eJournals Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis 6/1

Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
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2021
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Auskleidungen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzsystemen

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2021
Ludger Boonk
Seit Jahrzehnten werden Stahl- und Betonoberflächen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzen beschichtet und sind seit 2014 im W 300 [W 300] als Auskleidungsvariante beschrieben. Gleichwohl halten sich im Markt tradierte Vorstellungen von mineralischen Auskleidungen, die eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den Einsatzmöglichkeiten und technischen Potential von polymeren Beschichtungssystemen erschweren. Die Systemaufbauten müssen neben den umfangreichen und detaillierten physiologischen und hygienischen Anforderungen der Bewertungsgrundlage des UBA, den Korrosionsschutz der Bewehrung und generell die Eignung für den Trinkwasserbereich gewährleisten. Über diese Anforderungen hinaus bieten Epoxidharzbeschichtungen attraktive Materialeigenschaften, mit denen sich weitergehende technische Herausforderungen lösen lassen. Obwohl im W 300 die Auskleidungen eher für den Sanierungsfall gedacht sind, kann es finanziell und technisch durchaus lohnend sein eine Beschichtung von vornherein als integralen Bestandteil eines stimmigen Gesamtkonzeptes bei der Planung nicht nur von Sanierungs- sondern auch von Neubauobjekten vorzusehen.
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6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 107 Auskleidungen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzsystemen Dr. Ludger Boonk Vorrink Stahlu. Betonschutz GmbH & Co. KGz48599 Gronauz Zusammenfassung Seit Jahrzehnten werden Stahl- und Betonoberflächen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzen beschichtet und sind seit 2014 im W 300 [W 300] als Auskleidungsvariante beschrieben. Gleichwohl halten sich im Markt tradierte Vorstellungen von mineralischen Auskleidungen, die eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den Einsatzmöglichkeiten und technischen Potential von polymeren Beschichtungssystemen erschweren. Die Systemaufbauten müssen neben den umfangreichen und detaillierten physiologischen und hygienischen Anforderungen der Bewertungsgrundlage des UBA, den Korrosionsschutz der Bewehrung und generell die Eignung für den Trinkwasserbereich gewährleisten. Über diese Anforderungen hinaus bieten Epoxidharzbeschichtungen attraktive Materialeigenschaften, mit denen sich weitergehende technische Herausforderungen lösen lassen. Obwohl im W 300 die Auskleidungen eher für den Sanierungsfall gedacht sind, kann es finanziell und technisch durchaus lohnend sein eine Beschichtung von vornherein als integralen Bestandteil eines stimmigen Gesamtkonzeptes bei der Planung nicht nur von Sanierungssondern auch von Neubauobjekten vorzusehen. 1. System Vollverbund Auskleidung Die Epoxidharzbeschichtungen gehören wie die zementgebundenen Beschichtungen zu den Verbundauskleidungen, die aufgrund ihres vollflächigen Verbundes zum Untergrund keinerlei Möglichkeit zu Hinterläufigkeiten bieten und sich dadurch systematisch von anderen Auskleidungsvarianten wie Folien, Kunststoffplatten und Edelstahlauskleidungen unterscheiden. Wie die zementgebundenen Materialien benötigen sie eine Oberflächenzugfestigkeit des Untergrundes von 1,5 N/ mm². Um geschlossene Oberflächen zu erzielen muss der Untergrund dicht sein. Das wird in der Regel durch Porenverschlussschichten vor dem Aufbringen der Deckbeschichtung erreicht, die auch Untergrundunebenheiten egalisieren. Wie auch bei anderen Auskleidungssystemen müssen bei statischen Mängeln die zur Erzielung der Standsicherheit notwendigen Maßnahmen vorab mit bauaufsichtlich zugelassenen Materialien durchgeführt werden. 1.1 Systemaufbau Polymerbeschichtungen Bei der Vorbereitung des Untergrundes wird nicht ausreichend tragfähiges Oberflächenmaterial entfernt. Dazu reicht in vielen Fällen ein „anstrahlen“ des Untergrundes. Der Untergrund muss i. d. R. trocken sein (Untergrundfeuchte < 4%) und der Taupunkt sicher unterschritten sein. Technisch schwierig zu definierende und permanent zu kontrollierende Zustände beispielsweise ob der Untergrund zu feucht oder nicht feucht genug oder die Nachbehandlung ausreichend ist, spielen keine Rolle. Es müssen nach aktuellem Regelwerk die Mindestanforderung an den Abstand der Alkalitätsgrenze zur Bewehrung (d a, 5% nach DBV Merkblatt) und die statisch notwendige (Betonüberdeckung C min = 10 mm oder ds) mit vergleichsweise niedrigen Werten eingehalten werden. Je nach Qualität des Untergrundes und Lage der Bewehrung kommt es zu einer strukturierten Oberfläche in der auch Ausbrüche, verursacht durch z.B. korrodierende Bewehrung, angetroffen werden können. Sind diese Ausbrüche nicht von statischer Relevanz, können sie mit Systemkomponenten ohne bauaufsichtliche Zulassung in Stand gesetzt werden. Der Beschichtungsaufbau führt ohne Reprofilierungsmaßnahmen zu durchgängigen Beschichtungsstärken von etwa 2-3 mm [Abb. 1-2], die man als massive Vollverbundplatte auffassen kann. Der Systemaufbau gliedert sich in folgende Phasen: - Grundierung und Verfestigung des Untergrundes (falls notwendig, bei schwachen und ungleichmäßigen Untergründen) - Reprofilieren von Ausbrüchen durch Primern und Mörtelauftrag - Verschluss von Poren und Egalisieren des Untergrundes i. d. R. durch 2 Spachtelschichten auf Epoxidharzbasis [Abb. 2] oder durch eine zementgebundene Auskleidungen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzsystemen 108 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Schicht ggf. mit anschließenden Maßnahmen zum Porenverschluss - Anbringen der Deckbeschichtung 1.2 Anbringen der Deckbeschichtung Die Deckbeschichtung kann abhängig vom zu beschichtenden Bauteil mit unterschiedlichen Materialien und auf unterschiedliche Weisen angebracht werden. Da die Materialien i. d. R. lösemittelfrei und für höhere Schichtstärken ausgelegt sind, wird neben den manuellen Verfahren wie spachteln und streichen/ rollen häufig das Heißspritzverfahren verwendet, in dem unter hohen Drücken das Material maschinell gemischt und bei erhöhten Temperaturen gespritzt wird. Die Schichtstärken können in einem Arbeitsgang 1 - 2 mm bei diesem Verfahren betragen. Das ist deutlich mehr, als für einen geschlossenen Film, der für die Schutzwirkung notwendig ist, gefordert wird. Die erforderlichen Mindestschichtstärken liegen je nach Material in der Größenordnung 300 bis 500 µm. Manche Materialien können im Airlessverfahren bei hohen Drücken unter Verwendung von Wärmetauschern gespritzt werden, wobei die in einem Arbeitsgang zu erzielenden Schichtstärken normalerweise geringer ausfallen. Im Bodenbereich werden oftmals selbstverlaufende Materialeinstellungen verwendet, die im Spachtelverfahren aufgetragen werden. Eine preislich günstigere Variante für kleinere Objekte ist das Auftragen der 2. Spachtelschicht direkt als porenverschließende Deckbeschichtung. Voraussetzung ist eine ausreichende Untergrundqualität. Das optische Ergebnis bleibt üblicherweise hinter dem der gespritzten Flächen zurück. 2. Funktionen der Auskleidung Bei den folgenden Betrachtungen wird von Bauzuständen ausgegangen, bei denen keine statische Beeinträchtigung vorliegt oder die statischen Anforderungen mit entsprechend zugelassenen Systemen wieder hergestellt wurden. Daher wird der Aspekt der statischen Ertüchtigung nicht berücksichtigt. 2.1 Korrosionsschutz der Bewehrung Um die dauerhafte Standsicherheit des Bauwerks zu gewährleisten, muss die Bewehrung gegen Korrosion geschützt werden. Bei Stahlbeton wird durch die Betonüberdeckung des Stahles mit alkalischem Beton in ausreichender Qualität gewährleistet, dass sich der Stahl im alkalischen Milieu befindet, in dem er nicht korrodiert. Durch physikalisch-chemische Vorgänge wie Carbonatisierung und Hydrolyse kann die Alkalität und Festigkeit des Betons in der Randzone verloren gehen. Schreiten diese Prozesse so weit fort, dass sie den Stahl erreichen oder ist die Deckung von vornherein zu niedrig, beginnt der Stahl zu korrodieren. In der Folge kommt es zu Abplatzungen der Betonmatrix. Finden diese Vorgänge in statisch relevanten Bereichen und Umfang statt ist die Standsicherheit des Bauteils gefährdet. Auch ohne tiefgreifende Schädigungsprozesse der Betonrandzone kann die Oberfläche zu betrieblichen und hygienischen Problemen führen. 2.1.1 Korrosionsschutz der Bewehrung durch alkalische zementgebundene Auskleidungen Bei zementgebundenen Auskleidungen unterscheidet man seit langem zwischen Auskleidungen mit Realkalisierungspotential (A1 W 300) und Auskleidungen ohne Realkalisierungspotential (A2 W 300) wobei die Unterscheidung diffus ist. Während man bei den A 1 Materialien in ausreichender Schichtstärke (10 - 20 mm) davon ausging, dass es zu einer aktiven Realkalisierung der carbonatisierten Zone kommt, setzte man bei den A 2 Materialien diese Eigenschaften nicht voraus. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Realkalisierung der nicht alkalischen Bereiche des Untergrundbetons von unterschiedlichen Einflussgrößen wie Feuchtigkeitsangebot, Struktur von Untergrund und Sanierungsmörtel, Verarbeitungseinflüssen, Zeit u.a. Faktoren abhängen, die sich teilweise auch gegenseitig beeinflussen können [Breit/ Raupach]. Zum Redaktionsschluss ist die Verarbeitung der Ergebnisse in der Überarbeitung des W 300 nicht abgeschlossen. Unabhängig vom Maß der wirksamen Realkalisierung bis in den Bereich des Bewehrungsstahles, das unter den unterschiedlichen Bedingungen in der Praxis nicht einfach voraus zu sagen ist, beruht die Schutzwirkung mineralischer Beschichtungen auf deren Qualität (Porosität, Auslaugungsbeständigkeit u.a. sowie den hydrolytischen Einflüssen und der Schichtdicke). Infolgedessen werden unterschiedliche Auskleidungsprinzipien für zementgebundene Systeme formuliert, die vom Erhalt der carbonatisierten / ausgelaugten Zone und deren Realkalisierung bis zu deren vollständigem Ersatz reichen. 2.1.2 Korrosionsschutz der Bewehrung durch Polymerbeschichtungen Die Schutzwirkung von Polymerbeschichtungen folgt dem einfachen Prinzip des hermetischen, diffusionsdichten Abschlusses der Betonrandzone von allen äußeren Einflüssen. Der Zustand der Betonrandzone wird gewissermaßen konserviert. Da der Beton wasserseitig diffusionsdicht abgeschlossen wird, stellt sich unterhalb der Beschichtung eine Ausgleichsfeuchte ein, die von der Restfeuchtigkeit des Untergrundbetons abhängt. Bei den Untersuchungen zur realkalisierenden Wirkung aufgebrachter zementgebundener Auskleidungssysteme wurden die Voraussetzungen für die diffusionsgesteuerte Realkalisierung (Feuchtigkeit, Porosität, Kapillarität u.a.) identifiziert [Breit/ Raupach u. a]. Sollten sich ausreichende Bedingungen für den Ionentransport in der beschichteten Betonrandzone einstellen, wird die Realkalisierung auch aus dem alkalischen Untergrund stattfinden da sie vom Konzentrationsgefälle abhängt. Der Vorteil ist dann, dass die Realkalisierung aus dem Untergrundbeton in räumlicher Nähe der Bewehrung zur Beschichtung Auskleidungen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzsystemen 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 109 hin erfolgt und das Reservoir an alkalischem Material groß ist. Strukturen wie höhere Porosität und Kapillarität, welche den Ionentransport befördern und in Betonen minderer Qualität vorhanden sind, führen nicht zu negativen Effekten wie Auslaugung, die ebenfalls durch diese Strukturen gefördert würden, weil der Beton wasserseitig durch die Beschichtung gegen diese Transportprozesse abgesperrt ist. Trinkwassergeeignete Oberfläche. Die Oberfläche von Polymerbeschichtungen ist gegenüber den unterschiedlichsten Wasserqualitäten und den im Trinkwasserbereich auftretenden mechanischen Einflüssen innert. Die hydrolytischen Wechselwirkungen führen nicht zu einer Reduzierung der Materialeigenschaften (Verschleiß) der zur Reduzierung der Lebensdauer oder zu Oberflächenveränderungen führen würde. Die Oberfläche ist sehr glatt und die Matrix ist nicht porös, weist keine Kapillarität auf und ist damit nicht saugfähig. Diese Eigenschaften bedingen eine hervorragende Reinigungsfähigkeit. Inhomogene, poröse Untergründe weisen bei der Verwendung von Reinigungsmitteln ein Verkeimungspotential auf [TZW]. Aufgrund der Materialstruktur sind Beschichtungen für diese Mechanismen nicht anfällig. Die sehr detaillierten Untersuchungen nach der UBA Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-BWGL) stellen die Trinkwassereignung über die Beschränkung der einsetzbaren Grundstoffe (Polymerspezifischer Teil), die Grundanforderungen, die rezepturspezifischen Migrationsanforderung sowie die mikrobiologische Eignung (W 270) sicher. 3. Zusatznutzen über die Anforderungen des W 300 hinaus Im W 300 werden Grundanforderungen an die Materialien und Einsatzgrenzen für die Anwendung festgelegt. Darüber hinaus haben die Beschichtungssysteme Eigenschaften, die in der Praxis relevant sind und zusätzliche Entscheidungskriterien im spezifischen Anwendungsfall liefern können. 3.1 Vorteile des nahtlosen „Flüssigkunststoffes“ Die Epoxidharzbeschichtungen befinden sich bei Ihrer Applikation in einem flüssigen Zustand. Sie sind deshalb problemlos auf alle Untergrundformen, die manuell oder maschinell zu erreichen sind, aufzubringen. Nach ihrer Aushärtung handelt es sich um dreidimensional vernetzte, duromere Kunststoffe die nahtlos, ohne Schweißnähte oder Befestigungspunkte den Untergrund gegen alle Einflüsse abschirmen [Abb. 4]. Übergänge zu anderen gebräuchlichen Materialien wie Edelstahl und Stahl stellen kein Problem dar. 3.2 Absperrende Wirkung diffusionsdichter Beschichtungen Als diffusionsdichtes System können Polymerbeschichtungen dazu beitragen die Kosten in den Sanierungsfällen niedrig zu halten, wenn die restlose Entfernung nicht trinkwasserkompatibler Stoffe vom Untergrund technisch und finanziell einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten. Durch den hermetischen Abschluss der Oberfläche werden auch unerwünschte Substanzen sicher vom Trinkwasser ferngehalten. Das wurde am Beispiel von PCB mittels experimenteller Ermittlung spezifischer Migrationsparameter (Diffusions- und Verteilungskoeffizienten) und anschließender Modellierung der zu erwartenden Migration sicher nachgewiesen [Abb. 5]. Dabei steigen die berechneten Konzentrationen nach ca. 30 Jahren an, liegen aber im nicht messbaren Bereich [pg/ m³]. Sie würden bis zu einem diffusionskontrollierten Maximalwert auf sehr niedrigem Niveau steigen, bevor sie wieder absinken würden. Diese Eigenschaft wird in Zukunft zunehmend interessant, da es die Möglichkeit eröffnet die knapper werdenden Ressourcen Sand und Kies durch Recycling Rohstoffe zu ergänzen, ohne dass negative Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität befürchtet werden müssen. Genauso wirksam ist die absperrende Eigenschaft in umgekehrter Richtung und begründet die Schutzwirkung für den Beton. Um diese Möglichkeiten ausschöpfen zu können, ist die technische Betrachtung als Gesamtkonzept notwendig und müsste der momentane Ansatz einer durchgängig trinkwassergeeigneten Materialqualität weiter geöffnet werden. 3.3 Abdichtende Wirkung Gemäß dem Arbeitsblatt DVGW W 300 haben Auskleidungen nicht die Funktion den Behälter abzudichten, sondern das Bauwerk an sich muss konstruktiv dicht sein. Ist der Bestand nun aber nicht dicht, benötigt man technische Lösungen, um die erforderliche Dichtheit zu erreichen. Flächige Undichtigkeiten, Undichtigkeiten unbekannter Herkunft, nicht dynamische Risse, undichte Einbauteile und Durchführungen sind aufgrund des flüssigen bis pastösen Einbauzustandes, der sehr guten Haftung auf vielen Materialien und der materialimmanenten Dichtigkeit der Beschichtungen in dünnen Schichten mit dieser Materialklasse technisch sauber zu lösen. Ggf. sind kraftschlüssige / abdichtende Injektionen von Rissen vorab notwendig. Auch für den Fall undichter Bewegungsfugen bieten Beschichtungen einen guten Haftuntergrund für unterschiedliche Fugenlösungen und andererseits einen Schutz der Fugenrandbereiche gegen Durchfeuchtung bis zur Fuge. Manche Fugenbänder lassen sich direkt mit dem Beschichtungsmaterial dauerhaft auf dem Untergrund verkleben. 3.4 Standardbauweise Es ist gängige Meinung, dass Beton als Baustoff für den Behälterbau das Mittel der Wahl ist und die Vorgaben der Trinkwasserverordnung betonaggressive Wässer ausschließen. In der Praxis [Abb. 6] gibt es jedoch durchaus Einflüsse auf das Bindemittel des Betons, die zu Schäden führen. Diese Einflüsse wirken in vergleichbarer Weise auf zementgebundene Auskleidungen, wobei es materialabhängig zu unterschied- Auskleidungen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzsystemen 110 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 lich starken Auswirkungen kommen kann. Infolgedessen ist in der Praxis die Lebensdauer begrenzt (Opferschicht) [EWP]. Die vielfältigen Einflussparameter auf die Qualität zementgebundener Materialien im Trinkwasserbereich sind in Forschungsprojekten beschrieben [Gerdes]. Es ist auch aus Gewährleistungsüberlegungen nach wie vor sinnvoll, die Wasserqualität als Kriterium für die Festlegung der benötigten Oberflächeneigenschaften heran zu ziehen. Ungeachtet dessen ist der praktische Aufwand, einen Betonbehälter konform den Anforderungen aus dem W 300 zu bauen, sehr hoch. Dabei sind die hygienische Qualität der Zuschlagstoffe, der Transport der Zuschlagstoffe, die Qualität des Zementes und des Zugabewassers, die Einhaltung der Verarbeitungs- und Nachbehandlungsregeln sowie Hygieneregeln u. a. während der gesamten Bauphase zu beachten. Einen Teil der Risiken, die sich in der Praxis aufgrund der erhöhten Anforderungen im Vergleich zu üblichen Baustellen über die Bauzeit für die trinkwasserberührte Oberfläche ergeben, können durch eine Beschichtung am Ende der Bauzeit aufgrund der genannten Materialeigenschaften von Polymerbeschichtungen abgefangen werden. Eine Beschichtung von vornherein als integralen Bestandteil des Gesamtkonzeptes zu sehen, kann technisch und finanziell sehr sinnvoll sein. 3.5 Spannungen und Gewicht Eine günstige Eigenschaft der Epoxidharze ist, dass der Reaktionsschrumpf ganz überwiegend noch in der Gelphase der Härtung auftritt. Durch den vergleichsweise niedrigen E-Modul des Bindemittels und die niedrigen Einzel- und Gesamtschichtstärken werden die auf den Untergrund wirkenden Spannungen minimiert. Durch das Eindringen der flüssigen Phase (Systemgrundierung) in die Betonrandzone kann diese verfestigt werden, was in Grenzfällen zu einer Erhöhung der Haftzugfestigkeit führen kann und damit zu höherer Sicherheit bei schwachen und inhomogenen Untergründen. Ein weiterer Aspekt der geringen Schichtdicke ist das niedrige Gewicht, dass sich vor allem bei filigranen Deckenkonstruktionen bestehender Behälter positiv bemerkbar machen kann, da der Beschichtungsaufbau mit 2 - 4 kg/ m² in der Regel die Statik nicht über Gebühr belastet. 3.6 Aushärtezeit und Nachbehandlung Epoxidharze erhärten durch eine chemische Reaktion. Die benötigte Durchhärtezeit ist nur von der Temperatur abhängig. Eine Nachbehandlung wie bei zementgebundenen Materialien, die gegen Wasserverlust geschützt werden müssen, ist nicht notwendig, da dem Reaktionsgemisch durch die Umgebungsbedingungen keine Bestandteile entzogen werden. Nach der üblichen Durchhärtezeit von 7 Tagen bei 20 °C sind die Oberflächen auch chemisch voll belastbar und einer Inbetriebnahme steht nach der Reinigung und Desinfektion nichts entgegen. Eine eingeschränkte mechanische Belastbarkeit ist üblicherweise schon nach einem Tag, bei schnellen Systemen auch etwas früher gegeben. Durch Erhöhung der Aushärtetemperaturen lassen sich die Aushärtezeiten deutlich verkürzen. Hier kann man in etwa von einen Faktor 2 pro 10 °C ausgehen, was vor allem bei Reparaturarbeiten sehr vorteilhaft ist. Literaturverzeichnis [1] W 300: Technische Regel Arbeitsblatt W 300, Oktober 2014 [2] Breit/ Raupach: Korrosionsschutz durch mineralische Beschichtungen unter Berücksichtigung der Anforde-rungen aus dem neuen DVGW-Arbeitsblatt W 300: 2014 Abschlussbericht, März 2020 DVGW-Förderkennzeichen W 201835 DVGW-Förderkennzeichen W-5-01-14 Deutsche Bauchemie W. Breit, M. Merkel, M. Raupach, R. Schulte Holthausen [3] TZW: DVGW Forschungsprojekt W6/ 02/ 04, Auswir-kungen des Reinigungsverfahrens bei beschichteten Behältern auf die mikrobiologische Beschaffenheit des gespeicherten Wassers, Abschlussbericht 20.12.2007, Kap. 4.3.1, S. 30 J. Klinger, A. Korth [4] Gerdes: Abschlussbericht, Präventiver Oberflächenschutz von Trinkwasserbehäl-tern und mikrobiologische Bewertung von zementge-bundenen Beschichtungen A. Gerdes, P. Bischoff, M. Schowtzer, J. Heinrichs, I. Schäufele Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft [5] EWP: EWP 11/ 20 Instandstezung des Hochbehälters Försterberg der Stadtwerke Duisburg, Thomas Oertel, Manfred Breit-bach, Sebastian Hof Abb. 1: Systemaufbau Gestrahlter Untergrund, Egalisierung und Porenverschluss, Deckbeschichtung Auskleidungen im Trinkwasserbereich mit Epoxidharzsystemen 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 111 Abb. 2: Porenverschluss Oben: Porenfrei nach vorangegangener Spachtelung Unten: Porig und uneben ohne vorangegangene Spachtelung Abb. 3: Korrosionschutzaufbau Quelle: Institut für Bauforschung Aachen Prof. Raupach Abb. 4: Nahtlos ausgekleideter Behälter Abb. 5: Modellierung der Diffusion von PCB durch eine Epoxidharzbeschichtung Quelle: Untersuchungsbericht FABES Forschungs-GmbH Abb. 6: Aufgeweichte Betonoberfläche nach 10 Jahren Trinkwasserbelastung. Die Oberfläche wurde mittels Schalungsdrainagebahn hergestellt. Oberhalb der Wasserstandslinie ist der Beton völlig in Ordnung.