Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
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expert verlag Tübingen
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Textilbeton - von der Innovation in die Praxis
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Till Büttner
Bei der Verwendung von Beton als Konstruktionswerkstoff ist insbesondere bei zug- und biegebelasteten Bauteilen, aufgrund der im Vergleich zur Druckfestigkeit geringen Zugfestigkeit, eine Bewehrung des Bauteils erforderlich. Traditionell werden Betonbauteile mit Stahl bewehrt. Textilbeton repräsentiert einen innovativen und neuartigen Werkstoff, bei dem technische Textilien oft aus alkali-resistenten Glas oder Kohlenstofffaser als diskrete Bewehrung zum Einsatz kommen. Textilbeton ermöglicht die Ausführung von schlanken Bauwerken oder Konstruktionen, die sich durch eine vergleichsweise hohe Dauerhaftigkeit auszeichnen. Der Werkstoff Textilbeton wurde im Rahmen von zwei Sonderforschungsbereichen (SFB 532 und 528) an der RWTH Aachen University sowie der TU Dresden sowie zahlreichen Folgeprojekten umfangreich in den
letzten 20 Jahren wissenschaftlich untersucht und von dort aus in die Praxis transferiert. Die mittlerweile realisierten Anwendungen, die sich aus Zustimmungen im Einzelfall oder den über 10 vorhandene allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen bzw. allgemeinen Bauartgenehmigungen des Werkstoffs Textilbeton zusammensetzen, sind vielfältig und in unterschiedlichen Bereichen des Bauwesens, wie dem Hochbau, dem Ingenieurbau und der Instandsetzung zu finden. Die vorliegende
Veröffentlichung stellt das Potential des Werkstoffes dar und zeigt ausgewählte Anwendungen des Werkstoffs Textilbeton.
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6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 179 Textilbeton - von der Innovation in die Praxis Dr.-Ing. Till Büttner Massenberg GmbH, Essen Zusammenfassung Bei der Verwendung von Beton als Konstruktionswerkstoff ist insbesondere bei zug- und biegebelasteten Bauteilen, aufgrund der im Vergleich zur Druckfestigkeit geringen Zugfestigkeit, eine Bewehrung des Bauteils erforderlich. Traditionell werden Betonbauteile mit Stahl bewehrt. Textilbeton repräsentiert einen innovativen und neuartigen Werkstoff, bei dem technische Textilien oft aus alkali-resistenten Glas oder Kohlenstofffaser als diskrete Bewehrung zum Einsatz kommen. Textilbeton ermöglicht die Ausführung von schlanken Bauwerken oder Konstruktionen, die sich durch eine vergleichsweise hohe Dauerhaftigkeit auszeichnen. Der Werkstoff Textilbeton wurde im Rahmen von zwei Sonderforschungsbereichen (SFB 532 und 528) an der RWTH Aachen University sowie der TU Dresden sowie zahlreichen Folgeprojekten umfangreich in den letzten 20 Jahren wissenschaftlich untersucht und von dort aus in die Praxis transferiert. Die mittlerweile realisierten Anwendungen, die sich aus Zustimmungen im Einzelfall oder den über 10 vorhandene allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen bzw. allgemeinen Bauartgenehmigungen des Werkstoffs Textilbeton zusammensetzen, sind vielfältig und in unterschiedlichen Bereichen des Bauwesens, wie dem Hochbau, dem Ingenieurbau und der Instandsetzung zu finden. Die vorliegende Veröffentlichung stellt das Potential des Werkstoffes dar und zeigt ausgewählte Anwendungen des Werkstoffs Textilbeton. 1. Einleitung Betonbauteile können auf unterschiedliche Arten bewehrt werden. Bei Stahlbeton wird üblicherweise die Bewehrung als Stab- oder Mattenstahl eingebaut. Eine weitere Möglichkeit ein Betonbauteil zu bewehren ist die Verwendung von Stahl- oder Kunststoff-Kurzfasern, die der Betonmischung während der Herstellung zugegeben werden und über den gesamten Querschnitt verteilt sind. Infolge der Zugabe von Kurzfasern kann die Zugfestigkeit des gesamten Bauteils gegenüber einem unbewehrten Betonbauteil erhöht werden. Alternativ werden auch Bewehrungen aus Glas- oder Carbonfasern als Kurzfaserbewehrung oder als Stabbewehrungen aus Faserverbundwerkstoffen (FRP) für Betonanwendungen verwendet. Zunehmend finden technische Textilien in Form von Matten (siehe Bild 1a) aus Glas- oder Carbonfasern im Bauwesen Anwendung. Während unter dem Begriff Textilbeton eine mattenartige Bewehrung aus Endlosfasern zu verstehen ist, spezifiziert der Begriff Carbonbeton diesen Begriff weiter und gilt für Betone, die mit Bewehrungen aus Kohlenstofffasern hergestellt wurden. Letztere schließt stabförmige Bewehrungen, die ebenfalls in Beton eingebettet werden mit ein. Carbonbeton ist daher weder ein Oberbegriff noch eine Untergruppe von Textilbeton. Vielmehr haben beide Verbundwerkstoffe mattenartige Bewehrungen aus Carbonfasern als gemeinsamen Schnittbereich (siehe Bild 1b). Die Kombination von textilen Carbonbewehrungen und Beton wird als Textilbeton mit Carbonfaser Textilien bezeichnet. Bild 1a: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Möglichkeiten mit textilen Bewehrungen Beton zu bewehren - links: Kurzfaserbewehrungen; Mitte: einzelne diskrete Rovings / Bewehrungsstäbe; rechts: Bewehrungstextil / Büt12/ Bild 1b: Schematische Darstellung der Begriffe Textilbeton, Carbonbeton, Textilbeton mit Carbonfaser-Textilien und ihrer Schnittstellen / Mor20/ Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 180 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 2. Materialien für Textilbeton 2.1 textile Bewehrungen Die kleinste Einheit einer textilen Bewehrungsstruktur ist ein Filament mit einem Durchmesser (bei Glas) von ca. 5 bis 30 μm. Die Herstellung dieser Filamente erfolgt mittels Düsenziehverfahren mit Abziehgeschwindigkeiten (bei Glas) zwischen 25 und 150 m/ s. Unmittelbar nach dem Ausziehen werden die Filamente zu Rovings zusammengefasst und aufgespult. Vor dem Aufspulen der Fasern wird auf den Roving eine Schlichte aufgetragen. Üblicherweise werden zwischen 0,5 und 2,5 M.-% Schlichte auf den Roving appliziert / Zor03/ . Infolge des Schlichteauftrags werden die einzelnen Filamente eines Rovings miteinander verklebt und vor weiteren Beschädigungen geschützt. Ferner erlaubt die Zusammensetzung der Schlichte eine Anpassung an unterschiedliche Anwendungsgebiete. Die Schlichte ist i.d.R. eine Dispersion auf Basis von Acrylaten, Styrol-Butadien oder Siloxanen / But09/ . Polyacrylnitril (PAN) ist der dominierende Rohstoff (auch: Precursor) für die Herstellung von Carbonfasern. Die Herstellung dieser Fasern ist ein thermischer Prozess, der aus drei aufeinanderfolgenden Stufen besteht, die als Stabilisierung (auch: Oxidation), Karbonisierung (auch: Pyrolyse) und Nachbehandlung bezeichnet werden. In Abhängigkeit von der Endbehandlungstemperatur wird in Fasertypen unterschieden, welche Unterschiede in der Zugfestigkeit und Elastizitätsmodul aufweisen. Im Bauwesen haben sich High Tenacity (HT)-Fasern aufgrund der vergleichsweise geringeren Kosten mit ausreichender Duktilität durchgesetzt / Jes10/ . Um die nachfolgende textile Verarbeitung der Filamente zu ermöglichen, werden auch 1 - 2 M.-% Schlichte i.d.R. auf Basis von Epoxidharzen, Polyurethanen, Polyesterharzen oder Polyamiden im Anschluss an die Nachbehandlung aufgetragen. Für die Herstellung von textilen Carbonbewehrungen für die Bauindustrie werden Rovings aus mehr als 24K (meist 50K) Filamenten mit einem Durchmesser von ca. 7 μm verwendet / Che16/ . Die charakteristische Kenngröße für einen Roving ist die Feinheit, auch Titer genannt, der das Gewicht pro Längeneinheit angibt (siehe auch ISO 1889: „Feinheit (eines Garnes) ist die längenbezogene Masse des Garnes, mit oder ohne Schlichte bzw. Präparation“). Die Einheit des Titers ist tex, dies entspricht dem Gewicht in Gramm pro Kilometer Länge. Typische Glasrovings weisen einen Titer zwischen 320 und 2400 tex auf. Ein 2400 tex AR-Glas Roving besteht aus ca. 1600 Einzelfilamenten - siehe Bild 3. Bei Carbonrovings liegt der Titer typischerweise zwischen 800 und 3200 tex. Bild 2: Oben: 2400 tex AR-Glas Roving; unten: biaxiales Gelege („Textil“), bestehend aus 2400 tex AR-Glas Rovings mit einer Maschenweite von 7,2 mm / Büt12/ Bei der industriellen Fertigung werden als Bewehrung üblicherweise biaxiale Textilien mit rechteckigen oder quadratischen Maschenweiten bis zu 38 mm analog zu einer Mattenstahlbewehrung verwendet. Im Fertigteilbereich z. B. zur Herstellung von Fassadenplatten werden auch dreidimensionalen textilen Strukturen, bestehend aus i.d.R. zwei Lagen biaxialen Textilien welche mittels Polfäden auf Abstandgehalten werden, eingesetzt. Die Abbindung der Textilen, d.h. die Verbindung der Rovings untereinander, erfolgt mit einem sog. Wirkfaden, der in Abhängigkeit der Anforderungen aus der Tragfähigkeit, der Betonierbarkeit sowie der Verschiebesteifigkeit um die einzelnen Rovings während der Herstellung des Textils gewebt wird. Die dabei in Produktionsrichtung der Maschine verarbeiteten Filamentbündel werden als Kettrovings bezeichnet und die quer zu diesen als Schussrovings genannt. Das in Bild 2 dargestellte Textil ist mit einer sogenannten Fransebindung abgebunden, die den Roving bei der Textilherstellung kompaktiert und ein Textil mit hoher Verschiebefestigkeit sowie geringem Wirkfadenanteil in den einzelnen Maschen erzeugt / Vos08/ . Die sog. Tränkung von textilen Bewehrungen mit reaktiven Polymeren, wie Epoxidharzen (EP) oder Dispersionen auf Acrylat- oder Styrol-Butadien-Basis hat zum Ziel sowohl die Handhabbarkeit der Bewehrungen während des Einbauprozesses als auch die Tragfähigkeit der Bewehrungen infolge des Verklebens aller Rovings miteinander im Vergleich zu Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 181 ungetränkten Bewehrungen wesentlich zu optimieren. Im Gegensatz zu einem ungetränkten Rovingquerschnitt, bei dem im Wesentlichen nur die äußeren Filamente am Lastabtrag in einem Verbundbauteil beteiligt werden, werden infolge der Tränkung möglichst viele Filamente am Lastabtrag beteiligt. Diese Aktivierung des gesamten Bewehrungsquerschnittes führt zu einer deutlichen Steigerung der Tragfähigkeit. Diese Tragfähigkeitssteigerung wird neben der Tränkungsqualität und Tränkungsgehalt im Wesentlichen von der Steifigkeit des Tränkungspolymers beeinflusst. So weisen mit Styrol-Butadien getränkte textile Bewehrungen nur eine minimale Traglaststeigerung auf, wobei infolge einer Tränkung mit reaktiven Systemen sowie mit Acrylat nahezu die rechnerische Rovingzugfestigkeit erreicht werden kann. Aufgrund der hohen Traglaststeigerung, und die besseren Verbundeigenschaften die eine Tränkung der Bewehrung mit EP ermöglichen (siehe Bild 4) rücken bei den aktuellen Anwendungen schwerpunktmäßig EP-getränkte Bewehrungen immer mehr in den Vordergrund. Neben der Steigerung der Tragfähigkeit hat die Tränkung mittels (z.B.) EP bei AR-Gläsern einen weiteren Vorteil. Trotz der Verwendung von modifizierten Gläsern, sog. AR- Gläsern, als Bewehrungsstruktur für Textilbeton weist AR- Glas über die Bauteilnutzungsdauer einen zeitabhängigen Festigkeitsverlust, d.h. eine Reduktion der Zugfestigkeit, auf. Diese Reduktion der Zugfestigkeit kann im Rahmen üblicher Bauteilnutzungsdauern von 50 Jahren bei ungetränkten AR-Glas Bewehrungen bis zu 40 % betragen. Maßgebend für die Reduktion der Zugfestigkeit von AR- Glas Bewehrungen ist ein nukleophiler Angriff der alkalischen Betonporenlösung auf das Glasnetzwerk / Büt12/ . Infolge der Tränkung der AR-Glas Bewehrung mit Epoxidharzen kann dieser Festigkeitsverlust deutlich reduziert werden. Im Rahmen der Untersuchungen des Autors hat sich gezeigt, dass in Abhängigkeit des verwendeten Polymers, der Geometrie der Bewehrung sowie der Exposition die bei epoxidharzgetränkten AR-Glas Bewehrungen Festigkeitsverluste nach 50 Jahren zwischen 10 und 33 % zu erwarten sind / Büt12/ . Bei der Verwendung von Carbon als Bewehrungsmaterial ist kein Festigkeitsverlust infolge der Alkalität des Betons feststellbar. Die Tränkung führt auch hier zu einer signifikanten Tragfähigkeitssteigerung verglichen mit ungetränkten Carbon-Textilien. Während eine Tränkung den inneren Verbund zwischen den Filamenten maßgeblich erhöht, wird eine Verbesserung des äußeren Verbunds zwischen textiler Bewehrung und Betonmatrix infolge einer Modifikation der Textiloberfläche erzielt. Heutzutage werden im industriellen Maßstab oberflächenmodifizierten Textilien von der Fa. solidian unter der Materialbezeichnungs solidian AN- TICRACK angeboten. Dabei wird das bereits EP getränkte Textil (siehe Bild 3 oben) in einem zusätzlichen Schritt mit EP beschichtet und mit Quarzsand anschließend abgestreut (siehe Bild 3 unten). Dies führt zu einer messbaren Erhöhung der Rauheit des Textils welche sich positiv auf das Verbundverhaltes des Textilbetons auswirkt. Dadurch wird die Rissbildung begünstigt und die mittleren Rissbreiten um 33 % bis zu 50 % reduziert, während die maximalen Rissbreiten um bis zu 50 % reduziert werden (im Vergleich zu den nur mit EP-getränkten textilen Bewehrungen / Mor19, Mor20/ ). Diese Bewehrungen eignen sich besonders für die Instandsetzung von Bauwerksoberflächen. Bild 3: oben: epoxidharz-getränkte textile Carbonbewehrung; unten: oberflächenmodifizierte textile Carbonbewehrung - beide Bilder / ibac/ Bild 4 gibt einen Gesamtüberblick über das Tragverhalten von Textilbeton mit Carbontextilien mit unterschiedlichen Tränkungsmaterialien der Bewehrung unter Zugbeanspruchung. Die Spannungs-Dehnungslinien der Textilbetonschichten mit getränkten textilen Bewehrungen sind grundsätzlich sehr ähnlich. Drei sehr charakteristische Bereiche können dabei in Übereinstimmung mit / Jes05/ - Bereich bis Erstrissbildung; Rissbildungsphase; Lastübernahme der Bewehrung bis zum Bruch festgestellt werden. Die polymergetränkten Bewehrungen zeigen eine deutliche Steigerung der Bruchlast (mind. um den Faktor 1,6) im Vergleich zu ungetränkten Bewehrungen. Ferner zeigt sich, dass mittels einer Oberflächenmodifikation die Zugfestigkeit um weitere 15 % gesteigert werden kann / Mor20/ . Auch zeigt sich bei den hier dargestellten Diagrammen, dass bei vergleichsweise weichen Tränkungsmaterialen, wie SBR, die geringere Steifigkeit der Bewehrung sich erwartungsgemäß auch in der Spannungs-Dehnungslinie des Verbundwerkstoffes zeigt. Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 182 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Der Vergleich zwischen Rissbreite und Textilspannung zeigt, dass bei der mit Epoxidharz getränkten Bewehrung die Rissbreiten (mittleren Rissbreiten w m und maximale Rissbreiten w max. ) bei gleichem Spannungsniveau deutlich geringer sind als die bei den mit SBR oder Acrylat getränkten Bewehrungen. Die Rissanzahl bzw. Rissabstand und somit Rissbreiten werden nochmals mit einer Oberflächenmodifikation reduziert. Die maximale Rissanzahl in den Textilbetonschichten entspricht der Maschenweite des Textils senkrecht zur Zugbelastungsrichtung und wird durch den Verbund zwischen Bewehrung und Betonstark beeinflusst / Mor20/ . Dies wird in / Mor20/ als „ideale Rissverteilung“ genannt und wurde bisher nur bei der oberflächenmodifizierten Bewehrung identifiziert. In vergleichende Verbunduntersuchungen der Textilbetonschicht wurde eine Erhöhung um mindestens 35 % der Haftzugfestigkeit der oberflächenmodifizierten textilen Bewehrung gezeigt. Bild 4: Einfluss der Tränkungsmaterialien von textilen Carbonbewehrungen auf das Zugbelastungsverhalten von Textilbeton. oben: Textilspannungs-Dehnungs-Kurven (Weggeregelt), unten: Rissbreiten-Textilspannungskurven / Mor20/ Die Auswahl des Bewehrungsgrundmaterials - AR-Glas oder Carbon - sowie des Tränkungsmaterials erfolgt üblicherweise anwendungsbezogen und auf die Anforderungen des jeweiligen Projektes abgestimmt. Je nach statischer Anforderung der herzustellenden Bauteile kann auch eine Kombination der vorgestellten Bewehrungsarten zum Einsatz kommen. 2.2 FRP-Bewehrungen Neben polymergetränkten textilen Bewehrungen werden auch sog. FRP-Bewehrungen (Fiber reinforced polymers) als Bewehrungsmaterial verwendet. Diese Bewehrungsstäbe haben typische Außendurchmesser zwischen 4 und 32 mm und je nach Anwendungsgebiet können die profilierten faserverstärkte Bewehrungsstäbe auch zu Bewehrungsmatten kombiniert werden und fertig konfektioniert auf die Baustelle geliefert werden, wie in der nachfolgenden Abbildung dargestellt ist. Bild 5: oben: faserverstärkter Bewehrungsstab für Betonbauteile (hier: „ComBAR®“ Bewehrungsstab) / Büt12/ ; unten: Faserverstärkte Bewehrungen (aus AR- Glas) zu Bewehrungsmatte konfektioniert (Bild: solidian) Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 183 Bei nichtmetallischen Bewehrungen für Betonbauteile, die üblichen Stahlbewehrungen nachempfunden sind, handelt es sich i.d.R. um polymermodifizierte unidirektional bewehrte FRP, die entweder auf Basis von Glas (GFRP) oder Kohlenstofffaser (CFRP) i.d.R. im Pultrusionsverfahren hergestellt werden. Vereinzelt werden auch Basaltfasern als Grundmaterial verwendet. Wird Glas als Fasergrundmaterial verwendet, wird aufgrund des vergleichsweise geringen Preises i.d.R. E-Glas anstatt von AR-Glas verwendet. Als Polymere werden je nach Anwendung Polyester-, Vinylester- oder EP-Harze gewählt. EP- und Vinylesterharze weisen, aufgrund der hohen chemischen Widerstandsfähigkeit sowie der mechanischen Eigenschaften, den höchsten Marktanteil bei FRP-Bewehrungen auf. Gegenüber Stahlbewehrungen zeigen FRP-Bewehrungen die folgenden Vorteile in der Anwendung / Mar08/ : • keine Korrosion des Materials im herkömmlichen Sinne, d.h. infolge Karbonatisierung und Chlorideindringen kommt es zu keiner Veränderung der Tragfähigkeit von GFRP/ CFRP-Bewehrungen, • geringes Eigengewicht bei gleichzeitig hoher Steifigkeit, • einfache Herstellung von anwendungsspezifischen Bewehrungsgeometrien möglich, • Kosteneinsparung beim Transport der Bewehrung infolge geringem Eigengewicht. FRP-Bewehrungen werden insbesondere in England und den USA häufig als Bewehrungen für Brückenüberbauten und -pfeilern, Autobahn-Leitwänden oder nachträgliche Querschnittsergänzungen eingesetzt / Mar08/ . In Deutschland werden GFRP-Bewehrungen u.a. unter dem Handelsnamen „ComBAR®“ (abZ / aBG des DIBt Z.1.6-238 für einen Nenndurchmesser zwischen 8 und 32 mm) oder von der Fa. solidian unter dem Handelsnamen „solidian REBAR“ vertrieben. Anwendungsgebiete dieser Bewehrungsstäbe in Deutschland sind weitgefächert und kommen im Ingenieur-, Brücken oder Tunnelbau zum Einsatz. Möglich ist z.B. die Anordnung als Zugzonenbewehrung bei Parkhäusern (alternativ zu Edelstahlbewehrungen) oder die Verwendung als Anschlussbewehrung bei nachträglichen Querschnittsergänzungen. Die Herstellverfahren variieren zwischen den Herstellern ebenso wie die ausgebildete Rippengeometrie der Stäbe. Die Fasergehalte liegen zwischen rd. 54 und rd. 88 % mit Bruchspannungen zwischen 1000-1400 N/ mm² bei GFRP-Stäben und bis zu rd. 2900 N/ mm² bei CFRP-Stäben bezogen auf den Kerndurchmesser. Die E-Moduli betragen für GFRP-Stäbe ca. 60.000 N/ mm² und für CFRP-Stäbe zwischen 114.000 und 167.000 N/ mm² / Jüt08/ , / Spi07/ , / Solidian/ . Die wesentlichen Unterschiede zwischen faserverstärkten nicht-metallischen Bewehrungen und den bei textilbewehrten Bauteilen üblicherweise ausschließlich verwendeten polymergetränkten Bewehrungen sind die Herstellung sowie die Erscheinungsform. Wie in Bild 2 zu erkennen ist, wird bei polymergetränkten textilen Bewehrungen die Erscheinungsform des aus Rovings hergestellten biaxialen Textils infolge der Tränkung nur minimal verändert, da während der Herstellung nur die zur vollständigen Durchdringung erforderliche Menge Harz in den Querschnitt eingebracht und keine Rippengeometrie o. ä. erzeugt wird. Auf die Erzeugung einer an herkömmliche Stahlbewehrungen angelehnte Rippengeometrie, wie bei FRP-Bewehrungen, wird bewusst verzichtet. Aufgrund der deutlich geringeren Abmessungen der textilen Bewehrungen sind auch im Vergleich zu Bauteilen, die mit FRP-Bewehrungen bewehrt sind, dünnere Querschnitte möglich. 2.3 Mörtel und Betone für Textilbeton Bei textilbewehrten Betonbauteilen werden, aufgrund der Maschenweite der textilen Bewehrungen und der erforderlichen Bewehrungsgrade i.d.R. kleiner als 2 %, Mischungen mit einem Größtkorn von 1 bis 8 mm verwendet, sodass sowohl Mörtel als auch Betone als Matrix verwendet werden. Bei Mischungen mit einem Größtkorn von 4 mm handelt es sich gemäß DIN EN 206-1 / X5/ noch um Mörtel und nicht um Betone. Da die Festigkeiten der bei textilbewehrten Bauteile verwendeten Beton- oder Mörtelmischungen, unabhängig von dem verwendeten Größtkorn, i.d.R. in der Größenordnung höhersowie hochfester Betone liegen, hat sich die Bezeichnung „Feinbeton“ im Bereich des Textilbetons etabliert und es erfolgt keine Unterscheidung der Bindemittelmatrix nach Größtkorn. Es empfiehlt sich, dass die lichte Maschenweite der textilen Bewehrung mindestens dem Dreifachen des Größtkorndurchmessers der verwendeten Mischung entspricht, um eine ausreichende Durchdringung der textilen Bewehrung bei der Herstellung zu erzielen. Für die Herstellung von Textilbeton-Komponenten steht eine Vielzahl verschiedener Methoden zur Verfügung, darunter Gießen, Laminieren, Spritzen, Pultrusion, Extrusion, und neuerdings auch 3D-Druck. Als Herstellverfahren von textilbewehrten Betonbauteilen werden am häufigsten die folgenden Verfahren eingesetzt: • Laminierverfahren, d.h. das lagenweise Herstellen der Bauteile ggf. in einer Schalung, • Gießverfahren, d.h. Herstellen der Bauteile in einer vorbereiteten Schalung und in die Schalung vor der Betonage eingebauter Bewehrung, • Spritzverfahren, d.h. Applikation von Spritzbeton oder Spritzmörtel auf den vorbereiteten Untergrund. Hierbei sollte die Bewehrung lagenweise eingebettet werden. Bei vormontierten Bewehrungen kann es zu Spritzschatten und daraus resultierenden Verbundstörungen kommen. Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 184 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Sofern eine unbekannte Kombination aus textiler Bewehrung und Beton- oder Mörtelmischung hergestellt werden soll, kann es sinnvoll sein Herstellversuche durchzuführen und anhand von Schnittproben die Einbindung der Bewehrung in die Mörtelmatrix zu beurteilen. 3. Ausgewählte Anwendungsbeispiele 3.1 Hoch- und Ingenieurbau Textilbeton findet im Hochbau aktuell als dünnwandige Fassadenplatte für hochwertige Sichtbetonfassaden, die u.a. von der Fa. Hering Bau Bau GmbH & Co. KG unter dem Namen „betoshell®“ in unterschiedlichen Abmessungen vertrieben werden. Für die betoshell®-Elemente liegen unterschiedliche bauaufsichtliche Zulassungen vor, z.B. die betoShell®NEO30. Die abZ Z-10.3-723 ermöglicht die Herstellung von Fassadenelementen bis zu einer Maximalgröße von 3,3 m², wobei die Elemente bis zu einer Größe von 3,6 x 2,4 m² bei einer Stärke von 30 mm hergestellt werden können, hier ist dann allerdings eine ZiE erforderlich. Die Grundlagenforschung zu textilbewehrten Fassenplatten erfolgte im Rahmen eines Industrieforschungsvorhabens zusammen mit der Fa. Hering Bau sowie dem Institut für Baustoffforschung (ibac) und dem Institut für Massivbau (IMB) der RWTH Aachen University, bei dem eine großformatige Fassadenplatte mit einer maximalen Größe von 12,5 m² bei einer wirksamen Spiegeldicke von 30 mm entwickelt wurde. Die Fassadenplatte weist zwei rückseitige Verstärkungsrippen auf, die die Befestigung der Fassadenelemente an vier Auflagerpunkten ermöglichen und so auf ein aufwändiges Agraffen-System verzichtet werden kann / Heg09/ . Die Befestigung der Elemente erfolgt stattdessen mit handelsüblichen Fassadenankern direkt in der Unterkonstruktion. Bild 6: Großformatige Fassadenplatte aus textilbewehrtem Beton (2008 - IMB der RWTH Aachen University); Gesamtansicht der Versuchshalle / Büt12/ Eine weitere Möglichkeit des Einsatzes von Textilbeton ist die Erstellung von Sandwichelementen, bei denen die Deckschicht oder beide Schichten aus Textilbeton bestehen. Der Vorteil ist hier, wie bei den großformatigen Fassadenplatten, eine deutliche Gewichtsreduktion der Elemente, was zu geringen Transportkosten sowie Kosten bei der Verankerung der Elemente führt. Ferner können so, bei gleichbleibenden Außenabmessungen, die Gebäudeinnenräume größer ausgeführt werden. Die nachfolgenden zwei Bilder zeigen den Vergleich eines konventionellen sowie eines textilbewehrten Sandwichelementes. Für textilbewehrte Sandwichelemente liegt bei der Fa. solidian eine abZ vor (Z.71.3-39). Bild 7: Vergleich eines konventionellen (oben) und eines textilbewehrten (unten) Sandwichelementes / solidian/ Der Einsatz des Werkstoffes Textilbeton beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Herstellung von Fassadenelementen, sondern Textilbeton kann auch bei Ingenieurbauwerken angewendet werden. Ein Beispiel für die Anwendung von Textilbeton bei einem typischen Ingenieurbauwerk ist die im Jahr 2010 realisierte textilbewehrte Fußgängerbrücke in Albstadt-Lautlingen, die in ihrer Schlankheit und geringen Aufbauhöhe bisher einzigartig ist. Der Überbau der rund 100 m langen, in der Aufsicht mit einem Radius von 112,50 m gekrümmten, Brücke besteht aus insgesamt sechs einzelnen siebenstegigen Plattenbalkensegmenten mit einer Breite von 3,20 m und einer Höhe von 43, 5 cm. Die Stützweiten der Elemente betragen 12,90 sowie 16,10 m in den beiden Endfeldern und 17,20 m in Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 185 den Mittelfeldern. In Längsrichtung ist die Brücke mittels konventioneller Spannlitzen vorgespannt, die Robustheitssowie die Querbewehrung bestehen aus einem mit EP getränkten AR-Glas Textil. Der Beton wurde auch hier als Sichtbeton konzipiert und weist ein Größtkorn von 5 mm auf / Heg10a/ , / Heg11a/ , / Heg11b/ . Die nachfolgenden Bilder zeigen die Brücke nach der Fertigstellung. Bild 8: Textilbewehrte Fußgängerbrücke in Albstadt- Lautlingen; oben: Ansicht der Brücke von dem Fußgängerweg aus; unten: Nachtaufnahme der Brücke / Heg11a/ , / Heg11b/ Insbesondere bei der Herstellung von Fertigteilen haben textile Bewehrungen gegenüber konventioneller Stahlbewehrung einen Vorteil infolge des geringen Eigengewichts der Bewehrungskörbe. Wie die nachfolgenden Bilder einer im Jahr 2015 in Ebingen erbauten weiteren Brücke aus Textilbeton zeigen, wurde seitens der Fa. solidian eine Modulbrücke entwickelt, bei der sowohl der gesamte Bewehrungskorb als auch die Brücke selbst mit vergleichsweise kleinen Hebenzeugen versetzt werden kann. Die Brücke ist vollständig aus Textilbeton erbaut und weist eine Spannweite von rd. 15,50 m bei einer Breite von rd. 3,00 m auf. Die Verkehrslast wurde im Rahmen der Bemessung mit 4,7 kN/ m² angesetzt. Ferner wurde die Last eines einzelnen Schneeräumfahrzeuges mit einem Eigengewicht von 5,4 to berücksichtigt. Bild 9: Textilbewehrte Fußgängerbrücke in Ebingen; oben: Bewehrungskorb aus nicht-metallischer Bewehrung; unten: fertiggestellte Brücke / solidian/ 3.2 Instandsetzung von Bauwerken 3.2.1 Instandsetzung von Ingenieurbauwerken Die Anwendung von Textilbeton erfolgt nicht nur im Neubau, sondern auch in der Instandsetzung, wie z.B. bei der Instandsetzung von Infrastrukturbauwerken. Die Dauerhaftigkeit von Infrastrukturbauwerken wird maßgeblich von unterläufigen Abdichtungen sowie schadhaften Fugen- oder Übergangsprofilen und dem damit verbundenen Eintrag von Chloriden in die Konstruktion negativ beeinflusst / Nau10/ . Trotz der regelmäßig alle drei bzw. sechs Jahre stattfindenden Bauwerksprüfungen kann die Korrosion der Bewehrung oft erst erkannt werden, wenn bereits ein erhebliches Schädigungsausmaß vorliegt, da die Bauwerksprüfungen nur die sichtbaren Flächen untersuchen können. Ein vollflächiges Monitoring hinsichtlich der Dichtigkeit der Abdichtung von Infrastrukturbauwerken ist aktuell nicht üblich und am Markt nicht verfügbar. Sofern ein Monitoring ausgeführt wird, sind es lokal messende Sensoren, die einen begrenzten Messradius aufweisen. Tritt außerhalb dieses Radius eine Undichtigkeit auf, kann diese nicht detektiert werden / Rau13/ . Das System SMART-DECK bietet erstmals am Markt eine vollflächige Monitoringlösung, die um zwei weitere Funktionalitäten erweitert wird, so dass das Gesamtsystem die folgenden Funktionalitäten aufweist / Büt20/ : Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 186 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 • vollflächiges Echtzeit-Feuchtemonitoring ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen von Undichtigkeiten, • abschnittsweise steuerbaren, präventiven kathodischen Korrosionsschutz (pKKS), der mittels Fremdstrom die Depassivierung der Bewehrung verzögert, sofern Chloride in den Beton infolge von Undichtigkeiten eindringen, sowie • Erhöhung der Tragfähigkeit in Querrichtung (bei Bestandsbrücken). Alle drei Funktionalitäten werden mit Hilfe einer textilen Carbonbewehrung in Kombination mit einem Hochleistungsmörtel realisiert. Die textilbewehrte Schicht wird auf der Oberseite der Brückenfahrbahnplatte zwischen Bestandsüberbau sowie Brückenbelag und damit unterhalb der Abdichtung appliziert. Die Bewehrung wird so angeordnet, dass der Brückenüberbau in einzelne Felder unterteilt wird und damit zum einen abschnittsweise der Zustand der Abdichtung überwacht und zum anderen der pKKS, sofern erforderlich, ebenfalls abschnittsweise aktiviert werden kann (Bild 10). Bild 10: Übersicht der Funktionalität von SMART-DECK und den Zustand der Abdichtung; grün: intakte Abdichtung, gelb: signifikanter Widerstandsabfall; rot: Grenzwert Widerstand unterschritten, Undichtigkeiten vorhanden und pKKS erforderlich / ibac/ In Abhängigkeit der bei einem individuellen Bauwerk erforderlichen Maßnahmen, ist SMART-DECK modular aufgebaut, wie in dem nachfolgenden Bild dargestellt. Die maximale Ausbaustufe des Systems ist die Kombination aller drei Funktionalitäten, die anderen Möglichkeiten stellen sinnvolle Kombinationen oder Einzelanwendungen einer der möglichen Funktionalitäten dar. Bild 11: Übersicht über die modularen Funktionalitäten von SMART-DECK / ibac/ Der grundsätzliche Aufbau des Systems SMART-DECK ist für alle Anwendungsfälle - Instandsetzung oder Neubau - identisch (vgl. Detail A; Bild 10): • 35 mm Hochleistungsmörtel mit • 2 Lagen Carbonbewehrung mit elektrischen Anschlüssen für Monitoring und pKKS, die nach außen geführt werden. Das System SMART-DECK wurde im Rahmen eines Verbundforschungsprogramms innerhalb der Förderlinie HighTechMatBau des BMBF erarbeitet. Innerhalb des Forschungsverbundes waren sowohl Partner aus der Forschung - das ibac sowie dem IMB der RWTH Aachen University - als auch Partner aus der Wirtschaft vertreten. Die beteiligten Unternehmen waren die Eurovia Beton GmbH NL Bauwerksinstandsetzung, Solidian GmbH, Massenberg GmbH, instakorr GmbH sowie die StoCretec GmbH. Ferner war die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die das System aus Sicht des späteren Nutzers beurteilt, beteiligt. Im Rahmen des Verbundforschungsvorhaben wurde das Gesamtsystem erarbeitet und anhand von zwei unterschiedlich großen Demonstratoren die Leistungsfähigkeit des Systems gezeigt. Der erste Demonstrator wurde unter kontrollierten Randbedingungen auf einer speziell für das Projekt hergestellten Bodenplatte auf dem Gelände der BASt realisiert / Büt20/ . Die Fläche auf der SMART-DECK eingebaut wurde, betrug ca. 80 m². Anhand der zur Mitte der Projektlaufzeit gewonnenen Erkenntnisse wurde die Erarbeitung des Systems hinsichtlich der sich aus den Baustellenbedingungen ergebenden Anforderungen weiter von den Forschungspartnern betrieben, um am Ende des Projekts den sog. Großdemonstrator zu realisieren. Der Großdemonstrator diente der abschließenden Verifikation aller erarbeiteten Komponenten und sollte damit auch bei einem realen Bauvorhaben unter realistischen Bedingungen ausgeführt werden. Die Herstellung des Großdemonstrators erfolgte im Rahmen eines realen Bauvorhabens einer nicht am Projekt beteiligen ARGE, wie in / Büt20/ ausführlich dargestellt. Der Großdemonstrator wurde in zwei Bauabschnitten mit einer Gesamtgröße von rd. 180 m² ausgeführt. Die Fertigstellung erfolgte 2019 und wird die kommenden Jahre seitens der Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 187 Forschungspartner überwacht, um Erkenntnisse hinsichtlich der Dauerhaftigkeit des Systems SMART-DECK zu erlangen. Die nachfolgenden Bilder zeigen die fertig verlegte textile Bewehrung des zweiten Bauabschnitts vor dem anschließenden Mörteleinbau sowie den fertig eingebauten Mörtel des ersten Bauabschnitts. Bild 12: Vollständig verlegte textile Bewehrung des 2. Bauabschnitts / Büt20/ Bild 13: Fertiggestellter erster Bauabschnitt / Büt20/ Das Forschungsvorhaben hat gezeigt, dass SMART- DECK unter Baustellenbedingungen realisiert werden kann. Ferner konnte festgestellt werden, dass mittels SMART-DECK eine signifikante Steigerung der Biege- und Querkrafttragfähigkeit der Brückenfahrbahnplatte erreicht werden kann. Zudem werden die Durchbiegungen bei Belastung verringert und es stellt sich ein feineres Rissbild ein. Die damit einhergehende Reduzierung der Rissbreiten beeinflusst das Tragwerk in Hinblick auf das mögliche Eindringen von tausalzhaltigem Wasser in positiver Weise. Weiterhin konnte im Zuge der Arbeiten gezeigt werden, dass die Grundlage für das Feuchte-Monitoring, die vollflächige Widerstandsmessung am Kleindemonstrator inklusive der Datenübertragung via Internet erfolgreich umgesetzt werden konnten / Büt20/ , / Dri20/ . 3.2.2 Instandsetzung von historischen Gebäuden Auch bei der Instandsetzung von historischen Bauwerken kann Textilbeton verwendet werden. Im Rahmen von Forschungsarbeiten wurde am ibac das sogenannte DUR- TEX-Konzept entwickelt Die Verknüpfung der Eigenschaften der Schutzschicht „dauerhaft, wasserundurchlässig und rissüberbrückend“ sowie des verwendeten Werkstoffes „Textilbeton“ führt zu der Abkürzung und der im Folgenden verwendeten Bezeichnung DURTEX (u.a. / Büt13a/ ). Anders als bei Stahlbetonbauwerken ist für die Rissbehandlung bei Natursteinbauwerken praktisch immer eine gewisse Elastizität der rissverteilenden und -überbrückenden Schicht erforderlich, die eine Rissöffnung und damit eine geringe Verformung des Bauwerkes zulässt. Dadurch kann vermieden werden, dass kritische, zusätzliche Spannungen in das Mauerwerk eingeleitet werden. So ist ein „Verklammern“ der Rissufer grundsätzlich als kritisch zu bewerten, denn bei diesem Verfahren besteht die Gefahr, dass infolge der punktuellen Belastung das Mauerwerk versagt. Sofern eine Veränderung des Erscheinungsbildes erlaubt ist, ist die Applikation einer flächigen, bewehrten und mörtelbasierten Schutzschicht ebenfalls eine Möglichkeit, Risse in Natursteinmauerwerk abzudichten und gleichzeitig die Rissufer dehnfähig und dauerhaft miteinander zu verbinden. Das grundlegende Konzept von DURTEX ist, dass instandzusetzende Risse mit einer Schicht aus Textilbeton so verschlossen werden, dass die Bewegung des Risses in viele feine Risse, die einzeln eine deutlich geringere Rissbreite als der Riss des Untergrundes aufweisen, „umgewandelt“ bzw. verteilt wird. Das grundlegende Konzept ist in dem nachfolgenden Bild dargestellt. Die DURTEX Schicht besteht aus dem Enthaftungsmaterial, einer Mörtelmatrix sowie textiler Bewehrung. Bild 14: Schematischer Aufbau der textilbewehrten Schutzschicht aus „DURTEX“ mit schematischer Darstellung der Rissbreiten sowie der Rissanzahl in der textilbewehrten Schutzschicht und dem Untergrund - Enthaftungsstreifen hier überhöht dargestellt / Büt13a/ Damit allerdings die Duktilität der Schutzschicht ausgenutzt werden kann, muss entlang der Rissflanken ein sogenannter Enthaftungsstreifen vorgesehen werden. Mit diesem Enthaftungsstreifen wird eine freie Dehnlänge der Schutzschicht realisiert, d.h. in diesem Bereich hat die Schutzschicht im Idealfall keinen bzw. einen geschwächten Verbund zum Untergrund und ist wesentliche für die Funktionalität der Rissbandage - siehe Bild 14 Im Rahmen der Forschungsarbeiten zu DURTEX wurden am ibac umfangreiche Forschungsarbeiten durchgeführt Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 188 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 - siehe u.a. / Büt13a/ . Im Zuge der Forschungsarbeiten wurde das Konzept auch am Aachener Dom erprobt, wie in den nachfolgenden Abschnitten dargestellt. Am Aachener Dom wurden insgesamt drei Bandage aus DURTEX angewendet, um einen im Bauwerk vorhandenen Riss so zu stabilisieren, dass die auftretenden Rissbewegungen reduziert werden. Die Schutzschicht übernimmt keine direkt abdichtende Funktion, da sich diese unterhalb des vorhandenen Daches befindet und nur im Falle einer Undichtigkeit der Dacheindeckung einen Schutz darstellen soll. Auch ist die Schutzschicht nicht der unmittelbaren Witterung ausgesetzt. Das Instandsetzungskonzept wurde im Rahmen eines Forschungsvorhabens, welches von der DBU gefördert wurde entwickelt und im Jahr 2010 das erste Mal im NW- Joch umgesetzt. Sechs Jahre später wurden zwei weitere Bandagen auf der gegenüberliegenden Seite (SSW- und S-Joch) des Sechszehnecks des Aachener Doms aufgebracht. Die textilbewehrte Schutzschicht wurde auf einen Natursteinuntergrund im Bereich des Daches des Sechzehnecks appliziert, da auf der innenliegenden Seite des Daches vorhandene Mosaike durch weitere Schäden infolge von zu großen Rissbewegungen vermieden werden sollen. Im Rahmen der Umsetzung wurde als Mörtel kein kommerziell verfügbarer Mörtel oder SPCC verwendet, sondern es wurde ein bereits am Aachener Dom verwendeter Mörtel modifiziert. Die Grundlage für die Modifikation stellt ein Vergussmörtel, der für den Steinersatz speziell für das am Aachener Dom vorhandene Mauerwerk entwickelt wurde, dar / Eng99/ . Die Zusammensetzung wurde sowohl in Hinblick auf die Konsistenz als auch das Größtkorn des Mörtels verändert, das Bindemittel wurde allerdings beibehalten. Das Größtkorn des für die Bandage aus DURTEX verwendeten Mörtels beträgt 0,6 mm. Als Bewehrung wurde, aufgrund der erforderlichen Systemsteifigkeit, ein epoxidharz-getränktes 2D- Carbontextil mit einer Maschenweite von 7 mm sowie in 0°- und 90°-Richtung 1600 tex Rovings, verwendet. Die Bandage wurde in einer Schichtdicke von 30 mm ausgeführt und mit zwei Lagen Carbontextil bewehrt. Für das SSW- und das S-Joch wurde im Vergleich zum NW-Joch eine ähnliche Bewehrung jedoch oberflächenmodifiziert, um besseren Verbundeigenschaften zum Mörtel zu erreichen, benutzt / Mor17a/ . Vor der Applikation der Bandage musste der Untergrund gereinigt und egalisiert werden, so dass ein, an die zu realisierenden Schichtdicken angepasstes Größtkorn von 4 mm verwendet wurde / Rau10/ , / Büt11/ . Um einen ausreichenden Verbund zwischen der Egalisierungschicht und der Bandage zu erzielen, wurde die Oberfläche der Egalisierungsschicht mittels Zahnkelle aufgeraut. Der farblich abgesetzte Mörtelstreifen unmittelbar oberhalb des Risses dient zum einen der Einstellung der o.g. freien Dehnlänge („Enthaftung“) und zum anderen der Kennzeichnung des Rissverlaufs. Bild 15: oben: Ansicht des Risses im Bereich des NW- Joch- Aufnahme von der Außenseite des Gewölbes; unten: Einbau des Estrichs zur Egalisierung des Untergrundes / Büt13a/ Sowohl die Egalisierung des Untergrundes als auch der lagenweise Aufbau erfolgte vor Ort händisch. Nach der Egalisierung des Untergrundes wurde der applizierte Mörtel für 18 Tage feucht nachbehandelt und anschließend erfolgte an einem Tag die Applikation. Die einzelnen Mörtellagen wurden mit der Kelle appliziert und frisch-in-frisch die Bewehrung nach jeweils ca. 10 mm Mörtellage eingelegt. Der lagenweise Aufbau ist in dem nachfolgenden Bild dargestellt. Zur besseren Visualisierung der einzelnen Lagen wurde die obere Bewehrungslage nicht bis zum Ende des Segmentes durchgeführt. Die Begrenzung der Segmente war durch die Dachkonstruktion vorgegeben. Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 189 Bild 16: oben: Einbau der unteren Lage der textilen Bewehrung - der Zuschnitt der Bewehrung erfolgte vor Ort; rechts: Darstellung des lagenweisen Aufbaus unten Bandage aus DURTEX - obere Bewehrungslage nicht bis zum Segmentende durchgeführt / Büt13a/ 3.2.3 Instandsetzung von Wasserbauwerken Die Anwendungsmöglichkeiten von Textilbeton beschränken sich nicht nur auf die Instandsetzung von Ingenieurbauwerken und historischen Gebäuden, sondern auch Wasserbauwerke können mittels Textilbeton instandgesetzt werden. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens, welches von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) gefördert wurde, wurde die Umsetzung des DURTEX-Konzeptes für die Anwendungen im Wasserbau untersucht. Die Pilotanwendung war die Instandsetzung eines Wehrpfeilers des Wehrs Horkheim. Das Wehr besteht aus Stahlbeton und weist zahlreiche Risse mit Rissbreiten zwischen 0,1 und 3,0 mm sowie offene Arbeitsfugen auf. Im Rahmen einer Probeinstandsetzung eines Wehrpfeilers sollte die generelle Machbarkeit der Instandsetzung von Wasserbauwerken mit textilbewehrten Schutzschichten zur Abdichtung der Risse sowie einem zusätzlichen Oberflächenschutz untersucht werden. Die Instandsetzung wurde mit einem kommerziell verfügbaren SPCC für sogenannte S-A3 (aktuell: SRC-A3) Altbetone (gemäß ZTV-W LB 219) und unterschiedlich getränkten Carbontextilien ausgeführt. Es wurden sowohl EP-getränkte als auch Styrol-Butadien getränkte Textilien verwendet. Auch bei dieser Anwendung wurden 2D-Textilien eingebaut. Die Applikation des SPCC‘s erfolgte im Trockenspritzverfahren. Die zweilagig textilbewehrte Schutzschicht wurde auch hier lagenweise aufgebaut und weist eine Gesamtschichtdicke von ca. 35 mm auf / Orl10/ . Der Enthaftungsbereich wurde bei der vorliegenden Anwendung mittels selbstklebender Kunststofffolie, die beidseitig der instandzusetzenden Risse auf den Untergrund nach der Untergrundvorbereitung appliziert wurde, realisiert. Die Altbetonoberfläche wurde mit Hochdruckwasserstrahlen entsprechend der ZTV-W LB 219 vorbereitet. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die ebenfalls lagenweise Applikation der textilbewehrten Schutzschicht auf den Wehrpfeiler. Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 190 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Bild 17: vorherig Seite: Ausgangssituation am instandzusetzenden Wehrpfeiler; oben: erste Bewehrungslage vor der Applikation der zweiten SPCC-Schicht; unten: Applikation des SPCC‘s im Trockenspritzverfahren / Büt13b/ . Bild 18: Ansicht des Wehrs Horkheim nach der Instandsetzung; Detailaufnahmen des Pfeilersockels (Probeflächen mit Monitoring) / Büt13b/ Entscheidend für eine Beurteilung der Wirksamkeit der DURTEX ist die Kenntnis der Verformungen, die während der Nutzung auftreten. Um diese beurteilen zu können wurden sowohl interne Dehnungsmessstreifen, (DMS), Wegaufnehmer als auch Temperaturfühler eingebaut. Die maximal gemessene Rissbreiteänderung des Betonuntergrunds betrug 0,28 mm / Mor14/ . Die textile Schutzschicht war jedoch in der Lage, die vorhandenen Bewegungen im Untergrund so fein (Rissbreiten w ≤ 0,1 mm) in der Schutzschicht zu verteilen, dass keine oberflächigen Risse erkennbar waren / Mor14/ . Um die Instandsetzung mittels des DURTEX-Konzeptes auch als geregeltes Instandsetzungsverfahren einsetzen zu können, wurde seitens der BAW in Zusammenarbeit mit dem ibac das BAW Merkblatt „Flächige Instandsetzung von Wasserbauwerken mit Textilbewehrten Mörtel- und Betonschichten (MITEX) erarbeitet, wobei sich zunächst auf das Belastungsszenario „1a“ ohne rückseitigen und vorderseitigen Wasserdruck mit Rissbreitenänderungen von bis zu 0,4 mm konzentriert wurde. Ferner wird bei dem Belastungsszenario 1a der Verbund zwischen den Schichten ausschließlich über Adhäsion hergestellt. Das Merkblatt MITEX, welches von der BAW 2019 eingeführt wurde, ermöglicht dem Planer die Auswahl eines Verfahrens für die dauerhafte Instandsetzung von gerissenen, nieder- und normalfesten Untergründen mit Rissbreitenänderungen von 0,4 mm / Mor17/ . Der Anwendungsbereich ist dabei nicht wasserbauspezifisch, sondern umfasst alle freibewitterten Außenbauteile / Rah19/ . Diese Übertragbarkeit auf andere Bauwerke wurden bereits bei der Sanierung des Mariendomdaches in Neviges / Rem18/ und die Instandsetzung einer infolge Zwang gerissenen WU-Bodenplatte am Flughafen München / Büc19/ erfolgreich umgesetzt. Neben der Nachweis der Verwendbarkeit der Einzelkomponente am Enthaftungsmaterial, Instandsetzungsmörtel oder -beton und textile Carbonbewehrung erfolgt der Nachweis der Verwendbarkeit des Instandsetzungssys- Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 191 tems am Verbundkörper (bestehend aus dem Grundkörper und DURTEX Schicht) nach dem MITEX Merkblatt. Letzterer besteht aus vier aufeinanderfolgenden Prüfungen: Applizierbarkeit, Haftzugfestigkeit, Rissverteilung und Haftzugfestigkeit nach Prüfung der Rissverteilung. Entscheidend für den Wassertransport und somit für die Dauerhaftigkeit sind die maximale Rissbreiten der Trennrisse oder der durchgehenden Risse in der DUR- TEX Schicht. Die Überprüfung der Funktionalität erfolgt im Rissverteilungsversuch in Anlehnung an die Rissüberbrückungsprüfung von OS-Systemen. Die Entwicklung einzelner Risse in der Schutzschicht während des Rissverteilungsversuchs wird aus der Last- Rissöffnungskurve (z.B. W A,r) der Proben abgeleitet und mittels 3D Video-Vermessungssystem mit DIC-Analyse Software dargestellt und ausgewertet (s. Bild 19). Die einzelnen Rissbreiten während der Rissöffnung sind in Bild 19 oben links dargestellt. Das charakteristische Last-Verformungsverhalten der Verbundkörper unter einaxialer Zugspannung entspricht den bisherigen Erkenntnissen aus Abschnitt 2.1. Die leichten Kraftabfälle in der Kraft-Rissöffnung (WA,r)-Kurve (blau gestrichelte Linien) entsprechen der Rissbildung, sichtbar als relativ steiler Anstieg der einzelnen Rissbreiten-WA,r-Kurven in der DURTEX-Schicht. Insgesamt können 10 durchgehende Risse, die innerhalb des Messbereichs von ca. 224 mm durch die DURTEX-Schicht verlaufen (s. Bild 19 rechts), festgestellt werden. Die Risse entstehen mit Rissabständen, die dem Einzelabstand der Roving-Achse von 21 mm entsprechen. Das Beispiel in Bild 19 zeigt, dass für die gewählte Materialkombination bei einer Rissöffnung von 0,68 mm alle Einzelrissbreiten unter 0,1 mm (w m = 0,046 mm, w max . = 0,088 mm, w 0.95 = 0,077 mm) liegen. Dies zeigt. dass die Kombination der Textilbetonschicht mit einem Enthaftungsmaterial eine „ideale Rissverteilung“ ermöglicht, d.h. eine Verteilung der Rissöffnung mit Rissbreiten < 0,1 mm in der DURTEX Schicht. Die Breite des Enthaftungsmaterials ist in Abhängigkeit von der Maschenweite des Textils senkrecht zur Zugbelastungsrichtung und der zu erwartenden Rissöffnung zu wählen, jedoch so schmal wie möglich, um ein Versagen des Verbundes zwischen Untergrundbeton und DURTEX Schicht zu verhindern. / Mor20/ Bild 19: links: Analyse der Rissverteilungsfähigkeit, exemplarisch an Grundkörper: A2, Enthaftungsmaterial: Klebeband 200 mm, textile Carbonbewehrung: Q85/ 85- CCE-21 besandet, Instandsetzungsbeton: SRC-A2. Oben: Einzelrissbreiten-WA,r-Kurven, unten: Kraft- WA,r-Kurve. Rechts: Visualisierung der einzelnen Risse innerhalb des Messbereichs (Seitenansicht) / Mor20/ In Untersuchungen an Verbundkörpern wurde beobachtet, dass gerissene DURTEX-Schichten mit w max. = 0,116 mm, unter zyklischer Zugschwellenbelastung (anfänglich Δw op = 0,6 mm) mit kombinierter Poren- und Risswasserdruck von 0,5 bar (5 m Wasserdruck) sich selbst nach wenigen Tagen ausheilen können, was zu Wasserdichtigkeit führt. Desweiteren werden die Rissbreiten (wm und w max.) nach beschleunigter Alterung (Gewitterregen-Wechselbeanspruchung und Frost-Tau-Belastung) nicht negativ beeinflusst. Zudem wird die Haftzugfestigkeit zwischen Bewehrung und Instandsetzungsmörtel oder -Beton nach den verschiedenen untersuchten Belastungen (Rissöffnung, zyklische Rissöffnung, Poren- und Risswasserdruck, Frost-Tau-Wechsel und Gewitterregen) im Vergleich zu den Referenzwerten nicht reduziert. 4. Zusammenfassung Der Werkstoff „Textilbeton“ bezeichnet Beton, der mit technischen Textilien bewehrt wird und somit im Gegensatz zu konventionell mit Stahl bewehrten Bauteilen im Vergleich dünne und hochtragfähige Bauteile realisiert werden können. Die Anwendung des Werkstoffs Textilbeton ist vielfältig und wurde für unterschiedliche Anwendungen im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung vorgestellt. Allen Anwendungen gemein ist, dass sowohl die hohe Tragfähigkeit als auch die Dünnwandigkeit des Werkstoffs gezielt eingesetzt wird, um entweder den Werkstoff im Neubau oder in der Instandsetzung einzusetzen. Die Grundlagen für die Anwendung des Werkstoffes Textilbeton wurden über rund 20 Jahre im Wesentlichen an der RWTH Aachen University sowie der TU Dresden gelegt. Beide Universitäten begleiten viele der aktuellen Anwendungen im Rahmen der bauaufsichtlich erforderlichen Pro- Textilbeton - von der Innovation in die Praxis 192 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 zesse und entwickeln den Werkstoff weiter, um noch weitere Anwendungsfelder für Textilbeton zu eröffnen und somit den Werkstoff in Zukunft noch breiter anwenden zu können. Danksagung Der Autor bedankt sich bei Frau C. Morales Cruz (Institut für Baustoffforschung der RWTH Aachen University, Arbeitsgruppe Erhaltung und Instandsetzung) für die Unterstützung bei der Erstellung des vorliegenden Beitrags sowie der Zurverfügungstellung von ausgewählten Bildern und Ergebnissen. Literatur / Büc19/ Bücker, M.; Widmann, D.: Instandsetzung einer infolge Zwang gerissenen WU-Bodenplatte mit textiler Carbonbewehrung. In Beton 03/ 2019, S. 78-83 / Büt11/ Büttner, T.; Raupach, M. ; Maintz, H.: Innovative und denkmalgerechte Verstärkung des Aachener Doms mit einer flexiblen, textilbewehrten Rissbandage : Retrofitting AACHEN Cathedral with an Innovative Flexible Textile Reinforced Mortar Bandage. 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