eJournals Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis 6/1

Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
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2021
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Nachhaltigkeit zementgebundener Werkstoffe

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Martin Bolesta
Bei lange in Betrieb befindlichen Behältern ist oftmals auch die Bausubstanz zu sanieren. Ist dieses erforderlich, kann auf zementgebundene Werkstoffe nicht verzichtet werden. Der Einsatz anderer zugelassener Systeme zum Schutz des Trinkwassers ist gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300-3 nur in Kombination mit der Bauwerkssanierung oder aber ergänzend möglich. Bei einer nachhaltigen Sanierung ist aber nicht nur die Dauerhaftigkeit (möglichst lange Standzeit und damit Ressourcen schonend) zu berücksichtigen, sondern auch Aspekte wie Rückbau-, Recyclingfähigkeit oder Entsorgung, die hiermit verbundenen Kosten und nicht zuletzt auch die Umweltverträglichkeit. Umso mehr sollte bei jedem Sanierungsvorhaben abgewogen werden, ob der Einbau zusätzlicher Materialien wirklich Vorteile bietet, zumal auch mit zementgebundenen Werkstoffen eine langlebige Oberfläche in Trinkwasserbehältern hergestellt werden kann.
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6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 213 Nachhaltigkeit zementgebundener Werkstoffe Dipl.-Ing. Martin Bolesta P & T Technische Mörtel GmbH & Co. KG, Neuss, Deutschland Zusammenfassung Bei lange in Betrieb befindlichen Behältern ist oftmals auch die Bausubstanz zu sanieren. Ist dieses erforderlich, kann auf zementgebundene Werkstoffe nicht verzichtet werden. Der Einsatz anderer zugelassener Systeme zum Schutz des Trinkwassers ist gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300-3 nur in Kombination mit der Bauwerkssanierung oder aber ergänzend möglich. Bei einer nachhaltigen Sanierung ist aber nicht nur die Dauerhaftigkeit (möglichst lange Standzeit und damit Ressourcen schonend) zu berücksichtigen, sondern auch Aspekte wie Rückbau-, Recyclingfähigkeit oder Entsorgung, die hiermit verbundenen Kosten und nicht zuletzt auch die Umweltverträglichkeit. Umso mehr sollte bei jedem Sanierungsvorhaben abgewogen werden, ob der Einbau zusätzlicher Materialien wirklich Vorteile bietet, zumal auch mit zementgebundenen Werkstoffen eine langlebige Oberfläche in Trinkwasserbehältern hergestellt werden kann. 1. Nachhaltigkeit Der Begriff Nachhaltigkeit geht auf den Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645-1714) zurück. Sein Gedanke für die nachhaltige Forstwirtschaft war, dass in einem Wald nur so viele Bäume abgeholzt werden sollten, wie in absehbarere Zeit nachwachsen können. So sollte der langfristige Bestand des Waldes sichergestellt werden [1]. In der heutigen Zeit wird der Begriff Nachhaltigkeit nicht nur für die dauerhafte, regenerationsfähige Ressourcennutzung verwendet, vielmehr wird Nachhaltigkeit in vielen Bereichen gefordert: bei der Energieerzeugung, bei Bauwerken, bei Lebensmitteln, bei der Rohstoffgewinnung, bei Kleidung und selbst unsere Parlamente sprechen immer öfter von nachhaltiger Politik. Entsprechend hat das Wort Nachhaltigkeit im derzeitigen Sprachgebrauch mehrere Bedeutungen, hauptsächlich sind das - hohe Lebensdauer / Dauerhaftigkeit - wenig Auswirkung auf die Umwelt - Ressourcen schonend. Unabhängig von der Bedeutung findet nachhaltiges Handeln in der Gegenwart statt, um mögliche Auswirkungen oder Schäden in der Zukunft möglichst gering zu halten. Daher überrascht es nicht wirklich, dass als Synonym für Nachhaltigkeit der Begriff „enkelgerecht“ verwendet wird. Auch im Bereich der Instandsetzung und Verbesserung von Trinkwasserbehältern wird im DVGW Regelwerk W300-3 Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit gefordert [2]. 2. Nachhaltige Sanierung im Sinne von Dauerhaftigkeit Trinkwasserbehälter sind ein zentraler Bestandteil der Wasserversorgung. Aber auch bei regelmäßiger Inspektion und Wartung sowie der zuverlässigen Durchführung ggfs. erforderlicher Reparaturen steht irgendwann mal eine mehr oder weniger umfassende Sanierung an. Bevor aber die eigentliche Sanierung geplant wird, ist zunächst eine Vorbetrachtung durchzuführen, ob oder aber wie lange der zu sanierende Wasserspeicher benötigt wird. So gibt es Fälle, wo es zu gravierenden Änderungen im Versorgungsgebiet gekommen ist. Folglich kann es vorkommen, dass ein Behälter gar nicht mehr benötigt wird oder aber nur noch für wenige Jahre betrieben werden muss, weil ein größerer Neubau oder ein anderer Standort alternativlos sind. In diesen, und nur in diesen Fällen, ist es nachvollziehbar, wenn auf eine nachhaltige Sanierung im Sinne von dauerhaft verzichtet wird. Das Ziel einer hier durchgeführten Instandsetzung ist es, die Versorgung für die „kurze“ Zeit der Restnutzung sicher zu stellen. Meistens ergeben die Vorbetrachtungen, dass die Weiternutzung des Behälters zweckmäßig, wirtschaftlich sinnvoll und richtig ist. Hier kann das Ziel nur sein, durch die Sanierung die Betriebssicherheit des Trinkwasserspeichers für eine möglichst lange Zeit zu gewährleisten. In dem DVGW Arbeitsblatt W300-3 findet man hierzu nachfolgende Formulierung: Mit einer Instandsetzung soll nicht der „Altzustand“ der Behälteranlage wiederhergestellt, sondern ein Zustand geschaffen werden, der den Anforderungen nach DVGW W300-1 (Planung und Bau) entspricht [3]. Nachhaltigkeit zementgebundener Werkstoffe 214 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Deutlicher kann die Forderung nach einer nachhaltigen Sanierung im Sinne von Dauerhaftigkeit kaum beschrieben werden. Schon immer war klar, dass es im Sanierungsfall dabei nicht nur um den Schutz des Trinkwassers geht, sondern auch um den Erhalt bzw. die Ertüchtigung der Bausubstanz. Somit erklärt es sich von selbst, dass nicht nur die ggfs. schadhaften Oberflächen in der Wasserkammer sondern vielmehr die Bausubstanz bzw. das gesamte Bauwerk zur Feststellung des Istzustandes zu überprüfen sind. Was hier alles zu berücksichtigen ist, kann dem DVGW Arbeitsblatt W300-3 entnommen werden [2]. An nicht wenigen im letzten Jahrhundert errichteten Trinkwasserbehältern wird bei den Zustandsanalysen ein Sanierungsbedarf an der Bausubstanz festgestellt. Dieses liegt dabei nicht ausschließlich an einer fehlerhaften Ausführung, vielmehr ist das Regelwerk mehrfach angepasst worden und verlangt heute andere und (zu Recht) höhere Vorgaben. Typische Abweichungen sind z.B. eine zu geringe Betondeckung und/ oder auch karbonatisierte oder ausgelaugte Betonbereiche, so dass die Bewehrung nicht mehr ausreichend vor Korrosion geschützt ist. In diesen Fällen und insbesondere wenn der Konstruktionsbeton „zu geringe“ Festigkeiten aufweist und statisch ertüchtigt werden muss, ist grundsätzlich immer auch die Bausubstanz zu sanieren. Die Sanierung muss dann mit hierfür zugelassenen Materialien, wie z.B. mit Produkten mit Ü-Zeichen als Beton nach DIN EN 206 oder mit CE nach DIN EN 1504-3 (z.B. R4, für die statisch relevante Instandsetzung) erfolgen. Auch hier können wichtige Vorgaben dem DVGW Arbeitsblatt W300-3 entnommen werden. Selbstverständlich müssen diese Produkte auch hygienisch für den Bereich Trinkwasser nach DVGW W 347 zugelassen sein [2,4,5]. Insofern Sanierungsbedarf an der Bausubstanz besteht, kann für eine nachhaltige Sanierung (im Sinne von dauerhaft) auf zementgebundene Werkstoffe definitiv nicht verzichtet werden. Eine Sanierung mit Auskleidungen (z.B. Folien, Platten) oder reaktiven Kunstharzen ist nur in Kombination oder ergänzend möglich. Leider gibt es immer noch (viel zu viele) Fälle, wo die Instandsetzungsmaßnahme ausschließlich auf den Schutz des Trinkwassers ausgerichtet ist und auf die Sanierung der Bausubstanz (unwissentlich oder vielleicht auch bewusst) verzichtet wird. Das Einbringen einer Auskleidung (z.B. PE/ PP Dichtungsbahnen, PE/ PP Plattensysteme oder Edelstahlbleche) in eine schadhafte Wasserkammer ohne vorherige Betonsanierung, ist aber ganz sicher keine nachhaltige Sanierung im Sinne von dauerhaft. Hinter einer Auskleidung, quasi im Verborgenen, kann der Beton weiter karbonatisieren und die Bewehrung bei einer nicht ausreichenden Betondeckung weiter korrodieren. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass nach wenigen Jahren die Standsicherheit des Bauwerks nicht mehr gegeben ist und der Behälter stillgelegt werden muss. Die nachfolgende Abb. 1 zeigt ein Beispiel, wo auf die Betonsanierung verzichtet und zum Schutz des Trinkwassers eine Folienauskleidung verbaut worden ist. Als Folge der unterlassenen Betonsanierung kam es zu gravierenden Folgeschäden, unter anderem zu Durchwurzelungen - ganz sicher keine nachhaltige Lösung. Abb. 1: Duchwurzelung hinter einer Folienauskleidung als Folge einer nicht durchgeführten Bauwerkssanierung Es soll nicht verschwiegen werden, dass es auch Trinkwasserbehälter gibt, bei denen die Sanierung ausschließlich aufgrund einer geschädigten Oberfläche (wie z.B. Aufweichungen, Absandungen oder Fehlstellen mit Poren/ Lunkern) erfolgen muss. D.h. der Konstruktionsbeton erfüllt alle Anforderungen, er verfügt über eine ausreichende Qualität (Festigkeit), ist nicht (oder nur gering) karbonatisiert und die Betondeckung der Bewehrung ist ausreichend. Vorausgesetzt, dass eine ggfs. vorhandene Altbeschichtung keine schädlichen Bestandteile beinhaltet und daher aus hygienischen oder gesundheitsgefährdenden Gründen entfernt werden muss, ist in solchen Fällen grundsätzlich die Sanierung mit allen zugelassenen Sanierungsverfahren und Materialien möglich. Die Entscheidung, welches Verfahren hier ausgewählt wird, liegt letztendlich bei dem Bauherren und dem Planer. Nicht vergessen werden darf hierbei, dass es um die Speicherung unseres Lebensmittels Nummer 1 geht, und da sollte auch über nicht/ wenig einsehbare und nicht/ wenig kontrollierbare Spalten nachgedacht werden. Bioverfügbare Verunreinigungen in oder auf Altbeton / Altbeschichtungen können in Verbindung mit der im Trinkwasserbauwerken vorhandenen Feuchtigkeit (z.B. Restfeuchte im Beton) für so manche Überraschung hinter der Auskleidung verantwortlich sein, siehe Abb. 2. Nachhaltigkeit zementgebundener Werkstoffe 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 215 Abb. 2: Schimmel hinter einer geöffneten PE Auskleidung 3. Andere Aspekte der Nachhaltigkeit Der Wunsch nach einer dauerhaften Beschichtung mit möglichst großen Sanierungsintervallen hat dazu geführt, dass immer wieder innovative Sanierungsprodukte oder -methoden auf dem Trinkwassermarkt erschienen sind. Dieser Wunsch nach neuen Produkten war sicher auch eine Folge davon, dass mineralische Beschichtungen nicht immer die gewünschte Dauerhaftigkeit hatten. Dieses lag auch daran, dass vor dem Jahr 2005 (Neuerscheinung des DVGW Arbeitsblattes W300) wichtige technische Parameter, wie z.B. der Wasserzementwert oder auch die Porosität, noch nicht geregelt waren. Folglich hatten viele mineralische Beschichtungen nicht geeignete bzw. zu hohe Wasserzementwerte, zu hohe Porositäten oder beinhalteten Methylcellulose und waren demnach nicht ausreichend hydrolysebeständig. Ein erstes „innovatives“ Beschichtungsprodukt, welches nicht nur vereinzelt verarbeitet worden ist, waren die Chlorkautschukbeschichtungen. Auch wenn so mancher Wasserverband mit dieser Beschichtungsart nicht unzufrieden war oder auch noch ist, konnten die Chlorkautschukbeschichtungen die Erwartungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit nicht erfüllen. Nicht selten kam es zu Schäden, z.B. in Form von Blasen oder Ablösungen (siehe Abb. 3), die eine erneute Komplettsanierung z.T. schon nach 10 oder 20 Jahren erforderlich machten [6]. Abb. 3: Schadhafte Chlorkautschukbeschichtung Abgesehen davon, dass die Chlorkautschukbeschichtungen oftmals die prognostizierte Dauerhaftigkeit vermissen ließen, so ist ein Teil dieser Beschichtungen hochgradig mit PCB (polychloriertes Biphenyl) belastet und somit alles andere als „enkelgerecht“. Die Schwierigkeiten fangen hier schon bei dem Rückbau der mit PCB belasteten Beschichtung an, die nur unter strengen Auflagen und dem Tragen aufwendiger persönlicher Schutzausrüstung möglich ist. Ein weiterer Punkt ist die Entsorgung der PCB-haltigen Abfälle - es ist Sondermüll, der entsprechend der Gefahrstoffverordnung entsorgt werden muss [7]. Chlorkautschukbeschichtungen kommen zwar heutzutage nicht mehr zur Anwendung, sind aber ein gutes Beispiel, dass in einer Nachhaltigkeitsbetrachtung nicht nur die Dauerhaftigkeit eingehen sollte. Es ist daher nachvollziehbar und auch zu begrüßen, wenn bei der Planung von Neubauten aber auch von Sanierungen die Aspekte Rückbaumöglichkeit, Recycling-Fähigkeit und Entsorgung mit zunehmender Gewichtung zu berücksichtigen sind. Sicher ist dieses nicht einfach umzusetzen. Die technischen Regelwerke (z.B. Normen oder Richtlinien) gibt es überwiegend seit Jahrzehnten und wurden seit der Aufstellung ständig aktualisiert. Die hier geforderten Materialkennwerte (z.B. Druckfestigkeiten), die Verarbeitungsanweisungen aber auch Grenzwerte oder Berechnungen sind eine verlässliche Planungsgrundlage. Aber wie können Recyclingfähigkeit, Rückbau- oder Entsorgungsmöglichkeit eines Materials verlässlich beurteilt werden? Da diese Themen relativ jung sind, es ständig neue Erkenntnisse hinsichtlich der Gefährdung von Stoffen gibt, wird es sicher noch Jahre dauern, bis hier ähnlich verlässliche Regelwerke oder Bewertungsschemata existieren wie für die technische Seite. Aber irgendwann sollte damit begonnen werden. Nachhaltigkeit zementgebundener Werkstoffe 216 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 Hätte man bereits in den 60‘er Jahren das heutige Wissen über PCB gehabt, wären die Chlorkautschukbeschichtungen in Trinkwasserbehältern sehr sicher nicht zum Einsatz gekommen. Aber haben wir wirklich aus diesem Fall gelernt? Es ist schon sehr interessant und zugleich irritierend, wenn auch aktuell immer noch mehrkomponentige chemische Produkte für die Sanierung von Trinkwasserkammern neu auf den Markt kommen, bei denen Ausgangskomponenten mit: „kann vermutlich Krebs erzeugen“, „kann bei längerer oder wiederholter Exposition die Organe schädigen“ oder „schädlich für Wasserorganismen“ eingestuft werden. Auch wenn Stoffe nur im Verdacht stehen, dass diese ggfs. erbgutverändernd sein können, dass sie zu gesundheitlichen Schäden wie Leberproblemen oder Herzkrankheiten führen können, sollte dieses bei der Planung mit einfließen. Denn Nachhaltigkeit bezieht sich eben nicht nur auf die Dauerhaftigkeit, die übrigens von neuen Produkten in der Praxis auch noch bewiesen werden muss. 4. Nachhaltigkeit zementgebundenerWerkstoffe Dass mit zementgebunden Produkten ein dauerhafter Betrieb von Trinkwasserbehältern möglich ist, dafür gibt es viele Beweise. Sehr beeindruckend sind dabei die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebauten Behälter, wo Putze von extrem hoher Qualität z.T. 100 Jahre (und länger) zuverlässig funktioniert haben und z.T. auch heute noch den Anforderungen genügen. Aber auch in den 80’er und 90’Jahren und damit noch vor der Einführung der Regelwerke DVGW W300 und auch DVGW W316 gab es dauerhafte Behältersanierungen mit zementgebundenen Produkten. Diese hatten damals schon die niedrigen Wasserzementwerte und die geringen Porositäten von unter 12%, wie sie heute gefordert werden. Auch bei diesen Sanierungen kann davon ausgegangen werden, dass die Flächen viele Jahrzehnte, sicher aber 50 Jahre halten werden, siehe Abb. 4. Werden bei Sanierungen die technischen Anforderungen nach DVGW Arbeitsblatt W300 eingehalten, ist mit zementgebundenen Beschichtungen eine nachhaltige Sanierung im Sinne von dauerhaft möglich. Aber wie sieht es mit den anderen Aspekten der Nachhaltigkeit aus. Zementgebundene Sanierungsprodukte bestehen hauptsächlich aus Gesteinskörnung und eben Zement. Je nach Modifikation werden mineralische Zusatzstoffe, wie z.B. Microsilica, hinzugegeben. Somit beinhalten diese Produkte, insofern sie dem Typ 1 (ohne Betonzusatzmittel und ohne kunststoffhaltige Zusätze) entsprechen, ausschließlich mineralisch-anorganische Ausgansstoffe. Abb. 4: Mit Kerasal sanierter Trinkwasserbehälter nach 24 Jahren Betrieb. Steht bei einem mit zementgebundenen Werkstoffen errichteten oder sanierten Bauwerk (möglichst in ferner Zukunft) eine Sanierung an, so sind daher Schwierigkeiten bei Rückbau oder Entsorgung kaum zu erwarten. Ganz im Gegenteil. Bereits heute gibt es nicht nur Ansätze und Ideen, so dass eine Entsorgung von Altbeton nicht erfolgen muss. So wird Betonabbruch bereits als Schotterersatz verbaut und die Verwendung von Recyclingbeton ist längst in Normen geregelt (z.B. DIN EN 206). Auch gibt es schon Bauwerke, die zu 95 % aus Recyclingbeton errichtet worden sind. Vorreiter sind hier die Schweiz und auch die Niederlande und Belgien, bei denen öffentliche Baumaßnahmen bereits seit 2016 zu über 10% mit R-Betonen durchgeführt werden [8,9]. Sollte dennoch eine Entsorgung erforderlich sein, muss man in Zukunft mit weiter steigenden Kosten rechnen, dieser Anstieg war bereits in den letzten Jahren deutlich zu spüren. Spätestens hier haben nachhaltige Materialien auch ökonomische Vorteile. Hierzu eine Beispielrechnung: Die Entsorgung einer Tonne Bauschutt / Beton kostet derzeit ca. 20 bis 40 Euro, für die Entsorgung einer Tonne mit PCB belasteten Materials werden (je nach Kontaminationsgrad und Bundesland) Preise zwischen 400 bis hin zu 900 Euro aufgerufen. Bei einer Sanierungsmaßnahme können sich allein die Mehrkosten für die Entsorgung problematischer Stoffe auf mehrere Zehntausend Euro summieren. Wenn es bei zementhaltigen Werkstoffen dann auch noch gelingt, sich durch den Einsatz von Recyclingmaterialien oder von Nebenprodukten aus anderen Industriezweigen auch Vorteile bei den herstellungsbedingten Emissionen zu verschaffen, dann sollte spätestens jetzt die Wahl auf diese Werkstoffe für die Sanierung von Trinkwasserbehälter fallen. Nachhaltigkeit zementgebundener Werkstoffe 6. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - September 2021 217 So können z.B. die herstellungsbedingten CO 2 Emissionen bei der Zementproduktion um bis zu 50% und mehr gesenkt werden, wenn anstellen von Portlandzement Zementsorten verwendet werden, bei denen der Zementklinker durch andere Stoffe ersetzt wird. Hier schneidet der seit über 100 Jahre in Deutschland genormte Hochofenzement (CEM III) am besten ab. Zum einen darf bei keinem anderen Zement so viel Zementklinker substituiert werden wie beim CEM III und zum anderen muss der Ersatzstoff nicht bergmännisch abgebaut werden, wie es z.B. bei natürlichen Puzzolanen wie Trass der Fall ist. Beim CEM III wird ein Großteil des Zementklinkers durch Hüttensand ersetzt, ein Nebenprodukt der Stahlindustrie [10]. 5. Ausblick Auch wenn die ersten Mahner lange belächelt worden sind, inzwischen ist es bewiesen, dass viele derzeit stattfindende terrestrischen Veränderungen von der Menschheit zumindest mitverursacht worden sind. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund, sondern auch aus Sicht der Versorgungssicherheit, sollten Trinkwasserbehälter (und auch andere Bauwerke) möglichst nachhaltig saniert werden. Bei einer nachhaltigen Sanierung sind aber nicht nur die Dauerhaftigkeit (möglichst lange Standzeit und damit Ressourcen schonend) sondern auch Aspekte wie Rückbau, Recyclingfähigkeit oder Entsorgung, die hiermit verbundenen Kosten und nicht zuletzt auch die Umweltverträglichkeit zu berücksichtigen. Da bei lange in Betrieb befindlichen Behältern oftmals auch die Bausubstanz saniert werden muss, kann auf den Einsatz zementgebundener Mörtel mit Ü- oder CE-Zeichen derzeit in vielen Fällen nicht verzichtet werden. Der Einsatz anderer zugelassener Sanierungsverfahren ist gemäß DVGW Arbeitsblatt W 300-3 nur in Kombination mit der Bauwerkssanierung oder aber ergänzend möglich. Umso mehr sollte bei jedem Sanierungsvorhaben abgewogen werden, ob der Einbau zusätzlicher Materialien wirklich Vorteile bietet, zumal auch mit zementgebundenen Werkstoffen eine langlebige Oberfläche in Trinkwasserbehältern hergestellt werden kann. Diese Abwägung ist gewiss nicht einfach, da sich in der Planungsphase mögliche Konsequenzen in der Zukunft nicht beweisen oder quantifizieren lassen. So hat z.B. bei der Planung von Chlorkautschukbeschichtungen in den 60‘ oder 70’er Jahren auch keiner mit den hieraus entstehenden Schwierigkeiten (z.B. Einstufung als Sondermüll mit immensen Entsorgungskosten) gerechnet. Im Zuge einer „enkelgerechten“ Planung sollten aber alle Möglichkeiten genutzt werden, um die für eine Sanierung angedachten Materialien hinsichtlich Gesundheitsschutz, Umweltverträglichkeit, Rückbaumöglichkeit, Recycling-Fähigkeit und Entsorgung einzuschätzen. Nur so lassen sich mögliche Auswirkungen oder Schäden in der Zukunft möglichst gering halten. Nicht wenige sind davon derzeit davon überzeugt, das anorganisch-mineralische Werkstoffe hier besser abschneiden als die chemischen - in der Zukunft wissen wir mehr. Literatur [1] Über 300 Jahre forstliche Nachhaltigkeit; Internetseite „Wald in Deutschland“; Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft; August 2020 (https: / / www.bmel.de/ DE/ themen/ wald/ wald-indeutschland/ carlowitz-jahr.html) [2] DVGW-Arbeitsblatt W 300-3; Trinkwasserbehälter; Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; Oktober 2014 [3] DVGW-Arbeitsblatt W 300-1; Trinkwasserbehälter; Teil 1: Planung und Bau; Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH; Bonn; Oktober 2014 [4] DIN EN 206; Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität; Beuth Verlag GmbH; Januar 2017 [5] DIN EN 1504-3: Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken; Beuth Verlag GmbH; März 2006 [6] Trinkwasserbehälter: Planung, Bau, Betrieb, Schutz und Instandsetzung; G. Merkl; Eigenverlag; 2.Auflage; 2011 [7] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (GefStoffV); Bundesministerium Justiz und Verbraucherschutz; 26. November 2010 [8] Rückbau im Hochbau - aktuelle Praxis und Ressourcenschonung; VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH; Berlin; Mai 2019 [9] Recycling-Beton in der Schweiz; Fachtagung des VDB in Straßburg 2020; Report 23; Verlag Bau + Technik GmbH; Erkrath; Juli 2020 [10] Ökologisch nachhaltige Bindemittel für die Sanierung von Trinkwasserbehältern; Dipl.-Ing. M. Bolesta; gwf; 07-08/ 2016