eJournals Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis 6/1

Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
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2021
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Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygiene- sowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich

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Sascha Leck
Trinkwasser ist gemäß TrinkwV zu jeder Zeit in hygienisch einwandfreier Qualität bereitzustellen. Der Begriff Hygiene im Sinne dieses Grundsatzes umfasst alle Bestrebungen und Maßnahmen, die darauf abzielen, negative Qualitätsveränderungen des Trinkwassers zu vermeiden bzw. zu verhindern. Für den Neubau und die Instandsetzung von Trinkwasserbehältern sind dementsprechende Qualitätssicherungs-, Hygiene- sowie Reinigungs- und Desinfektionskonzepte zu entwickeln, welche planungs- und baubegleitend umgesetzt werden müssen. Der nachfolgende Bericht versucht in Anlehnung an das gültige Regelwerk einen Überblick der Einordnung der notwendigen Konzepte in den Planungs- und Bauüberwachungsprozess beim Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen zu geben.
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6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 79 Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich Dipl.-Ing. Sascha Leck GUV - Gesellschaft für Geohydraulik, Umweltberatung, Verfahrens- und Ingenieurtechnik mbH, Lohfelden, Minden, Rottweil Zusammenfassung Trinkwasser ist gemäß TrinkwV zu jeder Zeit in hygienisch einwandfreier Qualität bereitzustellen. Der Begriff Hygiene im Sinne dieses Grundsatzes umfasst alle Bestrebungen und Maßnahmen, die darauf abzielen, negative Qualitätsveränderungen des Trinkwassers zu vermeiden bzw. zu verhindern. Für den Neubau und die Instandsetzung von Trinkwasserbehältern sind dementsprechende Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzepte zu entwickeln, welche planungs- und baubegleitend umgesetzt werden müssen. Der nachfolgende Bericht versucht in Anlehnung an das gültige Regelwerk einen Überblick der Einordnung der notwendigen Konzepte in den Planungs- und Bauüberwachungsprozess beim Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen zu geben. 1. Grundsätze bei Planung und Bau von Trinkwasserbehälteranlagen In Anlehnung an das aktuelle Regelwerk DVGW W 300-1 bis 8 lassen sich die nachfolgenden Grundsätze bei Planung und Bau von Trinkwasserspeicheranlagen formulieren: 1. Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik / hierzu gehören auch und insbesondere die Vorschriften zur Hygiene. 2. Hygienekonzepte sind spezifisch für die zugelassenen Behälterbauweisen (Ortbetonbehälter, Systembehälter etc.) aufzustellen und anzuwenden. 3. Die materialspezifischen Eignungsnachweise der eingesetzten Werkstoffe (Bau- und Bauhilfsstoffe) sind in Bezug auf die Bewertungsgrundlagen zu beachten. 4. Es erfolgt keine Differenzierung zwischen wasserberührten Oberflächen und “dahinter” bzw. “darunter” angeordneten Konstruktionen. 5. Die Durchführung einer Reinigung und Desinfektion ersetzt kein Hygienekonzept auf der Baustelle. 1.1 Normen, Richtlinien und Regelwerke Die nachfolgenden Normen, Richtlinien und Regelwerke dienen als Grundlage für Planung und Bau von Trinkwasserspeicheranlagen und geben zudem die technischen und hygienischen Anforderungen sowie Bewertungsgrundlagen an die Bau-, Bauhilfs- und Werkstoffe vor: DIN 206: 2017-01 - Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität DIN 1045-2: 2008-08 - Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 DIN EN 13670: 2011-03 - Ausführung von Tragwerken aus Beton; Deutsche Fassung EN 13670: 2009 DIN EN 1991-1-1: 2010-12 - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau DIN EN 1991-1-1/ NA/ A1: 2015-05 - Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau DIN EN 1992-1-1: 2011-01 - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau DIN EN 1992-1-1/ NA/ A1: 2015-12 - Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau DIN EN 1992-3: 2011-01 - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 3: Silos und Behälterbauwerke aus Beton Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 80 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 DVGW W 270 (A): 2007-11 - Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich - Prüfung und Bewertung; Beachtung der KTW-Regelungen zur Prüfung von Kunststoffen im Trinkwasserbereich DVGW W 291 (A): 2000-03 - Reinigung und Desinfektion von Wasserversorgungsanlagen DVGW W 300-1 (A): 2014-10, Trinkwasserbehälter - Teil 1: Planung und Bau DVGW W 300-2 (A): 2014-10, Trinkwasserbehälter - Teil 2: Betrieb und Instandhaltung DVGW W 300-3 (A): 2014-10, Trinkwasserbehälter - Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung DVGW W 300-4 (A): 2014-10, Trinkwasserbehälter - Teil 4: Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme - Grundsätze und Qualitätssicherung auf der Baustelle DVGW W 300-5 (A): 2020-08, Trinkwasserbehälter - Teil 5: Bewertung der Verwendbarkeit von Bauprodukten für Auskleidungs- und Beschichtungssysteme DVGW W 300-6 (M): 2016-09, Trinkwasserbehälter - Teil 6: Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von System- und Fertigteilbehältern DVGW W 300-7 (M): 2016-09, Trinkwasserbehälter - Teil 7: Praxishinweise Reinigungs- und Desinfektionskonzept DVGW W 300-8 (M): 2016-10, Trinkwasserbehälter - Teil 8: Praxishinweise Hygienekonzept: Neubau und Instandsetzung DVGW W 316 (A): 2018-04, Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen für Planung, Bau, Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern; Fachinhalte DVGW W 347 (A): 2006-05 - Hygienische Anforderungen an zementgebundene Werkstoffe im Trinkwasserbereich; Prüfung und Bewertung DVGW W 398 (M): 2013-01 - Praxishinweise zur hygienischen Eignung von Ortbeton und vor Ort hergestellten zementgebundenen Werkstoffen zur Trinkwasserspeicherung Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW- BWGL) - Allgemeiner Teil und Anlagen der Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-BWGL) - Polymerspezifischer Teil, 2021 Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von Elastomeren im Kontakt mit Trinkwasser (Elastomerleitlinie) und Elastomerleitlinie: Verlängerte Übergangsregelung für den Teil 2 der Positivliste der Ausgangsstoffe, 2016 Aktualisierte Positivlist zur Herstellung von Elastomeren im Kontakt mit Trinkwasser, 2020 Leitlinie zur mathematischen Abschätzung der Migration von Einzelstoffen aus organischen Materialien in das Trinkwasser (Modellierungsleitlinie), 2008 Übergangsempfehlung zur vorläufigen trinkwasserhygienischen Beurteilung von Produkten aus Thermoplastischen Elastomeren im Kontakt mit Trinkwasser (TPE- Übergangsempfehlung), 2019 Beurteilung von Stoffen mit bestimmter technologischer Funktion und geringen Einsatzmengen bei der Rezepturüberprüfung nach den Leitlinien des Umweltbundesamtes zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (Geringfügigkeits-Leitlinie), 2011 Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser (Metall-Bewertungsgrundlage), 2021 1.2 Reinigungs- und Desinfektionskonzept nach DVGW W 300-7 (M) und Hygienekonzept nach DVGW W 300-8 (M) Für den Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen ergibt sich aus den Vorgaben der Regelwerke DVGW W 3007 und W 300-8, wie in Abbildung 1 dargestellt, grundsätzlich das Erfordernis der Erarbeitung von entsprechenden Konzepten zur Reinigung und Desinfektion sowie zur Hygiene, welche durch die Aufstellung - eines Reinigungs- und Desinfektionsplanes, - eines Qualitätssicherungsplanes und - eines Hygienezonenplanes projektspezifisch konkretisiert werden. Abbildung 1: Schema Hygienekonzept 2. Hygienekonzept nach DVGW W 300-8 (M) 2.1 Hygienekonzept - Rechtlicher Hintergrund Das Hygienekonzept kann als rechtlich verbindlich eingestuft werden, da die gesetzlichen Grundlagen mit der TrinkwV 2001 (2016/ 2018/ 2020) und dem Infektionsschutzgesetz IfSG (2021) sowie den Verordnungen (EG) Nr. 852/ 2004 (HACCP-Konzept) des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 29.04.2004 mehr als deutlich gegeben sind. →HACCP-Konzept (Hazard Analysis Critical Control Point - Konzept) → Risikoanalyse kritischer Kontrollpunkte in der Lebensmittelhygiene →Analogie HACCP zu Hygienekonzept nach DVGW W 300-8 Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 81 2.2 Hygienekonzept - Einordnung der Ingenieurleistung in die Leistungsphasen der HOAI Das Hygienekonzept muss bereits im Rahmen der Planung aufgestellt werden und planungswie baubegleitend fortgeschrieben werden. Somit stellt das Konzept eine Leistung dar, die in allen Leistungsphasen der HOAI ihren Ansatz und ihre Berechtigung findet und als „besondere Leistung“ zur Erstellung einer fachgerechten Planung einer Trinkwasserspeicheranlage auszuarbeiten ist. Abbildung 2: Projektphasen Hygienekonzept 2.3 Hygienekonzept - Planerische und bauüberwachungstechnische Aufgaben und Inhalte Die planerischen und bauüberwachungstechnischen Aufgaben lassen sich anhand der Inhalte des Hygienekonzeptes für den Neubau einer Trinkwasserspeicheranlage wie folgt zusammenfassen: • Stellung eines fachlich geeigneten Hygienekoordinators (fachliche Anforderungen des Hygienekoordinators gem. DVGW-Merkblatt W300-8) während der Planung und der Ausführung des Neubaus • Aufstellung eines Hygienekonzeptes für die Planung, den Bau und den Betrieb der Anlage zur Vermeidung hygienischer Mängel sowie die Erstellung eines Maßnahmenkataloges zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene • Aufstellung bzw. Festlegung von Hygienezonen und von Maßnahmen, die in den jeweiligen Hygienezonen erlaubt bzw. nicht erlaubt sind • Aufstellung von organisatorischen Maßnahmen (Anforderungen an das Personal) sowie technischen Anforderungen an die bau-, anlagen- und elektrotechnische Ausrüstung zur Vermeidung von hygienischen Gefährdungen während des Baues und des späteren Betriebes • Definition und Dokumentation von Maßnahmen zur Sicherstellung von Ordnung und Sauberkeit bzw. Regelungen zum Verzehr von Nahrungs- und Genussmitteln auf der Baustelle und für den späteren Betrieb der Anlage • Definition, Bewertung, Beurteilung und Dokumentation von Maßnahmen zur Einhaltung der Trinkwasserhygiene für den Einsatz der für den Neubau erforderlichen Materialien, Maschinen und Werkzeugen • Unterweisung der am Bau beteiligten Unternehmen und Mitarbeiter in das Hygienekonzept unter besonderer Berücksichtigung des Infektionsschutzgesetzes; Dokumentation der Unterweisung • Regelmäßige Überprüfung der Anforderung und Umsetzung des Hygienekonzeptes auf der Baustelle und Dokumentation der Überprüfungsergebnisse mit Anweisung an die ausführenden Unternehmen sowie die fachlich Beteiligten • Übertragung der aufgestellten Maßnahmenkataloge in das Leistungsverzeichnis und Erstellung von VOB-konformen Leistungspositionen für die Umsetzung des Hygienekonzeptes für den Neubau des Trinkwasserspeicherbehälters In den nachfolgenden Kapiteln werden die vorgenannten Inhalte des Hygienekonzeptes exemplarisch anhand • des Qualitätssicherungsplanes, • des Hygienezonenplanes und • der Einweisung in das Infektionsschutzgesetz weiter beschrieben und konkretisiert. 2.4 Qualitätssicherungsplan Die Aufstellung eines Qualitätssicherungsplanes resultiert aus den Anforderungen gem. DVGW W 3001 und des Hygienekonzeptes gem. DVGW W 3008. Der Qualitätssicherungsplan ist bereits im Rahmen der Planung aufzustellen und in der Bauausführung fortzuschreiben. Der Qualitätssicherungsplan sollte sich hierbei wie folgt aufgliedern: • Qualitätssicherungsplan „Werkstoffe und Bauhilfsstoffe“ • Qualitätssicherungsplan „Kontrolle der Bauausführung“ Inhaltlich wird der Qualitätssicherungsplan hierbei durch das gewählte Bauverfahren / die gewählte Bauweise (zugelassene Bauweisen gem. DVGW W 3001 und -6) bestimmt. Die Aufstellung des Qualitätssicherungsplanes „Werkstoffe und Bauhilfsstoffe“ in der Planungsphase dient der Sicherstellung der hygienischen und technischen Eignung von Werkstoffen und Bauhilfsstoffen und muss die nachfolgenden Punkte enthalten: • Festlegung der Bauweise (Ortbetonbehälter, Systembehälter etc.) • Festlegung der Werkstoffe unter Berücksichtigung von DVGW W 3004 und W 3005 • Festlegung der Bauhilfsstoffe nach DVGW W 3004 und W 3005 • Prüfung der hygienischen und technischen Eignung der Werkstoffe, Bauhilfsstoffe, Bauverfahren unter Einholung von Prüfzeugnissen, Eignungen, Nachweisen und Risikoanalysen unter besonderer Berücksichtigung des DVGW-Regelwerks wie z.B. DVGW W 270, W 347, W 628 etc., der DIN- und DIN EN-/ DIN EN ISO-Normen, der Bewertungsgrundlage und Leitlinien zur hygienischen Beurteilungen des Umweltbundesamtes (u.a. Elastomerleitlinie, KTW- BWGL), DVS-Richtlinie, DAfStb-Richtlinie sowie der Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 82 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Die im Rahmen der Planung festgelegten und auf hygienische sowie technische Eignung geprüften Werkstoffe und Bauhilfsstoffe sind als VOB-konforme Leistungspositionen in das Leistungsverzeichnis zu übernehmen. Der Qualitätssicherungsplan ist im Rahmen der Bauausführung den ausführenden Unternehmen vorzugeben und kontinuierlich fortzuschreiben. Des Weiteren ist ein Qualitätssicherungsplan „Kontrolle der Bauausführung“ zu führen, in dem die Einhaltung der im Rahmen des Qualitätssicherungsplanes „Werkstoffe und Bauhilfsstoffe“ während der Planung festgelegten Anforderungen überprüft wird. Hierbei sind folgende Leistungen zu erbringen: • Kontrolle, Überwachung und Konformitätsprüfung der festgelegten Werkstoffe und Bauhilfsstoffe in der Bauausführung • Prüfung Betonsortenverzeichnis gemäß DVGW W 398; Nachweis der Konformität der hygienischen Eignung von Betonen mit den geforderten Eigenschaften / gestellten Anforderungen durch „Einzelprüfung der Gesamtrezeptur“ oder „Prüfung der Einzelnachweise der Ausgangsstoffe“ • Einholung und Bewertung von Typprüfungsunterlagen, Unterlagen der WPK (werkseigene Produktionskontrollen) • Einholung und Bewertung der Unterlagen zur Erstinspektion der Herstellerwerke und der werkseigenen Produktionskontrollen • Einholung und Bewertung der Überwachungsprotokolle der werkeigenen Produktionskontrollen • Überprüfung und Bewertung der Ergebnisse der Proben nach Prüfplan • Überprüfung und Bewertung der Stichprobenprüfung im Werk der Herstellung • Kontrolle und Überwachung der geforderten Oberflächeneigenschaften von Ortbeton und Betonfertigteilen sowie anderen Werkstoffen • Kontrolle und Überwachung von Gerüsten und Schalungen • Kontrolle und Überwachung des Bewehrens • Kontrolle und Überwachung der Ausführung der Arbeitsfugen und Betonierabschnitte • Kontrolle und Überwachung des Betonierens • Kontrolle und Überwachung der Frisch- und Festbetoneigenschaften • Kontrolle und Überwachung des fachgerechten Betoneinbaues • Kontrolle und Überwachung des hygienischen Zustandes von technischen Einrichtungen, wie z.B. Verdichtungsgeräten, Flügelglättern, Betonfahrzeugen etc. • Kontrolle und Überwachung der fachgerechten Nachbehandlung • Kontrolle und Überwachung der Umsetzung des Hygienekonzeptes • Kontrolle und Überwachung der Dichtheitsprüfung • Kontrolle und Überwachung der Umsetzung des Reinigungs- und Desinfektionskonzeptes Der Qualitätssicherungsplan ist während der gesamten Planung und Ausführung fortzuschreiben und nach Abschluss der Maßnahme in die Abschlussdokumentation zu übernehmen. 2.5 Hygienezonenplan In verschiedenen Anlagenbzw. Baustellenbereichen sind unterschiedliche Anforderungen an die Hygiene zu stellen. Die Abgrenzung von Hygienezonen dient hierbei der Umsetzung der zugehörigen Hygienevorschriften in die Praxis. Die Kontrolle der Einhaltung der Hygienevorschriften obliegt dem Hygienekoordinator. Grundsätzlich werden die nachfolgend aufgelisteten Hygienezonen unterschieden: Abbildung 3: Unterteilung Hygienezonen und allgemeine Vorschriften Die Hygienezonen sind auf der Baustelle und innerhalb der Anlage eindeutig zu kennzeichnen. Für die einzelnen Hygienezonen werden die Hygienevorschriften in speziellen Maßnahmenkatalogen zusammengefasst: Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 83 Abbildung 4: Maßnahmenkatalog Hygienezone A Abbildung 5: Maßnahmenkatalog Hygienezone B Abbildung 6: Maßnahmenkatalog Hygienezone C Abbildung 7: Maßnahmenkatalog Hygienezone D Des Weiteren wird ein Hygienezonenlageplan auf der Baustelle ausgehängt: Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 84 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Abbildung 8: Hygienezonenlageplan 2.6 Einweisung in das Infektionsschutzgesetz Im Rahmen der Umsetzung des Hygienekonzeptes erfolgt die mündliche und schriftliche Belehrung aller am Bauprozess beteiligten Personen (Bauherr, ausführendes Unternehmen, Nachunternehmer, Fachplaner etc.) über die in § 42 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz genannten Tätigkeitsverbote und Verpflichtungen gemäß § 43 Abs. 2, 4 und 5 Infektionsschutzgesetz. Die Belehrung ist durch die Teilnehmer schriftlich zu bestätigen. Den Teilnehmern wird eine Bescheinigung über die Belehrung ausgestellt. Der Hygieneschutzkoordinator sowie der Hygieneschutzbeauftragte des ausführenden Unternehmens haben die Umsetzung des Hygienekonzeptes und die Einhaltung der o.g. Tätigkeitsverbote und Verpflichtungen gem. Infektionsschutzgesetz sicherzustellen. In den ausgewiesenen Hygieneschutzzonen dürfen nur entsprechend eingewiesene und belehrte Personen tätig sein. Auf der Baustelle ist eine Liste der eingewiesenen und belehrten Personen auszuhängen. Die Liste ist ständig zu aktualisieren und fortzuführen. 3. Reinigungs- und Desinfektionskonzept nach DVGW W 300-7 (M) 3.1 Reinigungs- und Desinfektionskonzept - Inhalte Das hier beschriebene Reinigungs- und Desinfektionskonzept gilt exemplarisch für Trinkwasserspeicheranlagen einschl. der angeschlossenen Rohrleitungen und Einbauteile und legt den Desinfektions- und Reinigungsplan fest. Die Zielsetzungen der Reinigung und der Desinfektion sind: • die Herstellung eines einwandfreien mikrobiellen Zustands der Trinkwasserspeicheranlagen und der angeschlossenen Rohrleitungen sowie der Einbauteile • die Entfernung von losen Bestandteilen an Oberflächen (Stäube, Zementschleier nach Instandsetzungen etc.) • die Entfernung von im späteren Betrieb mobilisierbaren Ablagerungen • die Entfernung von Eisen-, Mangan-, bzw. Kalkablagerungen • ggf. die Entfernung von organischen Verunreinigungen (Schimmel, Algenbewuchs, etc.) Der Einsatz von chemischen Reinigungsmitteln ist strengstens untersagt, da diese zu einer Schädigung des Untergrundes führen können. Es ist lediglich eine mechanische Reinigung mit Hilfe von Trinkwasser erlaubt. Es wird grundsätzlich unterschieden zwischen der Reinigung / Desinfektion - nach Instandsetzungen, Neubauten, Wiederinbetriebnahmen und - im Normalbetrieb nach festgelegten Zyklen des Betreibers. Daneben können außerplanmäßige Ereignisse (bspw. mikrobielle Auffälligkeiten) eine Reinigung ggf. in Verbindung mit einer Desinfektion erforderlich machen. Grundsätzlich ist vor jeder Desinfektion eine getrennte Reinigung durchzuführen. Für Reinigungsarbeiten sind nur geeignete Fachkräfte des Betreibers oder qualifizierte Unternehmen einzusetzen. Es ist sicherzustellen, dass die Verwendung unsauberer Arbeits- und Reinigungsgeräte und verschmutzter Arbeitskleidung unterbleibt (siehe auch Hygienekonzept). Über die Reinigung / Desinfektion ist eine Dokumentation mit Angabe der Prozessabläufe (Außerbetriebnahme, Reinigung, ggf. Instandsetzungen, ggf. Desinfektion, Inbetriebnahme) mit Datum und Arbeitsverantwortlichen, ggf. Art des Desinfektionsmittels, ggf. Desinfektionsmittelkonzentration und den Ergebnissen der Mikrobiologie zu erstellen. Die Reinigung und Desinfektion erfolgt grundsätzlich nach Abschluss der Instandsetzungsmaßnahme bzw. der Neubaumaßnahme. Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 85 Weitere Reinigungszyklen werden gemäß DVGW Arbeitsblätter W-300-1/ 2 sowie W 300-7 auf Basis der bestehenden Betriebserfahrung des Betreibers festgesetzt. Grundsätzlich sollten Reinigungs- und Inspektionszyklen von max. 2 Jahren eingehalten werden. Nach Durchführung aller Beton-, Montage- und Installationsarbeiten müssen die Leitungen und die Behälterkammern in einem einwandfreien Zustand übergeben werden, d.h. die angeschlossenen Wasserversorgungsleitungen und Trinkwasserspeicheranlagen müssen bakteriologisch einwandfrei sein. Dies wird durch die Reinigung und Desinfektion gewährleistet. Das Desinfektionsmittel hat der Auftragnehmer zu stellen. Dafür ist vorab ein Beständigkeitsnachweis der vorhandenen wasserberührten Oberfläche bei dem jeweiligen Materiallieferant (Mörtel, PE, EP-Harz, Edelstahl) einzufordern. Sind die Anlagen nach einmaliger Desinfektion gemäß amtlicher Feststellung nicht einwandfrei, so geht jede weitere Desinfektion einschl. Wasserfüllung zu Lasten des Auftragnehmers. Die Entkeimung hat gemäß den geltenden Vorschriften (DVGW, DIN) zu erfolgen. Zur Entkeimung muss eine Rohrleitung mit Wasser gefüllt werden; die erforderliche Menge an wirksamem Desinfektionsmittel je m³ ist zuzugeben. Bei Trinkwasserspeicheranlagen ist eine Reinigung mit Trinkwasser sowie eine Sprühdesinfektion oder eine Standdesinfektion auszuführen. Auch hierbei ist die erforderliche Menge an wirksamem Desinfektionsmittel je m² oder m³ zuzugeben. Um die Einbauteile (Pumpen, Armaturen, Rohrformstücke, etc.) zu reinigen, reicht in der Regel der Spüleffekt durch Trinkwasser bei der Inbetriebnahme aus. Sie können aber auch im Zuge der Rohrleitungsspülung und -desinfektion mit gereinigt und desinfiziert werden. Nach der Entkeimung sind die Leitungen bzw. die Speicherbehälter mit frischem Trinkwasser zu spülen, bis kein Desinfektionsmittel mehr nachweisbar ist. Die Desinfektionsarbeiten sind von einem geeigneten Fachmann (z.B. Fachkraft nach DVGW W 316) zu überwachen, wobei die beauftragten Mitarbeiter auf die Gefährlichkeit des Desinfektionsmittels hingewiesen werden müssen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass kein chlorhaltiges oder verunreinigtes Wasser in vorhandene Leitungen gelangen kann (Steckscheiben setzen). Die Wasserproben zur bakteriologischen Untersuchung sind an drei hintereinander folgenden Tagen nach der Reinigung und Desinfektion zu entnehmen. Die Anzahl der Probenahmestellen wird gemeinsam mit dem Auftraggeber festgelegt. Die Probenahme und Analytik sowie die Festlegung des unabhängigen akkreditierten Institutes erfolgt in Abstimmung mit dem Auftraggeber. Außerdem sind nur zertifizierte bzw. qualifizierte Probenehmer für die Probenahme zugelassen. Über die Probenahme ist ein Probenahmeprotokoll zu erstellen, aus dem die Vorgehensweise der Probenahme, die eingesetzten Probenahmegefäße, die Probenahmetechnik sowie der Probentransport hervorgehen. Das Protokoll ist nach Eingang der Probe im Untersuchungslabor dem Auftraggeber unaufgefordert zu übersenden. Gem. DVGW Arbeitsblatt W 291 darf bei der Desinfektion von Trinkwasserbehältern die maximale Konzentration an Wasserstoffperoxid 15 g/ l Wasser betragen. Es wird somit empfohlen, eine max. 1,5 %-ige Wasserstoffperoxid (H 2 O 2 )-Lösung zu verwenden. Bei der Verwendung von chlorhaltigem Desinfektionsmittel ist analog zur W 291 zu verfahren. Des Weiteren sollte vorgeschrieben werden, dass das Desinfektionsmittel frei von Silberionen, Alkoholen und Aldehyden sein muss. Ein einwandfreier Befund liegt vor, wenn nachfolgende Werte eingehalten werden: • Koloniezahl in 1 ml bei 22° C : < 20 • (in Abweichung zur TrinkwV) • Koloniezahl in 1 ml bei 36° C : < 20 • (in Abweichung zur TrinkwV) • Coliforme Bakterien in 100 ml : 0 • E-coli in 100 ml : 0 • Desinfektionsmittel in 1 mg/ ml : n.n. • Enterokokken in 100 ml : 0 • Pseudomonas aeruginosa in 100 m : 0 • (Koloniebildende Einheit bei 36°C) • Clostridien in 100 ml: : 0 (Koloniebildende Einheit bei 44°C) Bei einem einwandfreien Befund können die Leitungen bzw. die Trinkwasserspeicheranlagen nach vorheriger Genehmigung durch das zuständige Gesundheitsamt in Betrieb genommen werden. Das mit Desinfektionsmittel versehene Wasser ist zu neutralisieren und schadlos für den Betreiber abzuführen. Eine Einleitung in die Vorflut ist nicht statthaft. Bei Einleitung in die Kanalisation ist die vorherige Zustimmung des Kanalbetreibers einzuholen. Über die Entkeimung ist eine Niederschrift anzufertigen. Diese hat folgende Angaben zu enthalten: • Bezeichnung der Leitung / Behälter: DN, Gesamtlänge, Volumen, Wasserinhalt • Spülung: Datum, Dauer, Spülwasserverbrauch • Desinfektion: Entkeimung, Art der Zugabe, Beginn und Ende der Füllung • Reinspülung: Datum, Dauer, Spülwasserverbrauch • Bakteriologische Untersuchung: Probeentnahme, Name der bakteriologischen Untersuchungsanstalt, Name des zertifizierten / qualifizierten Probenehmers, Entnahmestellen, Befund, Beurteilung Bei positiven Befunden von E.Coli / coliformen Keimen / Enterokokken / Clostridien und Pseudomonas aeruginosa ist die Trinkwasserspeicheranlage bzw. die Rohrleitung sofort außer Betrieb zu nehmen und eine weitere Reinigung / Desinfektion durchzuführen. Planerische Anforderungen zum Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzept im Neubaubereich 86 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Bei jeder Sanierungs- und Neubaumaßnahme ist durch das ausführende Unternehmen ein individuelles Reinigungs- und Desinfektionsablaufschema zu erstellen, dass speziell auf den jeweiligen Sanierungsfall bzw. die jeweilige Neubaumaßnahme abgestimmt sein muss. Hierbei sind die Vorgaben des vorliegenden Reinigungs- und Desinfektionskonzeptes zu berücksichtigen. Des Weiteren sind die Vorgaben der DVGW Arbeits- und Merkblätter W 300 ff sowie W 291 zu beachten bzw. einzubeziehen. Dabei sind mindestens folgende Angaben zu machen: • Datum der Reinigung und Desinfektion • Eingesetzte Mittel mit Angabe des Herstellers, der Produktspezifikation, der Konzentration und der Sicherheitsdatenblätter • Zu behandelnde Bauteile, wie z.B. Boden, Wände, Decken etc. mit Angabe des Werkstoffes, der Einwirkdauer, Anwendungsfreigabe des Materialherstellers, Art und Dauer der Nachbehandlung und ggf. Beobachtungen im Rahmen der Ausführung • Zu behandelnde Einbauten, wie z.B. Rohrleitungen, Stahlbauten, Luftfilteranlagen etc. mit Angabe des Werkstoffes, der Einwirkdauer, Anwendungsfreigabe des Materialherstellers, Art und Dauer der Nachbehandlung und ggf. Beobachtungen im Rahmen der Ausführung. 4. Schlussbetrachtung Die Umsetzung der für den Neubau von Trinkwasserspeicheranlagen geltenden Qualitäts- und Hygienevorschriften verlangt auf planerischer Seite eine hohe Fachkunde und Aufmerksamkeit im gesamten Planungs- und Bauüberwachungsprozess. Hierbei muss ein umfangreiches Normen- und Regelwerk beachtet werden, welches sich stetig weiterentwickelt. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, sind projektspezifische Qualitätssicherungs-, Hygienesowie Reinigungs- und Desinfektionskonzepte zu entwickeln, welche planungs- und baubegleitend umgesetzt und fortgeschrieben werden müssen und somit einen elementaren Baustein zur erfolgreichen Projektabwicklung darstellen.