eJournals Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis 7/1

Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis
ktw
expert verlag Tübingen
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2023
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Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung

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Ludger Boonk
Die Realkalisierung von nicht alkalischen Betonrandzonen durch zementgebundene Auskleidungssysteme und die damit verbundene „homogene“ Erhöhung der alkalischen Betondeckung als Sanierungsprinzip wurde durch Forschungsarbeiten widerlegt. In der Folge sind zementgebundene Auskleidungen auf einer nicht alkalischen Betonrandzone im Prinzip wie Beschichtungen zu werten. Bei der Überarbeitung des Arbeitsblattes W 300 fließen diese Erkenntnisse ein und führen zusammen mit anderen Veränderungen, vor allem im W 300-3, zu Modifikationen der bisherigen Systemanforderungen.
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7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 161 Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung Praktische Auswirkungen der geänderten Instandsetzungs- und Auskleidungssytematik bezüglich des Einsatzes polymerer Epoxidharzsysteme Dr. Ludger Boonk Vorrink Stahl- und Betonschutz GmbH & Co. KG, Gronau Zusammenfassung Die Realkalisierung von nicht alkalischen Betonrandzonen durch zementgebundene Auskleidungssysteme und die damit verbundene „homogene“ Erhöhung der alkalischen Betondeckung als Sanierungsprinzip wurde durch Forschungsarbeiten widerlegt. In der Folge sind zementgebundene Auskleidungen auf einer nicht alkalischen Betonrandzone im Prinzip wie Beschichtungen zu werten. Bei der Überarbeitung des Arbeitsblattes W 300 fließen diese Erkenntnisse ein und führen zusammen mit anderen Veränderungen, vor allem im W 300-3, zu Modifikationen der bisherigen Systemanforderungen. 1. Einführung Neben anderen Teilen befindet sich auch das W 300-3 (Instandsetzung und Verbesserung) gegenwärtig in der Überarbeitung. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist die veränderte Sicht auf das Instandsetzungsprinzip der Realkalisierung und die Qualität der Betonrandzone. Mit neueren Forschungsergebnissen ließen sich die bislang gültigen Vorstellungen einer funktionierenden Realkalisierung nicht mehr halten. Das führte zu entsprechenden Konsequenzen in der Beurteilung der Auskleidungsprinzipen und der Instandsetzungsverfahren für die Sanierung von Trinkwasserbehältern. 2. Expositionsklasse X TWB Da an Betone im Kontakt mit Trinkwasser besondere Anforderungen an die Hygiene (Migration, Mikrobiologie, Oberflächenbeschaffenheit) und die Hydrolysebeständigkeit (Auslaugung/ Hydrolyse des Betons, Absenkung der Alkalität Festigkeit) gestellt werden, wurde im DVGW-Arbeitsblatt W 300 die Expositionsklasse X TWB eingeführt. Daraus resultieren Anforderungen an die Zusammensetzung und die Verarbeitung von Auskleidungssystemen. Die von Wasserqualität und Betriebsparametern beeinflussten, zeitabhängigen Werkstoffveränderungen wie z. B. Auslaugung u. Alterung sollen zu keinem Zeitpunkt den Mindest-Sollzustand (Abnutzungsgrenze) unterschreiten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit sich planmäßig mit der Instandhaltung auseinander zu setzen. 3. Instandhaltung Die DIN 31051 strukturiert die Instandhaltung in die vier Grundmaßnahmen. • Wartung: alle Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats zur Erhaltung des Instandhaltungsobjektes • Inspektion: alle Aktivitäten, die dazu beitragen, den aktuellen Zustand eines Instandhaltungsobjektes zu erfassen und zu beurteilen • Instandsetzung: alle Aktivitäten an einem fehlerhaften Objekt zur Wiederherstellung des definierten Soll- Zustandes • Verbesserung: alle Aktivitäten zur Steigerung der Zuverlässigkeit und der Schwachstellenbeseitigung, ohne das Objekt in seiner ursprünglichen Funktion zu ändern Abb. 1 Schematische Darstellung von Wartung, Instandsetzung und Verbesserung [1] 162 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung Veränderungen und bedenkliche Zustände sowohl für die Trinkwasserqualität als auch im weiteren Verlauf für die Konstruktion finden sich zunächst in der äußeren Betonschicht, der sogenannten Betonrandzone. Die Ursachen für eine beeinträchtigte Betonrandzone, die gleichzeitig die Trinkwasserkontaktzone darstellt, können vielfältig sein. Neben den zeitabhängigen Effekten wie Auslaugung, Hydrolyse und Carbonatisierung können auch herstellungsbedingt gestörte Betongefüge (z. B. Hohllagen, Kiesnester etc.) oder hygienisch bedenkliche Belastungen (z. B. PCB oder PAC) vorliegen. Gesicherte Grenzwerte für die Widerstandsfähigkeit der Oberfläche gegenüber den Expositionen (Abnutzungsvorrat) im Zeitverlauf können nicht angegeben werden. Die Abnutzung ist von der Exposition, der Trinkwasserzusammensetzung, den Betriebsparametern und ggf. der Ausführungsqualität der vorhandenen Oberfläche abhängig. Mit der Zeit können Hydrolyse und Auslaugung zu einer Reduzierung der alkalischen Betonüberdeckung führen. Sind die Vorgänge weit genug fortgeschritten, können eingeschränkte statische Wirksamkeit und Bewehrungskorrosion die Folge sein. Eine Verlängerung der Lebensdauer kann durch Schichtdickenzuschläge erreicht werden, wobei die Oberflächenqualität in Bezug auf die Trinkwassereignung ggf. gesondert bewertet werden muss. Abb. 2 Aufgeweichte Betonoberfläche (Drainageschalung) nach 10 Jahren Belastung mit Trinkwasser Durch den Einsatz von Auskleidungssystemen, die gegenüber den Expositionen beständig sind, kann die Abnutzung weitgehend unterbunden werden und zu einer Verlängerung der Wartungs-/ Instandsetzungsintervalle und der Nutzungsdauer führen. 4. Fähigkeiten und Systematik von Auskleidungs-/ Instandsetzungssystemen Auskleidungs- und Instandsetzungssysteme müssen für den Einsatz als Trinkwasserkontaktzone geeignet sein und dürfen die Trinkwasserqualität nicht negativ beeinflussen. Die grundsätzliche Systemunterscheidung wird getroffen zwischen der Fähigkeit: • die Passivität der Bewehrung zu erhalten und die Oberfläche zu verbessern. Diese Fähigkeit weisen sowohl zementgebundene Systeme als auch die Polymerbeschichtungen und Folien-/ Plattenauskleidungen auf. und der • Wiederherstellung der Passivität und Verbesserung der Oberfläche. Bei diesen Materialien handelt es sich um Betonersatzmaterialien, die in drei Abstufungen die Funktionalitäten von reinen Erhalt der Bewehrungspassivität bis zur Wiederherstellung der Passivität und Wiederherstellung/ Erhöhung der Betondeckung aufweisen können. Zusätzlich werden die Systeme nach bauphysikalischen/ bauchemischen Eigenschaften differenziert in: • diffusionshemmende Systeme • diffusionsdichte Systeme und • Systeme mit vollflächigem Verbund zum Untergrund • Systeme ohne vollflächigen Verbund zum Untergrund Folgende Parameter sind Entscheidungskriterien ob Instandsetzungsbedarf besteht und welche Instandsetzungsprinzipien und Verfahren zur Anwendung kommen können: • die anrechenbare Betondeckung • die Lage der Alkalitätsgrenze • der Zustand der Betonrandzone (Oberflächenzustand, visuelle/ mikrobiologische Auffälligkeiten, Festigkeit, Alkalitätsabfall, Schadstoffbelastung) 5. Auskleidungsprinzipien vor Überarbeitung Grundlage für die Betrachtung der verschiedenen Auskleidungsvarianten ist die eingeführte Expositionsklasse X TWB , welche die besonderen Anforderungen an Beständigkeit (Auslaugung, Hydrolyse) und Hygiene der trinkwasserberührten Oberfläche, der Auskleidung berücksichtigt. Die bislang gültige Systematik differenzierte zwischen der Fähigkeit des Betonuntergrundes zur Sicherstellung des Korrosionsschutzes und der Fähigkeit der Auskleidungen zur Sicherstellung des Korrosionsschutzes der Bewehrung. Kriterium für einen sicheren Bewehrungsschutz ist die alkalische Umgebung der Bewehrung, die bei fehlerfreier Ausführung ursprünglich vom umgebenden Beton bereitgestellt wird. Durch Auslaugungs- und Carbonatisierungsprozesse kann die Alkalität der Betonrandzone abnehmen. Je nachdem wie weit dieser Prozess fortgeschritten, die alkalische Betondeckung und die Festigkeit der Betonrandzone reduziert ist oder Baufehler wie Fehlstellen/ Lunker vorliegen, ist der Korrosionsschutz und ggf. der Verbund der Bewehrung gefährdet. Bei den zementgebundenen Auskleidungssystemen im Vollverbund wurde unterschieden zwischen Systemen mit Realkalisierungsdepot (A1), die zur Realkalisierung der ausgelaugten bzw. carbonatisierten Betonrandzone eingesetzt werden konnten und Systemen ohne Realkalisierungsdepot (A2), die nur bei ausreichender alkalischer Betondeckung, also ohne notwendige Realkisierung als Oberflächenbeschichtung einsetzbar waren. 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 163 Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung Abb. 3/ 4 Anwendungsgrenzen zementgebundener Beschichtungen [2] Eine Kombination mit den anderen Auskleidungsvarianten wie Beschichtung und Folienbzw. Plattenauskleidung waren möglich, wobei jeweils unterschiedliche Anwendungsgrenzen (Betonüberdeckung, alkalische Überdeckung, Schichtdicken) zu berücksichtigen sind. Der wesentliche Punkt ist, dass bei Anwendung des Verfahrens A1 zu prüfen war, ob eine ausreichende Realkalisierung des vorhandenen Betons gewährleistet ist. Für das zuvor postulierte Realkalisierungsvermögen ist eine Diffusion der entsprechenden Ionen in die nicht mehr alkalischen Bereiche notwendig, die dann wieder als alkalisch wirksame Betondeckung betrachtet wurden. Die Randbedingungen für eine solche Diffusion sind vielfältig: • Porosität des Untergrundes und des Auskleidungsmörtels • Alkalivorrat im Untergrund und im Auskleidungsmörtel • Feuchtegehalt im Mörtel und im Untergrund • Abhängigkeit des Realkalisierungseffektes von den Verarbeitungsbedingungen. Auskleidungsmörtel sind auf Auslaugungswiderstand getrimmt (u. a. geringe Porosität) was eine ungünstige Voraussetzung für die benötigten Diffusionsvorgänge darstellt. In dem Forschungsvorhaben [3] konnte gezeigt werden, dass die Realkalisierung in der Praxis nicht wie gewünscht funktioniert, was zu einer neuen Betrachtung der Auskleidungsprinzipien führte und eine „schwierig“ durchzuführende Prüfung der ausreichenden Realkalisierung des vorhandenen Betons überflüssig macht. 6. Aktuelle Sichtweise der Instandhaltung und der Auskleidungsprinzipien Im Zuge der veränderten Betrachtung wird der Fokus verstärkt auf den Zusammenhang Nutzungsdauer in Abhängigkeit von Instandsetzungszyklen gerichtet (Abb. 3+4). In Bezug auf die grundsätzlich unterschiedlichen chemischen Beständigkeiten der verschiedenen Auskleidungsvarianten können sich in Abhängigkeit von Wasserqualität und Betriebsparametern deutliche Unterschiede bei der Auswahl der Auskleidungsvarianten und der zu erwartenden Nutzungsdauer ergeben. Differenziert werden die Auskleidungsmaterialien funktionell nach der Fähigkeit statisch anrechenbar vorhandenen Beton zu ersetzen und Materialien die statisch nicht angesetzt werden können. Dabei ist es möglich, die Systeme miteinander zu kombinieren und die statischen Anforderungen, wo notwendig, durch zementgebundene Materialien abzudecken und Anforderungen an Beständigkeit und lange Nutzungsdauer über die anderen Auskleidungsvarianten zu realisieren. Dafür werden Vorgaben für die Mindestbetondeckung, der alkalischen Bewehrungsüberdeckung und der Qualität der Betonrandzone (Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit) festgelegt. Folgende Instandsetzungsverfahren sind möglich: • A1 (A1.1, A1.2, A1.3) Betonersatz, Instandsetzungsverfahren mit zementgebundenen Werkstoffen im Vollverbund, die sich der Schichtstärke des zu ersetzenden Betons und der Abtragstiefe unterscheiden. • A2 Oberflächenvergütung/ Beschichtung Instandsetzungsverfahren im Vollverbund mit zementgebundenen Werkstoffen • B Oberflächenvergütung/ Beschichtung Instandsetzungsverfahren im Vollverbund mit organischen Beschichtungssystemen • C Instandsetzungsverfahren ohne Vollverbund mit Dichtungsbahnen, Plattensysteme und nichtrostender Stahl Nach wie vor wird einerseits zwischen diffusionsoffenen, diffusionshemmenden und diffusionsdichten sowie andererseits zwischen Systemen mit vollflächigem und ohne vollflächigen Verbund unterschieden. Darüber hinaus hat man sich von der Forderung von 1,5 N/ mm² als Mindestwert für die Oberflächenzugfestigkeit getrennt, die Altbetonklassen übernommen und mit den verschiedenen Möglichkeiten der Instandsetzungsverfahren verknüpft. 164 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung Tab. 1 Hinweise zur Anwendbarkeit der Altbetonklassen [4] Altbetonklasse A4/ A5 A2/ A3 A1 Instandsetzungsverfahren nach W 300-3 Anpassung an den Untergrund Bewehrte Innenschale Ausführung nach W 300-1 Ggf. Verbund und Verankerung und/ oder erhöhte Rautiefe zur besseren Verzahnung Neubau/ Teilneubau Ausführung nach W 300-1 Restnutzungsdauer berücksichtigen auf den Untergrund abgestimmte Instandsetzungsverfahren nach W 300-3 Bei der Beurteilung der Eigenschaften der Betonrandzone ist die Verbundzone, die sich nach dem Abtrag minderwertiger Schichten ergibt, maßgeblich. Folgende Eigenschaften der Betonrandzone sind zu betrachten: • Alkalitätsabfall (mit und ohne Carbonatisierung) • Zementsteinauflösung (Auslaugung, hydrolytische Korrosion) • Unzureichende Beton-/ Mörtelrandzone (Fehlstellen, Kiesnester, Porositäten etc.) • Korrosionsschäden der Bewehrung, qualitative Unterscheidung statisch relevant/ statisch nicht relevant • Weitere Untergrundprobleme wie Risse, Betontreiben, Salze im Untergrund, Durchfeuchtungen und andere Mängel. Grundsätzlich ist der Einsatz der unterschiedlichen Instandsetzungs- und Auskleidungssysteme an die jeweiligen Anforderungen an die alkalische Betonüberdeckung und die Mindestbetondeckung gebunden und es ist festzulegen, ob auf dieser Grundlage Betonersatz notwendig ist oder nicht. Bei der Festlegung der Anforderungen wurde davon ausgegangen, dass zementgebundene Systeme keine anrechenbare Realkalisierung bewirken und in Bezug auf den Korrosionsschutz daher wie eine Beschichtung, mit den entsprechenden Konsequenzen für die Untergrundvorbehandlung, anzusetzen sind. Die Nutzungsdauer zementgebundener Oberflächenvergütung hängt von der Schichtdicke, der Qualität, der Porosität, der Auslaugungsbeständigkeit und den hydrolytischen Einflüssen ab. Im Unterschied zu den anderen Auskleidungsvarianten können bei entsprechendem Untergrundabtrag die zementgebundenen Betonersatzsysteme die alkalische Überdeckung der Bewehrung erhöhen und eine statische Ertüchtigung erreichen. Ein direkter Korrosionsschutz der Bewehrung und eine Reprofilierung ist mit dafür ausgelegten organischen Beschichtungssystemen ebenfalls möglich. Der Einsatz ist allerdings auf Stellen beschränkt, bei denen die Statik nicht beeinträchtigt ist. 7. Auswirkungen auf den Einsatz von polymeren Epoxidharzsystemen Die Einsatzgrenzen von polymeren Epoxidharz-systemen lassen sich folgendermaßen zusammen-fassen: 1. Die statisch notwendige Betondeckung ist in ausreichender Qualität vorhanden (C min ≥ 10 mm und C min ≥ d Stahl .) und die alkalische Betonüberdeckung ist größer 5 mm. In diesen Fällen können Epoxidharzsysteme zur Reprofilierung und Oberflächenvergütung ohne Einschränkungen eingesetzt werden. Eine Kombination mit zementgebundenen Betonersatzsystemen ist möglich, aber häufig weder wirtschaftlich sinnvoll noch technisch gewünscht, da man unterschiedliche Applikationsanforderungen (Feuchtigkeit, Überarbeitungsintervalle, Nachbehandlungszeiten) miteinander in Einklang bringen muss. Daher beschränkt sich die Kombination dieser Materialien in der Praxis auf Fälle, in denen vergleichsweise große Flächen mit höheren Schichtstärken aus Kostengründen mit dem günstigeren zementgebundenen Material reprofiliert werden. 2. Aus statischen Gründen (Mindestanforderung (C min ≥ 10 mm und C min ≥ d Stahl unterschritten) oder weil die alkalische Überdeckung < 5 mm beträgt, ist lokal oder flächig Betonersatz notwendig. In diesen Fällen ist eine Kombination mit bauaufsichtlich zugelassenen, trinkwassergeeigneten, zementgebundenen Systemen (A 1.2, A1.2, A1.3) notwendig. Dabei werden die unzureichenden Bereiche abgetragen und durch zementgebundene Materialien ersetzt. Für statisch nicht relevante Fehlstellen können auch andere trinkwassergeeignete Materialien für den Bewehrungsschutz und die Reprofilierung verwendet werden. Abb. 5 Schematische Darstellung Anforderungen Polymerbeschichtungen [5] 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 165 Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung 8. Vorteile organischer Beschichtungen Die organischen Beschichtungssysteme erfordern aufgrund ihrer hermetisch abschließenden Wirkung eine vergleichsweise geringe Mindestbetondeckung und alkalische Überdeckung. Besonders deutlich wird das im Vergleich zu den Platten- und Folienauskleidungen. Die geringen Schichtdicken und der mehrschichtige Aufbau bei relativ geringem E-Modul des Bindemittels ermöglicht einen vergleichsweise spannungsarmen Aufbau. Dazu trägt auch bei, dass der Reaktionsschwund ganz überwiegend in der Gelphase stattfindet und so die Auskleidung schwächerer Untergründe begünstigt. Die hohe Beständigkeit der Oberflächen macht einen Einsatz ohne Berücksichtigung der Wasserqualitäten möglich. Weiche und saure Wässer stellen keine Probleme dar. Aus dem gleichen Grund ist eine sehr lange Nutzungsdauer ohne Instandsetzungsintervalle realisierbar. Über die hohe Diffunsionsdichte des Materials wird der Beton vor Wasserinhaltsstoffen und das Wasser vor Kontaminationen aus dem Untergrund geschützt. Aufgrund dieser Eigenschaften ist der sichere Einschluss von Schadstoffen, die technisch oder mit vertretbarem Aufwand nicht entfernt werden können, möglich. Ggf. kann das über Migrationssimulationen abgesichert werden. Zukünftig könnten diese Eigenschaften eine zusätzliche Relevanz bekommen, wenn aus Nachhaltigkeitsgründen der Einsatz von Recyclingrohstoffen auch im Trinkwasserspeicherbau erwogen werden sollte. Die üblicherweise lösemittelfreien Materialien können in verschiedenen Schichtdicken auf alle Untergrundformen im Vollverbund angebracht werden und haften nach entsprechender Vorbehandlung auf unterschiedlichsten Untergründen. Damit können übergangsfrei verschiedene Materialien wie z. B. PVC, Stahl- und Edelstahlrohre und Einbauten angeschlossen oder auch mit beschichtet werden. Übergänge zu PE-Materialien sind mit entsprechenden Übergangskomponenten realisierbar. Als Vollverbundsystem sind Hinterläufigkeiten ausgeschlossen. Das Risiko, dass die hohen Anforderungen für den Bau von Betonbehältern, die während der gesamten Bauzeit beachtet werden müssen, nicht durchgehend eingehalten werden können und dann möglicherweise zu hygienischen Beeinträchtigungen der trinkwasserberührten Oberfläche führen, wird durch eine abschließende Beschichtung eliminiert. Diese Anforderungen sind beispielsweise: • Die hygienische Qualität des verwendeten Zements, der Zuschlagstoffe und des Zugabewassers. • Die Einhaltung der Verarbeitungs- und Nachbehandlungsvorgaben. • Die Einhaltung der Hygieneregeln während der gesamten Bauzeit, um das Eindringen von schädlichen Stoffen in den porösen Baustoff zu verhindern. Die homogene, glatte und porenfreie Polymeroberfläche ist visuell gut zu kontrollieren, gut von Anhaftungen zu reinigen, zu desinfizieren und verhindert das Eindringen von Reinigungsmitteln oder anderen Stoffen in den Untergrund. 9. Notwendige Vorarbeiten zum Aufbringen einer geschlossenen Deckbeschichtung • Herstellen eines möglichst schadstofffreien Untergrundes mit ausreichender Oberflächenzugfestigkeit. Das beinhaltet das Entfernen von Hohlstellen, Freistemmen von Bewehrungsschäden, Entfernen von schädlichen Oberflächenrückständen und minderfesten Schichten. Die üblichen Verfahren sind das Festkörper- und Hochdruckwasserstrahlen. Schleifen und Fräsen sind weitere Methoden, die im Wesentlichen im Bodenbereich oder bei speziellen Fragestellungen eingesetzt werden • Reprofilierung der Oberflächen, bei statischer Relevanz mit bauaufsichtlich zugelassenen anrechenbaren Systemen. • Porenverschluss der Oberflächen i. d. R. durch 2 Spachtelschichten, wobei bei ausreichender Oberflächenqualität die 2. Spachtelschicht die Deckbeschichtung sein kann. Eine einmalige Spachtelung reicht i. d. R. zum sicheren Porenverschluss nicht aus. Die Abdichtung des Untergrundes kann theoretisch auch durch Auf bringen zementgebundener Systeme erfolgen. Aus praktischen Gründen ist das in der Realität eher selten der Fall. Abb. 6 Mit Drainageschalung erzeugte Betonoberfläche vor (rechts) und nach dem Strahlen (links). 166 7. Kolloquium Trinkwasserspeicherung in der Praxis - März 2023 Leitbild: Alkalische Bewehrungsüberdeckung, Betonrandzonenqualität ohne Realkalisierungseffekte und Betonüberdeckung Abb. 7 Polymerer Schichtauf bau mit 2 Spachtelschichten und einer im Heißspritzverfahren aufgebrachten Deckschicht. • Aufgrund der in weiten Bereichen einstellbaren Materialkonsistenz und Verfüllung stehen für die unterschiedlichsten Oberflächenaufgaben die passenden Materialien zur Verfügung. Die Systemeigenschaft, dass bei den 2-komponentigen Reaktionskunststoffen alle für die Aushärtung notwendigen Reaktionspartner im Gemisch vorliegen, ermöglicht schichtdickenunabhängige kurze Überarbeitungszeiträume. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Überarbeitungsbedingungen oder Verfahren zur Sicherstellung der Zwischenlagenhaftung einzuhalten sind. • Die Deckbeschichtung wird in der Regel im Heißspritzverfahren oder Airlessverfahren unter Benutzung von Wärmetauschern aufgetragen. Daneben gibt es bei entsprechenden Materialeinstellungen die Möglichkeit die Deckbeschichtungen durch Rollen, Streichen, Spachteln oder als selbstverlaufende Schicht im Bodenbereich aufzutragen. Die Anwendung der Roll- und Streichverfahren sind bei lösemittelfreien Materialien aufgrund der höheren Viskosität üblicherweise auf kleinere Flächen begrenzt, wobei man sich bewusst sein muss, dass es sich hier um individuelle Materialeigenschaften handelt, die zwischen verschiedenen Herstellern in gewissem Rahmen variieren können. Die Verarbeitungsbedingungen sind einzuhalten. Eine aktive Nachbehandlung ist nicht notwendig. Die Einhaltung der Mindestaushärtetemperatur und Mindestaushärtezeit sind zu gewährleisten. Abb. 8 Beschichteter Behälter mit unterschiedlichen geometrischen Formen und Anschluss an Edelstahlbauten. Literatur [1] Eigene Darstellung unter Nutzung von: Facility Services pp 343-475 Phasen und Methoden aus Sicht eines Facility Services-Anbieters https: / / link.sprin ger.com/ chapter/ 10.1007/ 978-3-642-39544-4_4 [2] Technische Regel-Arbeitsblatt DVGW W 300-3 (A), Trinkwasserbehälter; Teil 3: Instandsetzung und Verbesserung, Oktober 2014 [3] Breit, Merkel, Raupach, Schulte Holthausen Korrosionsschutz durch mineralische Beschichtungen unter Berücksichtigung der Anforderungen aus dem neuen DVGW-Arbeitsblatt W 300: 2014 Abschlussbericht, März 2020 [4] Eigene Darstellung nach: Technische Regel - Arbeitsblatt DVGW W 300-3; Trinkwasserbehälter 3: Instandsetzung und Verbesserung Entwurf, 12- 2022 [5] Eigene Darstellung unter Nutzung von: Quelle: Institut für Bauforschung Aachen Prof. Raupach