eJournals Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis 6/1

Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
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2021
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Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern

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2021
Manfred Breitbach
Die grundsätzlichen Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern sind in der Regelwerksreihe W 300-ff dargestellt. Mit einer Instandsetzung soll nicht der Altzustand wiederhergestellt werden, sondern ein Zustand, der die Anforderungen an einen Neubau gemäß W 300-1 berücksichtigt, den Mindest-Sollzustand so sicherstellt, dass während der geplanten Restnutzungsdauer die mit ausreichender statistischer Zuverlässigkeit festgelegten Abnutzungsgrenzen unter Berücksichtigung der planmäßigen zeitabhängigen Werkstoffveränderungen nicht unterschritten werden sowie eine Verbesserung der trinkwasserberührten Oberflächen erzeugt wird. Daher werden in diesem Beitrag die wesentlichen Kriterien für den Soll-Zustand erläutert. Bei der Instandhaltung müssen diese Kriterien bzw. deren zeitliche Veränderungen/Beeinträchtigungen ständig erfasst und dokumentiert werden. Im Falle einer Instandsetzung ist eine umfassende planerische Auseinandersetzung erforderlich. Es muss dann versucht werden, die Soll-Zustände für einen Neubau so weit wie technisch möglich zu erreichen.
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6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 33 Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern Prof. Dr.-Ing. Manfred Breitbach Hochschule Koblenz Lehrgebiet Werkstoffe des Bauwesens, Betontechnologie, Betoninstandsetzung Amtliche Prüfstelle für nichtmetallische Bau- und Werkstoffe Konrad-Zuse-Straße1 D-56075 Koblenz ZUSAMMENFASSUNG Die grundsätzlichen Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern sind in der Regelwerksreihe W 300-ff dargestellt. Mit einer Instandsetzung soll nicht der Altzustand wiederhergestellt werden, sondern ein Zustand, der die Anforderungen an einen Neubau gemäß W 300-1 berücksichtigt, den Mindest-Sollzustand so sicherstellt, dass während der geplanten Restnutzungsdauer die mit ausreichender statistischer Zuverlässigkeit festgelegten Abnutzungsgrenzen unter Berücksichtigung der planmäßigen zeitabhängigen Werkstoffveränderungen nicht unterschritten werden sowie eine Verbesserung der trinkwasserberührten Oberflächen erzeugt wird. Daher werden in diesem Beitrag die wesentlichen Kriterien für den Soll-Zustand erläutert. Bei der Instandhaltung müssen diese Kriterien bzw. deren zeitliche Veränderungen/ Beeinträchtigungen ständig erfasst und dokumentiert werden. Im Falle einer Instandsetzung ist eine umfassende planerische Auseinandersetzung erforderlich. Es muss dann versucht werden, die Soll-Zustände für einen Neubau so weit wie technisch möglich zu erreichen. 1. EINFÜHRUNG Die Regelwerksreihe W 300-1 bis W 300-8 reflektiert den Lebenszyklus eines Trinkwasserbehälters von z. B. der Festlegung der richtigen topografischen Lage, der Einbindung in das Versorgungsnetz oder des Speichervolumens, dem Betrieb, die Instandhaltung sowie die Instandsetzung bis hin zum Rückbau (Abb. 1). Die grundsätzlichen Anforderungen für den Neubau und die Instandsetzung von Trinkwasserbehältern müssen immer in diesem komplexen Kontext beachtet werden. Für den Neubau von Trinkwasserbehältern oder die Errichtung von System- und Fertigteilbehältern legen W 300-1 bzw. W 300-6 den Soll-Zustand fest. Hinsichtlich der Hygieneanforderungen an das Trinkwasser und die Werkstoffe bestehen kaum Freiheitsgrade, da hier gesetzlichen Vorschriften zu beachten sind (vgl. z. B. IfSG Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen; TrinkwV Trinkwasserverordnung). Für die Instandhaltung eines Trinkwasserbehälters sind diese Kriterien beim Betrieb gemäß W 300-2 zu beachten. Für die Instandsetzung nach W 300-3 muss ebenfalls der Soll-Zustand, wie er in W 300-1 beschrieben wird, grundsätzlich beachtet werden. Wenn in Bestimmten Fällen die vollständige Umsetzung des vorgegebenen Soll-Zustands bei älteren Behältern nur eingeschränkt möglich ist, erfordert dies eine eingehende planerische Leistung. Abweichungen sind zu begründen, Alternativen sind zu betrachten und es muss eine Risikobewertung insbesondere hinsichtlich der hygienischen Beeinflussungen und der Dauerhaftigkeit erfolgen. Planung, Bau und Instandhaltung von Trinkwasserbehältern erfordern besondere Fachkenntnisse. Neben den hygienischen und werkstofftechnischen Erfahrungen müssen Fachplaner nach W 316 über vertiefte Kenntnisse zum Neubau (inkl. Teilneubau und Systembehälter) und zu der Instandsetzung mit den verschiedenen in W 300-3 beschriebenen Prinzipien und Werkstoffen ausgestattet sein. Auch die Fachunternehmen müssen neben ihren speziellen Spartenkenntnissen über grundsätzliche Erfahrungen zum Neubau und zur Instandsetzung verfügen. Die erforderlichen Nachweise dieser Fähigkeiten werden in W 316 für Fachplaner und Fachunternehmen umfassend beschrieben. Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 34 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Abb. 1: Übersicht über die Zusammenhänge im Regelwerk zum Lebenszyklus eines Trinkwasserbehälters 2. ABGLEICH ZWISCHEN SOLL-ZUSTAND UND IST-ZUSTAND Im Rahmen des Betriebs eines Trinkwasserbehälters muss ein regelmäßiger Abgleich zwischen dem Soll- und dem Ist-Zustand erfolgen (Abb. 2). In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen, dass sich - Bau- und Bauhilfsstoffe im ständigen Kontakt mit dem Trinkwasser planmäßig über die Nutzungsdauer verändern können, - trinkwasserberührte Oberflächen und Auskleidungen grundsätzlich als eine Opferschicht darstellen, - Regelwerke und technischen Entwicklungen in einem dynamischen Prozess befinden und auch durch z. B. europäische Regelwerke beeinflusst werden, - Anforderungen / Grenzwerte an z. B. Kontaminationen im Untergrund und an die Trinkwasserqualität ändern können. Abb. 2: Soll-Ist-Vergleich bei der Instandhaltung (DIN 31 051 / 06/ ) Der Betreiber muss hierzu geeignete Maßnahmenkataloge für den individuellen Anwendungsfall entwickeln (z. B. Beurteilungskriterien, Fragenkataloge, …) und Behälterbegehungen chronologisch dokumentieren, damit mögliche Veränderungen vor dem Eintreten eines kritischen Zustands erkannt werden (vgl. Abb. 3). Diese Unterlagen dienen als Grundlage für eine Bauzustandsanalyse und Instandsetzungsplanung nach W 300-3. Das Personal sollte so geschult/ unterwiesen sein, dass die Maßnahmen während des Betriebs sachgerecht umgesetzt werden können. Wesentlich sind dann Festlegungen von Kriterien, ab wann eine betriebliche Instandhaltung nach W 300- 2 in den Zustand der technischen Instandsetzung nach W 300-3 übergeführt werden muss. Dann sind Sonderfachleute für z. B. die Bauzustandsanalyse und eine Instandsetzungsplanung einzuschalten. Abb. 3: Instandsetzungszyklus und Lebensdauer / 24/ ) Alle Werkstoffe im ständigen Kontakt mit Trinkwasser unterliegen einer hydrolytischen Wechselwirkung, die die Werkstoffeigenschaften im Laufe des Betriebes planmäßig Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 35 reduzieren. Die Oberflächen bzw. die Auskleidungen der Wasserkammern stellen damit immer eine Opferschicht dar. Die Schadensprozesse beschränken sich nicht auf die trinkwasserberührten Oberflächen, sondern wirken auch auf die dahinter befindliche Betonrandzone ein (Abb. 4). Abb. 4: Schädigungsprozesse an der trinkwasserberührten Oberfläche bei zementgebundenen Werkstoffen Solche Prozesse werden im Regelwerk mit den Begriffen “Hydrolyse, Auslaugung, Alkalität“ beschrieben, diese Vorgänge reduzieren planmäßig im Laufe der Zeit die Beständigkeit gegen das Trinkwasser. Hierbei erfolgt zunächst ein Substanzverlust an der Oberfläche und später eine Abnutzung der Werkstoffeigenschaften (Verringerung der Alkalität und der Festigkeit, Erhöhung der Porosität). Aufgabe des Betreibers einer solchen Anlage ist es, die Werkstoffveränderungen durch Inspektionen regelmäßig zu beobachten und den Zeitpunkt der Sanierung rechtzeitig festzulegen, so dass eine Schädigung des Tragwerkes durch z. B. Korrosion der Bewehrung nicht eintreten kann. Die Technische Regel TR-Instandhaltung [01] beschreibt die zu berücksichtigenden Zusammenhänge und die erforderlichen Festlegung einer Restnutzungsdauer nach der Instandsetzung. Abb. 3 verdeutlicht dieErfordernis von Inspektionen (Bauzustandsanalyse) zur Feststellung des Ist-Zustands und der vorhandenen Restnutzungsdauer. Diese sollten nicht erst unmittelbar vor der geplanten Instandsetzung erfolgen, sondern in bestimmten zeitlichen Abständen zuvor, um Prognosen ableiten zu können. Durch den Planer müssen die Abnutzungsgrenze (Mindest-Soll-Zustand), der richtige Zeitpunkt für eine Instandsetzung und in Abstimmung mit dem Bauherrn die weitere planmäßige Restnutzungsdauer festgelegt werden. 3. HERSTELLUNG DES SOLL-ZUSTANDS In Deutschland werden derzeit schätzungsweise 10.000 Wasserspeicher in der Trinkwasserversorgung betrieben, hinzu kommt eine Vielzahl von Behältern für industrielle oder landwirtschaftliche Anwendungen. Hierbei handelt es sich überwiegend um erdüberdeckte Konstruktionen aus Beton, die zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene und der Dauerhaftigkeit der Konstruktion mit einer Auskleidung versehen werden müssen. Für andere Konstruktionen kann das Regelwerk sinngemäß angewendet werden. Die Geschichte der Trinkwasserspeicherung ist fast 150 Jahre alt, sodass ein sehr breites Spektrum an Bauweisen und Baustoffen vorliegt. Diese Vielfalt begründet eine umfassende Regelung von verschiedenen Auskleidungsvarianten und erfordert ein umfassendes Wissen über die Baustoffe, Baukonstruktionen sowie die chemisch-physikalischen Zusammenhänge und die Hygieneanforderungen. Aufgrund ihrer Bedeutung im Versorgungsnetz und ihrer häufig exponierten geodätischen Lage werden viele Trinkwasserbehälter von ihrer Erbauung an ohne Unterbrechung betrieben, sodass sich die Altersstruktur solcher Bauwerke unter der stark vereinfachten Annahme einer stetigen Entwicklung der Netze abschätzen lässt. Danach entsprechen etwa 60 % der Konstruktionen nicht den Anforderungen des heutigen Regelwerks, und bei den restlichen 40 % sind noch weitere Einschränkungen notwendig. Die wesentlichen Planungsgrundsätze für die Instandsetzung älterer bzw. nicht regelwerkskonformer Anlagen formuliert DVGW W 300-3. Es wird deutlich auf die komplexen Fragestellungen und insbesondere die systematische Vorgehensweise bei der Beantwortung der wesentlichen Fragestellungen hingewiesen (vgl. Abb. 5). Mit einer Instandsetzung soll nicht der Altzustand wiederhergestellt werden, sondern ein Zustand, der / 15/ : 1. die Anforderungen an einen Neubau gemäß W 300-1 berücksichtigt, 2. den Mindest-Sollzustand so sicherstellt, dass während der geplanten Restnutzungsdauer, die mit ausreichender statistischer Zuverlässigkeit festgelegten Abnutzungsgrenzen unter Berücksichtigung der planmäßigen zeitabhängigen Werkstoffveränderungen nicht unterschritten werden, 3. eine Verbesserung der trinkwasserberührten Oberflächen erzeugt. 4. VERBESSERUNG DES SOLL-ZUSTANDS 4.1 Grundsätze DIN 31 051 / 06/ definiert die Instandhaltung als Oberbegriff für die Maßnahmen Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung (Abb. 6). Bei Trinkwasserbehältern muss hierbei zwischen • der Dauerhaftigkeit der Konstruktion • der Beständigkeit und der hygienischen Eigenschaften der Oberfläche Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 36 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 unterschieden werden (Abb. 7). Zu der Dauerhaftigkeit und den hygienischen Eigenschaften der trinkwasserberührten Oberflächen finden sich in der Regelwerksreihe DVGW W 300-ff vielfältige Hinweise sowohl für den Neubau als auch für die Instandsetzung. Werkstoffe im ständigen Kontakt mit dem Trinkwasser unterliegen einem permanenten chemischen Angriff. Dies betrifft zunächst alle Werkstoffe, jedoch mit unterschiedlicher Intensität (vgl. z. B. UBA Bewertungsgrundlagen). Abb. 5: Hinweis auf die komplexen Fragestellungen bei der Instandsetzung (W 300-3) Abb. 6: Unterteilung der Instandhaltung nach DIN 31 051 / 06/ Abb. 7: Begriffe zur Instandsetzung des Tragwerks und Verbesserung der Oberfläche nach DVGW W 316 / 21/ Ziel der Verbesserung / Ertüchtigung der Oberfläche ist es, die (vgl. Abb. 3 und Abb. 8): - Zeit bis zum Erreichen der Abnutzungsgrenze - planmäßigen Instandsetzungsintervalle deutlich zu verlängern. Abb. 8: Verlängerung der Instandsetzungsintervalle durch Ertüchtigung / Verbesserung 4.2 4.2 Verbesserung beim Neubau 4.2.1 Konstruktion Der überwiegende Anteil an Behälterneubauten erfolgt mit Konstruktionen aus Stahlbeton (siehe W 300-1). Daneben kommen auch System- und Fertigteilbehälter (siehe W 300-6) zur Anwendung. Stahlbeton- und Spannbetonbehälter sind für die Üblichen Anwendungen durch Festlegungen zu den Expositionsklassen DIN EN 206, DIN 1045-2 sowie in DIN EN 1992-3 geregelt. Die Sicherstellung einer ausreichenden Auslaugungs- und Hydrolysebeständigkeit kann aufgrund von Forschungsergebnissen und langjährigen Erfahrungen mit den üblichen Festlegungen nicht erreicht werden. Daher wird eine eigene Expositionsklasse für Trinkwasserbehälter X TWB in W 300-4 festgelegt (Abb. 9). Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 37 Maßgeblich werden hierzu der Wasser/ Zement-Wert, der Mehlkorngehalt und die Konsistenz begrenzt und eine Mindestdruckfestigkeitsklasse gefordert. Abb. 9: Festlegungen zur Verbesserung der Hydrolysebeständigkeit des Betons durch die Expositionsklasse X TWB gemäß W 300-4 / 16/ Neben den Anforderungen an den Beton werden an die Konstruktion weiter grundsätzliche Anforderungen gestellt (vgl. Abb. 10). Die Wasserkammer muss der DAfStb-Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ genügen, muss über eine statische Bewehrung zur Rissbreitenbeschränkung verfügen, soll möglichst fugenfrei sein und muss mit innenliegenden Fugenblechen / Fugenbändern insbesondere am Sohl-Wandanschluss ausgestattet sein. Die Wasserkammer muss von innen und von außen dicht sein. Abb.10: Grundsätzliche Anforderungen an die Konstruktion gemäß W 300-1 und W 300-3 / 13/ / 15/ 4.2.2 Oberfläche Hinsichtlich der Oberfläche des Betons erfolgen weitere Festlegungen. Die Oberflächen sollten möglichst porenarm hergestellt werden. Zur Verbesserung der Hydrolysebeständigkeit der Betonrandzone wird eine saugende Schalungsbahn empfohlen, die während des Erstarrens im oberflächennahen Bereich zu einer Verminderung des Wasser-Zement-Werts führt (Abb. 11). Damit werden die Kapillarporen reduziert und die Festigkeit erhöht. Abb.11: Festlegungen zur Verbesserung der Oberfläche des Betons beim Neubau gemäß W 300-1 4.3 Verbesserung durch Instandsetzung 4.3.1 Konstruktion Ältere Behälterkonstruktionen entsprechen sehr häufig aufgrund ihrer betontechnologischen Zusammensetzung nicht den Anforderungen an einen wasserundurchlässigen Beton (WU-Beton). Das liegt daran, dass bis etwa Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Betone ohne die Anwendung von Fleißmitteln und Betonverflüssigern hergestellt worden sind. Aufgrund des hohen w/ z-Werts weisen sie einen hohen Zementleimgehalt auf. Diese Betone sind sehr sandreich und stark wassersaugend. Abb. 12 zeigt beispielhaft Bohrkerne aus Trinkwasserbehältern. Der linke Bohrkern stammt aus einer Konstruktion, die nicht der WU-Richtlinie entspricht. Aufgrund der hohen Porosität befinden sich bis zu 80 Liter/ m 2 Wasser im Porensystem, während sich beim Bohrkern rechts, der der WU-Richtlinie entspricht, nur etwa 30 Liter Wasser/ m 2 befinden. Abb.12: Bohrkeren aus Trinkwasserbehältern (Beispiele) links: sandreicher wassersaugender Beton rechts: dichter kapillarporenarmer Beton Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 38 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Alte Behälter können nicht z. B. durch nachträgliche Injektionen so abgedichtet werden, dass ein wasserundurchlässiges Bauwerk entsteht. Beschichtungen und Auskleidungen dürfen nicht allein zur Abdichtung herangezogen werden. Insbesondere bei Auskleidungen ohne Verbund (Folien, Platten, Edelstahl) kann sich im Spalt zwischen der Konstruktion und der Auskleidung ein korrosives und/ oder mikrobielles Milieu bilden. Auskleidungen und Beschichtungen sind als nicht so dicht zu betrachten, dass eine Migration zum Trinkwasser ausgeschlossen werden kann. Unter statistischen Gesichtspunkten kann nicht sichergestellt werden, dass eine fehlstellenfreie Auskleidung und Fugenausbildung hergestellt werden kann. In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, eine bewehrte Innenschale auszubilden, um die geforderte Rissbreitenbeschränkung nachträglich herzustellen. Aufgrund der besonders zusammengesetzten Spritzmörtel für Behälterauskleidungen können Betonschalen mit deutlich höherer Dichtigkeit gegenüber dem geforderten Ortbeton nach der WU-Bauweise bzw. X TWB nach W 300-4 erzeugt werden. Damit sind mit geeigneten Nachweisen auch geringere Dicken für die Innenschale möglich (Abb. 13). Neben der Stahlbetonkonstruktion müssen auch die notwendigen Fugenausbildungen und die bauphysikalischen Randbedingungen betrachtet werden. Abb. 14 liefert einige Hinweise, an welchen typischen Bereichen eine Untersuchung bzw. Verbesserung erforderlich wird. Bei den Fugen muss unterschieden werden zwischen: - Gebäudefugen / Trennfugen mit Fugenweitenänderungen, - Betonierfugen mit möglichen Undichtigkeiten, - Schüttlagen aufgrund unsachgemäßer Betonage und/ oder Verdichtung mit möglichen Undichtigkeiten. Wenn kein Fugenblech/ -band bei der Erstellung Wasserkammer verwendet wurde, so muss eine gleichwertige Lösung herbeigeführt werden. Hierzu eignen sich z. B. innenliegende Fugenbänder. Abb.13: Beispiel für eine Innenschale mit Rissbreitenbeschränkung und Dichtefunktion in Anlehnung an die WU-Richtlinie in einem Trinkwasserbehälter Abb.14: Beispiele für erforderliche Bereiche für die Fugenausbildungen und bauphysikalische Problemstellungen Bewegungsfugen sollten nicht ohne eine genauere Feststellung der möglichen Fugenweitenänderungen starr überbrückt werden. Sind solche Bewegungen zu erwarten, muss eine planerische Lösung zur Rissbreitenbeschränkung herbeigeführt werden. Es ist auch eine Risikoabschätzung zu technischen und hygienischen Fragestellungen bei der Entstehung von Rissen in der Fugenüberbrückung erforderlich. 4.3.2 Oberfläche und Betonrandzone 4.3.2.1 Werkstoffveränderungen im Kontakt mit dem Trinkwasser Trinkwasser stellt immer einen chemischen Angriff auf die Werkstoffe dar. Diese zeitabhängigen Werkstoffveränderungen müssen hinsichtlich der Gefahr von hygienischen Risiken beachtet werden und sind eine wesentliche Grundlage für die Werkstoffauswahl. Veränderungen an den Werkstoffoberflächen stellen meistens einen langsamen und schleichenden Prozess dar. In Abb. 15 wird zwischen 3 Schädigungsphasen differenziert: • Einleitungsphase (zwischen 10 a bis 20 a) • Schädigungsphase (zwischen 20 a bis 30 a) • Zerstörungsphase (zwischen 30 a bis 50 a) Die zeitlichen Angaben stellen grobe Erfahrungswerte für unbedenkliches Trinkwasserqualitäten und Betriebsbedingungen dar. Bei aggressiven oder weichen Wässern sowie häufiger Fluktuation (z. B. > 2 Wasserwechsel/ d) können in der Praxis deutlich kürzere Zeitintervalle beobachtet werden. Diese Zusammenhänge müssen ebenfalls bei der Werkstoffauswahl beachtet werden. Für zementgebundenen Werkstoffe empfiehlt sich häufig eine Erhöhung der Randzone als Opferschicht. Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 39 Abb.15: Zeitabhängige Schädigungsphasen an den trinkwasserberührten Oberflächen Die zeitabhängigen Veränderungen betreffen alle Werkstoffe, allerdings durch unterschiedliche Mechanismen. Hierbei stehen die hygienischen Beeinflussungen im Vordergrund: - Aufweichungen: Veränderungen der Festigkeits- und Dichtigkeitsstrukturen an den Oberflächen - Versprödung / Alterung: Veränderung der elastischen Eigenschaften - Porosierung: Veränderungen der Porenstruktur an den Oberflächen - Perforierung: Veränderungen der Dichtigkeit zum Betonuntergrund - Migration: Transport von z. B. Schwermetallen oder Moleküle zum Trinkwasser - Aufzehrung: Abbau von Bestandteilen des Werkstoffs - Exkavation: Freilegung von Bestandteilen des Werkstoffs und damit Verfügbarmachung für chemische oder biologische Abbaumechanismen Werkstoffe und Materialien, die für die Neuerrichtung oder Instandhaltung von Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser verwendet werden und Kontakt mit Trinkwasser haben, dürfen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 der TrinkwV nicht - den nach der TrinkwV vorgesehenen Schutz der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar mindern, - den Geruch oder den Geschmack des Wassers nachteilig verändern oder - Stoffe in Mengen ins Trinkwasser abgeben, die größer sind als dies bei Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar ist. 4.3.2.2 Metalle Art und Geschwindigkeit der Entstehung von Korrosionsprodukten sowie die Abgaberate von Metallen ist u. a. abhängig von dem Werkstoff, der Trinkwasserbeschaffenheit und den Betriebsbedingungen. Die die Korrosion beeinflussenden Faktoren sind in EN 12 502-1 beschrieben. Die UBA Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser konkretisiert nach § 17 Absatz 3 TrinkwV für metallene Werkstoffe die hygienischen Anforderungen. Die Prüfung erfolgt z. B. nach DIN EN 15 664 durch alternierender Perioden von Durchströmung und Stagnation in einem Prüfstand, der damit die Nutzungsbedingungen einer Trinkwasser-Installation simuliert. 4.3.2.3 Polymere Werkstoffe Produkte oder Bauteile aus organischen Materialien sind hinsichtlich des Stoffübergangs in das Trinkwasser zu bewerten. Hierzu ist in der Regel eine Migrationsprüfung notwendig, die auch mögliche Reaktions- und Abbauprodukte erfasst. Produkte oder Bauteile aus organischen Materialien werden auf Grundlage der eingesetzten Ausgangsstoffe bewertet, die zu ihrer Herstellung verwendet werden. Das Umweltbundesamt (UBA) bewertet die Ausgangsstoffe nach den Prinzipien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority - EFSA), die für Lebensmittelkontaktmaterialien gelten. Die Bewertung umfasst den möglichen Stoffübergang und die toxikologischen Eigenschaften des zu bewertenden Ausgangsstoffes, dessen mögliche Verunreinigungen sowie der Reaktions- und Abbauprodukte. Die bewerteten Ausgangsstoffe sind in materialspezifischen Positivlisten in den Anlagen dieser Bewertungsgrundlage aufgeführt. Außerdem ist das Migrationswasser auf eine Beeinträchtigung des Geruchs und der Optik zu bewerten. Zusätzlich sind die Produkte oder Bauteile hinsichtlich der Förderung des mikrobiellen Wachstums zu beurteilen. Der Prüf- und Beurteilungsaufwand zur Feststellung der trinkwasserhygienischen Eignung ist risikobasiert. Entscheidend für den Aufwand ist die Verwendung der Materialien für einzelne Produkte und Bauteile und das damit verbundene Risiko einer Beeinträchtigung der Trinkwasserbeschaffenheit. Die UBA Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-BWGL) fordert daher, dass Produkte oder Bauteile aus organischen Materialien produktbzw. bauteilspezifisch bewertet werden, da der Produktionsprozess (insbesondere Extrusion, Spritzgießen und Vernetzung) einen großen Einfluss auf die trinkwasserhygienischen Eigenschaften des Endproduktes haben kann. Neben diesen grundsätzlichen Nachweisen für polymere Werkstoffe müssen aber auch die besonderen Anwendungen im Trinkwasserbehälter betrachtet werden. Kunststoffe könne sich - im zementgebundenen Werkstoff (Beton/ Beschichtung) als Betonzusatzmittel oder -zusatzstoff, - im Verbund mit dem zementgebundenen Werkstoff (Polymerbeschichtungen, Injektions- und Abdichtungsstoffe), Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 40 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 - ohne Verbund im Kontakt mit dem zementgebundenen Werkstoff (Folien, Platten) befinden. Aufgrund der Alkalität, der Transportvorgänge und dem Feuchtezustand das Untergrundbetons können hierdurch verschiedene Wechselreaktionen ausgelöst werden. Verseifung Verseifung ist in DAfStb-Richtlinie “Schutz und Instandsetzung von Betonbauteile Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze“ definiert als (Zitat): “Durch Laugen, Säuren oder Enzyme bewirkte Spaltung eines Polymers“ Verseifung von Kunststoffen kann an Beschichtungen, Dichtungsstoffen/ -bändern sowie an Kunststoffbestandteilen zementgebundener Stoffe stattfinden. - Bei der Verseifung werden Esterverbindungen chemisch gespalten, es entstehen Alkohol-Moleküle sowie Carboxylat-Anionen. - Damit diese Reaktion abläuft, muss eine Base hinzutreten. Bei hochalkalischen zementgebundenen Werkstoffen handelt es sich um eine alkalische Spaltung. Die Alkalität für diese Reaktion tritt aus dem im Wasser der Zementphase gelösten Calciumhydroxid hinzu. - Bei der Zersetzung entstehen z. B. Methanol oder Butanol. - Die Verseifung greift unter Anwesenheit von Aminosäuren (aus z. B. Biofilmen oder Verkeimungen) auch den Zementstein an und zersetzt im Laufe der Zeit die zementsteinfestigkeitsgebenden Calcium-Silicat- Hydrat-Phasen (CSH). - Durch die Verseifung werden Polymerketten gespalten und damit bioverfügbar. Dadurch verlassen die Materialien letztendlich den Anwendungsbereich des W 270 / W 347 bzw. die diesbezüglichen Nachweise des Materialherstellers. - Die zeitabhängige Spaltung der Kunststoffe durch Verseifung erklärt u. a. die häufig festzustellende zeitabhängige Abnahme von Beschichtungen (Aufzehrung) und Zunahme hygienischer Probleme. Abb.16: Beispiel für die Verseifung eines Fliesenklebers Osmose Unter Osmose wird allgemein ein einseitig gerichteter Transport von Molekülen oder Ionen durch eine selektiv- oder semipermeable Trennwand (-schicht) verstanden. Häufig wird Osmose beschrieben als die spontane Passage von Wasser oder eines anderen Lösungsmittels durch eine semipermeable Membran, die für das Lösungsmittel, jedoch nicht die darin gelösten Stoffe durchlässig ist. Abb.17: Beispiel für flüssigkeitsgefüllte Blasen durch Osmose an einer Polymerbeschichtung Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 41 Der osmotische Druck ist derjenige Druck, der durch die in einem Lösungsmittel gelösten Moleküle auf der höherkonzentrierten Seite verursacht wird und den Fluss des Lösungsmittel (in der Regel Wasser) durch eine semipermeable Membran antreibt. Das Lösungsmittel strömt von der Seite mit geringerer Teilchenkonzentration durch die genannte Membran zur Seite mit dem höheren osmotischen Druck, also zur höheren Teilchenkonzentration. Für die Teilchen selbst ist die Membran nicht passierbar. Der osmotische Druck hängt von den Konzentrationsverhältnissen der beiden Lösungen auf der jeweiligen Seite der Membran ab. Der osmotische Druck ist auf der Seite mit der höheren Konzentration gelöster Stoffe größer. In der Baupraxis wird die Blasenbildung an diffusionshemmenden Beschichtungen mit Osmos in Verbindung gebracht. Den zuvor beschriebenen naturwissenschaftlichen Randbedingungen widersprechen jedoch nachfolgende Aspekte: - die Konzentration an gelösten Stoffen ist auf der Beschichtungsoberfläche gering, häufig liegt auch keine Beanspruchung vor. - Die Blasenbildung tritt häufig erst zeitversetzt nach Monaten und Jahren ein, obwohl die Adhäsions- und Kohäsionsfestigkeit der Beschichtungssysteme sehr hoch ist bzw. nicht abgebaut worden ist. Daher wird der Vorgang mit der Modellvorstellung zur sogenannten Zwischenlagenosmose beschrieben, wo der osmotische Druck von der Rückseite der Beschichtung zwischen der eigentlichen dichten Deckbeschichtung, einer Zwischenlage (z. B. Kratzspachtelung, Imprägnierung, Putzschicht, …) und dem Konstruktionsbeton aufgebaut wird. In der Zwischenschicht können sich niedermolekulare Bestandteile aus z. B. - Schalölresten, Altbeschichtungen, - nicht vollständig polymerisierte Kunststoffe, - Lösemittelreste, - unvollständig polymerisierten Kunststoffen infolge des Chromatographie-Effekts (Hierbei werden durch poröse Baustoffe Bestandteile unterschiedlich schnell transportiert und das stöchiometrische Mischungsverhältnisse wird verschoben). In der Flüssigkeit infolge einer rückwärtigen Durchfeuchtung erfolgt eine Aufkonzentration. Unter den Randbedingungen werden Molekülketten der Kunststoffe in der Zwischenschicht und auch an der Rückseite der Beschichtung gespalten und längerfristig bioverfügbar. Hierdurch erklärt sich die zeitabhängige Zunahme von Blasen und Blasenwachstum (Größe, Volumen). Am Ende platzen die Blasen auf und setzen die Blasenflüssigkeit frei. Daher stellen flüssigkeitsgefüllte Blasen immer ein Risiko für eine Keimvermehrung dar. Durch Verseifung hervorgerufene Spaltung von Polymeren geht meist mit einem aromatischen Geruch der Blasenflüssigkeit einher. 4.3.2.4 Zementgebundene Werkstoffe Der Vorgang der Auslaugung/ Hydrolyse durch die kalklösende Kohlensäure beschreibt ein (wenngleich wesentlicher) Teilprozess der Auslaugung zementgebundener Werkstoffe, erklärt aber nicht alle Mechanismen. Viele Phänomene sind trotz Forschungsarbeiten noch nicht abschließend geklärt. Abb.18: Beispiel für die Versprödung von Folien im Spalt ohne Verbund; Belassen der polymeren Altbeschichtung Im Einzelfall sind phänomenologische Beobachtungen sinnvoll (Beobachtungen am Altbeton oder an Altbeschichtungen). Unter Hydrolyse versteht man allgemein die chemische Zersetzung eines Stoffs unter Wassereinwirkung. Insbesondere im Zusammenhang mit zementgebundenen Baustoffen im ständigen Kontakt mit Trinkwasser wird diese Definition auf die Mechanismen des Angriffs mit kalklösender Kohlensäure oder bei weichen Wässern beschränkt. Hierbei wird davon ausgegangen, dass das Dargebot an zementsteinangreifender Lösung ständig in einem Überangebot anwesend ist und dass das Lösungspotential durch die Rektion nicht vermindert wird. Die Hydrolyse ist ein mehrparametriger chemischer Prozess, bei dem Transportvorgänge und chemische Reaktionen ablaufen; sie wird ferner durch physikalische Prozesse infolge hydraulischer Druckschwankungen und Abrasion in der Randzone überlagert. Daher müssen neben den Werten der Wasseranalyse immer die vorgefundenen Schadensausprägungen im Behälter (hier ausgelaugte Betonoberflächen) berücksichtigt werden. Die Wasserzusammensetzung kann über den Jahreszyklus variieren, so dass unabhängig von der Bewertung einzelner Wasseranalysen bei der Beurteilung eines Auskleidungssystems verschiedene Parameter beachtet werden sollten. Bei zementgebundenen Werkstoffen schreitet der Schadensprozess von der Bauteiloberfläche her fort (vgl. Abb. 4). Erste Anzeichen können durch Aufweichungen der Zementhaut beobachtet werden. Hier ist allerdings bei der Beurteilung Vorsicht geboten, da zementgebundene Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 42 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Werkstoffe im nassen Zustand eine geringere Festigkeit aufweisen. Durch Einlagerung von Wasser können die Oberflächen auch ohne chemische Schädigungen pastöse Eigenschaften aufweisen (Abb. 19). Abb.19: Beispiel für pastöse zementgebundene Oberflächen Nach dem Regelwerk müssen die Oberflächen glatt, eben und fest sein, damit sich keine Sedimente oder Biofilme einlagern können, die dann nicht oder nur mit hohem Aufwand und Beschädigung der Oberfläche beseitigt werden können. Durch die Auslaugung gehen Alkalien in Lösung, der pH-Wert fällt ab und es geht eine räumlich dicht gefolgte Zersetzung des Zementsteins einher (Abb. 20) / 25/ . Abb.20: Alkalitätsabfall an der Betonrandzone (Dissertation Merkel / 25/ ) - Kunststoffe sind bioverfügbar und dürfen im Kontakt mit dem Trinkwasser nur sehr eingeschränkt und begrenz verwendet werden. Es gilt daher auf der Grundlage der Trinkwasserverordnung das Minimierungsgebot. Das Umweltbundesamt (UBA) begrenzt den Kunststoffgehalt in zementgebundenen Werkstoffen auf 25 M.-% bezogen auf den Zementgehalt. Da Zement eine Rohdichte von rd. 3,0 g/ dm 3 und Kunststoffe eine Rohdichte von rd. 1,1 g/ dm 3 besitzen, kann der Volumenanteil bei elastifizierten Systemen bis zu 50 Vol.-% betragen. - Die zementgebundenen Werkstoffe werden nach W 300-4 nach dem Kunststoffgehalt in 4 Typen unterschieden (Abb. 21): Typ 1: ohne Betonzusatzmittel und ohne kunststoffhaltige Zusätze Typ 2: mit Betonzusatzmittel nach DIN EN 934-2 bis max. 5 %/ z (Zementäquivalent) und ohne kunststoffhaltige Zusätze Typ 3: ggf. mit Betonzusatzmittel nach DIN EN 934-2 und mit kunststoffhaltigen Zusätzen bis insgesamt max. 10 %/ z (Zementäquivalent) Typ 4: ggf. mit Betonzusatzmittel nach DIN EN 934-2 und mit kunststoffhaltigen Zusätzen mit insgesamt bis max. 25 %/ z (Zementäquivalent) Abb.21: zulässiger maximaler Kunststoffgehalt in [g/ m2] je m 2 Beschichtungsfläche für eine Schichtdicke von 15 mm Bei kunststoffhaltigen Werkstoffen kann die Auslaugung zu einer Exkavation führen. Mit zunehmendem Abbau des Calciumhydroxids nimmt die Alkalität ab und bioverfügbare Kunststoffe können im Kontakt mit dem Trinkwasser zu einem mikrobiellen Wachstum beitragen (Abb. 22). Rissüberbrückende Beschichtungen, wie sie die bauchemische Industrie für die allgemeine Betoninstandsetzung zur Verfügung stellt, können im Trinkwasserbehälter nicht eingesetzt werden, da hierzu nur bestimmte Kunststoffe und sehr hohe Kunststoffgehalte benötigt werden (W 300-4 - Typ 4). Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 43 5. VERBESSERUNG DER BEHÄLTER-AUSTAT- TUNG Neben den in Abschnitt 4 beschriebenen Zusammenhänge für die Beschichtung oder Auskleidung der Wasserkammer müssen auch die erforderlichen Bauteile für den Betrieb der Wasserkammer und des Wasserwerks betrachte werden. W 300-1 / 13/ liefert hierzu eine übersichtlich gegliederte Abhandlung zu den einzelnen Bauteilen. Im Rahmen dieses Beitrages daher nur auf die Systematik zur Beurteilung hingewiesen (Abb.23). Abb.22: Beispiel für ein mikrobielles Wachstum auf kunststoffmodifizier Beschichtung oben: makroskopischer Befund unten: mikroskopische Betrachtung Abb.23: Übersicht über die in W 300-1 Festgelegten Soll-Zustände zur Behälterausstattung 6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Die Grundsätzliche Anforderungen für Neubau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern sind in der Regelwerksreihe W 300-ff dargestellt. Mit einer Instandsetzung soll nicht der Altzustand wiederhergestellt werden, sondern ein Zustand, der die Anforderungen an einen Neubau gemäß W 300-1 berücksichtigt, den Mindest-Sollzustand so sicherstellt, dass während der geplanten Restnutzungsdauer die mit ausreichender statistischer Zuverlässigkeit festgelegten Abnutzungsgrenzen unter Berücksichtigung der planmäßigen zeitabhängigen Werkstoffveränderungen nicht unterschritten werden sowie eine Verbesserung der trinkwasserberührten Oberflächen erzeugt. Daher werden in diesem Beitrag die wesentlichen Kriterien für den Soll-Zustand erläutert. Bei der Instandhaltung müssen diese Kriterien bzw. deren zeitliche Veränderungen/ Beeinträchtigungen ständig erfasst und dokumentiert werden. Im Falle einer Instandsetzung ist eine umfassende planerische Auseinandersetzung erforderlich. Es muss dann versucht werden, die Soll-Zustände für einen Neubau so weit wie technisch möglich zu erreichen. LITERATURVERZEICHNIS [01] DAfStb WU-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton; Deutscher Ausschuss für Stahlbeton DAfStb im DIN [02] Zement-Merkblatt Wasserundurchlässige Betonbauwerke; Bauberatung Zement H 10 [03] DIN EN 1992-1-1EC 2 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton und Spannbeton; Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau [04] DIN EN 1992-1-3 EC 2 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton und Spannbeton; Silos und Behälterbauwerke aus Beton [05] DIN 1045 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 Teil 3: Bauausführung [06] DIN 31 051 Grundlagen der Instandhaltung [07] DIN EN 13 306 Begriffe der Instandhaltung [08] DIN EN 1508 Wasserversorgung - Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung [09] DVGW W 270 Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich - Prüfung und Bewertung [10] DVGW W 347 Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich - Prüfung und Bewertung [11] DVGW W 398 Praxishinweise zur hygienischen Eignung von Ortbeton und vor Ort hergestellten zementgebundenen Werkstoffen zur Trinkwasserspeicherung [12] TrinkwV Trinkwasserverordnung, Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch [13] DVGW W 300-1 Trinkwasserbehälter: Planung und Bau [14] DVGW W 300-2 Trinkwasserbehälter: Betrieb und Instandhaltung [15] DVGW W 300-3 Trinkwasserbehälter: Instandsetzung und Verbesserung [16] DVGW W 300-4 Trinkwasserbehälter: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle [17] DVGW W 300-5 Trinkwasserbehälter: Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Anforderungen und Prüfung [18] DVGW W 300-6 Trinkwasserbehälter: Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von System- und Fertigteilbehältern [19] DVGW W 300-7 Trinkwasserbehälter: Praxishinweise Reinigungs- und Desinfektionskonzept [20] DVGW W 300-8 Trinkwasserbehälter: Praxishinweise Hygienekonzept; Neubau und Instandsetzung [21] DVGW W 316 Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen für Planung, Bau, Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern [22] DIN 2000 Zentrale Trinkwasserversorgung - Leitsätze für Anforderungen an Trinkwasser, Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von Versorgungsanlagen -Technische Regel des DVGW [23] DIBt MVV TB Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt) Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen [24] DIBt TR Instandhaltung Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt) Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung) Teil 1: Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung Teil 2: Merkmale von Produkten oder Systemen für die Instandsetzung und Regelungen für deren Verwendung [25] Merkel, M.: Realkalisierungspotenzial von zementgebundenen Werkstoffen im Trinkwasserbereich : Dissertation an der Technischen Universität Kaiserslautern, Fachbereich Bauingenieurwesen (2021)