen Beschichtungen bei Angriff von weichen, kalklösenden oder mineralsauren Wässern verläuft in den drei, bereits genannten Reaktionsphasen ab, einem zunächst linearen, reaktionskontrollierten Prozess, gefolgt von einem weitgehend diffusionskontrollierten, nichtlinearen Reaktionsablauf mit Ausbildung einer Diffusionsbarriere (SiO 2 -Gel) und schließlich einem linearen, diffusionskontrollierten Prozess. Die Geschwindigkeit der Auslaugung wird durch die strömungsmechanischen Bedingungen und die mechanische Abrasion wesentlich bestimmt. Wird die sich ausbildende kieselsäurereiche Schutzbarriere nicht abrasiv beansprucht, bleibt die Deckschicht konstant. Der Korrosionsprozess läuft diffusionskontrolliert, der zeitabhängige Schädigungsverlauf kann durch eine Wurzelfunktion abgeschätzt werden. Völlig anders verhält es sich jedoch unter abrasiven Bedingungen, wenn die Deckschicht kontinuierlich abgetragen wird. Die Schädigung nimmt linear zu. Eine weitere wesentliche Kenngröße ist die Häufigkeit der abrasiven Beanspruchung, je kürzer die Zeitabstände, desto größer wird die zeitabhängige Materialschädigung. Relevante Bereiche, in denen es zu einer erhöhten Beanspruchung durch kalklösende Kohlesäure kommen kann, sind die Gewinnung/ Verteilung von Rohwasser, verschiedene Verfahrensstufen in der Trinkwasseraufbereitung sowie die Speicherung/ Verteilung von „kritischen“ Mischwässern im Reinwasserbereich. Weitere chemische Beanspruchungen auf mineralische Beschichtungen gehen von Kondensaten (demineralisierte Wässer) in der Trinkwasserspeicherung aus. Bei „kritischen“ Wässern kann dieser Auslaug- und Abtragprozess über lange Zeiträume jedoch zu tiefergehenden Schädigungen der mineralischen Beschichtungen führen. Bei Vorliegen entsprechender Expositionen sollte daher die Gebrauchstauglichkeit eines zementgebundenen Instandsetzungsmörtels mittels performance-basierten Bemessungsverfahren nachgewiesen werden. Die Versuchsanlage zum Nachweis der Gebrauchstauglichkeit (Dauerhaftigkeit) zum zementgebundenen Instandsetzungsmörteln nach DVGW W 300-4 gegenüber weichen, kalklösenden oder mineralsauren Wässern bietet die Möglichkeit, Echtzeitabläufe in Zeitrafferuntersuchungen unter standardisierten Prüf bedingungen nachzustellen. Für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit von Instandsetzungsmörteln auf Basis klinkereffizienter Zemente mit einem reduzierten Klinkeranteil von 50 Masse-% wurden zwei Versuchsmischungen (V1: CEM IIIA/ + Zusatzstoff Silica fume, w/ z-Wert 0,42; V2: CEM II/ C- M (P-LL), w/ z-Wert 0,44) eingesetzt. Die Untersuchungen erfolgten bei mäßigem Angriff XA2 H2CO3 mit einer Calcitlösekapazität von 114 mg/ l CaCO 3 und bei starkem chemischen Angriff XA3 H2CO3 mit einer Calcitlösekapazität von 569 mg/ l CaCO 3 über einen Zeitraum von jeweils sechs Monaten. Bild 10: Verlauf der mittlere Schädigungstiefe der Versuchsmischungen V1 und V2 im Zeitrafferversuch bei chemischem Angriff durch kalklösende Kohlensäure für die Expositionen XA2 H2CO3 und XA3 H2CO3 Ab einem Versuchszeitraum > 90 Tagen ist eine gleichbleibende Deckschicht vorhanden, der Schädigungsprozess läuft ab diesem Zeitpunkt diffusionsgesteuert weitgehend linear ab und ermöglicht eine ausreichend genaue Prognose für langfristige Angriffsszenarien. Grundsätzlich muss zwischen Abtragstiefe und Schädigungstiefe unterschieden werden. Während die örtlichen Abtragstiefen bei XA2 hohe Streuung aufweisen, liegen die Schädigungstiefen in Abhängigkeit von den eingesetzten Zusatzstoffen gleichmäßiger, aber auch deutlich höher als die stark schwankenden Abtragstiefen. Die Schädigungstiefen werden von den mechanischen Eigenschaften (Druckfestigkeit, Porosität) aber auch in hohem Maße vom Alkalitätsdepot (insbesondere vom pH- Wert im oberflächennahen Randbereich sowie vom Calcit-/ Portland-Verhältnis) bestimmt. Die Reaktionsabläufe werden zunächst durch das Herauslösen der Alkalien aus dem Zementstein bestimmt. 152 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes Mit dem damit verbundenen Absinken des pH-Wertes in Der oberflächennahen Randzone wird Calciumhydroxid Ca(OH) 2 / Portlandit bei pH < 12,5 instabil. Auf der Oberfläche bildet sich eine helle, kristalline Schutzschicht, der pH-Wert im geschädigten Bereich sinkt in der Folge weiter auf pH-Werte zwischen 9 und 12,5. Calciumcarbonat wird auf Grund des niedrigen pH-Wertes in leichtlösliches Hydrogencarbonat umgewandelt, der pH-Wert sinkt weiter. Bei pH-Werten < 8 werden die festigkeitsbildenden Phasen (CASH und CSH) instabil. Es erfolgt eine fortschreitende Gefügeauflockeung von außen nach innen. Als Schutzschicht bildet sich auf der Oberfläche amorphes SiO 2 -Gel, einschließlich Eisen- und Aluminiumoxidanreicherungen. Bild 11: Energiedispersive Röntgenanalyse (EDX) in der Randzone der V2-Mörtelprismen mit Nachweis der Auflösung von Calcit und Calciumaustrag in der Schädigungszone Performance-basierte Prüfkonzepte ermöglichen die Beurteilung eines ausreichenden Widerstandes sowohl gegenüber Regelanforderungen als auch bei spezifischen Anwendungsfällen zum Nachweis eines praxisspezifischen Auslaugwiderstandes. Im Ergebnis können Nutzungsdauern unter verschiedenen praxisbezogenen Belastungssituationen für Langzeitbeanspruchungen von Instandsetzungsmörtel auf Basis klinkereffizienter Zemente berechnet werden. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 153 Bestimmung d. Auslaugverhalten v. Instandsetzungsmörteln mit klinkereffizienten Zementen auf Basis eines performance-orientierten Prüfkonzeptes Literaturverzeichnis [Breit; 2024] Breit, W.. et al.: Entwicklung eines Prüfverfahrens für die Bewertung der Hydrolysebeständigkeit und der Dauerhaftigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser, Abschlussbericht DVGW-Förder-kennzeichen W202005: 2024-06, Deutsche Bauchemie e.V. Frankfurt/ Main, 83 Seiten [Gerlach.; 2017] Gerlach, J. Ein performance-basiertes Konzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung chemisch beanspruchter Betonbauteile, Dissertation 2017, Universität Hannover, 190 Seiten [Huang; 2025] Huang, D. et al: Effect of leaching on mechanical properties and durability of concrete: A review, Journal of Building Engineering 100 (2025) 111682, Amsterdam [Kämpfer; 2017] Kämpfer, W., Berndt, M.: Zementgebundene Hochleistungsmörtel als anwendungsspezifische Schutzmaßnahme bei stark chemischem Angriff, 5. Kolloquium „Erhaltung von Bauwerken“, Technische Akademie Esslingen 2017 [Kämpfer; 2021] Kämpfer, W., Berndt, M., Schuler, H.: Einfluss kalklösender Kohlensäure auf das Langzeitverhalten von zementgebundenen Beschichtungen in trinkwassertechnischen Anlagen, 6. Kolloquium „Trinkwasserspeicherung in der Praxis“, Technische Akademie Esslingen 2021, pp. 45-53 [Kämpfer; 2023] Kämpfer, W., Berndt, M.: Materialkorrosion und Alterung von zementgebundenen Beschichtungen in der Trinkwasserversorgung, 21. Internationale Baustofftagung Weimar, Proceedings in civil engineering, Verlag Ernst & Sohn Berlin, pp. 1404-1412 [Küchlin; 2021] Küchlin, D.; Die neue Zementnorm DIN EN 197-5 für CEM II/ C- und CEM VI-Zement ist erschienen, HeidelbergCement, NewsLetterTechnik, September 2021 [Müller; 2020] Müller, Chr., Palm, S.; Anwendung klimaeffizienter Zemente, HeidelbergCement, NewsLetterTechnik, September 2020 [Müller; 2025] Müller, Chr.; Vom Klinkerfaktor zur CO2-Abscheidung: Klimafreundliche Zemente und Betone heute und morgen, beton 75, Heft 3, pp 76-83 [Müller; 2019] Müller, Chr.; DURAFOR - Forcast of durability of concrete with new clinker based cements, Schlussbericht zum IGF-Vorhaben Nr. 187 EN, VDZ Düsseldorf, Mai 2019, 56 Seiten [Müller; 2019] Müller, Chr.; Konzepte zur Herstellung von ressourceneffizienten Betonen am Beispiel Zement, DAfStb-Fachkolloquium „Ressourcenverfügbarkeit - Konsequenzen für das Bauen mit Beton in der Zukunft“, Berlin September 2019, 21 Seiten [Schuler; 2019] Schuler, H.: Beständigkeit von Instandsetzungsmörteln gegenüber kritischen Wässern mit erhöhtem Anteil an kalklösender Kohlensäure am Beispiel trinkwassertechnischer Anlagen, Abschlussarbeit Bachelor of Engineering, HTWK Leipzig, 2019 [VDZ; 2020] Verein Deutscher Zementwerke e.V.: Dekarbonisierung von Zement und Beton - Minderungspfade und Handlungsstrategien, online-Veröffentlichung vom November 2020 [VDZ; 2023] Verein Deutscher Zementwerke e.V.: Rekord bei Zulassungen für klinkereffiziente Zemente, online-Veröffentlichung vom 24.04.2023 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 155 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern Dipl.-Ing. Martin Bolesta P-&-T-Technische Mörtel GmbH & Co. KG, Neuss Zusammenfassung Trinkwasserbehälter in Deutschland werden überwiegend mit zementgebundenen Materialien instandgesetzt. Dass nicht alle sanierten Behälter die gewünschte Restnutzungsdauer erreichen, liegt daran, dass zumindest ein maßgeblicher Faktor für Qualität und Dauerhaftigkeit (Planung, Ausführung. Material) nicht ausreichend war. Bei der Auswahl des Planers und der ausführenden Firma sollte daher auf Fachwissen und Qualität geachtet werden. Seit Einführung technischer Anforderungen für Hydrolysebeständigkeit und Dauerhaftigkeit, ist die Qualität mineralischer Beschichtungen insgesamt gestiegen, dennoch lohnt es sich, im Sanierungsfall objektbezogene Materialvorgaben zu definieren. Aus Gründen der Versorgungssicherheit ist es nicht verkehrt, bewährte Systeme, für die langjährige Referenzen vorliegen, bevorzugt einzusetzen. Auch sollte die Nachhaltigkeit, insbesondere die Reduzierung von Treibhausgasen, zunehmend Beachtung finden. 1. Instandsetzung von Trinkwasserbehältern Bei etwa 12.000 Trinkwasserbehältern in Deutschland (die Angaben in der Literatur variieren von 10.000 bis 15.000) und einer gewünschten Standzeit von 40 bis 50-Jahren sind jedes Jahr statistisch etwa 250-Trinkwasserbehälter instand zu setzten. Immer dann, wenn das Speichervolumen aufgrund geänderter Einwohnerzahlen oder eines geänderten Wasserbedarfs durch die Industrie zu gering (oder auch zu hoch) ist, kann anstelle einer Instandsetzung ein Ersatzneubau die bessere Lösung sein. Auf der einen Seite führt dieses statistisch zunächst zu einer geringeren Anzahl an jährlichen Behälterinstandsetzungen. Auf der anderen Seite gibt es aber leider nicht wenige Behälter, die eine Standzeit von 40 bis 50-Jahren nicht erreichen, so dass trotz diverser Neubauten von etwa 200 bis 250-jährlichen Behälterinstandsetzungen ausgegangen werden kann. Wird die gewünschte Restnutzungsdauer nicht erreicht, liegt es, bis auf wenige Ausnahmen, daran, dass bei einem der maßgeblichen Faktoren für Qualität und Dauerhaftigkeit etwas „schief gegangen“ ist. Diese drei maßgeblichen Faktoren sind Planung, Ausführung und Material, siehe Abbildung-1. Abb.-1: Hauptfaktoren, die tragenden Säulen, für eine erfolgreiche Instandsetzung 1.1 Planung Bei Trinkwasserbehältern handelt es sich um Ingenieurbauwerke und somit sollte bzw. muss allen Beteiligten klar sein, dass ein „wir machen da mal was“ nicht ausreichend ist. Vielmehr muss die Instandsetzung eines Trinkwasserbehälters sorgfältig geplant bzw. der erforderliche Instandsetzungsbedarf nach einer Zustandsanalyse und einem Soll-Ist-Vergleich festgestellt werden, bevor das Leistungsverzeichnis erstellt bzw. die Leistung ausgeschrieben wird. Hierbei sind die Ende 2024 überarbeiteten DVGW Arbeitsblätter W-300 und insbesondere die Teile-1 und 3 zu berücksichtigen [1,-2]. Insofern ein Wasserversorger die Planung nicht im eigenen Haus erbringen kann oder möchte, ist der Verzicht auf eine Planung (z.-B. aus Kostengründen) keine gute Wahl, vielmehr sollte dann ein externer Planer bzw. ein externes Ingenieurbüro beauftragt werden. Hier sollte bevorzugt auf Qualität und Fachwissen geachtet werden, denn ein auf Tief bau spezialisiertes Ingenieurbüro muss nicht unbedingt für den Bereich Trinkwasser geeignet sein. 1.2 Ausführung Betoninstandsetzung wird bzw. muss in vielen Bereichen durchgeführt werden und folglich gibt es schier unzählige Firmen, die sich hiermit beschäftigen. Ähnlich wie bei den Ingenieurbüros, ist aber nicht jeder Betonsanierer gleich gut für den speziellen Bereich der Instandsetzung von Trinkwasserbehältern geeignet. So liegen in Behältern der Trinkwasserversorgung besondere Umgebungsbedingungen (z.-B. Temperatur und Feuchtigkeit) vor, was bei der Applikation des Instandsetzungsmaterials und auch bei der Nachbehandlung zur Herstellung einer hydrolysebeständigen Oberfläche zu beachten ist. Zusätzlich erfordert der Einsatz in einem Bauwerk der „Lebensmittelversorgung“ spezielles Fachwissen, um eine hygienisch einwandfreie Arbeit sicherzustellen. Dass es sich bei Trinkwasserbehältern um „besondere“ Bauwerke handelt, kann auch der Technischen Regel In- 156 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern standhaltung von Betonbauteilen (TR Instandhaltung [3]) entnommen werden - hier wird explizit darauf hingewiesen, dass es im Trinkwasserbereich ergänzende Regelwerke gibt, die selbstverständlich zu beachten sind. Wie bei der Planung sollte auch bei der Ausführung auf Qualität und Fachwissen geachtet werden, denn ein auf z.- B. Kläranlagen spezialisierter Betonsanierer muss nicht unbedingt für die Sanierung von Trinkwasserbehältern geeignet sein. Bei den vom DVGW CERT nach W 316 [4] zertifizierten Fachbetrieben wurde das Fachwissen über die Umgebungsbedingungen, die besonderen hygienischen Belangen im Trinkwasserbereich und die Regelwerkskunde nachgewiesen. 1.3 Material Der dritte für Qualität und Dauerhaftigkeit maßgebliche Faktor ist das verwendete Material bzw. der eingesetzte Instandsetzungsmörtel. Dass es hinsichtlich der hygienischen Eignung einer Zulassung bzw. Prüfung nach DVGW W-347 (und bei organischen Inhaltsstoffen zusätzlich nach W- 270) bedarf, ist hinreichend bekannt [5,- 6]. Für hydrolysebeständige und damit dauerhafte Oberflächen werden an die verwendeten Materialen aber nicht nur hygienische, sondern auch technische Anforderungen gestellt, die im DVGW Arbeitsblatt W-300-5 aufgeführt sind [7]. Auch sind in diesem Arbeitsblatt die Zementsorten benannt, die für die Herstellung einer hydrolysebeständigen Oberfläche geeignet sind. In Europa gibt es über 30 verschiedene genormte Zementsorten und in den kommenden Jahren werden neue Zementsorten hinzukommen [8], um die politischen Vorgaben zur Reduzierung der CO 2 Emissionen einzuhalten. Auch wenn die Absenkung der CO 2 Emissionen eine wichtige Aufgabe ist, müssen auch Qualität und Dauerhaftigkeit weiterhin im Fokus bleiben. Eine Instandsetzungsmaßnahme, bei der die CO 2 Emissionen um 10-% reduziert werden, die aber nicht nach 50 Jahren, sondern bereits nach 20-Jahren wieder saniert werden muss, hilft keinem, weder dem Bauherren noch dem Klima, und verursacht zusätzliche Kosten. Nicht zuletzt aus Gründen der Versorgungssicherheit ist daher der Einsatz „neuer“ Produkte, damit sind insbesondere neue Zementsorten gemeint, sorgfältig abzuwägen bzw. es empfiehlt sich, zunächst mehrjährige Erfahrungen in Bereichen zu sammeln, die nicht der versorgungsrelevanten bzw. kritischen Infrastruktur angehören. Ein weiterer Punkt im Bereich Materialauswahl ist das Speicherwasser selber. Auch wenn die im Arbeitsblatt W-300-5 genannten hydrolysebeständigen Zementsorten grundsätzlich geeignet sind, sollte für jeden einzelnen Instandsetzungsfall überprüft werden, ob das Bindemittel bzw. das Instandsetzungsmaterial für das konkrete Wasser geeignet ist. Insbesondere gilt das für Rohwasserbehälter und andere Bauwerke der Wasserversorgung, in denen sich das Wasser womöglich nicht im Gleichgewicht befindet. Aber auch weiches Trinkwasser mit Calcitlösekapazitäten bis 10-mg/ l kann spezielle mineralische Beschichtungen erforderlich machen. Auch wenn es für den Bereich Instandsetzung von Behältern zur Trinkwasserversorgung (noch) kein anerkanntes Prüfverfahren zum Beständigkeitsnachweis mineralischer Mörtel bei calcitlösenden Wässern gibt, gibt es verschiedene Veröffentlichungen und auch Normen, die bei der Entscheidungsfindung behilflich sein können [9,-10,-11,-12]. Nicht zuletzt ist bei der Materialauswahl (bzw. schon bei der Planung) auch zu berücksichtigen, dass durch eine Instandsetzungsmaßnahme nicht alleine die Beständigkeit der wasserberührten Oberflächen und deren hygienische Unbedenklichkeit hergestellt werden soll, vielmehr ist auch die Standsicherheit des Bauwerks bzw. der Konstruktion für dessen Restnutzungsdauer sicherzustellen. Hierzu gehören insbesondere der Erhalt bzw. die Wiederherstellung des Korrosionsschutzes der Bewehrung und des Bewehrungsverbundes. Anders, als bei den Produkten für die alleinige Oberflächenverbesserung (Instandsetzungsverfahren A2 gemäß DVGW-W-300-3), ist bei „statisch relevanten“ Instandsetzungsverfahren (A1.1 bis A1.3 gemäß DVGW-W 300-3) zwingend Betonersatz zu verwenden. Die verwendeten Materialien oder Materialsysteme müssen für diesen Anwendungsfall zugelassen sein [2]. 2. Beispiele dauerhafter mineralischer Beschichtungen Bei den mit mineralischen Systemen instandgesetzten Behältern gibt es welche (wie bei anderen Auskleidungen und Beschichtungen auch), die die angestrebte Standzeit nicht erreichen. Der Regelfall, wenn die drei maßgeblichen Qualitätsfaktoren für Qualität und Dauerhaftigkeit stimmen, sind aber Standzeiten von 40 bis 50-Jahre und auch länger. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die technischen Anforderungen an zementgebundene Beschichtungen (z. B. Porosität ≤-12-Vol.-%, Wasserzementwert (w/ z) eq -≤-0,5) erstmalig im Anhang- 10 des DVGW- Arbeitsblattes W-300 - Ausgabe Juni 2005 festgelegt wurden [13]. Das bedeutet, dass vor der Jahrtausendwende auch zementgebundene Produkte verbaut worden sind, die aufgrund hoher Porosität und hoher Wasserzementwerte keine ausreichende Hydrolysebeständigkeit haben. Es darf daher unterstellt werden, dass diese nicht ausreichend hydrolysebeständigen mineralischen Beschichtungen für etliche zu kurze Standzeiten verantwortlich waren bzw. sind. Bereits in den 1990’er Jahren gab es aber auch schon mineralische Beschichtungen, die den heutigen technischen Anforderungen entsprachen. 2.1 Beispiel 1 In den Jahren 1994 bis 1996 wurden die Kammern des Hochbehälters Wickede (Gesamtspeichervolumen 10.000-m 3 ) mit einem rein mineralischen Nassspritzmörtel (Typ-1) saniert. In dem damals gültigen technischen Datenblatt wurden für das Produkt Kerasal ANS-14-B bei einer Prüftemperatur von 20-°C nachfolgende Werte aufgeführt: • (w/ z) eq ≤-0,5 • Druckfestigkeit ≥-45-N/ mm 2 • Biegezugfestigkeit ≥-7,5-N/ mm 2 • Haftzugfestigkeit 1,5---3,0-N/ mm 2 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 157 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern Die technischen Materialeigenschaften entsprachen somit den heutigen Anforderungen für die Hydrolysebeständigkeit und Dauerhaftigkeit zementgebundener Beschichtungen. Auch der verwendete Zement, ein CEM III (Hochofenzement), entspricht den aktuellen Vorgaben des DVGW- Arbeitsblattes-W 300-5. Abb. 2: Mineralische Beschichtung Hochbehälter Wickede (Aufnahme nach 25 Betriebsjahren) Aktuell ist die mineralische Beschichtung immer noch vollständig intakt, siehe Abbildung-2. Dass es lokal geringfüge Veränderungen an der Glättschicht gibt, soll dabei nicht verschwiegen werden, siehe Abbildung-3. Da es zu keinem erhöhten Abtrag gekommen ist, bei den regelmäßig stattfindenden Begehungen keine Auffälligkeiten festgestellt wurden und insbesondere das Trinkwasser vollständig unauffällig ist, kann sicher davon ausgegangen werden, dass die Beschichtung noch viele Jahre (oder mehrere Jahrzehnte) funktionieren wird. Abb. 3: Lokale Veränderungen an der Glättschicht mit Risslupe zum Größenvergleich 2.2 Beispiel 2 In den Jahren 1993 bis 1997 wurden die Kammern des Hochbehälters Wilhelmshöhe (Gesamtspeichervolumen 23.500-m 3 ) mit einem rein mineralischen Nassspritzmörtel (Typ-1) saniert, technische Daten siehe Beispiel-1. Auch in diesem Behälter ist die mineralische Beschichtung, abgesehen von geringfügigen Veränderungen an der Glättschicht, intakt und es kann sicher davon ausgegangen werden, dass eine Standzeit von 50-Jahren nicht nur erreicht, sondern deutlich übertroffen werden wird, siehe Abbildung 4. Abb. 4: Mineralische Beschichtung Hochbehälter Wilhelmshöhe (Aufnahme nach 30-Betriebsjahren - Foto: GELSENWASSER AG) Dadurch, dass sowohl im Jahr 2018 und auch in 2025 Kernentnahmen aus den Wandflächen möglich waren, konnte die Beschichtung weiterführend untersucht werden. Wie bereits aufgrund der sehr geringfügigen Veränderungen an der Glättschicht zu erwarten war, war die aufgebrachte Mörtelschicht noch vollständig erhalten. Da sowohl nach 24-Betriebsjahren (Kernbohrung in 2018) als auch nach 30-Betriebsjahren (Kernbohrung in 2025) weder Hohlstellen noch irgendwelche anderen Schäden erkennbar waren, wurde ausschließlich die mineralische Beschichtung weiterführend untersucht. Die Überprüfung der Karbonatisierungstiefe mittels Phenolphthalein (einer Indikatorflüssigkeit) ergab, dass nur die äußerste Mörtelrandzone (<-1mm ) von einer pH-Wert Absenkung betroffen war. Aus dem violetten Farbumschlag über die fast komplette Beschichtung kann auf den nach wie vor ausreichend hohen pH-Wert und nicht geschädigten Mörtel geschlossen werden. at. Beeindruckend waren insbesondere die an den Bohrkernen ermittelten Porositätswerte. Die im Regelwerk für hydrolysebeständige Oberflächen geforderten 12-Vol.-% [7] wurden mit 5,2-% nach 24-Jahren bzw. mit 2,8-Vol.-% nach 30-Jahren weit untertroffen, siehe Abbildung-5. 158 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern Abb.-5: Porosität der mineralischen Beschichtung nach 30-Jahren [14] Auf die Porositäten hat sich positiv ausgewirkt, dass bei dem für die Sanierungen ausgewählten Beschichtungen Hochofenzement als Bindemittel zum Einsatz gekommen ist. CEM III wird nicht nur als ein hydrolysebeständiger Zement in dem DVGW Arbeitsblatt W 300-5 aufgeführt, vielmehr ist es ein Zement, der durch eine extreme und über Jahre andauernde Nachkristallisation gekennzeichnet ist [15]. Dieses führt auf der einen Seite zu zunehmenden Festigkeiten - was für den Anwendungsfall als Beschichtung unerheblich ist - auf der anderen Seite führt das zu einem immer dichteren Gefüge und somit zu immer geringeren Porositätswerten. Auch wenn die im Regelwerk geforderten Porositätswerte von ≤-12 Vol.-% für eine hydrolysebeständige Oberfläche durchaus ausreichend sind [7], ist es sicher nicht von Nachteil, wenn eine Beschichtung ein noch dichteren Gefüge aufweist. Aufgrund dessen, dass bei den Beispielen und auch bei etlichen anderen Trinkwasserbehältern ein Material zum Einsatz gekommen ist, dessen Rezeptur seit über 30-Jahren unverändert ist, gibt es zudem belastbare Porositätswerte über diesen langen Zeitraum. Auch wenn diese Porositätswerte aus verschiedenen Behältern stammen, ist die Abnahme der Porosität aufgrund der angesprochenen Nachkristallisation offensichtlich. Bis auf zwei Ausnahmen liegen die ermittelten Werte nahezu auf einer Linie und die bekannte Eigenschaft der langandauernden Nachkristallisation des Hochofenzementes wird bestätigt, siehe Abbildung-6. Abb.-6: Porositätsentwicklung über 30-Jahre von Kerasal mit CEM-III als Bindemittel 3. Nachhaltigkeit Mit einer Instandsetzung sollte nicht der Altzustand der Behälteranlage wiederhergestellt werden, vielmehr ist ein Zustand zu schaffen, der die im Arbeitsblatt DVGW-W-300-1 genannten Anforderungen erfüllt. Der Instandsetzungsbedarf bei in die Jahre gekommenen Trinkwasseranlagen kann somit relativ hoch sein, wenn zusätzlich zu den Oberflächen in den Trinkwasserkammern auch noch die Verrohrungen (Zulauf, Entnahme, Überlauf, Entleerung), der Treppenzugang, die lüftungs- und elektrotechnischen Ausrüstungen und womöglich auch noch die Außenabdichtung inklusive Wärmedämmung erneuert werden müssen. Schnell können die Kosten für eine vollumfängliche Instandsetzung bei 60, 70 oder sogar 80-% der Kosten liegen, die für einen Neubau anfallen würden. Der Wunsch nach einem Neubau - kostet ja nur 20-% mehr - ist daher zunächst einmal nachvollziehbar. Insbesondere in Städten gibt es zum Teil aber keinen Platz für einen adäquaten Neubau und was bei ersten Überlegungen gelegentlich vergessen wird ist, dass im Falle eines Neubaus der „alte“ Behälter auch noch zurückgebaut werden muss. Die hierbei anfallenden Kosten vergrößern die auf den ersten Blick geringe Kostendifferenz zwischen Neubau und Komplettinstandsetzung. Aber bei der Endscheidungsfindung - Instandsetzung oder Neubau - sollten nicht nur die Kosten, sondern auch die im Regelwerk W-300-1 und W-300-3 geforderte Nachhaltigkeit beachtet werden. Dass Beton bzw. der hierfür benötigte Zement für etwa 8-% der globalen CO 2 Emissionen verantwortlich ist, ist kein Geheimnis mehr [8]. Und dass für einen Neubau mehr Zement benötigt wird als für eine Instandsetzung, ist aufgrund des unterschiedlichen Mengenbedarfs an Beton für einen Neubau bzw. an Instandsetzungsmörtel für eine Sanierung gut nachvollziehbar. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 159 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern Hierzu ein Beispiel: Für den Neubau eines Trinkwasserspeichers mit 1.000-m 3 Nutzvolumen (Rundbehälter, Durchmesser 18-m, Höhe-4-m, mit mittiger Trennwand, so dass zwei Kammern mit je 500- m 3 entstehen, siehe Abbildung- 7, werden bei einer Wandstärke von 30-cm in Summe etwa 250-m 3 Beton benötigt. Ausgehend von der Expositionsklasse XTWB liegt der Zementgehalt bei etwa 320-kg/ m 3 - das sind bei 250-m 3 Beton somit 80-t Zement. Insofern ein klassischer Portlandzement (CEM-I) verwendet wird, werden bei der Zementherstellung etwa 60-t CO 2 freigesetzt. Durch den Einsatz eines Portlandkompositzementes (CEM-II), können die herstellungsbedingten Emissionen um etwa 10-t auf dann ca. 50-t CO 2 reduziert werden. Abb.-7: Skizze (Fallbeispiel) eines Behälters mit D-=-18-m und H-=-4-m Auch durch die bei einem Neubau verwendete Bewehrung bzw. bei deren Herstellung wird CO 2 emittiert. Für eine Rissbreitenbegrenzung von 0,15-mm werden etwa 150-kg Bewehrung je m 3 benötigt, was bei dem ausgeführten Beispiel etwa 38- t Stahl sind. Bei der Herstellung der Bewehrung werden folglich 56-t CO 2 freigesetzt. Durch die Herstellung der Baustoffe Beton und Stahl werden bei dem beschriebenen Behälter mit 1.000-m 3 Speichervolumen in Summe etwa 110-t CO 2 emittiert. Wird ein Behälter mit identischen Maßen komplett neu beschichtet, werden für die ca. 900-m 2 Fläche (Decke, Wände, Boden) bei einer mittleren Schichtdicke von 20-mm inkl. Rautiefenausgleich etwa 20-m 3 Betonersatz/ Instandsetzungsmörtel benötigt. Aufgrund der feineren Körnung liegt hier der Zementgehalt je Kubikmeter höher als bei einem XTWB - Beton, es werden etwa 11-t Zement benötigt. Wird als Bindemittel CEM-I verwendet, liegt die zementabhängige CO 2 Emission bei etwa 8,5-t. Durch die Verwendung eines Instandsetzungsmaterials mit Hochofenzement (CEM-III) als Bindemittel, liegt die zementbedingte CO 2 Emission bei „nur“ ca. 4,5-t. Bei diesem Beispiel eines 1.000-m 3 Behälters werden somit über 100-t bzw. über 90 % CO 2 eingespart, wenn anstelle eines Neubaus die Entscheidung zu Gunsten einer Instandsetzung getroffen wird. Unter der Annahme, dass der Materialeinsatz für die Verrohrungen, die lüftungs- und elektrotechnischen Ausrüstungen, die Außenabdichtung inklusive Wärmedämmung und alle anderen Maßnahmen bei einer Komplettinstandsetzung und einem Neubau in etwa gleich sind, hat das somit keine Auswirkung auf die Differenz der CO 2 Emissionen. Auswirkungen auf die CO 2 Emissionen hat aber der Transportaufwand. Da bei einem Neubau inkl. Rückbau des „Altbehälters“ viel größere Massen (Beton, Bewehrung, Bauschutt) bewegt werden müssen, wird die Differenz der CO 2 Emissionen zwischen Neubau und Instandsetzung ganz sicher noch einmal größer. Auch wenn es Fälle gibt, bei denen ein Neubau unvermeidbar ist (z.-B. wenn das Speichervolumen nicht mehr ausreicht) spricht Vieles dafür, sich für eine Instandsetzung und nicht für einen Neubau zu entscheiden. Zum einen liegen die Kosten, auch bei einer sehr umfangreichen Instandsetzung, unterhalb derer eines Neubaus; insbesondere dann, wenn auch die Rückbaukosten mit berücksichtigt werden. Zum anderen liegt das bei der Materialproduktion freigesetzte CO 2 (Treibhausgas Nr.-1) bei den Materialien für eine Instandsetzung nur bei einem Bruchteil von dem der Neubaumaterialien. Und wird bei einer umfassenden Instandsetzung des Trinkwasserbehälters auf eine hohe Qualität alle drei maßgeblichen Faktoren (Planung-Ausführung-Material) geachtet, kann dieselbe Restnutzungsdauern (50-Jahren) wie bei einem Neubau angesetzt werden. 4. Ausblick Dass mit rein mineralischen Produkten lange Standzeiten möglich sind, haben bereits die Römer bewiesen so manche Wasserleitung oder auch Aquädukt bzw. dessen Oberfläche ist noch heute in einem erstaunlich guten Zustand. Auch gibt es genügend Beispiele für lange Standzeiten von rein mineralischen Trinkwasserspeicher. Hier kann stellvertretend der Hauptbehälter der Stadt Wien genannt werden, dessen 6-Kammern in der Zeit von 1873 bis 1896 errichtet und mit einem mineralischen Mörtel beschichtet wurden. Eine vollflächige Sanierung hat bis heute noch nicht erfolgen müssen - die Nutzungsdauer liegt bereits jetzt schon bei 130-Jahren. Aber auch die im Kapitel-2 vorgestellten Behältersanierungen sind gute Beispiele, dass bei einer guten Qualität (bei Planung, Ausführung und beim Material) Restnutzungsdauern von 50-Jahren und darüber hinaus möglich sind. Nicht zuletzt - hier gibt es ein gewaltiges Potential zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen - sollten „alte“ Bauwerke und insbesondere Trinkwasserbehälter, wenn immer es möglich ist, instandgesetzt werden. Viel zu oft entscheidet man sich immer noch für den Neubau, obwohl eine umfassende Instandsetzung gemäß W-300 auch Standzeiten von über 50-Jahre ermöglichen. Das Thema Nachhaltigkeit beinhaltet aber nicht nur die Dauerhaftigkeit von Bauwerken, sondern auch eine „Risikobetrachtung“ der verwendeten Baustoffe (siehe W- 300-1, Kap. 6.8 und Kap. 7.8 sowie W 300-3, Kap.-8.6). Immer mehr Stoffe werden als gesundheitsgefährdend oder besorgniserregend eingestuft und so kann es vorkommen, dass im Fall einer Instandsetzung oder eines Rückbaus die Entsorgungskosten in die Höhe schnellen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn z. B. PCB 160 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Dauerhafte mineralische Instandsetzung von Trinkwasserbehältern (Polychlorierte Biphenyle) oder PAK (Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) in Altbeschichtungen nachgewiesen werden und als „Sondermüll“ entsorgt werden müssen. Weitere Stoffe, wie z. B. BPA (Bisphenol-A) oder PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), werden mit hoher Wahrscheinlichkeit folgen. Auch das ist ein Grund, vermehrt auf bewährte, rein mineralische Werkstoffe im Bereich der Trinkwasserversorgung zu setzten. Literatur [1] Technische Regel - Arbeitsblatt - DVGW W-300-1; Trinkwasserbehälter; Teil 1: Planung und Konstruktion; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; November 2024. [2] Technische Regel - Arbeitsblatt - DVGW W-300-3; Trinkwasserbehälter; Teil-3: Instandsetzung und Verbesserung; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; November 2024. [3] Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung); Deutsches Institut für Bautechnik; Teil 1 - Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung; Mai 2020. [4] DVGW- Arbeitsblatt W 316; Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen für Planung, Bau, Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern; Fachinhalte; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; April 2018. [5] DVGW-Arbeitsblatt W 347; Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich - Prüfung und Bewertung; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; November 2023. [6] Technische Regel DVGW-Arbeitsblatt W 270; Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich - Prüfung und Bewertung; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; Nov. 2007. [7] DVGW-Arbeitsblatt W-300-5; Trinkwasserbehälter; Teil 5: Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- Beschichtungssysteme; und Instandsetzung und Verbesserung; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; August 2020. [8] Ökologisch nachhaltige Bindemittel für die Sanierung von Trinkwasserbehältern; M. Bolesta; Fachzeitschrift gwf; 07-08-2016; DIV Deutscher Industrieverlag. [9] DIN 4030; Beurteilung betonangreifender Wässer, Böden und Gase - Teil 1; Grundlagen und Grenzwerte; Beuth Verlag GmbH; 07 2024. [10] Beton nach 20jähriger Einwirkung von kalklösender Kohlensäure; Locher, Rechenberg, Sprung; Fachzeitschrift Beton; 1984. [11] Dauerhaftigkeitsnachweise chemisch beanspruchter Betone: Angriff durch kalklösende Kohlensäure; Nebel, Ramler, Palm, Matschei; Fachzeitschrift Beton; Verlag: concret content UG; 06/ 2022. [12] DIN 2880: Anwendung von Zementmörtel-Auskleidung für Gußrohre, Stahlrohre und Formstücke; Beuth Verlag GmbH; Januar 1999. [13] Technische Regel Arbeitsblatt-W-300: Wasserspeicherung - Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserbehältern in der Trinkwasserversorgung; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; Juni 2005. [14] Prüfbericht P-0479-02; bsm 2 ; Untersuchung an Mörtelprobe Kerasal-ANS-14-B; 10.04.2025. [15] Hochofenzement - Eigenschaften und Anwendungen im Beton; Weber, Bilgeri, Kollo, Vißmann; Beton Verlag GmbH; Düsseldorf, 1991. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 161 Einsatz von PE-Röhren im Neubau beim Trinkwassermanagement und der Trinkwasserspeicherung Dipl.-Ing. (FH) Markus Petry FRANK GmbH, Mörfelden-Walldorf Martin Großkopf, M. Eng. FRANK GmbH, Mörfelden-Walldorf Zusammenfassung Der Beitrag stellt den Einsatz modular aufgebauter Systembehälter aus Polyethylen (PE) im Bereich der Trinkwasserspeicherung und des Trinkwassermanagements vor. Anhand technischer Merkmale, baupraktischer Aspekte und normativer Anforderungen wird gezeigt, wie PE-Systembehälter individuell an Baugrund, Volumenbedarf und Einbausituation angepasst werden können. Die Darstellung umfasst sowohl die Herstellung im Wickelrohrverfahren als auch die Montage und Integration in bestehende Netze. Der Beitrag verdeutlicht, wie durch den Einsatz von PE-Trinkwasserbehältern eine hohe Nachhaltigkeit und Planungssicherheit erreicht werden kann. 1. Einführung Gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300-1 [1] können Materialien zum Bau von Trinkwasserbehältern eingesetzt werden, die sowohl die Dichtigkeit gewährleisten als auch die Veränderung des gespeicherten Wassers dauerhaft verhindern. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die jeweiligen Prüfanforderungen und die Einhaltung des § 17 der Trinkwasserverordnung [2] gelegt. Zudem soll die Innenoberfläche im Behälter so glatt und porenfrei wie möglich sein, um die Reinigung zu erleichtern und das Risiko eines Bakterienwachstums zu minimieren. In Frage kommen daher • Betone nach DVGW W 347 [3], • Niedrig legierte und Nichtrostende Stähle, • Glasfaserverstärkte Kunststoffe, • Thermoplastische Kunststoffe (PE/ PP) [4], • Flüssigkunststoffe. Die Korrosion der eingesetzten Materialien ist im Vorfeld zu prüfen. Es ist essenziell, ein System zu wählen, das unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Trinkwasserversorgung über einen langen Zeitraum ohne Beeinträchtigung des Wassers oder des Behälters sicherstellt. Viele bestehende Trinkwasserbehälter entsprechen heute nicht mehr den aktuellen technischen und hygienischen Anforderungen. Daher besteht die Möglichkeit, diese entweder zu sanieren, zu erweitern oder vollständig neu zu errichten. Die Entscheidung hierfür hängt sowohl von technischen als auch wirtschaftlichen Faktoren ab. Solche Maßnahmen können jedoch zeitaufwendig sein und stellen insbesondere bei prozesskritischen Behältern eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Darüber hinaus spielen bei der Auswahl des Systems die Wasserqualität, die Kosten sowie der Baugrund eine entscheidende Rolle. Zu dem Baugrund gehört die Grundstücksmaße, die benötigte Kubatur, der Untergrund, die Zuwegung und die Lage. Mit der Einführung der DVGW W 300-6 wird ein weiterer wichtiger Aspekt berücksichtigt: die Systembehälter. Diese sind werksseitig gefertigte Trinkwasserbehälter, die je nach Größe entweder als vollständiges, fertiges Bauwerk am Stück oder in segmentierter Form auf die Baustelle geliefert und vor Ort montiert werden. Bei segmentierten Bauteilen erfolgt die Verbindung durch Schweißarbeiten, sodass am Ende ein vollständig ausgerüsteter Trinkwasserbehälter entsteht - inklusive vollumfänglichen hydraulischer Verrohrung in der Armaturenkammer, mit außenliegenden Anschluss-stutzen für die Integration in das bestehende Netz. Hierbei stehen Planern und Anwendern alle in der DVGW W 300-1 [1] aufgeführten Materialien zur Verfügung. Besonders Polyethylen (PE) erfreut sich aufgrund seines geringen Eigengewichts, seiner Flexibilität und einfachen Handhabung zunehmender Beliebtheit. PE-Systembehälter sind insbesondere in schwierigem Gelände oder bei kurzen Installationszeiten ideal, da die aufwändigen Vorarbeiten werkseitig erfolgen. Auf der Baustelle sind nur noch Erdarbeiten sowie die Anschlussarbeiten an das bestehende Netz notwendig. 162 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Einsatz von PE-Röhren im Neubau beim Trinkwassermanagement und der Trinkwasserspeicherung Abb. 1: Transport im alpinen Raum, der leichten Segmenten des Trinkwasserspeichers aus PE 2. Hauptkapitel 2.1 Einführung in die Trinkwasserbauwerken aus Polyethylen (PE) Die Trinkwasserspeicherung in Trinkwasserbehältern aus Polyethylen (PE) haben sich in den letzten Jahrzehnten als äußerst bewährtes Material erwiesen und im Neubau, sowie der Sanierung von Trinkwasserbehältern etabliert. Sie bieten eine Vielzahl von Vorteilen, die sowohl die technische Leistungsfähigkeit als auch die Wirtschaftlichkeit betreffen. Die Verwendung von PE-Systemen ermöglicht eine langlebige, hygienisch einwandfreie und wartungsarme Lösung für die Trinkwasserversorgung. 2.2 Werkstoffbezogene Eigenschaften von PE: PE ist ein thermoplastischer Kunststoff, der aufgrund seiner chemischen Struktur viele positive Eigenschaften für den Einsatz im Trinkwassermanagement bietet. PE [4] ist im Rohrleitungsbau seit vielen Jahrzehnten bewährt und nach DVGW W 400-1 auch für Trinkwasserbauwerke optimal geeignet. Die Vorteile umfassen: • Langlebigkeit: PE-Systeme sind gemäß DIN EN 7084/ 7085 auf eine Einsatzdauer von bis zu 100 Jahren ausgelegt. Dies wird durch die hohe Beständigkeit und die sehr gute chemische Widerstandsfähigkeit des Werkstoffs ermöglicht. • Emissionsfreiheit: Bei der Verarbeitung und auch während dem Gebrauch entstehen keine schädlichen Emissionen. • Mechanische Belastbarkeit: PE ist äußerst widerstandsfähig gegen mechanische Beanspruchung, was bei Bau und Betrieb von Behältern von Vorteil ist. • Medienbeständigkeit: Das Material ist pH-neutral im Bereich von 0 bis 14, was bedeutet, dass es mit nahezu allen Wasserqualitäten kompatibel ist, inklusive aggressivem oder stark mineralischem Wasser. • Chemische Resistenz: PE ist generell gegenüber einer Vielzahl von Substanzen sowie auch gegenüber fast allen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln beständig. • Schweißbarkeit: Das Material lässt sich sehr gut verschweißen, was eine nahtlose Abdichtung gewährleistet. Die Schweißverfahren (z. B. DVS 2207, DVS 2227-1 [5]) sind gut etabliert und ermöglichen eine dauerhafte Verbindung. • Keine Weichmacher oder Formstabilisatoren: Dies trägt zur hygienischen Unbedenklichkeit bei. • Möglichkeit, ein einheitliches Gesamtsystem aus einem bewährten Werkstoff zu errichten. 2.3 Vorteile von PE für Wartung und Hygiene PE weist eine geringe Oberflächenenergie auf und gilt daher als niederenergetisch. Dadurch bietet das Material einen guten Schutz gegenüber Biofilmbildung. Zudem ist der Kunststoff chemisch beständig, was die Verwendung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln ermöglicht. Neben den chemischen Vorteilen verfügt PE über eine physikalisch glatte Oberfläche. Dadurch werden Ablagerungen von Sedimenten sowie Mangan- und Eisenablagerungen erheblich reduziert, die Betriebskosten gesenkt und die Wasserqualität langfristig gesichert. Zudem sorgt die chemische Beständigkeit von PE dafür, dass verschiedene Reinigungs- und Desinfektionsmittel eingesetzt werden können, ohne das Material zu beschädigen. 2.4 Herstellung und Verarbeitung von PE Bauteilen für die Trinkwasserbauwerken Die Materialien Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) gehören zu den Thermoplasten und sind durch ihre Schweißbarkeit besonders für die Herstellung von Trinkwasserbauwerken geeignet. Sie können in sämtlichen gängigen Kunststoffverarbeitungsverfahren verarbeitet werden. Neben der Rohr- und Plattenextrusion sowie dem Spitzguss technischer Bauteile kommt auch die Wickelrohrextrusion zum Einsatz, um Rohre mit Innendurchmessern von bis zu 3.500 mm herzustellen. Durch die Anpassung des Rohrauf baus können diese Rohre wirtschaftlich für unterschiedliche statische Lastfälle produziert werden. Für den Bau eines Trinkwasserspeichers werden die benötigten Komponenten materialgleich hergestellt, was die Schweißung der einzelnen Segmente sowie von Rohreinbindungen und weiteren An- und Einbauten ermöglicht. Die formschlüssige Verbindung aller Bauteile gewährleistet nach der Fertigstellung des Behälters eine nachweisbare Dichtigkeit. Dadurch ist es möglich, ein Gesamtsystem aus einem bewährten Werkstoff zu realisieren und ein einheitliches Konzept für die Trinkwasserspeicherung und den Transport zum Endverbraucher zu entwickeln. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 163 Einsatz von PE-Röhren im Neubau beim Trinkwassermanagement und der Trinkwasserspeicherung Abb. 2: Wickelrohrproduktion aus PE 2.5 Systembehälter Mit der DVGW W 300-6 wird einem weiteren Punkt Rechnung getragen, der in den vergangenen Jahren vermehrt aufgetaucht ist, jedoch keiner Regelung unterlag: Die Systembehälter, insbesondere die modularen Systembehälter aus PE. Für diese Systembehälter gelten die gleichen Anforderungen wie für Neubauten und Sanierungen. Alle Vorgaben der DVGW W 300 Teil 1-5 sind sowohl in Bezug auf die Gestaltung als auch auf Hygiene und Sicherheit einzuhalten. 2.6 Trinkwasserbauwerken aus PE als Systembehälter Der Systembehälter aus PE ist ein modular aufgebauter Rohrspeicher, der für jedes Projekt individuell geplant wird. Der Grundbaustein bildet das schweißbare PE-Wickelrohr bis zu einem Innendurchmesser von 3500 mm. Durch die anpassbare Zusammenstellung der Grundmodule kann für nahezu jede Einbausituation die passende Bauform realisiert werden. Abb. 3: Typische Bauformen der Systembehälter aus PE Systembehälter sind werkseitig vorgefertigte Trinkwasserspeicher. Je nach Größe werden sie entweder als einsatzfähiges Bauteil in einem Stück oder als einzelne Module geliefert und vor Ort montiert. Bei transportbedingt mehrteiligen Behältern werden diese auf der Baustelle zusammengeschweißt, sodass anschließend ein vollständiger Trinkwasserbehälter mit, wenn gewünscht, kompletter Ausstattung der entsteht. Hierbei wird die Armaturenkammer auch aus einem PE-Wickelrohr gefertigt. Die nach außen geführten Anschlussstutzen ermöglichen eine einfache und unkomplizierte Verbindung an das Bestandsnetz. Hier stehen Planern und Anwendern die volle Bandbreite der in der DVGW W 300-1 aufgeführten Materialien zur Verfügung. Aufgrund des geringen Eigengewichts und der flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten erfreuen sich Systembehälter aus Polyethylen in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Abb. 4: Trinkwasserspeicher und Armaturenkammer aus PE Besonders in schwierigem Gelände oder bei kurzen Installationszeiten kann ein PE-Systembehälter seine Vorteile voll ausspielen. Da die zeitaufwändigen Arbeitsschritte bereits werkseitig erfolgen, sind auf der Baustelle nur noch die Erdarbeiten und die Anschlusstätigkeiten an das bestehende Netz notwendig. Die Systembehälter werden nach Abschluss der Arbeiten erdüberdeckt und fügen sich harmonisch in die Umgebung ein, s. Abb. 5. 164 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Einsatz von PE-Röhren im Neubau beim Trinkwassermanagement und der Trinkwasserspeicherung Abb. 5: Beispiel der harmonischen Einbindung des Systembehälters aus PE in die Natur im Schwarzwald. 3. Fazit: Vorteile von PE in Trinkwasserbauwerken Der Einsatz von PE-Auskleidungen und PE-Systembehältern bietet eine Vielzahl nachhaltiger Vorteile: • Langlebigkeit: -Nutzungsdauer von ≥100 Jahren • Kurze Bauzeiten: -Schnelle Montage durch werkseitige Vorfertigung • Recyclingfähigkeit: -100 % recycelbar, umweltfreundliches PE • Geringer Wartungsaufwand: -Weniger Zeit- und Kostenaufwand für Reinigung, Desinfektion und Wartung • Modularität: -Flexibel erweiterbar und auch nachträglich anpassbar • Physiologische Unbedenklichkeit: -Rein (unbedenklich für die Gesundheit) • Langfristiges Erscheinungsbild: - Einheitliches, ansprechendes Farbbild auch nach langer Nutzungszeit • Verschleißfestigkeit: -Keine Abnutzung oder Abrieb • Innenoberfläche: -Poren- und rissfrei, hygienisch und leicht zu reinigen • Dichtheit: - Geschweißte Wanddurchführungen und Systemeinbauten gewährleisten dauerhaft dichte Bauwerke • Schutz vor Infiltration und Wurzeleinwuchs: - Kein Wasserverlust, keine unerwünschten biologischen Einflüsse • Planungssicherheit: -Vollständige Kostenerfassung in der Planungsphase, keine unerwarteten Nachträge bei sorgfältiger Planung • Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit: -Lösung in allen Bereichen u. a. durch lange Nutzungsdauer Literatur [1] DVGW Arbeitsblatt W 300-1 (A) (Trinkwasserbehälter - Teil 1: Planung und Bau); Technische Regel; 10-2014; [2] Neufassung der Trinkwasserverordnung vom 10.03.2016, § 17 Anforderungen an Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser; 03-2016 [3] DVGW W 347 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich; 05-2006 [4] Scholz; Baustoffkenntnis; 12. Auflage; ISBN 3-8041-3411-4; Seiten 645-657 [5] DVS 2227-1 Schweißen von Halbzeugen aus Polyethylen hoher Dichte (PE) für die Abdichtung von Betonbauwerken im Bereich des Grundwasserschutzes und zum Korrosionsschutz, Stand 08-2004 [6] Dr. Lukas Kriem; Wie entstehen Biofilme; Fraunhofer-Gesellschaft; 12-2023 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 165 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem Dr. rer. nat. Jens Glowacky BPA GmbH, Herrenberg Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Adrian Pflieger BPA GmbH, Herrenberg Zusammenfassung Die sichere Versorgung mit Trinkwasser erfordert bauliche Maßnahmen, die klimatische Herausforderungen wie Trockenheit und Starkregen berücksichtigen. Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen (WU-Beton) spielen dabei eine zentrale Rolle. Besonders kritisch dabei sind Fugenabdichtungen, die höchsten hygienischen und technischen Anforderungen genügen müssen. Das Fugenblechsystem CEMflex mit mineralisch reaktiver Beschichtung bietet mechanischen, chemischen und selbstheilenden Schutz. Es erfüllt alle relevanten Anforderungen aus Produkt-Zulassungsprüfungen und Anforderungen in Trinkwasseranwendungen. Die aktive Reaktion mit Beton sorgt für dauerhaften Verbund und Abdichtung von Arbeits- und Sollrissfugen. Der Einbau ist einfach, witterungsunabhängig und reduziert Fehlerquellen. Praxisbeispiele zeigen die erfolgreiche Anwendung im Trinkwasserbehälter- und Wasserwerksbau. 1. Einführung Die Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser stellt eine der grundlegendsten Aufgaben im Bereich des Gesundheits- und Umweltschutzes dar [1]. Im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels müssen viele Länder, Kommunen und Unternehmen ihre Trinkwasserversorgungen auf den Prüfstand stellen und die Frage beantworten, ob Ihre Trinkwasserversorgungseinrichtungen den Heraus-forderungen des voranschreitenden Klimawandels gewappnet sind. Regenreiche Wetterlagen und längere Trockenphasen sind in den Trinkwasser-Gewinnungs-, -Lager- und -Transportprozessen der Trinkwasser-versorger zu berücksichtigen [2]. Gleiches gilt prinzipiell auch für Oberflächenwasser, welches als Brauch- oder Nutzwasser an vielen Stellen in Industrie und Landwirtschaft genutzt werden kann, um dort Trinkwasser einzusparen. In Deutschland und vielen anderen Ländern unterliegt Trinkwasser strengen gesetzlichen Anforderungen, die im Wesentlichen durch die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) [3] geregelt werden. Der Schutz des Trinkwassers beginnt dabei nicht erst bei der Auf bereitung, sondern bereits bei der Planung, Konstruktion und Ausführung von baulichen Anlagen, die mit Trinkwasser in Berührung kommen - insbesondere von Speicherbauwerken, Behältern und Leitungsbauwerken. In diesem Zusammenhang gewinnen wasserundurchlässige Betonkonstruktionen, sogenannte WU-Konstruktionen, zunehmend an Bedeutung [4, 5]. WU-Beton ist ein spezielles Betonsystem, das durch seine dichte Materialstruktur auf Grund einer optimierten Betonrezeptur und eine sorgfältig geplante Konstruktion das Eindringen von Wasser dauerhaft verhindert. Solche Konstruktionen bieten zahlreiche Vorteile: Sie sind dauerhaft, wartungsarm, kosteneffizient und bieten einen effektiven Schutz gegen das Eindringen von Wasser oder Feuchtigkeit sowie gegen das Austreten von Trinkwasser. Besonders im Hinblick auf die steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung erweist sich der Einsatz von WU-Beton als zukunftsweisende Lösung [6]. Trotz dieser Vorteile ist die Anwendung von WU-Konstruktionen im Bereich der Trinkwassersicherheit mit besonderen Herausforderungen verbunden. Hierzu zählen unter anderem die Sicherstellung der Betondichtigkeit über die gesamte Nutzungsdauer, die Vermeidung mikrobiologischer Beeinträchtigungen durch Rissbildung oder Undichtigkeiten sowie die Berücksichtigung der chemischen Beständigkeit gegenüber im Wasser gelösten Stoffen [4, 7]. Dieser Beitrag beschäftigt sich im Speziellen mit Herausforderungen von einem baulichen Detail der Betonkonstruktion: Der Fugenabdichtung. Fugenabdichtungen erfordern eine besondere Sorgfalt in Planung und Ausführung, um die Integrität der Trinkwasserschutzfunktion langfristig zu gewährleisten, was grundsätzlich auch für andere Details wie Rohrdurchführungen oder Anschlüsse gilt [8]. Besonders hervorzuheben sind dabei Fugenabdichtungssysteme mit innovativen Lösungen, die die in der trinkwassersicheren Anwendung gestellten baupraktischen und hygienischen Anforderungen in Kombination mit WU-Betonkonstruktionen, im Speziellen Fugensysteme mit mineralisch reaktiv beschichteten Fugenabdichtungen, erfüllen. 2. Anforderungen an Fugenabdichtungen in Trinkwasserbehältern Fugenabdichtungen in Trinkwasserbehältern - insbesondere Arbeits- und Sollrissfugenabdichtungen - unterliegen hohen technischen und hygienischen Anforderungen, die durch verschiedene normative Regelwerke präzise definiert sind. Ziel ist es, die dauerhafte Dichtheit der Behälter sicherzustellen und gleichzeitig die hygienische Un- 166 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem bedenklichkeit aller eingesetzten Materialien im Kontakt mit Trinkwasser zu gewährleisten [9, 10]. Arbeitsfugen entstehen bei der planmäßigen Unterbrechung von Betonierabschnitten und stellen aufgrund ihrer strukturellen Natur potenzielle Schwachstellen in der Dichtheit eines wasserundurchlässigen Betonbauwerks dar. Der homogene Beton wird durch die Arbeitsfuge gestört und bildet an dieser und mit allen Fugen-abdichtungslösungen eine Grenzfläche, welche die größte Schwachstelle im Verbundsystem darstellt [11]. Um eine sichere Abdichtung dieser Fugen zu gewährleisten, müssen geeignete Abdichtungssysteme verwendet werden, wie z. B. Fugenbänder, quellfähige Dichtbänder, Injektionsschläuche oder die hier im Fokus stehenden Fugenbleche. Die Auswahl, Anordnung und Ausführung dieser Systeme müssen bereits in der Planungsphase detailliert, vor allem die maximale Rissbreitenbemessung und im Speziellen die mechanische Belastung der trinkwasserführenden Betonkonstruktionen bei maximaler Wasserlast (maximaler Füllhöhe und Wasserdruck) und schneller Wasserentlastung, z. B. bei Leerungen von Becken, berücksichtigt werden [12]. Normativ besonders relevant ist die WU-Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb), die Anforderungen an die Planung, Bemessung und Ausführung von wasserundurchlässigen Bauwerken aus Beton formuliert. Sie beschreibt, wie Arbeitsfugen im Kontext eines ganzheitlichen Abdichtungskonzepts geplant und mit geprüften Systemen abgedichtet werden müssen. Die Abdichtung muss dabei dauerhaft wirksam sein und mechanischen sowie chemischen Belastungen standhalten [13]. Darüber hinaus gelten im Trinkwasserbereich spezielle hygienische Anforderungen. Das DVGW-Arbeitsblatt W-300 fordert, dass Trinkwasserbehälter dauerhaft dicht und so geplant und gebaut werden müssen, dass eine Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität ausgeschlossen ist [10]. Die in Fugenabdichtungssystemen eingesetzten Materialien müssen deshalb die Anforderungen der KTW-Bewertungsgrundlage (KTW-BWGL) erfüllen, welche die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Kunststoffen und anderen polymeren Werkstoffen im Kontakt mit Trinkwasser sicherstellt [14]. Zusätzlich ist die mikrobiologische Eignung der Materialien gemäß DVGW-Arbeitsblatt W- 270 nachzuweisen [15]. Dieses stellt sicher, dass Materialien kein Nährboden für mikrobiologisches Wachstum sind, was eine Verunreinigung des Wassers verhindern soll. Bei mineralisch reaktiv beschichteten Fugenbleche legt ergänzend das DVGW- Arbeitsblatt W-347 Prüfungen und hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe fest, die im Kontakt mit Trinkwasser stehen könnten [16]. Auch konstruktive Normen wie die DIN EN-1992-1-1 (Eurocode-2) und die deutsche Ergänzungsnorm DIN 1045-1 sind zu beachten [17, 18]. Sie betreffen die konkrete Ausführung und Verarbeitung von Beton, einschließlich der Anforderungen an die Gestaltung und Vorbereitung von Arbeitsfugen. Besonders wichtig ist hier, dass die Fugenflächen fachgerecht vorbereitet, gereinigt und ggf. aufgeraut werden, um eine optimale Haftung und Funktion der Abdichtung zu gewährleisten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Fugenabdichtungen in Trinkwasserbehältern nur mit zugelassenen, geprüften und für den Trinkwasserkontakt geeigneten Produkten ausgeführt werden dürfen. Die Auswahl der Abdichtungssysteme sowie deren Einbau müssen den geltenden Normen und Regelwerken entsprechen, insbesondere der WU-Richtlinie, den DVGW-Arbeitsblättern W-270 und W-347 sowie der KTW-BWGL. Nur durch die konsequente Einhaltung dieser normativen Vorgaben kann sichergestellt werden, dass Trinkwasserbehälter dauerhaft dicht und hygienisch einwandfrei betrieben werden können. Am Bespiel des mineralisch reaktiv beschichtete Fugenblechsystem CEMflex der Firma BPA GmbH aus Herrenberg soll im Folgenden gezeigt werden, wie das Fugenblechsystem aufgebaut ist, welche Funktionsweisen es hat und wie diese Eigenschaften ideal auf die oben aufgeführten Anwendungsanforderungen passen. 3. Aufbau und Funktionsweise eines mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechsystems am Beispiel von CEMflex Das Fugenabdichtungssystem CEMflex besteht aus einem verzinkten Stahlblech als Trägermaterial mit beidseitiger, mineralisch reaktiver Spezialbeschichtung, die herstellungsbedingt eine raue Oberfläche ausbilden lässt. Die Beschichtung ist durch seine Reaktionsfähigkeit auf Grund seiner chemischen, betonähnlichen, Zusammensetzung auf dem Trägerblech chemisch dauerhaft und fest gebunden. Die chemischen Anbindungsreaktionen der Beschichtung auf dem Trägermaterial laufen während der Herstellung und der anschließenden Trocknungsphase innerhalb weniger Stunden ab. Nach der Trocknungsphase ist die Beschichtung auf dem Trägerblech chemisch fixiert und trocken ohne zusätzliche Schutzfolien handhabbar. Die elastischen Eigenschaften der mineralisch reaktiven Beschichtung sind dabei soweit ausgeprägt, dass ein Biegen der beschichteten Bleche, z. B. für die Ausbildung von Ecken oder L-Profilen, ohne Abplatzen der Beschichtung möglich ist. Die Abdichtungswirkung dieses Fugenabdichtungs-systems basiert auf einem dreifachen Wirkprinzip: 1. Mechanische Sperre: Das Stahlblech wirkt primär als Barriere gegen Wasserdurchtritt entlang der Fuge. Zusätzlich ist das Blech auch gasdicht und dient als Trägermaterial für die mineralisch reaktive Spezialbeschichtung. Diese Beschichtung ist auf der mechanischen Sperre chemisch dauerhaft stabil gebunden und dient dort ebenfalls als mechanische Barriere. Ihre raue Oberfläche führt zu einer signifikanten Vergrößerung der möglichen mineralischen Grenzfläche als Kontakt zum umgebenden Beton. 2. Aktive Reaktion: Sobald das Fugenblechsystem CEMflex in der Arbeitsfuge installiert ist, werden im Nachgang die Betonagen je Abschnitt durchgeführt, so dass die mineralisch reaktiv beschichteten Fugenbleche im Kontakt zum Frischbeton stehen. Die raue 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 167 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem Oberfläche der Beschichtung und ihre mineralische Zusammensetzung ermöglichen dabei einen optimalen mechanischen Verbund zum umgebenden Beton. Dieser mechanische Verbund wird durch eine chemische Anbindungsreaktion verstärkt, die in der mineralisch reaktiven Beschichtung des CEMflex Fugenblechsystems ihren Ursprung hat. Diese Anbindungsreaktion beruht auf dem Reaktionsverhalten der mineralischen Beschichtung des Fugenbleches mit der Feuchtigkeit des Frischbetons, der sich entwickelnden Porenlösung bei den Betonhydratationsschritten oder nach der Betonhydratation durch Kontakt mit eindringenden wässrigen Lösungen. Es können dabei unterschiedliche Reaktionswege ablaufen, die am Ende die strukturelle Schwachstelle an der Grenzfläche zwischen Beton und CEMflex Fugenblechsystem durch Rekristallisation von Calcit oder C-S-H-Phasen kraftschlüssig und dicht beheben. Diese Versinterungs- oder Hydratationsreaktionen laufen in Abhängigkeit der Zusammensetzung der, an das Fugenblechsystem herangetragenen, wässrigen Lösungen in der Grenzfläche ab. Die entstehenden Kristalle binden sich optimal in die umgebende Betonmatrix ein, da sie auch natürlicher Bestandteil von Betonen sind und führen dadurch zu einer dichten Beton-Matrix in den Grenzflächen der Arbeitsfugen. 3. Selbstheilung: Nach dem Erhärten des Betons sind die eingebundenen mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechsysteme weiterhin in der Lage chemische Versinterungs-, Rekristallisations- und Hydratationsreaktionen durchzuführen. Durch die Nutzung der Betonkonstruktion, durch externe Einflüsse indizierte Kräfte oder aus der Betonkonstruktion selbst, können kleinere Risse und Mikrorisse auch im Bereich der Arbeitsfugen entstehen. Wenn diese Risse wasserführend sind, ist die Beschichtung der CEMflex Fugenbleche auch zu einem späteren Zeitpunkt in der Lage, abdichtende Rekristallisationsprodukte auszubilden und damit die Risse nachträglich abzudichten. Diesen nachträglichen Selbstheilungsprozess unterstützt die Flexibilität der allseitig aufgetragenen mineralisch reaktiven Beschichtung des Fugenblechsystems. Kleinere Bewegungen in der Betonkonstruktion werden durch die Flexibilität in der Beschichtung gut bewältigt, sind dann aber auch weiterhin in der Lage die reaktiven mineralischen Anteile zur chemischen Reaktion zur Verfügung zu stellen. 4. Hygienische Eignung - Prüfung und Zulassung Das Fugenblechsystem CEMflex erfüllt durch seine zahlreichen nationalen und internationalen Zulassungen höchste Anforderungen an die Materialverträglichkeit, mikrobiologische Unbedenklichkeit und Eignung für den Einsatz in trinkwasserberührten Bereichen. Die KTW- Richtlinien (Kunststoffe im Trinkwasser), herausgegeben vom Umweltbundesamt, definieren die hygienischen Anforderungen an Materialien, die mit Trinkwasser in Kontakt kommen [14]. CEMflex erfüllt diese Anforderungen nachweislich, wodurch sichergestellt ist, dass vom Fugenblech keine gesundheitsgefährdenden oder das Trinkwasser nachteilig beeinflussenden Stoffe freigesetzt werden [19]. Zusätzlich entspricht CEMflex den Anforderungen der DVGW-Arbeitsblätter W- 270 und W- 347 [15, 16]. Das Arbeitsblatt DVGW W270 beurteilt die mikrobiologische Eignung von Werkstoffen hinsichtlich des Wachstums von Mikroorganismen auf deren Oberfläche. Durch die erfolgreiche Prüfung gemäß W-270 wird bestätigt, dass das Fugenblechsystem kein Nährboden für Mikroorganismen ist und somit die mikrobiologische Qualität des Trinkwassers nicht gefährdet [20]. Das Arbeitsblatt DVGW W- 347 regelt die Anforderungen an Fugenabdichtsysteme in wasserführenden Bauwerken, insbesondere im Trinkwasserbereich, in Bezug auf chemische Beständigkeit, Haftverhalten, Rissüberbrückung und mechanische Belastbarkeit. CEMflex erfüllt diese technischen und bauphysikalischen Kriterien umfassend und eignet sich daher für dauerhaft wasserbelastete Fugen in hochsensiblen Trinkwasseranlagen [20]. Die NSF/ ANSI 61-Zertifizierung (National Sanitation Foundation) bestätigt die Übereinstimmung mit den nordamerikanischen Anforderungen für Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen [21]. Diese Zulassung belegt die internationale Hygienetauglichkeit und Materialqualität des Fugenblechsystems CEMflex auch im außereuropäischen Kontext [22]. Nicht zuletzt entspricht CEMflex den Anforderungen der Trinkwasserverordnung 2023 (TrinkwV 2023), welche alle in Deutschland geltenden Regelungen zur Qualitätssicherung von Trinkwasser auf dem neuesten Stand der Technik zusammenfasst. Die Verordnung fordert, dass nur hygienisch einwandfreie Materialien in Trinkwasseranlagen verbaut werden dürfen, die nach dem Stand der Technik bewertet und zugelassen sind. Insgesamt erfüllt das Fugenblechsystem CEMflex somit alle relevanten technischen, mikrobiologischen und hygienischen Anforderungen, um in Bauwerken mit Trinkwasserkontakt sicher, dauerhaft und regelkonform eingesetzt werden zu können. 5. Verarbeitung und Einbau Die fachgerechte Montage des CEMflex Fugenblechs erfolgt in mehreren aufeinander abgestimmten Schritten und ist entscheidend für die sichere Abdichtung von Arbeitsfugen in wasserundurchlässigen Beton-bauwerken [23]. Das Fugenblech wird mittig mit einem Abstand zum Bauteilrand von mindestens 50-mm bzw. mindestens 3x Größtkorndurchmesser in der Betonfuge eingebaut und sorgt durch seine spezielle Beschichtung für eine zuverlässige Aktivabdichtung mit dem umgebenden Beton. Zunächst wird das CEMflex Fugenblech in der Boden-Wand-Fuge direkt auf der obersten Bewehrungslage installiert. Dazu wird das Blech mit geeigneten Befestigungsmitteln, wie Omegabügeln oder Halteclips, mechanisch befestigt. 168 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem Abb. 1: CEMflex Fugenblech fixiert auf oberster Bewehrungslage. Alternativ kann bei nachträglichen Fugenausbildungen auch ein Einkleben mittels eines geeigneten Klebers erfolgen. Wichtig ist, dass das Fugenblech gerade und mittig auf der Arbeitsfuge sitzt und keine Fehlstellungen aufweist. Das Blech kann je nach baulicher Geometrie mit der Hand gebogen und mit Blechscheren auf Maß zugeschnitten werden. Die einzelnen CEMflex-Elemente werden mit mindestens 5-cm Überlappung (bis 2-bar Wasserdruck geprüft) verbunden. Bei erwarteten Wasserdrücken bis 8-bar ist eine Überlappungslänge von ≥-10-cm vorzusehen. An den Stoßstellen ist darauf zu achten, dass die Verbindung dicht und formschlüssig ausgeführt wird. Die Überlappungen werden in der Regel durch Halteclips gesichert. Abb. 2: CEMflex Fugenblech Überlappung gesichert mit 2 Halteclips. Nach der Montage muss sichergestellt werden, dass die Reaktivbeschichtung des Blechs unversehrt bleibt. Ein direkter Kontakt mit Betonverflüssigern, Schalölen oder anderen chemischen Zusatzmitteln ist zu vermeiden. Bei starker Verschmutzung ist die Beschichtung vor dem Betonieren vorsichtig zu reinigen, leichte Betonspritzer auf der Beschichtung stören die Funktionsfähigkeit des mineralisch reaktiven Fugenblechsystems nicht. Bei der Fugenabdichtung von Wand-Wand-Abschnitten ist äquivalent zu verfahren. Beim anschließenden Betonieren ist darauf zu achten, dass der Frischbeton das Fugenblech allseitig gut umschließt, insbesondere im Bereich der Fugenstöße und Übergänge. Verdichtungsvorgänge wie Rütteln müssen mit Sorgfalt durchgeführt werden, um Lunkerbildung zu vermeiden und eine kraftschlüssige Einbindung in den Beton sicherzustellen. Die Einbindetief eines Fugenblechabschnittes ist abhängig von dem zu erwartenden Wasserdruck. Bis 3-bar ist eine Einbindetiefe von 3-cm ausreichend. Bei Wasserdrücken bis 8 bar muss eine Einbindung von mindestens 5-cm in den Beton gewährleistet werden können. 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 169 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem Abb. 3: CEMflex Fugenblech T-Stoß mit Omegabügeln in Beton. Da das mineralisch reaktive Fugenblechsystem ohne Schutzfolien und andere Schutzmaßnahmen auskommt, reduziert sich der Verpackungsmüll und vereinfacht den Einbau im Handling signifikant. Durch den Systemauf bau des mineralisch reaktiven Fugenblechsystems ist der Einbau witterungsunabhängig und reduziert fehlerhafte Anwendungen deutlich. Die für das Fugenblechsystem vorliegenden Prüfzeugnisse belegen, neben der trinkwassersicheren Anwendung, auch die einfache, effektive und sichere Verarbeitung bei unterschiedlichen Anwendungsgebieten. Gleichzeitig gewährleistet der fachgerechte Einbau in Verbindung mit der Produktfunktionalität selbst bei hohen Wasserdrücken eine effektive, langlebige und normkonforme Abdichtungslösung für anspruchsvolle WU-Betonkonstruktionen. 6. Systemvergleich: mineralisch reaktiv beschichtetes Fugenblech vs. Konventionelle Lösungen - Leistungsfähigkeit Für eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines mineralisch reaktiv beschichten Fugenblechsystems stellen Anwendungskriterien wie eine einfache Verarbeitung, die Fehlertoleranz des Abdichtungssystems selbst, die Art seines Wirkprinzips, seine Dauerhaftigkeit und nicht zuletzt und vor allem seine Eignung für den Einsatz im Trinkwasserbereich eine wesentliche Bewertungsgrundlage für Abdichtungssystemvergleiche dar. Diese gilt es neutral zu betrachten, um eine unabhängige Bewertung durchführen zu können. Neben mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechen kommen grundsätzlich verzinkte Fugenbleche, (Bentonit)-Quellbänder und Injektionsschlauchsysteme als zu vergleichende Fugenabdichtungssysteme in Frage. Die Verarbeitung ist bei mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechen, wie in Abschnitt 5 ersichtlich, am einfachsten im Vergleich zu anderen Abdichtungssystemen. Recht einfach ist die Verarbeitung von verzinkten Fugenblechen, da hier lediglich mehr auf die Überlappungsbereiche und Einbindetiefen geachtet werden muss. Quellbänder sind im Handling noch etwas anspruchsvoller, da hier vor allem die Lagestabilisierung in der Bauteilmitte beachtet werden muss. Am aufwendigsten ist der Einsatz systembedingt von Injektionsschläuchen. Diese Schwierigkeiten in der Verarbeitung spiegeln sich direkt in der Fehlertoleranz der Systeme wider. Quellbänder und Injektionsschläuche zeigen deutlich niedrigere Fehlertoleranzen als die Fugenblechsysteme. Die Betrachtung des Wirkprinzips zur Abdichtung der Fuge ist bei den verschiedenen Fugenabdichtungslösungen unterschiedlich. Injektionsschläuche werden aktiv mit Injektionsmitteln gefüllt und verschließen den Bereich der Fuge aktiv, wenn das Injektionsgut alle offenen Stellen erreicht. Quellbänder wirken zunächst passiv und bei Kontakt mit Wasser quellend. Dabei verteilen sich ggf. quellfähige Tone in den offenen Hohlräumen des Fugenbereichs, schwinden aber wieder bei Austrocknung. Fugenbleche wirken zunächst durch das Trägermaterial rein mechanisch. Mineralisch reaktiv beschichtete Fugenbleche wirken zusätzlich durch ihre aktive Beschichtung, die im Kontakt mit Porenlösung oder eindringenden Wässern Versinterungs- Rekristallisations- oder Zementchemischereaktionen und kombinieren so zwei unterschiedliche Wirkprinzipien. Die Dauerhaftigkeitsbetrachtung der unterschiedlichen Fugenabdichtungssysteme zeigt für alle Produktsysteme gute bis sehr gute Eigenschaften. Injektionsschlauchsysteme sind durch ihre komplexere Verarbeitung wartungsintensiver und Quellbänder könnten mit der Nutzungsdauer in ihrer Funktionalität durch den Verlust von quellfähigen Bentoniten nachlassen. Die mechanische wirkenden Fugenbleche verbleiben in der abzudichtenden Fuge und sind daher besonders dauerhaft. Mineralisch reaktiv beschichtete Fugenbleche zeigen sich noch dauerhafter in der Anwendung, da ihre mineralische Beschichtung ebenfalls in der abzudichtenden Fuge verbleibt und über die Nutzungsdauer hinweg reaktiv ist und bei Wasserkontakt immer wieder neu reaktiviert werden kann. Am Ende muss ein Fugenabdichtungssystem für eine Anwendung im Trinkwasserbereich dafür hygienisch geeignet sein. Die entsprechenden Zulassungen zeigen deutlich, dass die Nutzung von mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechen die beste Wahl darstellt, da sie alle normativen Anforderungen erfüllt. Verzinkte Fugenbleche, Injektionsschlauchsysteme und Quellbänder können mit größerem Aufwand auch für Trinkwasseranwendungen geeignet sein, wenn auch deutlich eingeschränkter. Zusammenfassen zeigt Tabelle 1 eine Übersicht der gängigen Fugenabdichtungslösungen mit einer kurzen Leistungswertung wesentlicher Anwendungskriterien. Hierbei zeigt sich der Vorteil von mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechen bei der Betrachtung aller Kriterien. 170 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem Tab. 1: Übersicht gängiger Fugenabdichtungslösungen mit Leistungsbewertung zu wesentlichen Anwendungskriterien Quellband Injektionsschlauch Fugenblech verzinkt Fugenblech mineralisch reaktiv beschichtet Einfache Verarbeitung Mittel Aufwendig Einfach Sehr einfach Fehlertoleranz Gering Gering Mittel Hoch Wirkprinzip Passiv/ Quellend Aktiv Mechanisch Mechanisch + Aktiv Trinkwasser geeignet Eingeschränkt Eingeschränkt Mit Aufwand Ja Dauerhaftigkeit Mittel Wartungsabhängig Hoch Sehr hoch 7. Praxisbeispiele und Anwendungen Der Neubau eines kleinen Trinkwasserbehälters in Österreich ist ein Beispiel für die Verwendung eines mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechsystems zur Abdichtung von Arbeitsfugen im Bereich der Bodenplatte-Wand-Fuge. Abbildung-4 zeigt die zur Verarbeitung bereits aus der Holzverpackung entnommenen Fugenbleche am Rande er Bodenplatten-Schaltafeln. Die Fugenbleche wurden nach den Bewehrungsarbeiten für die Bodenplatte mittig in den Boden-Wand-Arbeitsfugen gemäß Herstellerangaben eingebaut. Die Betonage der Bodenplatte erfolgte im direkten Anschluss. Abbildung-5 zeigt den Einbauzustand des mineralisch reaktiven Fugenblechsystems nach der Betonage, auch im Bereich einer Überlappung mittels Halteclips. Abb. 4: CEMflex Fugenblech zum Einbau auf der Baustelle vorbereitet. Abb. 5: CEMflex Fugenblech im frischen Beton der Bodenplatte eingebunden. Der Neubau eines Wasserwerks im Kreis Calw (Baden- Württemberg) (Abb.-6) ist ein weiteres Beispiel für die Verwendung von mineralisch reaktiven Fugenblechsystemen. Abb. 6: Neubau Wasserwerk, Projektbeschreibung. In der gesamten Betonkonstruktion wurden die Arbeitsfugen mit mineralisch reaktiven Fugenblechsysteme abgedichtet (Abb.-7). Dabei wurden die Fugenbleche auch in die hier im Bauvorhaben notwendigen Abschalelemente integriert (Abb.-8 und-9). Abbildung-10 zeigt etwas detaillierter die mineralisch reaktiven Fugenbleche in den Arbeitsfugen zwischen Bodenplatte und Wand. Gut erkennbar ist die mittige Positionierung der Fugenblechelemente zwischen den aufgehenden Bewehrungsreihen und ihre Lagefixierung mittels Omega-Bügeln. Im rechten Bereich erkennt man eine Überlappung zweier Fugenblechelementen, die mit Halte-Clips gesichert sind. Betonspritzer auf der Fugenblechoberfläche lassen sich meist nicht verhindern. Abbildung-10 zeigt solche Betonverunreinigungen auf der rechten Seite. Trotz dieses Be- 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 171 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem tonbelages lässt sich die raue Oberflächenstruktur des mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechsystems noch sehr gut erkennen und stellt keine störende Trennschicht an der Fugenabdichtung für die anstehende Wandbetonage dar. Die Verunreinigung beweist den sehr guten Verbund der mineralisch reaktiven Beschichtung mit zementgebundenen Baustoffen. Abb. 7: Übersichtsbild von Arbeitsfugen mit CEMflex im Neubau des Wasserwerks Gültingen. Abb. 8: Abschalelement mit CEMflex Fugenblech, Detailaufnahme. Abb. 9: Abschalelement mit CEMflex Fugenblech, Übersichtsbild. Abb. 10: CEMflex Fugenblech mit unkritischer Betonverschmutzung in der Boden-Wand-Arbeitsfuge im ausgehärteten Beton. 8. Fazit Arbeits- und Sollrissfugen stellen potentiell kritische, aber in Betonkonstruktionen nicht vermeidbare, Schwachstellen dar. Besonders unter hygienischen Aspekten in Konstruktionen für die Trinkwasserspeicherung, den Trinkwassertransport und bei der Trinkwassergewinnung muss auf eine dauerhaft sichere Abdichtung geachtet werden, ohne die konstruktiv wichtigen Anforderungen an eine Fugenabdichtung zu vernachlässigen. Mineralisch reaktiv beschichtete Fugenblechsysteme (z. B. CEMflex Fugenblechsysteme) bietet eine sichere, robuste und 172 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 Trinkwassersichere Fugenabdichtung in Betonkonstruktionen mit mineralisch reaktiv beschichtetem Fugenabdichtungssystem trinkwassergerechte Lösung für die Abdichtung von Arbeits- und Sollrissfugen in Betonkonstruktionen. Diese Fugenabdichtungssysteme weisen grundsätzlich eine zuverlässige Abdichtungswirkung auf, die durch die reaktive Beschichtung einen nachweislich dichten chemischen und mechanischen Verbund zum umgebenden Beton bietet, der auch über die Lebensdauer des Bauwerks erhalten bleibt und bei Bedarf reaktiviert wird. Gleichzeitig ist das mineralisch reaktiv beschichtete Fugenblechsystem gemäß Trinkwasserverordnung nachweislich hygienisch geeignet auch mit Trinkwasser in Kontakt zu kommen und keinen negativen Einfluss darauf zu haben. Das Handling des Fugenblechsystems ist selbst unter schwierigen Baustellenbedingungen einfach und schnell, was zu einer sicheren Verarbeitung führt. Durch den Wegfall von zusätzlichen Arbeitsschritten beim Einsatz anderer Fugenabdichtungsmöglichkeiten, ist die Verwendung von mineralisch reaktiv beschichteten Fugenblechsystemen sehr wirtschaftlich. Durch die Kombination dieser Vorteile stellt ein mineralisch reaktiv beschichtetes Fugenabdichtungsblechsystem eine zukunftsorientierte Lösung dar, die die Bauqualität und den Trinkwasserschutz nachhaltig verbindet. Literatur [1] Peiyue Li, Jianhua Wu (2019): Drinking Water Quality and Public Health, Exposure and Health 2019 11: 73-79 [2] Jakub Żywiec, Dawid Szpak, Katarzyna Wartalska, Martyna Grzegorzek (2024): The Impact of Climate Change on the Failure of Water Supply Infrastructure: A Bibliometric Analysis of the Current State of Knowledge; Water 2024, 16(7) [3] Bundesministerium der Justiz (BMJ) (2023): Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung - TrinkwV). BGBl. I Nr. 156, zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Juni 2024 (BGBl. I Nr. 157) [4] Till Felix Mayer (2018): Grundlagen der Bemessung von WU-Bauwerken, Beton- und Stahlbetonbau Vol. 113 Issue S1 2-10 [5] Rainer Hohmann (2018): DBV-Heft 43, WU-Bauwerke aus Beton, 2018 [6] Viktor Mechtcherine (2022): Beiträge zur Nachhaltigkeit im Betonbau, Beton- und Stahlbetonbau Vol. 117 Issue 4 [7] Hans-Jürgen Krause, Michael Horstmann (2018): Planung und Bemessung von WU-Konstruktionen - Entwurfsgrundsätze und deren statisch-konstruktive Umsetzung, Beton- und Stahlbetonbau Vol. 113 Issue S1 20-35 [8] Rainer Hohmann (2011): Leitfaden wasserundurchlässiger Bauwerke: Bemessungswasserstand, Planung, Konstruktion, hochwertige Nutzung, Fugenplanung, -einbau, Bauausführung, Einbauteile, Durchdringungen [9] DIN (1999): DIN EN 1509 - Wasserversorgung - Rohrleitungen außerhalb von Gebäuden, 1999 [10] DVGW: Technische Regeln für Trinkwasserbehälter Teile 1-5, DVGW Arbeitsblatt W 300 1-5 [11] Rainer Hohmann (2009): Fugenabdichtungen bei wasserundurchlässigen Bauwerken aus Beton, 2009 [12] Gerhard Merkl (2018): Trinkwasserbehälter - Planung, Bau, Betrieb, Schutz und Instandsetzung, 3. Auflage 2018 [13] DAfStb (2017): Richtlinie - Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton; 2. Überarbeitete Auflage [14] UBA (2021): Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser - Bewertungsgrundlage KTW-BWGL [15] DVGW (2007): DVGW Arbeitsblatt W 270 - Einfluss von Werkstoffen auf das Trinkwasser - Bewertung nach dem Wachstum von Mikroorganismen auf Werkstoffen [16] DVGW (2006): DVGW Arbeitsblatt W 347 - Anforderungen an Zementmörtelauskleidungen von Rohren und Formstücken aus duktilem Gusseisen für Trinkwasser [17] DIN (2011): DIN EN 1992-1: Eurocode 2 - Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1: Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau [18] DIN (2008): DIN 1045-1: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1: Bemessung und Konstruktion [19] Konformitätsbestätigung Nr.: KIWA-25-DW-10496 (KTW-BWGL) [20] Prüfzeugnis Nr. P000310217 (DVGW W347 und W270) [21] NSF International (2022): NSF/ ANSI 61: Drinking Water System Components - Health Effects [22] Product certificate K-0218790-1 (NSF/ ANSI/ CAN 61) [23] BPA GmbH: Einbauanleitung CEMflex Betonbauwerke, Stollen, Tröge, Trinkwasserbehälter, Trinkwasserversorgungsanlagen, Betonschächte etc. dichten wir seit 1998 dauerhaft gegen Feuchtigkeit und Wasser ab. CEMflex ist dicht geprüft bis 8 bar Wasserdruck und zugelassen / geprüft für "Trinkwasser" nach KTW - BWGL (Migrationsanforderungen, mikrobieller Bewuchs), NSF/ ANSI/ CAN 61 Drinking water system components health effects North America / Canada and USA and California, DVGW-Arbeitsblatt W 270 und W 347 . CEMflex mit Trinkwasserzulassung BPA GmbH Behringstraße 12 71083 Herrenberg www.bpa-waterproofing.com TEL +49 (0)7032 89 399-0 MAIL info@bpa-waterproofing.com Fugenabdichtung Predimax® CEMtobent® CEMswell® CEMswell® CEMtec® SilverSeal® DualProof S® EasySeal® DualProof T / C® DualProof T / C® CEMflex® Quellmax® Predimax® CEMstar® DualProof T / C® CEMstar® CEMtobent® SilverSeal® EasySeal® CEMflex® Quellmax® Predimax® CEMflex® CEMflex® Quellmax® Predimax® Flächenabdichtung Stuttgart 21 Hauptbahnhof Stuttgart | Deutschland Bj�rvikatunnel Oslo | Norwegen Neufeld Tunnel Bern | Schweiz Metro Sofia Sofia | Bulgarien Seewinkeltherme Frauenkirchen | Österreich Wellness Resort Föhr | Deutschland Hauptbahnhof Zürich Zürich | Schweiz HALTEN DICHT 100% BPA - WELTWEIT GESCHÄTZT Fugenabdichtung BPA-Predimax® BPA-CEMtobent® BPA-CEMswell BPA-SilverSeal BPA-DualProof S BPA-EasySeal BPA-CEMdicht 3 in 1 BPA-CEMflex® BPA-Quellmax® BPA-Predimax® BPA-CEMfl BPA-Quellmax® BPA-Predimax® Flächenabdichtung Fugenabdichtung BPA-Predimax® BPA-CEMtobent® BPA-CEMswell BPA-SilverSeal BPA-DualProof S BPA-EasySeal BPA-CEMfl BPA-Quellmax® BPA-Predimax® Flächenabdichtung CEMswell® CEMtec® CEMswell® DualProof A® DualProof A® CEMtobent® CEMtobent® top100.de Stuttgart 21 Düker Nesenbach Stuttgart | Deutschland Anhang 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 177 Programmausschuss Der Programmausschuss für die Fachtagung Trinkwasserspeicherung in der Praxis setzt sich aus anerkannten Experten aus Forschung und Entwicklung, Industrie und Praxis zusammen. Zu seinen Aufgaben gehören die Formulierung der Zielsetzung und Festlegung der Themenschwerpunkte der Fachtagung, die Begutachtung und Auswahl der eingereichten Vortragsvorschläge für das Tagungsprogramm und die fachliche Beratung des Veranstalters. Vorsitzender Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) Mitglieder Dipl.-Ing. Martin Hobl Gesellschaft für Geohydraulik, Umweltberatung, Verfahrens- und Ingenieurtechnik mbH, Lohfelden Prof. Dr.-Ing. Melanie Merkel bsm² Breit · Schuler · Merkel Beratende Ingenieure PartGmbB, Kaiserslautern Dipl.-Ing. Jan Rassek w+s bau-instandsetzung gmbh, Fuldabrück Dipl.-Ing. Hendrik Rösch Harzwasserwerke GmbH, Hildesheim Dr.-Ing. Johannes Ruppert TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser, Karlsruhe Peter Sudermann, M. Eng. Hochschule Koblenz Dipl.-Ing. Jens Windisch Bauschutz GmbH & Co. KG, Asperg 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2025 179 Autorenverzeichnis B Berndt, Michael 145 Bernhardt, Nikolai 41 Bolesta, Martin 155 Boonk, Ludger 81 Breit, Wolfgang 15, 103, 121 C Czerny, Frank 57 G Glowacky, Jens 165 Großkopf, Martin 161 H Hobl, Martin 137 J Jahn, Robert 73 K Kammer, Tim 73 Kämpfer, Wolfram 145 Kochendörfer, Sascha 11 L Leck, Sascha 23 M Merkel, Melanie 15, 121 N Nordmann, Holger 51 P Petry, Markus 161 Pflieger, Adrian 165 R Rassek, Jan 27 Rassek, Jacqueline 27, 115 S Schlombs, Annika 115 Schmalfuß, Stefan 131 Schmerse-Bleser, Annabelle 137 Schreiber, Christiane 61 Schulte Holthausen, Robert 95 Sudermann, Peter 35 T Tusch, Anja 103 Besuchen Sie unsere Seminare, Lehrgänge und Fachtagungen. Geotechnik Verkehrswegebau und Wasserbau Konstruktiver Ingenieurbau Bautenschutz und Bausanierung Umwelt- und Gesundheitsschutz Energieeffizienz Baubetrieb und Baurecht Facility Management Ein Großteil unserer Seminare wird unterstützt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Profitieren Sie von der ESF-Fachkursförderung und sichern Sie sich bis zu 70 % Zuschuss auf Ihre Teilnahmegebühr. Alle Infos zur Förderfähigkeit unter www.tae.de/ foerdermoeglichkeiten Bauwesen, Energieeffizienz und Umwelt Bis zu 70 % Zuschuss möglich Weitere Informationen und Anmeldung unter www.tae.de/ weiterbildung/ bauwesen Die zuverlässige Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser erfordert hohe technische Standards - insbesondere bei der Speicherung. Trinkwasserspeicher sind essenzieller Bestandteil der Kritischen Infrastruktur (KRITIS): Sie sichern die kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung sowie von Einrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen und Schulen, dienen als Löschwasserreserve und sind in Notfall- und Katastrophenschutzpläne eingebunden. Hohe Anforderungen gelten an die Dichtheit und Beschaffenheit der Oberflächen: Diese müssen glatt, porenfrei und hygienisch unbedenklich sein. Gleichzeitig unterliegt die Technik einem fortlaufenden Wandel - getrieben durch neue Regelwerke, Normen und internationale Entwicklungen. Vor diesem Hintergrund versammelt das 8. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis am 23. und 24. September 2025 erneut Expertinnen und Experten aus Ingenieurwesen, Wissenschaft, Praxis und Verwaltung, um aktuelle Erkenntnisse und Erfahrungen zur Planung, zum Bau, zur Instandhaltung und zum Betrieb von Trinkwasserspeichern zu teilen. Im Mittelpunkt stehen Fortschreibungen des DVGW-Regelwerks W 300 sowie die Umsetzung der neuen europäischen Trinkwasserrichtlinie. Ergänzt wird das Programm durch Beiträge zur Werkstoffauswahl und Qualitätssicherung, zu hygienischen Anforderungen, zur Instandsetzung im Bestand sowie zu innovativen Lösungen im Neubau. Die Fachbeiträge in diesem Tagungsband spiegeln die inhaltliche Breite und Tiefe der Veranstaltung wider. Sie dokumentieren den Stand der Technik und liefern wertvolle Impulse für Fachleute, die sich mit der Planung, Ausführung und Überwachung von Trinkwasserbehältern befassen. Der Inhalt Forschung Hygiene Instandsetzung Neubau Planung mit besonderen Herausforderungen Untergrund & Oberflächen Werkstoffe Werkstoffe - spezielle Anwendungen Die Zielgruppe Das Kolloquium richtet sich an alle, die mit Planung, Bau, Betrieb oder Instandhaltung von Trinkwasserspeichern befasst sind: Wasserversorger Ämter und Behörden Städte, Gemeinden Wassermeister Materialhersteller Planungsbüros Verarbeiter Hersteller/ Verwender von technischen Ausrüstungen www.tae.de ISBN 978-3-381-15021-2