Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
31
2023
71
Aktuelles aus internationaler und nationaler Regelwerksarbeit
31
2023
Sascha Kochendörfer
Im internationalen, sowie nationalen Kontext erhält das Thema Trinkwasserspeicher in den letzten zwei Jahren wieder verstärkte Aufmerksamkeit durch die Überarbeitung bzw. Aktualisierung unterschiedlicher Regelwerksprojekte. International ist hier die DIN EN 1508 „Wasserversorgung – Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung“, die nach 25 Jahren nun aktualisiert wird, zu erwähnen. Auf nationaler Ebene wurden die Arbeitsblätter W 300-1 (Planung und Bau) und W 300-3 (Instandsetzung und Verbesserung) im Dezember 2022 in den Gelbdruck gegeben. Einspruchsfrist ist bei beiden Blättern der 31.03.2023. Die Arbeitsblätter W 300-2 (Betrieb und Instandhaltung) und W 300-4 (Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme) finden sich derzeit in der Überarbeitung. Ebenso wird die DVGW-Information W Nr. 113 „Praktische Hinweise zur Umsetzung von Qualitätsanforderungen durch DVGW W 316 (A) Zertifizierung“ erarbeitet und es wird begonnen den Überarbeitungsbedarf des Arbeitsblattes W 316 „Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen“ festzustellen.
ktw710013
7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 13 Aktuelles aus internationaler und nationaler Regelwerksarbeit Sascha Kochendörfer, M. Sc. DVGW e.V., Bonn Zusammenfassung Im internationalen, sowie nationalen Kontext erhält das Thema Trinkwasserspeicher in den letzten zwei Jahren wieder verstärkte Aufmerksamkeit durch die Überarbeitung bzw. Aktualisierung unterschiedlicher Regelwerksprojekte. International ist hier die DIN EN 1508 „Wasserversorgung - Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung“, die nach 25 Jahren nun aktualisiert wird, zu erwähnen. Auf nationaler Ebene wurden die Arbeitsblätter W 300-1 (Planung und Bau) und W 300-3 (Instandsetzung und Verbesserung) im Dezember 2022 in den Gelbdruck gegeben. Einspruchsfrist ist bei beiden Blättern der 31.03.2023. Die Arbeitsblätter W 300-2 (Betrieb und Instandhaltung) und W 300-4 (Werkstoffe, Auskleidungs- und Beschichtungssysteme) finden sich derzeit in der Überarbeitung. Ebenso wird die DVGW-Information W Nr. 113 „Praktische Hinweise zur Umsetzung von Qualitätsanforderungen durch DVGW W 316 (A) Zertifizierung“ erarbeitet und es wird begonnen den Überarbeitungsbedarf des Arbeitsblattes W 316 „Qualifikationsanforderungen an Fachunternehmen“ festzustellen. 1. Einführung Mit der Entwicklung seiner technischen Regeln ermöglicht der DVGW die technische Selbstverwaltung der Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland. Hierdurch gewährleistet er eine sichere Gas- und Wasserversorgung nach international höchsten Standards. Der im Jahr 1859 gegründete Verein hat rund 14.000 Mitglieder. Das Thema der Trinkwasserspeicher ist seit mindestens 1959 in den Regelwerken des DVGW verankert und hat sich bis heute ständig weiterentwickelt. Durch die Aufteilung der W 300 in eine 8-teilige Regelwerksreihe im Jahr 2014 konnte der Komplexität der unterschiedlichen Phasen im Lebenszyklus eines Trinkwasserspeichers und anderer wichtiger Belange, wie z. B. der Hygiene und Auskleidungsmaterialien, ausreichend Rechnung getragen werden. 2. Neuerungen aus der Regelwerksarbeit 2.1 Überarbeitung der EN 1508 Der DVGW beteiligt sich auf europäischer Ebene bei der Überarbeitung der der DIN EN 1508 „Wasserversorgung - Anforderungen an Systeme und Bestandteile der Wasserspeicherung“. Nach 25 Jahren wird dieses Regelwerk aktualisiert und auf den neusten Stand gebracht. Die deutsche Delegation, die an der Überarbeitung mitwirkt, achtet hierbei darauf, dass keine Widersprüche zum deutschen Regelwerk entstehen. Zusätzlich werden Teile und Definitionen vom deutschen ins internationale Regelwerk überführt werden. 2.2 Überarbeitung der W 300-1 und W 300-3 Auf nationaler Ebene wurden die Arbeitsblätter W-300--1 und W 300-3 erarbeitet, die sich derzeit noch im Gelbdruckverfahren befinden. In der W 300-1 wurden die Kapitel zur lufttechnischen Ausrüstung und der Anforderungen an die Betonoberfläche deutlich erweitert. Unteranderem neu im Regelwerk: • DIN EN 1822 „Schwebstofffilter (EPA, HEPA und ULPA)“ ersetzt DIN EN 779 „Partikel-Luftfilter für die allgemeine Raumlufttechnik“ • Jalousien mit Siebeinrichtung gegen Eindringen von Insekten, Kleintieren und Blättern • mittlere Staubbelastung der Luft mit ca. 20 µg/ m³ • Festlegung der Filterklasse mit Partikelgröße und prozentualem Abscheidegrad • Stärkerer Fokus auf Beschaffenheit von Beton-Oberflächen • stärkere Hervorhebung, der zwingend hygienischen Eignung der Schalung und Schalthaut, sowie der Hilfskonstruktionen • Auswirkung von wasserabführenden/ -saugenden Schalungsbahnen auf Betonfestigkeit • Auswirkung von falscher Konsistenz, zu schneller Betoniergeschwindigkeit und falscher w/ z eq auf Dränwirkung • Hinweis, dass die Wasserüberschussmenge bereits in der Planung berücksichtigt werden muss In der W 300-3 wurde ein eigenes Überkapitel für Riss- und Hohlraumbehandlung von Beton anhand Erkenntnisse aus dem neuen TR-Instandhaltung erarbeitet. Zusätzlich wurden neue Erkenntnisse zum Thema der Realkalisierung bzw. Wiederherstellung des alkalischen Milieus in Betonbereichen aufgenommen. Unteranderem neu im Regelwerk: • Die Zielsetzung der Realkalisierung der Betonrandzone als Instandsetzungsprinzip wird nicht weiterverfolgt. • Die realkalisierende Wirkung, wie sie im DVGW- Arbeitsblatt W 300-5: 2020 beschrieben wird, spiegelt nicht den aktuellen Stand der Forschung wider. Hinweis: Realkalisierung ist noch Stand der Technik aber nicht Stand der Forschung. Ab Veröffentlichung von DVGW W 300-3 ist die Realkalisierung nicht mehr Stand der Technik 14 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Aktuelles aus internationaler und nationaler Regelwerksarbeit • einzuhaltenden Randbedingungen bzw. Anwendungsgrenzen zur Sicherstellung einer ausreichenden Verbundwirkung (Standsicherheit) und eines ausreichenden Korrosionsschutzes des Bewehrungsstahls (Erhalt oder Wiederherstellung der Passivität) und einer ausreichenden dichten Betonrandzone (Bewertung, ob eine geschädigte Betonrandzone vorliegt) 2.3 Überarbeitung der W 300-2 und W 300-4 Derzeit befinden sich die beiden Arbeitsblätter W 300-2 und W 300-4 in der Überarbeitung und werden voraussichtlich im Laufe des Jahres 2023 im Gelbdruck veröffentlicht. In der W 300-2 wurde stärker auf die Vorbeugung von Tauwasser- und Schimmelbildung eingegangen aber auch auf die Materialverträglichkeit von Reinigungsmitteln. Unteranderem neu im Regelwerk: • Hinweis, dass beim Betrieb eines Trinkwasserbehälters das Merkblatt DVGW W 300-8 „Praxishinweise Hygienekonzept“ Anwendung finden sollte • um Tauwasser- und Schimmelbildung vorzubeugen, sollte die Luftfeuchtigkeit in wassertechnischen Anlagen nicht dauerhaft höher als 75% sein • für die intervallorientierte Instandhaltung werden die Anforderungen bzw. Inhalte der großen bzw. kleinen Inspektion aufgezählt In der W 300-4 wurde das Thema der spritzrauen Decken als eigenes Kapitel aufgenommen. Die Anforderungen an zementgebundene Mörtel wurden detaillierter erörtert. Ebenso Betonersatz und Beschichtungen. Unter anderem neu im Regelwerk: • bei der Anwendung von Betonersatzsystemen oder Beschichtungen mit bekannter Zusammensetzung Verweis auf Nachbehandlungszeiten der DIN 1045-2 • Erweiterung der Anforderungen an den Abdichtungsuntergrund um Verweise auf DVGW W 300-3 zwecks Betondeckung und alkalisches Milieu 2.4 Erarbeitung der DVGW-Information W Nr. 113 Innerhalb eines Projektkreises, dessen Mitglieder aus Vertretern von Fachplanungsunternehmen, Wasserversorgern und einer Anwältin des Vergaberechts bestehen wird die DVGW-Information W Nr. 113 „Praktische Hinweise zur Umsetzung Qualitätsanforderungen durch DVGW W 316 (A) Zertifizierung“ erarbeitet. Ziel der Information ist eine Hilfestellung für Auftraggeber zur Vergaberechts-konformen Ausschreibung und eine Beschreibung des Zertifizierungsablaufs zu liefern. Des Weiteren soll damit auch eine branchenweite Stärkung der DVGW-Zertifizierung nach DVGW W 316 erfolgen. Die Veröffentlichung wird sich ebenso darauf konzentrieren Vorteile einer Zertifizierung für Auftraggeber, wie Auftragnehmer zu verdeutlichen. 2.5 Vorfeldanalyse für Überarbeitungsbedarf der W-316 Um den Überarbeitungsbedarf des DVGW W 316 Arbeitsblatts zu ermitteln wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Das Arbeitsblatt wird auf Praxistauglichkeit untersucht und darauf, inwiefern jüngste Entscheidungen bzw. Rechtsprechungen auf europäischer Ebene Einfluss auf verschiedene Aspekte der Zertifizierung haben. Wird ein Überarbeitungsbedarf ermittelt, wird die Überarbeitung im Jahr 2023 gestartet.