Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
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expert verlag Tübingen
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Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser – Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Prognose der Dauerhaftigkeit
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Anja Tusch
Clarissa Glawe
Wolfgang Breit
Michael Raupach
Trinkwasserberührte, mineralische Werkstoffe zeigen in der Praxis immer wieder mal Schädigungen im oberflächennahen Bereich. Ursache hierfür ist zumeist ein lösender Angriff an der Beton- oder Mörteloberfläche, der durch das Konzentrationsgefälle zwischen hochalkalischer Porenlösung und neutralem Trinkwasser entsteht und vor allem in kalkarmen Wässern durch eine verminderte, schützende Calciumcarbonatschichtbildung begünstigt wird. Zur Charakterisierung der Hydrolysebeständigkeit von Instandsetzungsmörteln in Kontakt mit Trinkwasser wurden nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 300:2014 zwar Einflussfaktoren definiert, jedoch konnten die Schädigungsmechanismen noch nicht auf die Abschätzung der Beständigkeit der Instandsetzungsmörtel in der Trinkwasserspeicherung übertragen werden. In einem vom DVGW geförderten Forschungsvorhaben wird eine Prüfgrundlage erarbeitet, die eine Prognose der Dauerhaftigkeit von Instandsetzungsmörteln im Trinkwasserbereich im Hinblick auf einen praxisnahen Nutzungszeitraum auf Grundlage eines beschleunigten Prüfverfahrens zulässt. Erste Ergebnisse bieten bereits eine Bewertungsgrundlage für eine Einschätzung der Eignung von verschiedenen Prüf- und Untersuchungsmethoden zur geplanten Dauerhaftigkeitsabschätzung. Innerhalb der Untersuchungen finden neben klassischen Methoden, wie der optischen Beurteilung und der Messung des Masseverlustes während der Auslaugung, ebenfalls neuartige Verfahren, wie die Computertomografie oder die einseitige Wasserstoffkernspinresonanz Anwendung.
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7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 105 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser - Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Prognose der Dauerhaftigkeit Anja Tusch, M. Eng. Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern - Landau (RPTU) Clarissa Glawe, M. Sc. Institut für Baustoffforschung der RWTH Aachen University (ibac) Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Breit Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern - Landau (RPTU) Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Raupach Institut für Baustoffforschung der RWTH Aachen University (ibac) Zusammenfassung Trinkwasserberührte, mineralische Werkstoffe zeigen in der Praxis immer wieder mal Schädigungen im oberflächennahen Bereich. Ursache hierfür ist zumeist ein lösender Angriff an der Beton- oder Mörteloberfläche, der durch das Konzentrationsgefälle zwischen hochalkalischer Porenlösung und neutralem Trinkwasser entsteht und vor allem in kalkarmen Wässern durch eine verminderte, schützende Calciumcarbonatschichtbildung begünstigt wird. Zur Charakterisierung der Hydrolysebeständigkeit von Instandsetzungsmörteln in Kontakt mit Trinkwasser wurden nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 300: 2014 zwar Einflussfaktoren definiert, jedoch konnten die Schädigungsmechanismen noch nicht auf die Abschätzung der Beständigkeit der Instandsetzungsmörtel in der Trinkwasserspeicherung übertragen werden. In einem vom DVGW geförderten Forschungsvorhaben wird eine Prüfgrundlage erarbeitet, die eine Prognose der Dauerhaftigkeit von Instandsetzungsmörteln im Trinkwasserbereich im Hinblick auf einen praxisnahen Nutzungszeitraum auf Grundlage eines beschleunigten Prüfverfahrens zulässt. Erste Ergebnisse bieten bereits eine Bewertungsgrundlage für eine Einschätzung der Eignung von verschiedenen Prüf- und Untersuchungsmethoden zur geplanten Dauerhaftigkeitsabschätzung. Innerhalb der Untersuchungen finden neben klassischen Methoden, wie der optischen Beurteilung und der Messung des Masseverlustes während der Auslaugung, ebenfalls neuartige Verfahren, wie die Computertomografie oder die einseitige Wasserstoffkernspinresonanz Anwendung. 1. Einführung In der Trinkwasserspeicherung werden üblicherweise mineralische Werkstoffe für die Kontaktbereiche mit Trinkwasser verwendet, da Trinkwasser im Allgemeinen als nicht betonangreifend einzustufen ist und jahrelange positive Erfahrungen mit zementgebundenen Werkstoffen vorliegen [1]. Trotzdem werden in Trinkwasserbehältern immer wieder Schäden an den trinkwasserberührten mineralischen Oberflächen festgestellt. Hierzu zählten z. B. Schäden, die sich in den 90er Jahren dadurch auszeichneten, dass sich lokal kreisförmige, teilweise braun verfärbte Erweichungen im Werkstoff bildeten [2; 3; 4; 5]. Untersuchungen von Boos [5; 6] zeigten, dass dies mit einem geringen Hydrolysewiderstand aufgrund eines erhöhten Wasserzementwertes bei der Herstellung und einer damit einhergehenden erhöhten Porosität zusammenhängt. Ein weiteres Merkmal kann eine deutliche Abnahme des Calciumhydroxidgehalts in der Beschichtung sein, während der Calciumcarbonatgehalt zunimmt [4]. Grund hierfür ist ein lösender Angriff, der nicht nur durch aggressive Medien wie Säure, sondern beispielsweise auch durch sehr weiche Wässer ausgelöst werden kann. Aufgrund des Konzentrationsgefälles zwischen Trinkwasser und der hochalkalischen Porenlösung des mineralischen Werkstoffs kommt es zu einer Auslaugung [7]. In dem Bestreben das Konzentrationsgefälle auszugleichen, diffundieren Ionen aus der Porenlösung des mineralischen Werkstoffs in das umgebende Trinkwasser, was dazu führt, dass weitere Ionen aus dem Werkstoff in Lösung gehen. Bei der hydrolytischen Korrosion von mineralischen Werkstoffen werden in erster Linie Calciumionen aus dem Zementstein gelöst [7; 8]. Diese Auslaugung würde mit der Zeit zum Verlust der Festigkeit führen. Im Normalfall bildet sich jedoch durch die Reaktion von Calciumionen aus der Porenlösung mit den im Wasser enthaltenen Carbonationen eine schützende Schicht aus Calciumcarbonat. Diese schwerlösliche Schicht verhindert bzw. verlangsamt den Auslaugungsprozess maßgeblich, so dass dauerhaft keine Schäden am Werkstoff zu erwarten sind [6]. Lediglich sehr weiche Wässer, bei denen die Bildung der schützenden Calciumcarbonatschicht gehemmt wird, oder beispielsweise Mischwässer, die zeit- 106 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser weise kalklösende Kohlensäure enthalten können, können zu einer hydrolytischen Korrosion führen, die mit oberflächigen Schäden verbunden sein kann. Eine weitere Art des lösenden Angriffs stellt der Angriff durch Säure bzw. sauer reagierende Lösungen dar. Hier kommt es vor allem zu Reaktionen zwischen den Werkstoffphasen und den in der Lösung enthaltenen Ionen. Dabei können Reaktionsprodukte entstehen, die besser oder schlechter löslich sind und so die Geschwindigkeit des Zersetzungsprozesses unterschiedlich beeinflussen. Insgesamt zeigt sich die Lösung des Zementsteins als ein komplexer Vorgang, bei dem verschiedene Reaktionen neben- und nacheinander ablaufen [8]. Aus kinetischer Sicht lassen sich nach Gerlach [8] drei Stadien beim lösenden Angriff unterscheiden. Wie in Abb. 1 dargestellt, verläuft das Stadium 1 reaktionskontrolliert. Die stattfindenden Lösungsvorgänge bestimmen die Korrosionsgeschwindigkeit, bevor im Stadium 2 dann der Diffusionsprozess zum geschwindigkeitsbestimmenden Prozess wird. Dies kommt dadurch zustande, dass sich eine wachsende Deckschicht bildet und sich die Reaktionsfront ins Innere der Probe verlagert. Stadium 3 wird ebenfalls durch einen diffusionsgesteuerten Prozess dominiert. Während im Stadium 2 jedoch die Diffusionsschicht angewachsen ist, bleibt sie im Stadium 3 konstant, da die Deckschicht in etwa genauso schnell abgetragen wird, wie die Reaktionsfront weiter fortschreitet [8]. Abb. 1; Korrosionsstadien beim lösenden Angriff nach Gerlach (Darstellung nicht maßstabsgetreu) [8] Wie beständig ein Werkstoff gegenüber einem lösenden Angriff ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die sich gegenseitig beeinflussen können. So haben nicht nur die Werkstoffeigenschaften einen Einfluss, sondern auch die Umgebungsbedingungen. Zur Bestimmung des Widerstandes gegen den Angriff durch Säuren wurden in den zurückliegenden Jahren verschiedene Prüfverfahren entwickelt, wie beispielsweise von Gerlach [8] oder Breit [9]. Eine Zusammenstellung verschiedener Verfahren findet sich z. B. in [10]. Ein standardisiertes Prüfverfahren, mit dem sich die Beständigkeit eines mineralischen Werkstoffs gegenüber hydrolytischer Korrosion zuverlässig bestimmen lässt, gibt es jedoch bisher nicht. Im hier dargestellten DVGW-geförderten Forschungsprojekt „TWB-Check“, das am Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen der RPTU und dem Institut für Bauforschung der RWTH Aachen durchgeführt wird, soll ein Verfahren entwickelt werden, mit dem die Hydrolysebeständigkeit von mineralischen Beschichtungen bestimmt und im besten Fall auf die durchschnittliche Betriebsdauer eines Trinkwasserspeichers von ca. 50 Jahren prognostiziert werden kann. Das Verfahren soll dabei in möglichst kurzer Zeit (< 28 Tage) aussagekräftige Werte liefern. Dazu muss eine Prüflösung bzw. eine Kombination aus verschiedenen Prüflösungen gefunden werden, die einen realitätsnahen Angriff simulieren und einen deutlich beschleunigten, aber trotzdem vergleichbaren Angriff zur Situation im Trinkwasserbehälter bewirkt, um eine Prognose der Schädigungen innerhalb des Nutzungszeitraums zu ermöglichen. In ersten Versuchen wurde deshalb zunächst das Materialverhalten zweier Mörtel in unterschiedlichen Prüfmedien untersucht. Die Ergebnisse sind im Folgenden dargestellt. 2. Materialien und Methoden 2.1 Proben In den ersten orientierenden Versuchsreihen wurden zwei verschiedene Mörtelzusammensetzungen bezüglich der Beständigkeit gegenüber hydrolytischer Korrosion untersucht. Wesentlicher Unterschied bei den beiden Mörteln war der Wasserzementwert (w/ z-Wert). Mörtel 1 wies einen w/ z-Wert von 0,50 und Mörtel 2 einen w/ z-Wert von 0,63 auf. Als Bindemittel wurde in beiden Fällen ein Portlandzement (CEM I 42,5 R) verwendet. Mit den Mörteln wurden prismatische Proben (40 x 40 x 160 mm) hergestellt, die für die geplanten Untersuchungen angepasst werden mussten. Es wurden 1-cm dicke PVC-Platten als Referenzmessflächen an den Stirnseiten der Prismen ergänzt (vgl. Abb. 2). Dazu wurden die beiden Platten mithilfe einer Gewindestange aus Edelstahl verbunden und im Mörtel eingebettet, so dass sie fest verankert wurden. Nach der Herstellung wurden die Mörtelprismen mindestens 28 Tage bis zur Massenkonstanz unter Wasser 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 107 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser gelagert, bevor sie mit den Prüfmedien in Kontakt gebracht wurden. Durch die Vorlagerung wurde im Hinblick auf die Erfassung der Massenänderung ein Referenzzustand erreicht, auf den sich im Folgenden bezogen werden konnte. Abb. 2: Exemplarische Darstellung der verwendeten Mörtelprismen (CEM I, w/ z-Wert = 0,5). Da die Proben überwiegend eine ungleichmäßige Oberflächenbeschaffenheit der Luftseite infolge der Herstellung zeigten, wurde für die prüfseitenbezogenen Untersuchungen die Schalungsseite B als Prüfseite festgelegt (Abb. 2). 2.2 Versuchsablauf Die Untersuchungen wurden an den beiden Forschungsstellen Kaiserslautern und Aachen durchgeführt. An beiden Standorten wurde eine speziell angefertigte Versuchsanlage verwendet, in der die Proben in ihrem jeweiligen Prüfmedium gelagert wurden, während das Prüfmedium ständig bewegt wird. Weiterhin sind Zu- und Abläufe der Anlage zum Teil automatisiert, so dass zu festgelegten Zeitpunkten ein vollautomatischer Wechsel des Prüfmediums stattfinden konnte. Im Versuch wurden insgesamt sieben verschiedene Lösungen als Prüfmedien mit unterschiedlichen Zusammensetzungen und pH-Werten verwendet. Eine Auflistung der verwendeten Prüfmedien findet sich in Tab. 1. Am Forschungsstandort Kaiserslautern wurden saure Lösungen untersucht während am Standort Aachen Leitungswasser in Trinkwasserqualität als Prüfmedium diente. Demineralisiertes Wasser wurde von beiden Forschungsstellen als Prüfmedium zur Referenzmessung und gegenseitigem Abgleich verwendet. Die beiden Medien, demineralisiertes Wasser und Leitungswasser, konnten in der vollautomatisierten Anlage zu- und abgeführt werden, so dass ein regelmäßiger Wechsel der vollständigen Lösung alle 24 Stunden möglich war. Bei den Prüfmedien 3 bis 7 konnte aufgrund der Aggressivität der Lösungen der vollautomatische Betrieb der Anlage nicht genutzt werden. Diese wurden jeweils alle 7 bis 14 Tage manuell ausgetauscht. Dabei wurde nach dem sogenannten pH-stat-Verfahren vorgegangen, bei dem der pH-Wert der verwendeten Lösung möglichst konstant gehalten wird. Um dies zu ermöglichen, wurden Pufferlösungen verwendet, die auf den entsprechenden pH-Wert eingestellt wurden. Zu festgelegten Zeitpunkten wurden die Proben aus der Lösung genommen, abgespült und gebürstet und im Folgenden mit verschiedenen Prüfverfahren untersucht und die optischen Veränderungen mittels Fotografie dokumentiert. Als Prüfverfahren wurden die einseitige magnetische Wasserstoff-Kernspinresonanz ( 1 H-NMR), die Computertomografie (µ-CT) und eine Massenbestimmung durchgeführt. Zusätzlich wurden Proben des verwendeten Leitungswassers und des demineralisierten Wassers mittels optischer Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES) untersucht. Tab. 1: Übersicht der verwendeten Prüflösungen Nr. Prüfmedium pH-Wert 1 Demineralisiertes Wasser 7,0 2 Leitungswasser (Trinkwasserqualität) 8,4 3 KH 2 PO 4 / Na 2 HPO 4 6,0 4 Natriumcitrat/ NaOH 5,5 5 Essigsäure 1) / Natriumacetat 5,0 6 Essigsäure 2) / Natriumacetat 4,5 7 HCl/ Natriumcitrat 4,0 1) c-=-0,015-mol/ l 2) c-=-0,03-mol/ l 3. Ergebnisse 3.1 Fotografie Um oberflächliche Veränderungen in Abhängigkeit von der Prüfdauer zu dokumentieren, wurden die Proben im 7TageRhythmus fotografiert. Um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, wurden die Proben vor dem Fotografieren jeweils für eine festgelegte Dauer von 15 Minuten an der Luft getrocknet, um die Veränderungen der Probenoberfläche erkennbar zu machen. Damit wurde der Trocknungszeitraum so kurz wie möglich gewählt, sodass die Proben bis zur erneuten Einlagerung in den Versuchsstand möglichst feucht blieben. Da es sich beim Angriff durch saure Lösungen und Wasser um eine Reaktion handelt, die an der Grenzfläche von 108 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser Werkstoff und umgebendem Medium erfolgt, sind schon nach kurzer Zeit oberflächliche Veränderungen an den Proben zu erkennen. Insbesondere bei den Proben, die in den Pufferlösungen gelagert wurden, zeigten sich deutliche Veränderungen, die sich mit steigender Prüfdauer noch deutlicher ausprägten. In Abb. 3 ist die zeitabhängige optische Entwicklung von Proben abgebildet, die in demineralisiertem Wasser und in einem Essigsäure/ Natriumacetat-Puffer mit pH-Wert 5,0 gelagert wurden. Im Fall der säuregelagerten Probe zeigt sich bereits nach sieben Tagen eine sichtbare Schädigung, die sich in einer bräunlichen Färbung der Oberfläche niederschlägt. Die zuvor glatte Mörteloberfläche wirkt deutlich angegriffen und erste Gesteinskörnungen sowie Poren werden sichtbar. Im weiteren Verlauf der Prüfung ist ein Abtrag des Zementsteins zu erkennen, der in der Freilegung der Gesteinskörnung resultiert, bis diese schließlich ausbricht. Die Proben zur Auslaugung in demineralisiertem Wasser lassen anhand der fotografischen Dokumentation einen deutlich langsameren Angriff erkennen. Trotzdem sind auch hier bereits nach einer Prüfdauer von sieben Tagen erste optische Veränderungen sichtbar. Nach Ende der Prüfdauer von 28 Tagen sind vor allem im Randbereich Alterationen der Prüffläche zu erkennen. Zu Ausbrüchen von ganzen Gesteinskörnern kommt es bei der Auslaugung in demineralisiertem Wasser innerhalb eines Prüfzeitraums von 28 Tagen jedoch nicht. Abb. 4 zeigt eine Gegenüberstellung der Proben in Abhängigkeit vom verwendeten Prüfmedium nach einer Prüfdauer von 28-Tagen. Auffällig ist vor allem die Probe, welche in Phosphatpufferlösung gelagert wurde (pH 6). Trotz des im Vergleich zum demineralisierten Wasser niedrigeren pH-Werts, ist kein Mörtelabtrag zu erkennen. Vielmehr zeigt sich die Probenoberfläche mit heller erscheinenden Ablagerungen an der Probenoberfläche. Die Ablagerungen zeigten sich bereits innerhalb der ersten Tage und veränderten sich mit steigender Prüfdauer nur noch geringfügig. Ob es sich bei den Ablagerungen um Ausblühungen handelt oder um Reaktionsprodukte der Probenoberfläche und den Komponenten der Pufferlösung, gilt es noch zu untersuchen. Es wird vermutet, dass es sich bei den Ablagerungen um schwerlösliche Calciumphosphate handelt, welche eine schützende Deckschicht auf der Probenoberfläche bilden und so den weiteren Angriff der Oberfläche hemmen (vergleichbar der Calciumcarbonatschichtbildung auf zementgebundenen Werkstoffen in Kontakt mit Trinkwasser). Alle weiteren Proben zeigen deutliche Schädigungen infolge der Auslaugung bzw. der hydrolytischen Korrosion in sauren Prüfmedien. Diese zeigen sich in Form von freigelegter Gesteinskörnung und einer zunehmend porösen Struktur, die dem Abtrag der oberen Mörtelschicht zuzuschreiben ist. Zusätzlich haben sich auf den Proben, welche in Salzsäure (HCl) bei einem pH-Wert von 4 gelagert wurden, weiße Ablagerungen gebildet. Abb. 3: Optische Veränderung zweier Proben in demineralisiertem Wasser und Essigsäure-/ -Natriumacetat---Puffer über einen Prüfzeitraum von 28 Tagen Abb. 4: Optische Veränderungen der Prüffläche in Abhängigkeit vom pH-Wert des Prüfmediums nach einer Prüfdauer von 28 Tagen. 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 109 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser 3.2 Bestimmung des Massenverlustes Innerhalb des Prüfzeitraums wurde im 2bzw. 3-Tages-Rhythmus eine Massenbestimmung durchgeführt. Um gelöste Partikel von der Massenbestimmung auszuschließen, wurden die Proben zunächst mit Wasser abgespült und anschließend abgebürstet. Um anwenderbedingte Abweichung innerhalb der Massebestimmung zu vermeiden, wurde eine Vorrichtung zum Abbürsten der Proben verwendet. Im Anschluss an das Abbürsten wurden die Proben nochmals abgespült und oberflächlich getrocknet, bevor die Wägung erfolgte. Abb. 5: Massenabtrag bei Proben mit einem w/ z von 0,5 als Funktion von der Zeit in den verschiedenen Prüfmedien. Abb. 6: Abtragsraten in Abhängigkeit von der Zeit für Proben mit einem w/ z-Wert von 0,5 in verschiedenen Prüfmedien. Abb. 7: Abtragsraten nach 28 Tagen in Abhängigkeit vom pH-Wert bei einem w/ z = 0,5 Die in Abb. 5 dargestellten Ergebnisse zeigen einen annähernd linearen Massenabtrag, wobei die Proben mit sehr geringem Abtrag erwartungsgemäß deutlich höhere Schwankungen erkennen lassen. Anhand der Massenabtragsrate als Funktion von der Zeit kann der lineare Abtrag in Form einer nach sieben Tagen annähernd konstanten Abtragsrate bestätigt werden (vgl. Abb. 6). Anhand der ermittelten Abtragsraten kann innerhalb eines Prüfzeitraums noch kein klarer funktionaler Zusammenhang zwischen der Schädigung und dem pH- Wert des Prüfmediums festgestellt werden (vgl. Abb. 7). So liegt die mittlere Massenabtragsrate für die in Citronensäure (pH-=-5,5) gelagerten Proben zwischen den Abtragsraten der in Essigsäure (pH-=-5,0; 4,5) gelagerten Proben. Es liegt die Vermutung nahe, dass die begleitenden Säureanionen der Prüfmedien eine entscheidende Rolle hinsichtlich des Schädigungsmechanismuses spielen. Sie können Reaktionen mit den Bestandteilen des Werkstoffes eingehen, wodurch der Abtrag aufgrund gut löslicher Reaktionsprodukte beschleunigt wird, oder aber es zu Ablagerungen der Reaktionsprodukte auf der Probenoberfläche kommen kann. Ähnliches wurde bei der Probe, welche in einer Phosphatpufferlösung untersucht wurde, beobachtet. Diese weist innerhalb der ersten sieben Tage des Prüfzeitraums eine Massenzunahme auf. Es wird der aus der Fotografie erhaltene Eindruck bestätigt, dass es zu Ablagerungen auf der Probenoberfläche kommt, wodurch eine weitere Schädigung der Probe verhindert wird. 110 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser 3.3 Einseitige Wasserstoffkernspinresonanz (single-sided 1 H NMR) Mithilfe der single-sided 1 H NMR wurden die Proben, welche in demineralisiertem Wasser und in Leitungswasser beansprucht wurden, im 7-Tage-Rhythmus gemessen. Die zerstörungsfreie Methode bietet die Möglichkeit neben der tiefenaufgelösten Feuchtebestimmung ebenfalls Informationen über das Porengefüge zu liefern [11]. Das Messprinzip basiert auf der Wechselwirkung der Wasserstoffatomkerne mit einem induzierten Magnetfeld im untersuchten Messvolumen. Es kommt zur Anregung der Atomkerne, deren Achse sich entlang des äußeren Magnetfeldes ausrichtet, um nach Abschalten des Magnetfeldes wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Die dafür benötigte Dauer wird als Relaxationszeit (T2) bezeichnet und kann hinsichtlich der chemischen Umgebung der Atomkerne interpretiert werden. Zur Ableitung des Porengefüges aus den gemessenen Relaxationszeiten werden diese in vier T2 Domänen unterteilt, die nach dem Porenmodell nach Jennings [12] vier verschiedenen Porenarten zugeordnet werden können, welche zusammengefasst die Gesamtporosität (FNMR) ergeben. Dabei unterscheidet man, der Größe nach aufsteigend, zwischen Interlayer-, Gel-, Interhydrat- und Kapillarporen. Basierend auf fortlaufenden Messungen einer Probe kann anhand der Signalintensität der verschiedenen Relaxationszeiten auf die Alteration des Gefüges infolge der Auslaugung geschlossen werden. Im vorliegenden Projekt wurden die Messungen mithilfe einer mobilen einseitigen 1 H NMR (NMR MOUSE) der Firma Magritek durchgeführt (Abb. 8). Diese ermöglichte Messungen bis zu einer Tiefe von 5 mm. Mithilfe der NMR Ergebnisse soll eine Korrelation mit weiteren Untersuchungsmethoden wie der optischen Beurteilung und der Massenbestimmung erfolgen, um die Möglichkeit der Ableitung von dauerhaftigkeitsmindernden Gefügeschädigungen anhand der optischen Erscheinung sowie des Masseverlusts zu erarbeiten. Abb. 8: Schematische Darstellung der PM5 NMR MOUSE (oben, [13]) und des Messprinzips zur tiefengestaffelten Porositätsmessung (unten, [11]). In Abb. 9 sind die Ergebnisse der durchgeführten NMR Messungen dargestellt. Sie zeigen, dass innerhalb des Prüfzeitraums von 28 Tagen, sowohl im demineralisierten, als auch im Leitungswasser kein Abtrag erzielt werden konnte. Die Proben beider Auslaugungsmedien weisen jedoch im oberflächennahen Bereich eine Änderung der mittels 1 H NMR bestimmten Porosität auf, die eine Zunahme der größeren Poren bis zu einer Tiefe von 0,6 mm zeigt. Im Fall des demineralisierten Wassers mit einem niedrigeren pH-Wert als Leitungswasser kann bis zu einer Tiefe von 1,4 mm ein Angriff der C-S-H Phasen gemessen werden. Daraus ableitend zeigen die Proben beider Auslaugungsmedien eine Zunahme der Gesamtporosität bis zu einer Tiefe von 0,5 mm. 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 111 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser Abb. 9: Ergebnisse der 1 H NMR Messungen an CEM I Mörtelproben vor (links) und nach (rechts) der Auslaugung in demineralisiertem Wasser und Leitungswasser für 28 Tage 3.4 ICP-OES Zur Untersuchung der ausgelaugten Bestandteile der Mörtel, wurden die Prüfmedien (demineralisiertes Wasser, Leitungswasser) über den gesamten Prüfzeitraum durch die Entnahme von Eluaten beprobt. Diese wurden in Zentrifugenröhrchen gekühlt gelagert. Vor der Analyse mittels ICP-OES wurden die Proben mithilfe von Schwefelsäure angesäuert, um ein Ausfällen der gelösten Bestandteile während der Messung zu vermeiden. Abb. 10 zeigt exemplarisch die aus der Eluatzusammensetzung berechnete, flächenbezogene Auslaugung über den gesamten Prüfzeitraum. Dabei zeigt sich Calcium als primär auslaugender Bestandteil, welcher innerhalb eines Prüfzeitraums von 21 Tagen eine lineare Auslaugung erkennen lässt. Nach 21 Tagen zeigt Calcium, sowie Kalium und Silizium eine Abnahme der flächenbezogenen Auslaugung. Diese Abnahme nach 21 Tagen kann als eine beginnende Ausprägung einer Reaktionsschicht interpretiert werden, wodurch die Auslaugung weiterer Bestandteile gehemmt wird. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der 1 H NMR bestätigt diesen Ansatz, da sich auch hier kein Abtrag, jedoch eine sich ändernde Struktur im oberflächennahen Bereich der Proben gezeigt hat. Abb. 10: Ergebnisse der ICP-OES Untersuchung der Eluatproben von in demineralisiertem Wasser ausgelaugten Proben in Abhängigkeit von der Zeit. Die Ergebnisse der ICP-OES korrelieren mit den Annahmen des Modells nach Gerlach [8]. Hier ist die anfangs lineare Schädigung (Stadium 1) vor allem durch die Lösung der Calciumionen des Mörtels charakterisiert. Die- 112 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser ser lineare, konzentrationsgesteuerte Schädigungsmechanismus ist gefolgt von einer dem Wurzel-Zeit-Gesetz folgenden Schädigungsphase, die von einer geringeren Auslaugung an Calciumionen geprägt wird. 3.5 Computertomografie Die Proben wurden vor und während des Prüfzeitraums nach 7, 14 und 21 Tagen sowie nach Abschluss der Prüfung mittels Computertomografie untersucht. Die Scans wurden mit einem CT-alpha-240 (Procon X-Ray) durchgeführt. Das Gerät verfügt über eine Mikrofokus-Reflexionsröntgenröhre mit einer Maximalleistung von 350-Watt und einer maximalen Anregungsspannung von 240- kV. Als Detektor dient ein 16-bit Flachbilddetektor mit 2.144-x-1.760-Pixeln und einer Pixelkantenlänge von 127-µm. Die Proben wurden in zwei Abschnitten gescannt, um den gesamten Probekörper darstellen zu können. Die Scanbedingungen finden sich in Tab. 2. Um Änderungen der Position der Proben zwischen den Scans zu vermeiden, wurde eine speziell angefertigte Probenhalterung verwendet. Im Anschluss wurden die erhaltenen Daten rekonstruiert und mithilfe des Programms Mavi weiterverarbeitet (vgl. Abb. 12). Tab. 2: Scanbedingungen Anregungsspannung 120 kV Strom 300 µA Belichtungsdauer 0,2 s Averages 4 Binning 1x1 9 fps Voxelgröße 50 µm Filter 2,5-mm Aluminium Die erhaltenen Daten bilden gut die stattfindenden Veränderungen an den Proben ab. Nach Zusammenfügen der beiden Einzelscans lässt sich das Volumen der Proben und die mit dem Massenabtrag verbundene Änderung bestimmen. In Abb. 11 ist der Massenabtrag im Verhältnis zum Volumenabtrag dargestellt. Für die Proben, die in sauren Prüfmedien gelagert waren, ergibt sich ein annähernd linearer Zusammenhang, vergleichbar den Ergebnissen zur Ermittlung des Massenabtrags. Das bestätigt einen konstanten Materialabtrag an der Oberfläche. Der Phosphatpuffer nimmt auch hier eine Sonderstellung ein, da das Volumen nicht absondern zunimmt, was mit der gemessenen Gewichtszunahme korreliert. Bei den in demineralisiertem Wasser gelagerten Proben ist zwar eine Volumenabnahme zu erkennen, allerdings zeigt sich hier kein linearer Zusammenhang zwischen Massenabtrag und Volumenabtrag. Vielmehr ist der Massenabtrag größer als der Volumenabtrag, was wiederum die Annahme untermauert, dass sich die Reaktionsfront nach Innen bewegt und außen eine poröse Schicht zurückbleibt. Die Daten bestätigen die zuvor schon durch die Massenbestimmung erhaltenen Ergebnisse. Die strukturellen Veränderungen der durch die sauren Lösungen stark angegriffenen Proben werden gut wiedergegeben. Die Proben, welche optisch nur geringe Veränderungen erkennen lassen, weisen in den CT-Scans strukturelle Veränderungen im Randbereich auf. Allerdings erwiesen sich in diesen Fällen die gewählten Scanparameter als nicht ausreichend, um die Veränderungen im Randbereich geeignet aufzulösen. Abb. 11: Massenverlust der Proben im Verhältnis zum gemessenen Volumenverlust in Abhängigkeit vom Prüfmedium für Proben mit einem w/ z-Wert von 0,5 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 113 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser Abb. 12: Schematischer Ablauf der Verarbeitung der CT-Daten 4. Berechnungsansatz zur Lebensdauerprognose Ziel des Forschungsprojektes ist es, ein beschleunigtes Verfahren zur Bestimmung der Beständigkeit mineralischer Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser zu entwickeln, welches eine Lebensdauerprognose für den Einsatz des jeweiligen Materials unter den besonderen Bedingungen der Trinkwasserspeicherung erlaubt. Da keine verlässlichen Langzeitdaten vorhanden sind, wurde zunächst auf Grundlage der bisher erhaltenen Daten ein erster Ansatz entwickelt und auf Plausibilität geprüft. Durch Verwendung von Prüfmedien im sauren pH-Bereich konnte ein beschleunigter Angriff der untersuchten Proben erzeugt werden. Dabei zeigte sich eine klare Abhängigkeit des Schädigungsgrades vom pH-Wert des Prüfmediums. Für das jeweilige Prüfmedium konnte ein zeitabhängiger, linearer Abtrag ermittelt werden. Die Gegenüberstellung der Schädigungen in Abhängigkeit vom pH-Wert aller untersuchten Prüfmedien ließen jedoch noch keinen klaren funktionalen Zusammenhang feststellen. Es konnte innerhalb des gewählten Prüfzeitraums von 28- Tagen eine pH-Wert-übergreifende konstante Massenabtragrate ermittelt werden, die auf eine linear verlaufende Schädigung hinweist. In Kombination mit einer sich ändernden Porenstruktur im oberflächennahen Bereich kann auf die Ausbildung einer Reaktionsschicht geschlossen werden. Im Hinblick auf die Einordnung der vorliegenden Schädigung in das Schädigungsmodell nach Gerlach [8] bildet das Prüfverfahren den Übergang aus dem reaktionskontrollierten Stadium 1 in das diffusionskontrollierte Stadium 2 ab (vgl. Abb. 13). Zur Prognose eines realistischen Schädigungsverlaufs bedarf es jedoch der Abbildung aller im Schädigungsmodell vorliegenden Stadien. Würde ein ausschließlich linearer Abtrag zu Grunde gelegt werden, wie es das Modell im reaktionskontrollierten Stadium 1 vorgibt, würden vergleichbar den mit demineralisiertem Wasser untersuchten Proben ausgebildete Oberflächen bereits nach einer Betriebsdauer von rund 20 Jahren deutlich geschädigt sein. Da dies nicht mit den zu erwartenden Langzeitergebnissen übereinstimmt, wird davon ausgegangen, dass die Schädigung durch sowohl demineralisiertes als auch Leitungswasser keinem durchgehend linearen Schädigungsmechanismus folgt. Hierbei kann auch der Abtrag von zementleimreichen oberflächennahen Schichten zu Beginn des Schädigungsprozesses zu fehlerhaften Einschätzungen bezüglich der Abtragsraten der davon abweichenden Kernbereiche führen. Die Korrelation des Massenabtrags mit den Ergebnissen der Porositätsentwicklung zeigt, dass es zwar zu einem Masseverlust kommt, dieser jedoch nicht mit einem Schichtabtrag einhergeht. Dies lässt auf die Ausbildung 114 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser einer Reaktionsschicht schließen, welche im Stadium 2 des Schädigungsmodells zu einem dem Wurzel-Zeit-Gesetz entsprechenden, diffusionsgesteuertem reaktionsverlauf führt. Um genauere Lebensdauerprognosen abgeben zu können, muss auch dieses Reaktionsstadium in der zu entwickelnden Prüfung abgebildet werden. Dazu ist es wichtig in den weiteren Untersuchungen zu ermitteln, wann der Übergang von einem zum anderen Stadium stattfindet. Abb. 13: Simulierter Massenabtrag von mineralischen Oberflächen von Trinkwasserbehältern und Einordnung der Schädigungsmechanismen in das Schädigungsmodell nach Gerlach [8]. 5. Schlussfolgerung und Ausblick Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Bestimmung der Beständigkeit mineralischer Werkstoffe gegenüber hydrolytischem Angriff insbesondere unter den Randbedingungen der Trinkwasserspeicherung. In einer ersten Versuchsreihe wurde der Massenabtrag von Mörteln in Prüfmedien mit unterschiedlichen pH-Werten untersucht, um einen funktionalen Zusammenhang der Schädigungsmechanismen in 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 115 Bewertung der Hydrolysebeständigkeit mineralischer Beschichtungen in Kontakt mit Trinkwasser Abhängigkeit von der Aggressivität der Prüfmedien zu überprüfen. Für den betrachteten Untersuchungszeitraum zeigten die Proben in allen Medien einen annähernd linearen Massenabtrag. Allerdings sind die Massenverluste in demineralisiertem Wasser sehr gering und in Leitungswasser erwartungsgemäß nahezu nicht nachweisbar. Dies erschwert einen Vergleich der Daten. Trotzdem wurde ein erster Ansatz zur Prognose der Beständigkeit erstellt. Die auf Grundlage der ermittelten Massenabtragsraten berechneten Werte decken sich im betrachteten Zeitraum mit den experimentell ermittelten Werten. Allerdings fehlen bisher Langzeitdaten, um den Ansatz auch für größere Zeiträume zu überprüfen. Das vorliegende Prüfverfahren ermöglicht die Abbildung der Schädigungsprozesse, die nach dem Schädigungsmodell nach Gerlach [8] innerhalb einer reaktionskontrollierten bis zum Übergang zur diffusionskontrollierten Schädigung, stattfinden. Bei einer Prognose ist daher zu beachten, dass ein ausschließlich linearer Abtrag, wie es die bisher gewonnenen Daten suggerieren, in einem frühzeitigen, vollständigen praxisfremden Abtrag der Probe resultieren würde. Das bisherige Prüfverfahren gilt es entsprechend zu optimieren, so dass Schädigungen über einen linearen Bereich hinaus abgebildet werden können. Der hydrolytische Angriff bewirkt vor allem die Auslaugung von Calciumionen, wodurch es zur Ausprägung einer Reaktionsfront kommt, welche in Richtung Probenkern wandert. Daraus ableitend bildet sich zwischen der Probenoberfläche und der Reaktionsfront eine Reaktionsschicht mit veränderter Struktur, was zu einer Hemmung des zuvor linearen Schädigungsprozesses führt. Bei Lagerung in sauren Medien ist zu beachten, dass hier zusätzliche Reaktionspartner in Form von Anionen zur Verfügung stehen. Diese können den Schädigungsverlauf beschleunigen oder verlangsamen. Zur Analyse der Veränderungen der untersuchten Proben wurden verschiedene Messverfahren angewandt. Die Massenbestimmung ist ein Einfaches und unter Beachtung eines immer gleichen Prüfablaufs, ein meist ausreichend genaues Verfahren, um die Beständigkeit eines mineralischen Werkstoffs zu bestimmen. Bei geringeren Massenabtragsraten bietet die Fotografie eine gute Möglichkeit, um die Veränderungen darzustellen. Als ergänzende Untersuchungen wurde unter anderem die Computertomografie eingesetzt. Dieses zerstörungsfreie Verfahren hat den Vorteil, dass auch das Probeninnere in die Betrachtung und Bewertung hinzugezogen werden kann. Allerdings hat sich gezeigt, dass die bisher gewählten Messparameter nicht hinreichend geeignet sind, um sehr kleine Veränderung hoch genug aufzulösen. Hier besteht noch Anpassungsbedarf. Im fortlaufenden Projekt soll das entwickelte Verfahren auf weitere mineralische Werkstoffe angewendet werden, um die Prüfparameter zu optimieren, so dass alle Schädigungsprozesse mithilfe des beschleunigten Prüfverfahrens erfasst werden können. Danksagung Die Autoren danken dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) für die Förderung und Unterstützung des Forschungsprojektes sowie den Mitgliedern des projetbegleitenden Ausschusses für die wertvollen Hinweise und anregenden Diskussionen. 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