lendemains
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
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2009
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34. Jahrgang 2009 133 Gunter Narr Verlag Tübingen Hommages à Michael Nerlich Etudes comparées sur la France / Vergleichende Frankreichforschung Ökonomie . Politik . Geschichte . Kultur . Literatur . Medien . Sprache 1975 gegründet von Evelyne Sinnassamy und Michael Nerlich Herausgegeben von / édité par Wolfgang Asholt, Hans Manfred Bock, Alain Montandon, Michael Nerlich, Margarete Zimmermann. Wissenschaftlicher Beirat / comité scientifique: Réda Bensmaïa . Tom Conley . Michael Erbe . Gunter Gebauer . Wlad Godzich . Gerhard Goebel . Roland Höhne . Alain Lance . Jean-Louis Leutrat . Manfred Naumann . Marc Quaghebeur . Evelyne Sinnassamy . Jenaro Talens . Joachim Umlauf . Pierre Vaisse . Michel Vovelle . Harald Weinrich . Friedrich Wolfzettel L’esperance de l’endemain Ce sont mes festes. Rutebeuf Redaktion/ Rédaction: François Beilecke, Corine Defrance, Andrea Grewe, Wolfgang Klein, Katja Marmetschke Sekretariat/ Secrétariat: Nathalie Crombée Umschlaggestaltung/ Maquette couverture: Redaktion/ Rédaction Titelfoto: Joel Lumien (1999) LENDEMAINS erscheint vierteljährlich mit je 2 Einzelheften und 1 Doppelheft und ist direkt vom Verlag und durch jede Buchhandlung zu beziehen. Das Einzelheft kostet 16,00 €/ SFr 27,80, das Doppelheft 32,00 €/ SFr 51,50; der Abonnementspreis (vier Heftnummern) beträgt für Privatpersonen 48,00 €/ SFr 76,00 (für Schüler und Studenten sowie Arbeitslose 38,00 €/ SFr 60,00 - bitte Kopie des entsprechenden Ausweises beifügen) und für Institutionen 54,00 €/ SFr 85,50 pro Jahr zuzüglich Porto- und Versandkosten. Abonnementsrechnungen sind innerhalb von vier Wochen nach ihrer Ausstellung zu begleichen. Das Abonnement verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn nicht bis zum 30. September des laufenden Jahres eine Kündigung zum Jahresende beim Verlag eingegangen ist. Änderungen der Anschrift sind dem Verlag unverzüglich mitzuteilen. Anschrift Verlag/ Vertrieb: Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Dischingerweg 5, D-72070 Tübingen, Fon: 07071/ 9797-0, Fax: 07071/ 979711. Lendemains, revue trimestrielle (prix du numéro 16,00 €, du numéro double 32,00 €; abonnement annuel normal - quatre numéros - 48,00 € + frais d’envoi; étudiants et chômeurs - s.v.p. ajouter copie des pièces justificatives - 38,00 €; abonnement d’une institution 54,00 €) peut être commandée / abonnée à Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Dischingerweg 5, D-72070 Tübingen, tél.: 07071/ 9797-0, fax: 07071/ 979711. ISSN 0170-3803 Die in LENDEMAINS veröffentlichten Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder und nicht notwendigerweise die der Herausgeber und der Redaktion. / Les articles publiés dans LENDEMAINS ne reflètent pas obligatoirement l’opinion des éditeurs ou de la rédaction. Redaktionelle Post und Manuskripte für den Bereich der Literatur- und Kunstwissenschaft/ Courrier destiné à la rédaction ainsi que manuscrits pour le ressort lettres et arts: Prof. Dr. Wolfgang Asholt, Universität Osnabrück, Romanistik, FB 7, D-49069 Osnabrück, e-mail: washolt@uos.de; Sekr. Tel.: 0541 969 4058, e-mail: ncrombee@uos.de. Korrespondenz für den Bereich der Politik und der Sozialwissenschaften/ Correspondance destinée au ressort politique et sciences sociales: Prof. Dr. Hans Manfred Bock, Universität Kassel, FB 5, Nora Platiel-Straße 1, D-34109 Kassel, hansmanfredbock@web.de Druck: Gulde, Tübingen Verarbeitung: Nädele, Nehren Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Hommages à Michael Nerlich Zum 70. Geburtstag am 11. März 2009 Statt eines Editorials ............................................................................................. 3 Wolfgang Asholt: La subversion et ses limites: Erotisme et politique chez Breton ....................................................................... 12 Hans-Manfred Bock: Zur Hybridität der Zeitschrift Lendemains. Innovation, Integration, Praxisverpflichtung ........................................................ 23 Bernard Dieterle: Marienbad, un demi-siècle plus tard ....................................... 37 Rose Duroux: Enrique Díez-Canedo. Un grand critique espagnol...................... 46 Gunter Gebauer: Die letzten Abenteurer. Kritik des Heroismus im modernen Sport............................................................ 59 Hans Ulrich Gumbrecht: Kann und sollte „Nation“ heutzutage etwas Unreduzierbares enthalten? ..................................................................... 75 Frank-Rutger Hausmann: Der Dichter und Schriftsteller Georg Schneider als Valéry-Übersetzer.............................................................. 85 Roland Höhne: Theorie und Praxis der Landeswissenschaften - ein Erfahrungsbericht ............................................................................................... 94 Dieter Ingenschay: Luis Antonio de Villena, Anthologe...................................... 110 Jacques Leenhardt: Kleine Mythologie des Wasserlaufs.................................. 123 Suzanne Liandrat-Guigues et Jean-Louis Leutrat: Lemmy Caution rencontre Don Quichotte......................................................... 133 Alain Montandon: De la nuit, de la mort et de l’amour. Un florilège baroque .... 140 France Nerlich: Latinité vs. germanité: un fantasme identitaire de l’histoire de l’art allemande .......................................................................... 162 Jean Petitot: Berlin, Paris, Stendal. Hommage à Michael Nerlich .................... 177 Rita Schober: Brief an Michael Nerlich. ............................................................ 190 Pierre Vaisse: Le cas Mauclair.......................................................................... 192 Manuskripte sind in doppelter Ausführung in Maschinenschrift (einseitig beschrieben, 30 Zeilen à 60 Anschläge) unter Beachtung der Lendemains-Normen einzureichen, die bei der Redaktion angefordert werden können. Manuskripte von Besprechungen sollen den Umfang von drei Seiten nicht überschreiten. Auf Computer hergestellte Manuskripte können als Diskette eingereicht werden, ein Ausdruck und die genaue Angabe des verwendeten Textverarbeitungsprogramms sind beizulegen. Prière d’envoyer les typoscripts (30 lignes à 60 frappes par page) en double exemplaire et de respecter les normes de Lendemains (on peut se les procurer auprès de la rédaction). Les typoscripts pour les comptes rendus ne doivent pas dépasser trois pages. Les textes écrits sur ordinateur peuvent être envoyés sur disquettes, avec une version imprimée du texte et l’indication précise du programme de traitement de textes employé. 3 Die Verantwortung des Intellektuellen: Michael Nerlich und Lendemains Zum 70. Geburtstag am 11. März 2009 Auch Zeitschriften haben Ihr Schicksal und meist ist es eng mit dem ihres Gründers und Hauptherausgebers verbunden: Lendemains und Michael Nerlich machen da keine Ausnahme, im Gegenteil. 1975 von ihm und seiner Frau, Evelyne Sinnassamy, gegründet und bis 1999 von beiden herausgegeben und weitgehend gestaltet, wird die Zeitschrift noch heute, und zu Recht, mit ihm identifiziert. Dies zeigt, dass es trotz allen zeitbedingten Wandels, der schon dem Titel der Zeitschrift eingeschrieben ist, eine unübersehbare Kontinuität bei beiden gibt, eine Grundüberzeugung und ein Grundanliegen, die die Urheber und ihr Werk teilen, unabhängig davon, ob die Zeiten solchen Überzeugungen und solchen Intentionen gewogen sind oder sie als anachronistisch oder illusorisch erscheinen lassen. Wenn die Zeitschrift 2009 seit fünfunddreißig Jahren erscheint, so umfasst sie das halbe Leben ihres Gründers, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert. Es versteht sich von selbst, dass ein für die Person halbes und für das Periodikum ganzes Leben zahlreiche und zum Teil tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen musste. Und dies nicht erst, seitdem Michael Nerlich die Technische Universität Berlin im Jahre 2000 verlassen und die Zeitschrift den Unterzeichnern übergeben hat. Michael Nerlich verlässt Berlin nachdem er dreißig Jahre als romanistischer Literaturwissenschaftler an der Technischen Universität gelehrt hat. Bei seinem Ruf auf den dortigen Lehrstuhl war er einer der jüngsten Professoren seines Fa- La responsabilité de l’intellectuel: Michael Nerlich et Lendemains Pour son 70 e anniversaire le 11 mars 2009 Les revues elles aussi ont leur destin et souvent celui-ci est étroitement lié à celui de leur fondateur et éditeur principal: Lendemains et Michael Nerlich ne font pas une exception, au contraire. Fondée en 1975 par lui et sa femme, Evelyne Sinnassamy, éditée et en grande partie conçue par eux jusqu’en 1999, la revue est encore aujourd’hui identifiée à lui, et cela à juste titre. Cela prouve que, dû aux circonstances et malgré les changements déjà inscrits dans le titre de la revue, il existe une continuité évidente chez les deux, une conviction profonde et un but principal que partagent les fondateurs et leur œuvre, que les temps sont propices à de telles convictions et de telles intentions ou qu’ils les laissent paraître anachroniques ou même illusoires. Si la revue paraît depuis 35 ans en 2009, elle embrasse donc la moitié de la vie de son fondateur qui fête cette année son 70 e anniversaire. Il va de soi que la moitié de la vie d’un homme ainsi que toute l’existence d’un périodique apportent nécessairement de nombreuses et parfois profondes transformations. Et ceci non seulement depuis que Michael Nerlich a quitté la Technische Universität Berlin en 2000 et a transféré la revue aux signataires. Michael Nerlich quitte Berlin après avoir enseigné pendant trente ans les littératures romanes à la Technische Universität. Lors de la nomination à la chaire, il était l’un des plus jeunes professeurs de sa discipline et il s’était surtout fait remarquer en tant qu’hispaniste (Untersuchungen zur Theorie des klassizistischen Epos 4 ches und vor allem als Hispanist (Untersuchungen zur Theorie des klassizistischen Epos in Spanien, Dissertation 1964, sowie El Hombre justo y bueno. Inocencia bei Fray Luis de León, Habilitationsschrift 1966) und mit einer komparatistischen Arbeit (Kunst, Politik und Schelmerei. Die Rückkehr des Künstlers und Intellektuellen in die Gesellschaft des Zwanzigsten Jahrhunderts, 1969) hervorgetreten, und der Hispanistik sollte er bis zu dem in Spanien preisgekrönten, aber immer noch nicht ins Deutsche überset z t en El Persiles descodificado, o la Divina comedia de Cervantes (2005) treu bleiben. Die mit der Berliner Professur gewonnene Unabhängigkeit hat er rasch genutzt, um die Romanistik mit ihrer Vergangenheit zu konfrontieren: 1972 erscheint im Argument der umfängliche Aufsatz „Romanistik und Anti-Kommunismus“, in dem hervorgehoben wird, dass die politische Stoßrichtung des Faches häufig mit verdeckten anti-französischen Ressentiments einher geht. Diese Vergangenheitsbewältigung wird von der Disziplin, die für sich gern ihre komparatistische Weltoffenheit in Anspruch nimmt und ihre Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus verdrängt, als eine Provokation empfunden; erst die Arbeiten von Frank- Rutger Hausmann, vor allem „Vom Strudel der Ereignisse verschlungen. Deutsche Romanistik im ‘Dritten Reich’“, sollten ein Vierteljahrhundert später die These der institutionellen und oft auch persönlichen Verstrickung dieses Faches und vieler seiner wichtigen und (nach dem Krieg) einflussreichen Vertreter breit dokumentiert bestätigen. Konsequenterweise engagiert sich Michael Nerlich im Kampf gegen die Berufsverbote, was nicht nur in Berlin, sondern auch in der in Spanien, thèse de doctorat 1964, ainsi que El Hombre justo y bueno. Inocencia bei Fray Luis de León, thèse d’habilitation 1966) et avec une étude comparative (Kunst, Politik und Schelmerei. Die Rückkehr des Künstlers und Intellektuellen in die Gesellschaft des Zwanzigsten Jahrhunderts, 1969). Il restera fidèle aux études hispanistes jusqu’à la parution de El Persiles descodificado, o la Divina comedia de Cervantes (2005) - primé en Espagne, mais toujours pas traduit en allemand. Il a vite profité de l’indépendance gagnée par la chaire de Berlin pour confronter la romanistique avec son passé: en 1972, le long article „Romanistik und Anti-Kommunismus“ est publié dans Argument, où il souligne que la stratégie politique de la discipline va souvent de pair avec des ressentiments anti-français camouflés. Ce retour sur le passé est considéré par les responsables de cette discipline comme une provocation, c’està-dire par ceux qui aiment revendiquer pour celle-ci son ouverture comparatiste au monde et qui refoulent son histoire pendant le nazisme. Ce seront les travaux de Frank-Rutger Hausmann, surtout „Vom Strudel der Ereignisse verschlungen. Deutsche Romanistik im ‘Dritten Reich’“, qui, un quart de siècle plus tard, confirmeront sur une base bien documentée la thèse des compromissions institutionnelles et souvent aussi personnelles de ceux qui sont de hauts représentants de cette discipline, toujours influents après la guerre. Michael Nerlich s’engage de manière conséquente dans la lutte contre les interdictions professionnelles, ce qui est suivi de nouvelles querelles et attaques non seulement à Berlin mais aussi dans la romanistique, et il cherche le contact avec les romanistes de la RDA, 5 Romanistik neue Auseinandersetzungen und Angriffe zur Folge hat, und sucht den Kontakt zu Romanisten der DDR, vorzugsweise zu Werner Krauss. In diesem Umfeld und bei dem letzten der „großen Romanisten“ in Hessenwinkel (Berlin- DDR) entsteht die Idee einer deutschfranzösischen Zeitschrift in der Tradition der eineinviertel Jahrhundert zuvor erschienenen Deutsch-Französischen Jahrbücher, die später auch für das Frankreich Jahrbuch namensgebend Pate stehen sollten. Die geplante Zeitschrift soll vor allem inhaltlich an die republikanische Tradition der von Marx und Ruge im Pariser Exil herausgegebene Zeitschrift anknüpfen. Doch wie der Titel verdeutlicht, nimmt sie auch auf anderes deutschfran zösisches „Erbe“ Bezug, das der Résistance gegen die nazideutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. 1974 veröffentlicht Michael Nerlich in der Deutschen Volkszeitung den Essay „Die Ehre der Dichter - Poesie in der Résistance“, dem die Zeitung die redaktionelle Notiz hinzufügt: „Der Aufsatz war ursprünglich für die erste Nummer von Lendemains vorgesehen.“ 1975 kommt es dann nach vielen Schwierigkeiten zur tatsächlichen Gründung der Zeitschrift dieses Namens; Schwierigkeiten verlegerischer und ökonomischer Art sollten die Zeitschrift über Jahrzehnte hinweg begleiten, und es ist allein Michael Nerlich und seiner Frau zu verdanken, dass sie Situationen überstehen konnte, in denen nicht wenige mit klammheimlicher Freude ihr Ende gekommen glaubten. Michael Nerlich, bis 1977 der alleinige Herausgeber, sollte der Zeitschrift in den ersten Jahren ein unverwechselbares Profil geben, wie die „Schwerpunkte“ der von ihm allein verantworteten Hefte erkennen lassen. Das notamment avec Werner Krauss. C’est dans ce contexte et chez le dernier des „grands romanistes“ à Hessenwinkel (Berlin-DDR) que naîtra l’idée d’une revue franco-allemande dans la tradition des Deutsch-Französische Jahrbücher, parus 125 ans plus tôt, et qui, plus tard, seront aussi parrain et donneront le nom au Frankreich-Jahrbuch. La revue envisagée devait renouer surtout, dans son contenu, avec la tradition républicaine de la revue de Marx et Ruge parue dans l’exil parisien. Mais comme l’indique le titre, elle fait aussi allusion à un autre „héritage“ franco-allemand, celui de la Résistance contre l’occupation nazie lors de la seconde guerre mondiale. En 1974, Michael Nerlich publie l’essai „Die Ehre der Dichter - Poesie in der Résistance“ dans la Deutsche Volkszeitung, auquel le journal ajoute la note rédactionnelle suivante: „L’article était à l’origine prévu pour le premier numéro de Lendemains.“ Après de nombreuses difficultés la revue de ce nom est enfin créée en 1975; des problèmes de genre éditorial et d’ordre économique accompagneront cette revue tout au long de son existence, et ce n’est que grâce à Michael Nerlich et à sa femme qu’elle a survécu à des situations dans lesquelles ceux qui voyaient venir sa fin avec une certaine joie étaient nombreux. Au cours des premières années, Michael Nerlich, seul éditeur jusqu’en 1977, donna à la revue un profil particulier, comme le manifestent les „sujets à thème“ des numéros sortis sous sa seule responsabilité. Le premier éditorial „Frankreich der unbekannte Nachbar“, titre aujourd’hui (presque) plus actuel que jamais, montre qu’avec Lendemains, il s’agit d’une „Revue d’études sur la France + de recherches sur la France“, 6 erste Editorial, „Frankreich der unbekannte Nachbar“, heute (fast) aktueller denn je, lässt erkennen, dass es sich bei Lendemains um eine „Zeitschrift für Frankreichforschung + Französischstudium“ handelt, ein Novum unter den romanistischen Zeitschriften. Und zwei weitere Schwerpunkte, „Romanistik in der Krise“ und „Balzac“, illustrieren, dass neben der Literaturwissenschaft auch die Fachgeschichte und -Aktualität das Profil der Zeitschrift prägen werden. Im „Werner Krauss“-Schwerpunkt des zweiten Heftes ergänzen sich Fachgeschichte und Wissenschaftsgeschichte, im dritten Heft tritt (auch dank Brigitte Schlieben-Lange) die Sprachgeschichte hinzu, im vierten Heft (erneut in Verbindung mit Krauss) die Aufklärung, im fünften Heft die (damals aktuelle) künstlerische Produktion, u.a. mit einem Essay von Alain Robbe-Grillet: „Über die Avantgarde“ und mit dem sechsten Heft das „17. Jahrhundert“. Damit sind die Felder abgesteckt, die bis heute das Spektrum der Zeitschrift bestimmen: die Frankreichforschung in Literatur- und (anfangs) Sprachwissenschaft, die Fach- und Wissenschaftsgeschichte (nicht nur aber vor allem der Romanistik) sowie Geschichte und Aktualität Frankreichs und der deutsch-französischen Beziehungen. Wenn ab Heft neun (1978) die Herausgeberschaft in „Zusammenarbeit mit Jacques Droz, Hans Ulrich Gumbrecht, Brigitte Schlieben-Lange, Albert Soboul“ erfolgt, so verdeutlichen diese Namen, wie schnell es der Zeitschrift gelungen ist, das beabsichtigte Profil überzeugend zu realisieren und d.h. auch international wahrgenommen zu werden. In den folgenden Jahren prägt Michael Nerlich das Bild der Zeitschrift mit von ihm une nouveauté parmi les revues romanistes. Et deux autres thèmes, „La romanistique en crise“ et „Balzac“ illustrent qu’à côté des sciences littéraires, ce sont aussi l’histoire et l’actualité de la discipline qui influenceront le profil de la revue. L’histoire de la discipline et l’histoire des sciences humaines se complètent dans le thème du deuxième numéro sur „Werner Krauss“, dans le troisième numéro l’histoire de la langue les rejoint (aussi grâce à Brigitte Schlieben-Lange), dans le quatrième numéro (de nouveau en relation avec Krauss) les Lumières, dans le cinquième la production artistique (alors actuelle) et, entre autres, avec l’essai de Alain Robbe-Grillet: „Sur l’avant-garde“, et avec le sixième numéro le „XVII e siècle“. On peut ainsi baliser les domaines qui dominent, jusqu’à présent, l’éventail thématique de la revue: les études sur la France en littérature et (à l’origine aussi) en linguistique, l’histoire de la romanistique et l’histoire des sciences humaines ainsi que l’histoire et l’actualité de la France et des relations franco-allemandes. Si, à partir du numéro 9 (1978), l’édition est réalisée „en collaboration avec Jacques Droz, Hans Ulrich Gumbrecht, Brigitte Schlieben-Lange, Albert Soboul“, ces noms démontrent à quelle allure cette revue a réussi à réaliser de manière convaincante le profil envisagé et c’est-à-dire aussi d’être perçue au niveau international. Les années suivantes, Michael Nerlich forme l’image de la revue avec des sujets thématiques édités par lui et par ceux qu’il a pu solliciter, avec des contributions individuelles et surtout avec ses „éditoriaux“ qui interviennent toujours de manière résolue et pointue dans les débats actuels et dans lesquels s’exprime un engage- 7 herausgegebenen und mit den Themen der von ihm eingeworbenen Dossiers, mit Einzelbeiträgen und vor allem mit seinen „Editorials“, die immer wieder dezidiert und pointiert in aktuelle Debatten eingreifen und in denen ein selten gewordenes intellektuelles Engagement zum Ausdruck kommt. Daneben entstehen Werke wie die zweibändige Kritik der Abenteuer- Ideologie. Beitrag zur Erforschung der bürgerlichen Bewusstseinsbildung 1100- 1750 (Akademie-Verlag, 1977, engl. 1987) oder Apollon et Dionysos ou la science incertaine des signes. Montaigne, Stendhal, Robbe-Grillet (Hitzeroth 1989) mit denen Michael Nerlich, um es mit dem Untertitel des Apollon zu formulieren, eine „herméneutique à partir du corps vivant et l’aventure de la production esthétique“ entwickelt, mit der er in einen fruchtbaren Dialog mit der Rezeptionsästhetik in Ost und West eintritt. Zur intellektuellen Offenheit und Beweglichkeit des Zeitschriftengründers gehört es, dass er Ende der achtziger Jahre die Brücke zur professionellen geschichts- und sozialwissenschaftlichen Frankreichforschung schlägt, deren Bau schon vorher oft gefordert, aber nicht immer adäquat verwirklicht worden war. Damit gewinnt Lendemains nicht nur einige Frankreichkenner aus den historischen Sozialwissenschaften, sondern ein bis heute gültiges Profil, für das die Herausgeberschaft von Hans Manfred Bock seit 1988 steht. Die Wende von 1989 führt dann zu einem ungewöhnlich intensiven und entschiedenen Engagement: sowohl was das deutsch-französische Verhältnis angeht als auch was sein Fach, die Romanistik, und dessen Geschichte betrifft. 1990 schreibt er für seine Zeitschrift den Essay „Schon wieder Verrat der Intellekment intellectuel devenu rare. A côté, il publie des œuvres comme les deux volumes de la Kritik der Abenteuer-Ideologie. Beitrag zur Erforschung der bürgerlichen Bewusstseinsbildung 1100-1750 (Akademie-Verlag, 1977, version anglaise 1987) ou Apollon et Dionysos ou la science incertaine des signes. Montaigne, Stendhal, Robbe-Grillet (Hitzeroth 1989) avec lesquelles Michael Nerlich, pour le dire avec les mots du sous-titre de Apollon, a développé une „herméneutique à partir du corps vivant et l’aventure de la production esthétique“ tout en entrant dans un dialogue fructueux avec l’esthétique de la réception à l’Est comme à l’Ouest. Il appartient à l’ouverture d’esprit et à la mobilité intellectuelle du fondateur de la revue que, à la fin des années 80, il ait lancé le pont vers les études scientifiques sur la France au niveau historique et sociologique, préconisé depuis longtemps, mais qui n’avait pas toujours été réalisé adéquatement. Ainsi Lendemains gagne non seulement quelques-uns des spécialistes de la France venant du domaine des sciences sociales et historiques, mais aussi un profil identifiable jusqu’à aujourd’hui, représenté depuis 1988 par Hans Manfred Bock comme coéditeur. La chute du mur en 1989 mène ensuite à un engagement extraordinairement intensif et résolu de Michael Nerlich: aussi bien en ce qui concerne les relations francoallemandes que par rapport à la discipline, la romanistique, et à son histoire. En 1990, il écrit l’essai „Schon wieder Verrat der Intellektuellen? Zum Auseinanderdriften von Frankreich und Deutschland“ pour sa revue, deux ans plus tard il y publie „Die Verantwortung des Intellektuellen. Zur deutsch-französischen Krise von Weimar bis heute“ et en 1995 „Die 8 tuellen? Zum Auseinanderdriften von Frankreich und Deutschland“, zwei Jahre später erscheint ebendort „Die Verantwortung des Intellektuellen. Zur deutsch-französischen Krise von Weimar bis heute“ und 1995 „Die Krise der SPD und Frankreich“: vor dem, was heute als „Normalisierung“ betrachtet wird, tatsächlich aber eine Entfremdung zwischen Deutschland und Frankreich geworden ist, hat Michael Nerlich also früh gewarnt. In der Romanistik engagiert sich Michael Nerlich mit drei beeindruckenden Dossiers, die drei großen Romanisten gewidmet sind: Hans Robert Jauß (1991), Werner Krauss (1993) und Victor Klemperer (1996). Vor allem das Klemperer-Dossier, kurz nach der Veröffentlichung der Tagebücher erschienen, wird auch von einer breiten Öffentlichkeit rezipiert. Und mit einem Dossier zu Ernst Robert Curtius stößt Michael Nerlich (gemeinsam mit Hans Manfred Bock) eine Debatte „Zur gesellschaftlichen Verantwortung der Geisteswissenschaft“ (so der Titel des Dossiers von 1990) an, und die Auseinandersetzung mit Curtius und seinen Verteidigern wird in „Statt eines Editorials“ 1992 in aller Schärfe fortgesetzt. Curtius repräsentiert für Michael Nerlich das Versagen des anti-republikanischen Bürgertums und der in größeren Teilen anti-französischen Romanistik in der Weimarer Republik sowie angesichts des Nationalsozialismus, und in dieser Kritik an dem „Katakombengelehrten“ weiß er sich mit Hans Robert Jauß einig, den er gegen die Vorwürfe verteidigt, die laut werden, als dessen Engagement in der Waffen-SS bekannt wird. Michael Nerlich ist also nicht nur bereit, intellektuelle Verantwortung geltend zu machen, sondern auch, sich in der großen Tradition intellektuellen Enga- Krise der SPD und Frankreich“: Michael Nerlich nous a donc très tôt mis en garde contre ce qui est aujourd’hui considéré comme une „normalisation“, mais qui est en effet devenu une aliénation entre l’Allemagne et la France. Michael Nerlich s’engage dans la romanistique avec trois dossiers impressionnants, dédiés à trois grands romanistes: Hans Robert Jauß (1991), Werner Krauss (1993) et Victor Klemperer (1996). C’est surtout le dossier sur Klemperer, publié peu après la parution des Tagebücher, qui est lu par un grand public. Et avec un dossier sur Ernst Robert Curtius (ensemble avec Hans Manfred Bock) Michael Nerlich provoque un débat „Zur gesellschaftlichen Verantwortung der Geisteswissenschaft“ (ainsi le titre du dossier de 1990), et la discussion sur Curtius et avec ses défenseurs est poursuivie avec véhémence en 1992 dans „A la place d’un éditorial“. Curtius représente pour Michael Nerlich la défection de la bourgeoisie antirépublicaine et de la romanistique, en majorité anti-française, de la République de Weimar ainsi que face au nazisme, et dans cette critique envers le „savant des catacombes“, il se trouve d’accord avec Hans Robert Jauß qu’il défend contre les reproches qui s’élèvent une fois qu’on apprend son engagement dans la Waffen- SS. Michael Nerlich n’est donc pas seulement prêt à faire valoir une responsabilité intellectuelle, mais aussi à s’exposer luimême dans la grande tradition de l’engagement intellectuel, et à en subir les conséquences. Cela aura lieu une dernière fois à Berlin à l’égard du Frankreich-Zentrum qu’il avait projeté et remporté pour la TU. Ce centre devait correspondre à la tradition des études sur la France préconisées et 9 gements zu exponieren und die entsprechenden Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Ein letztes Mal sollte dies in Berlin anlässlich des von ihm geplanten und für die TU eingeworbenen Frankreich-Zentrums geschehen. Dieses Zentrum sollte in der Tradition der von Lendemains angestoßenen und betriebenen Frankreichforschung stehen, doch die Editorials der späten 1990er Jahre zeigen, wie wenig sich diese Forschung und ihr Bild von Frankreich institutionell, in diesem Fall an der TU, hat durchsetzen können. Das, was nach der 1989er Wende kurze Zeit lang möglich scheint und was eine ihrer historischen Verantwortung bewusste und kritische Frankreichforschung fördern will und fordert, ist zehn Jahre später nicht mehr opportun. So ist es nur konsequent, dass Michael Nerlich die Möglichkeit nutzt, um im Jahre 2000 den Ruf auf eine Hispanistik-Professur an der Universität Clermont- Ferrand anzunehmen und seine Zeitschrift für „Vergleichende Frankreichforschung“ in andere Hände zu übergeben. Ein Vierteljahrhundert lang hat Michael Nerlich die Romanistik und die Französistik mit dieser Zeitschrift verändert und mitgeprägt. Während dieser 25 Jahre haben sich die Möglichkeiten der literatur-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Frankreichforschung gewandelt, auch weil das deutsch-französische Verhältnis nach 1989 nicht das gleiche bleiben konnte. Michael Nerlich hat sich, aus fachlichen wie historischen Gründen, stets dafür eingesetzt, dieses Verhältnis im Bewusstsein der schwierigen Vergangenheit als ein Modell und den Kern eines neuen, friedlichen Europa zu gestalten. Die zahlreichen Anstöße, die er dazu gegeben hat, sind nicht ohne Folgen gebliepratiquées par Lendemains, mais les éditoriaux de la fin des années 90 montrent que cette recherche et son image de la France n’avait guère pu s’imposer institutionnellement, dans ce cas à la TU. Ce qui - pour un court laps de temps - semble possible après la chute du mur en 1989, et ce que des études sur la France critiques et conscientes de leur responsabilité historique veulent promouvoir et revendiquer, n’est plus opportun dix ans plus tard. Il n’est donc que conséquent, que, en 2000, Michael Nerlich profite de la possibilité d’accepter une chaire d’hispaniste à l’université de Clermont- Ferrand et de mettre en d’autres mains sa revue d’„Etudes comparées sur la France“. Pendant un quart de siècle Michael Nerlich a influencé et transformé avec cette revue la romanistique et les études concernant la France. Pendant ces 25 ans, les possibilités des études sur la France dans le domaine de la littérature, de la culture et des sciences sociales ont changé, parce que les relations francoallemandes n’ont pas pu rester les mêmes après 1989. Pour des raisons dues à l’histoire de la discipline ainsi que pour des raisons historiques Michael Nerlich s’est constamment engagé à considérer ces relations comme modèle et comme noyau d’une nouvelle Europe pacifique - consciente de son passé difficile. Les nombreuses impulsions qu’il a données ne sont pas restées sans effet. Mais la lame de fond néolibérale des dernières décennies à laquelle ni la France, ni l’Allemagne unie ne se sont opposées, a pour un certain temps fait apparaître beaucoup de ce que Michael Nerlich voulait obtenir et propageait, comme illusions perdues; les conséquences sont 10 ben. Doch die neoliberale Grundtendenz der vergangenen Jahrzehnte, der sich Frankreich ebenso wenig wie das vereinigte Deutschland widersetzt hat, hat vieles von dem, was Michael Nerlich intendierte und propagierte, zeitweise als verlorene Illusionen erscheinen lassen, Verluste allerdings, die nicht nur historisch sondern auch in der Zukunft viel kosten können. Lendemains ist auch die Geschichte seiner Generation, und vielleicht zeigen die jüngsten ökonomischen Erschütterungen, die ja nicht ohne kulturelle Konsequenzen bleiben werden, dass diese Generation Perspektiven zu öffnen versuchte, die heute erneut aktuell sind. Fünfundzwanzig Jahre später: Nachdem er im Jahre 2000 die Berliner Türen hinter sich zugeschlagen hatte, zieht Michael Nerlich endgültig nach Charroux, um dort wie Candide seinen (intellektuellen) Garten zu bestellen, seine Freunde und Kollegen wiederzufinden und ihnen großzügig seine Weinkeller zu öffnen. Denn man kann nicht über Lendemains sprechen, ohne Charroux zu erwähnen, eines der „schönsten Dörfer Frankreichs“, für das er sich seit vielen Jahren engagiert, um seine historischen Sehenswürdigkeiten bekannt zu machen. Er hat dort ein ungewöhnliches, mit vielen Preisen ausgezeichnetes Museum geschaffen, das zahlreiche Besucher anzieht. Schließlich hat er ein Stadtarchiv „erfunden“, da er im Rathaus verstaubte Dokumente entdeckt sowie teilweise veröffentlicht hat, und er hat ein wichtiges Kolloquium über die Kleinstadt Charroux zu Beginn der Revolution organisiert. Aufgenommen wird er von der Universität Blaise Pascal, an der er bis zu seinem Ruhestand eine Professur für Spanides pertes coûteuses non seulement dans le passé mais aussi à l’avenir. Lendemains est aussi l’histoire de sa génération, et les derniers ébranlements économiques - qui ne resteront pas sans conséquences culturelles -, montreront probablement que cette génération a tenté d’ouvrir des perspectives qui sont aujourd’hui, de nouveau, actuelles. Vingt-cinq ans après: Après avoir claqué la porte de Berlin en 2000, Michael est venu s’installer définitivement à Charroux pour y cultiver, comme Candide, son jardin (intellectuel) et y retrouver des amis et des collègues et leur ouvrir généreusement ses caves. Car on ne saurait mentionner Lendemains sans citer Charroux, l’un des plus beaux villages de France, auquel il consacrait depuis de longues années tous ses efforts pour en faire connaître le charme et la richesse. Il y créa un musée extraordinaire qui reçut de nombreux prix et qui attire de fort nombreux visiteurs. Il y „inventa“ les archives de la ville, au sens propre, puisque celles-ci étaient oubliées dans la poussière du grenier de la mairie, passant de nombreuses nuits à les classer, à en éditer une partie, et à organiser un colloque important sur Charroux, petite ville à la veille de la Révolution. Il a été accueilli par l’Université Blaise Pascal, où il occupa jusqu’à sa retraite un poste de professeur de littérature espagnole tout en participant aux enseignements de littérature générale et comparée du DEA (maintenant master) du département de français. Il a ainsi découvert un tout autre public que celui auquel il était habitué à Berlin et a pu être confronté aux charmes de la bureaucratie universitaire française. Une expérience intellectuelle et 11 sche Literaturwissenschaft vertritt und sich zugleich für die Vergleichende Literaturwissenschaft des DEA (jetzt Master) der Französischen Abteilung engagiert. So entdeckt er ein völlig anderes Publikum als das von Berlin gewohnte und lernt den Charme der französischen Bürokratie kennen, eine menschlich-intellektuelle Erfahrung, die ihm hoffentlich in guter Erinnerung bleibt. Und in dem Landhaus, das er mit seiner Frau Evelyne aus- und umbaut, schreibt er sein großes Werk über den Persiles von Cervantes, das im Verlag der Universität von Clermont-Ferrand erscheint, bevor es ins Spanische übersetzt wird, und zur Zeit arbeitet er an einem Buch über Umberto Eco, dessen Abschluss seine Freunde ungeduldig erwarten. Wegen der Rolle, die Michael Nerlich für Lendemains und diese Zeitschrift für ihn gespielt hat, widmen die gegenwärtigen Herausgeber ihm anstelle einer Festschrift dieses Heft seiner Zeitschrift aus Anlass des siebzigsten Geburtstages. Wir haben Freunde, Kollegen und Wegbegleiter aus Deutschland und Frankreich um Beiträge gebeten, die, jeder auf seine Weise, ihre Verbundenheit mit dem Jubilar und seinem Werk zum Ausdruck bringen. Ihnen allen sei dafür herzlich gedankt. Vor allem aber wünschen wir uns und Michael Nerlich, dass er so engagiert wie seit Jahrzehnten weiter schreiben und wirken kann. humaine dont il garde, nous pensons, un bon souvenir. C’est dans sa maison qu’il aménagea avec Evelyne avec beaucoup de talent et de goût, dans cette retraite à la campagne, qu’il écrivit son grand livre sur le Persiles de Cervantes, qui fut d’abord publié en français aux Presses de l’Université de Clermont avant que d’être traduit en espagnol et qu’il continue d’écrire, cette fois sur Umberto Eco, un livre dont ses amis attendent avec impatience la parution. A cause du rôle que Michael Nerlich a joué pour Lendemains et de celui que cette revue a joué pour lui, les actuels éditeurs lui dédient ce numéro de la revue au lieu de mélanges à l’occasion de son 70 e anniversaire. Nous avons demandé à ses amis, collègues et compagnons d’Allemagne et de France des contributions qui expriment chacune à sa manière leur attachement à la personne honorée et à son œuvre; nous les remercions tous profondément. Mais avant tout nous souhaitons à nous-mêmes et à Michael Nerlich qu’il puisse continuer à écrire et à s’engager comme il l’a fait ces dernières décennies. Wolfgang Asholt * Hans Manfred Bock * Alain Montandon * Margarete Zimmermann 12 Wolfgang Asholt La subversion et ses limites: Erotisme et politique chez Breton Toute philosophie est incomplète dont la morale ne contient pas une ‘EROTIQUE’ 1 Si l’une des tendances du développement du roman moderne est d’avoir progressivement exclu le politique et social de son champ d’expérience au seul profit de l’amour et de son imaginaire, le surréalisme a représenté, pour sa part, un essai de rompre avec cette évolution et de transgresser les limites ainsi établies. Mais, indépendamment de la question de savoir dans quelle mesure cette entreprise a réussi ou échoué, on peut observer qu’aujourd’hui la même question ne se pose plus comme au temps du surréalisme et que les conditions sociales qui président au rapport entre champ politique et domaine érotique ont radicalement changé, non sans que l’influence des avant-gardes historiques ou des néo-avant-gardes de la deuxième moitié du XX e siècle aient joué un rôle dans cette évolution. Si Georges Bataille pouvait encore accorder à la transgression, et plus spécialement à la transgression liée à l’érotisme, un pouvoir subversif, une telle capacité nous semble hautement mise en doute de nos jours. Ne connaissant aujourd’hui plus de limites ni d’interdits, l’érotisme a peut-être disparu avec la possibilité de la transgression. L’omniprésence de la sexualité conduit, en effet, à une situation, où, comme le pressent José Pierre dans son introduction à la publication des Recherches sur la sexualité des surréalistes, „nous avons cessé de nous interroger à ce propos.“ 2 Mais la consolation qu’il s’accorde, à savoir que les nouvelles générations à force d’être sursaturées „mourront donc tout de même idiotes - mais informées“ 3 n’entend certainement pas rétablir les limites d’antan. A quoi correspond un développement analogue du politique. Celui-ci est aussi omniprésent, mais sous une forme si médiatisée ou, si l’on veut, spectaculaire, que cette mise en scène a dissous non seulement une éventuelle authenticité des temps antérieurs mais de même tous les interdits, donc toute possibilité de transgression - les surréalistes auraient parlé de „révolution“. Du fait d’une certaine pensée unique, généralisée dans les anciens et les nouveaux médias, les limites et frontières du „temps où les surréalistes avaient raison“, bien que subsistant concrètement, n’existent plus que dans une forme médiatisée, donc dans la forme dégradée qu’a prise l’opinion publique. On serait donc en situation de pouvoir critiquer le mouvement surréaliste pour avoir contribué à cet état de choses. Le théoricien de l’avant-garde, Peter Bürger, 13 reproche à celle-ci, donc aussi au surréalisme, d’avoir retiré à l’art une grande partie de son potentiel subversif par son projet de vouloir reconduire l’art dans la vie. 4 On peut cependant douter que le surréalisme ait vraiment réussi à mener à bien son projet au point que les effets d’une dissolution généralisée des limites se soient fait sentir. Et l’on peut même se demander si les surréalistes et plus spécialement Breton ont vraiment voulu dissoudre les interdits, aussi bien dans le domaine de l’érotique que dans celui du politique. Et l’ouvrage De l’Erotisme que Robert Desnos a écrit pour Jacques Doucet, même s’il constate que „L’érotisme appartient en propre à l’esprit moderne“, aurait plutôt tendance à conforter les limites, lui qui se contente de „faire un résumé de la littérature érotique“ 5 et d’en dégager les aspects spécifiques. Mais peut-être existe-t-il chez Breton une approche différente des interdits. C’est la question même que nous voudrions ici reprendre. L’expérience des limites chez Bataille Dans le contexte de ses travaux sur l’érotisme, Georges Bataille proclame: „Dans sa vérité fondamentale, l’érotisme est sacré, l’érotisme est divin“. 6 Voilà qui semble l’opposer d’emblée à toute idée de convergence entre érotisme et politique. Pendant la phase expansive du mouvement surréaliste autour de 1927, une telle appréciation de l’érotisme ne pouvait qu’avoir un impact considérable. Mais, bien plus, pour le Bataille de L’Erotisme (1957), cet érotisme était du domaine de la violence, du „domaine de la violation“. (X, 22) Or, cette violation possède un caractère double: elle concerne aussi bien l’individu, ce que Bataille désigne par „l’être fermé“ (X, 23), que les frontières socialement et culturellement établies qui ont pour fonction de garantir l’enfermement, donc l’inclusion de l’individu dans son propre milieu. De cette situation résulte pour Bataille un „désordre“ si important et si généralisé, provoqué par l’intrusion de la violence/ violation érotiques, qu’il est nécessairement accompagné d’un état de souffrance - et l’on peut se demander si les surréalistes, et surtout Breton, pouvaient partager ce point de vue. Mais le point crucial de la théorie de l’érotisme réside dans la relation qu’établit et revendique Bataille entre l’interdit et la transgression, et ce thème touche cette fois aux projets du surréalisme et de l’avant-garde dans leur ensemble. Pour le Bataille de L’Erotisme aussi, la modernité représente une coupure épistémologique: „L’expérience intérieure lucide en [de l’érotisme] était impossible en un temps où ne ressortait pas au grand jour le jeu de la balance de l’interdit et de la transgression.“ (X, 39). Quand il explique les origines, le caractère et le contexte de l’interdit, c’est exactement à un des critères de la modernité qu’il se réfère, c’est-àdire à une conception spécifique du travail: „L’interdit répond au travail, le travail à la production: dans le temps profane du travail, la société accumule ses ressources, la consommation est réduite à la quantité nécessaire à la production.“ (X, 71). L’interdit est donc corrélatif de cette conception du travail que les temps modernes ont généralisée en Europe; l’érotisme, avec son caractère sacré et divin, est au 14 contraire lié à la fête, à l’excès et à la dépense. L’objectif de Bataille n’est cependant pas le remplacement de l’interdit omniprésent par une transgression généralisée, mais bien plutôt cette „balance“ dont il était plus haut question, quitte à ce que les valeurs positives soient intimement associées à la transgression: „L’expérience mène à la transgression achevée, à la transgression réussie, qui, maintenant l’interdit, le maintient pour en jouir.“ (X, 42). C’est seulement grâce à cet équilibre déséquilibré qu’il est possible d’instaurer la transgression dans la durée pour pouvoir profiter de manière continue de ses effets nécessairement momentanés parce que liés à un acte ou à une action, donc chaque fois à une performance. Au moment de cet acte performatif, l’individu réussit à s’assurer une position qui participe en même temps du dehors et du dedans et qui peut être définie comme étant „the inside of the outside“. 7 Mais, et l’on en vient au politique, on peut se demander s’il est possible d’étendre cette position individuelle au plan collectif. Pour ce qui concerne l’érotisme, Bataille précise: „nous voulons nous sentir au plus loin du monde où l’accroissement des ressources est la règle [...] Nous voulons un monde renversé, nous voulons le monde à l’envers.“ (X, 170). Et l’on pourrait trouver nombre de citations, déclarations et manifestations des surréalistes partageant exactement ce désir. Toutefois, cette position de retrait du monde n’a de sens que tant qu’existe le monde balisé par les interdits. Une fois la frontière, donc les interdits, durablement dissoute, une telle position devient intenable puisque que le monde renversé sera devenu le monde tout court, et le monde à l’envers aura été remis sur ses pieds. Or, c’est bien là la position même du surréalisme, qui en appelle à un monde transformé. Lors de la discussion qui suivit la conférence du 12 février 1957 et comme Bataille présentait ce qui est devenu l’Introduction de L’Erotisme, André Breton, auquel on demandait de „parler de la littérature et de l’érotisme“, répondit: „Non, sans préparation, je considère que c’est impossible.“ (X, 692) Toute proportion gardée, quelque chose qui serait „impossible“ sans préparation à Breton, serait pour le moins „infiniment complexe“ pour tout autre que lui, pour citer la réponse de Hans Bellmer, invité, dans la même circonstance, à parler de „peinture et d’érotisme“. Mais ce qui autorise, par-delà l’importance générale qu’accorde Bataille à l’érotisme et à l’érotique, à situer le surréalisme de Breton sur l’arrière-fond de la théorie de l’interdit et de la transgression selon Bataille, est l’importance que Breton lui-même accorde à ces deux notions. Dans l’„Introduction“ du catalogue de l’„Exposition internationale du Surréalisme“ de 1959-1960, reprise dans Le Surréalisme et la peinture, Breton se réfère explicitement à Bataille qui „est le mieux parvenu à nous faire appréhender l’érotisme pour ce qu’il est.“ (Pierre, 208). Et de citer ensuite longuement Bataille, entre autres à travers cette phrase qui correspond à ce que nous avons dit plus haut: „L’expérience intérieure de l’érotisme demande à celui qui la fait une sensibilité non moins grande à l’angoisse fondant l’interdit, qu’au désir menant à l’enfreindre.“ (Pierre, 208 et X, 42) Breton est sans doute plus que globalement d’accord avec Bataille pour apprécier l’interdit comme „le véritable point de mire de l’érotisme“. (Pierre, 209) Mais il ajoute, maintenant 15 ainsi des distances significatives avec Bataille: „A cet égard, tout n’est pourtant pas nécessairement si noir que le veut Bataille, ce qui ne saurait empêcher que son analyse soit des plus valables à la limite.“ (Pierre, 209) Si le point de vue de Bataille est acceptable „à la limite“, Breton ne semble pas ressentir le besoin de s’approcher de cette limite ou de la franchir. Pour lui, „Le déclic de l’érotisme dans l’âme humaine n’exige peut-être pas ce trop-plein d’énergies contradictoires où seulement le couple plaisir-souffrance parviendrait à se sublimer en pleine fusion.“ (Pierre, 209) Ce couple, pour Breton, ne représente pas la structure significative de l’érotisme qui, chez lui, semble donc moins „une expérience des limites“ que la recherche d’autres limites. Une mise en pratique ou les Recherches sur la sexualité Depuis la publication des Recherches sur la sexualité, nous disposons d’un matériel précieux qui rend possible de mieux apprécier la position de nombreux surréalistes vis-à-vis de la question de l’interdit et de la transgression. Dans son introduction à la publication intégrale des douze séances, José Pierre se déclare surpris que, „en dépit des crises et des ruptures“ que traverse le surréalisme entre 1932 et 1935, „les Recherches sur la sexualité se poursuivent.“ (Pierre, 9). Mais peut-être est-il plus étonnant encore que le côté „politique“ de la problématique ne joue pratiquement pas de rôle à un moment où l’engagement et les divergences politiques des surréalistes se manifestent. Cette absence est certainement concertée de la part de celui que Pierre appelle „le metteur en scène“ (Pierre, 14-16) et qui n’est autre que Breton. Celui-ci déclare on ne peut plus nettement, lors de la sixième séance: „Toute cette enquête n’a d’autre but que, dans l’amour, de faire à la sexualité la part qui lui revient.“ (Pierre, 128) Sans vouloir mettre en question le caractère novateur et révolutionnaire de cette entreprise dans son ensemble, qui „ruine définitivement le cliché d’une armée surréaliste marchant au pas comme un seul homme“ (Pierre, 11), il faut cependant noter que Breton ne fixe pas seulement un objectif mais qu’il le situe dans un cadre, à savoir la sexualité en tant que partie intégrante de l’amour. L’amour trace donc ainsi à son tour une limite, qui n’est cependant pas reconnue par plusieurs des participants, que ce soient Aragon, Artaud, Max Ernst ou Queneau, et c’est une limite que Breton juge infranchissable et qu’il invoque quand il en est besoin. Dès le début, on le voit proclamer le caractère absolu de cette limite quand, à la question de savoir si l’on peut faire confiance à une femme, il répond: „Dans la mesure que je l’aime.“ (Pierre, 36) L’amour ne représente donc pas seulement un cadre, mais ce cadre est le critère absolu pour juger (ou condamner) les divers aspects de la sexualité, souvent intimement liés à l’érotisme. Breton est conscient d’ériger ses propres interdits en élevant l’amour absolu au statut de critère définitif, quitte à accepter, au moins historiquement, des exceptions. Tout en condamnant la „pédérastie“ comme délit qui „propose à la tolérance humaine un déficit moral et mental qui tend à s’ériger en système et à para- 16 lyser toutes les entreprises que je respecte“ (Pierre, 39), il admet pourtant l’exception hautement transgressive que Sade représente: „Tout est permis par définition à un homme comme le marquis de Sade, pour qui la liberté de mœurs a été une question de vie et de mort.“ (Pierre, 40) Mais cette exception mise à part, le libertinage est catégoriquement condamné, quoique évoqué par la belle formule du „goût du plaisir pour le plaisir“, et son équivalent en littérature est combattu parce que ce goût „enlève toute possibilité d’aimer“ (Pierre, 75) et viole donc une limite hors laquelle, pour Breton, il n’est point de salut. Au cours des deux premières séances qui ont été publiées immédiatement dans La Révolution surréaliste, Breton développe tout un système structuré d’interdits. Ils concernent l’homosexualité, l’exhibitionnisme, l’amour à plusieurs, les bordels et les prostituées, les femmes ne parlant pas le français, 8 les moyens artificiels, la présence d’un tiers, l’amour simultané de deux femmes et, bien sûr, le sado-masochisme. Il admet cependant l’onanisme, surtout féminin („J’en pense le plus grand bien. J’y suis extrêmement favorable.“ (Pierre, 43)), le semi-exhibitionnisme féminin, le fétichisme („mais finalement, je ne m’y adonne pas du tout“ (Pierre, 48)), l’amour dans une église, ou, pour résumer: „tout ce qui dans l’amour physique, est du ressort de la perversité.“ (Pierre, 70) On peut donc appliquer aussi à Breton la conclusion qu’Aragon tire lors de la deuxième séance, et le fait que Breton ne répond pas à Aragon, comme il en a l’habitude, me semble significative: „La validité de tout ce qui précède, dit Aragon, me paraît jusqu’à un certain point infirmée par la prédominance fatale du point de vue masculin.“ (Pierre, 73) Aragon est le seul à défendre ce point de vue et la présence de femmes lors de séances ultérieures ne fait en rien changer Breton dans l’appréciation et la formulation de ses interdits. Mais Breton souligne, au moins implicitement, une autre limite. Quand Aragon encore, évoque le sentiment de pudeur sociale qu’a fait naître en lui sa situation familiale, Breton l’admoneste: „Ceci n’a rien à faire avec la pudeur. La pudeur ne peut bien entendu être que sexuelle.“ Et même la recherche d’un compromis par Aragon, „Il est probable que la forme sociale de la pudeur chez moi ne peut être qu’une forme déguisée de la pudeur sexuelle“, ne trouve pas grâce auprès de son ami: „On désirerait que chacun vît plus clair en soi et ramenât à une forme simple des formes dites sociales.“ (Pierre, 81) Il y aurait donc une sexualité ‘naturelle’, en dehors du contexte social et non influencée par lui, ce qui implique aussi qu’il n’y a pas de relation nécessaire, et peut-être pas non plus souhaitable, pour Breton, entre le sexuel-érotique et le social-politique. Un autre épisode confirme cette appréciation. Quand Queneau se moque de l’idéal, plusieurs fois proclamé, de la „femme destinée à un homme“, en déclarant: „Je mourrais bien pour l’amour ou pour la révolution, mais je sais bien que je ne rencontrerai ni l’un ni l’autre.“, Breton ne répond pas en établissant un lien positif entre les deux domaines mais en les distinguant nettement: „C’est le propos contre-révolutionnaire type et le propos positiviste type contre l’amour.“ (Pierre, 120) Et la profession de foi de Breton qui conclut cette altercation confirme la différence de statut qu’il établit entre propos politique et propos amoureux: „Il ne s’agit pas d’avoir confiance dans la vie. Notre 17 non-conformisme en répond en quelque sorte; toutefois il n’y a qu’une seule chose dans la vie qui ne nous soit barrée et interdite, c’est l’amour.“ (Pierre, 120/ 121) - et les quelques rares contradicteurs (Prévert, Unik, Duhamel et Queneau) sont disqualifiés comme „dadaïstes“. Le système amoureux de Breton, avec ses nombreux interdits, est basé sur le mythe surréaliste de la rencontre quasi nécessaire de la femme exceptionnelle, „destinée [à l’homme] à l’exclusion de tout autre.“ (Pierre, 119) 9 Cette attente d’une femme prédestinée est liée à un amour exclusif et unique qui interdit toute transgression pouvant mettre en danger ce caractère de l’amour. Et cet amour absolu se situe presque au dehors de tout contexte social ou politique („il n’y a qu’une seule chose...“). Jusqu’à un certain degré, il peut même compenser les impossibilités de ces champs d’action. Le caractère exclusif et absolu accordé à l’amour représente donc une limite qui, au moins dans la vie concrète, peut empêcher, voire interdire la fusion de l’érotique et du politique. Nadja et la transgression refusée Je vais essayer d’analyser la relation entre les discours politique et érotique en référence à la trilogie des grandes œuvres en prose de l’entre-deux-guerres, dont Breton souhaitait rendre manifeste „l’unification“ (note 2, I, 1560): Nadja, Les Vases communicants et L’Amour fou. 10 Nadja présente une illustration du système des interdits et des transgressions transféré en littérature. Il est connu que Breton voulait que ce texte ressemble aux „livres qu’on laisse battants comme des portes“. Je veux, dit-il, continuer „à habiter ma maison de verre, où l’on peut voir à toute heure qui me rend visite [...] où qui je suis m’apparaîtra tôt ou tard gravé au diamant.“ (I, 651) On ne s’étonne donc pas de trouver des analogies et des comportements presque identiques entre la vie tout court et le texte littéraire. On peut mettre Nadja sous la double devise de la recherche de l’amour unique et absolu, représenté par la „femme destinée“, et d’un „non-conformisme“ absolu lui aussi, mais caractérisé par l’absence de confiance en la vie. En ce qui concerne la femme „destinée“, celle dans laquelle fusionnent de manière parfaite l’amour et l’érotisme, l’épilogue nous montre, on ne peut plus clairement, qu’elle n’est pas personnifiée par Nadja. A la fin de la partie centrale du récit, le narrateur-auteur déclare: „Seul l’amour au sens où je l’entends - mais alors le mystérieux, l’improbable, l’unique, le confondant et l’indubitable amour - tel enfin qu’il ne peut être qu’à toute épreuve, eût pu permettre ici l’accomplissement du miracle.“ (I, 736) En l’absence de cet amour, il ne peut être question de partage érotique avec Nadja, et le fait que Breton, dans l’édition revue de 1963, enlève la seule allusion à la nuit passée avec elle dans un hôtel de Saint-Germain, souligne cette impossibilité. L’érotique est donc réservé à la femme „destinée“ de l’épilogue: „Toi la créature la plus vivante, qui ne parais avoir été mise sur mon chemin que pour que j’éprouve dans toute sa rigueur la force de ce qui n’est pas éprouvé en toi.“ (I, 751) 18 Et c’est après l’évocation de cette femme que le livre se termine par la phrase connue: „La beauté sera CONVULSIVE ou ne sera pas.“ (I, 753) Accompagnée de la photo „érotique-voilée“ de Meret Oppenheim par Man Ray, cette phrase sera reprise dans L’Amour fou sous une forme développée: „La beauté convulsive sera érotique voilée, explosante fixe, magique-circonstancielle ou ne sera pas.“ (II, 687) Nadja, sans conteste, n’aura pas été la personnification de cette érotique-là. Il n’y a donc pas co-présence, dans Nadja, du politique et de l’érotique. Une dimension politique apparaît à plusieures occasions dans le prologue et dans la partie centrale, par exemple en relation avec la photo de la librairie de l’Humanité portant l’inscription, „On signe ici“ (I, 684) ou avec le boulevard Bonne-Nouvelle, qui, avec „les magnifiques journées de pillage dites „Sacco-Vanzetti“ semble répondre à l’attente qui fut la mienne“ (I, 748). Mais cette dimension est surtout liée à la question du travail, et Breton souligne d’emblée l’incompatibilité entre travail et amour: „L’événement dont chacun est en droit d’attendre la révélation du sens de sa propre vie, cet événement que peut-être je n’ai pas encore trouvé mais sur la voie duquel je me cherche, n’est pas au prix du travail.“ (I, 681) Et, dès la première rencontre avec Nadja et tout fasciné par elle, Breton se lance dans une diatribe contre une remarque qu’elle a faite: „Ces gens ne sauraient être intéressants dans la mesure où ils supportent le travail [...] Je hais, moi, de toutes mes forces, cet asservissement qu’on veut me faire valoir.“ (I, 687). Le travail ou tout au moins un certain travail représente donc un interdit qu’il ne faut pas violer. Nadja peut pourtant devenir la personnification de l’idéal surréaliste par une autre transgression des limites. Celle-ci n’est ni du domaine politique ni du domaine érotique, mais elle concerne la vie quotidienne: „L’émancipation humaine, conçue en définitive sous sa forme révolutionnaire la plus simple, qui n’est pas moins l’émancipation humaine à tous égards [...] selon les moyens dont chacun dispose, demeure la seule cause qu’il soit digne de servir. Nadja était faite pour la servir.“ (I, 741) Et, à la différence des surréalistes qui, selon Breton, n’ont pas „perdu la faveur de cet instinct de conservation [...] qui fait qu’après tout, mes amis et moi, par exemple, nous nous tenons bien“ (I, 741), Nadja transgresse nombre d’interdits de la société dans laquelle elle vit et elle en paye le prix. Ces transgressions qui sont véritablement de la vie de tous les jours correspondent ainsi à l’aspiration du surréalisme à réaliser la fusion de l’art et de la vie. Les Vases communicants comme projet de transgression Les Vases communicants sont souvent considérés comme un „Troisième Manifeste“. Dans la prière d’insérer, c’est Breton lui-même qui renvoie au Second Manifeste, et à sa recherche d’un „certain point de l’esprit d’où la vie et la mort, le réel et l’imaginaire [...] cessent d’être perçus contradictoirement“ (I, 781 et II, 1350), un point où pourrait donc aussi s’établir un échange entre le politique et l’érotique. Mais cette perspective est renvoyée à un avenir à propos duquel le présent ne 19 peut livrer que des indices. De plus, ce n’est que dans la partie centrale d’un texte qui en compte trois que Breton aborde de manière anecdotique la question de l’érotisme. Cette absence, surtout en regard de la présence dans l’épilogue de Nadja, est due au fait que la femme qui représente la beauté convulsive a disparu de la vie de l’auteur, ce qui entraîne celui-ci à mettre, au moins provisoirement ou partiellement, en question sa théorie de l’amour absolu: „Ainsi en allait-il d’une certaine conception de l’amour unique, réciproque, réalisable envers et contre tout [...] que ceux qui m’ont vu de près pourront dire que j’ai défendue, plus loin peut-être qu’elle n’était défendable, avec l’énergie du désespoir.“ (II, 121) Le livre entier se livre à une transgression ou plutôt à une dissolution des limites mais du seul point de vue cité, dans la bonne ‘tradition’ surréaliste de la dissolution des limites entre l’état de veille et le rêve. Dans la perspective d’un freudo-marxisme, difficilement acceptable par l’extrême-gauche politique, Breton défend dans la première partie l’idée que le rêve, loin d’être l’unique manifestation de la subjectivité, peut s’accorder avec une conception matérialiste du monde et y contribuer. Et, dans la troisième partie, il essaie de démontrer que seule la révolution sociale peut apporter une solution aux problèmes abordés, donc aussi à celui de l’individu qui cherche „désespérément“ la femme qui lui est destinée. Cette recherche, grâce à des rencontres résultant du hasard objectif, est au centre de la deuxième partie, à commencer par la rencontre sans conséquences d’une jeune Allemande „dans un café de la place Blanche“, le 5 avril 1932. 11 (II, 147) Pour une fois, la dimension érotique est immédiatement liée à une perspective politique. Revenant à „la disparition d’une femme“ (II, 149), celle de l’épilogue de Nadja, disparition expliquée (aussi) par les „raisons sociales qui avaient pu nous séparer, à jamais“ (II, 149), Breton décrit les qualités érotiques de la femme rencontrée, de „la jambe parfaite“ jusqu’aux „yeux sur lesquels la nuit devait tomber d’un seul coup“ (II, 148), mais il les attribue surtout aux vêtements portés. Accompagnée d’un homme apparemment pauvre, „elle était, comme on dit, mise elle-même avec la dernière simplicité.“ (II, 148), et c’est cette simplicité, pour ne pas dire cette pauvreté, qui la rend plus attrayante encore. Et de manière concrète, cet érotisme est lié à la situation sociale: „Après tout ce dénuement, si paradoxal fût-il, pouvait être réel. J’entrevis sans profondeur un abîme de misère et d’injustices sociales qui est, en effet, celui qu’on côtoie chaque jour dans les pays capitalistes.“ (II, 148) Une situation analogue se reproduit avec la très jeune fille, apparemment aussi pauvre, rencontrée du côté de la Gaîté-Rochechouart le 12 avril. Son apparition évoque chez Breton le dernier vers d’un poème („Liberté“) de Charles Cros, „Amie éclatante et brune“, et, de plus, la jeune fille possède les yeux de la Dalila de Gustave Moreau (II, 155) ce qui dénote chez Breton une grande fascination érotique. L’évocation de cette jeune femme, qui habite rue Pajol, est immédiatement suivie de longues réflexions sur sa situation sociale et sur celle de sa classe en général, réflexions que Breton, aussi en relation avec sa propre personne, résume ainsi: „C’est tout de même pour ces gens qu’il y a des fraises dans les bois“ (II, 162), et il 20 ne faut même pas penser au „très grand goût pour faire l’amour dans les bois ou à proximité de l’eau“ (Pierre, 51), proclamé par son ami Péret, pour que Breton fasse ici communiquer l’érotique et le politique, en termes au moins de réflexion essayiste. Les Vases communicants proposent ainsi l’utopie d’un poète à venir qui „surmontera l’idée déprimante du divorce irréparable de l’action et du rêve“ (II, 208) et qui connaîtra peut-être ce moment futur où disparaîtront les frontières et où la fusion de l’érotique et du politique deviendra possible. L’Amour fou ou l’au-delà des limites C’est sans doute L’Amour fou qui cultive au plus haut point l’idéal de la femme destinée aux dépens de l’érotique comme du politique. Entouré de parties qui nous livrent une réflexion plutôt théorique concernant la beauté, la rencontre, la trouvaille, la fusion de l’homme et de la nature ou encore l’influence (maléfique) de certains lieux, le chapitre „La nuit du tournesol“ est presque exclusivement consacré à la rencontre de la femme unique, personnifiant l’amour absolu. Pour Breton, se rendre disponible et accepter le non-plausible équivaut à une transgression des interdits du quotidien et de la „pensée rationaliste“ (II, 711) dans la perspective d’une dissolution des limites: „C’est comme si tout à coup la nuit profonde de l’existence humaine était percée, comme si [...] toutes choses étaient livrées à la transparence totale [...].“ (II, 711) Cette transgression accède ainsi à un „caractère nettement révélatoire“ (II, 712), mais c’est exclusivement en fonction d’une femme, qui apparaît „entourée d’une vapeur - vêtue d’un feu.“ (712) Elle est „scandaleusement belle“ et elle permet de „concilier l’idée de l’amour unique et sa négation plus ou moins totale dans le cadre social actuel“. (II, 712) Mais il s’agit d’un amour purifié de presque tout érotisme, d’un amour idéalisé. La déambulation dans Paris (de la Place Blanche à la rue du Faubourg Saint-Jacques) y devient une initiation merveilleuse, dissolvant les interdits entre les deux amoureux et faisant que cette dissolution se fasse le but et le résultat de cette promenade: „vous si blonde, physiquement si attirante au crépuscule du matin, c’est trop peu dire qu’ajouter que vous ne faites un avec cet épanouissement même.“ (II, 721) A ce moment se trouve de nouveau évoqué le contexte social, mais uniquement en tant que condition négative face à la réalisation d’un tel amour unique: „Seule l’adaptation plus ou moins résignée aux conditions sociales actuelles est de nature à faire admettre que la fantasmagorie de l’amour est uniquement fonction du manque de connaissance où l’on est de l’être aimé [...].“ (II, 721) La société bourgeoise et capitaliste est donc l’obstacle qui empêche la manifestation et la reconnaissance de l’amour véritable. Mais, comme Breton l’a déjà indiqué lors des Recherches sur la sexualité, ceci n’exclut pas la réalisation individuelle d’un tel amour. Le caractère exclusif ‘purifie’ la dimension érotique de l’acte, même quand il est question du „numéro de natation“ de la femme aimée dans un music-hall (II, 729). 21 L’Amour fou représente ainsi une transgression hors des limites qui s’opère par le haut et laisse lesdites limites intactes, et tant du point de vue érotique que du point de vue politique. C’est Breton lui-même qui souligne ce caractère de l’amour quand il revendique, à la fin du chapitre de „La nuit du tournesol“, „avoir tout à fait mis en valeur le conditionnement purement spirituel de cette merveilleuse aventure“ (II, 735) qui ne laisse de place ni à l’érotique ni au politique. L’interdit „pour mieux en jouir“ La trilogie confirme largement les positions développées par Breton dans les Recherches sur la sexualité. Chez lui, au moins, il ne s’agit ni de pratiquer ni même de proclamer un érotisme généralisé et subversif. L’idéal de l’amour unique et de la femme prédestinée s’accommode de nombre d’interdits excluant l’omniprésence d’une sexualité libérée. Mais cette limitation du caractère subversif exclut en outre une dissolution des limites entre l’érotique et le politique. Bien sûr, chez les surréalistes, „L’érotisme est à la fois un élément constitutif de ce mouvement, un de ses buts et une arme choisie parmi les multiples moyens dont il a usé pour manifester et rendre efficace sa révolte“, comme le souligne Xavière Gauthier, 12 qui pointe une conception de la révolte visant surtout à choquer le public bourgeois. 13 Chez Breton, l’érotique ne possède de caractère subversif ou révolutionnaire que pour autant qu’il serve un idéal de l’amour et de la femme uniques. Même quand il semble mettre sur le même plan l’érotique et le politique, comme dans l’épilogue de Nadja („à moi comme à tous ceux qui cèdent de préférence à des instances semblables, pourvu que le sens le plus absolu de l’amour ou de la révolution soit en jeu et entraîne la négation de tout le reste“ (I, 748)), la priorité revient finalement à l’amour, ne serait-ce qu’en raison de la situation non-révolutionnaire qui est celle du moment. Comme le montrent les femmes de l’épilogue de Nadja ou de „La nuit du tournesol“ dans L’Amour fou, „il n’y a qu’une seule chose dans la vie qui ne nous soit barrée et interdite, c’est l’amour.“ (Pierre, 121) Ceci n’implique d’aucune manière la mise en question du combat politique et révolutionnaire de Breton. Mais, dans une situation historique ne permettant que peu d’espoir et qui verra les espérances placées dans le PCF et l’URSS se révéler des illusions douloureusement perdues, la réalisation d’une transgression des limites qu’impose la société par l’amour reste un choix possible et privilégié. Il existe donc, pour Breton, quelque chose comme une séparation des genres politique et érotique. Si „un homme non corrompu doit être capable de mettre, non seulement dans la Révolution, mais encore dans l’amour“ (I, 822), comme le proclame le Second Manifeste, la liaison entre les deux domaines est inévitable aussi longtemps que „la structure sociale est un obstacle à la réalisation de la sexualité“, selon Xavière Gauthier. Mais individuellement, et toute la théorie surréaliste de la rencontre, de la trouvaille et du hasard objectif viennent le confirmer, à même les textes de la trilogie, il est permis, malgré la 22 structure sociale persistante, d’accéder, au moins momentanément, à l’idéal de l’amour sans limites en l’absence de toute perspective révolutionnaire. Peut-être est-il nécessaire pour Breton, qui proclame et pratique cet idéal comme aucun autre, de s’assurer de la „transgression achevée“ de cet amour en „maintenant l’interdit [...] pour mieux en jouir“, comme le voudra Bataille. (X, 42) Finalement, lié à l’érotique, l’amour représente un côté de la balance du non-conformisme absolu qui, de l’autre côté, essaie „de tendre désespérément à cette limite“, tout en sachant qu’il peut être vaincu, „mais vaincu seulement si le monde est le monde“ (I, 828), pour citer la fin du Second Manifeste. 1 Robert Desnos: De l’Erotisme considéré dans se manifestations écrites et du point de vue de l’esprit moderne, Le Cercle des arts s.d. (1953), p. 14. Je remercie mon ami Karlheinz Barck de m’avoir signalé cette œuvre et de l’avoir mise à ma disposition. 2 José Pierre: „Les archives surréalistes de la sexualité“, dans: ib. (ed.): Recherches sur la sexualité, Gallimard 1990, p. 8 (Archives du surréalisme, no.4), cité comme Pierre, avec l’indication de la page, dans le texte. 3 Ibid. 4 „Von der Erfahrung der falschen Aufhebung der Autonomie her wird man fragen müssen, ob eine Aufhebung des Autonomiestatus überhaupt wünschenswert sein kann, ob nicht vielmehr die Distanz der Kunst zur Lebenspraxis allererst den Freiraum garantiert, innerhalb dessen Alternativen zum Bestehenden denkbar werden.“ (Peter Bürger: Theorie der Avantgarde, Frankfurt: Suhrkamp 1974, p. 73) 5 R. Desnos, op. cit., p. 23 et 8. 6 Georges Bataille: „La Signification de l’érotisme“, dans: ib.: L’Erotisme, Œuvres complètes, vol. X, Gallimard 1987, p. 632. Je cite ce volume comme X avec l’indication de la page dans le texte. 7 Paul Mann: The Theory-Death of the Avant-Garde, Bloomington/ Indianapolis: Indiana UP, 1991, p. 13. 8 Même s’il note, à la date du 5 avril 1931, dans „Les Vases communicants“ avoir voulu s’adresser à une jeune Allemande (II, p. 147 et suivantes) 9 A la question correspondante, Breton ne peut que répondre que „Evidemment.“ Et un peu plus tard: „Je suis sûr de la rencontrer.“ (Pierre, 119) 10 Je cite Breton d’apès les trois volumes des Œuvres complètes de la Pléiade: Gallimard 1988, 1992 et 1999. 11 Peut-être le fait qu’il s’agit d’une femme qui parle l’allemand, indique-t-il déjà l’impossibilité d’une liaison véritable (voire le refus des femmes ne parlant pas le français das les „Recherches“). 12 Xavière Gauthier: Surréalisme et sexualité, Gallimard-Idées 1971, p. 23. Malgré son titre prometteur et de nombreuses illustrations, le livre de Robert Benayoun, „Erotique du surréalisme“ (Pauvert 1965) se révèle sans grand intérêt pour notre perspective. 13 Par exemple: „Finalement, cet objet est peut-être plus révolutionnaire qu’érotique. [...] Cette intention de choquer, plus ou moins délibérée et consciente, apparaît un peu partout dans les œuvres surréalistes.“ (ib., p. 25) 23 Hans-Manfred Bock Zur Hybridität der Zeitschrift Lendemains Innovation, Integration, Praxisverpflichtung Die Printmedien, die im audio-visuellen Zeitalter zu überleben trachten, haben zwei Möglichkeiten: über sich selbst zu reden oder von sich reden zu machen. Dieser Marketingregel können sich nachgerade auch die wissenschaftlichen Zeitschriften nicht entziehen. Lendemains hat in seiner bald 35jährigen Existenz eindeutig mehr über sich reden gemacht (im konstruktiven, wie im destruktiven Sinne) als über sich selbst geredet. 1 Wenn nun der 70. Geburtstag des Zeitschriftengründers Michael Nerlich mit dem 35. Jahrgang des Periodikums nahezu koinzidiert, so ist das ein gegebener Anlaß, auch einmal die Zeitschrift selbst zu thematisieren aus der Sicht eines ihrer Mitherausgeber. Dies soll in den folgenden Anmerkungen geschehen. Und zwar ohne die Absicht, ein Programm nachzureichen bzw. neu zu verkünden, oder die Geschichte des Periodikums zu umreißen (was eine Aufgabe für Außenstehende wäre). Vielmehr sollen die unverändert aktuellen Wirkungsabsichten von Lendemains dargestellt und zur Diskussion gestellt werden. Der Begriff der Hybridität - so wie er gegenwärtig in positiver Semantisierung in den Kulturwissenschaften im Umlauf ist - vermag einige Eigenschaften der Zeitschrift zu bündeln, die mehr das Ergebnis lebendiger Entwicklung als das Resultat eines starren vorgefertigten Programms sind. Unter Hybridität soll in diesem Kontext verstanden werden die Verbindung von Eigenschaften einer Kulturobjektivation, die in der Regel gegensätzlichen, unterschiedlichen oder weit auseinander liegenden Systemen bzw. Spezies angehören, und die durch deren Verbindung eine neue Qualität erlangen. Da Zeitschriften als Reflexionsforen nationaler oder wissenschaftlicher Öffentlichkeit seit ihrer Entstehung in der uns heute geläufigen Form im ausgehenden 19. Jahrhundert 2 immer mindestens ebenso sehr Produkte der Zeitläufe sind, in denen sie erscheinen, wie Akteure, die auf diese Politik- und Gesellschaftskonstellation Einfluß zu nehmen versuchen, muß diese doppelte Frage nach der zeitgeschichtlichen Geprägtheit und Prägekraft von Lendemains zumindest angeschnitten werden. Die ersten Jahrgänge von Lendemains lassen keinen Zweifel daran, daß hier Personen und Themen zusammenkamen, die gesellschaftlich und fachlich etwas zum besseren hin bewegen wollten. Daß dies nicht nur ein naiver politischer Fortschrittsoptimismus war, sondern ein reflektierter (das heißt argumentativ begründeter) intellektueller Gestaltungswille, wird in der Genese der Namensgebung für die Zeitschrift erkennbar. 3 Die „lendemains“ waren nicht allein eine Hommage an alle Widerstandskämpfer gegen den Faschismus, sondern auch eine Reverenz an die republikanischen, aufklärerischen und älteren Vertreter der Idee, daß die Menschen imstande sind (bzw. sein sollen), ihre öffentlichen Angelegenheiten vernunftbegründet und gewaltvermeidend zu regeln. 24 Dieser Minimalkonsens, der für die Gründergruppe bei der älteren Generation der Intellektuellen die Sympathie z. Bsp. von Wilhelm Alf und Werner Krauss sicherte, wurde in der aufgewühlten geistigen Atmosphäre der nach-achtundsechziger Bundesrepublik und des Brandtschen „Radikalenerlasses“ (1972) im universitären Bereich als Provokation aufgefaßt. Zumal da die jungen Hochschullehrer, die sich an der Zeitschriftengründung beteiligten, aus ihren lebensgeschichtlichen Erfahrungen in Frankreich die Überzeugung mitbrachten, daß eine solche Wertorientierung politisch vertreten werden müsse. Der politische Resonanzboden der Zeitschrift war in den Anfängen, Mitte der siebziger Jahre, die sich fragmentierende Studentenbewegung, die sich teilweise in den K-Gruppen selbst marginalisierte, teilweise in die Neuen Sozialen Bewegungen einmündete und teilweise in der DKP ein politisches Gehäuse suchte. Das politisch-publizistische Refugium, zu dem Lendemains in der Gründungsphase Zuflucht nahm und bei dem es technischen Beistand fand, waren politisch-kulturelle Zeitschriften, die aus der älteren neutralistischen Tradition in der Bundesrepublik kamen (Deutsche Volkszeitung), in der Kampagne Kampf dem Atomtod (KdA) (Das Argument. Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaft) oder in der Studentenbewegung entstanden waren (die anfänglich linkssozialistische Sozialistische Politik (SoPo) am Berliner Otto-Suhr-Institut). Da einige dieser Periodika in den frühen siebziger Jahren in den organisatorischen Einflußbereich der DKP gerieten, stand die neue romanistische Zeitschrift bei ihren Gegnern von Anfang an in dem Verruf, ein unsicherer Kombattant im Kalten Krieg zu sein. Die ganze Wucht dieser Kritik, die mehr von der Ablehnung jeglicher „Politisierung“ der Romanistik bestimmt war als von Beweisen für mangelnde politische Korrektheit, traf Michael Nerlich in der Frontstadt Berlin. Andererseits war die Zustimmung zu seinem Projekt bei einer Reihe von gleichaltrigen Hochschulkollegen (von denen einige zu ständigen Mitarbeitern der Zeitschrift wurden) und die Abonnement-Bereitschaft der Studierenden (von denen einige zu unentbehrlichen redaktionellen Helfern wurden) in den siebziger Jahren so hoch wie später niemals mehr. Tatsächlich bedeutete die technische Zusammenarbeit mit z. Bsp. dem SoPo- und dem Pahl-Rugenstein-Verlag nicht im mindesten deren Einflußnahme auf die redaktionelle und inhaltliche Gestaltung der Zeitschrift. 4 Die Unbefangenheit der Gründerriege von Lendemains im Umgang mit den Parteien der Linken, die sie im Frankreich der Union de la gauche erworben hatte und in Deutschland zu praktizieren suchte, brachte ihr in ihrem ersten Jahrzehnt relativ hohe Abonnentenzahlen in der akademischen Öffentlichkeit ein und zugleich das Verdikt der Botmäßigkeit gegenüber der DKP/ SEW durch ihre politischen Gegner. Im Laufe der achtziger Jahre zerbrach der gesellschaftliche Resonanzboden der Anfangsjahre der Zeitschrift in dem Maße, wie sich die Reformimpulse in den Neuen Sozialen Bewegungen eine Bahn schufen, in denen lebensweltliche Probleme (Ökologie, Friedenssicherung, Frauenemanzipation) höhere Priorität erhielten als intellektuelle und akademische Fragen. Lendemains verstärkte ab Mitte der achtziger Jahre hingegen diejenige Funktion der Zeitschrift, die auch vorher schon zu 25 ihren erklärten Zielen gehört hatte. Nämlich ein Forum für den intellektuellen und wissenschaftlichen Transfer zwischen beiden Ländern zu sein und die deutsche Frankreichforschung zu fördern. Möglicherweise trug zu dieser Umakzentuierung auch die Tatsache bei, daß mit dem Ende der Union de la gauche ab Mitte der achtziger Jahre der Glanz des politischen Exempels in der Ära Mitterrand zu verblassen begann. Redaktionspolitisch blieb für das Periodikum ein Konsens unverändert, den Michael Nerlich rückblickend so formuliert hat: „Introduire l’esprit républicain francophile, représenté par des grands Allemands de Heinrich Heine à Heinrich Mann, dans la recherche allemande sur la France et avec cela dans la romanistique par le biais du choix des méthodes et des sujets, tout en laissant une liberté totale aux collaborateurs à condition de ne pas afficher des idées d’extrême droite, xénophobes, racistes, antifrançaises ou antiféministes.“ 5 Daß dieser Konsens von niemandem dekretiert werden mußte, jedoch die Herausgeber und Mitarbeiter vereinte, kann ich aufgrund der zwölfjährigen Zusammenarbeit mit Michael Nerlich und Evelyne Sinnassamy bei der Edition von Lendemains und in Erinnerung an viele freundschaftliche Berliner Redaktionssitzungen nur bestätigen. Freundlicher Widerspruch indes sei angemeldet, wenn der Gründer der Zeitschrift gelegentlich formuliert, sie sei in den neunziger Jahren zu einer „revue scientifique ‘normale’“ geworden. 6 Die fortgesetzte Originalität des Periodikums besteht (nach meinem Urteil) in seiner Hybridität und ist nachweisbar an drei Kennworten. 1. Innovation Der intellektuelle Gestaltungswille, aus dem die Zeitschrift hervorging, war republikanisch-politisch und kritisch-fachpolitisch zugleich. Er zielte auf die wissenschaftstheoretische und -organisatorische Struktur der Romanistik, die dem prüfend selbstkritischen Blick ausgesetzt werden sollte. Nerlich formulierte diesen Anspruch 1977 so: „[...] unser Verhältnis zu Frankreich bleibt unaufhörliche Aufgabe für uns: es wird erst vorurteilsfrei sein, wissenschaftlich und völkerverbindend, wenn die demokratischen Traditionen der französischen Vergangenheit in einer gemeinsamen demokratischen Gegenwart aufgehoben werden.“ 7 Dieser innovatorische Anspruch wurde in dem Band Kritik der Frankreichforschung, der im Argument- Verlag erschien, erstmals in größerem Umfang einzulösen versucht durch eine Sammlung historischer Studien zur Frankreichdarstellung in den Geschichts-, Literatur- und Sprachwissenschaften sowie im Französisch-Unterricht. Auch die in den ersten Jahrgängen von Lendemains erscheinenden entsprechenden Beiträge hatten einen vorwiegend fachhistorischen und in geringerem Maße epistemologischen Zuschnitt. Der Gründer der Zeitschrift war schon 1972 mit einem fachkritischen Aufsatz im Argument hervorgetreten, der die historische Rolle von Ernst Robert Curtius in den deutsch-französischen Beziehungen und dessen Rolle als geistige Integrationsgestalt der westdeutschen Nachkriegs-Romanistik mit polemischer Verve thematisierte. 8 Dieser ikonoklastische Aufsatz bot viele Ansatzpunkte der historischen Kritik, 9 war jedoch ein nachhaltiger Stimulus für die selbstkritische Befassung der Romanistik mit ihrer eigenen Fachgeschichte. 26 Diese begann in den siebziger Jahren auf breiter Front in den verschiedenen Geistes- und Sozialwissenschaften und war auch in der Romanistik überfällig. Die durch diese breite Front hindurchreichende Fragestellung war: Aus welchen Antrieben, mit welchen Konzepten und welchen Folgen die Nationalphilologien in der Zwischen- und Nachkriegszeit eine offene oder uneingestandene politische Legitimationsfunktion ausgeübt hatten. In Lendemains wurde in der Folgezeit dieser Fragenkomplex in zahlreichen monographischen und dokumentarischen Beiträgen aufgegriffen und die fachgeschichtliche Selbstbefragung macht bis heute einen Teil der Originalität der Zeitschrift aus. Und zwar gerade dadurch, daß in der Romanistik beide Grundformen (und mögliche Mischformen) der politischen Legitimationsfunktion, die der primär eigennationalen oder die der wesentlich übernationalen Identitätsstiftung, zum Gegenstand der Reflexion gemacht werden. Nerlichs stark dichotomische Anfangshypothese, daß es die uneingestandene politische Hauptaufgabe der Dietzschen Romanistik-Konzeption seit dem frühen 19. Jahrhundert gewesen sei, als „Kriegsmaschine“ gegen die französische Nationalkultur und zur Absicherung bzw. Selbstbehauptung deutscher Kollektividentität zu dienen, 10 hat sich teils bestätigt, teils als fragwürdig erwiesen und auf jeden Fall differenziert. Die komplementäre fachgeschichtliche Arbeitshypothese, daß die Kritiker der primären Arbeit an der eigennationalen Identitätsbildung zu jeder Zeit in der Romanistik-Geschichte in der Minderheit gewesen seien, hat sich durch neuere einschlägige Forschungen eindeutiger bestätigt. 11 Aber auch hier hat die Diskussion über die nicht nur politischen, sondern auch methodologischen Anschlußmöglichkeiten an die kritische Minderheitstradition in der romanistischen Fachgeschichte noch kaum begonnen. Die Zweckbestimmung der fachgeschichtlichen Forschungen in Lendemains (im Verhältnis zu denen die wissenschaftstheoretische Reflexion defizitär geblieben ist) war jederzeit darauf gerichtet, zur zeitgemäßen Erneuerung der Wissenschaftsdisziplin beizutragen und diese zu fördern. Angesichts der beschleunigten Veränderung der nationalstaatlichen Verfaßtheit der Gesellschaften im Zeichen der Europäisierung und Globalisierung ist es absurd und letztlich selbstmörderisch für eine Hochschul-Disziplin, diesen neuen Gegebenheiten nicht Rechnung zu tragen. Ihre politische Legitimationsquelle kann nicht länger vorrangig die Vollendung der nationalen Eigenkultur sein, sondern muß die Weiterformung derselben durch die Öffnung zu denjenigen nationalen Fremdkulturen werden, mit denen die historischen Verknüpfungen und der sozio-ökonomische Verkehr dies nahelegen. Es gibt in der minoritären Wissenschaftstradition der Romanistik Forscher, die die „naiven Gewißheiten“ (Victor Klemperer) der Existenz unveränderlicher Nationalcharaktere in Frage gestellt haben und denen Lendemains viel Aufmerksamkeit gewidmet hat. 12 Diese Forschungen müssen fortgesetzt werden, und die Entwürfe übernationaler Zusammenarbeit und wechselseitiger Verflechtung zwischen Deutschland und Frankreich sowie anderen Nationen sind kritisch zu befragen auf ihre Übertragbarkeit auf die Gegenwart. 27 Deutsche Romanisten und französische Germanisten sind im 19. und 20. Jahrhundert immer zugleich (und selten ausschließlich) Konstrukteure und Kritiker nationaler Identität gewesen. Da sich diese tragende Legitimationsgrundlage im Übergang zum 21. Jahrhundert als immer brüchiger erweist, ist es nicht verwunderlich, sondern erfreulich, daß die Aufgabe der Erforschung dieser Doppelfunktion, die von den Vertretern der Nationalphilologien ausgeübt wurde, in den letzten zehn Jahren in beiden Ländern insbesondere auch von jüngeren Wissenschaftlern aufgenommen wurde. 13 Die bahnbrechenden fachgeschichtlichen Studien von Frank-Rutger Hausmann zur deutschen Romanistik haben hier wohl bereits anregend gewirkt. Ihre engere fachöffentliche Diskussion in der (Franko-)Romanistik ist hingegen bislang schwächer als ihre Kenntnisnahme in der breiteren Medien-Öffentlichkeit. Ohne diese fachinterne Debatte über epistemologische Verirrungen und politische Irrtümer, aber auch über die methodologischen und quellenbezogenen Probleme dieser Forschungen besteht die Gefahr, daß ihre Ergebnisse ungewollt zum Alibi geraten und die Reformeffekte, die von ihnen ausgehen könnten, ausbleiben. Die selbstkritische Fachgeschichte wird in den anderen Geistes- und Sozialwissenschaften, in den Geschichtswissenschaften und der Germanistik, in den Politikwissenschaften und der Soziologie z.B., inzwischen eingehender betrieben und lebhafter diskutiert als in der Romanistik. So ganz abwegig kann die beharrliche Aufforderung zur Aufarbeitung der Fach- und Wissenschaftsgeschichte, die in Lendemains vertreten wird, also nicht gewesen sein. Auch das Argument, daß die Heftigkeit der Nerlichschen historischen Fachkritik eine systematische Bearbeitung dieses Sujets eher behindert als gefördert habe, kann nach den mittlerweile von verschiedenen Autoren vorgelegten Studien nicht mehr überzeugen. Als Vehikel romanistischer Reform gab Lendemains in den siebziger Jahren der Konferenz der Romanischen Seminare der Bundesrepublik Deutschland und Westberlins viel Raum. Diese hochschulpolitische Vereinigung nahm dezidiert kritisch öffentlich Stellung zu den Fällen, in denen Romanisten aufgrund des „Radikalenerlasses“ disziplinarrechtlich belangt wurden. Sie leistete aber auch Reformarbeit im Detail, indem sie in vielen Kommissionen technisch elaborierte Vorschläge zur Neugestaltung von Studium und Lehre der Romanistik vorlegte. Während diese hochschulpolitischen Aktivitäten in den achtziger Jahren zum Erliegen kamen, traten die Umrisse einer wissenschaftspolitischen Reform-Allianz in der Zeitschrift mit größerer Beständigkeit hervor. Michael Nerlich hat sie rückblickend charakterisiert als Verbindung mit „bereits bestehenden, bislang aber eher marginalisierten Potentialen“ 14 der Franko-Romanistik, die durch die Reformbewegung möglich geworden sei. Diese wissenschaftspolitischen Potentiale macht er aus in der „Konstanzer Schule um Hans Robert Jauß mit seiner hermeneutisch-geschichtlichen Rezeptionsästhetik“ und in der „Freiburger Schule um den Krauss- Schüler Erich Köhler mit ihrem sozialgeschichtlich-soziologischen Forschungsanspruch“. 15 Es stellte sich namentlich mit den Literaturwissenschaftlern beider „Schulen“, die in den siebziger Jahren Professuren erhielten, ein Diskussions- und punktueller Arbeitszusammenhang her, der für die literaturwissenschaftlichen und literaturgeschichtlichen Studien in Lendemains Maßstäbe setzte. 28 Zu den bleibenden Hybriditätsmerkmalen der Zeitschrift wurde es auch, daß in ihren Rubriken neben den (in der Regel) solide recherchierten und belegten Abhandlungen andere Textsorten Aufnahme fanden. Und zwar fachliche und aktualitätsbezogene Diskussionen und Berichte ebenso wie die (lange Zeit von Alain Lance und Evelyne Sinnassamy höchst kompetent betreute) Rubrik der französischen Erstveröffentlichung von belletristischen Kurztexten. Wurden anfangs noch die wissenschaftlichen Texte der Zeitschrift vom Französischen ins Deutsche übersetzt, so wurde es bald schon zur Regel, dem Prinzip der Zweisprachigkeit zu folgen. Dies trug wahrscheinlich zum Verlust von Abonnenten in den achtziger Jahren bei, war aber für die Anwerbung frankophoner Autoren förderlich. Auf diese Weise konnte in Lendemains ein kleines Stück weit grenzüberschreitende wissenschaftliche Öffentlichkeit hergestellt werden. Auch die Textvariante des Essays, eine literarische Darbietungsform der klassischen Kulturzeitschrift, findet in Lendemains ihren Platz. Insofern mischen sich auch typische Komponenten der Wissenschafts- und der Kulturzeitschrift in dem unkonventionellen Periodikum, das weit mehr ein Spiegel wissenschaftlicher und intellektueller Kontroversen als nur eine Chronik des franko-romanistischen Fachbetriebs geworden ist. Die wissenschaftlichen Innovationsanläufe und Reformbestrebungen, die den Weg der Zeitschrift abstecken, sind gegenwärtig keineswegs obsolet, obwohl die Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf die Franko-Romanistik den gegenteiligen Eindruck vermitteln können. Dessen „effets pervers“ bewirken dort zur Zeit die Untergangsperspektive einer Entkernung, Wegrationalisierung und Parzellierung der Hochschul-Disziplin. 16 „Daß gerade ein Fach wie die Romanistik mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses besondere Probleme hat, entbehrt nicht der Ironie. Denn paradoxerweise ist es die europäisch-romanische Orientierung, die beim Bologna-Prozeß auf der Strecke bleiben könnte, da er den bisherigen Fachstrukturen den Boden zu entziehen droht.“ 17 Nachdem viele Jahre lang in der Romanistik mit dem Argument der drohenden „Entphilologisierung“ der Disziplin deren Reformen teilweise abgeblockt wurden, zeichnet sich nun die noch größere Gefahr ihrer „Entromanisierung“ ab. Das ist kein gutes Klima für eine Erneuerung. Aber durch die ungewollten Effekte einer administrativ durchgedrückten Reform vor die Existenzfrage gestellt, wird die wissenschaftspolitische Diskussion weitergehen müssen. 2. Integration Neben der zeitgemäßen Innovation des historischen Bauplans der Romanistik unter Berufung auf republikanische Werte richtete sich der intellektuelle Gestaltungswille, der in Lendemains von Anfang an zum Ausdruck kam, auf ein zweites Reformprojekt, das nicht ohne inneren Zusammenhang war mit den vorfindlichen Strukturen der Hochschuldisziplin. Es ging um die Neufundierung und Integration eines Lehr- und Forschungssegments, das in der Geschichte der Franko-Romanistik unter den Schlagwörtern der „Realienkunde“ und der „Kulturkunde“ immer schon eine Rolle gespielt hatte und das (mit vollem Recht) in Verruf geraten war 29 nach den politisch kompromittierlichen Erfahrungen, die Vertreter des Faches mit dieser Komponente ihrer Disziplin gemacht hatten. 18 Ernst Robert Curtius gehörte zu diesen Fachvertretern und er hatte nach 1945 die Parole ausgegeben, die Finger von dieser heiklen Aufgabe zu lassen und zur reinen modernisierten Philologie zurückzukehren. 19 Der Mindestkonsens zwischen den Gründern von Lendemains und denen, die sich ihrem Projekt anschlossen, war, daß der Versuch, gemeinsame französische und deutsche republikanische Traditionen zu aktualisieren und zur inneren Festigung der deutsch-französischen Beziehungen zu nutzen, auf diesen Bereich wissenschaftlicher Erkenntnis und Lehre nicht verzichten konnte. Er sollte nicht länger an (mehr oder minder gut vorbereitete) Französisch-Lektoren delegiert, sondern reflektiert erneuert und in den Fachkanon integriert werden. Dieser Teil des Erneuerungsprogramms von Lendemains setzte auf die - wie auch immer geartete - Zusammenarbeit mit den Sozialwissenschaften, die in den siebziger Jahren ihre entscheidende Institutionalisierungs- und Professionalisierungsperiode in der Bundesrepublik durchliefen. Die prinzipielle (wenngleich noch nicht sehr zielgerichtete) Bedarfsanmeldung an kompetenter Forschung und Unterrichtung über die Geschichte, Politik und Gesellschaft des Nachbarlandes Frankreich findet sich explizit in den zahlreichen Resolutionen der Konferenz der Romanischen Seminare der siebziger und frühen achtziger Jahre. Begünstigt und gefördert wurden diese Forderungen durch den nach 1963 erfolgenden institutionellen Ausbau der bilateralen Kulturbeziehungen zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland. 20 Während in den ersten zehn Jahren die auf diesen Arbeitsbereich bezogenen Beiträge in Lendemains oft mehr von politischem Enthusiasmus und Identifikationswillen mit den aktuellen Vorgängen in Frankreich bestimmt waren als von sozialwissenschaftlicher Kompetenz, profilierte sich zur selben Zeit ab den siebziger Jahren ein auf das Nachbarland bezogenes professionelles Forschungsinteresse an zwei Stellen der wissenschaftlichen Landschaft der Bundesrepublik. Zum einen war das die historisch-sozialwissenschaftliche Forschungstätigkeit, die Gilbert Ziebura zuerst am Berliner Otto-Suhr-Institut und dann an anderen Orten seiner akademischen peregrinatio mit seinen Mitarbeitern entfaltete. 21 Zum anderen nahm das Deutsch-Französische Institut (DFI) in Ludwigsburg nach der Übernahme seiner Leitung durch Robert Picht (1972) eine neue Gestalt an als Treffpunkt sozialwissenschaftlicher Frankreichforschung. 22 Lendemains stand mit beiden Initiativgruppen sozialwissenschaftlicher Frankreichforschung in Verbindung. Und zwar (anfangs) durch die Mitarbeit von Heinz Gerhard Haupt und (auf Dauer) durch Roland Höhne, beide Ziebura-Schüler und Frankreichexperten. Auch zum Ludwigsburger DFI gab es, vermittelt über meine Mitarbeit an beiden Orten, punktuelle Verbindungen, die aber aufgrund politischer Unverträglichkeiten keine dauerhafte institutionelle Form annahmen. Nach meiner Übernahme der Herausgeber-Verantwortung für den historisch-sozialwissenschaftlichen Teil der Zeitschrift (1988) und meinem Einstieg in die Herausgeber-Equipe des Ludwigsburger Frankreich-Jahrbuchs kam dann aber doch qua Personalunion ein auf Dauer (bis 2000) gestelltes Verhältnis wechselseitiger Respektierung und 30 Kenntnisnahme zustande. Es gehört zu den irrationalen (und damit letztlich rätselhaften) Verweigerungen im Reformprozeß der Franko-Romanistik, daß von ihr das Angebot des DFI-Direktors zur produktiven Zusammenarbeit abgelehnt wurde, 23 das von Seiten von Lendemains wenn schon nicht institutionell, so doch zumindest faktisch umgesetzt wurde. Als Dokument der versuchten Gemeinsamkeit zwischen Lendemains und DFI mit dem Ziel der sozialwissenschaftlichen Fundamentierung der „Landeswissenschaften“, wie dessen Befürworter das Zielobjekt zu benennen begannen, mag der Beitrag Michael Nerlichs zur ersten großen programmatischen Buchveröffentlichung des DFI gelten, die 1974 erschien und die unmittelbar durch Robert Pichts und mein Auftreten vor dem Plenum des Romanistentages in Heidelberg (1973) angeregt worden war. Sie trug den bezeichnend hoffnungsvollen Untertitel „Ansätze zu einer interdisziplinär orientierten Romanistik“. 24 Nerlich plädierte dort „Gegen die ‘ Landeskunde’ - für die Vernunft“ und meinte damit die diskreditierte Kulturkunde- Tradition der deutschen Romanistik und deren Ersetzung durch die „wesentlichen Bestandteile des Französischstudiums“, als die ihm „Ökonomie, Politik (Geschichte), Kultur (speziell Literatur und Medien) und Sprachunterricht (sowie Sprachwissenschaft)“ galten. 25 Er pointierte den Handlungsbedarf in dieser Frage der Fach-Erneuerung durch Integration neuer Erkenntnisbereiche, indem er in Aussicht stellte, was die voraussehbaren Folgen des Scheiterns dieser Aufgabe wären: „Dann ist die Frist bereits jetzt abgelaufen zugunsten der pragmatischen Nutzeffekterhöhung der Ausbildung zur Französisch sprechenden Produktivkraft.“ 26 Die in den folgenden Jahrzehnten nie ganz verstummende Debatte über diese Art der Hybridisierung der Romanistik zum Zwecke ihrer besseren Überlebensmöglichkeiten führte niemals zu einem Einvernehmen aller Beteiligten. Sie lief sich vor allem fest in der umstrittenen Frage der Überbzw. Unterordnung der an diesem neu zu bauenden Disziplinen-Gefüge beteiligten Fachanteile. Vor allem von den romanistischen Literaturwissenschaftlern und -historikern, die zur gleichen Zeit den Siegeszug der Didaktik als universitäre Komponente der Romanistik zu verkraften hatten, kam die Einwendung, das bedeute eine verdeckte „Entphilologisierung“ ihrer Disziplin. Die konstruktivste Einlassung auf die in der „Landeswissenschaften“-Diskussion verhandelten Fragen kam aus den Reihen der Hochschul- und Schuldidaktiker, deren Argumente in den siebziger und achtziger Jahren schwer wogen, da zu der Zeit noch die gesellschaftliche Hauptaufgabe der Franko-Romanistik in der Ausbildung von Französischlehrern bestand. In der Zusammenarbeit von Didaktikern und DFI-Sozialwissenschaftlern wurden z.B. die „Stuttgarter Thesen zur Landeskunde im Französischunterricht“ formuliert, 27 die zumindest in die Französischlehrer-Ausbildung hinein Auswirkungen hatten. 28 Die Landeswissenschaften-Debatte wurde jederzeit in Lendemains nicht nur registriert, sondern auch aktiv geführt, fand aber auch im Frankreich-Jahrbuch eine Plattform. Die institutionelle Verankerung der Landeswissenschaften bzw. der Kulturwissenschaften durch die Einrichtung von entsprechenden Romanistik-Professuren begann in den achtziger Jahren in begrenztem Umfang und auf durchaus unter- 31 schiedlichen konzeptionellen Grundlagen. 29 Sie muß auf diesem erhöhten institutionellen Sockel auch theoretisch und methodologisch fortgeführt werden im Dialog mit den Literatur- und Sprachwissenschaften sowie der Sprachlehrforschung. Auch in diesem Bereich lebendiger Wissenschaftsentwicklung hat Lendemains Anstöße gegeben, ohne die in dieser Zeitschrift bevorzugte sozialwissenschaftliche Begründungsvariante der Landeswissenschaften auf breiter Front durchsetzen zu können. Dies ist umso weniger schwerwiegend, weil das Periodikum seit den späten 1980er Jahren zu einem publizistischen Gravitationszentrum historisch-soziologischer Erforschung der deutsch-französischen Gesellschafts- und Kulturbeziehungen für das 20. Jahrhundert geworden ist. In diesem Forschungsansatz sind die sozial- und kulturwissenschaftlichen Konzepte keine Gegensätze, sondern komplementäre Erkenntniskategorien. Es bleibt allerdings auf allen Ebenen (auf dem wissenschaftstheoretischen, methodologischen und konzeptuellen Niveau) ein beträchtlicher Klärungsbedarf mit Bezug auf die Anschluß- und Verbindungsmöglichkeiten zu den traditionellen Subdisziplinen (Literatur- und Sprachwissenschaft) und der Sprachlehrforschung. Die bisherigen hochschulpraktischen Erfahrungen im Umgang mit dieser Herausforderung zeigen sinnvolle Möglichkeiten auf niedrigerem Niveau (thematische Komplementarität) oder auf höherer Stufe (methodische Verschränkung). 30 Auch hier muß konstatiert werden, daß eine solche Zusammenführung in Zeiten der wissenschaftlichen Grundlagenkrise nicht leichter wird, da die einzelnen Disziplinen unter diesen Umständen eine Tendenz entwickeln, sich im Kampf um die Ressourcen gegeneinander abzuschließen und sich in ihrem Themenkanon und etablierten Kategoriesystem einzuigeln. 31 3. Praxisverpflichtung Der dritte Hybriditätsaspekt von Lendemains besteht darin, daß die Zeitschrift mit ihrer praktischen Wirkungsabsicht auf die soziokulturellen Akteure der deutschfranzösischen Verständigung und Kooperation verwiesen ist. Diese Akteure sind die Französischlehrer, denen immer schon die Aufmerksamkeit der Hochschul-Romanistik galt. Neu ist aber in den bilateralen Beziehungen des 20. Jahrhunderts, daß eine stetig wachsende Zahl von zivilgesellschaftlichen Akteuren dort tätig werden, die weder Instrumente der offiziellen Kulturpolitik zwischen beiden Nationen, noch isolierte Privatleute sind. Sie konstituierten sich in organisatorischer Gestalt während der hoffnungsträchtigen Locarno-Ära der späten 1920er Jahre, wurden von den Nationalsozialisten von 1935 bis 1945 für die Zwecke der kulturellen Unterwanderung genutzt und entfalteten sich auf neuer Grundlage vor allem in den Nachkriegsjahrzehnten. 32 In diesen Organisationen ist das Informations- und Interpretationsbedürfnis über das andere Land konzentriert und die dort aktiven Mitglieder sind potentielle Multiplikatoren im zwischenstaatlichen Kommunikationsraum. Die von Michael Nerlich vertretene Vorstellung von der deutsch-französischen Gemeinsamkeit im Geiste der Republik hatte z.B. Vorläufer in der Zwischenkriegszeit, die (in Frankreich und Deutschland) in der Ligue des droits de l’homme / Bund 32 Neues Vaterland, dann Deutsche Liga für Menschenrechte oder (in Frankreich) in der Union pour la vérité sich zusammenschlossen. 33 Die praxisverpflichteten Merkmale von Lendemains traten - auch in der Folge des cultural turn in den Geschichts- und Sozialwissenschaften seit den 1980er Jahren - vor allem in zwei Forschungsfeldern hervor, die teilweise erst definiert werden mußten. Nämlich in der Intellektuellenforschung und in der Forschung zu den zivilgesellschaftlichen Akteuren zwischen beiden Nationen. Die Intellektuellen-Thematik war seit dem ersten Heft von Lendemains gegenwärtig in der Zeitschrift, da diese (in Frankreich traditionell anders als in Deutschland bewertete) Sozialfigur gleichsam die modale Persönlichkeit der „republikanischen Synthese“ im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts darstellte. 34 Nicht nur die dominant positive Konnotation des Intellektuellen-Begriffs war in Frankreich weiterentwickelt, sondern auch die geschichts- und sozialwissenschaftliche Bearbeitung des Themas war in den achtziger Jahren dort weiter fortgeschritten. Es galt, die Erträge dieser Forschungen (für die Jean-François Sirinelli und Pierre Bourdieu die sichtbarsten Schrittmacher waren) zur Kenntnis zu nehmen, weiterzudenken und auf das Beispiel anderer Länder anzuwenden. Durch die enge und freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem Groupe de recherches sur les intellectuels und insbesondere mit Michel Trebitsch und Nicole Racine 35 konnte Lendemains in diesem Forschungsfeld eine gewisse Pionierfunktion übernehmen. Die wichtigsten ersten Schritte waren hier, den in Deutschland vorwiegend als Invektive gebrauchten Begriff von seiner polemischen Semantisierung zu befreien und den harten konzeptuellen Kern freizulegen. Das heißt, den Intellektuellen als historische und gegenwärtige Sozialfigur beschreibbar und interpretierbar zu machen. Das heißt auch, den Begriff und seinen Gegenstand aus dem emphatischen Sprachgebrauch herauszuheben und die Bedingungen der Entstehung, Wirkungsweise und Wirkungswege der Sozialfigur des Intellektuellen zu untersuchen. Der Intellektuelle, der seine Deutungsmacht, sein Organisationstalent und seine Überzeugungskraft für die Intensivierung der deutsch-französischen Beziehungen einsetzt, wird ein „Mittler“ genannt. 36 In dieser besonderen Variante des intellektuellen Mittlers, die zahlreiche Verbindungen zur Sozialgeschichte der deutschen Romanisten und französischen Germanisten einschließt, wurde das Thema in Lendemains besonders eingehend erforscht. Die kollektive, gruppenförmige Entsprechung zur individuellen Mittlerfunktion der Intellektuellen findet man in der Tätigkeit der zivilgesellschaftlichen Akteure, die zwischen beiden Ländern aktiv sind. Auch in diesem praxisbezogenen Forschungsfeld war erst einmal konzeptuelle Klärung zu schaffen. Den Weg dazu wies der seit den achtziger Jahren zirkulierende Allerweltsbegriff der Zivilgesellschaft. Da dies Konzept primär auf innenpolitische Willensbildungsprozesse bezogen war, mußte seine Brauchbarkeit für das Verstehen außenpolitischer Willensbildung und Entscheidungsfindung überprüft werden. Dies geschah anhand historischer und aktueller Fallbeispiele aus den deutsch-französischen Gesellschafts- und Kulturbeziehungen und in Übereinstimmung mit der Öffnung des Forschungs- 33 Designs der Internationalen Beziehungen für die Rolle nicht-gouvernementaler Handlungs- und gesellschaftlicher Normensysteme. Die auf diesem Feld in Lendemains unternommenen Studien richteten sich sowohl auf die offiziellen Akteure ministerieller Auswärtiger Kulturpolitik, als auch auf die zivilgesellschaftlichen Organisationen und die Bedeutung transnationaler privater Gesellschafts- und Kulturkontakte zwischen Deutschland und Frankreich. 37 Sie entstanden in Zusammenarbeit mit vielen Examinanden, Doktoranden und Habilitanden, die größtenteils in den deutsch-französischen Beziehungen tätig waren, und legten ein ganzes Archipel vergessener Organisationen, Institutionen und Gruppen frei. Lendemains bot für diese Forschungen ein publizistisches Forum und trug damit zur kontinuierlichen Arbeit an der Sozialgeschichte der deutsch-französischen Gesellschafts- und Kulturbeziehungen bei, die heute ein multidisziplinäres fruchtbares Forschungsfeld ist. Diese Studien, die teilweise in Zusammenarbeit mit Vertretern kultureller Auslandsarbeit und zivilgesellschaftlicher Verständigungsorganisationen durchgeführt wurden, hatten und haben gleich mehrere Praxisaspekte. Sie ermöglichen den untersuchten Institutionen und Organisationen, ein historisches bzw. funktionales Selbstbewußtsein und damit eine höhere Selbstbestimmung im Umgang mit der politischen Administration und den Ansprechpartnern im Aufnahmeland zu entwickeln. Sie erlauben internes Lernen durch den Vergleich neuer mit alten Programmen bzw. Maßnahmen der Institutionen und Organisationen. Und besonders die historischen Aspekte dieser Studien sind unabdingbare Voraussetzungen für die adressatengerechte Gestaltung interkultureller Begegnungsprogramme. Dieser Bereich der Erforschung und Evaluierung bilateraler Kultur-Institutionen und -Organisationen war in Lendemains anfangs weniger zentral als seit den neunziger Jahren. Dafür war ausschlaggebend, daß die organisierten deutschfranzösischen Begegnungsaktivitäten in der Bundesrepublik sehr stark verwurzelt waren im christdemokratischen Milieu, 38 zu dem es vom linksrepublikanischen Selbstverständnis von Lendemains aus keine spontane Verbindung gab. Daß diese politischen Vorbehalte auf Gegenseitigkeit beruhten, wird deutlich an einer Episode, die Michael Nerlich gelegentlich berichtet. Diesem Bericht zufolge ließ ihn Joseph Rovan (1918-2004) in den frühen neunziger Jahren bei einem Berlin-Besuch wissen, daß für ihn die in der Zeitschrift während der ersten fünfzehn Jahre vertretenen Positionen im Gegensatz standen zu allem, wofür er in seinem Leben gestritten habe. Ein hartes Urteil des damals einflußreichen politischen Beraters von Bundeskanzler Kohl und Präsident Mitterrand, der zugleich eine richtungsweisende Rolle in den zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem DFJW und (seit 1945) im Bureau International de Liaison et de Documentation (BILD) ausübte. Ein ungerechtes Urteil auch, weil es der konstruktiven Reformorientierung und der intellektuellen Mehrschichtigkeit von Lendemains nicht gerecht wurde und aus dem Freund-Feind-Denken des Kalten Krieges entsprungen war. Es sollte übrigens nicht Rovans abschließendes Urteil über die romanistische Reformzeitschrift sein. Da ich während einer Gastprofessur am Institut d’Allemand d’Asnières ein Jahr lang das Dienstzimmer mit ihm teilte, hatte ich Gelegenheit, ihn näher kennenzu- 34 lernen und seine Mittler- und Intellektuellen-Qualitäten besser einzuschätzen. 39 Man wird in der Geschichte von Lendemains - wie generell in der Intellektuellengeschichte der Bundesrepublik - die übermächtige Polarisierungswirkung des Kalten Krieges gar nicht hoch genug veranschlagen können, da sie auf der einen wie auf der anderen Seite das politische Urteil formte und deformierte gemäß der Logik des „Entweder-Oder“, die eine Argumentation des „Teils-Teils“ oder des „Sowohl-Als auch“ sehr schwierig machte. Michael Nerlichs Verhältnis zu den bilateralen zivilgesellschaftlichen Organisationen blieb unter den skizzierten Umständen eher distanziert. Er investierte in diesem Bereich aus überwiegend privater Initiative (und mit buchstäblich körperlichem Einsatz) seinen Verständigungswillen in den Aufbau des Museums in Charroux, dem französischen Ferienwohnsitz seiner Familie, der seit 2000 zum Hauptwohnsitz wurde. Er hat als Intellektueller, den nach Habermas ein geschärfter „Spürsinn für Relevanzen“ charakterisiert, 40 mit seinen Denk- und Handlungsanstößen viel veranlaßt und bewirkt in den deutschfranzösischen Beziehungen. Und er wird es weiterhin tun, solange es dort noch einen öffentlichen Raum zwischen Politik und Wissenschaft gibt. 1 Als Ausnahme cf. Lendemains, 2000, Heft 100, das Dossier über Deutsch-französische Zeitschriften; cf. besonders Michael Nerlich: lendemains, ou un mot d’adieu, und Evelyne Sinnassamy: lendemains, d’hier à aujourd’hui, de la machine à boule à internet. 2 Cf. dazu instruktiv: Michel Leymarie, Jacqueline Pluet-Despatin, Jean-Yves Mollier (dir.): La Belle Epoque des revues 1880-1914, Caen 2002; cf. auch Hans Manfred Bock, Michel Grunewald: Zeitschriften als Spiegel intellektueller Milieus, in dies. (eds.): Le milieu intellectuel de gauche en Allemagne, sa presse et ses réseaux (1890-1960). Das linke Intellektuellenmilieu in Deutschland, seine Presse und seine Netzwerke (1890-1960), Bern 2002, 21-32. 3 Dazu Evelyne Sinnassamy, loc.cit., 43 sq. und Michael Nerlich, loc.cit., 29 sq. 4 Cf. ib., 45. Als ständiger Mitarbeiter ab der ersten Stunde an der Zeitschrift vermag ich dies zu bestätigen. 5 Michael Nerlich: lendemains, ou un mot d’adieu, loc.cit., 28. 6 Ib., 34. Er schreibt dort: „[…] en 1994, enfin, difficilement et suite à des prises de position publiques et engagées de Frank Benseler, Hans Robert Jauß, Ingo Kolboom, Jean Mondot et Charles Porset, une subvention régulière de la Deutsche Forschungsgemeinschaft, transformant Lendemains dans ce sens en une revue scientifique ‘normale’ et reconnue.“ 7 M. Nerlich: Statt einer Einleitung, in: ders. (ed.): Kritik der Frankreichforschung 1871- 1975, Berlin 1977, Argument-Sonderband, 9. 8 M. Nerlich: Romanistik und Antikommunismus, in: Das Argument, 1972, H. 7/ 8, 276-313. 9 Sie wurde fortgesetzt von Peter Jehn: Die Ermächtigung der Gegenrevolution. Zur Entwicklung der kulturideologischen Frankreich-Konzeption bei Ernst Robert Curtius, in: M. Nerlich (ed.): Kritik der Frankreichforschung, op.cit., 110-133 und bei H. M. Bock: Die Politik des ‘Unpolitischen’. Zu Ernst Robert Curtius’ Ort im politisch-intellektuellen Leben der Weimarer Republik, in: Lendemains, 1990, H. 59, 16-62 und wuchs sich Anfang der 1990er Jahre zur Diskussion in der größeren Öffentlichkeit aus. 10 M. Nerlich: Romanistik: von der wissenschaftlichen Kriegsmaschine gegen Frankreich zur komparatistischen Frankreichforschung, in: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte, 1996, H. 3/ 4, 296-436. Von den zahlreichen Monographien Frank-Rutger Hausmanns cf. vor allem: „Vom Strudel der Ereignisse verschlungen“. Deutsche Roma- 35 nistik im „Dritten Reich“, Frankfurt 2000; „Deutsche Geisteswissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg. Die „Aktion Ritterbusch“ (1940-1945), Dresden 1998. Andere Ansätze zur personenbezogenen Geschichte der Frankreichforschung cf. u.a. Hans Ulrich Gumbrecht: Vom Leben und Sterben der großen Romanisten, München 2002 und H. M. Bock: Kulturelle Wegbereiter politischer Konfliktlösung. Mittler zwischen Deutschland und Frankreich, Tübingen 2005. 11 Cf. z.B. Ottmar Ette u.a. (eds.): Werner Krauss. Wege, Werke, Wirkungen, Berlin 1999; Hermann Hofer (ed.): Werner Krauss. Literatur, Geschichte, Schreiben, Tübingen 2003; Klaus Große Kracht: Zwischen Berlin und Paris: Bernard Groethuysen (1880-1946), Tübingen 2002; Claudine Delphis: Wilhelm Friedmann (1884-1942). Le destin d’un francophile, Leipzig 1999. 12 So vor allem die Dossier-Nummern zu Werner Krauss, Victor Klemperer und Hans Robert Jauß. 13 Cf. dazu z.B. Anne Kwaschik: Auf der Suche nach der deutschen Mentalität. Der Kulturhistoriker und Essayist Robert Minder, Göttingen 2008; Katja Marmetschke: Feindbeobachtung und Verständigung. Der Germanist Edmond Vermeil (1878-1964) in den deutsch-französischen Beziehungen, Köln 2008; Stefanie Müller: Ernst Robert Curtius als journalistischer Autor (1918-1932). Auffassungen über Deutschland und Frankreich im Spiegel seiner publizistischen Tätigkeit, Bern 2008; Susanne Dahlstein-Paff: Eduard Wechssler (1869-1949). Romaniste au service de la nation allemande, Thèse Metz 2006. 14 M. Nerlich: Zu den Defiziten in der (romanistischen) Frankreichforschung, in: Monika Sommer-Hasenstein (ed.): Eine Vernunftehe. Der Fall der Mauer in Berlin und die deutsch-französischen Beziehungen, St. Ingbert 2001, 138. 15 Ib., 138 sq. 16 Cf. dazu Wolfgang Asholt: Internationalisierung, Ökonomisierung und disziplinkulturelle Vielfalt aus der Perspektive eines (einst) großen Faches, in: Georg Bollenbeck, Waltraud Wara Wende (eds.): Der Bologna-Prozeß und die Veränderung der Hochschullandschaft, Heidelberg 2007, 123-131. 17 Ib., 125. 18 Cf. dazu u.a. Gerhard Bott: Deutsche Frankreichkunde 1900-1933. Das Selbstverständnis der Romanistik und ihr bildungspolitischer Auftrag, Rheinfelden 1982. 19 Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Tübingen 1993, 386 und 21 sq. 20 Cf. dazu die Überblicke in Corine Defrance, Ulrich Pfeil (eds.): Der Elysée-Vertrag und die deutsch-französischen Beziehungen 1945 - 1963 - 2003, München 2005. 21 Dazu Adolf Kimmel: Gilbert Ziebura: seine Bedeutung für die deutsche sozialwissenschaftliche Frankreichforschung und seine Rolle in den zivilgesellschaftlichen deutschfranzösischen Beziehungen, in François Beilecke, Katja Marmetschke (eds.): Der Intellektuelle und der Mandarin. Für Hans Manfred Bock, Kassel 2005, 461-480. 22 Cf. die Darstellung und Dokumentation bei H. M. Bock (ed.): Projekt deutsch-französische Verständigung. Die Rolle der Zivilgesellschaft am Beispiel des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg, Opladen 1998. 23 Als Stellungnahme cf. Robert Picht: Frankreichkunde an der Humboldt-Universität oder die Selbstisolierung der Romanistik, in: Dokumente, 1993, H. 4, 305-309. 24 Robert Picht (ed.): Perspektiven der Frankreichkunde. Ansätze zu einer interdisziplinär orientierten Romanistik, Tübingen 1974; die programmatischen Leitbeiträge dort stammten von Alfred Grosser, Hans Manfred Bock, Michael Nerlich sowie Gerhard Blitz und Hans Ulrich Gumbrecht. 25 M. Nerlich: Gegen „Landeskunde“ - für die Vernunft, in: Ib., 23-40, Zitat 38. 26 Ib., 39. 27 Abgedruckt in: Robert Bosch Stiftung, Deutsch-Französisches Institut: Fremdsprachenunterricht und internationale Beziehungen. Stuttgarter Thesen zur Landeskunde im Französischunterricht, Gerlingen 1982. 36 28 Cf. Wilma Melde: Zur Integration von Landeskunde und Kommunikation im Fremdsprachenunterricht, Tübingen 1987. 29 Zur Chronik dieser Institutionalisierungsansätze cf. neben dem Beitrag von Roland Höhne im vorliegenden Heft die sehr kompetenten Studien Roland Höhne: Die romanistischen Landeswissenschaften. Das ungeliebte Kind der deutschen Romanistik, in: Stefan Fisch, Florence Gauzy (eds.): Lernen und Lehren in Deutschland und Frankreich. Apprendre et enseigner en Allemagne et en France, Stuttgart 2007, 223-235; Roland Höhne, Ingo Kolboom: „Die gestiegene Nachfrage nach Fernkompetenz“. Entwicklung und Methoden der romanistischen Landes- und Kulturwissenschaften am Beispiel der Französistik, in: Ingo Kolboom, Thomas Kotschi, Edward Reichel (eds.): Handbuch Französisch. Sprache, Literatur, Kultur, Gesellschaft, Berlin 2008, 387-416. 30 Cf. dazu den Beitrag von Roland Höhne zum vorliegenden Heft. 31 Cf. zu dieser Thematik Dorothee Röseberg, Heinz Thoma (eds.): Interkulturalität und wissenschaftliche Kanonbildung. Frankreich als Forschungsgegenstand einer interkulturellen Kulturwissenschaft, Berlin 2009. 32 Cf. dazu die Studien in Corine Defrance, Michael Kissener (eds.): Zivilgesellschaftliche Annäherungen. Wege der Verständigung zwischen Deutschen und Franzosen nach 1945, Tübingen 2009. Cf. auch den thematischen Überblick in H. M. Bock: Das Deutsch- Französische Institut in der Geschichte des zivilgesellschaftlichen Austausches zwischen Deutschland und Frankreich, in: ders.: Projekt deutsch-französische Verständigung, op.cit., 11-120. 33 Dazu erschienen in Lendemains Themenhefte in Nr. 89 und 78/ 79. 34 Cf. dazu als Problemskizze bilateral vergleichender Intellektuellenforschung meinen Essay: Intellektuelle, in: Robert Picht, Vincent Hoffmann-Martinot (eds.): Fremde Freunde. Deutsche und Franzosen vor dem 21. Jahrhundert, München 1997, 72-78. 35 Zu deren Arbeit und Entwicklung cf. Nicole Racine: Michel Trebitsch historien, in: Laurent Martin, Sylvain Venaye (eds.): L’histoire culturelle du contemporain, Cerisy 2005, 221- 234; Marie-Christine Granjon: Une enquête collective sur l’histoire comparée des intellectuels. Synthèse et perspectives, in: Michel Trebitsch, Marie-Christine Granjon (eds.): Pour une histoire comparée des intellectuels, Bruxelles 1998, 19-38. 36 Cf. dazu H. M. Bock: Créateurs, organisateurs et vulgarisateurs. Biographies de médiateurs socio-culturels entre la France et l’Allemagne au 20 e siècle, in: Revue d’Allemagne, 2001, H. 4, 101-115. 37 Als konzeptuellen Aufriß dieses Arbeitsbereiches cf. meinen Beitrag zu Ulrich Pfeil (ed.): Deutsch-französische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen im 20. Jahrhundert, München 2007, 9-29: Transnationale Kulturbeziehungen und Auswärtige Kulturpolitik. Die deutsch-französischen Institutionen als Beispiel. 38 Cf. dazu z.B. Jacqueline Plum: Französische Kulturpolitik in Deutschland 1945-1955. Jugendpolitik und internationale Begegnungen als Impulse für Demokratisierung und Verständigung, Wiesbaden 2007; Ansbert Baumann: Begegnung der Völker? Der Elysée- Vertrag und die Bundesrepublik Deutschland. Deutsch-französische Kulturpolitik von 1963 bis 1969, Frankfurt/ M. 2003; Margarete Mehdorn: Gouvernementale Kulturmission und zivilgesellschaftliche Initiativen. Französische Kulturpolitik und Deutsch-Französische Gesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland 1945-1970, Diss. phil. Mainz 2008. 39 Cf. zu seiner Biographie Hansgerd Schulte: Joseph Rovan (1918-2004), in: François Beilecke, Katja Marmetschke (eds.): Der Intellektuelle und der Mandarin, op.cit., 453-459; Gilbert Krebs (ed.): Sept décennies de relations franco-allemandes 1918-1988. Hommages à Joseph Rovan, Asnières 1989. 40 Jürgen Habermas: Ein avantgardistischer Spürsinn für Relevanzen. Was den Intellektuellen auszeichnet, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2006, H. 6, 551-557. 37 Bernard Dieterle Marienbad, un demi-siècle plus tard Une fois de plus nous errons dans de longs couloirs, nous nous perdons dans une architecture baroque qui semble se miroiter à l’infini, à la recherche d’une femme que le protagoniste désire emmener avec lui, et cet homme qui s’avance avec nous dans cet hôtel de luxe nous raconte qu’il avance dans un hôtel de luxe, cet homme à l’accent étranger est persuadé que son amour sera suffisant pour convaincre cette femme de le suivre, cette belle femme un peu théâtrale à qui il raconte des histoires, ses histoires, leur histoire, une fois de plus on ne comprend rien à ce qui se passe sur l’écran et on tente vainement de trouver un véritable fil conducteur, une anecdote avec début et fin, ou du moins quelques repères, un avant et un après, mais non, visiblement personne n’était jamais à Marienbad, surtout pas l’année dernière, il y a bientôt cinquante ans que ça dure, et que ça dure une heure et demie, le temps d’une projection, d’une vision, ça surgit du noir et y retombe, ça s’appelle du cinéma. L’Année dernière à Marienbad, 1 lion d’or au festival de Venise en 1961, est tourné par Alain Resnais dans sa période dite „littéraire“, deux ans après sa collaboration avec Marguerite Duras pour Hiroshima mon amour, sur la base d’un scénario et de dialogues d’Alain Robbe-Grillet. Il s’agit à première vue d’un des films les plus énigmatiques de l’histoire du cinéma, à cause de sa composition, qui est comparable à celle du Miroir (Zerkalo, 1975) de Tarkovski, où cependant l’imbroglio narratif est dû principalement au processus mémoriel radicalement analogique du réalisateur-narrateur (et au fait que femme et mère du protagoniste soient jouées par la même actrice), et est donc ancré dans une fond existentiel, tandis que l’opacité événementielle de Marienbad réside dans la construction d’un récit qui semble se générer au fur et à mesure de sa progression et dont il incombe au spectateur d’imaginer une minimale cohérence narrative et thématique sur la base, avant tout, des affirmations du personnage principal, c’est-à-dire d’un ensemble d’énoncés adressés à la femme qu’il aime depuis leur rencontre de „l’année dernière“, mais qui, elle, ne semble pas le reconnaître. Alors que Tarkovski organise ses réminiscences en un réseau poétique cohérent dont il constitue lui-même le foyer (en tant que réalisateur et narrateur d’un film à caractère autobiographique), Resnais, qui avait fait un usage bien différent de la mémoire en jouant sur la confrontation des personnes et de l’Histoire dans Hiroshima mon amour (1959), construit dans Marienbad une histoire à partir des invérifiables réminiscences ou imaginations du protagoniste autour de cette „année dernière“ évoquée par la parole ou par des retours en arrière purement subjectifs et qui n’accèdent jamais au statut d’image cinématographique objective, de pleine présence et donc de réalité. Or, on le sait, au cinéma, ce qui est visuellement ‘tan- 38 gible’ semble toujours être vrai (sauf bien entendu lorsqu’une séquence est explicitement marquée comme non-réelle, comme c’est généralement le cas pour des passages oniriques), et dans Marienbad le hiatus entre les images, sensées représenter la réalité (la diégèse) et la permanente affirmation de leur relativité ou de leur subjectivité provoque une puissante irritation esthétique, une déstabilisation de l’univers diégétique. Sommes-nous simplement induits en erreur par l’indécision sur le véritable statut de ce que nous voyons? Le cas le plus célèbre de ce type de trompe-l’œil filmique est celui de Stage Fright (Hitchckock, 1950), où la scène d’ouverture s’avère n’avoir été que pur mensonge d’un personnage. Le récit („I was in my kitchen, it was about five o’clock…“) glisse par fondu-enchaîné du personnage racontant au personnage agissant; l’événement narré est visualisé comme pleine présence, pris en charge et donc avalisé par la narration filmique (on passe, si l’on veut, de la première à la troisième personne, les images disent: „l’homme était dans sa cuisine vers cinq heures…“). En somme, Hitchcock - et on le lui a reproché - induit sciemment le spectateur en erreur en jouant sur le caractère objectivant de l’image par rapport à l’énoncé verbal. Fiabilité et fantastique Ce problème de la fiabilité du narrateur (littéraire ou filmique), qui est avant tout une question de perspective narrative, surgit de façon permanente dans le genre fantastique, où le statut d’un événement est par définition sujet à caution. On retrouve ça dans un film ‘grand public’ comme Fight Club, 2 où le protagoniste est schizophrène, mais le film nous cache soigneusement cet état de fait à l’aide d’une perspective narrative tronquée, le narrateur-protagoniste apparaissant sur le même plan de réalité que son antagoniste imaginaire (imaginez le Dr. Jekyll se promenant dans les rues de Londres en compagnie de Mr. Hyde), ce qui permet de faire prendre au spectateur des vessies pour des lanternes. 3 La différence entre la réalité et la présence du double est gommée de manière à provoquer un effet perturbant, cependant les actes de violence organisés par le double ont vraiment lieu. On peut fort bien - toutes proportions esthétiques, idéologiques et intellectuelles gardées - comparer Marienbad au type représenté par Fight Club, à cause d’une procédure de base clairement désignée par Alain Robbe-Grillet: „Tout le film est en effet l’histoire d’une persuasion: il s’agit d’une réalité que le héros crée par sa propre vision, sa propre parole“ (p. 12). Resnais, de son côté, a évoqué le fait en ces termes: „Dans un palace international, un étranger rencontre une jeune femme et lui raconte l’histoire d’amour qu’ils ont vécue l’année dernière. La femme nie, l’homme affirme, s’entête. Qui a raison? “ 4 S’agit-il d’un ‘mensonge, d’un pur désir, d’une stratégie de séduction, ou est-ce que la rencontre a réellement eu lieu? Le film raconte l’histoire d’une hypothétique histoire, il montre une rencontre au cours de laquelle une hypothétique rencontre précédente est évoquée et finalement se 39 concrétise. La rencontre dont on est sûr est celle de l’étranger (l’homme à l’accent étranger, joué par Giorgio Albertazzi) et la jeune femme (Delphine Seyrig). Elle se déroule, semble-t-il, sous nos yeux, tandis que l’éventuelle rencontre de l’année dernière n’existe, semble-t-il, que dans les paroles ou dans les images qu’elle suscite, donc en tant qu’évocation. Contentons-nous provisoirement de ce modèle. On a à faire à une réalité imprégnée de fiction (de scénarios imaginaires), et par conséquent, si l’on se concentre sur la procédure narrative et laisse de côté l’arsenal des motifs, à un phénomène de nature ‘fantastique’. Resnais l’a du reste exploité dans d’autres films et en particulier dans Providence (1977). Dans cette œuvre, une bonne partie du film s’avère vite être le ‘film’ mental d’un romancier à la santé menacée, qui imagine un antagonisme profond entre ses deux fils, leurs rapports à lui-même et ce qui en découle. A cause de sa consommation de vin blanc, mais aussi à cause du fonctionnement de l’imagination romanesque elle-même, il ne maîtrise que partiellement le déroulement de sa fiction (ce que nous savons par le biais de son commentaire en off). 5 Dans Je t’aime, je t’aime (1968) des effets fantastiques sont créés par la technique des sauts temporels. Dans tous ces cas de figure, l’interpénétration d’un niveau diégétique premier et de scénarios imaginaires, opérée soit par le gommage des marquages narratifs soit à l’aide de changements de niveaux, produit une impression d’incohérence dûment ciblée et réfléchie. Ce mode de narration a parfois des allures de collage, ce qui serait bien dans la veine surréaliste de Resnais, mais il rejoint surtout ses préoccupations sur la mémoire comme source des distorsions du réel (cf. Muriel, 1963), puisque mémoire et imagination fonctionnent suivant un même principe de base. Dans un registre apparenté, nous pouvons comparer Marienbad à des films de David Lynch, 6 qui nous propose par exemple dans Lost Highway (1997), Mulholland Drive (2001) ou Inland Empire (2006) des fictions basées sur des phénomènes de dissociations de la personnalité. Contrairement à Fight Club, Lynch, dans ces récits composés avec un sens cinématographique certain, ne propose pas d’explication finale, et ses films sont même partiellement dépourvus d’une véritable histoire, on s’enfonce dans un enchevêtrement inextricable sans en ressortir. On est, comme chez Resnais, dans un espace mental, dans des dédales reliant différents plans de réalité. Lynch aime lui aussi les emboîtements et les mises en abymes, ce qui fait que le cinéma lui-même (le tournage de films et le monde hollywoodien) fait partie de ses thèmes. Mais tandis que Resnais fait preuve d’une grande rigueur dans la réflexion esthétique et surtout s’attache à renouveler d’œuvre en œuvre les formes de la narration filmique, Lynch se complait un peu dans la mise en œuvre de procédés qu’il maîtrise. Il est de surcroît est porté à justifier ses systèmes par des croyances magiques (communications entre les êtres et les esprits), bref il accorde - à mon sens - un peu trop de confiance au phénomène qu’on peut nommer, en conformité avec le film d’horreur de Stanley Kubrick, le „shining“. 7 Rien de tel dans Marienbad, aucune mystique, aucun transcendantalisme (aucune horreur, non plus), mais une structure narrative qui traite du sujet - 40 il est vrai mystérieux - de la rencontre amoureuse en prenant en compte de manière exacerbée le phénomène du temps, de la conscience, de l’imagination et de la mémoire. Un fantastique pour ainsi dire sécularisé, réduit à des mécanismes mentaux et à des allusions ou à des rappels culturels. Désynchronisation Du point de vue cinématographique, c’est un procédé qui n’a pas d’équivalent littéraire, la désynchronisation, qui provoque l’effet d’étrangeté constant dans Marienbad. Depuis les débuts du cinéma parlant, la synchronisation a été le garant du naturalisme foncier de l’image mouvante: les allumettes craquent quand on les allume, les portes claquent quand on les ferme avec vigueur, les personnages parlent quand ils ouvrent la bouche: la bande-son octroie à l’image un haut degré de consistance réaliste. Or, Resnais rompt avec ce régime d’adéquation entre le visuel et l’acoustique. Il l’avait déjà fait dans Hiroshima mon amour, où, surtout dans les premières minutes, les paroles de la femme sont accompagnées d’images d’Hiroshima d’abord en concordance avec elles, mais qui ensuite fonctionnent comme contrepoints; ces images sont de nature documentaire et non pas „intérieures“ comme le seront les flash back accompagnant le récit du passé à Nevers. Dans le dernier tiers du film, le monologue intérieur de la femme déambulant la nuit dans Hiroshima est contaminé par des images d’une caméra se déplaçant dans Nevers: les pensées, leur contexte réel et les réminiscences sont ainsi juxtaposés de manière asynchrone pour ce qui est du contenu, mais homogène en ce qui concerne le mouvement. C’est ce genre de relation entre la bande-son et les images que Marguerite Duras explorera dans ses films, que ce soit India Song (1975, avec Delphine Seyrig), Le Camion (1977) ou ses divers courts métrages. Dans India Song, les voix des personnages sont systématiquement en off et il s’y ajoute les voix de témoins-narrateurs; la synchronisation est abolie au profit une dissociation entre vision et écoute. Dans Marienbad le principe de l’asynchronisme est posée d’emblée, puisque dès le générique, la voix de l’étranger se fait entendre, comme si elle était générée par le titre. Or cette voix off, qui va surgir tout au long du film, n’est pas celle d’un monologue intérieur, mais de l’étranger s’adressant à la femme qu’il aime, mais qui aussi bien s’adresse en tant que narrateur au public et semble commenter les images qui défilent sur l’écran. L’étranger parle à au moins trois niveaux: en tant que personnage visible sur l’écran, sous forme de voix off, mais aussi sous forme d’une voix over, en tant qu’elle n’est pas simplement hors image, mais surplombe le récit dans sa position de narrateur général. On a passablement insisté sur la thématique du regard chez Resnais, 8 mais dès ses premiers films, nous assistons à une mise en œuvre de la bande-son qui est tout aussi fondamentale. Le cinéma regorge de voix narratives (voyez par exemple, dans la production contemporaine, le narrateur homodiégétique de Fight Club, et, à l’opposé, le narrateur omniscient de la trilogie américaine de Lars von 41 Trier), mais elles sont dans la plupart des cas unilatérales, clairement assignées à une position. Resnais, lui, en joue sur différents registres et en fait un instrument fondamental pour déstabiliser le rapport aux images, et donc pour conforter, problématiser ou défaire la diégèse. Lors de la longue et célèbre séquence initiale (où du reste Resnais ne respecte pas vraiment les dialogues de Robbe-Grillet), 9 s’instaure une jeu sur la personne et le temps. Pendant le générique il est question à plusieurs reprises de „celui qui s’avance“ (position hétérodiégétique, verbe au présent), lorsque le film (images prises dans le château) débute, la voix dit „je m’avançais“ (position homodiégétique, verbe à l’imparfait), ce n’est qu’à la septième minute que le narrateur adresse son propos en précisant „je m’avançais comme à votre rencontre“. Sa voix n’est pas localisable par rapport aux images, et est instable, elle émerge, s’estompe et ressurgit (et se différencie donc radicalement des voix off traditionnelles, présente par exemple dans de nombreux films noirs). Pendant ce temps, nous ne voyons ni un homme qui s’avance dans un hôtel immense, baroque et luxueux château, ni ce que verrait cet homme (en caméra subjective), mais sommes portés dans les couloirs et salons de cet hôtel par une série des travellings descriptifs, parfois en contre-plongée, avec des gros plans (un peu comme dans un documentaire d’art), le tout sans rapport direct avec les paroles, mais reposant (comme dans le cas cité plus haut) sur le parallélisme du mouvement: la caméra, en effet, „s’avance“ elle aussi dans le bâtiment évoqué par la voix off. Ainsi, tout se passe comme si le récit des images était décalé par rapport à la voix narrative, et cette relation dissonante, qui va se moduler et s’approfondir tout au long du film, met en place un asynchronisme fondamental constitué de contrepoints, de contradictions, d’adéquations et d’analogies passagères. La diégèse est minée, labyrinthique, insaisissable: la voix off débouche sur une réplique théâtrale, les discours s’entremêlent, le niveau du ‘réel’ se dérobe au profit de représentations, d’imaginations, de miroirs et de répétitions. Cela affecte aussi le statut de l’image filmique; il est incertain, variable, hésitant souvent entre la prise photographique (arrêt sur image) et le cinéma muet (de la musique, mais ni bruitages ni paroles). Le film se déroule comme un ruban de Möbius, on passe imperceptiblement d’un plan de réalité à l’autre (procédure abondamment mise en œuvre par Robbe- Grillet, surtout dans sa seconde phase). La diégèse est minée, mais, et c’est là la force de Marienbad, elle est néanmoins tout à fait existante précisément à travers ces étagements et ces mises en abymes. Car malgré les procédures de déréalisation, les changements de niveaux, et l’asynchronisme, une histoire d’amour prend forme, avec un début (une rencontre) et une issue (le départ du couple). En effet l’indétermination ne signifie pas l’arbitraire, le chaos ou le non-sens, et à travers ses répétitions, ses va-et-vient, ses miroitements et ses hésitations, le film offre suffisamment de points d’appui pour constituer une histoire fort simple, un début d’histoire d’amour entre la jeune femme et l’étranger. Marienbad fait si clairement référence à une banale situation triangulaire (femme, mari, amant), 10 qu’il est proprement impossible de voir le film comme œuvre de pure de forme: la tension dra- 42 matique liée à l’issue (à la décision de la femme, à la ‘fuite’ du couple) existe bel et bien en tant que telle. L’histoire racontée est du reste sensiblement étayée par des allusions de type générique. Bien des scènes relèvent de l’esthétique et donc de la qualité atmosphérique et des scénarios basiques du film noir. On peut penser également au genre policier (une silhouette rappelant Hitchcock apparait brièvement, DVD 10: 50), tandis que l’emploi de l’escalier monumental contient des réminiscences de film d’horreur; les apparitions du ‘mari’ sont souvent inquiétantes, parfois fantomatiques, et le motif de la „belle captive“ (cher à Robbe-Grillet) peut renvoyer au Manderlay de Rebecca (Hitchcock, 1940), à la prison dorée du château de Citizen Cane (1941), à la riche demeure de Caught (Ophüls, 1949) etc. L’ensemble des associations possibles ‘étoffent’ l’histoire racontée dans Marienbad, histoire fragmentaire, multiple, stratifiée, narrée par le protagoniste à la femme qu’il aime, parfois avec la complicité de celle-ci. Ce récit en voix off imprègne le film d’une coloration subjective et est un facteur de cohésion, mais la perspective n’est pas purement subjective, l’histoire est narrée aussi par un instance insaisissable (comme toujours au cinéma), disons par le Grand Imagier qui organise le matériau audiovisuel. L’atmosphère Dans les films de Resnais, la musique joue un rôle décisif. Il a par exemple collaboré, chose assez rare dans le cinéma, avec un compositeur contemporain (Hanz Werner Henze) pour Muriel (1963) et pour L’Amour à mort (1984), en donnant à la bande-son un rôle primordial. La musique de Marienbad, signée Francis Seyrig, est importante elle aussi. Elle n’obéit que partiellement aux proposition de Robbe- Grillet, qui suggère pour le générique une musique „romantique, violente, passionnée comme on en entend à la fin des films où l’émotion éclate“ (p. 24) et évoque pour le cours du film une musique „faite de notes éparses (…), composition de type sériel jouée sur des instruments divers (piano, percussions, bois, etc.)“, en précisant qu’elle doit donner „plus l’impression de ‘décousu’ que de ‘cacophonie’; elle doit être à la fois inconfortable et discrète.“ (p. 66) Pour le générique, Seyrig se conforme au scénario, mais pour le reste, on a à faire à une musique d’orgue uniquement, et qui est certes tout à fait „inconfortable“, mais rarement discrète, puisqu’elle s’impose à de nombreuses reprises par son volume élevé. Il s’agit d’une musique fortement émotionnelle, lancinante, la plupart du temps créatrice d’une atmosphère pesante, inquiétante, voire angoissante. A trois reprises cependant, la musique „romantique“ ( je dirais plutôt „hollywoodienne“) du générique refait son apparition: en début de film lorsque se termine la représentation théâtrale et que le rideau se ferme. Puis, après une heure, à un moment de grande tension entre les trois personnages, elle vient se fondre dans la musique d’orgue (DVD de 59: 15 à 1: 00: 04), et cela se répète lorsque les amants visualisent la scène où ils 43 vont s’enlacer pour la première fois (DVD de 1: 17: 38 à 1: 17: 57). Cette ponctuation de moments intenses n’est qu’en partie ironique, car la musique d’orgue elle aussi joue sur des registres émotionnels et imprime véritablement son rythme et sa coloration émotionnelle au film tout entier. Marienbad est un film d’atmosphère. Cela commence dès le titre, qui suggère qu’il va être question d’événements ayant eu lieu à Marienbad, ville au nom évocateur. Le film ne se déroule pas à Marienbad, mais comme les titres de films et de livres comportant un nom de ville sont légion, notre horizon d’attente est bien celui d’une présence de la ville. Le nom „Marienbad“ imprègne d’autant plus le film qu’il n’évoque rien de très précis: c’est une célèbre ville thermale du 19 ème siècle, située en Bohème, ayant connu sa période de gloire entre 1870 et 1914, évoquant donc l’Autriche fin de siècle avec ses bâtiments de style historique (avec une célèbre colonnade pseudo-baroque datant de 1889) ou de Jugendstil, et ses parcs. Qu’évoquait Marienbad (ou Friedrichsbad ou Karlsbad) pour le spectateur de 1961? Probablement des idée de repos, de lenteur, de convalescence, de beauté, de luxe, de désœuvrement, de villégiature et d’activités divertissantes (jeux, soirées théâtrales, danse, concert) liées à la notion d’établissement thermal. Un vague passé grandiloquent, un peu désuet, aussi. Marienbad connote aussi et surtout un lieu en retrait, à l’écart, une enclave, et le choix d’un hôtel (château et parc) hermétiquement isolé du monde va tout à fait dans ce sens. La critique a porté trop peu d’attention au topo exploité par Robbe-Grillet et Resnais: l’hôtel. Un examen de toutes les (très nombreuses) scènes de films se déroulant dans des hôtels n’est pas mon propos, je me contente de deux exemples importants. Menschen im Hotel (Edmund Goulding, 1932) 11 montre les heurs et malheurs de la ‘vie’ dans un hôtel de luxe berlinois, et Hôtel du Nord (Marcel Carné, 1938) 12 fait de même, mais avec une préoccupation sociale. Dans les deux cas il y a une allégorie sousjacente, de manière plus évidente et plus générale dans Menchen im Hotel, car chez Carné, l’hôtel a une fonction de refuge, tandis que Goulding érige son établissement au rang de microcosme de la société et de l’existence. Menschen im Hotel est un récit sans héros, sans personnage principal, l’hôtel est pur lieu de rencontres, de croisements d’existences. Or c’est bien cette fonction qui est dévolue à l’hôtel de Marienbad, situé, lui, hors de tout contexte urbain, mais où, là aussi, des existences hautement anonymes se côtoient pour quelques jours, des destins se nouent - comme pour l’étranger et la femme. L’hôtel de Marienbad accuse cette dimension allégorique précisément dans la mesure où le film n’ancre le séjour des personnages - dont du reste on ne sait absolument rien - ni dans le temps (probablement le début des année trente) ni dans la géographie. C’est, dans toute la généralité de l’expression, le lieu d’un séjour. Ce lieu un peu oppressant où règnent l’ordre, les conventions sociales, la politesse, la luxueuse beauté architecturale et les habits de soirée (les robes de la femme sont tout un programme! ) n’est pas vu dans une perspective sociale, mais existentielle. Son caractère somptueux et un peu lugubre fait que le couple qui désire s’en échapper est aussi à la recherche 44 d’une ‘autre’ vie. Fuir la vie mondaine du château, opter contre l’hôtel de Marienbad, c’est un choix proprement existentiel. La musique et le lieu (l’architecture du château et du parc) contribuent ensemble à établir l’atmosphère du film - chose toujours difficilement qualifiable. Elle est en partie onirique (oniroco-fantastique), à cause des techniques de narration mises en œuvre. Le film n’est pas porté par une action linéaire, par un enchaînement d’événements, il ne raconte pas l’histoire d’une personne ou les étapes d’une histoire d’amour, mais se concentre principalement sur ce qui se passe dans la tête de l’étranger dans une durée assez restreinte. On peut observer une prédilection semblable pour la dimension atmosphérique chez David Lynch, en germe déjà dans Eraserhead (1977), de manière développée dans Inland Empire (2006), où il est impossible de déceler une ligne actionnelle cohérente et où la composition est également et à bien des égards onirique - ce par quoi on ne désigne pas la tentative de reconstituer le plus authentiquement possible un rêve, mais une procédure reposant sur des sauts analogiques ou de niveaux, des lacunes, des impossibilités logiques de toute sorte. Bien que n’étant nullement aussi patent et bariolé que dans Inland Empire, cet onirisme a été souligné dès la sortie de Marienbad par la critique, et il était même question du côté envoûtant du film. Il y a de fait une „atmosphère Marienbad“ et elle importe probablement plus aujourd’hui que les dimensions théoriques qui - nouveau roman, structuralisme obligent - ont été privilégiées au cours des années soixante et encore après, où l’on a interprété le film en mobilisant un important arsenal conceptuel. Ce n’est certes pas faux, Resnais est un cinéaste qui a le souci de l’intelligence du monde (on est loin de Fight Club), mais il a tout aussi fortement la conviction que le septième art est un art du spectacle. Cet aspect est très présent dans Marienbad, où l’atmosphère est aussi théâtrale, non pas tellement à cause du cadre mondain, mais parce que Resnais laisse ses personnages agir et parler de manière théâtrale (on peut dire que les voix de Delphine Seyrig, de Giorgio Albertazzi et se Sacha Pitoëff sont mises en scène). On est à tous les niveaux dans le jeu et dans la représentation, et c’est peut-être ça aussi que l’étranger désire inlassablement délaisser, ce qu’il ne peut effectuer qu’en se fondant dans la nuit de l’écran. Coda De temps à autre, quand on aime le cinéma, il est nécessaire de se refaire une santé. On ne peut dans ce cas que recommander un séjour dans une ville d’eau, à Marienbad par exemple, l’année dernière, en 1961 ou vers 1930 - avec Alain Resnais. C’est revigorant et laisse des souvenirs impérissables. 45 1 Je me référerai dans le texte aux pages du scénario: Alain Robbe-Grillet, L’Année dernière à Marienbad. Ciné-roman. Paris, Les éditions de minuit, 1961) et aux indications temporelles du film sur support DVD: Alain Resnais, L’Année dernière à Marienbad (1961), DVD, 2007. En ce qui concerne la critique, on trouvera une bibliographie complète dans l’ouvrage de Scarlett Winter, Robbe-Grillet, Resnais und der neue Blick. Heidelberg, Carl Winter 2007. Je me suis en outre particulièrement basé sur les textes suivants: James Monaco: Alain Resnais. The Role of Imagination. London 1978; René Prédal, L’Itinéraire d’Alain Resnais. Paris, Lettres Modernes, 1996; Stéphane Goudet (éd.), Alain Resnais. Anthologie Paris, Gallimard, 2002 (en particulier l’article de Jacques Brunius); Suzanne Liandrat-Guigues, Jean-Louis Leutrat, Liaisons secrètes, accords vagabonds, Cahiers du cinéma, 2006; Emma Wilson, Alain Resnais, Manchester, New York, Manchester University Press, 2006. 2 David Fincher, 1999, d’après un roman de Chuck Palahniuk. 3 Cela permet surtout de justifier une indigeste débauche de violence (chérie, semble-t-il, par les amateurs de mainstream) en la mettant sur le compte d’un malade à la personnalité scindée. Jouant avec les mêmes ressorts narratifs (et une semblable complaisance pour la violence), on peut mentionner Secret Window de David Koepp, 2004 (d’après une nouvelle de Stephen King). Il s’agit ici de l’histoire d’un écrivain en pleine crise amoureuse accusé de plagiat par un dénommé Shooter (oui! ), qui s’avérera n’être est que la détestable incorporation d’un de ses héros, le tout débouchant sur une folie schizophrène qui l’amènera à obéir l’injonction de ce nom propre (shoot her! ) et à tuer brutalement, entre autres, sa femme. Là aussi, monsieur Shooter nous est présenté comme personnage certes mystérieux, mais bien réel, alors qu’il n’existe que dans la tête du protagoniste. 4 Déclaration de 1961, citée par Emma Wilson, p. 70. 5 Contrairement au produits du genre Fight Club, Resnais intègre dans Providence une réflexion sur son procédé, il met, sans pour autant être théorique, sa fiction à distance. 6 Il va sans dire que bien d’autres comparaisons sont envisageables (cf. par exemple Emma Wilson, p. 67), je tente ici une voie jusqu’à présent peu explorée. 7 1980 (d’après un roman de Stephen King). Il est fait allusion à ce film dans le documentaire de Luc Lagier (de 2005) inclus dans le DVD L’année dernière à Marienbad) dans les termes suivants: „film sur la toute puissance des images mentales et sur leur circulation d’un personnage à un autre“ Images mentales et leurs contamination. Mais dans Marienbad cette contamination n’est pas d’ordre irrationnel, c’est par la parole qu’elle s’effectue. Le „shining“ de Kubrick / Stephen King est une transmission magique, et le passé lugubre du sinistre bâtiment, l’hôtel Overlook, hante véritablement les lieux. Tout ce fatras de l’épouvante est absent de Marienbad. 8 Cf. surtout le récent ouvrage de Scarlett Winter. 9 Ce qui est perceptible surtout avec les supports Video et DVD, qui, rappelons-le, n’existaient pas pour les premiers critiques, qui s’en sont référés au scénario de Robbe- Grillet. D’une manière générale, ce scénario, fondamental pour la genèse du film, a (trop) fortement orienté les analyses du film lui-même. 10 Même si le personnage joué par Sacha Pitoëff n’est pas expressément désigné comme mari, sa fonction de rival jaloux, inquisiteur et souffrant est patente, les affrontements avec l’étranger ayant lieu surtout dans les parties de jeu. Cependant des exercices de tir au pistolet constituent une allusion sans équivoque à un possible duel, ou même - la scène est évoquée - à un crime passionnel. 11 Film avec Greta Garbo, adapté d’un roman de Vicky Baum. De nouvelles versions ont été tournées 1945 (par Robert Z. Leonard) et en 1959 (par Gottfried Reinhard avec Michèle Morgan, Heinz Rühmann et Gerd Fröbe). 12 Adapté d’un roman d’Eugène Dabit. 46 Rose Duroux Enrique Díez-Canedo Un grand critique espagnol A mes amis des deux rives Michael Nerlich Aurora Díez-Canedo L’histoire de la critique contemporaine ne peut ignorer le nom de l’une des personnalités espagnoles les plus marquantes de la première moitié du XX e siècle: Enrique Díez-Canedo. Cet écrivain s’emploie à faire connaître à un vaste lectorat d’Espagne et d’outre-Atlantique les littératures contemporaines et les auteurs qui comptent. Amoureux „jaloux-zélé“ (grec zêlos) de la littérature, il la recherche dans le temps et l’espace, la guette dans ses premiers bourgeons comme dans ses derniers éclats, lui offre son savoir et sa sensibilité, en diffuse les valeurs existantes ou naissantes. 1 Attiré par les théories de la littérature comparée, il repousse les limites nationales et s’ouvre à l’espace sans frontières de la littérature universelle. Sa pratique de la traduction nourrit sa vocation de comparatiste. Il contribue de la sorte au renouvellement des études hispaniques et, sur ce terrain, devance ses compatriotes. Il en résulte que ses „notices“ sont attendues. Ainsi Valery Larbaud porte cette mention sur son Journal le 14 janvier 1918: „Dans España de la semaine dernière, il y a une note excellente et fort judicieuse de Díez-Canedo sur Ramón Gómez de la Serna“. 2 C’est à Canedo qu’il confie la traduction de son roman phare Fermina Márquez. Il le tient, et il n’est pas le seul de sa génération, pour „le premier d’entre les critiques espagnols“. Brève biographie: une vie au service des lettres (1879-1944) Díez-Canedo se familiarise très tôt avec les langues péninsulaires, sa famille s’installant successivement à Valence, Vigo, Port-Bou, Barcelone, Madrid. C’est à Madrid qu’il entreprend des études de droit visiblement moins intéressantes, pour lui, que la poésie ou les conférences de l’Ateneo. En 1906 et 1907, paraissent ses premiers recueils de poésie. Dans le même temps, il s’adonne à la traduction poétique et à la critique littéraire ou artistique. Il aime faire dialoguer les arts. Son long séjour à Paris, de 1909 à 1911, va produire une accélération de sa carrière littéraire. Il est introduit à la NRF. Son horizon s’élargit. C’est à Paris, ville d’exils, qu’il renforce ses liens avec la culture portugaise et hispano-américaine. 47 A son retour en Espagne, il donne des cours d’histoire de l’art, de langue et de littérature françaises. En 1913, il publie avec Fernando Fortún l’ouvrage qui a fait son renom dans l’aire hispanique: La poesía francesa moderna. A partir de 1917, il participe au lancement des Editions Calpe; c’est l’occasion de faire paraître Poemas en prosa de Baudelaire, Del toque de alba al toque de oración de Francis Jammes ou de préfacer La otra América du critique chilien Armando Donoso. Chez Calleja, aussi, il publie des traductions - de Jules Renard à Heinrich Heine. Il est en relation avec les hommes de la Institución Libre de Enseñanza. Ses amis sont Manuel Azaña, Juan Ramón Jiménez et Alfonso Reyes - en Espagne depuis 1914. Il fréquente les cercles d’intellectuels, sans délaisser la poésie (Algunos versos) et les voyages à Paris. Infatigable, il assume la direction de la collection „Cuadernos literarios“ de La Lectura, avec Reyes et Moreno Villa. Sa collaboration à des revues et des journaux espagnols s’étoffe - Índice, La Pluma, Revista de Occidente, El Sol, La Voz - et s’étend à La Nación de Buenos Aires et à El Universal de Mexico L’année 1927 marque un nouveau tournant dans sa carrière. Pour la première fois, il se rend en Amérique du Sud. Les écrivains américains prennent une importance croissante dans son œuvre. Il en ramènera Epigramas americanos (1928). Il trouve le temps de traduire Siegfried de Giraudoux (1930) ou de rédiger son magistral Los dioses en el Prado (1931). A l’avènement de la République, il repart en Amérique pour une nouvelle série de conférences: New York, Mexico. De 1933 à 1934, il est „ministre culturel“ de la République espagnole en Uruguay. Il entre à l’Académie Espagnole, en 1935; son discours intègre pleinement l’Amérique. En 1936, il est nommé ministre de la Légation espagnole de Buenos Aires mais, l’année suivante, il décide de rentrer pour apporter son aide à la cause républicaine et il s’investit dans la publication de Madrid et Hora de España. A la fin de l’année 1938, alors que la guerre est pratiquement perdue, il accepte l’invitation du gouvernement mexicain dont Daniel Cosío Villegas est le médiateur. En exil, son activité demeure intense: il est présent à l’Université Autonome de Mexico, à la „Casa de España“, 3 dans les cafés littéraires et, surtout, dans les colonnes des revues. Il garde un goût marqué pour l’industrie du livre qu’il impulse. 4 L’impression de Letras de América s’achève le jour de sa mort, le 6 juin 1944. 5 La prestigieuse bibliothèque de Enrique Díez-Canedo Ordonner une bibliothèque est une manière silencieuse d’exercer l’art de la critique. J. L. Borges On l’aura compris Canedo avait un vice, „ce vice impuni, la lecture…“. Cet „amateur“ de livres - au sens larbaldien du terme -, ce „dégustateur“ (conocedor y catador dira Blanco Fombona), pratique, outre le français et l’anglais, le catalan, 48 l’italien, l’allemand, le portugais et s’intéresse au russe et au norvégien. Il traduit Whitman, Maragall, Croce, Heine, Gomes Leal, etc. Sa culture impressionne: „Lorsqu’en bavardant avec Alfonso Reyes, raconte José Luis Martínez, nous butions tous deux sur un point, don Alfonso me disait: ‘ Ça nous le demanderons à Enrique Díez-Canedo ’ “ .6 De même, c’est vers Canedo que se tourne Larbaud en mal de documentation: „Comment faire? A qui m’adresser? A Díez-Canedo? “. 7 Depuis toujours, il fréquente les bibliothèques. Le Mexicain Alfonso Reyes, en exil à Madrid, observe ce lecteur singulier: [Canedo] Dedicaba desde su primera juventud, un buen par de horas diarias a examinar cuantos libros, revistas y hojas hispanoamericanas encontraba en la Biblioteca del Ateneo de Madrid o en las redacciones de los periódicos. Era para él la cosa más natural del mundo cuando a los demás les parecía una verdadera paradoja.8 Par ailleurs, sa bibliothèque personnelle est „richissime“, une bibliothèque qu’on aimerait visiter, au XXI e siècle, comme on visite celle de ses amis: la Thébaïde de Valery Larbaud à Vichy, 9 la Capilla Alfonsina d’Alfonso Reyes à Monterrey. Impossible. La sienne a disparu, réquisitionnée, démembrée, en 1939. Une partie s’est retrouvée à la Biblioteca Nacional. Mais quid des „précieuses archives“ 10 qu’évoque Reyes? Asombrará algún día la curiosidad y minuciosidad de sus notas y recortes sobre todas las manifestaciones de la literatura de nuestra lengua, en las regiones más apartadas si es que recobramos al fin el precioso archivo, tal vez perdido en los desastres españoles.11 Essayons de redonner corps à cette bibliothèque défunte à travers le regard de ceux qui l’ont admirée et auxquels elle est apparue comme la plus riche „librairie française“ et, de loin, la meilleure bibliothèque latino-américaine de Madrid. L’écrivain chilien Armando Donoso l’a visitée en 1928: Los libros, en ringlas apretadas, cubren los muros. Librería envidiable la suya por la selección y el buen gusto, en la cual encontramos lo mejor del simbolismo francés y lo más reciente de las letras transpirenaicas: Proust, Rémy de Gourmont, Gide, Valery Larbaud; y los poetas, sobre todo los poetas, en las ediciones más raras y cuidadas. En un saloncito contiguo volúmenes americanos. El día que llegamos a visitarle nos dice: - Aquí están ustedes, todos ustedes. En efecto, pulcramente alineados en sus filas, los libros de la Mistral, de Pedro Prado, de Barrios, de Joaquín Edwards, de Contreras; las antologías de poetas, uno que otro libro antiguo; muchos volúmenes argentinos, uruguayos, mexicanos, de Cuba, del Perú, colombianos; todo lo de América, en fin; eso que responde a un estudio regular, a una simpatía constante [...].12 La voici telle qu’elle apparaît, en 1932, au Mexicain Enrique González Martínez: En aquellos muros tapizados de libros, los nuestros ocupan mayor espacio que en muchas bibliotecas mexicanas, y era para nosotros motivo de sorpresa jubilosa el advertir que en tan insigne morada, recinto para el estudio noble y el trabajo asiduo, 49 ningún autor mexicano era ignorado, ninguna obra desconocida, ningún prestigio olvidado, ningún suceso transcendental arrojado al rincón de la indiferencia.13 Il est facile d’imaginer l’amertume de cet homme dépaysé qui écrit, en 1939, en note liminaire de Letras de América, à propos des articles publiés: „ils constituent une partie seulement de ceux que j’ai écrits durant ma vie: une autre partie s’est perdue avec mes papiers et mes livres à Madrid“. Mais, obstinément, il s’entourera à nouveau de livres. Ses étudiants se souviennent: „comenzamos a frecuentar el departamento de los Díez-Canedo, por el rumbo de la Tabacalera, que se iba llenando de libros que compraba don Enrique“. 14 Et c’est à partir de cette nouvelle bibliothèque mexicaine que ses descendants travaillent à reconstituer un lieu de mémoire Díez-Canedo. 15 Ce „liseur“ généreux aime faire profiter ses amis de ses livres. Antonio Castro Leal en témoigne: „Los libros que le enviaban los escritores americanos corrían de mano en mano entre los escritores españoles.“ 16 Avec ses lecteurs, il partage ses découvertes: l’esthète en herbe, le penseur nouveau, le poète débutant… Il possède la réceptivité à l’œuvre nouvelle si bien formulée par Larbaud dans Ce vice impuni, la lecture…: Le plus grand de tous les plaisirs, peut-être, est celui de voir clairement et presque du premier coup d’œil ce que vaut un livre. Plaisir d’expert. Deux ou trois pages, souvent, lui suffisent […]. Il sera satisfait d’être un lecteur et de recommander à ses meilleurs amis, discrètement, les livres qu’il aime, qui passent presque inaperçus, et qui seront célèbres dans vingt ans.17 De nombreux contemporains ont apprécié sa „sensibilidad despierta para leer“. 18 Le critique chilien Armando Donoso admire sa vision anticipatrice des courants littéraires et artistiques en gestation: Lector tan frecuente de Apollinaire, de Cocteau, de Reverdy no podía sino ser el primero en comprender toda manifestación original de la poesía lírica. Es preciso leer sus artículos enviados a La Nación de Buenos Aires sobre la poesía nueva de España para sentir hasta donde la sensibilidad del crítico se mantiene en esta constante tensión que le permite anticiparse a cada expresión inusitada del arte.19 Pour illustrer ce flair du „libro nuevo“ (un titre de Gómez de la Serna), prenons un exemple concret: Max Aub (mais cela aurait pu être Francisco Ayala, cf. El Sol, 2- 4-1925). En 1925, Díez-Canedo rédige le prologue de Poemas cotidianos, une édition privée tirée à 50 exemplaires d’un jeune inconnu, Max Aub. C’est le premier texte qu’on ait écrit sur Aub. Le critique ne cache pas les faiblesses rythmiques de cette jeune poésie mais salue l’authenticité et la vérité multiple d’Aub („Me da la sensación de un hombre múltiple“). Prescience rare qui, de l’aveu même de Max Aub, porta loin ses fruits: Si he tenido confianza en lo que hice [...] fue porque Canedo me dijo: -Está bien, esto está bien, esto no está bien. Y tan seguro sigo fiado en su criterio que aquí lo vengo a decir: Canedo fue el crítico literario más sagaz que ha tenido España este siglo, el que supo discernir con más claridad lo que fue y queda.20 50 Mais n’allons pas faire de Canedo un cas isolé. Il fait partie de la première génération d’„intellectuels“ internationalistes (concept nouveau), avec des organes d’expression tels que La Revue européenne, et des organismes „autourdumondistes“: Bourses Albert Kahn, Société „Autour du Monde“, „Residencia de Estudiantes“, etc. De nombreux intellectuels espagnols du début du siècle ont bénéficié d’une bourse de la Junta para Ampliación de Estudios et se sont formés à l’étranger: en Allemagne (Ortega, De los Ríos), en France (Machado, Zulueta, Jiménez de Asúa). Ils seront correspondants de guerre en Angleterre (Maeztu, Araquistain, Madariaga) ou en France (Azaña, Corpus Barga, Guillén). Il y a les villescarrefour: Paris, bien sûr, mais aussi Londres où l’on fonde, en 1920, le club des „Poets, Essayists, Novelists“ (PEN Club), une association internationale pour promouvoir les relations entre écrivains du monde. Enrique Díez-Canedo est membre fondateur pour l’Espagne. 21 Et de partout arrivent des livres… C’est même un leitmotiv de la correspondance qu’échangent tous ces „passeurs“. C’est clair dans le „réseau Larbaud“, dont fait partie Canedo. VL écrit d’Italie à la libraire de la rue de l’Odéon, Adrienne Monnier: j’ai reçu mon courrier de Paris […] des cartes de Joyce (à Ostende), de Supervielle et Díez-Canedo, de Guillermo de Torre, de Pierre André-May (à Saint-Pourçain-sur- Sioule! ), de Marcel Ray, et une lettre de Ricardo Güiraldes m’annonçant l’envoi de ‘Don Segundo Sombra’.22 Critique traducteur et traducteur critique Díez-Canedo prêche par l’exemple la saisie „scientifique“ des courants littéraires à travers leurs contextes, racines et répercussions; il donne à voir des analyses „au plus près“ de l’œuvre, de sa structure, de ses ressources prosodiques… 23 Il devance ses contemporains pour valoriser les poètes oubliés - „Góngora el desconocido“ -, pour cartographier sereinement la Generación del 27, pour capter le renouveau chez les écrivains dits périphériques (catalans et portugais) dont il traduit des poèmes majeurs. 24 Sa „pesée des mots“ lui confère une véritable modernité dans le champ hispanique de la critique. Un bon exemple nous est fourni par son essai Juan Ramón Jiménez en su obra où il passe avec aisance de l’analyse textuelle à la théorie littéraire. Cet ouvrage contient une lettre où le poète de Moguer demande instamment à Díez-Canedo de s’atteler à une histoire de la littérature: „[vos analyses] feraient de vous, comme je le dis depuis vingt ans, l’historien le plus compétent et le plus serein de la littérature contemporaine espagnole en général. Pourquoi ne vous y mettez-vous pas? “. 25 Un jugement qui a du prix porté qu’il est par un poète avare en satisfecit! 51 Díez-Canedo, qui s’est familiarisé avec l’œuvre des historiens du comparatisme, excelle dans l’analyse transfrontalière et transgénérique. 26 C’est fort de cet outil qu’il pénètre la littérature étrangère et la présente au public hispanique. Il n’est pas de littérature moderne qu’il ne recherche et étudie. Aussi, hors de l’aire hispanophone, ce „Sainte-Beuve“ (comme l’appelle Chabás) jouit-il de prestige: Fitzmaurice-Kelly, Cassou, Puccini et bien d’autres apprécient sa curiosité intellectuelle toujours en éveil. Díez-Canedo aurait pu faire sienne la devise de Paul Ricœur, dans son essai Sur la traduction: „Honneur, donc, à l’hospitalité langagière“. 27 La littérature, sans la traduction, serait „tribale“ (Nyssen). Elle n’est pas une activité mineure, périphérique, en marge de l’Œuvre-à-majuscule. La tâche du traducteur est la base de la communication littéraire. De plus, elle est (re)création. Le traducteur-poète est à son élément devant les barrières du traduisible: „C’est le deuil de la traduction absolue qui fait le bonheur de traduire“. 28 N’est-ce pas la traduction de l’anglais qui a conduit Mallarmé vers ses expériences sur le langage poétique? Canedo s’intéresse aux traductions des autres. Les Géorgiques chrétiennes de Francis Jammes dans la version catalane de María Antònia Salvà lui paraissent plus sonores, plus fermes, que les françaises. Il collationne les versions en espagnol du Cimetière marin. 29 D’un point de vue quantitatif, 30 l’investissement de Canedo-traducteur se mesurerait ainsi: la langue française vient en tête suivie, loin derrière, par l’anglaise 31 et, dans une moindre mesure, par le catalan, l’italien, l’allemand 32 et le portugais. Il publie aussi des traductions faites par ses pairs. De son anthologie de 1907 à son anthologie posthume, Enrique Díez-Canedo a choisi près de deux cents auteurs, dont un nombre important de poètes vivants - beaucoup de Français mais aussi des Allemands, Anglais, Italiens, Russes, Portugais, Catalans, Américains, Belges... - ainsi que des traducteurs qu’il a sélectionnés parmi les poètes - Jiménez, Salinas, Alberti, Larrea, Altolaguirre, etc. Canedo n’a pas systématisé ses idées sur la traduction par un traité, pas plus qu’il ne l’a fait pour la critique. Mais à l’évidence chez lui la traduction est „une forme de la critique“: ses traductions et ses analyses communiquent. A tel point que la plupart des traductions qu’il publie dans España font pendant à un article: „las más de esas versiones o transcripciones han sido hechas por mí como tema de estudio, para penetrar bien la estructura íntima de los autores que iba leyendo“. 33 S’ensuivent des textes métapoétiques convaincants. Résultat: un bon traducteur - tête bien faite et bien pleine - est très demandé. On peut en juger par la lettre qu’André Gide envoie, en 1917, à Valery Larbaud, installé à Alicante, au sujet d’une éventuelle traduction de La Porte étroite: Je demande que la Casa éditorial Calleja entre en rapports avec vous et je vous demande instamment de bien vouloir juger d’après le nom du traducteur proposé (que j’ignore encore) s’il vous est déjà connu - ou d’après un spécimen de traduction que vous exigeriez - si cette traduction vous paraît devoir être comestible. Et sinon je vous serai infiniment reconnaissant de la vomir.34 52 Larbaud comme Calleja choisiront Díez-Canedo. Ce dernier avoue „travailler beaucoup“: „Fermina Márquez sera entièrement traduite en espagnol dans une semaine. La Porte étroite est chez l’éditeur. Une autre traduction que j’ai faite de Francis Jammes, De l’Angélus..., vient de paraître“. 35 Pourtant, l’effort ne transparaît nullement dans les versions espagnoles. On pourrait appliquer à Canedo ce jugement de Mathilde Pomès sur Larbaud traducteur: Ah! Cette conscience en face d’un texte, cette humilité, cette abnégation, ce constant examen des ressources de la version, et puis le choix mûri, délicat, que tout cela se sent peu dans les traductions de Larbaud, et que l’artiste a tôt fait de donner au travail le plus aride la grâce naturelle de perfection spontanée. Si Canedo pèse longuement ses traductions, en revanche c’est dans l’immédiateté qu’il compose ses chroniques de théâtre. L’un des intérêts historiques de sa critique théâtrale réside précisément dans le fait qu’il la rédige „à chaud“, souvent à l’occasion des premières, et ce, régulièrement, de 1908 à 1936, puis au Mexique dans les colonnes de Excélsior. A côté des pièces à succès, il montre l’importance des expériences menées par les théâtres d’art ou les théâtres ambulants comme La Barraca de García Lorca. Même au plus fort de la guerre civile, il en fait une „mission pédagogique“. Guillermo Díaz-Plaja rappelle son investissement dans „le théâtre de rue“ de la Barcelone en guerre: Allí tuve ocasión de tratarle cuando estaba empeñado en la singular aventura de organizar unas "guerrillas de teatro" que, por calles y plazas, habían de intentar levantar el quebrantado ánimo de la retaguardia republicana.36 Une fois au Mexique, il rassemble dans El teatro y sus enemigos 37 ses idées sur le théâtre et l’art dramatique mais aussi sur la psychologie des acteurs et leurs relations avec le metteur en scène, le public, les ressemblances et différences avec le cinéma, les cachets même. Il est fasciné par Edward Gordon Craig, théoricien du „théâtre total“ (privé de son livre de référence On the Art of the Theatre il se rabat sur la version française), et par Jacques Copeau, acteur, créateur du Vieux- Colombier, rénovateur de la technique dramatique, auteur, théoricien. Díez-Canedo était considéré par l’essayiste Juan Chabás comme le meilleur critique théâtral par sa connaissance profonde de la dramaturgie et de la scène et il appelait de ses vœux la collecte exhaustive de ses notices théâtrales, un pan de l’histoire littéraire européenne à ses yeux: Como crítico teatral de mayor autoridad y cultura que todos sus contemporáneos fijó valores, influyó en el mejoramiento de la escena, aconsejó sabiamente a los actores, alentó a los autores noveles, tuvo siempre advertencias discretas y sutiles para los consagrados. Si se pudiesen reunir sus crónicas sobre los estrenos teatrales de las temporadas madrileñas durante más de diez años, se tendría una de las guías más importantes para escribir la historia del teatro español contemporáneo y una rica colección de avisos orientadores sobre el teatro extranjero.38 53 Connaisseur de la tradition et détecteur de ruptures, Canedo sait jauger les innovations apportées par Ibsen, Strindberg, Valle-Inclán, García Lorca, etc. Sa passion pour le genre le maintient „à la pointe“. La prégnance ibéro-américaine Díez-Canedo a une relation privilégiée avec l’Amérique, une relation saluée par des écrivains des „deux rives“. 39 Dans un texte in memoriam de 1944, Juan José Domenchina souligne que cette curiosité pour les Lettres d’outre-mer est „un cas unique“. Selon lui, la plupart des écrivains espagnols ne s’intéressent aux Amériques qu’en vue d’une plus large diffusion de leur propre production. L’investissement de Canedo en revanche est désintéressé. Sa conception de „la littérature en espagnol“ n’a cure de ces égoïsmes coloniaux. Como una de sus dilecciones más evidentes, aireó en toda coyuntura, con satisfacción ostensible, la atención que le merecían las letras hispanoamericanas. Este caso, su caso, fue único - y pondérese la exactitud de este nada hiperbólico aserto - entre los escritores españoles contemporáneos. Porque los escritores españoles contemporáneos, al frecuentar las letras ultramarinas, procurábanse, sobre todo, en este comercio o intercambio, un medio, tan legítimo como eficaz, para la difusión de sus obras originales. Pero Díez-Canedo no actuó nunca con vistas a la reciprocidad. [...]. Porque para Canedo los problemas españoles no se reducían a las actividades, exclusivamente metropolitanas, de la Península. (Litoral, 14-15).40 Enrique González Martínez lancera cette boutade: „El espíritu de México tiene una sucursal en Madrid: la casa de Enrique Díez-Canedo“. 41 Selon Domenchina, certains prirent cet américanisme inusité pour une pose, voire un „cómodo subterfugio“. Mais Canedo se savait dans le vrai. Et ses complices Valery Larbaud, dont la bibliothèque hispano-américaine est extraordinaire, et Alfonso Reyes, le plus européen des Américains, l’encourageaient dans cette voie transocéanique. Ecoutons Reyes parler de celui qu’il appelait „el americano de España“. Il avait vu Canedo à l’œuvre et collaboré avec lui dans les journaux et revues durant son exil madrilène et trente ans plus tard au Mexique devenu terre d’accueil du critique espagnol. Cultura sin fardo, estilo sin estilismo, encanto sin exhibición de saltimbanqui, entendimiento universal sin alarde ni manifiestos, aceptación congénita de América sin contorsiones de americanismo; y así en lo demás. (Litoral, 39) Gabriela Mistral, qui l’appelait quant à elle „el amigo de América“, soulignera la contribution de Díez-Canedo à la modernisation d’une critique américaine limitée et agressive: La crítica constante y regular del madrileño nos ha hecho todavía un bien mayor que el de presentar nuestra literatura a los españoles, ella ha ido creando lentamente en nuestra América una modalidad de juicio sofrenada y una sensibilidad más despierta para leer. Gracias a esta escuela, como a la de Alfonso Reyes, ha amainado 54 muchísimo el matonismo de opinión en el que estábamos atollados, especie de ritmo de fusta y de pedrada.42 Dès son entrée en littérature comme critique, l’„Américain d’Espagne“ montre son intérêt indéfectible pour les littératures ibéro-américaines. Au pluriel. Il se garde de les présenter comme un magma indistinct car, s’il tient à retrouver les racines communes, il a aussi à cœur de dégager les spécificités nationales. Depuis le début du XX e siècle Canedo fréquente l’intelligentsia latino-américaine, à Paris d’abord, spécialement le Nicaraguayen Rubén Darío. Mais c’est surtout à Madrid qu’il a su entendre la leçon des écrivains du Mexique, et d’autres pays, exilés en Espagne dans les années 1910, tels Alfonso Reyes et Martín Luis Guzmán, qui lui apprennent à (re)connaître diverses caractéristiques des peuples américains. Et aussi Franscisco de Icaza, Luis G. Urbina… Son penchant pour les études de littérature comparée trouve là un formidable terrain d’application. Il est impossible de rendre compte ici du nombre d’auteurs ibéro-américains qu’il a „étudiés“ pour le public espagnol. 43 Il souligne la dette (la sienne, celle de l’Espagne) envers eux et estampille la formule la influencia de retorno pour désigner l’influx de la jeune Amérique qui féconde le vieux continent. Aussi, lorsqu’en 1935 il doit prononcer son discours d’entrée à l’Académie Royale de la Langue, le sujet pour lui ne fait-il pas l’ombre d’un doute: ce sera l’unité et la diversité des Lettres hispaniques. ¡Diversidad de América, pareja en su ser físico y en su expresión literaria! Diversidad que es, por encima de todo, aspiración a la personalidad propia y distinta, nunca lograda a expensas de la profunda unidad [...]. Todo ello para enriquecimiento mayor del tesoro literario común.44 Quand viendra son tour de prendre le chemin de l’exil, il lui sera loisible, grâce à ces liens tissés depuis longtemps, de poursuivre son œuvre déjà mûre quelques années encore, sous les auspices de personnalités telles que A. Reyes ou E. González Martínez. Ce dernier prononcera cette oraison funèbre: De no ser en su España - en su España ya victoriosa y purificada -, era en México donde debía morir. (Litoral, 20) Dernier aspect et non le moindre: le poète Bien que notre but soit ici de parler du critique, nous ne pouvons passer sous silence le poète. D’abord, parce qu’il existe un lien osmotique entre ses postulats théoriques et sa création laquelle à son tour irradie l’analyse. L’historien de la littérature Federico de Onís, son contemporain, a pu écrire que s’il ne parvient pas, comme poète, à occuper la place prééminente et unique qu’il occupe comme critique, il n’en demeure pas moins „l’un des poètes les plus distingués du moment postmoderniste“. 45 Après un long oubli, cette poésie - où Juan Ramón Jiménez décelait „le sens de la peinture et de la musique“ 46 - est exhumée par des écrivains espagnols (Tra- 55 piello) et hispano-mexicains (Muñiz-Huberman). 47 Pour Angelina Muñiz-Huberman, il est „plus connu comme critique plus aimé comme poète“. 48 Et elle dit pourquoi: Canedo conjugue harmonieusement de multiples sources: passées ou présentes, livresques ou populaires, musicales ou picturales; dans un poème ténu comme „Watteau“, pour ne prendre qu’un exemple, il parvient à rendre la tonalité dorée de la palette du peintre. Une poétique de l’intime se tisse peu à peu. Ainsi dans „Letras“ les conseils du père à son fils, teintés de philosophie, combinent délicatement l’art du conte et l’autobiographie. A. Muñiz-Huberman en vient à considérer sa poésie comme un véritable journal intime, un journal où s’inscrivent les expériences matérielles et immatérielles qui modèlent l’homme. Nous terminerons par la plaquette El desterrado / L’exilé, 49 un recueil habité à la fois par l’idée de l’exode biblique et historique. Sous le poids définitif de cet exil, la dépossession avance („toi qui n’as rien“). Muñiz-Huberman ausculte ce détachement, cette transparence, ce silence: pas d’image, pas de métaphore, pas d’écho. Mais si la poésie s’évide elle gagne en signifiance. Avec le poème „El desterrado“, qui clôt le recueil de même nom, l’épreuve que la voix poématique s’inflige à ellemême efface l’histoire et la mémoire. Un pas définitif est franchi: la voix assume sa propre mort dans la plénitude de la création („rien ne se perd: ce qui est passé et aboli est là, vivant“). L’exil n’est qu’un artifice de l’Histoire, alors que le cycle de la mort („poussière“) est naturel: une promesse d’éternel retour („germe“), tel est le mot de la fin. Le noyau dur du poème desterrar / enterrar résiste à traduction. [...] Nadie podrá desterrarte; tierra fuiste, tierra fértil, y serás tierra, y más tierra cuando te entierren. No desterrado, enterrado, serás tierra, polvo y germen. A notre sens, „El desterrado“, aboutissement d’une vie traversée par la littérature et l’histoire, est l’un des plus beaux poèmes qu’on ait écrits sur l’exil. Et ses compagnons de l’España peregrina ne s’y trompent pas. Si l’on en croit Francisco Giner de los Ríos, „El desterrado“ est considéré par les réfugiés espagnols du Mexique comme l’emblème et le chiffre de leur exil: „era la divisa de todos nosotros, la cifra de nuestro ser desterrado“. 50 Loin de nous l’idée d’enfermer l’„“honnête homme“ dans sa „librairie“, ou de le figer dans l’île de relégation (l’antique relegatio) qu’est l’exil. Pleinement homme de son temps, cet „humaniste moderne“ est de tous les combats qui comptent, avec son arme à lui: la littérature. Il ne fait aucun doute que, dans les „camps de dispersion“ de l’exil si bien cernés par José Bergamín, cet infatigable lecteur qui les a tous lus, continue de colliger, de créer du sens et du lien. Et soyons sûrs que s’il mise, inlassablement, sur la circulation littéraire, c’est par une volonté „d’éducation générale permanente“. 51 56 1 Ce texte doit beaucoup à l’écrivaine hispano-mexicaine Angelina Muñiz-Huberman, „Enrique Díez-Canedo entre la crítica y la poesía [A la memoria de Joaquín Díez- Canedo, 1917-1999]“, in: Homenaje a Enrique Díez-Canedo Reixa, CAUCE, Revista de Filología y su Didáctica, 1999-2000, n° 22-23, Université de Séville, p. 271-285; Id., „Enrique Díez-Canedo, El americano de España“, El Canto del peregrino. Hacia una poética del exilio, Sant Cugat del Vallés (Barcelone), Gexel-UAB/ UNAM, 1999, p. 139-154. 2 Valery Larbaud, Journal (1912-1935), t. I, Mallet, Gallimard, 1955, p. 190. 3 Clara E. Lida, „Los intelectuales españoles y la fundación de El Colegio de México“, El destierro español en América. Un trasvase cultural, compilation de N. Sánchez Albornoz, Madrid, ICI, 1991. EDC figurait dans le groupe initial de douze intellectuels invités par La Casa de España en México, dont les promoteurs furent Daniel Cosío Villegas et Alfonso Reyes. Elle devint El Colegio de México à partir de 1940. José Luis Abellán (coord.), El exilio español de 1939, Madrid, Taurus, 1976, 6 vol., vol. III. 4 Son fils Joaquín, l’éditeur Joaquín Mortiz, s’illustrera dans l’art du beau livre, à la manière de l’imprimeur hollandais A. M. Stols. 5 Compilations ultérieures: La poesía francesa: del romanticismo al superrealismo; deux nouvelles séries de Conversaciones literarias; Artículos de crítica teatral (4 vol.); Obra crítica, etc. Plus la correspondance éditée par Aurora Díez-Canedo, vid. infra. 6 J. L. Martínez, „Recuerdo de Don Enrique Díez-Canedo“, Cauce, op. cit., p. 13. M. Pomès confirme: „J’ai vu Díez-Canedo. […] J’espérais le coller avec Gosquet, Erlande ou Camo. Impossible! C’est lui qui m’a collée! “, Lettre du 10-9-1922, in: Valery Larbaud Mathilde Pomès, Correspondance, édition établie et annotée par Béatrice Mousli, Cahiers des Amis de Valery Larbaud, n°30 et 31, 1992-1993, n°30. 7 Lettre du 11-11-1922, „Valery Larbaud / Mathilde Pomès…“, op. cit., n°31. 8 A. Reyes, Presentación del libro Díez-Canedo, México, Letras de América, 1964, cité par P. Navarro Alcalá-Zamora, „La esencia de la dimensión iberoamericana en Enrique Díez- Canedo“, Cauce, op. cit., 287-333, p. 291. 9 La bibliothèque de V. Larbaud possède six ouvrages de Canedo, des études, des lettres, envoyés jusqu’en 1935. Consulter La Médiathèque de Vichy. Fonds Larbaud: Domaine espagnol, Numéro conçu et réalisé par R. Duroux, Cahiers des Amis de Valery Larbaud, n°36, 1999. 10 Lettre de A. Díez-Canedo à R. Duroux, Mexico, 6-9-2002: „[...] muchos de los libros que fueron ‘incautados’ al final de la guerra están en la Biblioteca Nacional de Madrid y para reconstruir lo que fue su biblioteca habría que contar con eso“. „Biblioteca saqueada e incautada“ écrit-elle dans Aurora Díez-Canedo, „Traducir poesía. Correspondencia entre Enrique Díez-Canedo y Enrique González Martínez“, Literatura mexicana (2) 2005, 187- 205, p. 197. 11 A. Reyes, Presentación..., op. cit., p. 291. 12 Armando Donoso, „Díez-Canedo, el crítico de América“, Repertorio Americano, San José, XVI, 1928, p. 46. 13 Cité par Aurora Díez-Canedo, „Traducir poesía...“, op. cit., p. 197. 14 José Luis Martínez, „Recuerdo de Don Enrique Díez-Canedo“, Cauce, op. cit., p. 13. 15 Aurora Díez-Canedo, „Apasionados de teatro. Las cartas de Cipriano Rivas Cherif (Francia) a Enrique Díez-Canedo (México) en 1939“, in: 60 Años después. Las literaturas del exilio republicano de 1939, Barcelone, GEXEL, 2000, 2 vol., t. I, p. 327. Il s’agit de la bibliothèque et des archives mexicaines de Enrique Díez-Canedo et de son fils l’éditeur Joaquín Mortiz. Voir: Edición Homenaje, Rte: Joaquín Mortiz, Université de Guadalajara, 1994. Aurora, sa petite-fille, reprend le flambeau. 57 16 Purificación Navarro Alcalá-Zamora, op. cit., 291-292, p. 287. 17 V. Larbaud, Ce vice impuni, la lecture…. Domaine anglais [1925], Paris, Gallimard, 1936, p. 24. Parmi les ouvrages dédicacés par Larbaud à Díez-Canedo, „retrouvés“ à la Biblioteca Nacional de Madrid, figure Ce vice impuni, la lecture...: „A Enrique Díez-Canedo. Su amigo VL“. Il se trouve également dans la Capilla Alfonsina de Monterrey. Reyes et Canedo s’en délectèrent. 18 Gabriela Mistral, „Díez-Canedo, el amigo de América“, ABC, 6-3-1932. 19 Armando Donoso, op. cit., p. 46. 20 M. Aub, „Enrique Díez-Canedo“, Pequeña y vieja historia marroquí, Las ediciones de los Papeles de Son Armadans, „Azanca, 3“, Palma de Mallorca, 1971, 71-81, p. 78. 21 Purificación Navarro Alcalá-Zamora, op. cit., p. 298. 22 Lettre du 1-9-1926, in: V. Larbaud, Lettres à Adrienne Monnier et à Sylvia Beach (1919- 1933), édition établie et annotée par Maurice Saillet, Editions de l’IMEC, 1991. 23 Angelina Muñiz-Huberman: „Enrique Díez-Canedo entre la crítica y la poesía“, op. cit., p. 276-278; Id., „Enrique Díez-Canedo, El americano de España“, op. cit., p. 140-141. 24 Enrique Díez-Canedo (1964) Conversaciones literarias [1e série (1915-1920), 2e (1920- 1924), 3e (1924-1930)], Mexico, Joaquín Mortiz, 1964 (de Ausiás March à Pi i Margall; de Eça de Queiroz à Teixeira de Pascoaes...). 25 Enrique Díez-Canedo, Juan Ramón en su obra & Correspondencia Juan Ramón Jiménez/ Enrique Díez-Canedo (1907-1944), Aurora Díez-Canedo (éd. et notes), Mexico, Colegio de México, 2007, Lettre du 6-8-1943, p. 112. 26 Emilia de Zuleta, Historia de la crítica española contemporánea, Madrid, Gredos, 1974. 27 Paul Ricœur, Sur la traduction, Paris, Bayard, 2004, p. 52. 28 Ibid., p. 19. 29 Conversaciones literarias, 1915-1920, Madrid, Ed. América [1921], p. 196-197. Traducteurs du Cimetière marin: J. Guillén, M. Brull, A. Gutiérrez Hermosillo, R. Lozano, R. Olivares Figueroa, etc. 30 Selon Marcelino Jiménez Léon, „Algunas ideas sobre la traducción de Enrique Díez- Canedo“, Cauce, op. cit., p. 178-179. 31 Nommé chevalier de la Légion d’Honneur, en 1931, pour services rendus à la culture française. 32 L’un de ses premiers livres de traductions Imágenes (versiones poéticas), Paris, Librairie Paul Ollendorf, 1909, inclut trois Allemands: Detlev von Liliencron, Ricardo Dehmel, Otto Julius Bierbaum. 33 „Traductores españoles de poesía extranjera“, in: Conversaciones Literarias, III, op. cit., p. 95. NB. Deux essais fondamentaux de EDC ont été publiés dans La Nación de Buenos Aires: „Traductores españoles de poesía extranjera“ (7-6-1925); „La traducción como arte y como práctica“ (16-6-1929). 34 Correspondance André Gide Valery Larbaud, 1905-1938, édition établie par Françoise Lioure, Cahiers André Gide 14, Paris, Gallimard, 1989, L 142. 35 Claire Monnier, „Un traducteur et son auteur: lettres de Enrique-Díez-Canedo à Valery Larbaud, Cauce, op. cit., 253-269, p. 264. Lettre du 27-1-1921, en français, comme toutes celles du Fonds Larbaud. 36 Guillermo Díaz-Plaja, „En el centenario de E. Díez-Canedo“, Boletín de la Real Academia Española, LIX, 1979, 449-450, p. 451. 37 El teatro y sus enemigos, Mexico, La Casa de España, 1939 (vient de faire l’objet d’une édition critique de la part de Gregorio Torres Nebrera, Badajoz, Junta de Extremadura, 2008). 58 38 Cité par Max Aub dans „Enrique Díez-Canedo“, Pequeña y vieja historia marroquí, op. cit., p. 74, cf. J. Chabás, Literatura española contemporánea (1898-1950). 39 Héctor Perea, „Las dos orillas del exilio hispanoamericano: anticipos y olvidos“, in: AA. VV., La otra cara del exilio: la diáspora del 39, Madrid, Universidad Complutense, 1989. 40 „Ausencia y presencia del amigo“, A la memoria de Enrique Díez-Canedo, in: LITORAL, México, août 1944, n°3 (plusieurs fois facsimilé). 41 Enrique González Martínez, Obras, II, p. 130, cité par Aurora Díez-Canedo, „Traducir poesía...“, op. cit., p. 197. 42 Gabriela Mistral, op. cit., 6-3-1932. 43 Des auteurs qui vont de José Martí à Jorge Luis Borges. Il projetait certainement d’écrire un livre sur „Rubén Darío le libérateur“ vu la quantité de notes accumulées à son sujet. 44 Enrique Díez-Canedo, Unidad y diversidad de las letras hispánicas [1-12-1935], Madrid, Academia Española, 1935, p. 36-37. 45 Federico de Onís, Antología de la Poesía española e hispano-americana, Madrid, 1934, cité par J. J. Domenchina in: Litoral, op. cit., p. 14-15. R. Blanco Fombona, Motivos y letras de España, Madrid, Renacimiento, 1930, p. 161: „ Díez-Canedo - y esto no se ha dicho hasta ahora - es uno de los pocos, uno de los poquísimos poetas de su generación en España y en América a quien no cubrió por entero la inundación modernista. Sacá afuera la cabeza como esos peñascos enormes que se yerguen en el centro de la corriente en los grandes ríos del trópico“, cité par Pedro Correa, „Enrique Díez-Canedo poeta de encrucijadas: análisis de su testamento literario“, Cauce, op. cit., p. 52. 46 Voir lettre 3, in: Correspondencia Juan Ramón Jiménez/ Enrique Díez-Canedo (1907- 1944), A. Díez-Canedo (éd.), op. cit., p. 129. 47 Enrique Díez-Canedo, Poesías, Grenade, La Veleta, 2001 (maison d’édition dirigée par Andrés Trapiello). Amateur de formes brèves, Canedo est l’un des pionniers de l’haïku en Espagne (cf. „Hay-Kay de Buenos Aires“). 48 A. Muñiz-Huberman, in: El Canto del peregrino, op. cit, p. 147-153. 49 El desterrado [Mexico, Miguel N. Lira, 1940], in: Antología poética, José María Fernández Gutiérrez (éd.), Salamanca, Almar, 1979, p. 139. 50 Conférence de F. Giner de los Ríos, „La poesías española del destierro en América“, Boletín de la Unión de Intelectuales Españoles, Paris, n°38-39, janv.-fév. 1948, 1-5, p. 4. Je lui emprunte aussi l’expression „educación general permanente“. 51 José Bergamín, dans ses lettres du début des années 50 à Max Aub et Jean Cassou, transforme le littéral „camp de concentration“ en un métaphorique „camp de dispersion“ pour signifier, non sans amertume, la désagrégation de l’intelligentsia expatriée. Nous devons ces informations à notre ami Nigel Dennis (University of St Andrews). 59 Gunter Gebauer Die letzten Abenteurer Kritik des Heroismus im modernen Sport Folgt man Michael Nerlichs überzeugender Darstellung in seinen beiden großen Büchern über die Abenteuer-Ideologie, 1 beginnt sich im Europa des 12. Jahrhunderts eine neuartige Haltung auszuprägen, die eine besondere Gruppe von Menschen veranlaßt, „systematisch die Ferne zu entdecken, die Welten jenseits des Horizonts“. 2 Literarisch wird diese neue Einstellung im 1177 entstandenen Yvain oder Der Löwenritter des Chrétien de Troyes formuliert. Mit dem Aufbruch in die Ferne, der Suche nach risikoreichen Situationen und der Bewährung in der Gefahr, in der aventure, gewinnt die Gruppe der Ritter ihre soziale und ethische Auszeichnung, durch die sie sich von den Stadtbürgern unterscheidet. Diesen Gedanken arbeitet Michael Nerlich am Beispiel des Dialogs heraus, den Calogrenant mit dem vilain, dem Nichtadligen, führt: Die Existenz des Ritters, sagt Calogrenant, „ist das Höchste, was ein Mensch auf dieser Erde erlangen kann“. 3 Nerlich deutet diese Aussage als eine entscheidende mentalitätsgeschichtliche Wende: Mehr als jede andere Definition des Menschseins „hat diese neue Haltung dazu beigetragen, die Welt grundlegend und irreversibel von der Vormoderne in die Moderne zu verwandeln“. 4 Mit diesem Gedanken bestimmt Calogrenant das wahre Menschentum als die Suche nach einer Existenzweise, in der sich der Mensch riskiert: Der Mensch muß bereit sein, Arbeit und Gefahr auf sich zu nehmen, in die Ferne aufzubrechen und dort nach dem zu suchen, „was rar (Wunder/ mervoille), gefährlich (aventure/ combat)“ ist. 5 Bei diesem Unternehmen setzt er sich dem Zufall aus und nimmt das Risiko der Verwundung, des Todes, des Verlusts und der Ergebnislosigkeit der Suche auf sich. „Was in dieser Bestimmung des ‘ wahren Menschseins ’ über die quête de l’aventure bejaht wird, ist die unaufhebbare Experimental-Existenz des Menschen. Oder anders formuliert: dies ist die erste und bis heute gültige Definition des modernen Menschen, der ununterbrochen in neue Dimensionen aufbrechen und dabei Risiken eingehen muß.“ 6 Nach Nerlichs bahnbrechender Interpretation kann schon im Mittelalter der Suche nach Bewährung im Abenteuer kein metaphysischer, insbesondere kein religiöser Sinn unterlegt werden. Schon zu jener Zeit besteht im Abenteuer-Denken eine „faktische Indifferenz gegenüber einem eventuellen göttlichen Schicksalsplan bzw. der christlichen Prädestinationslehre“. 7 Mit Joan Ramon Resina sagt Nerlich: „Die aventure ist die höchste ästhetische Form, die der okzidentale Mensch dem Zufall verliehen hat.“ 8 Bis in die Gegenwart reicht die Abenteuer-Ideologie; allerdings hat sie heute ihren aristokratischen, wenn auch nicht ihren sozial distinktiven Charakter verloren. Sie tritt im aktuellen Sport als massenhafte Erscheinung auf, wird aber immer noch als Auszeichnung wahrgenommen und stilisiert sich als ein moderner Heroismus. 60 Ihren Bezug auf eine höhere Form des Menschseins hat sie freilich verloren. Vielmehr ist sie Indikator einer Verunsicherung des Menschen seiner eigenen Identität gegenüber geworden; dies sollen die folgenden Abschnitte zeigen. Ich werde zunächst den sogenannten Abenteuersport betrachten, der sich selbst in die Nachfolge mittelalterlicher aventure stellt, und im folgenden die Abenteuermentalität untersuchen, die in den neu entstandenen Sportarten der Gegenwart anzutreffen ist. 1. Die Wette mit sich selbst War einstmals das Spiel mit dem Risiko der kleinen Gruppe der Ritter vorbehalten, so hat es heute der Sport geschafft, Hunderttausende in das Abenteuer der risikoreichen Unternehmung zu schicken. Im Risikosport verbindet sich das Wagnis der Lebensgefahr mit Technikbeherrschung und Gefühlen persönlicher Auszeichnung. In den letzten Jahrzehnten hat er sich zu einer regelrechten Industrie mit vielen beteiligten Instanzen entwickelt - Gerätehersteller, Schulen für Free Climber und Paraglider, Magazine für Fallschirmspringen und Wild Surfing, Touristikpakete mit Canyon Rafting. Als Einsteigerangebot für Risikowillige steht ein gelber Baukran im Stadtzentrum, von dem man sich am Bungeeseil herabstürzen kann. Wer es geschafft hat, der Gefahr zu entkommen, hat an Größe zugenommen; er scheint allmächtig geworden zu sein. Nun sitzt er wieder unter uns und erzählt von seinen Taten. Die Begierigkeit, das Geschehene zu berichten, kennzeichnet den Risikosportler ebenso wie die Geste, mit der er aufbricht: Er kann nicht mehr ruhig herumsitzen, die Decke fällt ihm auf den Kopf, er fühlt Enge überall. Mit dem Entschluß, das Haus zu verlassen und etwas Ungewöhnliches, etwas Gefährliches zu tun, verändert sich der ganze Mensch: Er will sich als ein Anderer beweisen. Man braucht nur Reinhold Messner, den Mentor der Risikosportler, zu hören, um zu erfahren, wie sehr er sich von sozialen Normen und Fürsorge erdrückt fühlt. 9 Der Risikosportler hingegen will beweisen, daß er fähig ist, ein Experiment mit sich selbst zu bestehen: eine Situation mit hohem Risiko auszuhalten und heil zurückzukehren. Der Risikosport ist kein Spiel mit dem Tod, sondern eine Wette des Sportlers mit sich selbst. Im Mittelpunkt steht der Athlet, der von sich sagt: Ich bin stärker als die Gefahr. Dieses Ich ist ein Sportler, der sich durch Training, Ernährung, mentale Konditionierung zu einem außergewöhnlichen Individuum gemacht hat. Wer den Beweis erbracht hat, daß er Situationen zu meistern vermag, in die sich kein gewöhnlicher Sterblicher vorwagt, Situationen ungeheurer Ausdauer, des Ertragens von Schmerzen, totaler Erschöpfung und Überwindung von Verzweiflung, sieht sich als einen Helden an. Auch außerhalb seiner Sportpraxis bewegt er sich mit mehr Bedeutsamkeit als gewöhnliche Menschen; sein Wettgewinn gibt ihm auch im Alltagsleben eine gewisse Größe. Ein solches Experimentieren mit sich selbst erkennt man bei den Ultralangläufern, den Teilnehmern am Ironman, den Weltumseglern, aber auch schon bei dem Triathleten in den mittleren Mannesjahren, der sich in regionalen Wettkämpfen versucht. Auch er fühlt, daß er in seiner bürgerli- 61 chen Existenz keine Luft mehr zum Atmen hat, keinen Platz für das Außergewöhnliche, das in ihm steckt. Er reißt in seinem saturierten Leben einen Spalt auf, so daß zwischen seiner festgefügten sozialen Position und seinen Phantasien neue Möglichkeiten entstehen. Mit der Zusammenballung seiner Lebensenergien fordert er seine Alltagsexistenz heraus in der Absicht, etwas Ungewöhnliches, etwas Großes zustande zu bringen. Niemand könnte sonst jemals wissen, was für ein Held in ihm steckt. 2. Die Erfindung des gewöhnlichen Helden Viele der in den letzten Jahrzehnten neu entstandenen Sportpraktiken kann man mit dem Begriff des Abenteuers kennzeichnen. Anders als im klassischen Sport, der es darauf anlegt, Rekorde zu brechen oder in ein bis dahin unerschlossenes Territorium vorzustoßen, geht es hier nicht mehr um Überschreitung und Eindringen. Entweihung ist im Sport des Abenteuers und Risikos kein Ziel mehr (es gibt kaum noch zu entweihende Orte); das neue Projekt ist vielmehr der Aufbruch aus dem Vertrauten, dem Gewohnten, Häuslichen. In den Aktivitäten des Abenteuersports, wie Paragliding, Drachenfliegen, Mountain Climbing, Rafting, tritt eine neue Heldenspezies auf, die sich von den einmaligen, gottähnlichen Heroen des klassischen Sports unterscheidet: der gewöhnliche Held. Auch in anderen neu entstandenen Sportarten, die weniger das existenzielle Risiko als den Aufbruch zu neuen Bewegungsweisen und Wettkampfformen thematisieren, wie Inline Hockey, Skate Boarding und Triathlon, kommt der neue Heldentyp in großer Zahl vor; er ist eine bisher unbekannte Ausprägung der Angestelltenkultur. Nach den Stunden seiner beruflichen Routine formt sich der Athlet aus Entsagung und unendlichem Trainingsfleiß ein Ich, das alle Vorstellungen übersteigt, die sich andere bis dahin von ihm gemacht haben. Nun zeigt er ihnen und sich selbst, daß er die Ausdauer seines Organismus, seine Schmerzbereitschaft und Einsamkeitslust in ungeahnte Höhen zu treiben vermag. Welche Veränderungen drückt die Entstehung des gewöhnlichen Heldentums in den neuen Sportformen aus, die sich in den letzten 20 Jahren verbreitet haben? Man kann die Vielfalt der Wandlungen an einer Instanz prägnant sichtbar machen: an dem veränderten Verhältnis des Subjekts des Abenteuersports zu sich selbst, an seinem Selbstverhältnis. Allgemein gilt, daß sich das Subjekt in seinen Spielen, zu denen auch der Sport gehört, selber zum Gegenstand seiner Aktivitäten macht; es ist hier mit sich selbst beschäftigt, in sich selbst versunken. In seiner Selbstvergessenheit sorgt es sich um sich selbst (im Sinne von M. Foucaults Selbstsorgekonzept), reguliert seinen Spannungsbedarf, gibt sich seiner Lust an sich selbst hin und bringt sein Verhältnis zum Spiel und zu den Mitspielern durch seine wirkliche oder vorgegebene Regeltreue zum Ausdruck. Lange bevor sein Selbstverhältnis in Institutionen Halt gewinnt, bildet es sich in Spielen aus. Spiele sind schneller wirksam als Institutionen und normative Praktiken; sie sind Katalysatoren von Selbstverhältnissen. In ihnen probieren die handelnden Subjekte neue Formen aus, be- 62 vor sie eine feste soziale Gestalt gewinnen. Hier ist die Entwicklung von Selbstverhältnissen von größerer Dynamik und Beweglichkeit als im Alltagsleben. Wandlungen des Selbstverhältnisses sind Ausdruck tieferliegender gesellschaftlicher und philosophischer Veränderungsprozesse. In seiner Reflexion über Kants Schrift „Was ist Aufklärung? “ 10 hat Foucault gezeigt, wie das Auftauchen eines neuen Heroentums - es geht um eine von Baudelaire beschriebene künstlerische Bewegung - die Gegenwart als philosophisches Ereignis deutbar macht. 11 Wenn der Philosoph nach der Bedeutung der Gegenwart, der er selbst angehört, fragt, macht er seine eigene diskursive Aktualität zum Problem. Er untersucht die Bedingungen, unter denen Denken und Handeln in seiner aktuellen Gegenwart möglich ist. Ein so verstandenes Philosophieren erfaßt die Bedeutung des „moment présent“, 12 des gegenwärtigen Augenblicks. Es interpretiert die Gegenwart aus der Distanz des reflektierenden Beobachters, der die Perspektive des in das Spiel involvierten Teilnehmers probenartig übernimmt. Welches die Bedeutung der gegenwärtigen Zeit ist, läßt sich beispielsweise an der aktuellen Ästhetik erkennen, die sich sowohl in Kunstwerken als auch in der Lebensweise von Künstlern ausdrückt. Hier enthüllt der Blick des Beobachters Baudelaire, der von Foucault zitiert wird, eine Phantastik des Realen, „le fantastique réelle de la vie“ 13 - das Wirkliche wird phantastisch, das Phantastische wirklich gemacht. Zum Phantastischen gehört „la beauté passagère, fugace, de la vie présente, le caractère de ... la modernité“, 14 die vorübergehende, flüchtige Schönheit des gegenwärtigen Lebens, der Charakter der Modernität. In dieser Form lebt sich auch das „gewöhnliche Heldentum“ 15 unserer Zeit aus. Ästhetische Prozesse im weiteren Sinn ereignen sich auch in den neu entstandenen Sportpraktiken, insofern sie außergewöhnliche sinnliche Erfahrungen verschaffen. Auch an ihnen zeigt sich die Bedeutung des moment présent; sie führen diese performativ vor Augen, mit einer körperlichen Präsenz wie ein Bühnengeschehen; dies geschieht an unzähligen Orten, wo sie betrieben und von ihren Zuschauern angenommen werden, an banalen Orten des Gewöhnlichen und Alltäglichen. Man muß dieses Geschehen nur zu lesen verstehen, dann erschließt es sich besser als in anderen Feldern, insofern Spiele naive Tätigkeiten sind, die den Teilnehmern einen Raum öffnen, in dem sie von der zensierenden Kontrolle ihres Denkens weitgehend freigestellt sind. Das Selbstverhältnis, welches das Subjekt in seinen Spielen ausformt und vorführt, ist kein reflektiertes; sein hier ausgespielter Heroismus beruht auf einer unaufgeklärten Beziehung zu sich selbst. 3. Der klassische Held und die Leistung Im Sport ist das Selbstverhältnis des Subjekts dadurch geprägt, daß es als Autor seiner sportlichen Handlungen auftritt: Es hat seine Resultate aus eigener Kraft, mit seinem Körper hervorgebracht. Dies ist nicht alles; der Athlet will darüber hinaus auch Autor seiner selbst sein: Er will sich als Helden hervorbringen. Seine höchste Ambition ist es, nicht nur den Wettkampf mit den anderen und mit dem 63 Risiko zu bestehen, sondern auch die mythischen Erzählungen über seine Sportart zu beherrschen. Der Held des klassischen Sports stellt alles, was über diese in Kommentaren, Berichten, Ergebnissen, Bewertungen erzählt wird, unter seine Macht. Seine Aktionen sind so überwältigend, daß sie den Berichterstattern gleichsam die Hand führen und ‘Geschichte schreiben’. Er dominiert nicht nur seine Wettkämpfe, sondern bestimmt auch die Mythenproduktion. Auf diese Weise ist er in vollem Sinn Besitzer seiner Handlungen, zum einen als Autor seiner sportlichen Ergebnisse, zum anderen als Autor des Mythos seiner Person und seiner Sportart. Im Begriff der Leistung, mit dem man die Taten des klassischen Helden belegt, wird diese zweifache Autorschaft zusammengefaßt. Eine sportliche Leistung entsteht in einem Prozeß, in dem sich zwei Aktivitäten überlagern: die materielle Hervorbringung eines bedeutenden Resultats und dessen mythisierende Darstellung, die ihre Einmaligkeit versichert. Ein sportliches Ergebnis, das nicht erzählt wird, hat keine Chance, überhaupt wahrgenommen zu werden. „Leistung“ verknüpft das einmalige Resultat mit der Einmaligkeit des Autors. Aufgrund seiner Leistung erhält deren Autor einen ausgezeichneten, alle anderen Mitbewerber überragenden Platz. Auf dieser Position übt er Macht über den gesamten Diskurs seines Sports aus. Aufgrund seiner Leistung legitimiert er aus eigener Kraft seine herausragende und dominierende Stellung. In der Wirtschaftsgesinnung, die den Kapitalismus in seiner frühen Phase kennzeichnete, galt die Leistung als ein Beweis dafür, daß Gott deren Autor für seine Gnade erwählt hatte. Die Deutung von hoher Leistung als Zeichen von Erwählung eröffnet einen Zugang zu dem tieferliegenden Sinn des klassischen Sports und kann als das stärkste Motiv für außergewöhnlich hohe Anstrengungen gelten. Eine Person, die den Ruf der Erwählung in sich hört, kann im sportlichen Wettkampf den Beweis 16 ihrer inneren Berufung für sich selbst und die anderen erbringen. Schon in seiner Jugendzeit, also in einem lebensgeschichtlichen Stadium der Ungewißheit über sich selbst, die zugleich die Zeit extrem hoher Erwartungen an sich selbst ist, kann das Subjekt den, in seinen Augen, unwiderlegbaren Beweis dafür erbringen, daß es zu dem kleinen Kreis der erwählten Menschen gehört. Für einen Angehörigen des westlichen Kulturkreises ist es, auch wenn er nicht christlich geprägt ist, naheliegend, das Erwählungsmotiv auf andere Lebensbereiche zu übertragen. Der Glauben an den „Gnadenzustand“, état de grâce, in dem man unschlagbar zu sein scheint, ist im Sport tief verankert. Dieses Interesse an sich selber kann das Individuum am besten in Räumen verwirklichen, in denen es wie in der Kunst und im Sport (idealerweise) um zweckfreie Aktivitäten geht. Im Augenblick des Wettkampfs, in dem der Beweis erbracht wird, ist der Athlet von der Gewißheit seiner Erwählung angefüllt. Aber dieser Beweis ist immer nur momenthaft, insofern er in einem Raum der Praktiken und der mythischen Erzählungen gegeben wird, der in ständiger Veränderung begriffen ist und immer neue, immer feinere Differenzen ausbildet. Am Tag nach seinem Erfolg kann der Athlet den gerade erbrachten Beweis wieder in Zweifel ziehen: Ist er tatsächlich immer noch der Beste? Wie beim Spiegel an der Wand muß er sich täg- 64 lich seiner Spitzenposition vergewissern. Das Selbstverhältnis des Athleten bedarf einer immer wieder erneuerten Selbstvergewisserung durch erneute höchste Leistungen; die Beweisführung bleibt auf ewig unabgeschlossen. Wenn der Beweis zu einem nächsten Zeitpunkt nicht mehr erbracht, wenn die eigene Leistung von einem Konkurrenten übertroffen wird, beginnt eine Zeit der inneren Leere. Der Beweis und das Begehren des Athleten zielen darauf, Autor seiner selbst zu sein. Eine solche Autorschaft ist eine prinzipiell unmögliche Aufgabe: Das Individuum hat sich ja nicht wirklich aus sich selbst erschaffen, sondern erhält seine Individualität gerade aufgrund von gesellschaftlichen Strukturen, Normen, moralischen Anforderungen, von Disziplinen, die es verinnerlicht hat. Es ist in sozialen Prozessen entstanden, die ihm innerhalb der fein gegliederten Struktur der Gesellschaft seine individuelle Position zuerteilen. Es sind nicht Askese und arbeitsanaloge Tätigkeitsformen, die den modernen Sport in den Augen von Kulturkritikern diskreditieren; dies deswegen nicht, weil sie vollkommen den Werten der Arbeitsgesellschaft entsprechen. Problematisch wird der Leistungssport aufgrund seiner strukturellen Anlage, die trotz dieser Konformität auf Heldentum eingestellt ist: Er bringt einerseits das Subjekt als Individuum hervor, das in seiner Einzigkeit gesellschaftlich konstituiert ist. Andererseits verlangt er den Beweis dafür, daß es in seiner Einmaligkeit erwählt worden, daß es ein höheres, das System übersteigendes Wesen sei. Die strukturelle Singularität seiner Position im sozialen Raum soll das Subjekt also durch Leistung in metaphysische Erwählung transformieren. Ein solches Übermenschentum im sozialen Raum der Disziplinargesellschaft - dies ist die Illusion des klassischen Heldentums im Sport. Zugleich macht diese paradoxe Konstruktion dessen Faszination für das Publikum und die Athleten aus. Die Helden erliegen ihrer Selbst-Illusionierung; das Publikum will im Sport getäuscht werden, nicht anders als die Theaterzuschauer, aber es wird gerade dadurch maximal befriedigt, daß es Zeuge eines ständig fortschreitenden Beweisprozesses ist. Es delektiert sich an der immer erneuerten Dynamik, die Beweis auf Beweis hervorbringt, wie es in Kriminalromanen und Gerichtsfilmen geschieht: Enthüllung von Erwählung - Verlust der Heiligkeit durch Niederlage - Enthüllung der Erwählung eines neuen Heiligen - Wiederkehr des alten Heiligen - neuer Machtkampf etc. Das klassische Individuum ist im 18. Jahrhundert von der Philosophie entworfen worden. Es ist durch Autonomie und Selbstbestimmung gekennzeichnet und durch Leistung und Besitz ausgezeichnet. Dieses Modell wurde in allen gesellschaftlichen Bereichen durchgesetzt, mit Ausnahme der Kunst. Ein Künstler durfte Drogen nehmen, im Suff handeln, verrückt oder erotoman sein - als Künstler wurde er von allen Vorwürfen freigesprochen. Seine Hervorbringungen, sein Œuvre, veredelten seine Person, egal, ob diese lasterhaft war. In seiner Figur versöhnte sich die Gesellschaft mit sich selbst. Der Künstler war das einzige Subjekt in der klassischen bürgerlichen Gesellschaft, das sich selbst verkörpern konnte. Dem Bürger war dies nicht gestattet: Er mußte charakterliche, moralische und arbeitsethische Werte verkörpern, wie Anstand, Moralität, Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit. Für ihn galt 65 gerade nicht Nietzsches gefährlicher, weil anti-moralischer Imperativ „Werde, der du bist! “ Das Verkörperungs-Verbot galt vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg. Im klassischen Helden des Sports fand es seine positive, triumphale Verkörperung. Er war das Subjekt, in dem sich die Gesellschaft mit der Verpflichtung versöhnte, etwas sein zu müssen, was man nicht ist. Er verweigerte sich dieser Aufgabe nicht, sondern spielte seine Rolle als Held mit Befriedigung und Lust. 4. Die Anklage des gewöhnlichen Helden Der in den letzten Jahrzehnten eingetretene Wandel im Sport zeigt eine grundlegend veränderte Einstellung zur Autorschaft an. Das Subjekt hat heute nicht mehr wie noch in den 60er Jahren die Illusion, verborgene Eigenschaften aus sich hervorzuholen, die wie die potentielle Erwählung tief in seinem Inneren verborgen sind. Vielmehr will es ein Handelnder werden, der die Macht hat, sich selbst zu lenken und zum Autor seines Erfolgs zu werden, unabhängig von der Gesellschaft, die ihm nichts mehr vorschreiben soll. Der Athlet ist heute nicht mehr vom Respekt vor den Regeln, Strukturen und Normen geprägt, sondern er zeichnet sich dadurch aus, daß er sich selbst ermächtigt, seinen Sieg auf jede erdenkliche Weise zu erringen. Unter Aufbietung aller seiner Fähigkeiten, der physischen wie der mentalen, versucht er den Wettkampf zu seinen Gunsten zu beeinflussen und das Glück auf seine Seite zu ziehen. Auf der Jagd nach dem Vorteil legt er das Spiel gemäß seinen Vorstellungen aus, zwingt seine Interpretation dem Gegner auf und verschafft sich auf diese Weise die entscheidenden Vorteile. Wenn dies nicht möglich ist, hat er keine Hemmungen, die Regeln zu brechen, sofern die Sanktionen für seine Taten geringere Folgekosten für ihn haben als deren Beachtung. Wenn man den neuen gewöhnlichen Helden in einer Foucaultschen Perspektive interpretiert, läßt sich erkennen, daß er die von ihm angesammelte Macht gegen das Konzept des Individuums richtet, und zwar gegen zwei konstitutive Bedingungen dieses Begriffs: (1) gegen die in diesem enthaltene Normalitätsforderung und (2) gegen den Anspruch auf Einmaligkeit. (1) Nach Foucaults Gedanken handelt das moderne Individuum nicht unter einem von der Gesellschaft ausgeübten Druck, sondern es gestaltet sein Verhalten aus dem verinnerlichten Wunsch heraus, den gesellschaftlichen Vorstellungen von Normalität zu entsprechen. Mit dieser gewählten Orientierung normiert es sich selbst, insofern es die sozialen Anforderungen, die an „normales“ Verhalten gestellt werden, aus freien Stücken erfüllt. Im Idealfall geht das Subjekt in seiner sozialen Position ohne Rest auf. Soziale Konstituiertheit der Person und Individualisierung sind nichts anderes als zwei Seiten desselben Prozesses. Von den Athleten im klassischen Sport wird dieses Faktum nicht erkannt; sie streben nach immer wieder neu bewiesener Besonderheit und Auszeichnung vor den Anderen und damit nach einer Trennung von den gewöhnlichen Personen. Ganz anders handelt 66 der gewöhnliche Held: In seiner Risikopraxis will er alles andere als normal sein; am liebsten bezeichnet er sich als „irre“. (2) Seine „Verrücktheit“ kennzeichnet keinesfalls nur seine eigene Sportpraxis; als „irrer“ Athlet ist er gerade nicht einmalig, sondern teilt diese Kennzeichnung mit anderen, mit Gleichgesinnten, die dieselbe riskante Sportpraxis betreiben. Gegen die Zuweisung einer einzigartigen sozialen Position setzt er seine Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, beispielsweise der Gemeinschaft der Triathleten, der Paraglider, der Skateboarder, die von einer gemeinsamen Praxis geeint werden. Man findet bei ihnen keine Gesellungsformen wie in den traditionellen Sportvereinen, die klar formulierte Anforderungen an ihre Mitglieder stellen, regelmäßige Zusammenkünfte und die Erfüllung bestimmter Pflichten verlangen. Es handelt sich vielmehr um ‘virtuelle’ Gemeinschaften, deren Mitlieder sich meistens gar nicht persönlich kennen, einander nur sporadisch begegnen, aber sich an gleicher Praxis, Kleidung, an der Art der Sportgeräte und ihrem Sporthabitus wiedererkennen. Die Absatzbewegung vom Konzept des Individuums geht in zwei Richtungen: Auf der einen Seite will das Subjekt die in ihm steckenden, aber bisher unausgeschöpften Möglichkeiten zum Vorschein bringen; auf der anderen Seite strebt es danach, die Trennungen zwischen ihm und den gleichgesinnten Anderen aufzuheben - es strebt nach Gemeinschaftlichkeit. Das Subjekt will anders sein als sein gesellschaftliches Ich und zugleich mit den zu ihm passenden Anderen eine Gemeinschaft bilden. In dieser Gemeinsamkeit will es wie die anderen Mitglieder sein und sich mit diesen von allen Nichtmitgliedern unterscheiden, aber zugleich auch eine distinkte Position innerhalb der Gemeinschaft einnehmen. Seine Aktivität richtet sich sowohl gegen die Macht der Normalität als auch gegen die Trennung von den Anderen. Sie ist aber nicht subversiv, sie unterminiert nicht die gesellschaftliche Macht, sondern stellt einen Versuch dar, aus den gesellschaftlichen Verhältnissen auszubrechen, ohne diese in Frage zu stellen. Mit seiner Revolte gegen das Konzept des Individuums zielt das Subjekt gegen seine Wünsche nach Normalität, die es in seiner Berufstätigkeit ohne zu zögern erfüllt, und gegen seine soziale Positionierung, die es in einer Gemeinschaft neuen Typs zu überwinden sucht. Gegen das, was er aus sich in seiner gesellschaftlichen Tätigkeit gemacht hat, stellt er in seiner Sportaktivität einen anderen Entwurf von sich selber dar - ein Ich, das typisch ist für die von ihm gewählte, erwählte Gemeinschaft. Ein Risiko geht der gewöhnliche Held dabei in dreifacher Hinsicht ein: Er setzt sich den Gefahren seiner Sportpraxis aus; er ermächtigt sich gegen die normierende Macht der Gesellschaft, insofern er einen neuen Entwurf von sich selbst riskiert; er setzt sich ab von seiner Plazierung im System der Gesellschaft und sucht eine neue Art der Gemeinsamkeit mit anderen. Aber keines dieser Risiken ist ohne doppelten Boden: In allen drei Fällen handelt er unter dem Schutz von Sicherungen - er schützt sein Leben, seinen Beruf, seine Person gegen mögliche Abstürze in die reale Lebensgefahr, gegen den Verlust seines sozialen Status und gegen die Zudringlichkeiten anderer Mitglieder seiner Gemeinschaft. 67 Es gibt eine alte Verbindung von Risiko und Wahrheit. Im antiken Griechenland gehörte das Risiko zu einem besonderen Typ der Wahrheitsfindung: Im archaischen Gerichtsverfahren wurde nicht ermittelt, was tatsächlich geschehen war, sondern es öffnete für die beiden Konfliktparteien einen Raum des Risikos. Es beruhte nicht auf Beweisen der Wahrheit, sondern auf einem physischen Kampf, der zum Zweck der Wahrheitsfindung organisiert wurde. Auch in den neuen Sportarten, die das Risiko in den Mittelpunkt stellen, läßt sich eine Prozeßstruktur entdecken; man kann sie wie folgt beschreiben: In der Rolle des Anklägers befindet sich der Athlet; er klagt die Durchschnittlichkeit des Alltagslebens an und will sich selbst als Mitglied einer außergewöhnlichen Gemeinschaft beweisen. Er muß den Beweis erbringen, daß der Grund der Anklage nicht in ihm selbst liegt, sondern in der Unterforderung seiner Fähigkeiten, die unter den normalen Lebensumständen keine Chancen der Entfaltung haben. Der Kläger fordert eine Probe seines Könnens ein; er will sie bestehen, indem er an die Grenze geht und sein Leben zurückgewinnt. Es ist eine Probe auf das Subjekt. Die neuen Sportarten organisieren eine Befragung über den Menschen: Ist er zur Erneuerung seiner selbst fähig? Kann er seinem Leben eine neue Form geben? Kann er zusammen mit anderen, die ebenfalls die Grenzsituation suchen, eine Gemeinschaft bilden? Wird er von dieser aufgenommen? Zweifellos handelt es sich um eine andere Gemeinschaft als die Familie oder der Familie ähnliche Institutionen wie der Verein. Auch der klassische Sport war eine Art der Selbstbefragung. Er formte die Frage: Wer bin ich? in die Frage nach der Leistungsfähigkeit des Subjekts um: Was kann ich? Obwohl die post-klassischen Sportpraktiken extrem leistungsorientiert sind, geht es ihnen nicht um eine Tiefensondierung des Subjekts: Der Athlet will nicht mehr wissen, was er als einzigartige, von allen anderen unterschiedene Person ist. Sein Interesse an sich selbst ist darauf gerichtet, was sein Ich sein kann. Was auf den ersten Blick wie eine auf die Spitze getriebene Individualisierung aussieht, strebt in Wirklichkeit von dem lebensgeschichtlich erworbenen und sozial verankerten Ich fort. In dem Prozeß, den das Individuum der Gesellschaft macht, erhebt es die Anklage „Soll ich ewig ich bleiben? “ Der Athlet schüttelt die alten Charakterisierungen ab, mit denen man ihn vorher gekennzeichnet hatte. Er unternimmt es nun zu prüfen, welches neue Konzept des Ichs er an die Stelle des alten setzen kann. Mit seinen neu entstandenen Praktiken bildet der Sport heute ein Experimentierfeld neuer Menschenentwürfe. In all diesen sportlichen Disziplinen erkennt man ein Aufbrechen, Losziehen, ein Loslassen von Sicherheiten und eine Bewegung auf die Grenzen des Üblichen zu. Heute werden die Grenzen nicht mehr existenzphilosophisch aufgefaßt; 17 es geht vielmehr darum, ein Subjekt zu konstruieren, dem die Macht zukommt, seine eigene Subjekt-Konstruktion zu lenken und unter Kontrolle zu behalten. Foucaults Bestimmung der Arbeit an der Grenze scheint mir auf die modernen Spiele gut zuzutreffen, insofern der Athlet hier ein eigenes Konzept des Subjekts ausprobiert und dabei testet, wieweit er dieses verändern kann. 68 5. Die Verfertigung des gewöhnlichen Helden Anstelle einer Individualisierung, die angeblich die neuere Entwicklung der Gesellschaft wie des Sports charakterisiert, läßt sich gegenwärtig das Gegenteil beobachten, nämlich eine Entindividualisierung und Entsubjektivierung ins Heldentum. Der Held ist eine mit starker persönlicher Beteiligung hervorgebrachte transsubjektive Figur, eine das bürgerliche Subjekt überragende Gestalt als ein Produkt von Gestaltung. Er ist kein Individuum mehr, sondern eine Figur, im Sinne einer Dramen- oder Filmperson. Der Prozeß seiner Herstellung und die dabei benutzten Kunstmittel prägen das fertige Endprodukt; ihre Beteiligung läßt sich an den mit ihrer Hilfe erzeugten Heroen erkennen. Welches sind die Merkmale dieses Helden neuen Typs? In den Prozeß seiner Herstellung gehen wesentlich technische Mittel ein. Dies sind, erstens, jene Apparate, die daran beteiligt sind, die sportlichen Handlungen hervorzubringen. Unter wesentlicher Mitwirkung neuartiger technologischer Geräte erhöht der Athlet Körper und Leistungen. Sein Körper paßt sich den technischen Geräten an; dies aber nicht im Sinne einer Unterordnung verstanden, sondern als eine Höherentwicklung, insofern diese ihn zu Taten fähig macht, die sein natürlicher Körper niemals hervorbringen könnte. Nun kann er schweben, gleiten, lange Strecken durchrasen, sich mit Leichtigkeit in großen Höhen bewegen - die Geräte machen ihn zu einem anderen Wesen: sie verändern sein Selbstverhältnis. Er sieht sich anders, fühlt sich anders und nimmt sich als ein anderer wahr. In dieses neuartige Verhältnis zu sich selbst gehen, zweitens, Apparate zur Herstellung von Bildern ein. 18 An der Hervorbringung der großen populären Helden sind das Fernsehen, die Photographie und der Film wesentlich beteiligt. Mithilfe dieser Medien wird die Begegnung des Helden mit seinem Publikum organisiert. Ohne ihre Mitwirkung bleiben die sportlichen Heroen entrückt; im Stadion sehen wir sie aus einer zu großen Entfernung, um einen Kontakt von Antlitz zu Antlitz möglich zu machen. Dieser entsteht durch die technisch hergestellten Bilder der Athleten. Ihr Merkmal ist eine Veränderung des Sehens; sie haben eine so überwältigende Präsenz, daß sie alle anderen Mittel überlagern - sie machen aus dem Fernsinn einen Nahsinn. Technische Apparate erhöhen den Athleten, wenn er das Risiko besteht und so seine Anklage gegen die Gesellschaft mit Erfolg durchbringt. Er ist nicht mehr er selbst, sondern ist zu etwas Höherem geworden, zur fiktionalen Figur des Übermenschen. Mit seiner Leistung und mit dem Einsatz von Technologien durchbricht er den Status des Individuums. Es gibt jetzt Bilder von ihm, produziert von Apparaten, vorgeführt, verbreitet, als wahr geglaubt von ihm selbst und von anderen. Sie repräsentieren keine Wirklichkeit; haben keine Wahrheit, sondern konstituieren und demonstrieren sein Selbstverhältnis. Wo das Subjekt war, steht jetzt ein Bild. Es wird als etwas Unpersönliches, Überpersönliches hervorgebracht. An diesem Vorgang ist neu, daß die apparative Entpersönlichung als Gelegenheit ergriffen wird, eine post-individualistische und post-subjektive Figur herauszubilden: etwas 69 aus sich heraus zu schaffen und diesem Neugeschaffenen eine feste Gestalt zu geben. Im Gewimmel der Erscheinungen ermöglicht das so erzeugte Bild eine Wiedererkennbarkeit. Es hält stabile Muster fest, die sich dazu eignen, wiederholt zu werden. Tatsächlich kann man bemerken, daß die bildlichen Merkmale der gewöhnlichen Helden wiederkehren. Die Wiederholung bestimmter Bilder ist notwendig für das Funktionieren der Prozeduren des Eintretens, Zulassens und der Anerkennung in Gemeinschaften. Ein neu Hinzukommender wird von deren Mitgliedern mit Blicken abgetastet, die danach suchen, ob er alle - bildlichen - Merkmale aufweist, die sie für unverzichtbar halten: die Kleidung, Körperhaltung, Bewegungsweisen, das Material, die Zeichen des Engagements. 19 Es ist die im Zentrum der Gemeinschaftsrituale erkennbare Wiederholung von Bildern, die den Helden und ihren Handlungen Stabilität und Struktur gibt. Alle neuen Gemeinschaften sind in Wiederholungen von Bildern fundiert - gäbe es die Bilder nicht, könnten sich ihre Mitglieder nicht wiedererkennen. Aber damit ist nicht gesagt, daß diese sich ihre Bilder selbst einfach irgendwo abgesehen hätten; es handelt sich nicht um Imitationen. Es verhält sich anders: Der Sportler macht sich zu einem Bild; in diesem Akt läßt sich etwas Neues erkennen, was im Alltagsleben bisher nicht aufgetreten ist. Um dieses Neue hervorzuheben, ist es notwendig, den Prozeß, in dem jemand zu einem Bild wird, näher zu betrachten. Gewöhnlich läßt sich nicht im Augenblick der Handlung selbst erkennen, daß eine Person ein Bild von sich präsentiert. Was an einer Handlung bildlich ist, wird nicht in der aktuellen Gegenwart bemerkt; dies stellt sich erst später heraus, erst in der Zukunft. Wenn wir beispielsweise von einer Person A sagen, sie sei „ein typischer Vertreter der 68er Generation“, sie verkörpere genau deren Bild, dann wird eine Vielfalt von Erscheinungsweisen hervorgehoben und zu einem einheitlichen Bild modelliert, und zwar zu einem Zeitpunkt, der im Verhältnis zu 1968 in der Zukunft liegt. 1968 hätte man dies nicht wissen können. Es gab damals viele Leute, die - aus unserer heutigen Sicht - das typische Bild jener Generation abgaben. Man hätte damals sagen können, daß sie auf eine charakteristische Weise in Erscheinung traten, aber sie präsentierten sich nicht als jenes Bild: Ihre Bildlichkeit war weder für sie selbst noch für andere als solche erkennbar. Heute entwerfen sich die Teilnehmer an den neuen Sportpraktiken und stellen sich in der Weise dar, daß sie - von der Zukunft aus gesehen - schon heute dieses Bild sind. Sie antizipieren eine bestimmte zukünftige Bildauffassung und präsentieren diese als Bild ihrer selbst in der Gegenwart. Im Augenblick ihres Handelns rücken sie sich in die Perspektive eines kommenden Zeitpunkts; sie blicken von der Zukunft auf den gegenwärtigen Augenblick und handeln im Jetzt entsprechend der zukünftigen Bildauffassung. Sie kehren also die normale Zeitrichtung um, insofern sie in der Gegenwart ein Bild wiederholen, das es nur im Modus des Futurs gibt. Wenn man in der aktuellen Zeit einen zukünftigen Standpunkt annimmt und von diesem auf die Gegenwart zurückblickt, wird das Jetzt zur Vergangenheit der Zukunft. Dieser Gesichtspunkt, der die Athleten der neuen Sportpraktiken kennzeich- 70 net, ist die Futur II-Perspektive. Sie leben in zwei Zeiten zugleich - die Gegenwart füllt sie nicht aus; mit einem Teil ihrer selbst blicken sie aus der Zukunft auf sich zurück: Ich werde dieses Bild gewesen sein; spätere Zeiten werden mich als diese Figur sehen. In dieser Blickweise entsteht das Heroische. Reinhold Messner, der einen Übergang vom klassischen Athleten-Helden zu einem Heroen neuen Stils darstellt, erzählt offen, wie er die Futur II-Perspektive auf sein eigenes Leben anwendet. 20 Zunächst behauptet er, noch ganz in der von Heidegger-Lektüre geprägten Sprechweise, daß er sein „Leben vom Tod her beleuchte“. 21 Dann aber fährt er fort: „Jetzt steht eine Entscheidung an, und ich denke mich zwanzig Jahre nach vorne und tue so, als ob ich von dort zurückblicken würde auf den gegenwärtigen Tag, ist das nicht hypothetisch. Ein kühner Trick, nicht wahr? Wenn das Leben einmal vorbei ist, ist es vorbei, dann ist es nur noch Biographie.“ (ebd.) Es ist weniger eine Biographie, die Messner von sich entwirft, als ein Mythos. In den modernen mythischen Erzählungen finden sich genau die narrativen Strukturen, mit denen die Futur II-Perspektive ausgedrückt werden kann: 22 Sie streben aus der Zeitlichkeit hinaus; sie stellen sich auf einen Standpunkt, der jenseits des Todes des Heroen liegt. Dessen Leben und Taten werden sub specie aeternitatis gesehen, aus einer Position, in der der Tod schon überwunden ist. Der Blick aus dem Jenseits sichert sich die Macht über die Zeit; er hält das Verschwindende, Entfliehende des augenblicklichen Moments fest und bewahrt es vor dem Vergessen und Verlieren. Der Mythos wird gegen die Diskontinuität der Zeit und die Entwertung, die diese hervorruft, entworfen. Er ist geprägt vom Wunsch der Athleten, über dem Menschen zu stehen, von ihrem Willen zum Heroismus. Von Baudelaire ist eine solche Haltung in der Kunst entworfen worden, als eine Erfindung seiner selbst, die keine Suche nach sich selbst ist. Sie stellt für ihn so etwas wie ein Epos in der Moderne dar, deren epische Seite, „le côté épique de la vie moderne“. 23 Ein solches Erfinden war im 19. Jahrhundert Sache der Künstler - freilich wußten sie, daß ihre Haltung nur in der Ironie möglich war. Die Erfinder ihrer selbst in den neuen Sportarten streben, ob sie es wissen oder nicht, dem Ideal des Künstler-Dandys nach, freilich im simplen Register der Körperkräfte, auf dem sich keine distanzierenden Zwischentöne befinden. Die feine Ironie, das Abstandnehmen, die paradoxe Formulierung sind in diesem nicht abbildbar. Die Heroen der neuen Sportpraktiken meinen es ernst, und diese Ernsthaftigkeit ist eine Parodie auf den ironischen „Heroismus des gegenwärtigen Augenblicks“, von dem Baudelaire spricht. Auch sie spielen ihre Selbstdarstellung, aber sie sind im Spiel nicht bereit zuzugeben, daß sie die Figur, die sie sein wollen, nur spielen. Allein der Zwang der Lebensumstände bringt sie dazu, das Spiel zu verlassen: Wenn sie ihrer Berufsarbeit nachgehen, müssen sie wieder zu der Alltagsperson werden, an deren Platz im Spiel ein Heroe getreten war. Auf diese Weise sind sie zweifach und zweifach ernst, ohne die Möglichkeit der Vermittlung zwischen ihren beiden Seiten oder der Distanzierung von ihnen. Dem Zwang der Verhältnisse im Alltag setzen sie ihren Glauben an den Heroen, der sie selbst sind, entgegen. 71 Was wir in den neuen Sportpraktiken erkennen, ist die Parodie eines Machtkampfs mit der Gesellschaft. Aber die Parodie hat einen ernsthaften Grund: Die Anklage richtet sich gegen die Einsperrung der Individuen in eine festgezurrte soziale Identität, die die andere Seite ihrer Subjektivität ausschließt. Gegen die Disziplinar- und Pastoralmacht, gegen Normen, Anforderungen, Erwartungen und Fürsorge, unter die sich das Individuum gestellt sieht - und die im klassischen Sport akzeptiert, manchmal sogar gefordert werden -, bricht das Subjekt auf, nicht zu neuen Ufern, sondern zu einem neuen Bild, zu einer neuen Wahrheit über sich selbst. Es richtet sich gegen sozialen Konformismus und Individualitätsstreben, freilich ohne beides überwinden zu können, insofern es seine Anstrengungen ausschließlich auf sich selber richtet, auf das Spiel seiner selbst, auf seine Körperformung, Kleidung, Gestik, Sprechweise, soziale Darstellung - eine Ästhetik des Künstlerlebens, einer „vie d’artiste“, ohne Kunst. 24 6. Die Grenze Im Unterschied zum klassischen Sport ist die Grenze, um die es den Teilnehmern an den neuen Sportpraktiken geht, keine Trennlinie, die sie überwinden wollen. Sie wird durch die Frage markiert: Wie weit kann ich mich von meiner sozial festgelegten Individualität entfernen? Wie weit kann ich verändern, was ich von Gesellschaft wegen sein soll? Es geht nicht darum, der Erste zu sein; auch nicht um Originalität, sondern um den Stil: um die Erfüllung einer bestimmten Art des Bildes. Das Subjekt strebt danach, ein typischer Vertreter eines Bildes zu sein. Typisch-Sein heißt nun gerade nicht, etwas Eigenes zur Geltung zu bringen. Nicht ins Unbekannte geht die Reise, sondern in das, was das Bekannte sein wird. Das eigene Leben hat keine Bedeutung in sich selber, sondern nur in der Wiederholung dessen, was man zukünftig als Bild sehen wird. Mit Nietzsche beginnt eine Philosophie der Post-Originalität. Wenn man seine Zeitkonzeption, die er im Zarathustra und in der Fröhlichen Wissenschaft entwirft, ernst nimmt, erhält eine Handlung in der Gegenwart dadurch Sinn, daß sie in den endlosen Durchläufen der zyklischen Zeit immer wieder von neuem getan wird. 25 Sie gehört zu der Kette endloser Wiederholungen der Geschehnisse, die in der Zukunft immer wieder eintreten werden. In der Zukunft wird wieder und wieder das getan, was im Jetzt getan worden sein wird. Nietzsche ist der Philosoph des Blicks aus der Zukunft auf die Gegenwart. Gegen die Futur II-Perspektive läßt sich einwenden, daß sie die Verhältnisse der Gegenwart nicht verändert, insofern sie diesen keinen Sinn aus ihnen selbst, sondern von einem hochfiktionalen zukünftigen Standpunkt zukommen läßt. Aber diese Sichtweise, die man bei den Teilnehmern an den neuen Sportarten unserer Tage vorfindet, verändert die handelnden Subjekte; sie gestalten ihr Selbstverhältnis um. Mit dem gewöhnlichen Helden ist eine neue Art von Person im Entstehen begriffen - ein Held, der in seiner Freizeit seine Berufsexistenz mit riskanten Praktiken transzendiert. Man kann gleichzeitig erkennen, wie die Ausstrahlung, die über viele 72 Jahrhunderte vom klassischen Individuum ausging, ihre Leuchtkraft einbüßt. Was dieses so ungeheuer erfolgreich - im übrigen auch gefährlich für sich selbst - gemacht hat, ist sein außerordentlicher innerer Zusammenhalt: In diesem Typ von Person sind Weltverhältnis und Selbstverhältnis fugenlos ineinander verschränkt, eine interne Kohärenz, die insbesondere von den großen Gestalten des 19. Jahrhunderts, von den bedeutenden Dichtern, Philosophen, Gelehrten, Ärzten, Erfindern, Unternehmern, Entdeckern, Politikern, demonstriert wurde. Beide Typen von Helden wurden über ein bestimmtes Verständnis von der Grenze, verstanden als eine Trennlinie, konstituiert: Die Grenze organisiert im Weltverhältnis die Moral des Subjekts (erlaubt vs. verboten), seine Erkenntnis (wahr vs. falsch) und Autonomie (frei vs. unfrei). Im Selbstverhältnis orientierte sie die Vorstellung ihres Lebens (gelungen vs. mißlungen), ihrer Persönlichkeitsnormen (normal vs. anormal) und inneren Konsistenz (einheitlich vs. heterogen). Für das klassische Subjekt bestand die Aufgabe darin, den Bereich diesseits der Grenze mit seiner Verantwortung zu füllen und alle seine Kraft dafür einzusetzen, die Grenze von Innen her hinauszuschieben und den Spielraum des Erlaubten, der Wahrheit, Freiheit, des Gelungenen, Normalen und Konsistenten zu vergrößern. Diese Grenzverschiebung war der große Anreiz für Taten und machte das Pathos der klassischen Person aus. In den gegenwärtigen Entwicklungen scheint sich das Selbstverhältnis mehr und mehr vom Weltverhältnis abzulösen und zu selbständigen Formen zu tendieren. Dies geschieht vor allem dadurch, daß sich der Handelnde eine andere Zeit als die Gegenwart erfindet. Vom Gesichtspunkt einer fiktionalen Zukunft aus schaut es sich gleichsam bei seinen Handlungen zu, aber nicht als unbeteiligter Beobachter, sondern als Entwerfer seiner selbst. In der Gestaltung seines Selbstverhältnisses bindet es sich los von seinem Weltverhältnis und orientiert sich an den Entwürfen der Gemeinschaft, die ihm als Referenz dient. In diesem Blick ist es nicht mehr wichtig, die Rolle eines originären Subjekts zu erfüllen, das für das klassische Personenkonzept der Fluchtpunkt des Handelns war. Wer aus sich einen Helden macht, findet keinen Geschmack mehr an der Gesellschaft der Individuen. 26 1 Michael Nerlich: Kritik der Abenteuer-Ideologie. Beiträge zur Erforschung der bürgerlichen Bewußtseinsbildung 1100-1750, Berlin: Akademie, 1977; Ders.: Abenteuer oder das verlorene Selbstverständnis der Moderne. Von der Unaufhebbarkeit experimentalen Handelns, München: Gerling Akademie Verlag, 1997. 2 M. Nerlich: Abenteuer oder das verlorene Selbstverständnis der Moderne, S. 199. 3 Op. cit., S. 200. 4 Ebd. 5 Op. cit., S. 201. 6 Op. cit., S. 202. 7 Ebd. 8 Op. cit., S. 213. 9 Vgl. Volker Caysa/ Wilhelm Schmid (eds.): Reinhold Messners Philosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2002. 73 10 Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? in: Ders., Kants Werke, Akademie Textausgabe, Bd. VIII, Berlin: de Gruyter 1968, S. 33-42. 11 Michel Foucault: Qu’est-ce que les lumières? in: Ders., Dits et Ecrits, Bd. 4, Paris: Gallimard 1994, S. 562-578; zuerst erschienen 1984; dt. Übersetzung: M. Foucault: Was ist Ausklärung? In: Eva Erdmann/ Rainer Forst/ Axel Honneth (eds.): Ethos der Moderne. Foucaults Kritik der Aufklärung, Frankfurt a.M.: Campus 1990, S. 30-54. 12 M. Foucault, op. cit., S. 569. 13 Foucault verweist in seinem Aufsatz (op. cit., S. 569) auf Charles Baudelaires Schrift: Le peintre de la vie moderne, in: Ders., Œuvres complètes, Paris: Edition de la Pleiade 1961, S. 1152-1192, hier S. 1161. 14 Ch. Baudelaire, Le peintre de la vie moderne, op. cit., S. 1192. 15 Siehe Charles Baudelaire: Salon de 1846, XVIII De l’Héroisme de la Vie moderne, in: Ders.: Œuvres complètes, op. cit., S. 949-952. 16 Im Französischen gibt es eine unmittelbare sprachliche Nähe von „Beweis“, preuve und „Wettkampf“, épreuve. 17 Siehe exemplarisch Hans Lenk: Leistungssport: Ideologie oder Mythos? Stuttgart: Kohlhammer 1972; Ders.: Herakleisch oder prometheisch. Mythische Elemente im Sport, in: Ders.: Pragmatische Vernunft, Stuttgart: Reclam 1979, S. 176-199. 18 Siehe Gunter Gebauer: Der von Apparaten gemachte Körper und der Apparat, der Körper macht, in: Barbara Ränsch-Trill (ed.), Natürlichkeit und Künstlichkeit. Philosophische Diskussionsgrundlagen zum Problem der Körper-Inszenierung, Hamburg: Czwalina 2000, S. 135-142. 19 Siehe Thomas Alkemeyer/ Gunter Gebauer: Intermediäre Strukturen. Vermittlungen zwischen Spielen und Alltagswelt, in: Paragrana 11, H. 1, 2002, S. 51-64. 20 Volker Caysa/ Wilhelm Schmid (eds.): Reinhold Messners Philosophie, op. cit., siehe den Abschnitt: Wie man leben lernt und Träume Realität werden läßt. Gespräch mit Reinhold Messner auf Burg Juval, Südtirol. 21 Op. cit., S. 214. 22 Vgl. Gunter Gebauer: Der Held und sein Handy. Sport als Habitus und Erzählung, in: Merkur 2001, H. 1, S. 1-15. 23 Charles Baudelaire: Salon de 1846, in: Ders.: Œuvres complètes, op. cit., S. 949-952, hier S. 949 f. 24 Michel Foucault: A propos de la généalogie de l’éthique: un aperçu du travail en cours (ein Gespräch mit H. Dreyfus und P. Rabinow, in: Ders. Dits et Ecrits, Bd. 4, op. cit., S. 629. 25 Vgl. Gunter Gebauer: Warten auf den Übermenschen, in: Renate Reschke (ed.), Zeitenwende - Wertewende, Berlin: Akademie 2001, S. 127-143. 26 Vgl. Norbert Elias: Die Gesellschaft der Individuen, hg. v. M. Schröter, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991. Literaturverzeichnis Alkemeyer, Thomas/ Gunter Gebauer: Intermediäre Strukturen. Vermittlungen zwischen Spielen und Alltagswelt, in: Paragrana 11, H. 1, 2002. Baudelaires, Charles: Le peintre de la vie moderne, in: ders., Œuvres complètes, Paris: Edition de la Pleiade 1961, S. 1152-1192. Baudelaire, Charles: Salon de 1846, XVIII De l’Héroisme de la Vie moderne, in: Ders., Œuvres complètes (1961), S. 949-952. 74 Caysa, Volker/ Wilhelm Schmid (eds.): Reinhold Messners Philosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2002. Elias, Norbert: Die Gesellschaft der Individuen, hg. v. M. Schröter, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991. Foucault, Michel: Qu’est-ce que les lumières? in: Ders., Dits et Ecrits, Bd. 4, Paris: Gallimard 1994 (zuerst erschienen 1984), S. 562-578; dt. Übersetzung: M. Foucault: Was ist Aufklärung? In: Eva Erdmann/ Rainer Forst/ Axel Honneth (eds.): Ethos der Moderne. Foucaults Kritik der Aufklärung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1990, S. 30-54. Foucault, Michel: A propos de la généalogie de l’éthique: un aperçu du travail en cours (ein Gespräch mit H. Dreyfus und P. Rabinow), in: Ders., Dits et Ecrits, Bd. 4, op. cit., S. 629. Gebauer, Gunter: Der von Apparaten gemachte Körper und der Apparat, der Körper macht, in: Barbara Ränsch-Trill (eds.), Natürlichkeit und Künstlichkeit. Philosophische Diskussionsgrundlagen zum Problem der Körper-Inszenierung, Hamburg: Cwalina 2000, S. 135-142. Gebauer, Gunter: Warten auf den Übermenschen, in: Renate Reschke (eds.), Zeitenwende - Wertewende, Berlin: Akademie 2001, S. 127-143. Hortleder, Gerd/ Gunter Gebauer (eds.): Sport - Eros - Tod, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1986. Kant, Immanuel: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? in: Ders., Kants Werke, Akademie-Textausgabe, Bd. VIII, Berlin: de Gruyter 1968, S. 33-42. Lenk, Hans: Leistungssport: Ideologie oder Mythos? Stuttgart: Kohlhammer 1972. Lenk, Hans: Herakleisch oder prometheisch. Mythische Elemente im Sport, in: Ders., Pragmatische Vernunft, Stuttgart: Reclam 1979, S. 176-199. Nerlich, Michael: Kritik der Abenteuer-Ideologie. Beiträge zur Erforschung der bürgerlichen Bewußtseinsbildung 1100-1750. Berlin: Akademie 1977. Nerlich, Michael: Abenteuer oder das verlorene Selbstverständnis der Moderne. Von der Unaufhebbarkeit experimentalen Handelns. München: Gerling Akademie Verlag 1997. 75 Hans Ulrich Gumbrecht Kann und sollte „Nation“ heutzutage etwas Unreduzierbares enthalten? für Clara, geboren am 2. November 2008 [1] Wenn man sich selbst einmal aus kontemplativer Entfernung betrachtet, bemerkt man, dass die stärksten persönlichen Empfindungen sozialer Zugehörigkeit - strikt rational gesehen - als dysfunktional qualifiziert werden müssen: denn sie stellen Investitionen dar, die immer auf ein Verlustgeschäft hinaus laufen. Es gibt zum Beispiel weltweit in vielen Sportarten eine beachtliche Anzahl von Mannschaften, die dafür berühmt sind, nie eine Meisterschaft gewonnen zu haben, und dies obwohl sie herausragende Spieler aufbieten konnten, und häufig durchaus erfolgreiche Trainer hatten, und, auch falls notwendig bzw. nötig, über genug Geld verfügten, um im Fall des Falles die Schiedsrichter zu bestechen. Ich spiele hier auf die „Chicago Cubs“ und die „Hanshin Tigers“ an, zwei der international bekanntesten Franchiseunternehmen im Baseball: was sie wahrhaft außergewöhnlich macht [und sie zum Beispiel von Bayer Leverkusen, einem prominenten deutschen Beispiel aus der Fußballwelt mit einem ähnlichen Schicksal, aber ohne einen ernstzunehmenden Fankreis, unterscheidet], ist die Tatsache, dass die Cubs und die Tigers eine beeindruckende nationale und sogar internationale Anhängerschaft haben, welche nicht nur auf wundersame Weise Jahr für Jahr ihr unabdingbares Versagen in Kauf nimmt, sondern deren Zuneigung für ihre Mannschaften sogar an Intensität verlieren würde, sollte sich ihr herrlich ruhmloses negatives Geschick je zum Guten wenden. Ganz ernsthaft möchte ich hier die Frage stellen, ob nicht eine vergleichbare Ökonomie am Werk ist, wenn man sich heutzutage mit einer [oder sogar einer jeden] Nationalität identifiziert. Zum Beispiel kann man nicht Katalane oder Baske sein, ohne die spanische Staatsbürgerschaft zu besitzen. Spanisch zu sein wiederum zieht auf einer höheren Abstraktionsebene zwangsläufig und in mehrfacher, meist rechtlich relevanter Hinsicht nach sich, dass man ein Bürger der Europäischen Union ist. Um Familie, Bildung und Beruf zu besitzen, um Kranken- und Rentenversicherung sowie rechtlichen Schutz zu haben, würde eine europäische oder spanische Staatsbürgerschaft genügen. Gleichzeitig sagt man mir, dass es sich im heutigen Spanien nachteilig auswirken kann, irgendein Interesse [geschweige denn sturen Enthusiasmus] für seine katalanische oder baskische Identität zu zeigen. Sollte man daraus also nicht den unverhohlen opportunistischen Schluss ziehen, dass es sowohl auf kollektiver als auch individueller Ebene besser 76 ist, seine katalanische Zugehörigkeit nicht nur aufzugeben oder zumindest auszublenden, sondern sich sogar um die Auflösung seiner spanischen Staatsbürgerschaft in die „größere“ Europäische zu bemühen? Solch eine Entwicklung würde Steuergelder sparen und zweifellos die dem einzelnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erweitern; dies wäre ein gigantischer Schritt in Richtung einer globalen Staatsbürgerschaft, in einem historischen Zeitalter und einer institutionellen Entwicklung, für die wir so gerne den Begriff der „Globalisierung“ verwenden. In diesem Sinne erscheint tatsächlich nichts vernünftiger, als von „Integration“ zu sprechen, und kein anderes Konzept ist denn auch bisher so nachdrücklich von sämtlichen nationalen Regierungen innerhalb der EU gefördert worden. Und doch ist uns allen bewusst, dass der Erfolg dieses Konzeptes bisher überraschend limitiert war. Je weiter Politiker sich mit rationalen und hastigen Schritten in Richtung Integration bewegt haben, desto öfter sind sie auf Barrieren nationaler Trägheit [nicht etwa auf den nationalen „Widerstand“] gestoßen, so auch unlängst und auf beeindruckende Weise in Frankreich und Irland. Die Reaktion einiger europäischer Regierungen infolge solcher Trägheitsmomente lässt mich an Berthold Brecht’s ironischen Kommentar angesichts der Maßnahmen seiner ostdeutschen Regierung auf den Volksaufstand gegen die sowjetische Besatzungsmacht im Juni 1953 denken: „Die Regierung und die kommunistische Partei haben deklariert, das Volk habe sein Vertrauen in sie verloren und könne es nur durch harte Arbeit und besseres Verhalten wiedererlangen. Wäre es denn unter solchen Umständen nicht besser, wenn die Regierung das Volk auflöste und sich ein anderes wählte? “ In jedem Fall liefern uns einige dieser Episoden aus der jüngeren Geschichte der Europäischen Union eine erste Antwort auf die Frage, was am Begriff der eigenständigen „Nation“ heutzutage irreduzibel ist. Es ergibt sich die folgende Definition: „als irreduzibel nationale Einheit kann man heutzutage jeden kollektiven Verband bezeichnen, der dem Trend zur Globalisierung und seinem mächtigen Sog hin zu einer übergreifenden Rationalität und Ökonomisierung der Verwaltung widersteht.“ Daraus resultiert die Frage, ob sich das politische Endresultat einer solchen Bewegung, nämlich die aus dem Widerstand zur Integration geborene unabhängige Nation, auf irgendeine Weise rechtfertigen lässt. Die Antwort ist eng verwandt mit einer zweiten, sogar noch grundsätzlicheren Regel: „sobald die Mehrheit der Bürger eines Staates, die ein begrenztes und dem Staat gehörendes Gebiet bewohnen, ihre Unabhängigkeit vom Staat deklarieren, muss ein solcher Wille zur Unabhängigkeit, im Namen der Souveränität als dem grundlegenden und mächtigsten politischen Prinzip und darüber hinaus als unveräußerliches Recht, bedingungslos anerkannt werden.“ Natürlich kann es sehr vernünftig erscheinen dagegen zu argumentieren, solche Unabhängigkeitsbewegungen basierten kaum auf dem Souveränitätsprinzip und gegen sie sprächen viele rationale Gründe; es wäre vielleicht sogar legitim, ihre Dynamik durch die Errichtung gesetzlicher Hürden zu bremsen. Um als verbindlich zu gelten, ist der Wille der Mehrheit jedoch nicht von einer Konvergenz mit dem Anspruch auf Rationalität oder gar einer stär- 77 keren kulturellen Homogenität abhängig. Souveränität hat Vorrang vor allen anderen politischen Forderungen, und zwar unter fast allen Umständen. Offensichtlich bilden sich solche nationalen Unabhängigkeitsbewegungen vergleichsweise kleiner Gemeinschaften oft am Rande von hegemonialen Imperien und Staaten. Das deutlichste Beispiel dafür sind heute jene Staaten, die Russland westlich und südwestlich flankieren. In den letzten fünfzehn Jahren haben die drei baltischen Staaten, die alle zuvor als „Republiken“ in die Sowjetunion integriert gewesen waren, eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. Denn, obwohl sie ihre Existenz und ihre Stabilität zweifellos der fortwährenden, von Russland ausgehenden Vernichtungsgefahr verdanken, zeigt ihr neuester Werdegang, dass wirtschaftlicher und kultureller Fortschritt keineswegs von der Kleinheit eines Staates, der noch dazu unter starker Spannung von Außen steht, beeinträchtigt wird. Eine beeindruckende Ausnahme von dieser Regel des mächtigen Staates, der Bewegungen nationaler Unabhängigkeit an seiner Peripherie provoziert, sind die Vereinigten Staaten von Amerika, wie unpopulär diese Wahrheit [oder sollte ich höflicherweise „Meinung“ sagen? ] bei zeitgenössischen Intellektuellen, besonders in Europa und Südamerika, erscheinen mag. Es ist jedoch unbestreitbar, dass die Vereinigten Staaten seit der Zeit der ersten politischen Verbindungen zwischen den Ländern der ehemaligen britischen Kolonien, seit ihrer Gründung als die erste amerikanische Republik kontinuierlich (mit Ausnahme des Amerikanischen Bürgerkriegs) ein Streben nach Integration und sogar Absorption ihrer Randgebiete erzeugt haben - und nicht etwa eine zentrifugale Dynamik, die unter dem zentripetalen amerikanischen Druck kleine Nationen entstehen ließ. Sogar die Land-„käufe“, die zu neuen amerikanischen Staaten oder, wie im Fall der amerikanischen Virgin Islands, zu neuen Vereinigungen ohne komplette politische oder rechtliche Integration führten, scheinen recht reibungslos abgelaufen zu sein. Ich werde später auf diesen Punkt zurückkommen, in der Hoffnung, eine Erklärung für das scheinbar außergewöhnliche Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und den meisten der Gemeinschaften an ihrer Peripherie zu liefern. [2] Zuvor möchte ich mich jedoch im Hinblick auf das Problem der nationalen Identität auf eine kompliziertere und, um offen zu sein, persönlich quälendere [und in manchen Aspekten vielleicht sogar „tragische“] Ebene begeben. Um dies tun zu können, werde ich meine bisherige abstrakte Argumentationsweise durch eine persönliche Erzählung ersetzen. Diese Erzählung ist die Geschichte meines eigenen, lebenslangen Konfliktes zwischen dem nie ganz gelungenen Versuch, die ursprüngliche deutsche Nationalität „hinter sich zu lassen“, und dem Bestreben, „vollständig“ amerikanisch zu werden [und nicht nur im rechtlichen Sinne des Erwerbs der amerikanischen Staatsbürgerschaft]. Ich aktiviere diese Erinnerungen, weil ich glaube, sie können uns behilflich sein, zwei Aspekte nationaler Identität herauszuarbeiten, die grundsätzlich und paradigmatisch sind, obwohl sie kaum beachtet 78 werden. Es muss kaum betont werden, dass darüber hinaus nichts Interessantes [geschweige denn „Erbauliches“] an den persönlichen Elementen meiner Geschichte ist. Lassen Sie mich chronologisch vorgehen. Ich wurde am 15. Juni 1948 geboren, weniger als eine Woche vor der Einführung der „Deutschen Mark“, die in den westlichen Zonen des besetzten Deutschland die alte Währung der „Reichsmark“ ablöste. In jener Woche begann auch die Berliner Luftbrücke, die bewusst das Risiko eines dritten Weltkrieges zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion einging, letztendlich aber verhinderte, dass die [damals: ehemalige] deutsche Hauptstadt nach Stalins strategischem Plan komplett in die sowjetisch besetzte Zone integriert wurde. So wurden die Spannungen verstärkt, welche bald den Kalten Krieg auszeichnen sollten. Mein Geburtsort ist die sehr traditionelle und sehr katholische Universitätsstadt Würzburg, im nördlichen Teil des damals amerikanisch besetzten Bayern, welches durch einen einzigen Bombenangriff der Alliierten am 16. März 1945 weitgehend zerstört wurde [Würzburg ging Jahre später eine Städtepartnerschaft mit der japanischen Stadt Nagasaki ein, denn wie Nagasaki in Japan war Würzburg in Deutschland nach Dresden die am meisten zerstörte Stadt]. Beide Eltern, geboren in den zwanziger Jahren, arbeiteten als Ärzte im Universitätskrankenhaus, und während es mir in meinen bisherigen sechzig Lebensjahren nicht gelungen ist, irgendein zuverlässiges Wissen in dieser Frage zu erlangen, glaube ich, dass ihre Involvierung im Nazismus „eben durchschnittlich“ war [was natürlich schlimm genug gewesen sein muss! ]. Nun, wenn wir zeitgenössischen Berichten wie den Kolumnen des schwedischen Journalisten Stig Dagerman über den „Herbst 1946 in Deutschland“ trauen können, die als seltene historische Dokumente der deutschen Nachkriegssituation schon längst zu Klassikern geworden sind, oder zum Beispiel dem oft aufgeführten Drama „Draußen vor der Tür“ von 1947 von Rudolf Borchert, der gerade aus einem Kriegsgefangenenlager zurückgekehrt war und einen Tag vor der Premiere seines Stückes starb, einem stark autobiographischen Theaterstück über einen deutschen Soldaten, der spät in seine Heimatstadt zurückkehrt und alle Türen verschlossen findet - wenn wir also den Beschreibungen dieser und einiger anderer Texte mit ähnlichem Tonfall trauen können, dann wurde ich in eine Situation hineingeboren, in der die deutschen Überlebenden, die jeden nur erdenklichen Grund dafür gehabt hätten, sich [zumindest teilweise] für die unaussprechlichen und beispiellosen Verbrechen der nationalsozialistischen Regierung verantwortlich zu fühlen, bereits die erstaunliche Leistung vollbrachten, alle Schuldzuweisungen zurückzuweisen. Um eine offensichtlich viel komplexere Situation in eine kompakte [und irgendwie freudianische] Formel zu fassen: Im Sommer 1948 war Deutschland zu einem Ort geworden, an dem die individuelle und kollektive Verantwortung für die beispiellosen, zwischen Januar 1933 und Mai 1945 begangenen Verbrechen in eine Art „freischwebende“ Verantwortung umgewandelt wurde, welche vorhanden war und sich bemerkbar machte, ohne von der überwältigenden Mehrheit derjenigen Deutschen angenommen zu werden, die während des Dritten Reichs mehr oder weniger glücklich in ihrem Land gelebt hatten. Ich 79 glaube mich daran zu erinnern, dass die Welt für ein in dieser seltsamen Atmosphäre heranwachsendes Kind scheinbar geordnet, stabil und vielleicht sogar still war: „still“ im Gegensatz zu „normal“, wahrgenommen aus der vorbewussten Intuition, dass gleichzeitig etwas Unbekanntes und sogar Unaussprechliches unter Verschluss gehalten wurde. 1 Nun hatte ich meine Kindheit im materiellen Umfeld einer Heimatstadt gelebt und genossen, die ein Monument des vergangenen Todes war [in den Gebäuderuinen von 1945 spielten wir gerne „Ritter in glänzender Rüstung“], und war zehn Jahre alt, als ich dem Tod zum ersten Mal leibhaftig begegnete. Der Mensch, den ich am meisten liebte, mein sanfter, [wegen eines Herzleidens] schwer atmender, schüchterner, sehr großzügiger und immer verständnisvoller Großvater mütterlicherseits verstarb. Mein Großvater, auf den ich so stolz war, verschwand, und ich vermisste ihn schmerzlich. Aber nur drei oder vier Jahre später, in den pubertären Momenten, in denen sich unser Gemüt zu seinen ersten unabhängigen Abenteuern aufmacht, erfuhr ich, dass dieser geliebte Großvater während der Erstarkung der Hitlerbewegung Millionär geworden war, indem er sein ehemals proletarisches Leben [er war ursprünglich Bergarbeiter gewesen] nach einem „Bekehrungserlebnis“ von der kommunistischen Partei weg und zur nationalsozialistischen Arbeiterpartei hin orientiert hatte. Diese Einsicht produzierte, zusammen mit den Überresten der Liebe, die ich für meinen Großvater empfand, eine Spannung zwischen Liebe und Hass, ein Vermissen meines sanften Opas und das gleichzeitige Gefühl, von ihm tödlich verraten worden zu sein; eine Spannung, die für immer eine Narbe in meiner Seele hinterließ. Zweifellos war dies die Art von Schmerz, der viele Deutsche in meinem Alter betraf, und die uns mit einer geteilten Narbe versah, die ein Emblem werden sollte, welches zum Schandflecken auf der Stirn der 68er Generation wurde, einer Generation, welche viele Deutsche, die viel früher geboren wurden [ca. 1930] und auch viel später [nach 1960], immer noch als eine Generation von Schwachheit und Versagen ansehen. Der wahre Grund für diese harte Kritik war, dass viele von uns in eine existentielle Situation hineinwuchsen, auf die wir mit einer bewussten Entscheidung reagieren wollten, d.h. mit der Entscheidung, die Schuld und die Verantwortung für Verbrechen auf uns zu nehmen, die niemals unsere hatten sein können. Ich werde nie genau wissen, ob wir uns damit eine unmögliche Aufgabe gestellt haben. Unsere Generation mag wohl Anspruch darauf erheben, den positiven Ruf maßgeblich beeinflusst zu haben, den Deutschland heute genießt, als die einzige Nation in der Welt, die sich ernsthaft mit dem dunkelsten Kapitel ihrer Vergangenheit auseinandersetzt, und die einzige Nation, die inmitten ihrer Hauptstadt ein Monument im Gedenken an die Millionen der von ihr verschuldeten Opfer errichtet hat. Dennoch hat unsere Generation für diesen Verdienst nie viel kollektive Anerkennung erhalten. Im Gegenteil [und hier beziehe ich mich wieder auf einen einzigen, jedoch paradigmatischen, Vorfall aus meinem persönlichen Leben]: als zum ersten Mal bekannt wurde, dass mein ehemaliger Doktorvater [die Bezeichnung „Doktor- Väter“ kommt in Deutschland nicht von ungefähr], ein allseits geachteter Humanist, 80 der 1921 geboren wurde und uns immer erzählt hatte wie er das Dritte Reich in einer Art sozialistischem Widerstand durchlebt hatte, als es also bekannt wurde, dass dieser scheinbar so ehrwürdiger Akademiker ein hochrangiger SS-Offizier gewesen war, der womöglich sogar jener Elite des Bösen angehörte, die Adolf Hitler an den letzten Tagen des April 1945 in seinem Bunker in Berlin begleitet hatte - als all dies bekannt wurde und ich mir vornahm, nie wieder mit meinem Doktorvater zu sprechen [dies war meine einzige Reaktion, denn ich war der öffentlichen Bekenntnisse und Anschuldigungen müde geworden], konfrontierten mich viele meiner älteren deutschen Kollegen mit der Frage, ob ich denn sicher sein könne, dass mein eigenes Verhalten, hätte ich in den 30er Jahren in Deutschland gelebt, besser gewesen wäre als das meines Doktorvaters. Gleichzeitig empfanden es die meisten Kollegen aus der Generation meiner Studenten als eine Grausamkeit, einen Mann, der so alt geworden war, zu strafen, als sein makelloser Ruf zusammenbrach. Was sie nicht verstanden - und das fühlte ich mit einiger Wut - war die Faktizität und Objektivität des Verbrechens als eine existentielle Dimension, eine Faktizität, die in mir eine körperliche Abscheu hervorrief, ohne dass diese Reaktion irgendetwas zu tun gehabt hätte mit einer arroganten Gewissheit meiner eigenen moralischen Überlegenheit. Fünfzehn Jahre später, als mein immer gutaussehender, talentierter, schwacher, unverlässlicher und lieber Vater, ein pensionierter Chirurg, starb, erfuhr ich unter grotesken Umständen, das er nicht etwa, wie er mir immer gesagt hatte, an der Universität in unserer Heimatstadt Medizin studiert hatte, sondern an der von den Nationalsozialisten geleiteten National-Akademie für Medizin. Für mich war dies nicht mehr als eine fast ironisch anmutende Erinnerung an jenes Schandmal, welches wir noch immer auf unserer Stirn trugen. Es brachte mich nicht einmal dazu, mir besonders schreckliche Taten, die mein Vater wahrscheinlich ausgeführt hatte, vorzustellen, aber es geschah im selben Jahr, in dem der berühmte Schriftsteller Günter Grass - der jahrzehntelang keiner einzigen konservativ eingestellten Persönlichkeit die Verdächtigung des Nazismus erspart hatte - entschied, dass es an der Zeit war, uns darüber zu informieren, dass auch er ein Mitglied der Waffen-SS gewesen war. Ich werde mich immer leicht schuldig fühlen für den etwas grausamen Gedanken, der mir wie ein heller Blitz durch den Kopf ging, als, an einem seltsam frostigen und typisch windig-nassen Septembertag, der Sarg mit dem Leichnam meines Vaters in das Grab gesenkt wurde: „Es ist höchste Zeit, dass ihr alle von der Erde verschwindet.“ [3] Zu dieser Zeit lebte ich schon seit fünfzehn Jahren in den Vereinigten Staaten und ich hatte fünf Jahre zuvor meine amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten und dafür mit großer Erwartung meine deutsche Staatsbürgerschaft aufgegeben, obwohl ich dabei nie die kleinste Illusion hegte, meiner deutschen Staatsangehörigkeit entkommen zu können. Ich bin immer noch so sehr deutsch, weil ich die Spra- 81 che meines Landes mit deutschem Akzent spreche - die Sprache eines Landes, das ich für mich und meine Familie als Lebensort gewählt habe, anstatt einfach dort geboren zu sein; ich bin so sehr deutsch, weil meine Bewunderung für die Philosophie Martin Heideggers nicht zu trennen ist von meiner tiefen Verachtung für seine Biografie; weil ich bei aller Liebe zu Hölderlins Hymnen die Frage nicht loswerde, ob sie in ihrer Kadenz Hitlers Redestil ähneln. Ich bin nicht nach Amerika gekommen, um dem Deutschen in mir zu entkommen [ich wünschte, ich könnte es, aber ich weiß, das ich es nicht schaffen werde], sondern um die Gegenwart derer zu vermeiden, die solch eingehendes Verständnis für Menschen wie meinen Doktorvater gezeigt hatten, und vor allem wollte ich, dass meine Kinder in einiger Entfernung zu der Vergangenheit lebten, die ich unweigerlich an sie weitergeben würde. Das Verlassen meiner deutschen Heimat spielte sich in den undefinierten Umrissen meiner akuten Sehnsucht nach Erlösung ab, ein Erlösungstraum, in dem ich in Ermangelung einer besseren Alternative bereit war, die Rolle des Sündenbocks zu spielen und so meinen Kindern eine Zukunft inmitten der Erlösten zu sichern. Der Plan war außerordentlich erfolgreich, erfolgreich in der Tat bis zur Ironie und das auf ironische Weise. Denn mein ältester Sohn, der neben seiner von mir geerbten deutschen Seite die spanische Nationalität von seiner Mutter hat, zog von den USA zurück nach Deutschland und wurde Hauptmann in der deutschen Luftwaffe. Am 2. November, ein paar Tage bevor ich diesen Text zu schreiben begann, wurde seine Tochter und mein erstes Enkelkind, Clara, als Kind einer holländisch-deutschen Mutter und meines sehr patriotischen deutschen Sohnes, geboren. Und meine drei jüngeren Kinder, die in Spanien und den Vereinigten Staaten leben, bewundern Deutschland und ihr eigenes Deutschsein, und finden meine Probleme mit dem Land [an guten Tagen] größtenteils übertrieben und - ich zitiere - ‘ hysterisch ’ bzw. histrionisch [an schlechten Tagen]. Die Vorstellung, dass Clara mit einem kritischen Blick auf die deutsche Vergangenheit aufwachsen wird, aber ohne die Versuchung, selbst irgendeine Verantwortung auf sich zu nehmen, wird mir an jedem der verbleibenden Tage meines Lebens gut tun, und wird mir in den ganz und gar nicht seltenen Momenten der Selbstgefälligkeit wie eine vollbrachte Leistung vorkommen. Ich selbst werde bei der Landung meines Flugzeugs auf deutschem Boden nie das Gefühl los, dass dieser Ort noch immer belastet ist - und für mich wird es wohl immer so bleiben. Ich finde die Art von Stolz, den viele Deutschen für ihr Land [vor allem seit der Fußballweltmeisterschaft 2006] empfinden, besorgniserregend in seiner Selbstgefälligkeit, und ihre Bedenken über die demokratischen Maßstäbe in meinem Land erscheinen mir scheinheilig bis zur Lächerlichkeit - obwohl nichts davon in irgendeiner Weise „unberechtigt“ oder „gefährlich“ ist. Trotz allem muss ich schon seit langem mit Enttäuschung, Schmerz und manchmal sogar Wut einsehen, dass ich nie so instinktiv amerikanisch sein werde, wie ich es mir immer erträumt hatte. Die Sprache, die mir inzwischen unentbehrlich geworden ist, um Liebe und Zuneigung auszudrücken, spreche ich mit einem ausländischen Akzent. Ich werde es nie auch für einen Moment nachempfinden kön- 82 nen, wie es sich anfühlen muss, an einer High School zum „homecoming king“ gewählt zu werden; ich kann recht passable Artikel über American Football schreiben, aber mir fehlt unwiederbringlich die prägende Kindheitserfahrung, einen Football zum ersten Mal so zu werfen, dass er in seiner Drehung mühelos durch die Luft segelt. Manchmal sogar gelingt es mir nicht, Leute effizient zu beleidigen, wenn ich auf Amerikanisch fluchen will, weil ich das nie richtig gelernt habe. Und trotz allem liebe ich Amerika mit einer Intensität, die vielleicht einfach ein Privileg für jemanden ist, der „sein“ Land erst spät im Leben gewählt hat. Seine dritt-weltlerische Seiten und seine Geschmacklosigkeiten, oder zum Beispiel die typisch amerikanischen, formlos gewordenen Körper, das alles ist mir peinlich - und doch liebe ich Amerika mit aufrichtiger Leidenschaft. Amerika zu lieben heißt jedoch nicht anzunehmen, dass das Land unfehlbar ist. Vielmehr ist es die vielschichtige Aufgabe einer jeden Generation, das Möglichste zu tun, in seinem Namen begangene Verbrechen gar nicht erst zuzulassen und dafür zu sorgen, dass die Erinnerung und die Verantwortlichkeit für die Verbrechen, die geschehen sind, nicht unterdrückt werden oder ohne Zuordnung bleiben. Die Fälle Guantánamo und Abu Ghraib sind nicht mit der Wahl Barack Obamas zum amerikanischen Präsidenten abgeschlossen, im Gegenteil. [4] Insgesamt erlebe ich meine amerikanische Nationalität als einen vorwärtsgerichteten Bestandteil meines Lebens. Ich hoffe, und vielleicht bin ich dabei manchmal zu optimistisch, dass ich mit meiner Lehre und meinem Schreiben zumindest ein wenig zu einer mit lebenswerten Situationen gefüllten Welt beitragen kann. Persönlich glaube ich nicht, dass ich dieses Ziel damit erreichen kann, alles was ich als Literaturprofessor vermitteln muss, zu „politisieren“. Der Schwerpunkt liegt darin, meinen Studenten dazu zu verhelfen, viele der Möglichkeiten und Realitäten ihrer Existenz zu schätzen und sogar lieb zu gewinnen. All dies ist sehr verschieden und sogar abgekoppelt von meiner deutschen Nationalität, die sich, wie ich zu beschreiben versucht habe, bei vielen Deutschen aus meiner Generation regelrecht darin verzehrt hat, aus dem Blickpunkt einer historischen Wiedergutmachung die Verantwortung für Taten zu übernehmen, die wir nicht begangen haben. Für die meisten Menschen sind diese zwei Seiten einer Nationalität natürlich Teil eines einzigen Bildfeldes der Erinnerung und Verantwortung. Und die einzige Rechtfertigung dafür, dass ich so viel von meinem eigenen Leben erzähle, liegt darin, dass es sich anbietet, um zu zeigen, wie asymmetrisch diese beiden Seiten von Nationalität manchmal sein können. Ich schulde dem Leser noch eine Bemerkung im Hinblick auf das, was an den Vereinigten Staaten als Rahmen für eine funktionierende nationale Identität vielleicht einzigartig ist. Warum rief dieses Land bis heute nicht mehr paradoxe Reaktionen hervor im Namen der Staaten, oder historisch gesehen, der verschiedenen ehemaligen Kolonien und all der verschiedenen ethnischen Gruppen, welche die 83 amerikanische Bevölkerung ausmachen? Sollte eine solche qualitative Unterschiedlichkeit zwischen den Vereinigten Staaten und anderen hegemonialen Mächten tatsächlich bestehen, so glaube ich, dass dies etwas mit der Tatsache zu tun hat, dass die Art von nationaler Einheit, welche die Vereinigten Staaten auszeichnet, eher konstitutionell bzw. eher eine rechtliche Realität ist, als eine Angelegenheit ethnischer und historischer Zugehörigkeit. Um diese Beobachtung in Worte des Alltags zu fassen: Die amerikanische Nationalität ist eher mit einer Mitgliedschaft in einem Verein [mit seinen speziellen Pflichten und Privilegien] als mit der Zugehörigkeit zu einer Familie [mit ihrem speziellen Stammbaum] vergleichbar. Daraus ergeben sich zwei spezifische Aspekte der nationalen Einheit. Als konstitutioneller Rahmen verstanden, wird diese von den ethnischen und kulturellen Bevölkerungsgruppen, aus denen die Nation sich zusammensetzt, kaum als eine Bedrohung der eigenen Identität wahrgenommen werden. Und obwohl diese Möglichkeit nicht immer auf effiziente Weise genutzt wird, sollte eine konstitutionelle Nationalität die zutreffenden prozessualen [d.h. rechtlichen] Werkzeuge zur Verfügung stellen, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die Verbrechen im Namen der Nation begangen haben. Doch wurde die Europäische Union nicht auf eben diesem Grundsatz errichtet, und löste sie damit nicht mehr Widerstand gegen ihre Integrationspolitik aus, als es die Vereinigten Staaten von Amerika [zumindest in ihren ersten einhundertfünfzig Jahren] jemals getan haben? Es gibt mehrere, zumeist graduelle Unterschiede, welche die disparaten Reaktionen erklären, welche die USA und die Europäische Union in ihrem geographischen und politischen Umfeld provoziert haben. Erstens war der Vorgang der europäischen Integration nicht, wie etwa die Formung der Vereinigten Staaten, frei von einem gewissen Identitätskonzept, das den strukturellen Ort von Selbstreferenz besetzt; zweitens übertrifft das Volumen der von der Europäischen Union in nur wenigen Jahrzehnten produzierten allgemeinen Gesetzgebung bei weitem das Volumen der bundesstaatlichen Gesetze in den Vereinigten Staaten; vor allem muss aber die europäische Integration in ihrer Geschwindigkeit als ein unnötig hastiger und sogar forcierter Prozess gesehen worden sein, wogegen die amerikanische Union hauptsächlich von plötzlich aufkommenden Gelegenheiten abhing. Lassen Sie mich abschließend betonen, dass das Recht, die nationale Eigenständigkeit zu verteidigen oder sogar zu begründen, durch das Prinzip der Souveränität gesichert ist. Daneben habe ich in diesem Text nationale Einheit als eine Gemeinschaft mit einer sowohl rückblickenden als auch vorausschauenden Verantwortlichkeit beschrieben. In diesem Sinne bin ich der Überzeugung, dass nationale Identität selbst im Zeitalter der „Globalisierung“ eine irreduzible Wirklichkeit bleiben sollte. Sicher, die „Nation“ als eine Gemeinschaft zu verstehen, welche Verantwortlichkeiten zuschreibt und damit sichert, scheint heutzutage nicht das vorherrschende Verständnis des Konzeptes der „Nation“ zu sein. Umso öfter wird die „Nationalitätskarte“ gespielt, um auf vergangene Situationen kollektiver Opferstigmatisierung anzuspielen, für die nun gegenwärtige und zukünftige Kompensation verlangt wird. In vielen Fällen - man denke nur an das Verhältnis zwischen 84 Israel und Deutschland als Nationen - sind solche Forderungen jenseits jedes geschichtlichen und ethischen Zweifels berechtigt. Andererseits kann es auch keinen Zweifel darüber geben, dass solche Forderungen Gemeinschaften des Ressentiments erzeugen oder kultivieren. Dies ist ein weiterer Grund, der mich glauben lässt, dass Nation, sofern wir heute dafür überhaupt einen Nutzen haben, in erster Linie als verfassungsmäßige Gemeinschaft mit interner Verantwortlichkeit verstanden werden sollte. Wenn mein Land sich mit Guantánamo und Abu Graib befasst hat, wird es sich überzeugender gegen internationalen Anti-Amerikanismus zur Wehr setzen können. (aus dem Englischen übersetzt von Suzanne S. Zuber) 1 Natürlich verwende ich diese Worte und Metaphern erst heute im Rückblick, um die Gefühle zu beschreiben, die in meiner Kindheit vorherrschten - Worte und Metaphern, die mir in meinen frühen Lebensjahren nicht zur Verfügung standen. Ich arbeite zur Zeit an einer Monographie über die „Stimmung“ in dem Jahrzehnt nach 1945, in der ich versuchen werde, die Perspektive eines Geschichtsforschers mit persönlichen Erinnerungen zusammenzuführen. 85 Frank-Rutger Hausmann Der Dichter und Schriftsteller Georg Schneider als Valéry-Übersetzer Depuis bien des années j’avais laissé l’art des vers: essayant de m’y astreindre encore, j’ai fait cet exercice que je te dédie. [Für Michael Nerlich zum 11. März 2009] 1 Ingeborg Schuldt, die Frau des Münchner Schriftstellers Georg Britting, hat in ihren Erinnerungen aus den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit dem Titel „Sankt-Anna-Platz 10“ 2 dem aus Coburg stammenden Dichter, Essayisten und Übersetzer Georg Schneider (1902-1972) einen Ehrenplatz unter den Freunden ihres Mannes eingeräumt: „Er konnte schreiben, worüber er wollte, die Feuilletons der Zeitungen druckten ihn - auch in der Schweiz“ (221). 3 Dort zählte er Erwin Jaeckle, Max Rychner und Emil Staiger zu seinen engen Freunden. Schneider gehörte zu den regelmäßigen Gästen der auch von Britting allabendlich frequentierten Schwabinger Gaststätte „Leopold“. Hier präsidierte er einem Stammtisch, zu dem außer Britting noch Georg von der Vring, Friedrich Schnack und andere Münchner Dichter, Schriftsteller und Künstler gehörten. Von Hause aus Lehrer, hatte sich Schneider, als er zum FDP-Abgeordneten des ersten Bayerischen Nachkriegs-Landtags gewählt wurde, nach München versetzen lassen und die Leitung einer Volksschule in Schwabing übernommen. Diese Tätigkeit ließ ihm genügend Freizeit für eigene literarische Arbeiten. Er trat als Lyriker hervor, glänzte aber auch als Übersetzer aus dem Französischen und Englischen und wagte sich sogar an chinesische Lyrik heran. 4 Als Soldat der großdeutschen Wehrmacht war er in den letzten Kriegsjahren in der Provence stationiert gewesen und hatte sich als Wachtposten die Zeit mit Übersetzen vertrieben. Ihm schwebte bereits seit geraumer Zeit die Herausgabe einer umfangreichen Anthologie deutscher Übertragungen französischer Lyrik vor, die vor allem den großen Symbolisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gewidmet sein sollte. Dies war zu diesem Zeitpunkt ein kühnes Unterfangen, denn gerade die Symbolisten galten den Nazis als dekadente und unmoralische „poètes maudits“. Der damals noch in Rostock lehrende Romanist Fritz Schalk wurde beispielsweise im Anschluß an ein Seminar über französische Symbolisten von einem Funktionär des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes beim Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Berlin denunziert. In einem persönlichen Brief an Minister Bernhard Rust verteidigte er sich vehement, 86 er habe keinesfalls „liebevoll über Dekadenz“ gesprochen, sondern nur die poetischen und sprachlichen Probleme angesprochen und auf die Verwandtschaft der Franzosen mit der deutschen Romantik (E. Th. A. Hoffmann) und der Musik Richard Wagners hingewiesen. 5 Derartige Vorbehalte fochten Schneider nicht an. Er war gegen die offizielle Nazi-Ideologie immun, derzufolge die französische Kultur endlich von der deutschen lernen sollte, nicht umgekehrt. Bereits in „Mein Kampf“ hatte Hitler gegen die „süßlichen Lobeshymnen“ mancher Deutscher auf die „große Kulturnation“ Frankreich gewettert und dem „erbärmlichen Französeln“ eine wütende Absage erteilt. 6 Noch schlimmer tobte sein Chefideologe Alfred Rosenberg gegen die französische Kultur, konzentrierte sich allerdings auf die impressionistische Malerei, der er ihre mangelnde Gegenständlichkeit ankreidete. Sie sei „ursprünglich von starken Malertalenten getragen“, dann aber zum Schlachtruf „des allzerstörenden Intellektualismus geworden“. Die atomistische Weltbetrachtung habe auch die Farbe atomisiert. 7 Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels, um eine dritte antifranzösische Stimme aus der NS-Führungsetage zu hören, war nach dem deutschen Sieg über Frankreich der Überzeugung, daß die „makabre genußsüchtige Nation“ der Franzosen „nichts mehr wert“ und „Nennenswertes an positiven Leistungen für den Neubau Europas“ von ihr kaum noch zu erwarten sei. Vor allem sei es notwendig, den Krieg gegen Frankreich zu einem geschichtlichen Ergebnis zu führen. „Wir müssen deshalb die militärische und politische Macht Frankreichs endgültig vom zukünftigen Kräftespiel ausschalten“. Und weiter: „Wenn die Franzosen wüßten, was der Führer einmal von ihnen verlangen wird, so würden ihnen wahrscheinlich die Augen übergehen. Es ist deshalb gut, daß man vorläufig mit diesen Dingen hinter dem Berge hält und aus dem Attentismus der Franzosen so viel herauszuholen versucht als überhaupt herausgeholt werden kann“. Das Gerede von Kollaboration sei nur für den Augenblick gedacht. 8 Schneider, zunächst Lehrer in seiner Heimatstadt Coburg, hatte 1925 mit dem Gedichtband Die Barke debütiert. Die Nazis verhängten 1933 ein Publikationsverbot gegen ihn, 9 doch wurde dieses eigenartigerweise nicht konsequent befolgt. Im Jahr 1937 konnte er deshalb eine mehr regionalistisch als völkisch angehauchte Anthologie Franken - Hochklang einer Landschaft herausbringen. 10 Gestützt auf Joseph Nadlers monumentale Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften wird der Begriff „Franken“ darin sehr weit gefaßt, so daß neben den eigentlichen Franken zahlreiche Autoren aufgenommen werden können, die man sonst eher als Alemannen, Rheinländer, Hessen oder Oberpfälzer einstufen würde. 11 Schneider war nicht entgangen, daß für Nadler die Franken zwar das „Volk der deutschen Dichtung“ schlechthin waren, aber Nadler sah auch eine deutsch-französische Gemeinsamkeit: „Sie sind die Pforte, durch die in spätern Jahrhunderten französisches und deutsches Wesen, sich durchdringend, läuternd oft und weniger selten in trüber Lösung, zusammenflutete“ (ebd., 7). So groß waren die Unterschiede zwischen den beiden Völkern also nicht! 87 Aus eben dieser Zeit stammt vermutlich auch der bereits erwähnte Plan Schneiders zu einer Anthologie von Lyrikübertragungen aus dem Französischen, von denen die eigenen erst nach dem Krieg in stark reduzierter Form erschienen sind. 12 Schneider hatte zuvor einige seiner Übersetzungen französischer Lyrik in Zeitschriften und Zeitungen veröffentlicht, 13 anderes Freunden und Interessenten handschriftlich zur Beurteilung zukommen lassen. 14 Diese lobten seine Arbeit und ermunterten ihn zum Weitermachen. Bemerkenswert ist das Urteil des Verlaine- Spezialisten Gerhart Haug, 15 der, wie viele seiner Generation, gegen Rilkes Dichten, vor allem das der letzten Lebensjahre, einen gewissen Widerwillen verspürte und Schneider darum positiv bewertete. Haug war jedoch nicht kritiklos: „Selbstverständlich mischt sich auch bei Ihnen vieles Persönliches mit in die Nachdichtung. Die Strenge des französischen Ausdruckes, die Gesammeltheit, wird von Ihnen umempfunden und vielleicht etwas prächtiger wiedergegeben als sie im Original ist. Aber das macht nichts, sondern es ist eben Ihre Art, die auf Valéry so anspricht“ (21. November 1945). 16 Im Kontakt mit den Dichter-Freunden erweiterte Schneider sein Projekt, so daß die Anthologie nicht nur eigene Übertragungen enthalten sollte, sondern auch solche ihm bekannter Dichterfreunde wie Helmut Bartuschek, Gerhart Haug, Wolf von Niebelschütz, Kurt Reidemeister, Franz von Rexroth und anderer. Auch sie waren damals in Frankreich stationiert. Als Schneider sie brieflich über seine Pläne informierte, erfuhr er zu seiner Überraschung, daß sie, unabhängig voneinander, an eigenen französischen Übersetzungsanthologien arbeiteten. Die offizielle NS-Propaganda, die, wie wir sahen, die französische Kultur als minderwertig und verbraucht denunzierte, hatte bei diesen jungen Dichtern nicht verfangen. Da sie den Krieg aus schmerzlichem Erleben kannten, waren sie es leid, ihn und seine Führer zu verherrlichen. Sie suchten statt dessen ihre Vorbilder in der französischen Literatur. Keiner von ihnen hatte sich folglich an der „Tornisterschrift des Oberkommandos der Wehrmacht. (Abteilung Inland.) Zum Geburtstag des Führers 1941“ mit dem Untertitel Worte Deutscher Dichter beteiligt. 17 Darin hatten über sechzig dem Regime zumeist nahestehende Dichter, von denen viele noch heute bekannt und anerkannt sind, Hitler gefeiert. Agnes Miegel erfüllte „übermächtig demütiger Dank, daß ich dieses erlebe, Dir noch dienen kann, dienend den Deutschen mit der Gabe, die Gott mir verlieh“. 18 Josef Weinheber schwärmte von „Deutschlands Genius, Deutschlands Herz und Haupt“, 19 Heinrich Zillich pries Hitler als „Den Deutschen von Gott gesandt, lange verkannter einsamer Mann“. 20 Aber vielleicht war auch keiner von Schneiders Freunden - zu seinem Glück - gefragt und dadurch in Versuchung geführt worden, mitzudichten. Schneider war besonders von Paul Valérys Lyrik fasziniert, die dem deutschsprachigen Publikum bis dahin vornehmlich in der Übersetzung Rainer Maria Rilkes zugänglich war, der sich aber im wesentlich auf die Sammlung Charmes beschränkt hatte. 21 Valéry sah übrigens in Rilke den Nur-Übersetzer, nicht den eigenständigen Dichter, dessen Werke ihm mangels deutscher Sprachkenntnisse verschlossen blieben. Dennoch wäre es Schneider nicht in den Sinn gekommen, 88 mit Rilke zu rivalisieren. Seine eigenen Gedichte über die Natur im Wechsel der Jahreszeiten oder die verschiedenen Phasen des menschlichen Lebens wirken mehr durch ihre feierliche Sprache als ihre gedankliche Originalität. Valéry stammte aus Sète an der Mittelmeerküste zwischen Montpellier und Béziers. Der vom Pétain-Régime Geächtete und als Leiter der internationalen Begegnungsstätte „Centre méditerranéen“ in Nizza Abgesetzte wohnte zwar in Paris, machte aber immer wieder Abstecher ans heimatliche Mittelmeer. Schneider hat ihn entweder dort oder in Paris aufgesucht, Genaueres ließ sich nicht feststellen. Leider ist auch der Briefwechsel zwischen beiden bis auf einen Brief verloren. 22 Darin geht es um Schneiders Plan, Valérys berühmtestes und bis dahin noch nicht ins Deutsche übersetztes Gedicht La jeune Parque zu übertragen, das später (1960) in Paul Celan einen kongenialen Übersetzer fand. Inzwischen liegt auch die Übersetzung des Schweizer Cellisten und Übersetzers Rolf Looser vor, die man der Celans getrost an die Seite stellen kann. 23 Valéry schrieb an Schneider: „En ce qui concerne la Jeune Parque et l’Abeille, 24 je serai heureux de vous les voir traduire en allemand. Ce sont des textes difficiles, la Jeune Parque en particulier, dont on 25 a dit que c’était le poème le plus obscur de la langue française. Si vous aviez besoin de quelque éclaircissement, vous n’aurez qu’à me les demander par lettre. Je vous autorise donc bien volontiers à faire ce travail et vous serai obligé quand il paraîtra en librairie, de vouloir bien m’adresser deux exemplaires“. Über den Sinn von Die junge Parze ist bereits mehrfach diskutiert worden. 26 Das lyrische Subjekt ist ein junges Mädchen, welches sich durch den Biß einer Schlange seiner Weiblichkeit und zugleich seiner Sterblichkeit bewußt wird. Dies waren sicherlich keine Themen, die zu dem damaligen deutschen Zeitgeist paßten. Umso höher ist Schneiders Absicht zu bewerten, Valérys Ruhm in Deutschland weiter zu verbreiten. Er machte sich sofort an die Arbeit. „Es ist die Dunkelheit, die leuchtende Schwere des schwarzen Diamanten, die Dunkelheit der schöpferischen Nacht, die Sternennacht des menschlichen Geistes. Einzig hier strahlt der Geist beirrend und rein“ (KfA, 21). Schneider versuchte, die von Valéry benutzten Metaphern, den Klang der Wörter, ihren Sinn und ihre Gestalt, in die eigene Sprache herüberzuholen. „Die Verse sollten sichtbar werden oder einprägsam dem Ohr wie das Rauschen und der Gesang der Quellen zur Nacht, wenn es dem Auge verwehrt ist, Stein und Baum und Gehöft zu erschauen. Das Gedicht musste auch in der deutschen Sprache Gedicht sein“ (ebd.). Er kam jedoch nur langsam voran. Schneiders Wertschätzung Valérys ist erklärungsbedürftig. Schneider hatte kürzere Gedichte Valérys übertragen, die Rilke, mit dem er sich offenbar nicht messen wollte, nicht übersetzt hatte. 27 Bei seiner Arbeit hatte er versucht, „etwas von dieser quellenhaften Dunkelheit [...] in die eigene Sprache“ mit herüberzunehmen, wie er, von sich selber in der dritten Person sprechend, präzisiert: „Das Bild, die Metapher, der Klang, der Sinn, die Gestalt waren ihm heilig, und heilig war ihm das dichterische Wort, das in seinem tiefsten Geheimnis nichts mit philologischer Treue gemein hat“ (KfA, 21). Diese Übersetzungen hatte er dem des Deutschen unkundi- 89 gen Valéry bei einem weiteren Besuch 28 vorgelesen. Der Meister habe, so Schneider, ihren Klang und ihren Rhythmus gebilligt. Das ist viel bei einem Autor wie Valéry, bei dem Wörter gleichermaßen durch ihren Klang wie durch ihre Bedeutung wirken und zu Worten werden. Der Vermittler zwischen Valéry und Schneider scheint der zu Unrecht vergessene rumänisch-französische Dichterphilosoph Pius Servien (eigentlich: Pius Servieia Coculescu; 1902-1953) gewesen zu sein, Verfasser einer Abhandlung Les rythmes comme introduction physique à l’esthétique, der Valéry seinen kritischen Essay Le cas Servien widmete. 29 Servien versuchte in seinem Buch, die lyrische Sprache phonetisch zu beschreiben und eine Verbindung zwischen Klang und Bedeutung nachzuweisen, was den Mathematiker Valéry nicht überzeugte. Schneider hat auch drei Gedichte Serviens übersetzt, darunter „Sibylle“ (KfA, 16-17). Der Dichter machte ihm ein schönes Kompliment: „J’ai vu ces vers vivre ainsi d’une vie nouvelle, comme une œuvre nouvelle, comme une œuvre écrite directement dans votre belle langue. Tel vers, qui est plutôt vôtre que le mien, et qui est pourtant essentiel a cette vie nouvelle: - Gehen durch die Wohnungen der Götter deine Schritte [Original: Parcourant les demeures / Tes pas pèsent la terre et se sont mesurés, FRH] - me fait songer à la gravité limpide de la gœthéenne Iphigénie“ (KfA, 21). Schneider leitete hieraus eine eindringliche Übersetzungspoetik ab: „Jede wahre Übertragung ist eine vita nuova, oder sie ist unwirklich wie ein welkes Blatt und existiert nicht. Andere Maße und Gewichte gibt es für den Übersetzer nicht“ (KfA, 22-23). Man kann die Probe aufs Exempel machen und die wenigen von ihm übersetzten Gedichte aus dem Album des vers anciens in verschiedenen deutschen Übersetzungen miteinander vergleichen, 30 und man wird ohne längere Analysen feststellen, daß Schneider eine adäquate Übertragung in einer leicht archaisierenden, feierlichen Sprache gelungen ist, die nah am Text übersetzt und dem Original durchaus angemessen klingt. Nehmen wir den Anfang von „Baignée“ (KfA, 12), der bei ihm „Die Frucht aus Fleisch taucht in den jungen Bronnen“, und bei Peter Schwanz (15) „Im frischen Becken badet eine Frucht aus Fleisch (es flimmert)“ lautet. Oder die erste Zeile von „Orphée“, die Schwanz mit „... Unter Myrten bild ich in Gedanken mir den Ohnegleichen, / Orpheus“ überträgt, wohingegen Schneider, eleganter, „Orpheus, Bewundernswürdiger ... dich formt mein Geist / im Myrthenhain“ (KfA, 13) setzt. Dennoch bleiben diese und die anderen Gedichte, die Schneider von Victor Hugo, Stéphane Mallarmé, Alfred de Musset, José-Maria Heredia, Tristan Corbière, Paul Verlaine, Arthur Rimbaud, Paul-Jean Toulet, Charles Maurras, Paul Fort und Jean Cocteau (zusätzlich zu Valéry und Servien) auswählt, nur Solitäre, weil der Verleger angeblich keinen größeren Umfang konzedierte. „Zwei Hände griffen in die dunkle Urne und zogen die Lose wie Blätter aus einem grossen, dunklen Buche“ (KfA, 22). Ob dies der wahre Grund ist, warum Schneider nach dem Tod Valérys am 20. Juli 1945 seine hochfahrenden Pläne begrub und sich mit der Veröffentlichung von nur fünf Gedichten des Meisters innerhalb einer 1948 im Hamburger Verlag Heinrich Ellermann erschienenen 90 Kleinen französischen Anthologie („Helena“, „Die Badende“, „Gesicht“, „Ein deutliches Feuer“, „Orpheus“) begnügte, wissen wir nicht. 31 Vielleicht handelte es sich um diejenigen Sonette, welche er Valéry vorgelesen und zu denen er seine Zustimmung erfahren hatte. Die Wirren des endenden Kriegs waren einer kontinuierlichen geistigen Arbeit nicht günstig, ein Kontakt mit Valéry war nicht mehr möglich, wichtige Verlagshäuser zerstört. Zwar vereinbarte Schneider mit dem 1945 in seiner Heimatstadt Coburg gegründeten Winkler-Verlag, der später mit dem Zürcher Artemis-Verlag fusionierte, eine Ausgabe seiner übersetzten Valéry-Gedichte unter dem Titel „Rein steigt der Geist“, doch ist diese niemals erschienen. 32 Auch andere Verlage hatten ihm offenbar Angebote gemacht, diese jedoch nicht eingehalten. Nach dem Krieg verlagerte sich Schneiders Interesse zudem vom Übersetzen hin zur Verlagstätigkeit und zur Politik. 33 Dennoch sind seine Übertragungen und seine Übertragungspläne Lichtpunkte in einer Zeit der Dunkelheit, die in Nazi- Deutschland von Verachtung gegen den „westlichen Geist“ und nationalistischer Selbstüberschätzung geprägt waren. Schneider und seine Dichterfreunde zeigen, daß nicht alle Deutschen borniert und gleichgeschaltet waren und Kenner sich durchaus der qualitativen Mängel einer lobhudelnden Parteidichtung oder schwülstiger Blut-und-Boden-Ergüsse bewußt waren. 34 1 Paul Valéry à André Gide, dédicace de La jeune Parque. 2 Ingeborg Schuldt-Britting, Sankt-Anna-Platz 10: Erinnerungen an Georg Britting und seinen Münchner Freundeskreis, München: Buchendorfer, 1999, 214-222 (ein Photo Schneiders befindet sich auf S. 220). Vgl. auch unten Anm. 31. 3 Eine Kurzversion dieses Artikels ist am 13. August 2008 auf S. 41 des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) unter dem Titel „Einzig hier strahlt der Geist. Besatzungssoldat und Bewunderer der Symbolisten: Georg Schneider nahm sich als Übersetzer von Paul Valéry vor, was Rilke ausgelassen hatte. Auch der dunkelste französische Text schreckte ihn nicht“, erschienen. 4 Vgl. Kosch, DLL 15 ( 3 1993), 562-563; Die Literatur im 20. Jahrhundert / ausgew. u. eingl. von Karl Pörnbacher, München: Süddeutscher Verlag, 1981 (Bayerische Bibliothek, 5), 1011-1014; 1076. 5 Frank-Rutger Hausmann, „Aus dem Reich der seelischen Hungersnot“. Briefe und Dokumente zur Fachgeschichte der Romanistik im Dritten Reich, Würzburg: Königshausen und Neumann, 1993, 156f. 6 Adolf Hitler, Mein Kampf. Zwei Bände in einem Band, München: Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher, 795.-799. Aufl., 1943, 58: „Was mir weiter auf die Nerven ging, war der doch widerliche Kult, den die große Presse schon damals mit Frankreich trieb. Man mußte sich geradezu schämen, Deutscher zu sein, wenn man diese süßlichen Lobeshymnen auf die ‘große Kulturnation’ zu Gesicht bekam. Dieses erbärmliche Französeln ließ mich öfter als einmal eine dieser ‘Weltzeitungen’ aus der Hand legen“. 7 Alfred Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit, München: Hoheneichen-Verlag, 125.-128. Aufl., 1938, 300. 91 8 Zit. nach Lothar Gruchmann, Nationalsozialistische Großraumordnung. Die Konstruktion einer deutschen ‘Monroe Doktrin’, Stuttgart: DVA 1962 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 4), 198. 9 In: Schriftsteller-Verzeichnis. Hg. von der Reichsschrifttumskammer, Leipzig: Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, 1942, ist Schneider folgerichtig nicht verzeichnet. Sein Name fehlt auch in Kürschners Deutscher Literaturkalender 1943. Hg. von Gerhard Lüdtke u. Friedrich Richter, 50. Jg., Berlin: de Gruyter, 1943. In der ersten Nachkriegsausgabe 1948 ist er jedoch auf col. 556-557 als Lyriker und Übersetzer sowie als Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung Bayern verzeichnet. 10 Würzburg: Triltsch, 1937. 11 Josef Nadler, Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften. I. Band: Die Altstämme (800-1600), Regensburg: J. Habbel, 1912, 5-9; 79 u.ö. 12 Kleine französische Anthologie, Hamburg: Ellermann, 1947 (Das Gedicht, 1947 [13]). Das Bändchen umfaßt nur 24 S. (hinfort abgekürzt als KfA). 13 Vgl. die Nachweise bei Hans Fromm, Bibliographie deutscher Übersetzungen aus dem Französischen: 1700-1948, Baden-Baden: Verl. für Kunst und Wissen, 1950-1957, 7 Bde., hier die Nrn. 5435, 5803, 5805, 9637, 12360, 15990, 17096, 18822, 22038, 24330, 25081, 25646, 25962, 25968, 25976, 26354, 28706 [die Nrn. der Valéry-Übertragungen wurden von mir gesperrt]. 14 Vgl. die Briefe, die Eberhard Köstler, Antiquar in Tutzing, im Jahr 2004 zum Verkauf angeboten und höchst sachkundig in einem Online-Katalog beschrieben hat, vgl. www.autographs.de/ pdf/ Schneider_Korr1.pdf (Autographen. Die Sammlung des Dichters Georg Schneider). Vgl. weiterhin den Nachlaß Schneiders in der Sammlung Monacensia Bibliothek und Literaturarchiv der Münchner Stadtbibliothek im Hildebrandhaus. 15 Gerhart Haug, Verlaine: die Geschichte des Armen Lelian; Leben, Dichtung, Bekenntnisse, Briefe, Basel: Schwabe, 1944 [nach Auskunft des Schwabe-Verlags sind im Verlagsarchiv keine Unterlagen zu diesem Buch mehr erhalten]. Vgl. den Brief, den Haug (München, 29.12.1945) an Schneider schrieb: „Ich komme soeben vom Besuch meiner Mutter in Blaubeuren bei Ulm zurück und finde Ihren Brief vom 23.12. mit Beilagen vor [...]. Vor allem vielen Dank für Ihre wirklich wundervollen, beneidenswert schönen Valéry- Übersetzungen. Ich bin hier tatsächlich ganz Leser und warte schon auf den Augenblick, wo ich Ihre Nachdichtungen schön gedruckt und würdig ausgestattet vor mir liegen habe. [...] Sie haben verschiedene Anträge wegen Ihres Valéry erhalten. Der Verlag, der unsere Serie bringen will - ich darf ihn, weil es sich um interne Pläne handelt, leider nicht nennen - liegt in der russischen Zone. Ich glaube, dass es noch sehr lange dauern wird, bis hier eine Entscheidung getroffen werden kann und weiss nicht, ob ich Sie überhaupt in diesem Falle zurückhalten soll, den Valéry nicht dem Insel-Verlag zu überlassen. Die Verlage suchen heute überall krampfhaft nach Manuskripten und ich möchte nicht, dass Sie wegen der doch noch sehr vagen Aussicht, die ich Ihnen machen kann, ein gutes Angebot versäumten. Sie haben also volle Handlungsfreiheit“ (Original Privatbesitz FRH). 16 Original Privatbesitz FRH. 17 August Friedrich Velmede (ed.), Dem Führer. Worte deutscher Dichter, o.O., o.V., 1941 (Tornisterschrift des Oberkommandos der Wehrmacht, Abt. Inland, Zum Geburtstag des Führers; Heft 37). Das Vorwort stammt von Reichsmarschall Hermann Göring. 18 Agnes Miegel, „Nicht mit der Jugend überschäumendem Jubel“, ebd., 15 (Gedicht ohne Titel). 19 Josef Weinheber, „Dem Führer“, ebd., 5. 20 Heinrich Zillich, „Den Deutschen von Gott gesandt ...“, ebd., 24. 21 Paul Valéry, Gedichte. Französisch und deutsch. Übertragen von Rainer Maria Rilke. Mit einem Nachwort von Karl Krolow, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag, 1988; Karin Wais, 92 Studien zu Rilkes Valéry-Übertragungen, Tübingen: Max Niemeyer, 1967 (enthält alles Wissenswerte zum Thema und rekonstruiert auch den Briefwechsel zwischen den beiden Dichtern); Renée Lang, Rilke, Gide e Valéry nel carteggio inedito, Firenze: Sansoni, 1960 (Biblioteca degli eruditi e dei bibliofili, 40). 22 Dieser Brief Valérys vom 2.4.1944 wurde von Antiquar Köstler an das Pariser Antiquariat Thierry Bodin verkauft, das den Brief am 11. Juli 2007 versteigert hat. Auf meine Frage nach seinem Verbleib erhielt ich leider keine Antwort. 23 Rolf Looser, „Zwei unveröffentlichte Übersetzungen. ‘Die junge Parze spricht’ und ‘Grabstätten am Meer’“, in: Karl Alfred Blüher/ Jürgen Schmidt-Radefeld (eds.), Forschungen zu Paul Valéry - Recherches Valéryennes 15, Kiel: Forschungs- und Dokumentationszentrum Paul Valéry am Romanischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität Kiel, 2002, 149-173. Diesen Hinweis verdanke ich dem Kollegen Schmidt-Radefeld, dem ich mich seit vielen Jahren verbunden weiß. 24 „Die Biene“. Übers. von Georg Schneider, in: Das XX. Jahrhundert 6, 1944, 171. Wieder abgedruckt in: Die goldene Brücke. Nachdichtungen ausländischer Lyrik, Hannover: Adolf Sponholtz Verlag, 1947 (Das Forum. Eine Schriftenreihe zu Fragen der Zeit. Hg. Dr. Friedrich Rasche, 4), 36. Auf S. 37 findet sich eine sonst im Druck nicht nachweisbare Übersetzung Schneiders von „Les Grenades“. Es ist das einzige Valéry-Gedicht, das sowohl Rilke als auch Schneider übertragen haben. Valéry parallelisiert in diesem Sonett das Aufplatzen einer reifen Granatapfelfrucht mit der Freisetzung der Gedanken durch überlegene Geister. Durch das Bild der von rotem Saft umgebenen Kerne erschließt sich ihm gleichzeitig eine geheimnisvolle Architektur. Diese Vorstellung einer analogia entis ist besonders wichtig, doch Rilke ersetzt die „secrète architecture“ durch ein blasses „geheime Gestalt“. Sein letztes Terzett „so rührt sich in mir vor dem Spalt [= la rupture] / eine meinige Seele der Dinge / und ihrer geheimen Gestalt“ ist daher weniger präzise als Schneiders „Dann erträumt eine Seele in mir - / Vor dem leuchtenden Bruch - aller Dinge / Geheime Architektur“. Ansonsten geht der Vergleich zwischen beiden „unentschieden“ aus. Das Wortspiel „Grenade“ = Granatapfel und Granate wird von keinem der beiden umgesetzt. Rilke hält sich an Valérys Reimschema, wohingegen Schneider in den beiden Terzetten statt eef / gfg das Schema efg / efg wählt. Beide Übersetzer benutzen schwerfällige Partizipial- und Attributivkonstruktionen, z.B. bei Strophe I (Dures grenades entr’ouvertes / Cédant à l’excès de vos grains, / Je crois voir des fronts souverains / Eclatés de leurs découvertes! ). Hier übers. Rilke: „Halboffne Granaten, beengte, / die fast schon die Körner verlieren, / ihr seid mir wie Stirnen, von ihren / Gedanken gewaltig gesprengte! “, und Schneider: „Harte Granaten, zersplissen, / Dem Druck der Körner weichend, / Ich seh euch - Stirnen gleichend - / Von Entdeckungen gerissen! “ 25 Valéry zitiert hier Albert Thibaudet, „Poésie de Paul Valéry“, in: Revue de Paris, livraison du 15 juin 1923: „La Jeune Parque passe pour le poème le plus obscur de la poésie française, beaucoup plus obscur que l’Aprés-midi d’un Faune“. 26 Sylvie Ballestra-Puech, Lecture de La jeune Parque, Paris: Klincksieck, 1993. 27 In KfA finden wir „Helena“ („Hélène“), „Die Badende“ („Baignée“), „Gesicht“ („Vue“), „Ein deutliches Feuer“ („Un feu distinct ...“), „Orpheus“ („Orphée“) aus dem Album des vers anciens, die sprachlich einfacher sind als die von Rilke übertragenen Charmes-Gedichte. Hinzu kommt die von Rilke ausgelassene „Die Biene“ („L’Abeille“) aus der Sammlung Charmes; „Die Granaten“ („Les Grenades), aus der gleichen Sammlung, vgl. Friedrich Rasche (ed.), Die goldene Brücke. Nachdichtungen ausländischer Lyrik, Hannover: Adolf Sponholtz, 1947 (Das Forum. Eine Schriftenreihe zu Fragen der Zeit), s. Anm. 24. 28 Um den Ort festzulegen, müßte man wissen, wo Schneider stationiert war. Seine Post wurde ihm an das Lagerpostamt (Lgpa) Paris gesandt. Zu Valérys Aufenthaltsorten wäh- 93 rend der Zeit der deutschen Besetzung vgl. die „Introduction biographique“ in: Œuvres I. Edition établie et annotée par Jean Hytier, Paris: Gallimard, 1957, 11-71, hier 67. 29 Pius Servien, Les rythmes comme introduction physique à l’esthétique. Avec une remarque de Paul Valéry, Paris: Boivin, 1930. 30 Karl Alfred Blüher/ Jürgen Schmidt-Radefeldt (eds.), Paul Valéry 1 - Dichtung und Prosa, Frankfurt a.M.: Insel, 1992 (Paul Valéry Werke. Frankfurter Ausgabe in 7 Bänden, Bd. 1), hier in der Übers von Peter Schwanz 31 In einem nicht abgedruckten Leserbrief (14.8.2008) an die FAZ schreibt Frau Schuldt- Britting u.a.: „Wir ‘Leopoldler’ haben Georg Schneider zwar auch als Übersetzer kennengelernt, vor allem aber als Lyriker und Prosaist, auch als Herausgeber eines Bandes über Südtirol. Und natürlich besprach Schneider die neu erschienenen Bände seiner ‘Freunde’ wie Georg von der Vring, Schnack, Britting stets in den entsprechenden Zeitungen. Leider hat der sonst so überaus Offenherzige uns über seine Zeit als Kriegsgefangener und über seine engeren literarischen Beziehungen zu Valéry kaum etwas berichtet. Das wundert mich nachträglich etwas, da ja Britting in den ersten Nachkriegsjahren zusammen mit Curt Hohoff, Voßler u.a. seine Anthologie ‘Lyrik des Abendlandes’ [München: Hanser, 1948] herausgab, die es auf über 100.000 Auflage brachte. Dort stehen die Übersetzungen Valérys von Rilke. - Allerdings lernten wir Schneider erst ein paar Jahre nach der 1. Ausgabe der ‘LdA’ [= Lyrik des Abendlandes] kennen. Man hat am Stammtisch natürlich auch Gespräche über Lyrik, Übersetzungen usw. häufig geführt. Ich habe in meinen Notizbuch-Aufzeichnungen der Jahre von 1951-1964 - die Leopoldbesucher betreffend - eine Unmenge bekannter Namen nicht aufgeführt, was mir im nachhinein etwas leid tut. Übrigens ist der in Coburg gegründete Winkler Verlag einige Jahre lang ein selbständiger und für seine vorzüglichen Ausgaben bekannter Verlag gewesen, dank Otto Dickschat, bevor er mit Artemis fusionierte“. (Ich danke Frau Schuldt-Britting für die Abdruckgenehmigung). 32 Hinweis auf der letzten Seite der KfA. Laut Auskunft von Frau Gabriele Kalmbach vom Patmos-Verlag, dem gegenwärtigen Eigentümer des Verlags Artemis Winkler, konnte im Verlagsarchiv keine diesbezügliche Korrespondenz gefunden werden. Die gleiche Auskunft erhielt ich von Frau Erika Grimme vom Verlag Heinrich Ellermann in Hamburg. 33 Dazu schreibt mir Ingeborg Schuldt-Britting (26.9.2008): „Von seinem erzwungenen Frankreichaufenthalt während des Krieges erzählte er natürlich, auch vom Besuch beim verehrten Dichter Valéry (er war ja überhaupt sehr gesprächig), aber nichts davon, daß es Korrespondenz und Gedichtübertragungen gab. Vielleicht haben wir ihn dafür zu spät kennengelernt, erst 6 Jahre nach Kriegsende, und inzwischen waren von ihm selbst Gedichtbände erschienen, und der Winkler-Verlag und Langen-Müller waren ihm wichtiger geworden als seine Übersetzertätigkeit, d.h.: aufgegeben hat er sie nie, sich sogar bis ins Chinesisch vorgewagt“. 34 Eine repräsentative Auswahl derartiger Dichtungen bietet z.B. Lebende Dichter um den Oberrhein. Lyrik und Erzählung. Im Auftrag des Deutschen Scheffel-Bundes im Reichswerk Buch und Volk hg. von Reinhold Siegrist, Karlsruhe, im Frühjahr 1942. In dem Bd. sind auch mehrere deutsch dichtende Elsässer vertreten, z.B. Leonhard Riedweg. In seinem Gedicht „Deutschland“ heißt es auf 395: „Herrliches Vaterland! Genius des Volkes, / ob du steigst oder fällst, immerzu tränkest / mit deinem Samen du, Deutschland, / freudig die müde Erde“. Oder auf 405 Ludwig Spielmann, „Sundgauvolk“: „Manchmal riß dich ein Taumel mit in tödliche Glut. / Schaudernd trank diese Erde eigener Söhne Blut. / Hunger und Bruderfehden, sie fraßen an deinem Saft, / geißelnd heischte Gott für Vermessenheit Rechenschaft“. 94 Roland Höhne Theorie und Praxis der Landeswissenschaften - ein Erfahrungsbericht 1. Konstituierung Die romanistischen Landeswissenschaften entstanden in den 70er Jahren durch eine kritische Auseinandersetzung mit der Frankeichkunde, wie sie seit 1945 an den romanischen Seminaren praktiziert wurde. Unter dem Einfluß herrschaftskritischer und gesellschaftspolitischer Vorstellungen der Studentenbewegung wurden sowohl das geistesgeschichtliches Paradigma der älteren Kulturkunde als auch Inhalte und Methoden der positivistischen Landeskunde kritisiert. 1 Die Kulturkunde gehe von holistischen Vorstellungen über das „Wesen“ Frankreichs aus und tradiere so geisteswissenschaftliche Frankreichdeutungen, die wenig mit den politischen und gesellschaftlichen Realitäten Frankreichs zu tun hätten, die positivistische Landeskunde habe weder ein wissenschaftlich definiertes Erkenntnisinteresse noch ein methodologisches Instrumentarium zur Erarbeitung und Vermittlung von Inhalten. Sie gleiche noch immer einem „gigantischen Trödelladen“ in dem wahllos heterogene Wissensbestände feilgeboten würden. 2 Sie ermögliche daher keine wissenschaftliche Beschäftigung mit der gesellschaftlichen Realität des Objektlandes. Außerdem spiele sie im Romanistikstudium nur eine Nebenrolle, die meist von französischen Lektoren im Rahmen der Sprachpraxis wahrgenommen werde. Die Kritiker forderten deshalb eine wissenschaftliche Fundierung der Landeskunde und ihre Integration als eigenständigen Lehr- und Forschungsbereich in die Romanistik. 3 Unterstützt wurden sie von Sozialwissenschaftlern, 4 die sich an der französischen Germanistik orientierten. In dieser bildet die „Civilisation“ eine gleichberechtigte Disziplin neben Literatur und Sprache der deutschsprachigen Länder und ist auch entsprechend personell ausgestattet. 5 Gemeinsam plädierten sie auf dem Romanistentag von Heidelberg 1973 für die Aufnahme einer „landeskundlichen Komponente“ in die Hochschulromanistik und machten Vorschläge für ihre inhaltliche Ausgestaltung. 6 Unter dem Einfluß der Landeskundekritik entwickelten die Landeskundesektionen der Romanistentage des Deutschen Romanisten-Verbandes (DRV) in den Jahren 1977-1983 sowie ein Arbeitskreis am Deutsch-Französischen Institut Ludwigsburg (DFI) wissenschaftliche und curriculare Konzepte für die inhaltliche Fundierung einer neuen Landeskunde. Um diese von der alten Landeskunde begrifflich zu unterscheiden und um ihren wissenschaftlichen Anspruch zu demonstrieren, bezeichneten sie diese als Landeswissenschaft. 7 Angesichts der Vielfalt des Gegenstandsbereichs stellte sich jedoch die Frage, ob sich dieser durch eine einzelne Wissenschaft erfassen lasse. Einige Teilnehmer der Reformdiskussion be- 95 vorzugten daher den Begriff der Landeswissenschaften in Analogie zu dem der Sozialwissenschaften. 8 Die Reformdiskussion innerhalb der Hochschulromanistik fand ein positives Echo unter Französischlehrern und Fremdsprachendidaktikern. Gemeinsam bemühten sich diese um eine Verbindung von Landeskunde und Spracherwerb im schulischen Fremdsprachenunterricht und erarbeiteten entsprechende Konzepte. 9 Sie hielten jedoch an der traditionellen Bezeichnung Landeskunde fest. Sie begründeten ihre Haltung vor allem mit dem Unterschied der Anspruchsebene und des Anwendungsbereichs von schulischer Landeskunde als Teil des Fremdsprachenunterrichts und universitärer Landeswissenschaft als Teildisziplin der fremdsprachlichen Philologien. Weltanschauliche und bildungspolitische Motive dürften jedoch ihr Festhalten an der alten Bezeichnung ebenfalls bestimmt haben. 10 Die landeskundlichen Reformbestrebungen stießen auf den erbitterten Widerstand etablierter Romanisten. Sie sahen in diesen eine Gefahr für den philologischen Charakter der Romanistik und damit ihrer Deutungshoheit über das Fach. Sie bezeichneten daher die Landeswissenschaften als fachfremd und sprachen ihnen die Wissenschaftlichkeit ab, ohne sich je ernsthaft mit der landeskundlichen Theoriediskussion beschäftigt zu haben. Sie hätten keinen systematisch definierten Gegenstandsbereich und sie orientierten sich an überkommenen Nationenvorstellungen und deren Problembereichen. 11 Ausnahmen bildeten Michael Nerlich an der TU und Winfried Engler an der PH Berlin. Nerlich schuf bereits 1973 eine Assistentur für Landeskunde 12 und gründete 1975 Lendemains als interdisziplinäres Forum der Frankreichforschung, Engler vergab im Bereich Französisch landeskundliche Lehraufträge, die sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen Frankreichs beschäftigten. Die Signalwirkung dieser Initiativen veranlaßte schließlich auch das Seminar für Romanistik der FU Berlin, eine Mitarbeiterstelle für Landeskunde einzurichten. Damit war ein erster Schritt zur Etablierung einer erneuerten Landeskunde in der Hochschulromanistik getan. Der entscheidende Durchbruch gelang jedoch erst durch die Integration landeskundlicher bzw. landeswissenschaftlicher Elemente in pluridisziplinäre Studiengänge an den Universitäten Gießen und Kassel. Gleichzeitig profilierten sich als Alternative zu den Landeswissenschaften die Kulturwissenschaften, insbesondere die interkulturelle Kommunikation. Seit Mitte der achtziger Jahre wurden daher nur noch kulturwissenschaftliche Professuren und Assistenturen innerhalb der Romanistik eingerichtet, so in Passau, Saarbrücken, Chemnitz, Halle, Leipzig, Dresden, Frankfurt/ Oder und Köln. 13 Sie wurden mit Philologen besetzt, von denen sich lediglich einer, Ingo Kolboom in Dresden, an der Landeskundediskussion beteiligt und durch landeswissenschaftliche Arbeiten qualifiziert hatte. Damit wurde insbesondere in den neuen Bundesländern die Chance vertan, die Romanistik inhaltlich zu erneuern und den veränderten Anforderungen des Beschäftigungssystems anzupassen. 14 96 2. Inhaltliche Debatte In der landeskundlichen Reformdiskussion der siebziger Jahre bestand Einigkeit darüber, daß sich die Landeswissenschaften primär mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen Frankreichs beschäftigen sollten, um so die Absolventen der Romanistik, insbesondere die zukünftigen Französischlehrer, adäquat auf ihre beruflichen Aufgaben als „Mittler“ zwischen Frankreich und Deutschland vorzubereiten. 15 Dieser Grundkonsens beinhaltete auch eine Abwendung vom geisteswissenschaftlichen Paradigma der Frankreichdeutung. 16 Unterschiedliche Auffassungen bestanden jedoch in der Frage der Ansätze und Methoden sowie der Formen der Institutionalisierung. 2.1. Didaktische und sozialwissenschaftliche Ansätze Infolge ihrer Einbindung in die Lehrerausbildung und ihrer sozialwissenschaftlichen Orientierung dominierten in den Landeswissenschaften zunächst didaktische und sozialwissenschaftliche Ansätze. In den didaktischen Ansätzen wurden die Gegenstände von den Lernzielen des schulischen Fremdsprachenunterrichts bzw. der Sprachvermittlung her bestimmt. Ihren Vertretern ging es vor allem um den Abbau von Kommunikationshemmnissen zwischen Deutschen und Franzosen im Interesse transnationaler Kommunikationsfähigkeit. Sie beschäftigten sich deshalb vorrangig mit tradierten Länderbildern, d.h. mit ethnozentrischen Perzeptions- und Deutungsmustern und bedienten sich dabei vor allem literaturwissenschaftlicher und ideologiekritischer Methoden. Sie entwickelten außerdem Konzepte zur Vermittlung länderspezifischer Informationen. Diese wurden jedoch den Zielen des Spracherwerbs untergeordnet und damit an die Sprachprogression gebunden. 17 Die Landeswissenschaften blieben dadurch eine Komponente der Fremdsprachendidaktik, welche die Auswahl der zu vermittelnden Informationen bestimmte. Da deren Vertreter meistens von abstrakten, humanistisch oder gesellschaftskritisch inspirierten Lernzielvorgaben ausgingen, tendierten sie dazu, die notwendige Vermittlung von gesellschaftlichem Realprozeß und wissenschaftlicher Gegenstandskonstitution zu vernachlässigen. Im Gegensatz zu den didaktischen Ansätzen wurden in den sozialwissenschaftlichen Ansätzen die Gegenstände der Landeswissenschaften nicht von allgemeinen schulischen Lernzielen, sondern vom politischen Ziel der deutsch-französischen Zusammenarbeit her bestimmt. Im Interesse dieser Zusammenarbeit strebten ihre Vertreter primär die Schaffung einer transnationalen Kommunikations- und Handlungskompetenz an. Dieser Zielsetzung sollte die Vermittlung eines „Orientierungswissens“ über die Gesellschaft des Ziellandes dienen. Da Frankreich und Deutschland beide entwickelte Industriestaaten sind, plädierte Hans Manfred Bock 1978 für eine Konzentration der Landeswissenschaften auf „die wichtigsten politisch-gesellschaftlichen Probleme moderner kapitalistischer Industriestaaten“. 18 In den 80er Jahren erweiterte er den so definierten Gegenstandsbereich der Landeswissenschaften um den Ländervergleich und beschäftigte sich nun verstärkt auch 97 mit den kulturellen sowie zivilgesellschaftlichen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland. 19 Angesichts der Vielfalt sozialwissenschaftlicher Fragestellungen und Methoden stellte sich jedoch auch Bock die Frage, ob es eine spezifische Erkenntnislogik für die Länderforschung gäbe und wie sie begrifflich zu fassen sei. 20 Auch Robert Picht und Gisela Baumgratz stellten die Beschäftigung mit politischen und gesellschaftlichen Problemen Frankreichs in den Mittelpunkt ihrer konzeptionellen Überlegungen. Zum Verständnis dieser Probleme hielten sie jedoch ebenfalls eine Beschäftigung mit deren Entstehungsgeschichte für notwendig. Sie definierten deshalb den Gegenstand der Landeswissenschaften als „Geschichte und Gegenwart einer nationalstaatlich organisierten Gesellschaft“. Für das Studium betrachteten sie den „Erwerb eines historischen und gesellschaftlichen Grundwissens“ als unerläßlich. 21 In seinen eigenen Arbeiten beschäftigte sich Robert Picht dagegen vor allem mit sozialpsychologischen und kulturellen Faktoren der deutsch-französischen Kommunikation unter Vernachlässigung ihrer historischen Dimension. 22 Die Vertreter der sozialwissenschaftlichen Ansätze plädierten wie die Vertreter der didaktischen Ansätze für eine enge Zusammenarbeit von Landes-, Literatur- und Sprachwissenschaft(en) in Lehre und Forschung. So empfahl R. Picht die Schaffung interdisziplinärer Arbeitsstrukturen, 23 Roland Höhne und Thomas Arnold entwickelten ein interdisziplinäres Konzept für einen alternativen Diplomstudiengang Romanistik, in dem die drei Disziplinen eng aufeinander bezogen sein sollten 24 und Hans-Manfred Bock zeigte gemeinsam mit dem Linguisten Manfred Raupach Möglichkeiten einer Kooperation der Landeswissenschaft mit der Literatur- und der Sprachwissenschaft auf. 25 Diese Vorschläge wurden zunächst lediglich von einigen Reformromanisten aufgegriffen und an der Universität Kassel in konkrete Kooperationsstrukturen umgesetzt. Die Veränderung der Anforderungen des Beschäftigungssystems an Romanisten zwang auch die Landeswissenschaftler in den 80er Jahren erneut zur Selbstreflexion über Inhalte, Aufgaben, Methoden und Schwerpunktsetzungen ihres Arbeitsgebietes. Im Mittelpunkt ihrer Überlegungen standen nun nicht mehr die Probleme der Sprachvermittlung, sondern der transnationalen Kooperation und Kommunikation in der Wirtschaft, in den Medien und in internationalen Organisationen. Dieses neue Interesse inspirierte zahlreiche Untersuchungen über internationale Wirtschaftskommunikation, über Kommunikationsprobleme in bi- und multinationalen Unternehmen sowie über „Kulturmauern“ in den Köpfen von Deutschen und Franzosen, 26 aber auch über den „französischen Wirtschaftsstil“ 27 . 2.2 Sozial- und mentalitätsgeschichtliche sowie interdisziplinäre Ansätze Ein zentrales Problem der Landeswissenschaften bildet die Integration ihrer verschiedenen Dimensionen. Wolfgang Asholt schlug daher 1990 vor, die Nouvelle Histoire zur theoretischen Grundlage einer historisch ausgerichteten Landeswissenschaft zu machen. Nur so sei es möglich, die Ereignis- und Strukturgeschichte 98 mit der Sozial- und Mentalitätsgeschichte zu einer histoire totale zu verbinden. 28 Dorothee Röseberg plädierte dagegen für eine „integrative Landeskunde“. 29 Diese sollte interdisziplinär von Länderspezialisten der Geschichts-, Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften betrieben werden und der Vermittlung von systematischen Grundlagen- und Orientierungswissen im Grundstudium dienen. Asholts Vorschlag war bestechend, reflektierte jedoch nicht die methodologischen Probleme der Nouvelle Histoire, Rösebergs Konzept war dagegen rein additiv, da ihm ein integrierendes Erkenntnisinteresse und daraus abgeleitete gemeinsame Fragestellungen fehlten. Beide Konzepte sollten außerdem nur die Grundlagen im Sinne eines Propädeutikums für ein literaturbzw. kulturwissenschaftlich orientiertes Romanistikstudium schaffen. 2.3 Der landeswissenschaftliche Grundkonsens Trotz aller unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen und fachspezifischen Ausgangspositionen bildete sich unter den Landeswissenschaftlern in den 80er Jahren ein Grundkonsens über Gegenstand, Erkenntnisinteresse und Aufgabenstellung der Landeswissenschaften. Im Gegensatz zu den „Cultural Studies“ des angelsächsisch-amerikanischen Sprachraums beschäftigen sich diese mit geographisch, historisch, staatlich und sprachlich klar eingrenzbaren Entitäten, d.h. Staaten, Regionen, Provinzen oder Sprachräumen. Aufgrund der Verankerung der Landeswissenschaften in der Romanistik handelt es sich dabei um Länder, in denen eine romanische Sprache Staats- oder Verkehrssprache ist wie z.B. das Französische in Frankreich, in Québec, in Wallonien, in der Westschweiz oder in den frankophonen Staaten Afrikas. Zum Gegenstandsbereich der romanistischen Landeswissenschaften zählen aber auch Regionen, deren Kultur und Selbstverständnis stark durch eine romanische Sprache geprägt worden ist, so Akadien und Louisiana durch das Französische sowie internationale Kommunikationsverbünde, die sich einer gemeinsamen romanischen Sprache bedienen wie die Frankophonie. Zentrales Erkenntnisinteresse bei der Beschäftigung mit diesen Entitäten bilden die innergesellschaftlichen Antriebskräfte politischen Handelns. Zu diesen zählen auch die kulturellen Traditionen und Referenzsysteme. Die Landeswissenschaften bedienen sich dabei vor allem der Methoden und Wissensbestände der Sozialwissenschaften, überprüfen diese aber auf ihre Tauglichkeit für ihre länderspezifischen Fragestellungen. 30 Da die innergesellschaftlichen Verhältnisse das Ergebnis historischer Entwicklungen sind, beschäftigen sich die Landeswissenschaften auch mit ihrer Entstehungsgeschichte. Dabei berücksichtigen sie nicht nur politische und soziale, sondern auch sprachliche und kulturelle Faktoren, die diese geprägt haben. Die Landeswissenschaften besitzen somit auch eine historische Komponente. Bei der Beschäftigung mit der Geschichte geht es ihnen aber nicht nur um die Rekonstruktion der Vergangenheit, sondern auch um ihre kulturelle Repräsentation in Geschichtsbildern, Gedächtnisorten und Meistererzählungen, da diese gegenwärtiges Handeln in hohem Maße beeinflussen. 99 Länder im oben definierten Sinne sind keine abgeschlossenen Entitäten, sondern Teile größerer Kommunikationsräume. Die Landeswissenschaften beschäftigten sich daher auch mit interkulturellen und transnationalen Austauschprozessen. Dabei spielen Perzeptionen und Rezeptionen fremder Realitäten eine wichtige Rolle. Dies hat notwendigerweise eine intensive Auseinandersetzung mit sprachlichen, begrifflichen und kulturellen Referenzsystemen der Objektländer zur Folge. Dabei sind die Landeswissenschaften auf die Methoden und Wissensbestände der Literatur- und Sprachwissenschaft(en) angewiesen. Ihre Verortung in den Philologien ist somit nicht nur eine funktionale, sondern auch eine wissenschaftliche Notwendigkeit. Ein zentrales Thema der Landeswissenschaften bilden die deutsch-französischen Beziehungen. Sie haben die europäische Geschichte entscheidend geprägt und sie sind heute zentraler Bestandteil des europäischen Projekts. Die tiefgreifende Veränderung ihrer internationalen Rahmenbedingungen durch das Ende des Ost-West-Konflikts sowie ihrer innergesellschaftlichen Grundlagen durch die Globalisierung zwangen jedoch in den neunziger Jahren zur Überprüfung bisheriger Positionen. 31 3. Die kulturwissenschaftliche Herausforderung der Landeswissenschaften Als Alternative zu den Landeswissenschaften profilierten sich seit den achtziger Jahren die Kulturwissenschaften, 32 die eng an philologische Traditionen anknüpften. Sie beruhen auf einem erweiterten Kulturbegriff, der auch die Lebensnormen und Verhaltensweisen sowie die ihnen zugrundeliegenden Kulturmuster und Vorstellungsstrukturen umfaßt. Im Gegensatz zu den sozialwissenschaftlichen Ansätzen beschäftigen sie sich nicht primär mit gesellschaftlichen Strukturen und Prozessen, Institutionen und Organisationen, sondern vor allem mit kulturspezifischen Vorstellungsstrukturen sowie Denk-, Deutungs- und Wahrnehmungsmustern und ihren Kommunikationsformen. Methodisch stützen sie sich nicht nur auf das traditionelle Instrumentarium der Philologien, sondern auch auf das der Anthropologie, der Semiotik, der Semantik, der Kultursoziologie, der Diskursanalyse sowie der Begriffs- und Mentalitätsgeschichte. Eine wichtige Rolle innerhalb der kulturwissenschaftlichen Ansätze spielt die Interkulturellen Kommunikation. 33 Sie beschäftigt sich vor allem mit den interkulturellen Interaktionsformen, Wahrnehmungsvorgängen sowie Transfer- und Rezeptionsprozessen. Ihr zentrales Interesse bildet nach H. Thoma die „biggf. multilaterale Differenz in der Similarität auf der Ebene der Wissensvorräte, der national sowie der bilateral relevanten Deutungs-, Kommunikations- und Handlungsmuster in Geschichte und Gegenwart.“ 34 Gegenstand der Landeswissenschaft sollte daher der -“ nach sozialer Schichtung - zu differenzierende Vorrat an national bedeutsamen kulturellen Objektivationen, Mythenbildungen (Auto- Heterostereotype) und Handlungsmuster in Geschichte und Gegenwart sowie die daraus resultierenden 100 prognostizierbaren interkulturell-affektiven Verhaltensweisen, welche je konkrete Person bzw. soziale Gruppen eines Ziellandes entscheidend prägten und prägen und bei einer bilateralen Begegnung bzw. Handlung kommunikationsrelevant wurden und werden.“ 35 Landeswissenschaft wird hier als „handlungstheoretisch fundierte und sich an sprachlichen und textuellen Artikulationen orientierende interkulturelle Kommunikationswissenschaft“ verstanden. 36 Die Entfaltung der Kulturwissenschaften, insbesondere der Interkulturellen Kommunikation wurde durch den linguistic turn in den Sozialwissenschaften gefördert. Die These, daß die Sprache den Schlüssel zum Verständnis der Welt und damit auch der sozialen Realität bilde, machte die Linguistik nun tendenziell zur zentralen Bezugswissenschaft der Landeswissenschaften. 37 Dies stieß auf die heftige Kritik sozialwissenschaftlich orientierter Frankreichforscher. 38 Trotz der grundlegenden wissenschaftstheoretischen und methodologischen Unterschiede von Landes- und Kulturwissenschaften ist eine fruchtbare Zusammenarbeit im Fachzusammenhang der Romanistik aber durchaus denkbar. 39 4. Theorie- und Methodenprobleme in den Landeswissenschaften 4.1 Fremd- und Eigenwahrnehmung Aus der Sicht deutscher Wissenschaftler sind die romanischen Länder fremde Realitäten. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit ihnen zwingt daher, sich mit dem Problem des Fremdverstehens auseinanderzusetzen. Zu diesem gehört vor allem der Ethnozentrismus, d.h. die Übertragung eigener kultureller Perzeptions- und Interpretationsmuster auf fremde Realitäten. Jeder Mensch internalisiert im Verlaufe seiner Sozialisation in einem bestimmten kulturellen Kontext die kulturellen Muster, die in diesem dominieren. Infolge des wachsenden Einflusses der atlantischen Weltkultur auf die europäischen National- und Regionalkulturen sowie der intensiven interkulturellen Kommunikation in Westeuropa sind die individuellen Kulturmuster zwar nicht mehr rein nationalbzw. regionalkulturell geprägt. Dies gilt ganz besonders für das geistige Instrumentarium von Wissenschaftlern, die im permanenten Diskussionszusammenhang mit der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft stehen. Trotzdem ist auch dies nicht völlig frei von nationalkulturellen Prägungen. Gerade Begriffe und Kategorien, mit deren Hilfe Wirklichkeit erfaßt bzw. „auf den Begriff gebracht wird“ transportieren trotz ihrer scheinbaren Universalität kulturelle Partikularitäten sowie kognitive und emotionale Konnotationen. Culture ist nicht identisch mit Kultur, esprit nicht mit Geist etc. 40 Was für Begriffe und Kategorien gilt, trifft erst recht auf Symbole, Mythen, Repräsentationen, Sitten, Rituale etc. zu, in denen sich politische und kulturelle Vorstellungen ausdrücken. Ein monument aux morts ist kein Kriegerdenkmal und die passation des pouvoirs im Elyseepalast ist keine Amtsübergabe im Schloß Bellevue. Gerade die Landeswissenschaften 101 müssen sich daher mit den kulturellen Voraussetzungen ihrer Erkenntnisprozesse auseinandersetzen. Das Problem des Ethnozentrismus läßt sich methodisch nicht dadurch lösen, daß man die Wissensbestände, Wissensinterpretationen und Sichtweisen des Objektlandes einfach übernimmt. Da diese ebenfalls nationalkulturell geprägt sind, müssen sie auf ihre kulturellen Gehalte hin untersucht und, falls erforderlich, durch eigene Forschung überprüft und ergänzt werden. Dabei ist der Dialog mit Wissenschaftlern des Objektlandes, im Falle Frankreichs mit Franzosen, unerläßlich. 4.2 Similarität, Alterität und Vergleich Angesichts der manifesten Unterschiedlichkeit westeuropäischer Gesellschaften bei gleichzeitiger Gemeinsamkeit der grundlegenden Strukturen, Entwicklungen und Probleme stellt sich die Frage, ob die nationalen Gesellschaften Westeuropas lediglich Varianten des gleichen gesellschaftlichen Grundtyps sind, nämlich der westlichen, pluralistischen Industriegesellschaft oder aber eigenständige Entitäten, die sich trotz der Angleichung ihrer sozio-ökonomischen Strukturen und kulturellen Muster ihre Individualität behauptet haben und auch in Zukunft behaupten werden. Je nach der Beantwortung dieser Frage gilt es, die Similarität in der Differenz oder die Alterität in der Similarität aufzuzeigen. Die politischen und wissenschaftlichen Implikationen dieser unterschiedlichen Paradigmen liegen auf der Hand. Im Fall der Similarität ist ein Zusammenwachsen westeuropäischer Gesellschaften in der Europäischen Union nicht nur wünschenswert und notwendig, sondern auch möglich. Die Landeswissenschaften sollten sich daher vorrangig auf die grundlegenden Gemeinsamkeiten der Objektländer konzentrieren und die Unterschiede relativieren. Im Fall der Alterität findet dagegen die europäische Integration ihre Grenzen an den Kernbereichen nationaler Individualität. Die Landeswissenschaften sollten sich daher vorrangig mit den Verschiedenartigkeiten nationaler Gesellschaften beschäftigen. Um rational mit beiden Paradigmen umgehen zu können, muß man sich zunächst einmal ihre theoretischen Prämissen und normativen Grundlagen bewußt machen und dann nach Wegen suchen, sie empirisch so weit wie möglich zu überprüfen. Das Similaritätsparadigma beruht auf der Annahme, die industriewirtschaftliche Entwicklung habe zu einer weitgehenden Angleichung der Wirtschafts- und Sozialstrukturen der westeuropäischen Länder, insbesondere Deutschlands und Frankreichs, geführt. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen und sozialen Gemeinsamkeiten seien weit wichtiger als die weiterhin bestehenden sozio-kulturellen und politisch-institutionellen Unterschiede. Normative Grundlage dieser Annahme ist die Überzeugung von der Zentralität gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse und der Relativität sozio-kultureller sowie politisch-institutioneller Verhältnisse. Das Alteritätsparadigma geht dagegen von der Prämisse aus, es bestünden trotz der Angleichung der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen nach wie vor qualitative Unterschiede zwischen den westeuropäischen Gesellschaften, insbesondere auf politischem und kulturellem Gebiet. Die Alterität nationaler Gesell- 102 schaften und Kulturen bzw. nationaler Kulturräume wird dabei als das Ergebnis der spezifischen nationalen Geschichte eines jeden Landes begriffen, also als historisch geworden und nicht als essentialistisch gegeben. Das Alteritätsparadigma impliziert somit nicht die Annahme, nationale Unterschiede seien von ontologischer Qualität, wohl aber die Hypothese, sie reproduzierten sich bei entsprechenden historischen Bedingungen. Normative Grundlage des Alteritätsparadigmas bildet die positive Bewertung kultureller Vielfalt und die grundsätzliche Bejahung der Nationen. Unter Kultur werden dabei nicht nur die kreativen und künstlerischen Artefakte sowie Kommunikationsformen und Verhaltensweisen, sondern auch die Rechtssysteme, Verwaltungsstrukturen, staatlichen Institutionen etc. verstanden, die kulturell geprägt sind und ihrerseits die Gesellschaft prägen. Methodisch hilfreich bei der Beschäftigung mit dem Problem von Similarität und Alterität ist der Vergleich. 41 So zeigen z.B. historisch-sozialwissenschaftliche Untersuchungen zur Entwicklung Frankreichs und Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert sowohl die Ungleichzeitigkeiten und Unterschiede als auch die Konvergenzen und Gemeinsamkeiten beider Länder. 42 Allerdings ist der deutsch-französische Vergleich nicht in allen Fällen möglich, da es nationale Ereignisse bzw. Entwicklungen gibt, die länderspezifisch sind, so z.B. die französische Décolonisation oder die deutsche Wiedervereinigung. In diesem Fall sind multilaterale Vergleiche notwendig. 5. Praxis an der Universität Kassel Die Landeswissenschaften wurden Ende der siebziger Jahre an der damaligen Gesamthochschule Kassel unter der Bezeichnung Civilisation française in die Franko- Romanistik und unter der Bezeichnung British/ American Studies in die Anglistik integriert und mit eigenen Professuren ausgestattet. Ergänzt wurden sie durch die Europawissenschaften, die sich mit der europäischen Integration und ihren historischen Voraussetzungen beschäftigten. Die Landeswissenschaften bildeten ebenfalls einen integralen Bestandteil der Hispanistik und der Italianistik, waren in diesen allerdings nicht durch eigene Professuren vertreten. Ihre Betreuung übernahm daher in der Hispanistik der Frankreichwissenschaftler und in der Italianistik der Europawissenschaftler. Dadurch wurde es möglich, die Landeswissenschaften in den wichtigsten romanischen Nationalphilologien zu studieren. Da die Romanistik einen gemeinsamen Fachbereich mit der Anglistik bildete, bestanden auch günstige organisatorische Voraussetzungen für den Vergleich romanischer und angelsächsischer Länder und eine Verzahnung des westeuropäischen Ländervergleichs mit dem Studium der Europäischen Integration. Das Studienangebot der Anglistik und Romanistik bestand aus Lehramts- und Magisterstudiengängen sowie aus einem Diplomstudiengang. Dieser kombinierte sprachliche und nichtsprachliche Fächer (Wirtschaftswissenschaften), um seine Absolventen wissenschaftlich auf außerschulische Tätigkeitsfelder in transnationa- 103 len Bezügen vorzubereiten. Er unterschied sich von Magisterstudiengängen durch seine Fächerkombination, seine länderspezifische und berufspraktische Ausrichtung sowie seine Organisationsstruktur. Er gliederte sich in ein viersemestriges Grund- und ein viersemestriges Hauptstudium und wurde mit dem Diplom abgeschlossen. Je nach Hauptfach werden die Grade „Diplom-Anglist“ oder „Diplom- Romanist“ verliehen. 43 Für die einzelnen Studiengänge bestand jedoch kein gesondertes Lehrangebot. Es war daher nicht möglich, in den Landeswissenschaften auf die spezifischen Bedürfnisse der Studierenden der einzelnen Studiengänge einzugehen, wie dies die Fachdidaktik in den Lehramtsstudiengängen konnte. Daraus ergaben sich erhebliche didaktische Probleme. Im Herbst 1981 wurde ich an die GH Kassel auf die Professur für Civilisation française berufen und erhielt so Gelegenheit, die in den siebziger Jahren entwickelten landeswissenschaftlichen Konzepte in der Praxis anzuwenden. Ich hatte Geschichte, Politologie, Soziologie und Romanistik studiert, unter der Anleitung von René Rémond und Alfred Grosser am Institut d’Etudes Politiques von Paris eine Arbeit über die französische Rechte in den dreißiger Jahren geschrieben, anschließend bei Gilbert Ziebura am Institut für Politik in Berlin über die innergesellschaftlichen Antriebskräfte der französische Außenpolitik gearbeitet und als Assistenzprofessor für Regionalstudien am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität gelehrt. In den siebziger Jahren hatte ich mich an der Landeskundediskussion innerhalb des DFI Ludwigsburg und des DRV beteiligt und landeskundliche Lehrveranstaltungen an der PH und der FU Berlin abgehalten. Von Alfred Grosser hatte ich das Konzept des „Mittlers“ übernommen, von Gilbert Ziebura den sozialwissenschaftlichen Ansatz der Frankreichforschung. 44 Lehre An der Universität Kassel bildeten die Landeswissenschaften einen integralen Bestandteil der Romanistik. Sie waren daher mit den Philologien nicht nur organisatorisch durch eine gemeinsame Studien- und Prüfungsordnung verbunden, sondern diesen in jeder Hinsicht gleichgestellt. Ich konnte daher mein Lehrangebot frei gestalten und die Studierenden konnten die Landeswissenschaften im Hauptstudium zu ihrem Studienschwerpunkte machen, ein landeswissenschaftliches Thema für ihre Abschlußarbeit wählen und sich in Landeswissenschaften prüfen lassen. Von dieser Möglichkeit machten sie regen Gebrauch. Entsprechend dem landeswissenschaftlichen Grundkonsens der achtziger Jahre beschäftigte ich mich in der Lehre mit den grundlegenden gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten der französischen Politik sowie der deutsch-französischen Beziehungen. Im Zentrum standen das politische System einschließlich der politischen Kultur sowie gesellschaftliche Konflikte, soziale Bewegungen, politische Parteien, nationale Selbstverständigungsprozesse, Immigration und Integration. Als unerläßliche Voraussetzung dafür betrachtete ich die Vermittlung eines histori- 104 schen Grundwissens sowie einer sozialwissenschaftlichen Methodenkompetenz. Die Studierenden sollten erkennen, daß die gegenwärtigen Verhältnisse Frankreichs nicht essentialistisch gegeben, sondern historische entstanden waren, und sie sollten befähigt werden, politische und soziale Probleme selbständig zu analysieren. Aufgrund der Verankerung der Landeswissenschaften in der Romanistik bemühte ich mich ebenfalls um die Kooperation mit den Literatur- und Sprachwissenschaftlern. Für die Vermittlung des historischen Grundwissens sowie der sozialwissenschaftlichen Methodenkompetenz standen die obligatorischen „Orientierungskurse“ und die Pro-Seminare des Grundstudiums zur Verfügung. Die „Orientierungskurse“ sollten länderspezifisch in Fragestellungen, Problemfelder und Methoden der Landeswissenschaften einführen. Ausgehend von sozialwissenschaftlichen Fragestellungen behandelte ich in großen Längsschnitten die Entstehungsgeschichte aktueller politischer und sozialer Probleme wie z.B. das Spannungsverhältnis von Sozialstaat und Marktwirtschaft bzw. von Arbeit-Kapital, Zentrum-Peripherie, Autoritarismus-Parlamentarismus, Universalismus-Nationalismus, Militarismus-Pazifismus, Kolonialismus-Republikanismus, Elitismus-Egalitarismus, Laizismus-Klerikalismus, Staat-Religion, etc. Dadurch sollten die Studierenden erkennen, daß diese Probleme das Ergebnis spezifischer historischer Entwicklungen waren, die auch zu ganz anderen Ergebnissen hätten führen können. Für viele war diese Sichtweise neu, gingen sie doch in ihrer Frankreichperzeption völlig unhistorisch von den gegenwärtigen Erscheinungsformen aus und projizierten diese auf die Vergangenheit. Da sie dies ebenfalls bei ihrer Deutschlandperzeption taten und mit der deutschen Geschichte nur wenig vertraut waren, mußte ich auf den ursprünglich geplanten deutsch-französischen Vergleich häufig verzichten. Ein Teil der Studienanfänger hatte erhebliche Probleme mit dem historisch-sozialwissenschaftlichen Zugang. Sie hatten in der Schule meistens Geschichte vor dem Abitur abgewählt und sich kaum mit politischen oder gesellschaftlichen Problemen Frankreichs beschäftigt. Wohl aber interessierten sie sich allgemein für Frankreich und kannten dies häufig auch aus eigener Erfahrung. Als Alternative zum historisch-sozialwissenschaftlichen Orientierungskurs bot ich daher eine Veranstaltung über die deutsche Frankreichperzeption in Reise- und Erlebnisbüchern an. Die Studienanfänger konnten so verschiedene Frankreichbilder miteinander vergleichen und dabei ihre eigenen Vorstellungen und Erfahrungen einbringen. Die den verschiedenen Frankreichbildern zugrundeliegenden Wahrnehmungsmuster nötigten sie, sich mit der Problematik von Fiktionalität und Realität, von Essayistik und Wissenschaft, von geisteswissenschaftlicher Deutung und sozialwissenschaftlicher Forschung auseinanderzusetzen. Da dies ohne Methodenkenntnisse nicht möglich war, gelang es mir, sie auf diese Weise in Fragestellungen und Methoden der Landeswissenschaften einzuführen. Im Anschluß an die Einführungsveranstaltungen ermöglichten die Proseminare eine Beschäftigung mit einzelnen Problemfeldern. Die Studierenden sollten so die 105 Ursachen der Konfliktualität der französischen Politik erkennen. Ähnlich wie in den Orientierungskursen wirkten sich hier die fehlenden Vorkenntnisse und die unscharfe Begrifflichkeit hemmend auf die Lernprozesse aus. Es war daher immer wieder notwendig, schulische Versäumnisse nachzuholen und die Begriffe zu präzisieren. Dies galt ganz besonders für Begriffe, die im Deutschen und Französischen unterschiedliche Bedeutungen besitzen oder unterschiedliche Emotionen auslösen. Dies führte stets zur Auseinandersetzung mit dem sprachlichen, begrifflichen und kulturellen Referenzsystem der politischen Systeme Deutschlands und Frankreichs. Anscheinend war dies nie im schulischen Fremdsprachenunterricht geschehen. Im Hauptstudium war dann die Konzentration auf einige zentralen Themenfelder der französischen Politik sowie der deutsch-französischen Beziehungen möglich. Aber auch hier durfte ich die Meßlatte nicht zu hoch ansetzen. Die Studienordnung erlaubte zwar die Schwerpunktbildung in den Landeswissenschaften, aber für eine vertiefte sozialwissenschaftliche Analyse der französischen Politik unter Berücksichtigung ihrer sprachlich-kulturellen Aspekte fehlte bei den meisten Studierenden das unerläßliche Vorwissen und die Methodenkompetenz. Diese Defizite ließen sich nur teilweise ausgleichen. Trotzdem sind gute Seminar- und Abschlußarbeiten entstanden. Die landeswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen waren stets gut besucht, landeswissenschaftliche Themen wurden häufig für Abschlußarbeiten gewählt. Die Landeswissenschaften zählten neben der Linguistik zu den beliebtesten Prüfungsfächern. Dies war besonders im Diplomstudiengang der Fall. Kooperation mit der Literatur- und der Sprachwissenschaft Die Kooperation mit den Literatur- und Sprachwissenschaftlern erwies sich infolge des unterschiedlichen Selbstverständnisses der einzelnen Disziplinen als schwierig. Inhaltliche Gespräche mit ihnen ergaben sich meistens nur in Anschluß an gemeinsame Prüfungen. Diesen verdanke ich wertvolle Anregungen und Erkenntnisse. Für eine Vertiefung der Themen fehlte jedoch die Zeit. Ein systematischer Meinungsaustausch fand nicht statt. Die Landeswissenschaften wurden akzeptiert, stießen aber bei einigen Kollegen, insbesondere den Literaturwissenschaftlern, deutlich auf innere Vorbehalte. Allerdings beeinträchtigte dies nicht die kollegiale Zusammenarbeit in organisatorischen Fragen, bei Prüfungen, Betreuung von Abschlußarbeiten etc. Trotz der wissenschaftstheoretischen Unterschiede veranstalteten wir gemeinsame Seminare zu europäischen Kulturbewegungen wie der Aufklärung und der Romantik. Kooperation mit den Historikern Schwierig gestaltete sich ebenfalls die Kooperation mit den Stelleninhabern für British/ American Studies und für Europawissenschaften. Beide waren Historiker, die neo-positivistische Ansätze vertraten und das Konzept der Landeswissenschaften 106 ablehnten. Trotzdem veranstalteten wir gemeinsam vergleichende Seminare zu zeitgeschichtlichen und politischen Themen, so zum Faschismus bzw. Frankismus in Italien, Frankreich und Spanien oder zur Immigration in Westeuropa. Das Interesse der Studierenden an diesen länderübergreifenden Seminanen war allerdings gering. Sie interessierten sich jeweils nur für ihr Zielsprachenland, nicht jedoch für den Ländervergleich. Dabei erlaubte gerade dieser eine Auseinandersetzung mit zentralen landeswissenschaftlichen Fragestellungen wie der von Similarität und Alterität, von Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit sozio-ökonomischer und politischer Entwicklungen sowie des Einflusses kultureller Faktoren - Geschichtsbilder, Erinnerungen, Selbstverständnisse etc. - auf die Politik. Abwicklung Nach meinem Ausscheiden aus der Universität Kassel im Frühjahr 2001 wurde die Professur für romanistische Landeswissenschaften abgeschafft, ihre Aufgaben auf die neugeschaffene Professur für westeuropäische Geschichte im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften übertragen. Diese Entscheidung traf die Universitätsleitung allein. Die Betroffenen wurden nicht gefragt. Eine wissenschaftstheoretische oder hochschulpolitische Diskussion fand nicht statt. Die Gründe dafür waren sowohl hochschulpolitischer als auch fachlicher Natur. Die Gesamthochschule Kassel war 1972 als Reformuniversität gegründet worden, um neue Wege in Lehre und Forschung zu beschreiten. Eines ihrer grundlegenden Prinzipien bildete die Interdisziplinarität. Diese wurde Anfang des neuen Jahrtausends im Zuge einer internen Reorganisation wieder abgeschafft. Alle landeswissenschaftlichen Professuren, auch die für British/ American Studies und Europawissenschaften wurden aus den Philologien ausgegliedert, die Anglistik und die Romanistik mit der Germanistik zu einem rein philologischen Fachbereich vereint. Das traditionelle Fachprinzip hatte sich nun auch in Kassel durchgesetzt. Das Reformexperiment war beendet. Meine Bemühungen, die Landeswissenschaften innerhalb der Romanistik zu erhalten, waren erfolglos. Sie wurden weder innerhalb des Fachbereiches noch im Romanisten-Verband unterstützt. Auch hochschulpolitische Initiativen scheiterten. Ich hatte mich 1997 an der Gründung des Franko-Romanisten-Verbandes in Münster beteiligt, mich in seinen Vorstand wählen lassen und noch einmal landeswissenschaftliche Sektionen auf seinen Kongressen in Jena (1998) und Mainz (2000) organisiert. Das Echo war gering, die Reformallianz der siebziger Jahre zwischen Pädagogen, Politologen und Philologen ließ sich nicht erneuern. Damit war das Projekt der Landeswissenschaften trotz erfolgreicher Praxis nach zwanzig Jahren gescheitert. 1 Cf. u.a. P. Hinrichs/ I. Kolboom, Ein gigantischer Trödelladen? Zur Herausbildung der Landes- und Frankreichkunde in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg, in: M. Nerlich 107 (ed.), Kritik der Frankreichforschung 1871-1975. Karlsruhe 1977 (Argumente-Sonderband 13), 82-95 sowie Gerhard Bott, Deutsche Frankreichkunde 1900-1933. Das Selbstverständnis der Romanistik und ihr bildungspolitischer Auftrag. Rheinfelden 1982, 2 Bde. 2 Die Bezeichnung der Landeskunde als ‘gigantischen Trödelladen’ stammt von E. Fueter, Was ist Auslandsforschung? in: Hesperia, 1 (1948-1949), 3-13, hier . 6. 3 Cf. Empfehlung der Kommission Landeskunde der Konferenz der Romanischen Seminare zur inhaltlichen, curricularen und organisatorischen Neubestimmung der Landeskunde in den romanistischen Studiengängen vom Oktober 1974, in: Ingo Kolboom/ Thomas Kotschi/ Edward Reichel (eds.), Handbuch Französisch (Sprache Literatur Kultur Gesellschaft), 2. Aufl., Berlin 2008, 407-409. 4 Zu ihnen gehörten vor allem Hans Manfred Bock, ehemaliger Mitarbeiter von Pierre Bertaux am Institut d’Allemand d’Asnières und Robert Picht, ehemaliger Mitarbeiter der Pariser Zweigstelle des DAAD. 5 Cf. Hélène Miard-Delacroix/ Jérôme Vaillant: Civilisation allemande. Zur wissenschaftlichen Verortung einer Fachrichtung, in: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache, Intercultural German Studies 32 (2006), 85-100. 6 Cf. Hans Manfred Bock: Zur Neudefinition landeskundlichen Erkenntnis-Interesses, in: Robert Picht u.a. (eds.): Perspektiven der Frankreichkunde. Ansätze zu einer interdisziplinär orientierten Romanistik, Niemeyer, Tübingen, 1974, 13-22. 7 So im programmatischen Titel der Akten der Sektion Landeskunde des Romanistentages 1981. Cf. Roland Höhne/ Ingo Kolboom (eds.), Von der Landeskunde zur Landeswissenschaft. Beiträge zum Romanistentag 1981, Rheinfelden 1982. 8 So definierte Roland Höhne nach seiner Berufung auf die Professur für Civilisation française an die Gesamthochschule Kassel im Jahre 1981 sein Fachgebiet als „romanistische Landeswissenschaften.“ 9 Cf. Resolution zur Frankreichkunde der Vereinigung der Französischlehrer auf ihrem Kongreß in Tübingen 1974, in: Ingo Kolboom u.a.: Handbuch Französisch, op. cit., 409. Gisela Baumgratz u.a. (eds.): Stuttgarter Thesen zur Rolle der Landeskunde im Französischunterricht, in: Robert Bosch Stiftung/ Deutsch-Französisches Institut (eds.): Fremdsprachenunterricht und Internationale Beziehungen. Gerlingen 1982, 8-9. 10 Cf. Dieter Buttjes, Landeskunde im Fremdsprachenunterricht: Zwischenbilanz und Arbeitsansätze, in: Neusprachliche Mitteilungen 35. Jahrgang, 1, 3-16. 11 So der Literaturwissenschaftler Fritz Nies (Düsseldorf) in seinem Festvortrag auf dem Kongreß des Franko-Romanisten-Verbandes in Halle am 9.10.2006. 12 Diese wurde allerdings 1981 wieder ersatzlos gestrichen. 13 Cf. Grenzgänge. Beiträge zu einer modernen Romanistik, 17, 9. Jahrgang 2002. 14 Cf. Robert Picht: Frankreichkunde an der Humboldt-Universität oder die Selbstisolierung der Romanistik, in: Dokumente, Heft 4, 49. Jg., August 1993, 305-309; Roland Höhne: Die vertane Chance - Romanistik in den Neuen Bundesländern ohne Landeswissenschaften, in: Lendemains 71/ 72, 1993, 154-156. 15 Cf. Robert Picht/ Gisela Baumgratz (eds.), Perspektiven der Frankreichkunde, 2 Bde, Niemeyer, Tübingen 1974 u. 1978, insbesondere die Beiträge von H.M. Bock und Michael Nerlich in Bd. I, 13-22 bzw. 23-40. 16 Cf. Hans Manfred Bock: Von der geisteswissenschaftlichen Frankreichdeutung zur sozialwissenschaftlichen Frankreichforschung, in: Joachim Schild (ed.), Länderforschung, Ländervergleich und Europäische Integration, Neue Ludwigsburger Beiträge 1, Deutsch- Französisches Institut Ludwigsburg1991, 50-61. 108 17 Cf. Wilma Melde, Zur Integration von Landeskunde und Kommunikation im Fremdsprachenunterricht, Tübingen 1987. 18 Cf. H. M. Bock, Neudefinition des landeskundlichen Interesses, op. cit. 13-22. 19 Hans Manfred Bock, Landeskunde und sozialwissenschaftlicher Ländervergleich, in: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 1980, 151-160. 20 Cf. H. M. Bock, Von der geisteswissenschaftlichen Frankreichdeutung zur sozialwissenschaftlichen Frankreichforschung, op. cit., 53. 21 Cf. G. Baumgratz/ R. Picht, Postulate zur Überwindung des Dilettantismus in der Landeskunde, in: dies. Perspektiven der Frankreichkunde, op. cit. Bd. 2, 259f. 22 Cf. R. Picht, Interessen und Vergleich: Zur Sozialpsychologie des Deutschlandbildes, in: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 1980, 120-132. Ders., Kulturelle Beziehungen als Voraussetzung deutsch-französischer Kommunikation, in: R. Picht (ed.), Deutschland, Frankreich, Europa, München 1978, 243-267. Ders., Die Fremdheit der Partner: genügen die kulturellen Beziehungen? , in: R. Picht (ed.), Das Bündnis im Bündnis, Berlin 1982, 193-219. 23 Cf. R. Picht, Frankreichstudien als interdisziplinäres Organisationsproblem, in: G. Baumgratz/ R. Picht, Perspektiven, op. cit., Bd. 1, 83-90. 24 Cf. Roland Höhne/ Thomas Arnold, Konzept eines alternativen Diplomstudienganges Romanistik, in: Herbert Christ (ed.), Romanistik. Arbeitsfelder und berufsbezogene Praxis, Tübingen 1986, 105-127. 25 Cf. H. M. Bock/ M. Raupach, Der Diplomstudiengang „Berufsbezogene Fremdsprachenausbildung Anglistik/ Romanistik an der Gesamthochschule Kassel, in: DRV-Mitteilungen, 3 (1988), 30-34. 26 Cf. Robert Picht, Die „Kulturmauer“ durchbrechen. Kulturelle Dimensionen politischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit in Europa, in: Europa-Archiv 10/ 42, 279-286. 27 Cf. Günther Ammon, Kultur, Identität, Kommunikation, München 1988. 28 Cf. H. Thoma/ W. Asholt, Wozu ‘Landeskunde’ - Rolle und gegenwärtige Situation der Landeswissenschaft in der Romanistik , in: W. Asholt, H. Thoma (eds.), Frankreich. Ein unverstandener Nachbar (1945-1990), Bonn 1990, 17-43, hier 40-42. 29 Cf. Dorothee Röseberg, Integrative und kulturwissenschaftliche Landeskunde in der Romanistik. Theoretische, methodische und Unterrichtskonzepte, in: Quo Vadis Romania? , 6/ 1995, 8-24. 30 Cf. Joachim Schild (ed.), Länderforschung, op. cit. 31 Cf. Hans Manfred Bock, Neue Unübersichtlichkeit und Perspektiven der Frankreichforschung, in: Lendemais, 71/ 72 (1993), 125-136. 32 Cf. Hans-Jürgen Lüsebrink/ Dorothee Röseberg (eds.), Landeskunde und Kulturwissenschaft in der Romanistik, Tübingen 1995. 33 Cf. Heinz Thoma, Zur Gegenstandskonstitution der „interkulturellen Kommunikation“, in: W. Asholt/ H. Thoma (eds.): Frankreich, op. cit., 9-16. 34 Ib. 13. 35 Ib. 14. 36 Ib. 15. 37 Cf. die Zusammenfassung bei Fritz Schütze, Die Rolle der Sprache in der soziologischen Forschung, in: U. Ammon, N. Dittmar, K. Mattheier (eds.), Soziolinguistik: Ein internationales Handbuch zur Wissenschaft von Sprache und Gesellschaft, Bd. I, Berlin 1987, S. 413-431. 38 Cf. H. M. Bock, Neue Impulse für die sozialwissenschaftliche Frankreichforschung? in: Lendemais, 51 (1988), S. 155-159. 109 39 Cf. Ingo Kolboom, Land versus Kultur? Zehn Thesen zu einer unfruchtbaren Kontroverse, in: Grenzgänge 6 (1996), 53-63. 40 Vgl. Jacques Leenhardt/ Robert Picht (eds.), Esprit/ Geist. Hundert Schlüsselbegriffe für Deutsche und Franzosen, München 1989. Ferner Robert Picht/ Vincent Hoffmann-Martinot/ René Lasserre/ Peter Theiner (eds.): Fremde Freunde. Deutsche und Franzosen vor dem 21. Jahrhundert. München 1997. 41 Cf. Albert Broder (ed.), Industrialisation et société en Europe occidentale: France, Allemagne, Royaume-Uni, Italie, Benelux (1880-1970), Paris 2000. Ferner Hartmut Kaelble/ Jürgen Schriewer (eds.), Gesellschaften im Vergleich. Forschungen aus Sozial- und Geschichtswissenschaften. 2. Aufl. Frankfurt/ Main 1999. 42 Cf. besonders Hartmut Kaelble, Nachbarn am Rhein. Entfremdung und Annäherung der französischen und deutschen Gesellschaft seit 1880. München 1991. 43 Cf. Roland Höhne, Der Kasseler Diplomstudiengang Anglistik/ Romanistik. Konzeption und Perspektiven, in: Grenzgänge. Beiträge zu einer modernen Romanistik, 9 (2002), Heft 17, 38-45 44 Cf. Hartmut Elsenhans/ Gerd Junne/ Gerhard Kiersch/ Birgit Pollman (eds.): Frankreich, Europa, Weltpolitik. Festschrift für Gilbert Ziebura zum 65. Geburtstag, Opladen 1983. Hans Manfred Bock: Zur Konstituierung der sozialwissenschaftlichen Frankeichforschung in Deutschland. Anmerkungen aus Anlaß der Festschrift zu Gilbert Zieburas 65. Geburtstag, in: Frankreich-Jahrbuch 1990, Opladen 1990, S. 223ff. Zur wissenschaftlichen Entwicklung Zieburas cf. Adolf Kimmel, Gilbert Ziebura: seine Bedeutung für die deutsche sozialwissenschaftliche Frankreichforschung und seine Rolle in den zivilgesellschaftlichen deutsch-französischen Beziehungen, in: Der Intellektuelle und der Mandarin. Für Hans Manfred Bock (Intervalle 8), Kassel 2005, 461-479. 110 Dieter Ingenschay Luis Antonio de Villena, Anthologe 1. Vorspiel auf dem Berliner Theater Michael Nerlichs Œuvre zeigt auf den ersten Blick nicht, in welcher Intensität und mit welcher Kompetenz er sich mit der Gegenwartslyrik Spaniens befasst hat. Am ehesten ist bekannt, dass er die Großstadtgedichte Jenaro Talens’ über die nordamerikanischen Metropolen St. Paul und Minneapolis durch Fotografien ergänzt hat, welche jenen ‘fremden Blick’ exemplifizieren, der dem Band den Titel gibt (La mirada extranjera). 1 In der Kooperation zwischen Talens, dem Dichter und Literaturtheoretiker, und Nerlich ist 1985 ein Band entstanden, der bei aller Individualität und Partikularität in vieler Hinsicht sehr typisch für die Tendenzen der spanischen Lyrik gegen Ende des 20. Jahrhunderts ist. Mit den folgenden Betrachtungen möchte ich Michael Nerlich danken für all das, was ich von ihm über die iberische Dichtung unserer Zeit gelernt habe. Für den Juni 2001 hatte Michael Nerlich die Reise von sechs ‘exemplarischen Vertretern der spanischen Gegenwartsdichtung’ (so der Jargon der gehobenen Kulturindustrie) nach Berlin organisiert, die mit dem Zeitpunkt des 1. Internationalen Literaturfestivals zusammenfiel. Dann allerdings war Michael Nerlich während des Besuchs selbst verhindert, so dass er mich bat, die illustren Gäste (Ana Rossetti, Francisco Brines, Carlos Marzal, Luis Antonio de Villena, Luis García Montero und José María Álvarez) unter meine Fittiche zu nehmen, was ich - gemeinsam mit Janett Reinstädler - gern übernahm (sie moderierte die Dichterlesung im Theater des Berliner Ensemble am Schiffbauerdamm). Mit dem Werk von einigen der sechs war ich relativ vertraut: Francisco Brines, der Senior der Gruppe, war als Angehöriger der so genannten Generation von 1950 in der internationalen Hispanistik schon damals bekannt; er hatte zu dem Zeitpunkt gerade die Mitteilung seiner Aufnahme in die Real Academia erhalten. Ana Rossetti hatte ich 1992 auf dem Bonner Hispanistentag kennen gelernt, als Horst Weich sie zur Lesung in seine Sektion eingeladen hatte. Den Kontakt zur Lyrik Luis Antonio de Villenas verdanke ich wiederum Horst Weich, den Zugang zu ihm als Person unserem gemeinsamen Freund, dem Madrider Schriftsteller Eduardo Mendicutti; doch Werk wie Mensch hatten sich mir damals nicht geöffnet. 2 Die anderen kannte ich lediglich aus Anthologien: José María Álvarez, Michael Nerlichs engster Kontakt unter den Besuchenden, war einer jener neun spanischen Dichter, die José María Castellet 1970 in einer der bahnbrechendsten Anthologien der spanischen Lyrik im 20. Jahrhundert vorgestellt hatte, in Nueve novísimos poetas españoles. So umstritten Auswahl und Programmatik der Lyrik der novísimos waren und geblieben sind, 3 so nachhaltig diskussionsfördernd war 111 diese Sammlung, belegt sie doch augenscheinlich, dass mit ihr ein signifikanter Bruch in der Entwicklung der spanischen Lyrik einher geht: „En la literatura castellana del siglo XX, Nueve novísimos españoles no es la única antología que ha servido para fechar la eclosión de una nueva generación poética, pero sí es, sin duda, la más discutida“. 4 Mit lyrisch-unlyrischenTexten, die auf die moderne Konsumwelt anspielen, die internationale Pop-Ikonen zu Bezugspunkten wählen und eine grenzenlose Freiheit des Individuums zelebrieren, wird belegt, dass die Zeit der bis dato dominierenden engagierten poesía social ihr Ende erreicht hatte und dass die spanische Lyrik inmitten der durchaus nicht ‘sanften’ Endphase der frankistischen Diktatur in der europäischen Welt angekommen war; in einer Welt, deren spezifische Modernität nicht zuletzt durch die Ereignisse vom Pariser Mai 1968 entscheidende Anstöße erhalten hatte. Einige Gedichte von Luis García Montero hatte ich in jener Anthologie gelesen, die direkt auf Castellets Sammlung und ihren Titel Bezug nimmt: in der Anthologie Postnovísimos, die Luis Antonio de Villena 1986 - also nur 16 Jahre nach Castellets Buch, aber gut 10 Jahre nach Francos Tod - bei Visor herausbrachte. Und Carlos Marzals Gedichte kannte ich aus einer wiederum anderen Anthologie, Fin de siglo (1992), mit dem durchaus programmatischen Untertitel El sesgo clásico en la última poesía española, welche ihrem Herausgeber - und wieder handelt es sich um Luis Antonio de Villena - den Ruf einbrachte, der große Wortführer des Klassischen in der spanischen Gegenwartslyrik zu sein. Von den Lyrikern, die de Villena dann in La lógica de Orfeo, seiner bislang letzten ‘großen’ Anthologie aktueller spanischer Dichtung vorstellt, war 2001 keiner in Berlin anwesend. 2. Lyrikanthologien in Spanien Bevor ich näher auf die von de Villena besorgten Anthologien eingehe, sind einige Sätze der Erklärung von Rolle und Funktion des Anthologisierens in Spanien fällig. Dass ich nämlich mehrere der 2001 nach Berlin gereisten Lyriker aus Anthologien und nicht aus ihren Monographien kannte, ist, laut Juan José Lanz, bezeichnend: „[L]a mayor parte de los estudiosos de la poesía española actual conocen a los poetas jóvenes por antologías y no por libros propios, con lo que sólo conocen su producción poética fragmentariamente.“ 5 Zwar lernt man aus jenen Sammelbänden die jungen Lyriker nur fragmentarisch kennen, dafür aber durch die Vermittlung einer Instanz, die kraft des editorischen Amtes ein so hohes Maß an Autorität gebietet, dass die Anthologie - lt. Julio Ortega eine „mapa tentativa de lectura“ 6 - sogar zur Staatsangelegenheit zu werden sich anschicken kann - jedenfalls in jenen befreundeten Ländern, in denen Staatspräsidenten ihre eigenen Lyrikanthologien zusammenstellen.... Doch zurück zur hispanischen Welt, wo es vor allem das Privileg von Dichtern ist, Anthologen zu werden (erinnert sei etwa an jene Antologías personales mit beigegebenen CDs der Colección Visor, welche die Auswahl von Jaime Gil de Biedma oder José Agustín Goytisolo vorstellen). 1930 verfasst 112 der mexikanische Gelehrte Alfonso Reyes seine Teoría de la antología, in der er die kardinalen Nachteile anthologischer Sammlungen - die Subjektivität oder auch Willkür ihrer Auswahl - gegen eine historisch korrekt und ‘objektiv’ operierende Praxis des Anthologisierens abzuwägen sich bemüht. Und relativ unvermittelt lässt der große Essayist seine Rede ins Ironische kippen: Por su parte, las antologías de sentido histórico, cuando persiguen un solo fenómeno, también alcanzan temperatura de creación, de creación crítica al menos. Otra tengo yo soñada para denunciar cierta poesía diabética y a la que he puesto el nombre de „Panal de América o Antología de la gota de miel“7 (p. 127) Voll Spott gegen den großen Philologen der alten Madre España erdenkt sich Reyes eine Anthologie der „murmullos del bosque - importante porque, en América, venía a decir Menéndez y Pelayo, la poesía política y la descriptiva llenan el cuadro“ (p. 128). Als Reyes sich derart über jene Süße lustig machte, die seit Marcelino Menéndez y Pelayos Antología de poetas líricos castellanos und Ramón Menéndez Pidals Flor nueva de romances viejos das Herz der (niemals wirklich umfangreichen) Lyrik lesenden Massen honiggleich labte, erblickte die erste ‘moderne’ Anthologie der spanischen Lyrikgeschichte das Licht der Welt: Gerardo Diegos Poesía española. Antología 1915-1931 (1932, zwei Jahre später folgte Poesía española. Antología. Contemporáneos): Modern ist die Anthologie von 1932, weil sie a) statt des historischen Rückblicks ausschließlich Gegenwartsliteratur veröffentlicht und b) damit zugleich die in Spanien zuvor allgemein eingeführte Argumentationsfigur generationaler Schemata höchst fruchtbar zur Konstruktion einer ‘Generation von 1927’ einsetzt. Beide Aspekte haben das Buch zum Gegenstand heftigster Polemiken gemacht, 8 welche allerdings die ‘große Erzählung’ von der Formierung einer ‘Dichterschule’ zur Erinnerung an Góngoras Todestag nicht in Frage gestellt hat. 9 Der Literaturkritik ist durchaus bewusst, dass jede Anthologie ohne Zweifel ein immanentes Manipulationspotential in sich trägt. Marta Palenque fasst diese Problematik recht wohlwollend als eine ‘intertextuelle Kategorie’: Nada es inocente en una antología, ya que toda presencia implica una ausencia. [...] [L]as antologías no sólo eligen poemas, crean una nueva obra (son, pues, categorías intertextuales), de tal manera que tienen la capacidad de crear y manipular, incluso tricionando la esencia del texto que, fuera de su conjunto o combinado con escritos de distinta procedencia, deriva en un sentido nuevo.10 Auch Juan José Lanz, einer der aktivsten Dichtungsforscher Spaniens, sieht mindestens vier negative Folgen der gegenwärtigen Anthologisierungswut: man kenne von jungen Dichtern lediglich Anthologiestücke, kein Gesamtwerk; die Auswahl für eine neue Anthologie orientiere sich oft am bereits Publizierten, folge also einem ‘Schneeball-System’; die Flut neuer Namen verhülle den Unterschied zwischen tatsächlichen Erneuerern und Epigonen; und letztlich verleiteten Anthologien den Literaturwissenschaftler zu der irrigen Annahme, in ihnen spiegele sich das objektive Panorama der Produktion von Lyrik in einer gegebenen Situation. 11 Diese 113 Skepsis artikuliert der Literaturwissenschaftler vor der Folie der enormen Flut von Anthologien zeitgenössischer spanischer Lyrik gerade seit etwa 1980. José Luis García Martín bringt seit 1980 nicht weniger als sechs Anthologien heraus: Las voces y los ecos (1980), La generación de los Ochenta (1988), Selección nacional. Última poesía española (1995) sowie Treinta años de poesía española (1996), La generación del 99: antología crítica de la joven poesía española (1999) und Poetas del Novecientos: entre el Modernismo y la Vanguardia (2001). Antonio Garrido Moraga präsentiert El hilo de la fábula (1995) sowie De lo imposible a lo verdadero. Poesía española 1965-2000 (2000), Germán Yanke Los poetas tranquilos. Antología de la poesía realista del fin de siglo (1996). Große Verbreitung genießt ferner La nueva poesía española von Miguel García-Posada (1996). Eher speziell dagegen scheinen Antonio Ortega, La prueba del nueve (1994), abundant Basilio Rodríguez Cañada, Milenium (1999), und im Spektrum der Verbreitung alternativer Lyrik seien Antonio Rodríguez Jiménez, Elogio de la diferencia (1997) und Isla Correyero, Feroces. Radicales, marginales y heterodoxos en la última poesía española (1998) erwähnt. Noni Benegas und Jesús Munárriz ist für eine Synopose der von Frauen geschriebenen Lyrik aus zwei Jahrzehnten zu danken (Ellas tienen la palabra. Dos décadas de poesía española, 1997). Und die Aufzählung könnte fortgesetzt werden, 12 vor allem um die von Luis Antonio de Villena edierten Sammelbände, auf die in der Folge einzugehen sein wird. Bei diesem reichen Angebot, so mag man Alfonso Reyes und die vielen anderen, welche der Anthologen Willkür wittern, zu beschwichtigen versuchen, sei doch wohl für jeden Geschmack und aus jeder Richtung etwas im Angebot.... 13 Ein solches Bewusstsein, gepaart mit einem unbestreitbaren Witz, veranlasst Marta Beatriz Ferrari, eine Anthologie aus Anthologiestücken zusammenzustellen, 14 womit der alte und berechtigte Vorwurf der Subjektivität der Auswahl durch den Anthologen allenfalls ein wenig relativiert wird durch den indirekten Einbezug des Publikumsgeschmacks als Kriterium. Unhinterfragt und unbeantwortet bleiben aber auch dabei zwei sich (mir jedenfalls) aufdrängende Fragen: Warum koinzidiert der starke Zuwachs von Anthologien mit der Zeit der unmittelbaren Postdiktatur, und welche Folgen haben die Anthologien für die Kanonisierungsprozesse spanischer Lyrik? Während die Literaturgeschichtschreibung mit Staunen vermerkt hatte, dass Castellets Nueve novísimos, wenn auch mit starken Eingriffen der Zensur, 1970 - in einer eher harten Phase des Frankismus - erscheinen konnte, so hat sie doch bisher die vielen postfrankistischen Anthologien kaum je auf die veränderte politische Situation hin perspektiviert. Das mag an der vermeintlich oder tatsächlich mehrheitlich wenig expliziten politischen Ausrichtung von Lyrik liegen, vielleicht aber auch an den ‘immanenten’, die Lyrik bestimmenden Tendenzen, welche sich allesamt weiterhin gegen die so genannte poesía social der 1950er Jahre sträuben. Ob es inzwischen eine neue poesia comprometida gebe, ist Leitfrage einer von Araceli Iravedra 2002 koordinierten Sondernummer der Zeitschrift Ínsula („Los compromisos de la Poesía“), 15 in der zahlreiche der dort zu Wort 114 kommenden Lyriker, Kritiker, Anthologen und Herausgeber zaghaft das Aufleben einer poesía de la consciencia oder auch eines neuen (im weiteren Sinne politischen) Engagements prognostizieren. Michael Nerlichs ‘Koautor’ Jenaro Talens hat Prozesse der Kanonbildung gerade anhand der novísimos und ihres historischen Ortes reflektiert. 16 Er weist darauf hin, dass die literaturgeschichtliche Funktion solcher Kanonisierungsprozesse nicht primär als Aneignung des Vergangenen, sondern gerade als Rechtfertigung des Gegenwärtigen Gestalt gewinnt. 17 Auf die Tätigkeit de Villenas als einer der aktivsten Anthologen des Postfrankismus 18 wirft diese Erkenntnis ein spezifisches Licht, erlaubt sie doch, Auswahl und poetologische Bestimmung nicht als bloße ‘Willkür’ aufzufassen, sie auch nicht nur jeweils als Ausdruck dessen zu lesen, was gerade en vogue ist, sondern sie erlaubt und suggeriert die Annahme, dass die Gesamtheit seines Anthologisierens einem künstlerisch-ästhetischen wie auch literaturtheoretisch-’politischen’ Konzept folgt. Um dieses zu erkennen, müssen wir uns den Anthologien zuwenden. 3. Ästhetik und Politik der Villena’schen Anthologien a. Postnovísimos: die Ankunft Spaniens in der Postmoderne Unter Luis Antonio de Villenas Lyrikanthologien widme ich mich in der Folge nur denen, die sich mit spanischer Gegenwartslyrik beschäftigen, 19 also konkret mit Postnovísimos (1985), Fin de siglo. El sesgo clásico en la última poesía español (1992), 10 menos 30. La ruptura interior en la «poesía de la experiencia» (1997) und La lógica de Orfeo (2003). 20 Die Titelgebung seiner ersten Anthologie, Postnovísimos, hat für den Leser eine doppelte Konnotation: zum einen spielt sie überdeutlich auf Castellets fulminante Anthologie der Nueve Novísimos an, und zwar im Sinne einer Überwindung dieses einst ‘Neuen’, und zweitens gemahnt die Begrifflichkeit der postnovísimos an die exemplarische Formel für heutige Kulturbeschreibung, an die Postmoderne. Dem titelgebenden Begriff der postnovísimos wirft Araceli Iravedra „inexactitud“ 21 vor. Bei näherem Blick auf die in dem detailreichen Vorwort dargelegten poetologischen Konzepte, denen die Auswahl folgt, scheint Iravedras Vorwurf nicht gerechtfertigt. De Villena räumt von Anfang an ein, dass die Postmoderne ein unklares Konzept sei und es die Ästhetik der Postmoderne nicht gebe, und gerade deshalb gibt er konkret die Koordinaten an, durch die er die Gedichte seiner sieben ausgewählten Lyriker verortet: den Umbruch nämlich von jener ‘venezianischen’ Tendenz der spanischen Lyrik, welche nach 1975 nur noch epigonale Produkte hervorgebracht habe, zu einer poesía de la experiencia. Damit prägt er einen für weitere Diskussionen folgenschweren, in sich wieder mehrdeutigen Terminus, der im Übrigen erst später (in seiner Einleitung zu La lógica de Orfeo, p. 13) auf seinen Ursprung bei dem britischen Dichter Robert Langbaum bezogen wird. Das Konzept einer poesía de la experiencia wird vor allem von Luis García Montero, der in drei 115 der genannten Villena’schen Anthologien vertreten ist, zur Selbstdefinition seiner Lyrik benutzt. Auch wenn José Carlos Mainer schon vor dem Milleniumswechsel die Tage dieses Terminus für gezählt hielt, blieb die poesía de la experiencia trotz der Kritik Einzelner 22 das verbreitetste und sich behauptende Konzept, so dass Araceli Iravedra sich unlängst in einem programmatischen Artikel entschloss „de romper una lanza por un rótulo tan falseado“ (133), für einen Begriff, der zumindest größere Teile der postfrankistischen Lyrik zu erfassen vermag als andere Termini (poesía realista, poesía figurativa, realismo meditativo, irracionalismo cognoscitivo und was es sonst noch im Angebot gibt). Wenn de Villena selbst darauf hinweist, dass die postnovísimos keine fest gefügte Gruppe sind („sin consciencia de grupo“), und grundsätzlich postuliert, die Postnovísimos seien „una generación abierta“ (p. 28) bzw. eine „generación débil“ (p. 29), so scheint er damit das starre in den Köpfen seiner Landsleute unauslöschlich herrschende Generationenschema im Ansatz aufzuweichen. Positiv bestimmt er die Postnovísimos durch ihre Abwendung vom Gestus des Aktuellen und Modernen der Novísimos; zwar seien sie „de entrada, una formación continuista“ (p. 17), doch schlössen sie sich nicht den novísimos, sondern deren Vätern - im unerbittlichen Generationenschema also der generación del 50 (mit Jaime Gil de Biedma und Franicisco Brines) - an (p. 19). Prototypische Vertreterin der postnovísimos ist für ihn Blanca Andreu; Hauptkriterium für die Aufnahme bestimmter Dichter ist weniger das Verfolgen einer bestimmten Schreibart, denn Postnovísimos sei durch die Kopräsenz verschiedener Ästhetiken gekennzeichnet (p. 30), 23 und die Anthologie stelle einen „cajón de sastre“ dar, der ebenfalls Kennzeichen der Postmoderne sei (p. 18). Im Laufe seiner langen Einführung kehrt de Villena zum generationalen Diskurs zurück; so gibt er für seine Auswahl vor allem das äußere Kriterium einer ‘Generation’ an, also ein bestimmtes Geburtsdatum: die hier vertretenen Lyriker seien 1985, bei Manuskripterstellung, alle unter 30 Jahre gewesen. Mit Blick auf die nächste Anthologie und die Villena’schen Kontinuitätsstrategien ist auf die lange „Paréntesis sobre la tradición y el modo de usarla“ (p. 23-25) zu verweisen, in der de Villena, mit Bezug auf Pedro Salinas, die Tradition als ‘das Leben’ von Kunst und Literatur wertet und daher einen richtigen Umgang mit ihr fordert. b. Fin de siglo: die Präsenz des Klassischen Deutete sich in Postnovísimos bereits die Rückkehr zur klassischen Tradition an (s. etwa Postnovísimos, p. 19), so steht dieser Aspekt, laut de Villenas Interpretation, für die Autoren der Anthologie Fin de siglo. El sesgo clásico en la última poesía española vollkommen im Zentrum. Auch bei anderen Dichtern und Kritikern erkennt de Villena eine Tendenz zur Rückwendung zur tradición clásica, so in Jenaro Talens’ Gedichtsammlung Tabula rasa (cf. Fin de siglo p. 13). Unter den elf Charakteristika, die er in seiner programmatischen Einführung aufzählt und kursorisch kommentiert, stellen Bezüge auf paradigmatische Autoren und Epochen den stärksten argumentativen Anteil; konkret sind dies Rückblicke auf die Generación 116 del 50 (mit Gil de Biedma und Brines), auf den lyrischen Ton Antonio Machados, auf das Onirische Quevedos, auf formale Elemente wie Alexandriner, Elfsilbler, Quartettstrophen usw. sowie auf hedonistische und vitalistische Tendenzen. In einzelnen Fällen findet de Villena weitere Charakteristika einzelner Autoren, etwa jene nueva sentimentalidad, die er bei García Montero vorfindet (und die für ihn den Granadiner Dichter in die Nähe Gil de Biedmas rückt). Ganz in der Linie der in Postnovísimos dargelegten Konzepte polemisiert de Villena wieder gegen die frühen Produkte der sog. Generación del 70 mit ihrem „afán de modernidad y ruptura“ (p. 11) und kommt auch noch einmal auf seine Beobachtungen aus der ersten Anthologie zurück, dass nämlich in einem „segundo movimiento generacional“ in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre sich jene Neuansätze ankündigen, die dann ab 1980 den retorno a la tradición einleiten, der zu einer nueva generación poética führt (p. 14). Als eines der hervorstechenden Merkmale dieser Dichtung sieht er die Wiederentdeckung der griechischen und lateinischen Antike, (und als Beispiel dient ihm ein Gedicht von José María Álvarez aus dem Jahr 1985, „La belleza de Helena“). Wieder wagt es de Villena, einen Kriterienkatalog von neun typischen Zügen dieses Mal der Generación del 80 aufzustellen, aus dem ich nur die auffälligsten Aspekte herauspicke, etwa die Annäherung an Poeten aus der anglo-amerikanischen Tradition (Larkin, Auden, Eliot) und an die französischen Spätsymbolisten (Jammes), sowie - formal - die Rückkehr zum Blankvers und - thematisch - nochmals die poesía de la experiencia (mit einem spezifischen Rollenverständnis des Dichters und des Lesers als hombres normales). Fragt man nach der Position von Fin de siglo innerhalb der anthologisierenden Unternehmung de Villenas, nach Kontinuitäten und Brüchen, so fällt als verbindende Achse zu Postnovísimos die Skepsis gegenüber der Generación del 70, die Befürwortung der poesía de la experiencia und vor allem das Aufleben ‘klassischer’ Dichtungsformen auf. Wenn drei der zehn in Fin de siglo vertretenen Autoren bereits in Postnovísimos erschienen (García Montero, Benítez Reyes, Alas), nur zwei (Álvaro García und Luis Muñoz) aber in der folgenden Sammlung, 10-30, wieder auftauchen werden, dann deutet dies darauf, dass Fin de siglo mit der Vergangenheit enger verzahnt ist als mit der Zukunft. De Villena selbst empfindet seine Anthologie Fin de siglo weniger als Neubeginn und stärker als Abschluss, und dies und dessen Begründungkontext kommentiert er so: Toda antología - como ha quedado claro - es una opción. Yo he hecho la mía. Me parece prudente, realista y también esperanzada. Sin embargo es tanto el epigonismo que empieza ya a surgir en esta estética - que tan atractiva ha resultado a los más jóvenes - que no me parece muy difícil advertir que esta no es una antología de inicio sino de cierre. (p. 33) Was aber kommt nach dem cierre? Noch vor der nächsten Anthologie gibt es prospektive Gedanken dazu auf der letzten Seite der Einleitung. Zwei mögliche Tendenzen erwartet de Villena dort, generell die Intensivierung ‘realistischer’ Strömun- 117 gen zu einer nueva poesía social und dann im Erfahrungfeld der Großstädte eine Lyrik des realismo sucio (cf. p. 33). Genau zehn Jahre vor der Sondernummer der Zeitschrift Ínsula zur neuen engagierten Lyrik beschreibt Luis Antonio de Villena bereits jene beiden Tendenzen, die dort als deutlichste Kennzeichen der spanischen Dichtung an der Schwelle zum 21. Jahrhundert gehandelt und behandelt werden. c. 10 menos 30: Dichtung und Erfahrung Der seltsame Titel der dritten hier zu behandelnden Anthologie de Villenas, 10 menos 30. La ruptura interior en la ‘poesía de la experiencia’, ist so zu entschlüsseln, dass wir hier die Gedichte von 10 jungen Lyrikern finden, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unter 30 Jahre alt sind und die das herrschende Konzept der poesía de la experiencia jeweils auf ihre Weise brechen. Zwei von ihnen, wie gerade erwähnt, finden sich schon in Fin de siglo, alle anderen sind relativ unbekannte Autoren. Vielleicht ist gerade deshalb de Villenas Prolog hier besonders umfangreich, besonders programmatisch, besonders ‘theoretisch’. Gleich zu Beginn seiner Einleitung beschreibt der Anthologe die Szene der neuen spanischen Lyrik als Schlachtfeld. Deutlicher als sonst weist er auf die Flut von Anthologien in der Gegenwart, seit der Generación del 80, hin (p. 12) und verortet sein neues Produkt gegenüber den anthologischen Projekten z.B. von García Martín. Die hier versammelten Lyriker eint, dass sie alle eine neu verortete poesía de la experiencia schreiben, die sich deutlich von früheren Formen dieser Ästhetik unterscheidet, also von den Formen, die Gil de Biedma Robert Langbaums The Poetry of Experience (1957) entnommen und rekontextualisiert hatte. De Villena sieht, dass seine so intensiv reflektierte und geförderte Lieblingstendenz, die poesía de la experiencia, Gefahr läuft, in einen „cansancio epigonal“ (p. 26) zu verfallen, gegen den er seine ausgewählten Paradigmen setzt. Viel stärker als in seinen anderen Anthologien geht de Villena hier in diesem Vorwort auf Dichter ein, die er in diesen Band (wohl wegen der Altersgrenze oder wegen ihrer Etabliertheit) gerade nicht aufgenommen hat. Um seine in Fin de siglo aufgestellte Hypothese von den beiden am Horizont aufscheinenden neuen Richtungen, von nueva poesía social und realismo sucio, zu untermauern (später wird dazu eine Lyrik der psychischen Tiefe kommen, s. S. 32), stellt er eingehend die 1997 schon recht bekannten Hauptvertreter beider Richtungen vor: Jorge Riechmann und Roger Wolfe. Als erster würdigt de Villena Riechmanns „realismo de crítica y hondura“ (p. 32) und seinen Ansatz zu einer praktischen Poetik der Ökologie, welche gleichzeitig (im Sinne der poesía de la experiencia) der Tücken des Alltags gewahr ist. Wolfe und seinen „realismo de la perturbación“ (p. 34) setzt de Villena in den Kontext des amerikanischen dirty realism, in den er durchaus gehört. 24 Aber beide Lyriker tauchen, wie gesagt, in der Anthologie nicht auf, (obwohl z.B. ein in den Band aufgenommenes Gedicht von Alberto Tesán den Titel eines Textes von Roger Wolfe trägt: „Nada nuevo“); ihr Format weist keiner der in die Anthologie Aufgenommenen auf. 118 d. La lógica de Orfeo: Rilke am Manzanares Nicht von ungefähr gemahnt der Titel der bislang letzten und zugleich größten Anthologie de Villenas - sie stellt Gedichte von nicht weniger als 18 verschiedenen Lyrikern vor - an Rilkes Kult des Orphischen. In seiner Einleitung nämlich konfrontiert der Anthologe eine ‘logische Stimme’, die er in all den gerade in Spanien durch die gesamte Literaturgeschichte florierenden Spielarten des Realistischen inkarniert sieht, mit einer ‘orphischen Stimme’, die Rilkes Übersetzer Carlos Barral direkt in die spanische Dichtung hineingetragen habe. Inhaltlich bestimmt er die voz órfica als jene Stimme „que ha preferido basicamente el camino de lo oscuro o de lo supuestamente inefable, que la propia poesía [...] hacía por volver sugerible o decible“ (p. 9). Kennzeichen jener neuen Poesie, die er in dieser Anthologie vorstellt, sei eine ars combinatoria, eine Verkettung der voz órfica und der voz lógica, die in der Lyrik seit dem Bürgerkrieg, am deutlichsten aber von der Generación del 80, also den Postnovísimos, streng getrennt worden seien. De Villena stellt, anstatt der üblichen poetologischen Einlassung der Anthologisierten eingangs ihrer Beiträge, hier nur die seine originelle Konzeption betreffende Frage nach der „unión de una poesía de base realista o lógica con otra de signo irracionalista o metafísico“ (p. 41) voran, und die 18 derart befragten Lyriker antworten mit sehr unterschiedlicher Plausibilität oder Relevanz. Álvaro García, der bereits sowohl in Fin de siglo als auch in 10 menos 30 erschien (also, wie Luis García Montero, dreimal von de Villena anthologisiert ist), sieht im Spannungsverhältnis von Logik und Orphik die so typisch moderne Debatte um conocimiento y comunicación reflektiert, und Abraham Gracera erkennt in ihm die „límites y trampas del lenguaje“ und definiert sogleich seine Vorstellung vom Gedicht als „intento de organización verbal“ (S. 220), eine Definition, die wenig spanisch wirkt und sich eher der konsequenten Nachfolge der nordamerikanischen Lyriker um William Carlos Williams („a poem is a small [or large] machine made of words“) unterstellt. Die Kombinationsformen des Orphischen und des Logischen ergeben Strömungen, die entsprechend als realismo meditativo und irracionalismo cognoscitivo beschrieben sind und die vor allem eine Veränderung des Konzepts der poesía de la experiencia in Richtung auf eine neue ‘realistische’ oder ‘meditative’ Dichtung bewirken. 4. Anthologie und literaturgeschichtlicher Kontext Das skizzierte intensive Anthologisieren de Villenas ist in seiner Gesamtheit bislang nicht gewürdigt worden, obwohl de Villena als Lyriker, Romancier, Literaturkritiker und -wissenschaftler gerade international große Anerkennung zuteil wurde. 25 Es geht mir hier darum, seine Tätigkeit als Anthologe nicht als ein dilettantisches oder mehr oder weniger willkürliches Auswählen zu registrieren, sondern einige komplexere Zusammenhänge aufzuzeigen. Wenn Jenaro Talens anhand der Novísimos die Prozesse der Kanonbildung nicht primär als Aneignung des Vergange- 119 nen, sondern gerade als Rechtfertigung des Gegenwärtigen gewertet hatte (s.o.), dann zeigt sich mit den von Luis Antonio de Villena edierten Postnovísimos in dieser Hinsicht ein signifikanter Bruch: War Castellets Nueve novísimos die letzte ‘große’ Anthologie, die unter frankistischer Zensur litt, so ist Postnovísimos die erste ‘große’ frei und ohne Zensur gewählte Synopse, welche jene Jahre des Umbruchs dokumentiert, ohne dabei ihren Ort innerhalb des postfrankistischen remapping der Literaturszene mit politischen Argumenten deutlich zu machen. Und doch ist nicht zu übersehen, dass bei aller Verpflichtung zur Tradition, die de Villenas Anthologien durchzieht, er inmitten der Generación del 70 einen Bruch ansetzt, deren jüngere Vertreter (ab 1976) er als Wegbereiter der 1980er, der Postnovísimos, schätzt. Der Zusammenfall dieses Bruchs mit dem Ende der Diktatur durch den Tod des Diktators im November 1975 ist eben kein Zufall, denn schließlich hat sich de Villena in so vielen seiner Romane und Essays als Chronist der sog. transición, der Übergangsjahre zur Demokratie erwiesen (- ich nenne exemplarisch nur die Chronik Madrid ha muerto), dass es verkürzend wäre, nicht auch Postnovísimos als erste Manifestation postfrankistischen Anthologisierens zu sehen (und die Flut der Anthologien am Ende des 20. Jahrhunderts als Ausdruck der Möglichkeit und des Bedürfnisses, unabhängig von expliziter Thematisierung von memoria- Kulturen poetische Erfahrung in Freiheit zu artikulieren und Erfahrung poetisch zu artikulieren). In diesem Sinne bedeutet das starke Setzen auf neue lyrische Ausdrucksformen im Postfrankismus mehr als das Auftauchen eines neuen Erwartungshorizonts, das Jaime Siles in den Vordergrund stellt, 26 nämlich die Reflexion auf die Möglichkeiten von Dichtung unter Bedingungen der Erfahrung von Freiheit. Als Anthologe legt de Villena zwar nicht ein aus einem Block gegossenes, aber doch ein reflektiertes und kohärent konstruiertes Gesamtkonzept vor, das durch die Wiederaufnahme einzelner besonders wirkungsstarker Lyriker (wie Luis García Montero) Kontinuität erhält, vor allem aber der extrem schwierigen Aufgabe entgegenkommt, die je neuen Entwicklungen zu registrieren und, wenigstens im Ansatz, theoretisch zu fassen und historisch zu verorten. Wenn die poesía de la experiencia als Leitkonzept eigentlich bis La lógica de Orfeo beibehalten wird, dann scheint hinter der Formel jener Erfahrungshorizont auf, der Lyrikern wie Lesern bis zur Milleniumswende als erster präsent ist, wenn es um Erfahrung geht: die gelebte Erfahrung einer Diktatur, auf welche die poesía social und die klassische Form der Generación del 50 ganz anders antworten mussten als die Postnovísimos oder die zehn jungen Lyriker in 10 menos 30. De Villena zeigt damit zugleich die Dynamik der Kanonbildung innerhalb der selbst in Spanien nicht riesigen Schar der aficionados. Anthologien seien, so führt Marta Palenque aus, „productos destinados a la polémica“. 27 Luis Antonio de Villena hat sich gelegentlich polemisch gegenüber anderen Anthologien geäußert; dies möchte ich hier nicht weiter verfolgen, ich möchte vielmehr auf eine literaturwissenschaftliche Polemik gegen den Anthologen de Villena eingehen, nämlich auf den kurz erwähnten Artikel von Juan Miguel López Merino. Ein Teil seiner langen Einlassung beschreibt anhand einiger Antholo- 120 gien de Villenas die Problematik dieser Vermittlungsform. Einerseits kommt der Autor nicht umhin, die Wirkmacht der Villena’schen Anthologien (neben anderen) anzuerkennen, andererseits wählt er aber gerade das Beispiel de Villena, um die generellen Probleme des Anthologisierens, etwa die Subjektivität / Willkür der Auswahl, zu reflektieren. Zwar lobt López Merino den Sachverstand unseres Anthologen, und doch mündet seine Reflexion in den Vorwurf eines vermuteten amiguismo, der zwar nicht nur de Villena betreffe, aber der an seinem Beispiel behandelt wird („El problema del amiguismo, por supuesto, no sólo afecta a Villena“). Anhand einzelner Zitate aus den lyrikgeschichtlichen und -theoretischen Einleitungen will López Merino Widersprüche in den Urteilen de Villenas aufdecken („Las contradicciones son claras, la incoherencia patente, y el seguimiento de ambas esclarecedor y tedioso“), ein Verfahren, dass eigentlich nach einer diskurstheoretischen Erwiderung ruft, welche ihrerseits den nicht nur unpräzisen, sondern manipulativen Umgang mit ‘Argumenten’ aufzeigt. Letztlich münden diese Überlegungen in die Fiktion einer alternativen, aber völlig unproduktiven Dichtungsgeschichte, wenn sie die Frage aufwerfen, was gewesen wäre, wenn sich nicht durch das Wirken de Villenas die poesia de experiencia als Hauptrichtung durchgesetzt hätte. 28 1 Jenaro Talens / Michael Nerlich (1985), La mirada extranjera (1984-1985), Madrid: Hiperión. Michael Nerlichs scheinbar nachlässige, doch sorgfältigst komponierte Schwarzweiß-Fotografien zeichnen sich durch eine hohe Subtilität der Grautöne aus, mehr noch durch eine auffällige Technik der quadratischen Rahmungen von Stadtansichten und Bewohnern, oft mit einer Ästhetik des gesenkten Blicks. 2 Zum Werk de Villenas hatte ich möglicherweise deshalb einen so schweren Zugang, weil das erste, das ich von ihm las, die kaum adäquate dt. Übersetzung seines Romans Amor Pasión war. Warum im persönlichen Feld gegenseitig Reserven bestanden, vermag ich nicht zu sagen. Tatsache ist, dass während des Besuchs in Berlin, als in privater Runde alle DichterInnen ihre Exemplare signierten und widmeten, Luis Antonio de Villena mir in mein Exemplar der Chronik Madrid ha muerto hineinschrieb „a Dieter Ingenschay, con amistad creciente“ - ein angesichts der spanischen Widmungsenkomiastik vernichtender Satz, wie ihm durchaus bewusst war. Dies bestätigte er mir später bei einer gemeinsamen Einladung bei Luis García Montero und Almudena Grandes, als die Freundschaft schon erheblich gewachsen war, die sich u.a. durch die gemeinsame Teilnahme an der Großdemonstration nach dem 11. März 2004 und mehr noch durch den regelmäßigen Austausch über Literatur verfestigt hat. 3 Die Anthologie erschien 1970 (Barcelona: Ed. Barral) und erfuhr 2001 eine Neuauflage (Barcelona: Ed. Península), der ein „Apéndice Documental“ beigegeben ist, in dem auch der Bericht der Zensurbehörde abgedruckt ist, der die Streichung von Passagen auf über 20 Seiten verlangte. 4 „Nota editorial“, im Apéndice Documental der Reedition, p. 1. 5 Juan José Lanz, „La joven poesía española. Notas para una periodización“, in Hispanic Review 66 1998, p. 261-287, hier: p. 281. 6 Zit. bei Marta Beatriz Ferrari, Poesía española del ‘90. Una antología de antologías. Mar del Plata: Editorial EUDEM 2008, p. 41. 121 7 Alfonso Reyes, „Teoría de la antología“, in: La experiencia literaria. Buenos Aires: Ed. Losada, 1952 [1930]. 8 Nach Wiederauflagen Ende der 1950er Jahre publizierte José Teruel 2007 bei Cátedra eine Neuausgabe beider Bände in einem. Zur mehr als lebhaften Rezeption besonders des ersten, die sog. Generación del 27 als ‘Generation’ konstruierenden Teils s. Gabriele Morelli, Historia y recepción de la Antología poética de Gerardo Diego, Valencia: Pre- Textos 1997. 9 Zum Kontext des Entstehens einer durch den centenario Góngora ausgelösten dichterischen prise de conscience s. noch immer Gumbrecht, Hans Ulrich, „Warum gerade Góngora? Poetologie und historisches Bewußtsein in Spanien zwischen Jahrhundertwende und Bürgerkrieg“, in: Rainer Warning/ Wilfried Wehle (Hgg.), Lyrik und Malerei der Avantgarde, München: Fink 1982, S. 145-192. Die spanische Manie, das Generationsschema allenthalben zu verabsolutieren, quittiert Gumbrecht in seiner schon klassischen Literaturgeschichte mit einigen ironischen Bemerkungen und hat ihn wohl veranlasst, den Eintrag „Generation“ für das Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (Berlin 1997) zu schreiben. 10 Marta Palenque, „Cumbres y abismos: las antologías y el canon“ in Ínsula no. 721/ 722, enero/ febrero 2007. 11 Juan José Lanz, s. oben Anm. 5, p. 281. 12 Beispielsweise durch solche Anthologien, die etwa die Generation von 1970 behandeln (wie Pedro Provencio), oder die Nachbürgerkriegszeit bis 1980 (wie Fanny Rubio und José Luis Falcó), oder die zeitgenössische poesía social (wie Fanny Rubio und Jorge Urrutia), oder den Zeitraum von 1940 - 1980 (wie José Paulino Ayuso); dies alles zu berücksichtigen, würde zu weit führen. 13 Heftig widersprechen würde Juan Miguel López Merino dieser Argumentation, zeigt er doch die inneren Verquickungen und Querbezüge auf, die für ihn das Geschäft der Anthologen zusätzlich problematisieren. Cf. López Merino, „Hacer historia. Crítica literaria y poesía posfranquistas“, www.tonosdigital.es/ ojs/ index.php/ tonos/ article/ view/ 202, Zugriff vom 10. 1. 2009; Artikel ohne Paginierung. 14 Ferrari, Marta Beatriz, Poesía española del ‘90. Una antología de antologías. Mar del Plata: Editorial EUDEM, 2008. 15 Ínsula, no. 671/ 672, „Los compromisos de la Poesía“, nov./ dic. 2002. 16 „[...] la construcción de todo canon historiográfico dirige, selecciona y construye a su vez su propio objetivo y la perspectiva desde donde leerlo. En una palabra, no hay crítica sobre los ‘novísimos’ porque existan previamente los ‘novísimos’ sino que hay ‘novísimos’ como objeto de estudio porque existe una crítica que habla de ellos“, Jenaro Talens, „La coartada metapoética“, in Ínsula, no. 512/ 513, 1989, p. 55. 17 „En una palabra, no se instituye para recuperar un pasado sino para ayudar a constituir y justificar un presente“. Jenaro Talens, „De la publicidad como fuente historiográfica: la generación poética española de 1970“, in Revista de Occidente 101, 1989, p. 107-127, hier: p. 107 18 De Villena ist, lt. López Merino, „probablemente el más conocido e influyente de los oficinates, resultando ser, por tanto, el que ha dejado las secuelas más visibles“. 19 Hinzufügen kann man eine repräsentative Auswahl von spanischsprachigen Sonetten durch die Jahrhunderte (El libro de los sonetos en lengua española, 2005) sowie zahlreiche Editionen von nichtspanischer Lyrik; auf dies alles werde ich hier nicht eingehen. 20 Fast alle dieser Anthologien erschienen in der Colección Visor de Poesía; lediglich 10 menos 30 wurde vom Verlag Pre-Textos in Valencia publiziert. Unberücksichtigt bleibt 122 seine Anthologie La poesía plural (Visor 1998), da diese eine Zusammenstellung von Gewinnern des Premio Loewe darstellt und damit zwar ‘plural’ ist, aber nicht auf einer freien Auswahl beruht. 21 Araceli Iravedra, „De ‘The Poetry of Experience’ a la’ Poesía de la Experiencia’: Algunas Reflexiones para la Revisión Historiográfica de un Concepto Crítico“, in Iberoromania 64, 2007, p. 132-146, hier: 133. 22 S. dazu Iravedra p. 133. 23 Das Spektrum geht von Jorge Riechmann, mit (dem jüngst verstorbenen) Leopoldo Alas der jüngste unter den vertretenen Dichtern, der eine sich politisch verstehende, neomarxistisch inspirierte, inzwischen auch ökopoetologisch orientierte Schreibart pflegt, bis zu Angel Muñoz Petisme, der danach vor allem als Texter von Rockballaden Bekanntheit erreicht hat. 24 Zu dieser Zugehörigkeit s. Dieter Ingenschay, „El realismo sucio o la poesía de los márgenes“, in Ínsula no. 671/ 72, Sondernummer „Los compromisos de la poesía“, nov.dic. 2002, p. 46-48. 25 Erwähnt seinen nur pauschal die Arbeiten von Horst Weich in Deutschland, Marie-Claire Zimmermann in Frankreich, Chris Perriam in Großbritannien und Juan M. Godoy in den USA. 26 Jaime Siles: „lo que en los primeros años 80 se produce es un nuevo Erwartungshorizont, un nuevo horizonte de expectativa que desplaza a la estética novísima y la va sustituyendo poco a poco por otra corriente que, subterránea antes, aflora ahora y que termina instaurándose como nueva noción“, Jaime Siles, „Ultísima poesía española escrita en castellano: rasgos distintivos de un discurso en proceso y ensayo de una posible sistematización“, in Iberoromania 34, 1991, p. 8-31, hier: 12. 27 Marta Palenque, s. o. Anm. 10. 28 Am Rande und als Abschluss sei vermerkt, dass derselbe Juan Miguel López Merino einem Artikel aus meiner Feder, s.o. Anm. 24, eine ähnliche Polemik angedeihen lässt: („Sobre la presencia de Roger Wolfe en la poesía española (1990-2000) y revisión del marbete ‘realismo sucio’“, in Especulo 31, verfügbar unter www.ucm.es/ info/ especulo/ numero31/ rogwolfe.htlm, Zugriff vom 10.01.2009) nachdem er zunächst über weite Strecken den Argumentationsfiguren meines Artikels zu dem spanischen Lyriker Roger Wolfe als Vertreter des realismo sucio folgt, verwirft er dann diesen Begriff grundsätzlich, um allein den historisch wie systematisch erheblich unpräziseren Terminus neorrealismo zuzulassen. Ferner, so López Merino, irre Ingenschay, wenn er Wolfes Texte für schmutzig halte. Doch glaubt Ingenschay indes nicht zu irren; nach jeder Lektüre der Wolfeschen Gedichte über Scheiße fressende Fliegen weniger. 123 Jacques Leenhardt Kleine Mythologie des Wasserlaufs Pour Michael Nehrlich Die Rheinlandschaft. Wir wissen, daß das, was wir „Landschaft“ nennen, nicht eine von geologischen und klimatischen Zufällen bestimmte Gegebenheit ist, sondern ein von Menschen erarbeitetes Konstrukt. Um es mit René-Louis de Girardin zu sagen: „Ein poetischer Ort, eine Situation, gewählt oder geschaffen nach Geschmack und Gefühl“. Groß ist die Zahl derer, die an dieser Schöpfung mitwirkten, Bauern, Militärs, Dichter. Mit ihrem Blick schufen sie sie mental, mit praktischen Eingriffen schufen sie sie in situ. Aus diesem komplexen, imaginären und praktischen Umsetzungsprozeß trat diese Landschaft hervor, sie ist heute immer noch weiter im Entstehen, als Resultat der Taten derer, die in ihr leben und sich intensiv mit ihr beschäftigen, dieser Rheinlandschaft. Als soziales Produkt betrachtet, präsentiert sich die Landschaft also als Ergebnis eines langen historischen Prozesses, in dessen Verlauf sich Vorstellungen, Motivationen und Taten aneinanderfügen, die sein Schema nach und nach hervortreten ließen. Zu unserer ungezwungenen Begegnung schlage ich Ihnen heute keine direkte Lesart der Landschaft vor, sondern eine Lesart der mythologischen Elemente, die im unablässigen Konstruktionsprozeß mitspielten, dessen Ergebnis dann Landschaft ist. Unsere kulturelle Fähigkeit, Schemata zu konstruieren, ist ja zum großen Teil vom jeweiligen eigenen, gesammelten Kulturerbe abhängig. Aus ihm speisen sich unsere Denk- und Vorstellungsstrukturen, die wir aufbieten, sobald sich uns ein neues Objekt darbietet. Zweifellos hat der Rhein nichts von einem neuen Objekt. Er hat ganz im Gegenteil eine alte Geschichte in unserer Imagination. Deshalb möchte ich einigen dichterischen Spuren dieser Imagination erneut nachgehen, ihrer Logik folgen, die - fortgeführt oder modifiziert - unsere Fähigkeit ausmacht, den Rhein heute als neue Landschaft in einem neuen Europa neu zu empfinden. Damit eine neue Landschaft erzeugt wird, ist es wirklich notwendig, daß sich die Motivationen ändern, selbst wenn die physische Wirklichkeit unverändert bleibt. Für die Landschaft, so bemerkte Augustin Berque, dreht sich die Erde nicht um die Sonne, sondern dreht sich die Sonne wider jede Gesetzmäßigkeit der Astronomie um den Horizont und streift über Hügel und Meere. Ich möchte also meine Überlegungen unter den Auspizien von zwei Dichtern anstellen, zwei Dichter, deren Bekanntheitsgrad zweifellos unterschiedlich ist, die sich aber in ihrer Sensibilität für die Mythologie des Wasserlaufs ähneln; zwei 124 Dichter, die dazu beitragen, diesen unfaßlichen Fluxus, der die Flüsse sind, in unserer Imagination zu Anknüpfungspunkten an die Landschaft werden zu lassen. In der Geschichte der Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland läßt sich kaum entscheiden, ob der Rheinstrom eine Linie darstellt, die Provinzen verbindet, oder eine Grenze, die Reiche oder Nationen voneinander scheidet. In der langen Dauer, die Lucien Fèvre so lieb war, ist der Rhein sowohl das eine als auch das andere, und somit Grund für den Historiker, das, was in seinen Augen letztendlich bloß ein geographischer Zufall war, nicht zum politischen Symbol zu erheben. Aber mehr als von einer solchen vorsichtigen Zurückhaltung des Historikers wurde die Rheinlandschaft in unserer Imagination immer auch von der politischen Wirklichkeit wie von den Studien der Geographen geprägt. Die Angelegenheit ist zweifellos komplex, so komplex wie die symbolischen und kriegerischen Bedeutungen, die sich in der Spur dieser natürlichen Grenze vereinigen, eine Spur, die diese natürliche Grenze seit jeher in die Landkarten und Hafenkarten einschrieb. War die Wacht am Rhein, von 1870 bis 1918, eine Art Nationalhymne für das siegreiche Deutschland, neuer und einziger Eigentümer des mythologischen Rheins, so war die Ligne bleue des Vosges, die weit vom Fluß zurückgezogene Grenze der französischen Abwehr am Rhein nach der Niederlage von 1870 - und Vorläufer der Maginotlinie - ihr französisches Äquivalent. Man wird auch im weiteren die Kraft des Landschaftsvokabulars in der populären Form des politischen Themas von der Grenze am Rhein bemerken. Diese wohlbekannten Themen aus der deutsch-französischen Debatte haben bereits vollbracht, und das schon seit langem, was sie bieten konnten. Deshalb möchte ich ihnen einige Gedichte gegenüberstellen, in denen die Rheinlandschaft anders gezeichnet wird, und das aus einer Perspektive, die in meinen Augen dem, was wir von den vor uns liegenden Jahren erhoffen können, mehr entspricht. Ich werde Ihnen also zuerst ein Gedicht eines sehr verkannten Autors vorlesen: Jean Villard. Sein Pseudonym war „Gilles“, und er war eher ein Liedersänger als ein Dichter. Er war, und das rechnete er sich selbst zum Ruhme, im Kanton Waadt in der Schweiz geboren. Dieses biographische Detail hat seine Bedeutung, da dieser Schweizer Kanton im Laufe seiner Geschichte eine starke kulturelle Identität im Ensemble der verschiedenen Teile, die die Schweiz bilden, entwickelt hat. La Venoge On a un bien joli canton: des veaux, des vaches, des moutons, du chamois, du brochet, du cygne; des lacs, des vergers, des forêts, même un glacier, aux Diablerets; du tabac, du blé, de la vigne, mais jaloux, un bon Genevois, m’a dit, d’un petit air narquois: 125 - Permettez qu’on vous interroge: Où sont vos fleuves, franchement? Il oubliait tout simplement la Venoge! Un fleuve? En tous cas, c’est de l’eau qui coule à un joli niveau. Bien sûr, c’est pas le fleuve Jaune mais c’est à nous, c’est tout vaudois, tandis que ces bons Genevois n’ont qu’un tout petit bout du Rhône. C’est comme: „Il est à nous le Rhin! “ ce chant d’un peuple souverain, c’est tout faux! car le Rhin déloge, il file en France, aux Pays-Bas, tandis qu’elle, elle reste là, la Venoge! Faut un rude effort entre nous pour la suivre de bout en bout; tout de suite on se décourage, car, au lieu de prendre au plus court, elle fait de puissants détours, loin des pintes, loin des villages. Elle se plaît à traînasser, à se gonfler, à l’élancer - capricieuse comme une horloge - elle offre même à ses badauds des visions de Colorado! la Venoge! En plus modeste évidemment. Elle offre aussi des coins charmants, des replats, pour le pique nique. Et puis, la voilà tout à coup qui se met à faire des remous comme une folle entre deux criques, rapport aux truites qu’un pêcheur guette, attentif, dans la chaleur, d ’ un œil noir comme un œil de doge. Elle court avec des frissons. Ça la chatouille, ces poissons, la Venoge! Elle est née au pied du Jura, mais, en passant par La Sarraz elle a su, battant la campagne, qu’un rien de plus, cré nom de sort! elle était sur le versant nord! grand départ pour les Allemagnes! Elle a compris! Elle a eu peur! Quand elle a vu l’Orbe, sa sœur - elle était aux premières loges - filer tout droit sur Yverdon vers Olten, elle a dit: „Pardon! “ la Venoge! „Le Nord, c’est un peu froid pour moi. J’aime mieux mon soleil vaudois et puis, entre nous: je fréquente! “ La voilà, qui prend son élan en se tortillant joliment, il n’y a qu’à suivre la pente, mais la route est longue, elle a chaud. Quand elle arrive, elle est en eau - face aux pays des Allobroges - pour se fondre amoureusement entre les bras du bleu Léman, la Venoge! Pour conclure, il est évident Qu’elle est vaudoise cent pour cent! Tranquille et pas bien décidée. Elle tient le juste milieu, elle dit: „Qui ne peut ne peut! “ mais elle fait à son idée. 126 Et certains, mettant dans leur vin de l’eau, elle regrette bien - c’est, ma foi, tout à son éloge - que ce bon vieux canton de Vaud n’ait pas mis du vin dans son eau… la Venôge! (Port-Manech, Juni 1954) Das Nahe und das Ferne Das Thema des Stroms, sei es in Bezug auf die Rhône oder den Rhein, wird hier direkt mit allen Konnotationen der Internationalität charakterisiert. Genf, Stadt und Kanton mit dem Prestige-Nimbus internationaler Institutionen, die sie seit der Gründung des Völkerbundes beherbergt, kann nicht anders als aus den Höhen seiner Verachtung auf seinen Nachbarn, den Kanton Waadt, herabsehen. Dessen Rückzug auf sich selbst wiederum wird durch die Abwesenheit eines Stroms symbolisiert, Transportmittel transnationaler Beziehungen schlechthin. Worauf der waadtländische Bauer mit der Verherrlichung der Venoge reagieren wird, wahrlich ein kleiner Fluß, doch ganz in das waadtländische Erdreich eingeschrieben, auch sie symbolischer Träger einer Identität, in jeder Hinsicht Opposition zum Genfer Internationalismus. Die Venoge ist autochthon vollständig in das Gebiet eingeschrieben, entspricht in ihrem Verhalten der Eigenheit der waadtländischen Kultur. Sie verhält sich „psychologisch“, wenn man so will, mit den Eigenschaften eines Waadtländer so wie ihn der Dichter beschreibt: still, unentschieden usw. In der Inszenierung dieser Opposition sieht man ein Gefühl des Lokalpatriotismus im Entstehen. Dieses Gefühl geht von der Vorstellung aus, daß mit der großen Zirkulation von Ideen, Waren und Menschen notwendigerweise ein Identitätsverlust einhergehen werde. Der Strom symbolisiert als Kommunikations- und Handelsweg diesen Identitätsverlust, von dem der Dichter ausgeht. Wenn der kleine Fluß derart gegen den großen Strom ausgespielt wird, ist damit nicht nur die Kategorie small is beautyfull angesprochen, sondern das verstärkt auch die Angst davor, sich einer größeren und unbekannten Welt zu öffnen. Jedoch zeichnet sich hinter dem lokalistischen Motiv in einem allgemeineren Sinne eine wahre Revolte gegen die Idee der Aneignung eines Flusses wie des Rheins, dessen Essenz die Internationalität ist, durch eine Volk oder eine Kultur ab. Der Rhein ist zuallererst europäisch, und er wüßte selbst nicht, wo er schweizerisch, deutsch, französisch oder holländisch ist, so daß Gilles hervorhebt: „Der Rhein bricht auf, er verduftet in Frankreich, in den Niederlanden...“. Folgt man der Poetik des Lokalpatriotismus bei diesem waadtländischen Dichter, entdeckt man, daß sie Implikationen zur mentalen Vorstellung des Raums 127 umfaßt. Der Rhein ist beweglich, er verläßt jede Erde, in der er nur für einen kurzen Augenblick gebadet hat, er ist der Erde, die er befruchtete, untreu. Hier entwickelt sich ein den verschiedenen Mythologien von Strom und Fluß gemeinsames Motiv: die Liebe. Die Venoge ist verliebt, sie wird sich fügen oder sogar zerschmelzen „in den Armen des blauen Léman“. Ihre autochthone Art, ihre Treue lassen sich unmittelbar in Begriffe von verliebter Zuneigung umsetzen, und das in einem umschriebenen Raum und in einer erweiterten Zeit, die symbolisch in den Windungen und Umwegen des Wasserlaufs gespiegelt ist. Ganz anders der Rhein, und ebenso die Rhône: er ist stürmisch und brutal. Er schreibt seinen Verlauf in die Linearität einer der Zukunft widerstrebenden Zeitlichkeit ein. Wenn er nicht mehr ist, wo er zu sein schien, regiert der Ruf der Ferne über ihn. Zeit und Raum des Stroms sind verstohlen, vergänglich, immer schon aufgehoben. Somit ist die Vision einer Liebe, die sich diesem Strom zuneigt, gekennzeichnet von Eroberungswünschen, Fernweh, der Herrschaft des Vergessens. Diese kurze Lektüre von La Venoge erlaubte uns, einige paradigmatische Gegensatzpaare aufzustellen, die uns helfen werden: Fluß versus Strom, Mäander versus gerade Linie, das Autochthone versus Internationalismus, fest entschlossene Wahl des Objekts der Liebe versus Don Juans Vergessen. Loreley Letztgenanntes Motiv erinnert uns naheliegenderweise an die Sage der Loreley, die, gezeichnet von der verzweifelten Suche eines fernen Geliebten, jeden Mann, der seinen Blick erhebt um sie zu schauen, zum sicheren Tode verdammt. Diese ausschließliche Liebe, um so absoluter als ihr Objekt unfindbar ist, ist die mythische Figur unerfüllter oder gar unmöglicher Liebe. Mon amant est parti pour un pays lointain Faites-moi donc mourir puisque je n’aime rien (Apollinaire) (Mein Liebling ist fort in ein fernes Land So macht mich sterben, liebe ich doch nichts mehr) Loreley wird im Rhein untergehen und dort ihr letztes Exil finden. Er ist Äquivalent zu ihrem Zufluchtsort, dem Kloster, denn der Rhein stellt als Strom, der entlang völlig anderer Welten führt (wie das Schloß ihres Geliebten, das eindeutig als unerreichbares Land erscheint), als letzter Aufenthaltsort das Ultimum für ihr absolutes Verlangen dar. Ich will noch einmal sehen Nach meines Liebes Schloss ich will noch einmal sehen Wohl in den tiefen Rhein (Clemens Brentano Lore Lay) 128 Der tragische Tod der Loreley unterstreicht das Vorhandensein einer doppelten, mythischen Kategorie, in der sich Wasser und Tod vermischen: das unbewegliche Wasser von Narziß’ Spiegel, der sich selbst als Objekt seiner Liebe auserkor (zu nahes Objekt und zu sehr eigene Kontingenz) und daran sterben wird, erscheint wie eine Umkehrung des tobenden Wassers des Rheins, das die Loreley im Tode empfangen wird, ob ihrer Liebe für ein zu absolutes und zu fernes Objekt. Wie der Geliebte der Loreley ist der Flußschiffer, der im Rhythmus des Stroms lebt, ganz und gar gebunden an die Flut des Wassers, das ihn trägt. Aktiver Teil der Logik des Stromes, ist es ihm verboten, sich nach dem, was ihn fasziniert, umzudrehen, denn diese Geste, die seine Gebundenheit offenbaren würde, eine Verankerung, wäre die Abwendung von seiner eigenen Natur, einer Natur, die ihn immer an einen anderen Ort ruft. Die Gebundenheit an Grund und Boden, die die Loreley auf ihrem Felsen verkörpert, tritt daher im Gedicht, im Gegensatz zum Schicksal des Flußschiffers, das noch ganz und gar offen vor ihm liegt, in ein Spannungsverhältnis mit einem Absoluten, das dem Rhythmus seines Verlaufs entflieht. Dem Schiffer ist es alles in allem nicht erlaubt, an Liebe zu denken, außer wenn sie in purer Anspannung auf eine unerreichbare Perfektion gerichtet wäre. Der Rheinschiffer kann in Todesnot die Linearität der Strömung, die ihn zu seinem Gral trägt, brechen. Der Rhein ist ein zölibatärer Strom, dessen Priesterin sich Loreley nennt. Der Seemann kann nur das Meer lieben, das immer wie ein verlorenes Schicksal vor ihm liegt. Ich habe oben Brentano und Apollinaire zitiert. Letzterer hat jedoch keine bloß tragische Vision vom Strom. Ein zweites Gedicht wird uns davon überzeugen: Les bacs. Die Fähren Die Rhein-Fähren fahren hin und her Entlang der schönen Jahreszeit Und die Fährmänner, die sie von ihren Tauen lösen, Schlafen darauf im Gehäuse. Die Rhein-Fähren fahren dorthin und kehren heim, Befördern das Leben und den Tod, Verlorene FIöße man sieht nicht Im Wasser die Ketten, die sie halten. Der Fährmann hat in dem Gehäuse Ein kleines Bett, das nichts ist als ein Schrein, Ein heiliger Christopherus, dem man opfert Blumen in der schönen Jahreszeit. Ein Rosenkranz und Flaschen, Gefüllt bis an ihren langen Schlund Mit wahrem Wein, hell wie der Strom 129 Gülden wie ihre Ohrgehänge Und wenn die Glocke ertönt ist In der Nacht auf dem gegenseitigen Ufer Unter den Sternen unter dem Regensturm Flucht der alte Fährmann als Verdammter Beschuht mit Stoffsandalen Mit dumpfen Schritten geht er die Taue lösen Laßt die Glocke ertönen und Ruft den guten heiligen Christopherus an Am anderen Ufer Nur herein Jesus Steigt ein schöner Bursche, Kommt Ihr Schöne Die Fähre ist besser als ein Kahn Um zu beten, um zu lieben darauf Bisweilen hat man bessere Fracht, Kutschen, Karren, je nach dem, Schöne Dampfschiffe fahren flußabwärts Doch die Fähre fährt immer quer Fährmann fahre bis zum Tod Die Fähren ziehen immer her und hin Und die Taue die sie festhalten Im klaren Wasser sind nicht zu sehen. Unter Ächzen lösen die Fährleute die Taue Hinübergesetzt werden muß, hinübergesetzt werden muß Hinübersetzen und dann von vorne beginnen Die Rhein-Fähren ziehen hin und her. (Übersetzung André Stoll) Hier finden sich alle Elemente in der Umkehrung wieder: Dem direkten Gerichtet-Sein des Stroms widersetzt sich eine Querbewegung, eine Transversalität. Wenn der Loreleysschiffer zu seinem dunklen Schicksal aufgebrochen ist, wenn Gilles’ Rhein aufbricht und entwischt, die Fähren auf dem Rhein kommen und gehen, dann wird das Territorium gezähmt, wie es auch die Mäander der Venoge tun, über Windungen und Umwege, ohne dem Ruf stromabwärts folgen zu können… Wenn die Venoge die Liebe des Lebens ist, Liebe und Leben in einer extatischen und paradiesischen Vision, bezeugen die Rheinfähren, die fahren und wiederkehren, in der der Transversalität eigenen Komplexität vielmehr Leben und Sterben. An zwei Ufer gefesselt, wenn auch frei in ihrem Widerschein in der spiegelnden Oberfläche des Stroms, sind sie in Wahrheit für das große Stromabenteuer verloren, verloren für den Strom, der alle mit sich nimmt, die zu ihm gehören. 130 An dieser Stelle wird eine neue Richtung transparent: die der Tiefe. In der Gegenüberstellung von Oberfläche und Grund, von sichtbarer Erscheinung und verborgenem Geheimnis läßt Apollinaire unsere Mythologie in das Reich der Metaphysik eintreten. Diese Sorglosigkeit der Oberfläche, was enthüllt sie von den Dramen, die sich auf dem Grund abspielen, dort, wo sich die Fesseln begegnen? Unter welchen Bedingungen navigieren sie also, die Fähren, von ihrem Schicksal unberührt, unbeweglich zwischen Leben und Tod aufgehängt? Immer da, fahrend und wiederkehrend, sind sie ein Kompromiß zwischen Bewegung und Unbeweglichkeit. So hat, der Fährmann sein Domizil gewählt, Bild der Permanenz im tiefsten Herzen der Flut. Panta rhei, Alles fließt, ich bleibe! Diese Weisheit desjenigen, der im Moment des Lebens unbeweglich verharrt, führt ein neues Thema ein, dem wir bereits in La Venoge begegnet sind: den Wein. Das Thema vom Gold des Weines bietet Apollinaire einen Kontrapunkt zum unheilvollen Gold des offenen Haars der Loreley: de vrai vin clair comme le flot D’or comme ses boucles d’oreille (Mit wahrem Wein, hell wie der Strom Gülden wie ihre Ohrgehänge) Als heilvolles Äquivalent des Goldes verwandelt der Wein den Rheinschiffer in einen freundlichen Wirt, der Jesus, schöne Mädchen und schöne Knaben empfängt. le bac est mieux qu’une nacelle pour prier et aimer dessus (Die Fähre ist besser als ein Kahn Um zu beten, um zu lieben darauf) Die hier durch den Wein eingeführte Liebe, Eros und Agape zugleich, sinnliche Liebe und brüderlicher Friede, unterscheidet sich ganz klar von der Liebe, von der die tragische Loreleydichtung handelt. Apollinaire kopiert Brentanos Verse übrigens sehr genau. Um den Unterschied stärker hervorzuheben, greift er das Bild des Nachen wieder auf (bei Brentano: Schifflein), bereits benutzt, um das imaginäre kleine Boot zu bezeichnen, in dem der verschwundene Geliebter in loreleyverliebtem Delirium naht. Tout là-haut sur le Rhin s’en vient une nacelle Et mon amant s’y tient, il m’a vue, il m’appelle (Dort oben auf dem Rhein nähert sich ein Kahn Mein Liebling steht darin hat mich gesehen ruft nach mir) In welchem Maße eröffnen uns die Anmerkungen zu diesen Rhein-verbundenen Gedichten einen Weg in unserer Betrachtung? Drei Themen können festgehalten werden: 131 Teilungslinie In Gilles’ Gedicht ist die Frage der Teilungslinie zentral: Sie symbolisiert alternativ entweder den großen Aufbruch, die Reise, das Fremde oder aber den verliebten Rückzug auf das Territorium, Garten der Lüste und Paradies der Brüderlichkeit. Man entdeckt hier eine auf den Garten begrenzte Räumlichkeit, hortus conclusus, ein Bild, das dem des Hauses nahesteht, also eine Geographie der Gemeinsamkeit und nicht der Separation. Wenn der Strom reißend in die Ferne fließt, hängt die seinen steilen Ufern gewidmete Aufmerksamkeit am Gegenteil fest und deutet einen Raum der Nähe an. Die steilen Ufer verbinden neu, was der Fluxus trennt. Die Fähre ist bei Apollinaire ganz in diesem Wieder-miteinander-Verbinden-Wollen gedacht. Die Bevorzugung der Transversalität gegenüber der fliehenden Strömung hat jedoch ihren Preis: den Preis der grenzenlosen Freiheit, des Entkommens. Nähe zu schaffen heißt auch, die Regeln der Nachbarschaft zu akzeptieren. Die Fesseln, mit denen nicht die der Sklaverei gemeint sind, kann man eher als Bänder bezeichnen, und sie erhalten sich - genau wie der Garten - selbst. Der Garten der beiden Ufer Mit dieser Dimension der Sorgfalt und der Kultur tritt nun die Idee in den Vordergrund, die bereits mit dem Beschluß der Städte Straßburg und Kehl, gemeinsam einen Garten anzulegen, ihren Weg gefunden hat; Garten der beiden Ufer, ein Garten, der den Strom überschreitet, der die wilde und rebellische Flut in eine Bewässerungsquelle verwandelt. Von diesem Augenblick an wird das wilde Wasser als Berieselung in den häuslichen Raum des Gartens eintreten, wird sich seine sterile Freiheit in nützliche und wohltuende Produktion begeben. Auch hier erscheint wiederum die Umkehrung des Themas vom unheilvollen Gold der Locken der Loreley in das edle Gold des Weines. Die Kultur, alchimistisches Meisterwerk, verkehrt den Sinn und erhöht, was sie erfaßt, in die Würde eines Produkts humaner Meisterschaft. Diese Domestizierung des Unheilvollen durch Kulturarbeit kulminiert in der Herstellung von Wein, für unsere christliche Kultur schlechthin symbolisches Produkt, dessen unheilvoller Ursprung noch seine Spuren in dem Rausch konserviert hat, in den er denjenigen führen kann, der ihn mißbraucht. Umgekehrt hat fehlende Sorgfalt dem Rhein erlaubt, sich im Laufe der Jahre in eine wahre Kloake zu verwandeln, Sammelplatz aller Abwässer des hochindustrialisierten Europa, auch wenn sich die Situation heutzutage anscheinend sehr gebessert hat. Allein diese Erinnerung schafft eine logische und symbolische Verbindungslinie zwischen der Nachlässigkeit gegenüber dem Strom und seiner Wahrnehmung als ein Gewässer, das das Autochthone nicht kennt und, weil international, von jedem 132 Territorium losgelöst ist. Deshalb ist der Rhein in unserer postnationalistischen Moderne ein Niemandsland, weil er nicht anders als eine Flut gedacht wird, die dahinschwimmt und die fließt. Deshalb konnte er in einen Abfluß verwandelt werden. Mit der bloß auf das Gerichtet-Sein seines Wassers geprägten Wahrnehmung hat der Rhein jeden symbolischen Bezug zu seinen Bewohnern verloren und sie von der Sorge befreit, ihn als ihr Gut zu erhalten. Das Territorium Die Wiedereinführung der Transversalität in der Verbindung der beiden Ufer sollte also dazu führen, eine symbolische Aneignung neu zu beleben. Dies wird jedoch nichts mit den kriegerischen Projekten aus nationalistischer Hand zu tun haben. Gegenstand ist wirklich nicht mehr die Rhein-Grenze, sondern der Rhein-Wasserlauf, der den Garten Europas bewässert, an dem mehr als 50 Millionen Einwohner vereint sind. Zurückgegeben an ein Territorium, wo seine Bestimmung die des befruchtenden Elements sein wird, Objekt der Liebe, oder um das Vokabular, dem wir im Zusammenhang mit der Venoge begegnet sind, noch einmal aufzunehmen, Objekt der Sorge, wird der Rhein ein Territorium werden können, und wird aufhören, nur eine Linie zu sein, Demarkationslinie oder Abflußlinie. Als ein Territorium, das in der Zukunft offen ist für die symbolischen Investitionen einer neuen Kultur, wird der Rhein die wahre Landschaft für das Europa von morgen. Zum Abschluß eine Frage: warum die Dichter als Ausgangspunkt? Wäre es nicht viel effektiver gewesen, gleich von der Größenordung der Wasserverschmutzung zu sprechen, unsere Entrüstung über die Verwüstung zu wecken und uns auf technische Daten zu stützen? Letztere sind notwendig, doch werden wir heute von ihnen überflutet, und sie sagen uns nichts mehr; so hat auch der politische Kampf ihre imaginäre Stärke abgestumpft, ihre Kraft in den Dienst irgendeiner These - oder auch ihres Gegenteils - gestellt. Die wissenschaftliche Metapher ist nur eine der möglichen Kategorien, in denen wir von der Welt Kenntnis nehmen. Und wir wissen zur Genüge, daß den anderen Kategorien eine Wirksamkeit eigen ist, die ihr in nichts nachsteht, auch wenn uns der Umgang mit diesen Kategorien etwas abhanden gekommen ist. Clausewitz sagte, daß der Frieden nicht mehr sei, als die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. So können auch wir behaupten, daß Kunst und Poesie nicht mehr und nicht weniger sind, als die Fortführung der Wissenschaft mit anderen Mitteln. Nur in diesem Sinne kann man wirklich über die Landschaft sprechen, als unbewußtes Zusammengehen von Praxis, Wissen und Vorstellung. Übersetzung Regina Sasse (Rotterdam) 133 Suzanne Liandrat-Guigues et Jean-Louis Leutrat Lemmy Caution rencontre Don Quichotte Dans Allemagne année 90 neuf zéro (1991) de Jean-Luc Godard, le nom de Lemmy Caution et l’acteur Eddie Constantine font un étrange effet. Pas tout à fait un personnage de film, pas tout à fait une personne, cette comparution ni humaine, ni fictionnelle, revêt une allure d’agent double. De quoi est-elle l’indice? De quel passage est-elle la trace? A quoi renvoie ce détail d’aspect anecdotique sinon de private joke? L’insolite de cette apparition tient au contexte du film tourné dans l’Allemagne d’après la chute du mur de Berlin. Le sujet commandé au cinéaste étant l’état de solitude, celui-ci l’interprète comme la solitude d’un Etat. L’histoire tout court autant que l’histoire du cinéma pratiquent aussi le jeu avec les mots. Lemmy Caution en était friand et certaines de ses formules sont restées célèbres. 1 Elles donnaient à penser plus qu’un type ou un caractère, l’état d’un monde que cet agent secret peu discret avait pour fonction de surveiller et de rassurer. Le personnage créé par l’écrivain britannique Peter Cheyney fait ses débuts au cinéma, sous les traits d’Eddie Constantine, en 1953, dans le film de Bernard Borderie, La Môme vert-de-gris, adaptation du roman écrit en 1937 qui inaugura la collection Série Noire dans sa traduction de 1945. Jusqu’au début des années soixante, l’acteur interprétant Lemmy Caution fut une vedette en France. Il fut particulièrement apprécié dans ce rôle d’agent secret américain à la gouaille débonnaire, parlant français avec un fort accent, usant sans compter du calembour et du coup de poing, lancé dans des intrigues épatantes fleurant bon le whisky, la cigarette Lucky Strike, et peuplées de fatales pin-up ou de charmantes petites pépées. Ce ton, cette bonne santé et cet humour entraînant ne semblent guère pouvoir être mis en balance avec la situation de l’Allemagne en 1990 à moins de s’interroger sur la révision entreprise par Jean-Luc Godard et sur sa conception de l’Occident en ce tournant du XX e siècle. Le cinéaste de la Nouvelle Vague n’a pas manqué, dès ses premiers films, de faire état d’un goût prononcé pour le charme rieur et les blagues désopilantes du héros de ces séries B d’actions policières très fantaisistes, dont on peut voir l’influence à travers nombre de situations et de jeux de mots assénés sans ménagement dans A bout de souffle, Une femme est une femme, Bande à part, ou encore Pierrot le fou. Pendant l’été 1961, Jean-Luc Godard rencontre Eddie Constantine lors du tournage d’un court-métrage, Les Fiancés du Pont Mac Donald, qu’Agnès Varda va introduire dans Cléo de 5 à 7, pour y tenir lieu d’un burlesque muet vu par les personnages de son film. Peu après, le cinéaste propose à l’acteur de jouer pour lui le rôle du paresseux dans le sketch du film collectif Les Sept péchés capitaux (1961). Cette interprétation valut, à la vedette dont l’étoile déclinait, un regain de célébrité 134 à la faveur d’une modification de son image. Celle-ci se poursuivit, en 1965, 2 dans Alphaville. Sous couvert de science-fiction, l’ „étrange aventure de Lemmy Caution“, 3 imaginée par Jean-Luc Godard, renouvelle entièrement le rôle traditionnel de l’agent secret. S’il apparaît que Peter Cheyney est principalement un romancier de la Seconde guerre mondiale, 4 y compris dans l’avant ou l’après-guerre où il fait intervenir son personnage, ses histoires n’ont rien à voir avec les aventures d’un James Bond incarnant la guerre froide dans les textes de Ian Fleming. On mesure alors le changement apporté par Godard. Dans Alphaville, tout en s’inspirant du personnage de Lemmy Caution, le cadre est différent. Lemmy intervient dans une ville du futur placée sous le contrôle d’une intelligence artificielle, Alpha 60, qui a pour principal objectif de supprimer toutes expressions des sentiments dans ses sujets jusques et y compris dans les mots de la langue qui sont effacés petit à petit. Bien éloignée des aventures romantiques et parfois exotiques du héros de Cheyney, la fiction de Godard est une élaboration du futur à partir du présent ordinaire. La ville d’Alpha 60, est la transformation par simple filmage nocturne de sites actuels (éventuellement modernes comme l’est La Défense, ou promis à la destruction par les grands chantiers) du Paris des années soixante que des jeux d’éclairages, dans ce film en noir et blanc, suffisent à métamorphoser sans nul recours au studio ou aux décors artificiels. Tout en utilisant une trame de clichés romanesques (le père, un savant appelé Von Braun, que doit retrouver Lemmy; la fille du savant à laquelle il fait découvrir le sens du mot amour; des agents dont le fameux Harry Dickson 5 qui ont tous disparu…), Godard installe une hésitation essentielle entre, non seulement fiction et documentaire suivant une idée courante chez le critique et réalisateur de la Nouvelle vague, mais entre types de situations, d’actions et de personnages. N’obéissant plus à un cadre défini narrativement ou à un genre précis, puisant à toutes les sources, même les plus désaccordées, le film profile l’idée chère à Godard que ‘tout est cinéma’; ce qui ne manque pas de rejaillir sur sa conception du monde. Devenu une sorte de corps conducteur, Lemmy Caution est un agent secrètement générateur de mobilité. Abolissant les frontières, arrivant de ce qui reste du vieux monde (désormais rebaptisé ‘mondes extérieurs’) dans Alphaville, il prétend s’appeler Ivan Johnson, reporter au Figaro-Pravda. Ainsi, tombe l’opposition bien réglée, entre l’Est et l’Ouest. Avec le film de 1991, il poursuit son évolution à travers l’Allemagne tandis que s’élabore un territoire dont Godard précise, en un renversement bien proportionné à son esprit insolite, qu’il est le cinéma. „C’était un endroit, le cinéma, déclare-t-il, c’était un territoire“ 6 dont on comprend qu’on puisse faire l’histoire comme d’un Etat, à condition de trouver le détail qui créera le rapport entre les termes divergents. Le cinéma, c’est du montage tout comme l’histoire qui est rapprochement d’éléments hétérogènes, propose encore Godard à partir du nom de Lemmy Caution et de la silhouette alourdie d’un Eddie Constantine âgé, au visage minéralisé. 7 L’ancien agent secret américain, devenu espion 135 dans le monde de Godard, se retrouve désoeuvré après la chute du mur. Il traverse d’un pas quasi somnambulique le film, le pays et l’histoire du cinéma, n’ayant pour toute direction que cette question burlesque empruntée à Jerry Lewis: 8 „Which way to the West? “. En chemin, Godard mobilise un ensemble disparate d’allusions culturelles, de citations visuelles ou sonores et de personnages fictionnels connus. Emprunts cinématographiques ou livresques et références les plus variés croisent aussi bien le Comte Zelten sorti du livre de Giraudoux, Siegfried et le Limousin (1922) que le récit de Jan Valtin, Sans patrie ni frontières (1941). Tout semble vouloir dire, de plusieurs façons, un renoncement constant aux limites, aux cadres ou un abandon des distinctions établies. Le film est cette mobilité perpétuelle dans un mouvement à travers les choses, le cinéma, l’art, l’histoire, la géographie, dont la figure stylistique récurrente est la surimpression voire le clignotement des superpositions et des glissements d’images et de sons. Dans Allemagne 9-0, on assiste à une suite de ‘variations’ 9 qui font passer du „dernier espion“, au „déclin de l’Occident“ comme si Lemmy Caution devait être un agent de cette trajectoire allant sans cesse de la fiction à la réalité comme le montre, tout aussi exemplairement, le nom de Dora échappé de l’univers de Freud ou de Kafka, s’élançant depuis l’espace de Goethe à Weimar, puis symbolisant la femme juive et finalement, porté par un camp de concentration. „Les dragons de notre vie“ désigne la Variation où surgit la figure de Don Quichotte. C’est le début de la „troisième variation“ (vers la 22 e minute) dans lequel Lemmy Caution (ou Eddie Constantine), croise sur sa route Don Quichotte juché sur sa Rossinante tandis qu’un malheureux conducteur pousse sa Trabant qui refuse de démarrer. Collision bien dans l’esprit de Godard comme si se rencontraient des personnages de John le Carré et de Cervantes, l’un et l’autre témoins de la chute de l’Allemagne de l’Est et de la faillite des idéologies qui animèrent la guerre froide. La scène se déroule dans un décor industriel où de puissantes machines à la peine (excavatrices, grues ...) ahanent, avec en arrière-fond la silhouette d’un moulin. A Lemmy Caution qui demande une nouvelle fois: „Which way is the West? “ le cavalier répond en citant Rilke: „Les dragons de notre vie ne sont que des princesses qui attendent de nous voir beaux et courageux. Toutes les choses terrifiantes sont peut-être des choses sans secours qui attendent que nous les secourions“. 10 On comprend que ces machines sont des sortes de dragons. 11 Le personnage donquichottesque après avoir mis sa lance en position de combat fait galoper sa rossinante à la suite de la Trabant. Dans le chapitre 2A de ses Histoire(s) du cinéma, Jean-Luc Godard dit que tout compte fait il est peu d’écrivains essentiels; il cite trois noms, Homère, Cervantès, Joyce, auxquels il adjoint Faulkner et Flaubert. Ce chapitre date de 1993 mais la déclaration de Godard appartient à un entretien avec Serge Daney qui a été enregistré en 1988. Une dizaine d’années plus tard, en 1997 dans un entretien pour Lire, le cinéaste donne d’autres noms (de romanciers surtout), cette liste un peu plus longue rassemblant les livres ou les auteurs qui ont compté parmi ses lectures de jeunesse: Bernanos, Gide, Malraux, Chardonne ... La première liste est plu- 136 tôt un bilan: quels sont les écrivains qui ont joué un rôle, non pas dans la vie de Godard mais dans l’histoire littéraire: Homère, Cervantes et Joyce ... On sait la place qu’occupe L’Odyssée dans Le Mépris, „remake“ de Voyage en Italie (Roberto Rossellini) où le nom de Joyce est bien présent. Joyce est incontournable pour la génération de Godard et son nom vient assez spontanément au cinéaste quand il évoque la littérature. On est un peu surpris en revanche par celui de Cervantes. La présence de l’auteur du Quichotte dans l’œuvre de Godard est peu apparente, sinon dans la dizaine d’années qui correspond à la création de Histoire(s): 1988-1998. Sa première apparition se produit en 1988 dans le chapitre 1A de Histoire(s). La seconde est le moment d’Allemagne 9-0 déjà décrit. Ce passage est ensuite „cité“ dans le chapitre 2A (1993) de Histoire(s) puis dans The Old Place (1998). Entre temps en 1996, une allusion à Cervantes est réapparue dans For Ever Mozart. Dans ce film, le personnage du réalisateur annonce qu’il va à Madrid chercher un livre. Ce livre montré peu après à l’image est La Invención del Quijote y otros ensayos de Manuel Azaña, Président de la République espagnole jusqu’à la victoire des franquistes (il se réfugia en France). Une phrase de Jose Bergamin est alors citée: „Avec les communistes, j’irai jusqu’à la mort et je ne ferai pas un pas de plus.“ Ce qui assure le lien avec la politique et montre que chez Godard la guerre d’Espagne ne se limite pas à la référence à Malraux et à Espoir. L’apparition de Don Quichotte dans le montage de 1A (celui de 1988) vers 23 min 30 survient d’abord à l’occasion d’une énumération de titres de livres: Don Quichotte est cité entre La Condition humaine et Humiliés et offensés ... Puis, trente secondes après, Godard se propose de „dire par exemple toutes les histoires des films qui ne se sont jamais faits“, parmi lesquels, bien sûr, le Don Quichotte d’Orson Welles. Sur la bande image le montage associe un Don Quichotte de Daumier avec la Vénus au miroir de Velasquez, il comporte aussi deux plans du film de Welles dont un de Francisco Reiguera 12 à cheval dans l’armure de Don Quichotte, ainsi qu’un carton avec le titre Don Quichotte sur un fond noir. Ce passage de 1A comporte dispersés tous les éléments qui vont cristalliser pour donner le passage de Allemagne 9-0 (de deux-trois ans postérieur au chapitre 1A). Ainsi Julie Delpy 13 vient-elle de dire le texte de Rilke sur „les dragons de notre vie“; elle enchaîne avec la citation de Femmes de Philippe Sollers: „Oui, la nuit est venue, un autre monde se lève dur et cynique, analphabète, amnésique ...“ qui trouve un écho parfait dans la fin de Allemagne 9-0. D’ailleurs, la référence au film inachevé de Welles 14 vient à la suite d’une référence au Pré de Béjine, le film d’Eisenstein détruit sur ordre de Staline. Enfin, la bande son de 1A comporte, outre la voix de Julie Delpy, le deuxième mouvement (dit „l’absence“) de la Sonate pour piano en mi bémol majeur n° 26, opus 81a, dite „Les adieux“, de Beethoven, et encore une définition de l’amour provenant de la bande son du film de Buñuel, El: „El amor surge de improviso, bruscamente, cuando un hombre y una mujer se encuentran y comprenden que ya no podrán separarse. Un hombre pasa al lado de mil mujeres y de pronto encuentra una que su instinto le dice que es la única; en realidad, en 137 esa mujer cristalizan sus sueños, sus ilusiones“. L’amour unique est Dulcinée, celle-ci en l’occurrence étant dans 1A représentée par la Vénus de Velasquez. Il est donc deux „résurgences“ du passage de Allemagne 9-0: dans le chapitre 2A de Histoire(s) et dans The Old Place, soit en 1993 et en 1998. Dans Histoire(s) une photo représente au premier plan de dos Lemmy Caution, Don Quichotte à cheval lui faisant face dans la profondeur de champ, et, entre eux deux, on voit l’homme qui pousse l’arrière de la Trabant; cette image alterne en clignotant avec une photo de La Main au collet (To Catch a Thief) de Hitchcock, avec à gauche, de dos, Cary Grant sur un toit le bras droit tendu dominant une cour en contre-bas où diverses personnes le regardent. Lors du clignotement les corps de Lemmy Caution et de Cary Grant se superposent. L’un est à la recherche de l’Occident („Which Way is the West? “), alors qu’il fut le défenseur des valeurs américaines dans les années 1950, l’autre, ancien cambrioleur et résistant, veut mettre la main au collet du vrai coupable des vols dont on l’accuse, deux tâches qui ne peuvent vraiment se superposer. Mais tous deux sont vus de dos comme pris à rebours de leur propre histoire. Sur la bande son Serge Daney parle de „cette sorte d’héritage monstrueux qui était l’histoire du cinéma“. C’est à la suite de ce propos que Godard résume dans trois noms (Homère, Cervantes, Joyce) l’histoire littéraire. En 1957 il écrivait que „les spécialistes littéraires ne vantent plus les mérites d’une pièce ou d’un livre que dans la mesure où ceux-ci ont fermé définitivement toutes les issues (cf. Ulysse de James Joyce ou Fin de partie de Samuel Beckett)“ alors que „nous“ (les critiques des Cahiers du cinéma) applaudissons des films comme La Main au collet „parce qu’ils ont bel et bien ouvert définitivement de nouveaux horizons“. 15 C’est l’histoire d’une illusion: „notre seule erreur fut alors de croire que c’était un début ...“ (chapitre 3B, 21e min). Le communisme est l’histoire d’une autre illusion que la guerre froide n’a cessé de combattre. The Old Place est constitué par „Vingt-trois exercices de pensée artistique“: le passage don quichottesque de Allemagne 9-0 prend place dans le septième de ces exercices intitulé „Hors du temps“ qui vient après „Photos de l’utopie“ (5 e exercice) 16 et „Un captif amoureux“ (6 e exercice). 17 Godard insère l’extrait de son film (et non une photographie) en l’accompagnant sur la bande son du début de Allemagne 9-0: „Peut-on raconter le temps, le temps en lui-même, comme tel et en soi? Non, en vérité ce serait une folle entreprise“ (dit par Godard) et de la fin de 4B: „L’art n’était pas à l’abri du temps. Il était l’abri du temps“ 18 (dit par Anne-Marie Miéville) - montage de deux citations autour de la notion de temps pour faire ressortir le paradoxe apparent qui réside dans l’impossibilité de raconter le temps par ce qui par essence est l’abri même du temps. De nouveau, Don Quichotte est chargé de suggérer la tâche impossible que ce soit conquérir Dulcinée, faire l’histoire du cinéma, instaurer un monde meilleur, raconter le temps en lui-même. Si chez Buñuel „La ilusion viaja en tranvía“ (titre d’un film de 1953), pour Godard le véhicule de l’illusion est Don Quichotte, sa Rossinante, la chevalerie, les moulins et la Dame du Toboso. Il compose une sorte d’allégorie dans laquelle le nom de Don Quichotte ou son image sont pris pour ce 138 qu’ils connotent globalement. D’ailleurs il est possible de cerner le cheminement du processus créatif à travers cet exemple. Le chapitre 1A de Histoire(s) conduit, on l’a vu, au passage de Allemagne 9-0 à la suite d’une sorte de cristallisation. Parmi les idées que Godard coucha sur le papier en prélude à la réalisation de Allemagne 9-0 figurait qu’il y aurait un Don Quichotte à la recherche de quelque chose, Dulcinée, l’Histoire, la mise en scène, le cinéma ... Romain Goupil assistant Godard sur ce projet lui proposa d’incarner lui-même Don Quichotte, son cheval tirant une Trabant sur les plages de Rostock: Godard ne souhaitait pas apparaître dans ce film mais la suggestion n’a pas été complètement oubliée 19 ... La genèse de Allemagne 9-0 est étroitement liée à l’élaboration de Histoire(s) autour du thème de la solitude: solitude d’un état, une histoire seule ... En retour, le passage de Allemagne 9-0 agit rétroactivement sur Histoire(s) non seulement par une référence directe dans 2A mais encore par la reprise (la retouche) du montage du chapitre 1A. Godard le jugeant sans doute trop explicite supprime le plan de Francisco Reiguera à cheval (qui fait doublon avec le personnage de Daumier) ainsi que le carton comportant le titre Don Quichotte (redondant avec la bande son où ce titre vient d’être dit): il se contente dans le montage final d’associer le tableau de Daumier avec celui de Velasquez, puis ce dernier avec le visage d’Akim Tamiroff incarnant Sancho Pança dans le film de Welles. Entre 1988 et 1998 Godard travaille aux Histoire(s) et Don Quichotte peut lui apparaître effectivement comme une image de lui-même: „J‘examine avec soin mon plan, il est irréalisable“ dit-il dans 2A à Serge Daney (en reprenant d’ailleurs un texte de Brecht). Un peu comme le fut Don Quichotte, le projet que Welles nommait „Il mio bambino“: „Quel qu’il fût, enfant bien-aimé ou jouet favori, Welles ne pouvait jamais arriver à décider qu’il en avait fini avec lui pour de bon. (...) Il était encore plongé dans ses problèmes passionnants du montage de Don Quichotte jusqu’à la veille de sa mort.“ 20 A la différence qu’un jour Godard décida qu’il fallait mettre un point final à ce projet qui le tint en haleine une trentaine d’années 21 et qui aboutit à cette œuvre au titre complexe Histoire(s) du cinéma, qui est autant une histoire du XX e siècle que celle du cinéma comme si celui-ci, à travers ses thèmes, ses personnages et ses courants n’avait cherché qu’à dialoguer avec les principaux évènements du siècle - jusqu’au moment, fatal aux yeux de Godard, où il ne l’a pas fait, à propos des camps de concentration. Moulins de Don quichotte, illusions perdues de Lemmy Caution se rejoignent dans ce territoire, désormais indifférencié, de l’Allemagne année 90, au terme d’un match appelé guerre froide. Qu’attendre de cet ouest enfin atteint, que penser de cette lassitude à la fin du film alors que les vitrines de Noël regorgent „d’incroyables saloperies“? Les deux références retenues pour leur étrangeté, parmi tant d’autres, attirent l’attention sur la fonction de tels détails par rapport au tout ensemble monté par Godard. Ils font revisiter les films, relire les textes, balancer l’histoire et mesurer le temps. De même se parcourt le territoire des utopies. 139 1 Que ce soit, en français, „Allons-y, Alonso“ (titre d’un des récits de P. Cheyney) ou „whisky et petites pépées“ (chanson interprétée par E. Constantine) ou encore les titres des films: Les femmes s’en balancent (1954), Vous pigez? (1956), Ces dames préfèrent le mambo (1957), Comment qu’elle est (1960), A toi de faire… mignonne (1963)… 2 Après qu’un autre projet, avec Eddie Constantine dans le rôle de Lemmy Caution, n’a pu aboutir en 1963. 3 C’est le sous-titre de Alphaville. 4 Il a notamment consacré plusieurs écrits à la Résistance, à la lutte contre les nazis, qui ont été recueillis, en français, sous le titre Récits de l’Ombre, 1940-1945. 5 Ce détective, „le Sherlock Holmes américain“, est une création romanesque de Jean Ray fort prisée d’Alain Resnais qui envisagea, dans les années soixante, de réaliser un film sur ce personnage. Cf. Les aventures de Harry Dickson. Scénario de F. De Towarnicki pour un film (non réalisé) par A. Resnais, (Jean-Louis Leutrat et Suzanne Liandrat-Guigues, ed.), Capricci, Nantes, 2007. 6 Discours prononcé par JL Godard lors de l’attribution du prix Adorno à Francfort-sur-le- Main, le 17 septembre 1995 (reproduit dans Trafic n°18, printemps 1996). 7 L’acteur meurt en 1993, après une carrière en Allemagne de l’Ouest (chez Fassbinder notamment). 8 Cf. le titre d’un film de J. Lewis, Which Way to the Front? (Ya Ya mon général). 9 Six variations, en effet, scandent de leurs intertitres le déroulement du film: Variation 1: Le dernier espion, Variation 2: Charlotte à Weimar, Variation 3: Les dragons de notre vie, Variation 4: Un sourire russe, Variation 5: Le mur sans lamentations, Variation 6: Le déclin de l’Occident. 10 Lettres à un jeune poète (8 e Lettre). 11 Cette scène semble réminiscente d’un passage du Pont du Nord de Jacques Rivette. 12 Francisco Regueira Perez était un réfugié politique espagnol au Mexique interdit de séjour en Espagne. 13 L’actrice, dans ce chapitre comme dans d’autres intervient pour lire des passages de livres. A la différence du chapitre 2A elle n’apparaît pas à l’image dans 1A. 14 Projeté à Séville en 1992 tel que le monta Jesus Franco. 15 t. 1, p. 111. 16 Hommage ému aux coquelicots, c’est-à-dire à celles et ceux qui portent un devenir révolutionnaire: „Ils ont quitté le paysage, ou du moins, la conscience que l’on a d’un paysage familier“ 17 Titre d’un livre de Jean Genêt dont la couverture apparaît dans 1A à la 20e minute. Godard reprend au début de The Old Place le plan de l’avion de Howard Hughes survolant les gratte-ciels de New York venant après la couverture du livre de Genet, et l’on voit dans le 6e exercice le visage de Stravinsky dont on entend „Augures printaniers“ du Sacre du printemps sur le passage „Un captif amoureux“ de 1A. 18 L’œuvre „n’était pas à l’abri du temps, elle était l’abri du temps.“ (Maurice Blanchot, L’amitié, p. 48). Dans 4B Godard remplace „l’œuvre“ par „le cinéma“ et dans The Old Place par „l’art“. 19 Cette anecdote est racontée par Richard Brody dans Everything is Cinema. The Working Life of Jean-Luc Godard, Metropolitan Books, Henry Holt and Company, 2008. 20 Audrey Stainton, „Orson Welle’s Secret“, in Sight and Sound, Autumn 1988, cité par Youssef Ishaghpour, Orson Welles cinéaste, t. III, p. 823. 21 Du début des années 1970 jusqu’à 2003, année des Moments choisis des Histoire(s) du cinéma. Assez curieusement Welles fut préoccupé par Don Quichotte trente ans, de 1955 à 1985. 140 Alain Montandon De la nuit, de la mort et de l’amour Un florilège baroque A l’époque baroque la nuit reste de manière générale une source d’inquiétude et de terreur. Les techniques d’éclairage n’ont fait quasiment aucun progrès depuis l’Antiquité et ce jusqu’à la fin du XVIII e siècle. Dès la tombée de la nuit les villes étaient fermées, les maisons bouclées et ceux qui se promenaient la nuit - ce qui était déjà suspect - devaient être porteurs de flambeau, moins pour s’éclairer que pour se signaler. Si la lumière était associée au Beau, au Vrai et au Bien la nuit était le règne du chaos, du Mal, du diable. On entrait dans un monde peuplé de fantômes et de démons, un monde où règnent peurs et angoisses, l’espace des rêves et des cauchemars. Aussi la nuit apparaissait-elle d’abord au mieux comme un désert, au pire comme un abîme et elle inspirait plus de répulsion que d’attirance. Or c’est justement cet aspect négatif que les poètes que nous allons évoquer privilégient. En raison de son caractère désolé et lugubre, la nuit est le lieu propice à accueillir les plaintes désolés des amants malheureux. Je dis „lieu“, parce qu’elle est, dans ce théâtre de l’amour, un espace, une scène pour „donner place“ à la voix de la mélancolie. Or que la nuit et le silence Donnent place à la violence Des tristes accents de ma voix, Sortez, mes plaintes désolées […] La nuit est un lieu pour parler de l’amour, pour y donner une voix qui est d’abord solitaire et exilée, une plainte langoureuse: Croyez qu’Amour me fait parler, Je ne mens point de mon martyre, Car si la douleur m’en fait dire, Le respect m’en fait bien céler1 Si la nuit est vécue dans l’ensemble comme une saison barbare, la poésie amoureuse de la Renaissance lui a cependant accordé une grande importance. Le pétrarquisme et le néopétrarquisme ne se sont pas privés de l’invoquer tour à tour, mais avec, semble-t-il, toujours plus de force, de vigueur et de contrastes vers la fin du siècle. Poésie baroque (ainsi la qualifie Gisèle Mathieu-Castellani), poésie maniériste (ainsi la qualifie Marcel Raymond) pour citer les plus grands spécialistes, cette poésie se distingue par son pétrarquisme finissant tout en s’éloignant de 141 la tradition ronsardienne, mais surtout elle se distingue par les variations qu’elle apporte aux schémas hérités qui, d’une part, continuent de fonctionner et qui, d’autre part, sont aussi altérés. La vision néopétrarquiste de l’amour devient une vision noire, tourmentée. L’amour est une passion pleine de douleurs, de larmes et de souffrances, appelant non seulement les antithèses du doux-amer, du fiel confondu avec le miel conforme au schéma pétrarquiste, mais également de multiples oxymores pour qualifier non sans un certain masochisme ces cruelles délices. Le dérèglement, la fureur, les obsessions de la chair, le sentiment de l’inconstance, de la rupture, de la précarité, du vertige d’un monde perdant ses repères ont amené M. Raymond à parler d’une conscience tragique du monde dans lequel s’affirme un désir de mort. 2 Ainsi un François Tristan L’Hermite peut-il écrire que „L’Amour s’est déguisé sous l’habit de la Mort“. 3 Aussi la nuit est-elle un moment privilégié: un espace de mort, évoquant cimetière, tombeaux et poursuivant de son funèbre cortège un cœur mort de mille morts. „Des obscures nuits l’horreur épouvantable“ chantées par un Béroalde, se répand une tristesse qui s’oppose au clair jour. Les effroyables ténèbres que l’on fuyait sont désormais „recherchées et célébrées parce qu’elles stimulent mieux que la douteuse clarté du jour, une sensibilité qui aime à être excitée par le contact avec l’étrange. La nuit parle de mort, d’anéantissement, mais d’une mort souhaitée, d’un anéantissement désirable, et sa présence au cœur du texte baroque est l’indice d’un refus du jour et de la vie“. 4 Nulle mieux que Louise Labé n’exprime la plainte du désir sous le voile du nocturne: „ô noires nuits vainement attendues“ (sonnet II), 5 mais aussi la souffrance inhérente aux heures nocturnes, car tant que dure la nuit un long supplice et un oppressant chagrin lui fait crier sa „souffrance toute la nuit“. La nuit sombre qui vient noircir l’âme de songes funestes. Cette nuit en dormant d’un somme inquiété J’ai toujours combattu de tristes rêveries, La clarté d’un tison dans une obscurité M’a fait à l’impourvue en paraître des Furies. […] Songe, Phantosme affreux, noir enemy du iour Parle moy si tu veux de la fin de ma vie Mais ne m’annonce point la fin de son amour.6 On a donc un double mouvement, très caractéristique du baroque, de répulsion et d’attraction, de même que l’espace nocturne favorise la fuite du monde (Weltflucht) sans cependant en abandonner la quête et le désir. Il y a sans doute dans le mouvement d’une exacerbation de la passion qui se fait plus violente, plus rageuse, plus doloriste une abstraction plus forte: il ne s’agit plus de décrire un locus amoenus, mais d’évoquer un paysage abstrait et plus irréel en ce sens que jour et nuit s’opposant avec une telle démesure finissent par s’inverser, le jour finissant par devenir ténébreux et la nuit lumineuse. Ce n’est plus le jour qui rend l’amante 142 belle, mais ce sont les couleurs de la nuit. L’aimée n’est plus lumière d’un soleil transcendant, mais porte en elle tous les feux de la nuit. Sommeil et songe L’amant tourmenté des douleurs de l’amour cherche la nuit à apaiser sa souffrance en trouvant refuge dans le sommeil que la nuit apporte. Nuit fille de la terre, amène tes flambeaux, Et ton silence coi, et des hauts monts descendre Fais tes brouillards nuiteux pour ici les étendre Et couvrir l’horizon de tes sombres rideaux, Afin que le Sommeil des stygieuses eaux Vienne arrouser mon chef, et sur mon corps répandre Le jus du noir pavot pour m’aider et défendre Contre amour inventeur de martyres nouveaux.7 Des vertus curatives du sommeil, nos poètes les ont lus moultes fois, chez Anacréon dans la traduction de R. Belleau où celui-ci s’adressait au doux sommeil pourvoyeur de songes délicieux, Rémy Belleau qui dans Première Journée de la Bergerie, reprend le thème (avec des emprunts au Tasse: „Viens ô dieu du sommeil! “), chez Ovide qui dans les Métamorphoses (XI, 623) appelle „Somne, quies rerum, placidissime, somne, deorum…“: „Sommeil, repos de la nature, ô toi le plus paisible des dieux! paix de l’âme, remède des soucis; toi qui viens rafraîchir le corps fatigué des travaux du jour, et renouveler les forces pour les travaux du lendemain, commande aux Songes, qui savent imiter la forme des mortels, de visiter, dans Trachine, Alcyone, sous les traits de son époux; qu’ils présentent à ses yeux son corps jouet des vagues: c’est l’ordre de Junon». Il y a également toute une tradition dans la littérature médiévale, mais aussi chez les néolatins, comme Navagero (Lusus 20, „Beate somne…“), Jean Segond (Elegiae I, 10, Somniium), Théodore de Bèze, Michel Marulle qui dans Ad Somnum écrit: Somne, pax animi quiesque lasso, Curarum fuga, Somne saevientium… Quant aux Italiens, nul n’oublie certains sonnets de Bembo (sonnet LXXXVIII „Sogno, che dolcemente… et les sonnets LXXXIX, XC) et Sannazar et son si célèbre sonnet (Rime II, sonnet LI) publié à Venise en 1556: Ahi letizia fugace, ahi sonno lieve, Che mi dai gioia e pena in un momento: Come le mie speranza hai sparte al vento, E fatto ognio mia gloria al sol di neve! […] 143 Felice Endimion, che la sua Diva Sognando si gran tempo in braccio tenne traduit par Magny dans les Amours (XVIII) Songe fuyard, vainement nonpareil En un instant me donnant peine et joie, Tout mon espoir par toi court et ondoie Et tout mon heur tu fais neige au soleil. Que me cause ce tant triste réveil? Qui me ravit ma bienheureuse proie? […] Heureux celui qui sa maitresse baise Entre ses bras, la tenant à son aise, Par si long temps, songeant profondément. Jamyn lui aussi a repris et adapté Sannazar Somme léger, image déceptive Qui m’es un gain et perte en un moment, Comme tu fais écouler promptement En t’écoulant, ma joie fugitive. De tous amans nul qui au monde vive Ne recevrait plus de contentement Que j’en reçoy, si mon bien seulement Ne s’envolait d’une aile trop hâtive. Endymion8 fut heureux un long temps De prendre en songe infinis passetemps Pensant tenir sa luisante déesse. Je te demande en pareille langueur Un pareil songe et pareille douceur: L’ombre du bien n’est pas grande largesse.9 Ce même somme de Sannazar avait peut-être été le point de départ de Baïf dans un sonnet à Méline (Amours de Méline I, XV) O nuit plaisante! ô plaisant et doux songe Qui tant me fait gouter plaisentement, Le cher guerdon, de sui ardemment L’ardent désir des si long temps me ronge […] Combien du vray dois-je espérer de joie? [Qel sarebbe ora averla vera e viva? ] Il est notable que tous ces poètes ne cessent de reprendre leurs modèles, introduisant variations, plagiats, modulations, imitations, adaptations, l’intérêt étant moins l’originalité que la façon de trouver et donner la meilleure forme d’expression à un 144 contenu connu et reconnu. Ainsi Baïf dans les Amours de Francine (II, CI) transpose quant à lui un sonnet de Bembo. 10 Tout comme Du Bellay dans L’Olive XIV Le fort sommeil, que celeste on doibt croyre, Plus doulx que miel, couloit aux yeulx lassez, Lors que d’amour les plaisirs amassez Entrent en moy par la porte d’ivoyre.11 J’avoy’ lié ce col de marbre: voyre Ce sein d’albastre, en mes bras enlassez Non moins qu’on void les ormes embrassez Du sep lascif, au fecond bord de Loyre. Amour avoit en mes lasses mouëlles Dardé le traict de ses flammes cruelles, Et l’ame erroit par ces levres de roses, Preste d’aller au fleuve oblivieux, Quand le reveil de mon ayse envieux Du doulx sommeil a les portes decloses. Ces invocations au sommeil sont légion. Jean Godard invoque le „somme doux, somme ami de nature, heur des mortels qui les maux adoucis, Somme bénin qui charmes les soucis“, 12 Desportes le „songe heureux et doux“, 13 le „songe, ange divin“, 14 Tristan le „divin sommeil [qui] durant cette douceur livre ma vie au pouvoir de ta sœur“. Pontus de Tyard dans un sonnet de 1573 résume bien l’attente générale lorsqu’il appelle ce père du doux repos qui, lors que „la nuit, d’une grande ombre obscure,/ Fait à cet air serein humide couverture“ doit chasser cette insomnie qui lui fait sentir la peine qu’il endure: Viens, Sommeil désiré, m’environner la tête, Car, d’un voeu non menteur, un bouquet je t’apprête […] Viens, Sommeil désiré et dans mes yeux te plonge.15 ou encore Flaminio de Birague 16 qui dans un sonnet traduisant librement Sannazar 17 évoque celui qui éloigne les soucis ennuyeux causé par l’enfant de Cyprine. 18 Le dernier tercet est souvent repris dans son fond, mais aussi dans sa forme comme on le voit chez Baïf (Amours de Francine, II, sonnet 99: „O doux songe amoureux…“). Le plus célèbre est sans doute le „Vœu au somme“ de Ronsard (Odes, IV, viii): Somme, le repos du monde, Si d’un pavot plein de l’onde Du grand fleuve oblivieux Tu veus arrouser mes yeux, Tellement que je reçoive Ton doux present, qui deçoive Le long sejour de la nuit, 145 Qui trop lente pour moi fuit […] A grand tort Vergile nomme Frere de la mort, le Somme, Qui charme tous nos ennuis Et la paresse des nuis Voire que nature estime Comme son fils légitime. […] Vien donc sommeil, & distille Dans mes yeus ton onde utile Et tu auras en pur don Un beau tableau pour guerdon. Le Sommeil 19 est présenté comme une divinité allégorique qui descend du haut du ciel pour couler sur les yeux de l’amant malheureux. Il est fils de la Nuit, frère jumeau de la Mort et père des Songes. L’art romain, on le sait, le représentait comme un éphèbe, presque un enfant, planant au-dessus du sol, tenant d’une main une tige de pavots, de l’autre une urne renversée d’où coule un liquide soporifique souvent comparé au miel. Virgile l’évoque descendant tout léger des astres de l’éther. 20 Le sommeil ne procure pas seulement à l’amant l’apaisement souhaite. Siméon-Guillaume de La Roque lui demande de fermer également les paupières de sa belle afin que l’ami du silence, l’enchanteur agréable lui fasse oublier la colère éprouvée envers son amant: Sommeil, fils de la Nuit, doux repos de notre âme, Qui fait ma belle Nymphe en son lit reposer, Puisque ton charme peut son esprit amuser, Plonge dans l’eau d’oubli le courroux qui l’enflamme. […] Hélas! tiens aussi fort sa paupière pressée Que tu fis l’autre fois celle d’Endymion, Et nous serons tous deux, par cette invention, Moi beaucoup plus content, elle moins offensée“ 21 Contre la cruauté et la fierté de celle-ci, il demande au doux sommeil enchanteur de fermer sa paupière 22 afin que les eaux du sommeil apportent la paix. Ce à quoi Maurice Scève dans plusieurs sonnets répond en écho lorsqu’il peint l’embrunissement des heures ténébreuses avec la pacification de la terre apportée par Somnus. 23 Ce sommeil est semblable à la mort, ce que Desportes suggère: Apporte, ô douce nuit! un sommeil à ma vie, Qui de fers si pesants pour jamais la délie Et d’un voile éternel mes yeux tiennent fermés24 et que Scève confirme Le doux sommeil de ses tacites eaux D’oblivion m’arousa tellement, 146 que de la mère, et du fils les flambeaux je me sentais éteints totalement […]25 Le „paisible fils de la Nuit solitaire“, 26 le pesant sommeil „seul oubly de nos peines“ 27 tient les corps engourdis et l’humeur paresseuse. „Ô doux sommeil, ô nuit à moi heureuse! Plaisant repos, plein de tranquillité“ (Louise Labé, Sonnet IX) Ô doux sommeil, ô nuit heureuse à moi! Plaisant repos, plein de tranquillité, Continuez toutes les nuits mon songe; Et si jamais ma pauvre âme amoureuse Ne doit avoir de bien en vérité Faites au moins qu’elle en ait en mensonge . 28 L’invocation au sommeil ne va pas le plus souvent sans appeler le songe qui apporte la vision bienheureuse de l’aimée et le rêve d’un amour enfin exaucé. Félix Juvenel de Carlincas: Quand le sommeil sortant de sa grotte profonde Amena dans mon lit l’objet de mon amour Ronsard déjà (Second livre des amours, sonnet XXIII) pensait que Morphée envoyait à l’amant un songe pour apaiser son amertume, pour d’autres il s’agit d’Amour lui-même: Amour pour éprouver ma fidèle constance D’un songe controuvé, l’espace d’une nuit, Charma de mes esprits la débile espérance…29 C’est pour le poète l’occasion d’une part de dresser un portrait des plus flatteurs de son amante et de décrire en détail son idéale beauté. C’est d’autre part la possibilité d’exaucer en rêve le désir d’amour et pour un Pierre de Brach de la presser „nu à nu“ entre ses bras, 30 car comme le dit Urbain Chevreau „Souffrez si je ne puis la baiser quand je veille/ Qu’au moins je la baise en dormant“. 31 Aussi les beaux et chastes yeux, le large front d’ivoire, les sages discours, la mignarde tresse, la délicate main, le poil d’or, tout est prétexte à exalter les beautés de la Dame dans une vision que le rêve rend tout à loisir. Songe tandis que l’Aube est attendue Viens sur mon lit doucement te couler Et ne me peins ni fantômes en l’air Ni cerf volant ni chimère cornue Peins-moi plutôt celle Idée connue De la Maîtresse et fais-la égaler A elle-même en douceur de parler 147 Et me la mets devant moi toute nue Fais que nos feux nous puissions apaiser […] Et charme-moi d’un tel contentement Qu’à mon réveil je crois fermement Avoir joui de sa grâce farouche.32 Je songeais cette nuit que nue entre deux draps Je goûtais les plaisirs qu’on goûte entre vos bras Votre humeur me semblait amoureuse enjouée Et ne connus jamais de nouvelle Epousée Qui se prît mieux que vous à semblables ébats33 Le rêve de mille baisers et de maintes caresses font goûter des plaisirs et des douceurs „dont le seul souvenir peut alléger la peine“. 34 Ainsi Joachim Bernier de la Brousse: O Songe doux ô fantôme croyable Qui m’entretiens en l’amoureux plaisir Entre mes bras Hélène mon désir Je te tenais cette nuit favorable Je suçotais ta bouche désirable Des Dieux du ciel Je touchais à loisir Ton blanc téton et savais bien choisir Sur ton beau corps un bien plus agréable35 C’est ainsi que Philippe Habert peut dire: „Le Frère de la Mort m’a redonné la vie“ et de s’enchanter des douceurs goûtées la nuit. 36 Et Pierre de Marbeuf d’ajouter: Sommeil l’on vous a cru le frère de la mort Mais puisque vos faveurs m’ont fait baiser Silvie Je vous crois bien plutôt le père de ma vie Théophile de Viau condamne l’image fallacieuse donnée par les poètes au „Ministre du repos, sommeil, père des songes“ 37 qui fait de lui une image de la mort: Faut-il confesser qu’en l’aise où tu nous plonges Nos esprits sont ravis par un si doux transport Qu’au lieu de raccourcir à la fureur du sort Les plaisirs de nos jours, sommeil, tu les allonges? Isaac Habert en s’exclamant „Mon dieu! que de plaisir il y a de songer! “ demande à la noire nuit de s’allonger pour augmenter une si grande liesse et reprend le topos de l’Aurore à qui l’on demande de rester auprès de la couche de Tithon, son vieillard époux. Cette haine de l’aurore 38 qui vient mettre un terme aux plaisirs et aux jeux de la nuit est sans cesse repris, par Pierre de Deimier par exemple: 148 Ah que tu es heureux doux berger de Latmie Que Diane te baise en ton tendre sommeil Mais que tu dois haïr l’Aurore et le réveil Qui te lèvent des bras d’une si douce amie39 ou Guillaume Colletet: Mais comme ces douceurs me chatouillaient encore Je sentis sur mes yeux un rayon de l’Aurore Qui tua mes plaisirs et fis naître le jour40 ou encore Claude Expilly de la Poepe: Au fort de ces ébats un envieux réveil Vint rompre ce doux songe au lever du Soleil41 L’évocation des plaisirs de l’amour sont alors précis et l’illusion du songe est jugée préférable à tout le reste. Ainsi Isaac Habert ajoute dans le sonnet mentionné: Flanc à flanc, bras à bras, sein à sein, bouche à bouche, Mollement étendu dessus ta molle couche, Dormant, il me semblait ton ventre rond presser. Songe, ton faux me plaît, et ta douce mensonge, Mais je voudrais trois mois songer ce même songe, Et puis après, veillant, ma maîtresse embrasser...42 et il renchérit dans un autre sonnet: Que d’amour, que d’appas, que de douces blandices, Que de ris, que d’ébats, que de molles délices, Que de naissantes morts, que de jeux amoureux! Que de baisers confits en sucre, en ambroisie! De ces plaisirs, dormant, j’avais l’âme saisie. Fut-il jamais en songe un amant si heureux! Habert voudrait que toute sa vie ne fut qu’un songe, effaçant le frontière entre rêve et réalité, tout comme Pontoux, que cite Gisèle Mathieu, qui privilégie la douceur du songe: Je sens la nuit une félicité Le jour m’est mal et bien l’obscurité, Où sommeillant en joye je me plonge La lune m’aide et me nuit le soleil…43 Le sommeil n’est plus simplement l’oubli des tracas du jour et de l’indifférence de la femme aimée, c’est un moyen - quasiment physiologique - de donner libre 149 cours à sa passion et de la contenter. Pour Théophile de Viau, ce „petit moment“ du songe Amour lui permet d’entretenir ses sens et de tenir dans son lit „Elise toute nue“. 44 Nombreux sont ainsi les exemples de Pierre de Cornu à Jean de la Jessée qui chante le songe consolateur qui est un songe érotique. Théophile de Viau fait aussi parler la femme et sait que le sommeil nocturne laisse s’exprimer les désirs les plus cachés Tous les secrets d’amour que le sommeil exprime, Mon âme les ressent; Et le matin je pense avoir commis un crime Dans mon lit innocent. De honte à mon réveil, je suis toute confuse, Et, d’un oeil tout fâché, Je vois dans mon miroir la rougeur qui m’accuse D’avoir fait un péché. […] Je prie tous les dieux De maltraiter Morphée à cause que ses charmes Ont abusé mes yeux.45 Cependant les poètes mettent également l’accent sur le contraste entre la réalité décevante et les rigueurs de l’aimée, inébranlable le jour et les libertés accordées nuitamment. Si la sensualité du rêve fait l’objet de maintes descriptions assez réalistes et libertines, plus dur est alors le réveil: le jour fait fuir les bienheureux fantômes de la nuit et le rêveur se retrouve solitaire sur sa couche, irrité de la tromperie du songe et des illusions qu’il avait fait naître. Ces „vains fantômes d’amour“, ces „vains plaisirs“, 46 ces „charmes imaginaires“, ces „faux bonheur“ ne sont que des misères pour la plupart qui mettent avec douleur l’accent sur la déception du réveil. Evoquant les „vaines douceurs“ 47 créées par ce „frêle démon“ qu’est le morne prince des songes, Tristan fait rimer une fois de plus songe avec mensonge. Le thème du bien fugace est populaire depuis longtemps et le Roland furieux de l’Arioste en témoigne (Orlando furiosi XXXIII str. 62-65): 48 En ce moment le sommeil la fuit et elle ne voit plus que Roger qui disparaît avec son rêve. La damoiselle recommence alors à pleurer et se parle ainsi à elle-même: C’est un vain songe qui est venu me procurer ce plaisir, et c’est, hélas! la réalité qui me torture pendant que je veille. Le songe a été prompt à s’enfuir, mais ce n’est point un songe que mon âpre et cruel martyre. Pourquoi, éveillée, n’entends-je plus, ne vois-je plus ce qu’endormie, ma pensée semblait entendre et voir? pourquoi mes yeux, quand ils sont clos, voient-ils le bien, et voient-ils le mal quand ils sont ouverts? Le doux sommeil m’a fait espérer la paix; mais la veille amère me replonge dans la guerre. Le doux sommeil a été menteur, mais, hélas! la veille amère ne me trompe point. Si le vrai me pèse et si le faux me plaît, que jamais plus je n’entende ou ne voie la vérité sur la terre. Si le sommeil me donne la joie, si la veille m’apporte la souffrance, puissé-je dormir sans me réveiller jamais! 150 […] je me sens mourir quand je veille, et je me sens vivre quand je dors. Mais si un sommeil de cette nature ressemble à la mort, viens sur l’heure, ô Mort, me clore les yeux! Il s’agit là d’un modèle que les poètes ont fort présent à l’esprit. Solitude Le poète en quête d’ombre pour y sentir plus fortement sa vie évoque dans la solitude qui est la sienne les oiseaux nocturnes qui lui ressemblent: Tous ces oiseaux qui sous la nuit obscure D’un triste vol se plaignent lentement Ne sont témoins du doux commencement De mon amour sainte, loyale et pure. (Flaminio de Birague)49 En développant l’antique topos de la sympathie de la nature aux souffrances de l’amant, thème qui est à l’origine de nombreuses complaintes funèbres, 50 le poète se livre aux affres de la disperata, de cette désespérance qui trouve en la nuit l’écho favorable à son humeur d’amant affligé. „Hôte mélancolique des Tombeaux et des croix“, il se plait à errer dans l’obscurité des forêts, haïssant la lumière. 51 Les oiseaux nocturnes apparaissent alors comme des doubles partageant les mêmes souffrances que l’amant. Ainsi à la fin de l’Hyppolite de R. Garnier: Je veux choisir un lieu commode à mon tourment Où le mortel hibou lamente incessamment. Le corbeau comme le hibou, ces „augures d’Atropos“ (La Roque, Phyllis, s. 14) sont depuis l’Antiquité connus pour être des oiseaux funestes. Birague: „Je fuis comme un hibou la lumière des cieux“ 52 et Belleau d’évoquer „les tristes oiseaux/ dont le vol gauche & lent, & les divins murmures/ Ne portent aux humains que sinistres augures.“ 53 Reprenant le thème bien connu d’Ovide „Quis fuit ille dies, quo tristia semper amant/ Omina non albae concinuistis aves? “ (Quel était le jour où vous avez, oiseaux de mauvais augure,/ Chanté en chœur de tristes présages pour celui qui aime toujours? “). 54 Fin de l’amour, synonyme de ce trépas évoqué par Birague: „Le soir dessous mon toit, les funèbres oiseaux/ Annoncent mon trépas…“ 55 Le poète quand vient la nuit à pas lents se retire en pleurant. 56 Pétrarque évoquait aussi la prédiction funeste de l’oiseau nocturne (Pétrarque, Canz. s. 210). 57 Mais La Roque pense moins à Pétrarque qu’à la plainte de Sincero dans l’Arcadie de Sannazar (VII, 52): Come notturno ucel nemico sole, lasso, vi io per luoghi oscuri e foschi, 151 mentre scorgo il dì chiaro in su la terra; poi quando al mondo sopravien la sera, non com’altri animai m’acqueta il sonno, ma allor mi desto a pianger per le piagge. lorsqu’il écrit son fameux sonnet 58 qui semble préfiguré la désespérance romantique d’un Nerval écrivant son El Desdichado: „Je suis le ténébreux, - le veuf, - l’inconsolé, / Le prince d’Aquitaine à la tour abolie: / Ma seule étoile est morte, - et mon luth constellé/ Porte le soleil noir de la Mélancolie.“ Je suis le triste oiseau de la nuit solitaire Je suis le triste oiseau de la nuit solitaire, Qui fuit sa même espèce et la clarté du jour, De nouveau transformé par la rigueur d’Amour, Pour annoncer l’augure au malheureux vulgaire. J’apprends à ces rochers mon tourment ordinaire, Ces rochers plus secrets où je fais mon séjour. Quand j’achève ma plainte, Echo parle à son tour, Tant que le jour survient qui soudain me fait taire. Depuis que j’eus perdu mon soleil radieux, Un voile obscur et noir me vint bander les yeux, Me dérobant l’espoir qui maintenait ma vie. J’étais jadis un aigle auprès de sa clarté, Telle forme à l’instant du sort me fut ravie, Je vivais de lumière, ore d’obscurité. La Roque, en s’identifiant - non pas à un, mais à „le“ - triste oiseau, devient allégorie de lui-même, de sa solitude absolue, de ce vide creusé par l’absence, lui, privé de son humanité, devenu - comme le sera bien plus tard le Corbeau d’Edgar Allan Poe - le symbole d’une cruelle fatalité, condamné à parler sans être entendu, seul vivant parmi les rochers et dont le son de sa voix repris par l’écho devient fantôme de lui-même, tourmenté par le souvenir de son existence antérieure, de sa puissance, de la lumière et d’une liberté à jamais perdue. Il y a bien une sorte de romantisme noir dans ce baroque ténébreux chez celui qui erre dans la nuit: Je suis jà ombre blême Orphelin de mes sens Errant idole affreux Dans l’Orque ténébreux L’amour rebelle crée le désert, la solitude et la souffrance de celui qui cherche les ténèbres, les antres et les bois dont les accents funèbres répondent à sa voix. Mais si les ombres sont complices de la douleur amoureuse, la nuit recherchée apparaît complaisante et un refuge heureux pour le tourment. Il se produit un para- 152 doxal renversement qui veut que la nuit en accueillant le désir des ténèbres soit pour l’amant une lumière. Comme l’a bien vu Gisèle Mathieu, „la clarté éblouissante de la nuit est préférée à l’obscurité angoissante du jour“. „Le jour serein m’est une obscure nuit,/ Lors que je perds le Soleil qui m’enflamme“ écrit La Jessée. 59 Si la nuit est un espace d’angoisse, de frayeur, image d’une mort que l’absence de réciprocité amoureuse entraîne, elle devient aussi le chemin d’une volupté masochiste: Déjà plus à mes yeux nulle clarté ne luit, Vif j’adore l’horreur d’une éternelle nuit, Tout ce qui peut aider m’est mortel et contraire, Je ne puis concevoir que plaisir à me déplaire.60 Cette course au „mal volontaire“, 61 l’espoir étant devenu un „monstre odieux“, le jour importun et ennuyeux conduit au hâvre du silence nocturne, à ce „théâtre idéal où se joue la douleur“. 62 Il y a une véritable mise en scène du désespoir d’amour avec un décor obligé. Du coup le Soleil qui avait été le modèle même de la beauté, de la lumière des yeux de l’aimée, 63 du désir et de l’amour se voit éloigné avec mépris, voire même avec une forte répulsion. 64 Le Soleil est par trop sombre, et trop peu chauds sont ses rayons „pour de mon ame chasser l’ombre, et faire fondre ses glaçons“ 65 Aussi „pour fuir du soleil la lumière“, 66 l’amant trouve-til refuge dans l’ombre, où l’attend une autre lumière. Mais toujours cette Nuit a de nouveaux appas Et plus notre Œil s’attache à contempler ses ombres Plus il voit de clartés qu’il ne découvrait pas.67 Au soleil diurne vient s’opposer un soleil nocturne qui anticipe à bien des égards l’image du soleil noir. Georges de Scudéry parle ainsi de l’“aimable noirceur“ de ces „beaux et sombres Soleils“ que sont les yeux de la Dame. Et le jeu des oxymores ne s’embarrasse point de la palette du peintre qui peignant avec du charbon peut suggérer que la lumière serait noire: Astre dont la noirceur semble former la gloire Et qui fais ton éclat de ton obscurité Tu montres bien que la Beauté Charme en Ebène aussi bien qu’en Ivoire Le pinceau de Beaubrun….68 La nuit ténébreuse devient le jour. Elle a „beaucoup moins de noirceur qu’elle n’a de clarté“ 69 Elle est la nuit à la luisante clarté. 70 Du Bois-Hus dans „La nuit des nuits et le jour des jours“ (Paris, 1641) ne se lasse pas de faire la nuit plus éclatante que le jour. La nuit est amoureuse, elle est l’amour même: „Les torches qu’elle allume en la place du jour / Plus belles que l’aurore / Lui couronnent le front de lumières d’amour“. La nuit allume dans les cieux mille nouvelles étoiles, qui 153 sont de nouveaux yeux pour mieux voir son amant. Ainsi les étoiles sont-elles les yeux de l’amour. Ces lumières de la nuit sont admirablement décrites par La Roque dans une ode à la nuit qui pourrait préfigurer les Hymnes à la nuit d’un Novalis ou de bien d’autres encore. Ode à la nuit Ô Nuit plaisante et sereine, Viens découvrir à nos yeux Ton beau char qui se pourmène Par les campagnes des cieux. Sors de ta caverne obscure Dans le saphir éclatant, Pendant qu’en cette verdure Je vais ton los racontant. Rallume ta clarté sainte, Que le grand Soleil jaloux Avait par sa flamme éteinte, Passant à midi sur nous, Fais voir ta beauté céleste, Digne d’offrande et d’autels, Et par qui se manifeste Le Ciel aux yeux des mortels. Or j’aperçois que ton voile S’étend dessus l’Orient, Méme la première étoile Nous montre son oeil riant, Les monts, les bois, les vallées. Commencent à s’ombrager, Pendant qu’aux ondes salées Le soleil se va plonger. Nuit qui pour mon bien retourne, Ministre de nos plaisirs, Ô belle Nuit où séjourne Le sujet de nos désirs, Arrête un peu ton voyage, Tant que celle que je veux Me montre sous ton ombrage Le paradis amoureux. Ô Nuit à jamais utile, Nuit douce et pleine d’appâs, Sans toi tout serait stérile, Et sécherait ici-bas, Ô Nuit seul repos du monde, Miroir des feux de là-haut, Qui rends la terre féconde Avec l’humide et le chaud, Ô Nuit qu’au jour je préfère Par qui notre entendement Connut la céleste sphère, Son cours et son mouvement, Et par la règle commune, Tu nous fais voir maintes fois Le trépas et la fortune Des laboureurs et des rois. Nuit agréable et plaisante, Douce nourrice d’Amour, Que j’adore et que je vante Plus que les rayons du jour, Dans ton azur solitaire Se modèrent nos langueurs, Te rendant la secrétaire Des passions de nos coeurs. [...] Pourtant force est de constater que la nuit en sa cécité profonde est fondamentalement ambivalente et qu’il est difficile, dans ce monde baroque dominé par l’inconstance et le vertige, de distinguer le jour de la nuit, qui ne cessent d’alterner et d’être renvoyés dos à dos. Monde de confusion où eros et thanatos chantent un chant amébée. Souvent prise de manière métaphorique, la nuit est l’amour, elle est femme et lorsque Tristan chante la nuit, Que vous avez d’apas, belle Nuit animée! Que vous nous apportez de merveille et d’amour; Il faut bien confesser que vous êtes formée Pour donner de l’envie et de la honte au jour. 154 il s’agit en fait de l’image d’une femme, celle d’une veuve en habit noir dont la sombre beauté éblouit („La flamme éclate moins à travers la fumée, / Que ne font vos beaux yeux sous un si sombre atour“) et qui réunit en une même image amour et mort: Car vous voyant si belle, on pense à votre abord Que par quelque gageure où Venus s’intéresse, L’Amour s’est déguisé sous l’habit de la Mort.71 Ministre des plaisirs Si la nuit peut être l’absence de la lumière de l’aimée; si le jour est la trop cruelle visibilité de son indifférence, si la clarté des yeux est une lumière nocturne supérieure à celle du jour, il faut bien convenir que la nuit n’est pas seulement un refuge pour la douleur, mais aussi la complice des amants, mère des plaisirs, cache secrète des étreintes, cette „nuit aux amants favorables“ ainsi que l’écrit Jehan Grisel. 72 O Nuit heureuse Nuit ô Nuit plus agréable Que l’ardente lueur d’un jour mieux éclairé, Qui me fus à mon gré d’autant plus favorable Que moins - heureuse Nuit - je l’avais espéré, Fallait cependant que par ta jalousie Nous fussions si matin importunez du jour? 73 Il y a un véritable désir de crépuscule. Aussi la tombée du jour est-il un moment exaltant, une invitation à pénétrer les mystères de la nuit, une promesse de l’accomplissement du désir. La poésie baroque multiplie une pastorale crépusculaire en décrivant la campagne s’embrunissant, reprenant ainsi la fin de la première églogue de Virgile qui avait initié la thème. Si le thème prend parfois des allures désespérés, „Désespoir“ étant le titre du poème de Marbeuf: „Aussitôt que je vois l’ombre / Il me semble que je vois l’ombre / De ma belle qui me poursuit“, 74 la nuit est également non seulement favorable aux amants, mais elle embellit leurs amours, transforme l’insomnie en délices, l’obscurité en lumière. La nuit rend les femmes plus belles, les cœurs plus ardents, les feux plus lumineux. Pour reprendre Tristan, qui identifie la femme à la nuit et à l’amour, l’amant peut s’écrier: „Que vous avez d’apas, belle Nuit animée! Que vous nous apportez de merveille et d’amour“. 75 O douce nuit, ô Nuit plus amoureuse, Plus claire & belle, & à moy plus heureuse Que le beau jour, & plus chère cent fois, D’autant que moins, ô Nuit, je t’espérais. Et vous, du ciel étoiles bien apprises 155 A secourir les secrètes emprises De mon amour, vous cachant dans les vœux Pour n’offenser l’ombre amy de mes yeux. Et toi ô sommeil secourable, Favorable, Qui laissas deux amants seulets, Eveillez76 Les plaisirs amoureux sont décrits en abondance, la main qui tâtonne la cuisse, le tétin pommelu, la langue errante, les baisers et ces embrassements qui font tomber les amants sous l’ardeur languissante (pour reprendre quelques images de l’Hymne à la Nuit de Ronsard). Si la nuit sépare les amants, elle est plus souvent encore le moment de se retrouver, avec cependant de dramatiques conséquences dues à l’obscurité. Héro et Léandre, Pyrame et Thisbé se rencontrent lors d’une „Belle nuict qui me tends tes ombrageuses toilles“ (Théophile de Viau, Pyrame et Thisbé, v. 951), mais l’on sait également les confusions tragiques que favorise l’obscurité. Il y a donc la nuit qui sépare et la nuit qui unit. La muette nuit à la robe embrunie voile de son manteau l’amant qui se rend auprès de l’aimée. Elle couvre de son obscurité le secret des amants, car comme le fin larron cèle ses larcins le bon amant tient la chose secrète. 77 Ronsard, s’inspirant de Giovanni Pontano, évoque lui aussi la nuit des amours, ministre fidèle qui accompagne secrètement „l’impatient ami de l’heure accoutumée“ dans son Hymne à la nuit. 78 Cette nuit amoureuse, secourant les secrètes entreprises, 79 ne doit point trop donner de sa lumière. C’est là ce contre quoi s’emporte Desportes dans son célèbre poème Contre une nuit trop claire composé en 1565, inspiré d’une pièce l’Arioste, qui fut également imitée par Melin de Saint-Gervais et Remi Belleau. Dès sa parution en 1573, le poème fut maintes fois imité et mis plusieurs fois en musique par Chardavoine (1576) et D. le Blanc (1577). Desportes s’indigne de ce que la „jalouse Nuit“ enflamme le ciel d’une nouvelle clarté si contraire à sa félicité. 80 Au lieu de mettre son noir bandeau la nuit est de mille feux étoilés et la lune éclaire là où elle devrait s’effacer. Le poète fait appel à de mythologiques souvenirs d’amour Et toi, sœur d’Apollon, vagabonde courrière, Qui pour me découvrir flambes si clairement, Allumes-tu la nuit d’aussi grande lumière, Quand sans bruit tu descends pour baiser ton amant? Hélas! s’il t’en souvient, amoureuse déesse, Et si quelque douceur se cueille en le baisant, Maintenant que je sors pour baiser ma maîtresse, Que l’argent de ton front ne soit pas si luisant. Mais la fable a menti et l’histoire est menteuse de celle dont il dénonce la froide humidité. 156 Si tu avais aimé, comme on nous fait entendre, Les beaux yeux d’un berger, de long sommeil touchés, Durant tes chauds désirs tu aurais pu apprendre Que les larcins d’amour veulent être cachés. Le poète évoque alors tous les obstacles qu’une trop grande luminosité nocturne font naître à l’encontre de son désir d’amour: les gens qui dans la rue, au lieu d’aller dormir, s’attardent à causer en le condamnant à aller et venir, tournant ses yeux vers le lieu désiré, mais ne pouvant avancer, la rue étant pleine d’importuns qui le voient et qui l’empêchent d’approcher de l’huis désiré sans être découvert. Je voudrais être roi pour faire une ordonnance Que chacun dût la nuit au logis se tenir, Sans plus les amoureux auraient toute licence; Si quelque autre faillait, je le ferais punir. La quête de l’amante de nuit peut prendre des aspects comiques tel ce poème dans lequel l’amoureux erre dans l’obscurité (Tout au rebours de Cupidon,/ J’ai les yeux et non le brandon/ Et lui le brandon sans la vue) et il aimerait que Cupidon lui serve de lanterne, non pour contempler la beauté, mais pour éviter les gouttières: Quel malheur c’est de ne voir goutte, Et falloir chercher son chemin, En tâtant les murs de sa main Au-dessous d’un toit qui dégoutte.81 L’image de l’amant (transi au propre et au figuré) devant la porte de sa belle est un thème nocturne que l’on trouve chez Ronsard, Saint-Gelais, Du Bellay, Grévin, Jacques Constans, mais il était déjà chez Horace 82 comme chez Ovide. 83 Il est chez Tristan un petit poème fort amusant qui témoigne des difficultés et des complaisances des visites nocturnes: Epitaphe d’un petit chien Ci git un chien qui par nature Savait discerner sagement Durant la Nuit la plus obscure Le Voleur d’avecque l’Amant. Sa discrète fidélité Fit qu’avec beaucoup de tendresse A sa mort il fut regretté Par son Maitre et par sa Maitresse.84 1 La Roque, „Or que la nuit et le silence“ (cité dans Gisèle Mathieu-Castellani, Anthologie de la poésie amoureuse de l’âge baroque, p. 279). 157 2 „La nuit est très fortement liée, dans la sensibilité baroque, non pas seulement à l’idée de la mort, mais aussi à l’attirance de la mort: elle appelle la mort, elle la manifeste, elle suscite un cortège de rêveries sur la mort“ (G. Mathieu, Les thèmes amoureux dans la poésie française 1570-1600, Lille III, p. 412). 3 Tristan (cité dans l’Anthologie de la poésie baroque française de Jean Rousset, A. Colin, 1968, tome 2, p. 61). Il est vrai, il s’agit ici de l’évocation d’une belle veuve dont l’image unit la couleur noire à celle de l’amour („La flamme éclate moins à travers la fumée,/ Que en font vos beaux yeux sous un si sombre atour“). 4 Gisèle Mathieu-Castellani, Eros baroque. Anthologie thématique de la poésie amoureuse, Nizet, 1986, p. 33-34. 5 Qui reprend d’ailleurs textuellement le sonnet LV d’Olivier de Magny dans Les Souspirs. 6 Les Amours de feu Mr Tristan et autres pièces curieuses, Paris, 1662, p.37 (Les songes funestes, sonnet). 7 „Nuit fille de la terre, amène tes flambeaux“ (Isaac Habert). 8 Apollodore, Bibliothèque, I, VII, 5: „Sa beauté était prodigieuse, et Séléné tomba amoureuse de lui [Endymion]. Zeus lui accorda de choisir ce qu’il voulait, et Endymion choisit de dormir toujours, en restant immortel et éternellement jeune.“ 9 Jamyn, Œuvres Poétiques, tome 2, livre IV, XCIII. 10 Sogno, che dolcemente m’hai furato A morte, e del mio mal posto in oblio, Da qual porta del ciel cortese e pio Scendesti a rallegrar un dolorato? (Gli Aoslani e le Rime. sonnet LXXIII (XCVIII). 11 La porte d’ivoire chez Homère (Virgile) livre passage aux songes trompeurs. Voir Odyssée, XIX (v. 550 562): „Etranger, certes, les songes sont difficiles à expliquer, et tous ne s’accomplissent point pour les hommes. Les songes sortent par deux portes, l’une de corne et l’autre d’ivoire. Ceux qui sortent de l’ivoire bien travaillé trompent par de vaines paroles qui ne s’accomplissent pas; mais ceux qui sortent par la porte de corne polie disent la vérité aux hommes qui les voient.“ Thème repris chez Virgile dans l’Enéide, VI, 893-896: On trouve en ces confins les deux portes du Somme, Par où le songe passe allant au lit de l’homme: L’une est de corne trouble, et l’autre luit aux yeux, Construite dextrement d’ivoire spécieux. Le songe véritable ouvrant ses ailes sombres, Sort de celle de corne inspiré par les Ombres, L’essaim des songes faux, par les Mânes instruit, Gagne celle d’ivoire, affublé de la nuit. 12 Jean Godard (cité dans l’anthologie de Gisèle Mathieu-Castellani, Anthologie de la poésie amoureuse de l’âge baroque, p. 203). 13 Desportes (Les Amours de Diane, Premier livre, XLIV). 14 Ibid. Les Amours de Diane, II, son. VII. 15 Pontus de Tyard (Nouvelles œuvres poétiques, son. VI). 16 Flaminio de Birague, Les premières œuvres poétiques, Droz, 1998, p.174 (sonnet LXVII). 17 O Sonno, o requie e triega degli affanni, che acqeuti e plachi i miseri mortali, da qual parte del ciel movendo l’ali venisti a consolare i nostri danni? que Birague traduit ainsi: 158 O Somme, ô doux repos et trève de nos peines Qui charmes les ennuis et travaux des humains De quel lieu partis-tu des astres plus hautains Pour venir enchanter mes douleurs inhumaines? 18 Vrayment c’est à bon droit, ô somme gracieux Qu’on t’appelle charmeur des ennuis soucieux Que cause dans nos cœurs l’enfaçon de Cyprine“ 19 Voir Homère, Iliade, 14, 231 et suiv.; Ovide, Métamorphoses, 11, 581-748. 20 Virgile, Enéide, V, 838-839. Et déjà la Nuit humide avait presque atteint la borne médiane du ciel; les matelots, couchés sous leurs rames, sur les dures banquettes, laissaient se détendre leurs membres dans un paisible repos, quand le Sommeil, tout léger, se laissant glisser des astres de l’éther, écarta l’air ténébreux, repoussant les ombres. 21 Siméon-Guillaume de La Roque, Stances au Sommeil, p. 169. 22 Siméon-Guillaume de La Roque, s. LXIV. 23 Délie, CXXVI (Paris, 1961, p. 93). 24 Desportes,Cléonice, p. 75. 25 Délie, CXLVII (Scève, op. cit., p. 109). 26 Desportes, Amours d’Hippolyte, p. 75. 27 Les Amours de Pirame et Tisbée (La Roque). 28 une autre version indique: Ô doux sommeil, ô nuit heureuse pour moi! Plaisant repos, plein de tranquillité, Continuez toutes les nuits mon songe; Et si jamais ma pauvre âme amoureuse Ne doit connaître le bonheur dans la vraie vie, Faites au moins qu’elle en ait l’illusion. 29 Pierre de Cornu, Premier Livre des Amours, LXIII, p. 47 (cité par Gisèle Mathieu, Les thèmes amoureux dans la poésie française, op. cit., p. 81 - qui cite la suite du poème où l’amant se voit trompé par l’image d’une vieille édentée et chauve). 30 Pierre de Brach, Œuvres poétiques, Paris, 1861, XXVII, p. 59. 31 Urbain Chevreau, Poésies, Paris, 1656. 32 Pierre Le Loyer, Œuvres et mélanges poétiques, Paris, 1579, p. lx. 33 Auteur anonyme, Nouveaux recueil de divers rondeaux, Paris, 1650, II, p. 20 (cité par Albert-Marie Schmidt, L’Amour noir, Slatkine, Genève, 1982, p. 113). 34 Anonyme, Poésies choisies, Paris, 1660, p. 68. 35 Joachim Bernier de la Brousse, Les œuvres poétiques, Poitiers, 1618, p. 15. 36 J’ai cette nuit goûté les plus douces douceurs Du breuvage des dieux, de la manne prisée, Du miel, du sucredoux, de la douce rosée. Isaac Habert, Œuvres poétiques (1582), XVIII, p. 26. 37 „Ministre du repos, sommeil, père des songes, Pourquoi t’a-t-on nommé l’image de la mort? Que ces faiseurs de vers t’ont jadis fait de tort De le persuader avecque leurs mensonges. (Les Œuvres de Théophile de Viau, Paris, 1631 (cité dans Trésor de la poésie baroque et précieuse, éd. André Blanchard, Seghers, Paris, 1969, p. 116). 159 38 Desportes, poète de cour, flatte le deuil d’Henri III qui perdit ses mignons en avril 1758, tués en duel. Il renverse dans son élégie les valeurs traditionnelles, faisant de la nuit un moment paisible, de sécurité, de repos alors que l’Aurore est présentée sans ses tresses de roses ni parure d’aucune sorte, mais comme une figure de deuil - image du duel au petit matin. (Desportes, Elégies, éd. V.E. Graham, Droz, 1961, p. 215-216). La nuit préservait l’amour, le petit jour est pourvoyeur de mort. 39 Pierre de Deimier, Les premières œuvres, Lyon, 1600, p. 141. 40 Guillaume Colletet, Poésies diverses, Paris, 1656, p. 349. 41 Claude Expilly de la Poepe, Les Poèmes, Grenoble, 1624, p. 86. 42 Isaac Habert, „Mon dieu! que de plaisir il y a de songer! “ (cité dans Gisèle Mathieu- Castellani, Anthologie de la poésie amoureuse de l’âge baroque, p. 230). 43 Claude de Pontoux, Les Œuvres, Lyon, 1578, XCII, p. 61 (cité par Gisèle Mathieu, Les thèmes amoureux dans la poésie française, op. cit., p. 158). 44 Les Œuvres de Théophile de Viau, 1631, op. cit., p. 116. 45 Théophile de Viau, XXIV. Pour Mademoiselle D. M. Stances. 46 Les Amours de Feu Mr Tristan et autres pièces curieuses, Paris, MDCLXII, p. 102-105. 47 Les Amours de feu Mr Tristan, op. cit., p. 33. 48 Voir aussi par exemple Tebaldeo, L’Opere d’Amore. son. XXIV. 49 Les clairs ruisseaux, les bois et la verdure Des prés fleuris d’un beau bigarrement Sont seuls témoins du bien et du tourment Que pour aimer également j’endure. La nuit n’eût su dans son sein recéler Mon feu luisant, qui peut étinceler Parmi les cieux, aux enfers et sous l’onde. Mon amour passe au travers de la nuit, Et plein d’un feu qui bluettant s’enfuit, Aide au soleil à redorer le monde. 50 On peut citer Bion (Chant funèbre en l’honneur d’Adonis), Marot (Chant funèbre en l’honneur de Bion), Belleau (Complainte sur la mort de Joachim Du Bellay), etc. 51 Flaminio de Birague, Les premières œuvres poétiques, Droz, 1998, Ode, p. 90. 52 Flaminio de Birague, op. cit., s. CXXXV p. 330. 53 Belleau, Eclogue sur la guerison d’Amour (éd. Marty-Laveaux, tome 2, p. 49-50). 54 Ovide, Amours, II, XII (Ovide, Ecrits érotiques, Thesaurus Actes Sud, 2003, p. 149). 55 Flaminio de Birague, op. cit" s. XXX (p. 86). 56 Flaminio de Birague, op. cit" s. CXXXV p. 330. 57 Non da l’ ispano Ibero a l’ indo Idaspe ricercando del mar ogni pendice, né dal lito vermiglio a l’onde caspe, né ‘n ciel né ‘n terra è piú d’ una fenice. Qual destro corvo o qual manca cornice canti ‘l mio fato, o qual Parca l’ innaspe? ché sol trovo Pietà sorda com’aspe, misero, onde sperava esser felice! Ch’ i’ non vo’ dir di lei; ma chi la scorge, 160 tutto ‘l cor di dolcezza e d’ amor gl’ empie: tanto n’ à seco, e tant’ altrui ne porge; e, per far mie dolcezze amare ed empie, o s’ infinge o non cura o non s’ accorge del fiorir queste inanzi tempo tempie. (Pétrarque, sonnet CCX) 58 Voir le commentaire de Jacqueline Van Baelen, „Je suis le triste Oyseau de la nuict solitaire“ in L’Esprit Créateur, Winter 1980, vol. XX, n°4, p. 40-43. 59 La Jessée, Les Premières Œuvres françaises, 1583, p. 1064. 60 Nuysement, Œuvres poétiques, p. 58 (cité par G. Mathieu, Les thèmes amoureux dans la poésie française, op. cit., p. 354). 61 La Roque, „Or que la nuit et le silence“ (cité dans Gisèle Mathieu-Castellani, Anthologie de la poésie amoureuse de l’âge baroque, p. 279). 62 G. Mathieu, Les thèmes amoureux dans la poésie française, op. cit., p. 411. 63 Ces „clairs soleils“ chantés par Pierre de Deimier (Les Prem. Œuvres, Lyon, 1600, p. 34) ou Isaac Habert: „Les beaux yeux, mes soleils, sont le jour de mon âme“ (Le Premier Livre des Amours de Diane, sonnet XIII). 64 Ainsi la lumière du jour est-elle ténébreuse: „les jours les plus luisants me sont obscures nuits“ (Bertaut, Œuvres, p. 318) ou encore „les jours luisants sont des nuicts sombres“ (Sponde, Poésies, Genève, 1949, p. 202). 65 Godard Jean, Les Loisirs, Ode XI. 66 Jacques de Constans, Les Constantes amours, Droz, p. 65. 67 Charles de Vion Dalibray, Les Œuvres poétiques, Paris, 1653. 68 Urbain Chevreau, Poésies, Paris 1656. 69 Du Bois-Hus, „La nuit des nuits et le jour des jours“ (Paris, 1641) (cité dans Trésor de la poésie baroque et précieuse, éd. André Blanchard, Seghers, Paris, 1969, p. 148). 70 „Clair flambeau de la nuit, dont la face argentée / Ne s’est veue jamais des amants souhaitée …“ (Isaac du Ryer, Le Temps perdu, 1610, Stances, p. 41). 71 Tristan (cité dans l’Anthologie de la poésie baroque française de Jean Rousset, A. Colin, 1968, tome 2, p. 61) 72 Jehan Grisel, Les Premières œuvres poétiques, Rouen, 1500, p. 64. 73 Gilles Durant, Imitations…, avec autres gaietés amoureuses, A une bonne Nuit, 1587, p. 133. 74 Pierre de Marbeuf, „Desespoir“ in Recueil des vers, 1628, p. 122. 75 Tristan (cité dans l’Anthologie de la poésie baroque française de Jean Rousset, A. Colin, 1968, tome 2, p. 61). 76 Rémy Belleau, Oeuvres Complètes, Paris, 1867, tome 1, p. 107. 77 Jean Godard, Les Principes de la Flore, Paris, 1587. 78 Ronsard, Œuvres Complètes, Bibliothèque de la Pléiade, tome 2, p. 646. 79 Rémy Belleau, op. cit., tome 1, p. 107. 80 La même opposition contre une nuit trop claire se retrouve, mais dans un sens fort différent chez Baudelaire qui évoque dans le poème „Obsession“ des Fleurs du mal le plaisir d’une nuit sans étoiles, car ce qu’il cherche, c’est „le vide, et le noir, et le nu! “. Comme tu me plairais, ô nuit! sans ces étoiles Dont la lumière parle un langage connu! Car je cherche le vide, et le noir, et le nu! Refusant et repoussant ces „chastes étoiles“ qu’il évoque dans „Sépulture“ (LXX), c’està-dire la lumière spirituelle qui s’oppose aux ténèbres de la matière, ce témoignage de pérennité, de constance et d’immortalité, le poète voudrait se libérer de l’obsession de ce 161 conditionnement culturel, envahissant et opprimant. (Charles Baudelaire, Les Fleurs du mal, „Obsession“, pièce LXXIX) 81 Recueil Sercy, 1 ère partie, 1653 cité dans Trésor de la poésie baroque et précieuse, éd. André Blanchard, Seghers, Paris, 1969, p. 246-247. 82 Horace, Odes, III, 10. 83 Ovide, Amours, I, VI: „Portier, toi que chargent, ô indignité! de lourdes chaînes, fais rouler sur ses gonds cette porte rebelle. Ce que je te demande est peu de chose: entr’ouvre-la seulement, et que cette demi-ouverture me permette de me glisser de côté; un long amour m’a assez aminci la taille, et a rendu mes membres assez maigres pour qu’ils puissent y passer; c’est lui qui m’apprend à m’insinuer sans bruit au milieu, des gardes, c’est lui qui guide et protège mes pas. Autrefois je redoutais la nuit et ses vains fantômes; je m’étonnais qu’on pût marcher au milieu des ténèbres; alors Cupidon se prit à rire avec sa tendre mère, assez haut pour se faire entendre de moi; puis il me dit tout bas: "Toi aussi tu deviendras brave." L’Amour vint me surprendre bientôt, et maintenant je ne crains ni les ombres qui voltigent dans la nuit ni la main meurtrière armée contre moi. Je ne redoute que ton extrême lenteur; c’est toi seul que je veux attendrir; dans ta main est la foudre qui peut me perdre. Regarde, fais disparaître un instant cette cruelle barrière, et tu verras comme cette porte est mouillée de mes larmes. C’est moi, tu le sais, qui, au moment où des coups allaient pleuvoir sur tes épaules nues, intercédai pour toi auprès de ta maîtresse; les prières qui eurent autrefois tant de pouvoir pour toi, aujourd’hui, ô ingratitude! ne peuvent-elles donc rien pour moi? Paie-moi du service que je t’ai rendu; voici l’occasion d’être aussi reconnaissant que tu le désires. La nuit s’écoule, fais glisser les verrous, fais-les glisser, et puisses-tu, à ce prix, être pour toujours affranchi de ta chaîne, et ne plus jamais boire l’eau des esclaves.“ 84 Les Amours de Feu Tristan et autres pièces, Paris, MDCLXII, p. 146. 162 France Nerlich Latinité vs. germanité: un fantasme identitaire de l’histoire de l’art allemande (…) denn lateinisch! und germanisch! Das ist der Gegensatz, um den es sich in Europa auch in der Kunst handelt1 A la lecture des textes traitant de la peinture française contemporaine qui paraissent en Allemagne tout au long du XIX e siècle, on est avant tout frappé de leur nombre et de la redondance d’un discours presque uniforme qui émane de la plume de critiques d’art amateurs comme de celle de sommités scientifiques confirmées. La manière dont nombre de ces auteurs abordent la peinture française participe d’un système de pensée symptomatique de l’état général des sciences humaines de l’époque et reflète les préoccupations d’une histoire de l’art qui, en devenant discipline scientifique, a dû se forger des instruments de travail pour répondre à une question centrale: comment intégrer la complexité des manifestations artistiques dans un système logique et cohérent. La conception nationaliste qui s’impose dès la fin du XVIII e siècle dans toutes les sciences humaines devient également le fondement philosophique de l’histoire de l’art. 2 Si cette quête des caractéristiques „nationales“ comme explication des différences dans l’expression artistique des peuples à travers l’histoire, repose en grande partie, pour ce qui est de l’histoire de l’art, sur les propositions de Johann Joachim Winckelmann, l’interrogation sur l’identité culturelle et idéologique d’une nation devient un thème obsessionnel dans l’Allemagne de la fin du XVIII e siècle et du début du XIX e siècle. La fragilité de l’identité allemande, fragmentée en différents royaumes et villesétats, est ressentie de façon cruciale à un moment où elle est exposée une fois de plus à la menace d’une conquête à la fois militaire, politique mais aussi philosophique par la France. 3 Ce raccourci schématique permet de comprendre comment un texte comme les Discours à la nation allemande (1808) de Johann Gottlieb Fichte a pu avoir une influence décisive dans la constitution des disciplines scientifiques allemandes. 4 Le discours de Fichte répond en effet à l’état d’esprit de certains intellectuels contemporains et aux aspirations patriotiques générées par ce que la plupart d’entre eux considèrent comme une humiliation infligée par Napoléon aux différents Etats allemands. Nombre d’auteurs exhortent les Allemands à redevenir „une“ nation allemande en se souvenant de leur culture germanique commune afin d’affronter la nation ennemie, si puissante et si unie. Mais Fichte va plus loin que les fréquents appels à l’unité allemande diffusés dans des pamphlets et des feuilles volantes appelant à bouter hors d’Allemagne les armées napoléoniennes. 5 Il offre en effet un véritable fondement philosophique et scientifique à ce discours, en 163 exposant les raisons logiques de la supériorité de la culture germanique de la nation allemande sur son pendant antagoniste, la culture „romane“ de la France. Catalyseur d’idées contemporaines, le texte de Fichte sert de socle à toute une réflexion sur l’identité allemande qui va se cristalliser dans cette dichotomie fondamentale „France-Allemagne“, „Romania-Germania“. Les arguments historiques avancés par Fichte pour expliquer cet antagonisme semblent relever de prime abord de la linguistique, la langue exprimant la nature profonde d’un peuple. Il s’attache ainsi à démontrer que contrairement aux Allemands, les Français ne disposeraient pas d’une langue vivante, mais d’une langue importée et morte, néolatine, donc artificielle et non-naturelle qui les sépareraient de leur langage originel ainsi que de leur identité première. Pour cette raison, les Français ne seraient pas capables d’exprimer naturellement les mouvements de leur âme et ne pourraient donc pas produire de réflexion profonde ou éprouver un vrai enracinement culturel. 6 Comme les Allemands auraient toujours résidé au même endroit et résisté aux influences dominatrices étrangères, ils auraient conservé leur langue originelle. Celle-ci leur permettrait de vivre dans une harmonie totale, grâce à la compréhension spontanée d’une langue naturelle, autorisant toutes les classes à partager le savoir et la philosophie. Ce lien à son état originel ferait de l’homme germanique un penseur profond et un poète véritable puisqu’en unisson avec son âme. Les pays parlant des formes modernes du latin resteraient en revanche figés dans une artificialité moribonde, flottant à la surface d’un langage étranger et „appris“, incapables de véritable poésie: ainsi les littératures romanes n’intéressent Fichte qu’aussi longtemps que les poètes ont exprimé leur identité germanique, c'est-à-dire jusqu’à la fin du Moyen-âge. Il considère en effet que l’homme roman ne dispose de la langue que comme d’un bien extérieur à lui-même, et qu’il ne produirait donc que des constructions artificielles, sa philosophie se résumant à une explication du dictionnaire, allusion évidente aux ouvrages des philosophes des Lumières, notamment à l’entreprise de l’encyclopédie de Diderot. 7 Fascinés cependant par l’habileté et l’élégance des „néo-latins“ (en fait les Français), les Allemands auraient tendance à vouloir les imiter, honteux de leur „naturel primitif“. 8 Déplorant le manque de confiance de ses compatriotes en leur propre culture, Fichte s’applique à démontrer, dans ses quatorze conférences, la supériorité de la culture germanique sur la culture romane et dresse les antagonismes en un système dichotomique efficace, opposant vie et mort, état originel et état artificiel, inné et appris, profondeur et superficialité, âme et esprit, courage et lâcheté, force et faiblesse, etc.. 9 Une lecture superficielle du texte - celle de la censure française en 1808 - ne comprend ces Discours que comme un ouvrage savant consacré à l’étude comparée des langues „germanique“ et étrangères jamais vraiment définies. Mais une lecture attentive révèle la véritable nature du texte: il s’agit bien d’un discours virulent visant à établir la supériorité de la nation allemande sur la nation française. Les fondements du texte qui se présentent comme philosophiques lui confèrent une dimension inédite et offrent un point de départ essentiel pour les sciences humaines en quête de la définition de l’identité culturelle alle- 164 mande. 10 La dualité franco-allemande permet de concevoir une identité allemande en opposition à l’identité française. La polarité des deux „peuples“ devient ainsi fondamentale pour la réflexion sur l’identité allemande, comme le souligne avec violence Friedrich Gottlieb Welcker dans son pamphlet, Warum muss die französische Sprache weichen und wo zunächst? , exigeant la suppression de toute connaissance sur la France en Allemagne afin que l’être allemand puisse s’épanouir à nouveau dans toute sa pureté et son intégrité. 11 Si la virulence francophobe de Welcker s’explique par la situation historique immédiate, elle ne doit pas être considérée comme une simple émanation provisoire d’un sentiment antifrançais. Cette pensée anti-française devient en effet système, à tel point que Goethe se voit contraint de s’expliquer sur le fait qu’il n’ait pas lui aussi composé de chants de haine contre la France: mais pour le poète, aussi soulagé qu’il ait été lors du départ des troupes françaises, il n’a jamais été question de haïr une nation „qui appartient aux plus cultivées de la terre“ et à laquelle il doit „une grande partie de [s]a propre éducation“. 12 Mais les propositions de Fichte, qui s’accordent avec les opinions „anti-classiques“ et donc „anti-françaises“ de tout un courant romantique sous l’égide des Schlegel, 13 trouvent un écho durable dans une large frange de la pensée allemande contemporaine. De même que les discours de Fichte influencent la conception des sciences romanes (Romanistik) en Allemagne qui dans un premier temps s’orientent vers toutes les autres langues romanes - l’étude du français se limitant à l’ancien français et à la littérature médiévale jusque dans les années 1920 -, 14 ils offrent une toile de fond à la réflexion allemande sur l’art français et le système sémantique dichotomique qui y est mis en place constitue un répertoire permanent pour la critique artistique allemande confrontée à la peinture française contemporaine. 15 Fossilisation d’un certain discours sur l’art français En 1921, l’historien d’art francophile, Otto Grautoff, achevait son ouvrage sur les plus récentes manifestations de l’art contemporain en France par l’évocation du courant cubiste, „cette théorie conçue avec intelligence, mais sans considérations pour les possibilités des sens et de l’esprit“. 16 Il y raille ses confrères allemands qui cherchent à déceler dans ces œuvres la profondeur „des mouvements de l’âme“, alors même qu’il ne s’agirait que d’un jeu sur la forme. Si Grautoff juge avec lucidité la vanité de ces quêtes de „l’âme“ des théoriciens allemands, il demeure lui-même, malgré ses affinités avec la France, prisonnier de ce système de pensée qui veut que les Français soient - en raison de leur race - les maîtres de la forme, prisonniers des règles, incapables de créer librement. S’extirper d’un mode de pensée alors qu’il est toujours d’actualité s’avère effectivement difficile. D’autant plus que le système mis en place au début du XIX e siècle se révèle toujours aussi vivant dans les premières décennies du XX e siècle où l’on continue à déduire le caractère national des manifestations artistiques et inver- 165 sement. Les leitmotive de la critique d’art allemande à l’égard de la peinture française que l’on rencontre dans les textes du milieu du XIX e siècle gardent ainsi encore toute leur actualité. Condensée en une paire sémantique particulièrement efficace, l’opposition est résumée par la différence entre „esprit“ et „Geist“, cette fameuse distinction, récupérée en 1927 pour le titre de l’ouvrage du romaniste Eduard Wechssler, professeur à l’université de Berlin, Esprit und Geist. Versuch einer Wesenskunde des Deutschen und Franzosen, synthèse convaincue des stéréotypes antagonistes entre Français et Allemands. 17 On peut être surpris de la longévité de ce discours sur la France jusque tard dans le XX e siècle: 18 les historiens d’art qui se sont penchés sur l’histoire de la discipline constatent avec horreur les dérives scientifiques d’une histoire de l’art formaliste qui a produit des thèses racistes au cours des années 1920-1930. 19 Mais il faut bien comprendre que l’image de la France „ennemie héréditaire“, celle qu’en 1933 un certain Adolf Hitler voulait éliminer à cause du danger qu’elle représentait pour la race blanche européenne, 20 a été forgée depuis le début du XIX e siècle pour servir à définir par opposition une identité allemande encore floue et insaisissable. Dans le domaine de l’art, c’est entre le monde germanique, qui comprend par extension également l’art anglais, l’art néerlandais, l’art scandinave, etc., et la sphère romane ou latine, essentiellement représentée par l’art françaisque va se jouer au XIX e siècle la lutte pour l’art moderne. 21 Notons tout d’abord que le rôle que joue l’école française dans la réflexion sur l’art vivant n’est d’aucune commune mesure avec celui des autres écoles étrangères. C’est la peinture française qui occupe le plus de place dans les revues artistiques, en particulier au moment où paraissent les longs comptes-rendus de Salon, vitrine médiatique par excellence de l’école française contemporaine. Le public allemand est bien plus informé de „l’actualité“ des peintres français - de leurs déplacements, de leurs dernières productions ou des reproductions d’après leurs œuvres principales - que de celle des peintres anglais ou italiens du moment. De même, les œuvres françaises présentées aux expositions allemandes comme celle de l’Académie royale des Beaux-arts de Berlin retiennent tellement l’attention des critiques locaux qu’ils leur consacrent souvent une place plus importante qu’aux peintres allemands. Mais c’est avant tout dans les textes généraux consacrés à l’art français et les bilans réguliers sur l’état de l’art en France au moment du Salon que va se développer toute une rhétorique dont les variations sur le modèle de Fichte sont innombrables: la peinture française est ainsi généralement qualifiée d’artificielle et de superficielle parce que le Français ne possèderait que les secrets techniques et ne serait pas capable de „profondeur“, elle serait dictée par la raison et le calcul parce que le Français ne serait pas capable de ressentir d’émotion et d’exprimer la poésie, elle serait orientée vers l’effet et la pompe parce que le Français serait orgueilleux et qu’il aimerait plaire, elle serait frivole et légère, théâtrale et immorale parce que le Français serait tout cela. 22 Les différents travers dénoncés de façon récurrente dans ces textes critiques - le caractère théâtral, figé, larmoyant, terrifiant ou atroce - sont expliqués par l’obsession des Fran- 166 çais pour la forme: comme ils ne disposeraient pas des ressources poétiques pour le fond de leurs œuvres, ils seraient contraints de consacrer toute leur énergie à la forme de la représentation. 23 Les critiques allemands confrontés aux „sujets atroces“ et „répugnants“ („grausam“ et „widerlich“) 24 attaquent cette recherche d’effets („Effekthascherei“) qui, caractéristique de l’art français, pousserait les artistes à choisir des voies plus faciles pour toucher le public et leur ferait transgresser les limites de l’esthétique et de l’éthique avec des scènes insoutenables de cruauté ou de laideur. 25 Ce serait là l’aspect ultime et pervers d’un art uniquement orienté vers la forme. Cette critique du formalisme de l’art français transpose dans l’histoire de l’art le conflit philosophique qui oppose nombre de philosophes allemands à la tradition classique et rationaliste française. 26 Un autre aspect récurrent dans le discours allemand sur l’art français est la critique du rapport trop étroit que les arts entretiennent avec la politique. Ludwig Schorn, le rédacteur du Kunstblatt - journal artistique qui domine de 1816 à 1849 le monde des arts en Allemagne - avait déjà dénoncé ce „poison destructeur“ dans un compte-rendu des Lettres à David sur le Salon de 1819, 27 le seul nom de David suffisant d’ailleurs à ses yeux à évoquer tout le danger d’une telle union. 28 Schorn voyait dans la politique la mort de l’amour véritable pour l’art, et se consolait de voir que les artistes allemands conservaient pur leur sens de l’art. Cette thèse revient en permanence dans la critique allemande du XIX e siècle et aboutit toujours à la même conclusion sur la nocivité de l’emprise politique sur les arts, qu’il s’agisse de l’Empire ou de la Restauration, de la Monarchie de Juillet ou du Second Empire. Si certains auteurs présentent parfois la politique artistique française comme un modèle du genre - surtout du point de vue des artistes allemands qui souhaitent bénéficier d’un soutien similaire -, on dénonce plus souvent la perversité qui se cacherait derrière l’efficacité de l’aide apportée aux artistes: le gouvernement du Second Empire aurait ainsi, en couvrant ses artistes d’or et de médailles, fait croire à un épanouissement naturel et général des arts alors qu’il était en train de le faire pourrir de l’intérieur. La disparition de la religiosité dans la société française contribuerait à la décadence morale et donc artistique du pays, comme le répète inlassablement Eduard Collow, le correspondant à Paris du Kunstblatt. Il est aussi intéressant de noter à quel point les textes sur l’art français ancien font écho aux conclusions de l’étude linguistique de Fichte, notamment dans l’interprétation historique des causes de l’état décadent de la peinture française actuelle: la plupart des auteurs s’accordent en effet à dire que l’art français a été „national“, et donc authentique, jusqu’à la fin du Moyen-âge, mais qu’avec le règne de François I er il serait devenu artificiel en raison de l’arrivée des peintres italiens. L’art gothique serait ainsi encore l’expression authentique - et germanique - d’un art profondément enraciné, alors que l’art moderne serait le résultat d’une aliénation à l’autre. 29 De cette aliénation, les auteurs déduisent d’une part le caractère artificiel de toute production française, d’autre part l’absence d’une école nationale véritable. La diversité stylistique de l’art français contemporain qui déroute les criti- 167 ques qui tentent de traquer le trait de caractère national finit par devenir la preuve de l’incapacité des Français à exprimer de manière authentique leur nature véritable: leur art serait le résultat d’un froid calcul, oscillant sans cesse entre des extrêmes artificiels et s’éparpillant en une infinité de directions. 30 Parmi les innombrables conclusions tirées alors sur la peinture française contemporaine, celle qui considère que la peinture de genre serait la forme la plus appropriée au caractère national français est, avec toutes les conséquences que cela implique, sans doute la plus symptomatique des tendances de ce discours qui rejoint la condamnation de Molière comme avatar ultime de l’aliénation de la langue française chez Fichte et comme décadence artificielle chez Schlegel. Au-delà des stéréotypes, face aux œuvres A force de répéter inlassablement les arguments de cette structure dichotomique qui renvoie dos à dos Français et Allemands, le discours finit par perdre de vue l’objet de son analyse. De fait, alors que, de David à Manet, l’art change d’aspect, les termes restent sensiblement les mêmes, signe qu’il s’agit moins d’une lecture rapprochée des œuvres que de la répétition d’une forme de litanie autosuffisante. Si l’on ne s’en tenait qu’à ces textes, on en viendrait à croire que l’art français n’a pas vraiment été vu par les auteurs allemands, mais qu’il a surtout servi de prétexte à une sorte de thérapie collective visant à établir ex exemplo negativo une identité collective, intellectuelle, artistique, idéologique et spirituelle. De fait, la grande majorité des textes sur l’art français s’apparente à une condamnation définitive - généralement associée à une critique de l’état de la société française décadente et immorale. Certains appellent cependant de leurs vœux la fusion des deux caractères complémentaires: l’Allemand, introverti et poétique, et le Français, léger et brillant, pourraient, s’ils s’assemblaient, donner lieu à l’équilibre parfait d’un art nouveau. 31 Le regard porté sur l’art français permet donc aussi aux auteurs d’envisager, par un mouvement de retour, les forces et les faiblesses de l’art allemand. Mais les textes qui demeurent ancrés dans cette vision schématique reviennent généralement à la conclusion d’une suprématie sinon de l’art allemand du moins du caractère honnête, sérieux et grave de l’homme allemand. A la lecture des innombrables textes sur l’art français qui paraissent en Allemagne tout au long du XIX e siècle, on mesure à quel point les fondements idéologiques conditionnent les réflexes par rapport aux œuvres. Auteurs comme lecteurs voient la „théâtralité“, la „superficialité“, la „légèreté“ dans les œuvres françaises parce qu’ils sont habitués à ce type de vocabulaire et à ce type de lecture. La connaissance médiate des œuvres contribue à éloigner des yeux la plastique des œuvres pour laisser place au discours inlassablement répété. Toutefois, quelques auteurs sont parvenus à dépasser l’antagonisme „germano-romain“ ou „francoallemand“ comme proposition axiomatique de la conception d’une identité allemande, à la fois artistique, philosophique et biologique, pour se plonger dans des 168 analyses alternatives et nuancées. Si la richesse de ces expériences ne peut être ici retracée in extenso, nous nous contenterons de rappeler que les œuvres françaises qui circulèrent en Allemagne déclenchèrent des réactions nouvelles liées à la rencontre physique avec les œuvres. 32 Confronté aux couches de pigment épaisses des tableaux exposés chez le marchand d’art Sachse à Berlin, Adolph Schöll rejette explicitement les idées reçues sur l’art français et se lance, exalté, dans la réinvention du langage critique, 33 tandis que face aux œuvres présentées à Leipzig en 1839, Gustav Theodor Fechner procède à une analyse systématique et expérimentale des œuvres sans tenir compte de leur nationalité. 34 Parmi les rares auteurs qui parviennent à porter sur l’art français un regard dénué de préjugés, Julius Meyer joue un rôle de premier ordre. Conservateur du musée de Berlin, 35 plus connu aujourd’hui pour avoir été le beau-père de Conrad Fiedler, il est en effet l’auteur d’une brillante synthèse sur l’Histoire de la peinture française moderne depuis 1789 qui paraît en 1867. 36 L’ouvrage se distingue des textes mentionnés plus haut par l’absence de jugements stéréotypés et par la clarté d’une analyse objective. Marqué par Hegel et David Friedrich Strauss, Meyer révèle une grande intelligence de l’art français qu’il connaît parfaitement bien jusqu’à ses acteurs les plus récents. Il ne manque pas d’envisager l’art dans son contexte historique, tentant ainsi d’expliquer la singularité des individualités artistiques qu’il traite tout en donnant un aperçu plus global de l’évolution de la peinture française en général - et c’est sans doute sur ce dernier point que son étude date le plus. Les résultats de son travail sont d’une réelle importance à la fois pour l’histoire de l’histoire de l’art et pour les perspectives qu’il ouvre dans l’étude des artistes français de cette époque, mais hormis l’article de Hans Lüthy de 1974, 37 aucune étude récente ne lui a été consacrée et l’histoire de l’art contemporaine semble avoir complètement occulté son nom de la recherche sur l’art français du XIX e siècle, alors même qu’il sert de référence à de nombreux dictionnaires. 38 On mesure pourtant particulièrement la pertinence de son texte lorsqu’on le compare à la plupart des écrits contemporains dont il émerge avec force, s’essayant à l’objectivité scientifique positiviste comme son contemporain Anton Springer. Les réactions contemporaines à la publication de l’ouvrage ne manquent d’ailleurs pas: tandis que les uns apprécient la richesse du travail dont la méthode montre l’exemple du travail „historien“, documenté et érudit, en opposition aux déductions nationalistes, religieuses et psychologiques, les autres s’offusquent de ses conclusions anti-nationales. Il se fait ainsi attaquer par Hofstede de Groot qui prône dans sa biographie consacrée à Ary Scheffer les vertus idéales et religieuses de l’homme et du peintre, ainsi que sa „magie“, sa „piété“, sa „germanité“, et qui n’admet pas le jugement de Julius Meyer qui ne voit dans les œuvres religieuses de Scheffer qu’une „symbolique frigorifiée“ ou des représentations allégoriques qui ne correspondent pas à la conception religieuse de l’époque. 39 Pour de Groot, il est évident que le point de vue de Meyer manque d’élévation, puisqu’il qualifierait même la résurrection chrétienne par les peintres allemands comme Cornelius, Kaulbach ou Lessing, de „Nazarénisme excité de l’art allemand“. 169 L’ouvrage de Meyer s’achève certes sur une note pessimiste quant à l’évolution future de l’art contemporain français, 40 mais il nous ouvre la piste d’une autre réception que ce discours stéréotypé omniprésent que nous avons longuement évoqué. Il serait en effet faux de réduire la réception de l’art français en Allemagne à ces positions idéologiques hostiles ou fossilisées dans une rhétorique répétitive. Derrière la prépondérance d’un discours théorique peu favorable à l’art français, l’Allemagne se révèle une terre d’accueil tout à faire ouverte et réactive pour les images françaises. L’attitude de „l’Allemagne“ ne se résume pas à une francophobie manifeste et généralisée et ces textes - bien qu’ils dominent le débat et qu’ils émanent aussi bien d’amateurs que de professionnels de l’art - ne représentent en réalité qu’une facette de cette relation complexe. De fait, le „grand public“, entité difficilement qualifiable et quantifiable, réserve au contraire un accueil favorable aux „produits“ français, qu’ils soient littéraires, artistiques ou autres. C’est ce que souligne Nicolas Martin en 1847 dans L’Artiste, dans un article consacré à ses impressions d’un voyage effectué en Allemagne. 41 Ce qui frappe le plus un Français au delà du Rhin, c’est l’engouement que provoquent à cette heure, en Allemagne, les idées, les modes, la langue et les livres de la France. (…) Apprendre la langue française n’est pas un objet de luxe en Allemagne; on l’enseigne dans les écoles élémentaires; le moindre artisan est en état de soutenir passablement une conversation française. (…) Parmi nos écrivains modernes, Eugène Sue, George Sand et Béranger font surtout fureur présentement au delà du Rhin. La gravité sentimentale, l’humanitarisme ainsi que la curiosité de l’esprit allemand, en ce qui concerne la France, expliquent la vogue incomparable qu’ont rapidement conquise en Allemagne les Mystères de Paris. Les questions sociales, mêlées à l’intrigue d’ailleurs fort attachante de ce roman, en ont doublé la valeur aux yeux de la consciencieuse Allemagne, et désormais Eugène Sue est pour elle non seulement un grand romancier, mais qui plus est, un grand philosophe. (…) La popularité croissante de notre Béranger en Allemagne prouve en faveur des progrès politiques de la nation. Cette popularité prend sa source dans l’admiration des Allemands pour Napoléon, et dans le besoin de liberté et de vie pratique qui les tourmente généralement à cette heure. Et il ajoute comme preuve de son témoignage l’Ode à la France composée par le poète de Düsseldorf, Wolfgang Müller: Salut, peuple de France! Un chant doit aujourd’hui résonner en ton honneur, un chant glorieux, un chant qu’anime une jeune et joyeuse sympathie fraternelle. La pusillanimité, la sottise, la haine et la jalousie auront beau dire, le cœur loyal et content de l’homme libre n’en bat pas moins dans ta poitrine. (…) Ainsi que les roses, les Beauxarts et les libres sciences ont crû de tout temps sur ton sol. Ton généreux exemple anima les peuples d’une émulation féconde. Ou l’aveugle déraison peut seule méconnaître le génie de tes penseurs, de tes poètes, que la vérité doit proclamer maîtres en tous lieux. Salut terre et peuple de France! (…) C’est toi qui briseras les dernières entraves dont souffre encore l’humanité, toi dont l’esprit est plein de courage et la main pleine de force. Si l’auteur de L’Artiste évoque avant tout l’engouement du public allemand pour la littérature française moderne et que le poète allemand exprime dans son ode les 170 espérances politiques libérales du Vormärz, les deux voix nous disent aussi que les sentiments de l’Allemagne pour la France ne se limitent pas à ces professions de „sottise“ et de „haine“. Dans le domaine de l’art, les rencontres entre artistes français et allemands génèrent des relations fécondes, les collectionneurs s’arrachent les œuvres françaises et les mouvements progressistes et libéraux - aussi bien politiques qu’artistiques - s’emparent des œuvres françaises pour en faire leur cheval de bataille contre le caractère passéiste d’une certaine production artistique allemande. Loin de se réduire à une relation de domination comme le suggèrent des auteurs comme Louis Dussieux ou Louis Réau, 42 la présence des œuvres françaises en Allemagne donne lieu à des réactions contrastées qui révèlent ce que les détracteurs de la France cherchaient à évincer: un réseau de relations intellectuelles, artistiques, commerciales et sentimentales fondé sur les convictions cosmopolites héritées des Lumières. C’est à partir d’un matériau moins visible que les articles parus dans la presse, à partir de fonds d’archives, de catalogues d’expositions et de collections de l’époque, et en retraçant les pratiques culturelles des sociétés d’art et en remettant en valeur des textes critiques peu pris en considération jusqu’alors, qu’apparaît l’importance de la présence et du succès public de la peinture française contemporaine dans une grande partie du pays. La peinture française n’est ni complètement occultée en Allemagne durant la période qui nous intéresse, ni omniprésente partout et à tout moment. Contrairement à l’idée reçue que c’est par le biais des critiques d’art que le public allemand a appris à connaître la peinture française dans une dimension plus théorique que pratique et que la véritable réception ne se faisait que grâce à des déplacements à Paris comme le suggérait le travail de Wolfgang Becker, 43 nos recherches montrent bien que la peinture française était visible et vivement discutée dans les villes allemandes. Au point qu’aux yeux de certains amateurs, il était parfois plus facile de voir des œuvres françaises en Allemagne qu’à Paris! 44 Au-delà du discours, cette expérience directe des œuvres françaises en Allemagne doit être prise en compte pour comprendre les enjeux véritables de la réception dans le travail des peintres, la réflexion des critiques d’art, le goût du public, enfin dans la société civile tout entière. Se contenter des textes ne permettrait pas d’en saisir l’ampleur réelle. Se défaire du discours dominant pour entrevoir une réalité plus nuancée n’est pas seulement un défi pour les critiques d’art d’antan, mais aussi et surtout pour le chercheur d’aujourd’hui. 1 Dr. Henri Sloman, Leichte Blätter über die Pariser Kunstausstellung, über Klaus Groth’s Roman und die neue französische Übersetzung seiner Gedichte, Kiel, Schwersche Buchhandlung, 1859, 108. 2 Hubert Locher, „Stilgeschichte und die Frage der ‘nationalen Konstante’“, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Band 53, 1996, Heft 4, 285-293. 3 Voir France Nerlich, „Le Panthéon des Allemands ou comment l’Allemagne éclairée honore ses grands hommes“, in: Thomas W. Gaehtgens et de Gregor Wedekind (dir.), Le 171 Culte des grands hommes en France et en Allemagne, 1750-1850, Maison des Sciences de l’homme, Passages/ Passagen, vol. 16, Paris, 2008. 4 Chargé par le gouvernement de Prusse de concevoir la future université de Berlin, Fichte élabore le projet d’une école de la pratique de la pensée (Deducirter Plan einer zu Berlin zu errichtenden höhern Lehranstalt, Stuttgart, 1817), mais son principe de fonctionnement très dogmatique (il prévoit en effet une seule chaire de philosophie pour ne pas susciter de débats) est rejeté. Si son projet n’aboutit pas, les conférences de l’hiver 1807- 1808 ont une influence notable sur les sciences humaines. 5 Voir par exemple le pamphlet du comte de Wittgenstein au titre trompeur, destiné à cacher à la censure un fervent appel à tous les Allemands à se rassembler autour du roi de Prusse pour combattre Napoléon et l’armée française: Graf von Wittgenstein, Napoleons edle Handlungen gegen den Rheinbund, den Papst und seine wohlwollende Gesinnung gegen die Deutschen, März 1813: „Kommt! Kommt! Ihr mögt Euch nennen, wie Ihr wollt, Westphälinger oder Sachsen, Baiern oder Hessen, alles gleichviel! wenn ihr nur Deutsche seyd, und deutsche Herzen mitbringt“. 6 Johann Gottlieb Fichte, Reden an die Deutsche Nation, Reinhard Lauth (ed.), Hambourg, 1978, 67-71. 72: „Somit ist unsre nächste Aufgabe, den unterscheidenden Grundzug des Deutschen vor den andern Völkern germanischer Abkunft zu finden, gelöst. Die Verschiedenheit ist sogleich bei der ersten Trennung des gemeinschaftlichen Stamms entstanden, und besteht darin, dass der Deutsche eine bis zu ihrem ersten Ausströmen aus der Naturkraft lebendige Sprache redet, die übrigen germanischen Stämme eine nur auf der Oberfläche sich regende, in der Wurzel aber tote Sprache. Allein in diesem Umstand, in die Lebendigkeit, und in den Tode, setzen wir den Unterschied; keinesweges aber lassen wir uns ein auf den übrigen innern Wert der deutschen Sprache. Zwischen Leben und Tod findet gar keine Vergleichung statt, und das erste hat vor dem letzten unendlichen Wert; darum sind alle unmittelbare Vergleichungen der deutschen und der neulateinischen Sprachen durchaus nichtig, und sind gezwungen von Dingen zu reden, die der Rede nicht wert sind. Sollte vom innern Werte der deutschen Sprache die Rede entstehen, so müsste wenigstens eine von gleichem Range, eine ebenfalls ursprüngliche, als etwa die griechische, den Kampfplatz betreten“. 7 Fichte, 1978, 79-80: „Es erhellet im Vorbeigehen, dass beim Volke einer toten Sprache im Anfange, wie die Sprache noch nicht allseitig klar genug ist, der Trieb des Denkens noch am kräftigsten walten, und die scheinbarsten Erzeugnisse hervorbringen werde; dass aber dieser, so wie die Sprache klarer und bestimmter wird, in den Fesseln derselben mehr ersterben; und dass zuletzt die Philosophie eines solchen Volks mit eignem Bewusstsein, sich bescheiden wird, dass sie nur eine Erklärung des Wörterbuchs, oder wie undeutscher Geist unter uns dies hochtönender ausgedrückt hat, eine Metakritik der Sprache sei; zu allerletzt, dass ein solches Volk etwa ein mittelmässiges Lehrgedicht über die Heuchelei in Komödienform für ihr grösstes philosophisches Werk anerkennen wird“. 8 Fichte, 1978, 84: „Naturgemässheit von deutscher Seite, Willkürlichkeit und Künstelei von der Seite des Auslandes sind die Grundunterschiede; bleiben wir bei der ersten, so sind wir eben, wie unser ganzes Volk, dieses begreift uns, und nimmt uns als seinesgleihen; nur wie wir zu letzten unsre Zuflucht nehmen, werden wir ihm unverständlich, und es hält uns für andere Naturen. Dem Auslande kommt diese Unnatur von selbst in sein Leben, weil es ursprünglich und in einer Hauptsache von der Natur abgewichen; wir müssen sie erst aufsuchen, und an den Glauben, dass etwas schön, schicklich, und bequem sei, das natürlicherweise uns nicht also erscheint, uns erst gewöhnen. Von diesem allen ist nun 172 beim Deutschen der Hauptgrund sein Glaube an die grössere Vornehmigkeit des romanisierten Auslandes, nebst der Sucht, ebenso vornehm zu tun, und auch in Deutschland die Kluft zwischen den höhern Ständen und dem Volke, wie im Auslande natürlich erwuchs, künstlich aufzubauen. Es sei genug, hier den Grundquell dieser Ausländerei unter den Deutschen angegeben zu haben; wie ausgebreitet diese gewirkt, und dass alle die Übel, an denen wir jetzt zugrunde gegangen, ausländischen Ursprungs sind, welche freilich nur in der Vereinigung mit deutschem Ernste, und Einfluss aufs Leben, das Verderben nach sich ziehen mussten, werden wir zu einer andern Zeit zeigen“. 9 Fichte, 1978, 74. Ces paires dichotomiques parcourent tout le texte. Voir aussi page 84- 85: „Nun kann überdies im Volke einer toten Sprache gar keine wahrhaft erschaffende Genialität zum Ausbruche kommen, weil es ihnen am ursprünglichen Bezeichnungsvermögen fehlt, sondern sie können nur schon Angehobnes fortbilden, und in die ganze schon vorhandene und vollendete Bezeichnung verflössen“. 10 Sibylle Ehringhaus, Germanenmythos und deutsche Identität, Weimar 1996. Voir en particulier le chapitre: „IV. Von Franz Kugler bis Richard Hamann: Frühmittelalterliche Kunst in Kunsthistorischen Handbüchern 1842-1933“, 25-51. 11 Friedrich Gottlieb Welcker, Warum muss die französische Sprache weichen und wo zunächst? Zum Besten unbemittelter Freywilliger des Grossherzogthums Hessen, von Seiten des Verfassers und des Verlegers, Giessen, 1814. 12 Eckermann, Gespräche mit Goethe, H. Th. Kroeber (ed.), Weimar, 1918, t. II, 615: „Wie hätte ich Lieder des Hasses schreiben können ohne Hass! - Und unter uns, ich hasste die Franzosen nicht, wie wohl ich Gott dankte, als wir sie los waren. Wie auch hätte ich, dem nur Kultur und Barbarei Dinge von Bedeutung sind, eine Nation hassen können, die zu den kultiviertesten der ganzen Erde gehört und der ich einen so grossen Teil meiner eigenen Bildung verdankte! “. 13 Les propos de August Wilhelm Schlegel sur l’âme allemande sont innombrables dans le genre de cette „idée“ qui paraît dans l’Athenaeum: „Der Geist unsrer alten Helden deutscher Kunst und Wissenschaft muss der unsrige bleiben, solange wir Deutsche bleiben. Der deutsche Künstler hat keinen Charakter oder den eines Albrecht Dürer, Kepler, Hans Sachse, eines Luther und Jacob Böhme. Rechtlich, treuherzig, gründlich, genau und tiefsinnig ist dieser Charakter, dabei unschuldig und etwas ungeschickt. Nur bei den Deutschen ist es eine Nationaleigenheit, die Kunst und die Wissenschaft bloss um der Kunst und der Wissenschaft willen göttlich zu verehren“ (in: Athenaeum, t. II, ausgewählt und bearbeitet von Curt Grützmacher, Rowohlt, 1969, 148). Dans un autre entretien avec Eckermann, Goethe critique l’arbitraire du jugement de Schlegel qui ne serait pas en mesure de reconnaître la grandeur d’un auteur comme Molière (in: Eckermann, op. cit., 511- 512). 14 Michael Nerlich, „Romanistik: Von der wissenschaftlichen Kriegsmaschine gegen Frankreich zur komparatistischen Konsolidierung der Frankreichforschung“, in: Cahiers d’Histoire des Littératures Romanes. Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte, 20. Jahrgang (1996), Heft 3-4, 396-434. Dans cet article, M. Nerlich tente de retracer les conditions de la naissance de la discipline universitaire allemande consacrée à la littérature et aux langues romanes (c’est-à-dire française, italienne, espagnole, portugaise, etc.). Les résultats de ses recherches qui reconstituent le contexte anti-français de la pensée romanistique ont suscité un tollé dans le milieu de la philologie romane en Allemagne. Pourtant, il apparaît au vu de nos résultats que ces conclusions ne sont pas isolées dans le monde scientifique du XIX e siècle et du début du XX e siècle. Il semble au 173 contraire que cet antagonisme franco-allemand ait été un élément fondamental dans l’élaboration des sciences humaines. 15 Flaubert avait bien compris l’importance cruciale de Fichte, lorsqu’il écrit: „Il me semble que le rêveur Fichte a réorganisé l’armée prussienne après Iéna (…)“, cité in: Wolfgang Leiner, Das Deutschlandbild in der französischen Literatur, Darmstadt, 1991, 170-171. 16 Otto Grautoff, Die französische Malerei seit 1914, Berlin, 1921, 48-50: „Die Kubisten Frankreichs gehen von der Form aus. Man mag ihre Bilder als Spielereien des Pinsels oder ernsthafter als Paraphrasen über die Form bewerten, jedenfalls wird ihre Malerei aus dem Handwerk entwickelt und nicht aus der heute so vielfältig missbrauchten Seele. Der Kubismus ist in Frankreich ein Formproblem, das früher oder später von dem starken französischen Qualitätsgefühl aufgesogen werden wird. Deutsche Theoretiker versuchten mit rührender Pedanterie auf intellektuellen, theoretisierenden Wegen den tief verborgenen „Seeleninhalten“ dieser Malerei nahe zu kommen. Diese bewundernswert Geduldigen und Gläubigen mühen sich noch heute mit schulmeisterlichem Ernst um einen Strudel, der in Frankreich, vom heiter belebten Blut der Rasse getragen, schon wieder in die grosse, breite Strömung einzumünden scheint, die die Kunst dieses glücklichen Landes von Jahrhundert zu Jahrhundert trägt. Dieser Strom fliesst im Tal des Gesetzes und nicht in uferloser Freiheit dahin“. 17 Michael Nerlich, op. cit. 1996, 419-420: „Da steht der „deutschen Einfühlung“ der französische „besoin d’émotions et de sensations“ gegenüber, dem „deutschen Naturgefühl“ der französische „ordre et style“, unserem deutschen „Drang ins Unendliche“ der französische „horreur de l’infini“, unserer „Treue zum Alten“ die französische „curiosité pour les nouveautés et l’ennui“, unserem „deutschen Werden“ der französische „esprit de conquête“, der deutschen „Arbeitsamkeit und Sachlichkeit“ französische „ambition“ und „gloire“, unserer deutschen „Heiligung der Weiblichkeit“ und unserem Kult der deutschen „Jungfrau“ die französische „galanterie“, unserer deutschen „Freiheits“-Liebe und unserem „Schicksal“-Glauben französische „liberté“ und „fatalité“-Rhetorik“. Voir aussi: Ruth Florack (ed.), Nation als Stereotyp. Fremdwahrnehmung und Identität in deutscher und französischer Literatur, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 2000. 18 Hans Manfred Bock, „Tradition und Topik des populären Frankreich-Klischees in Deutschland von 1925 bis 1955“, in: Francia, Forschungen zur westeuropäischen Geschichte, Sigmaringen, 1987, 457-508; id. „La nation, un moment de l’Histoire“, in: Jean- Noël Jeanneney, Une idée fausse est un fait vrai. Les stéréotypes nationaux en Europe, Paris, 2000, 157-165. 19 Locher, op. cit. 1996, 290. 20 Adolf Hitler, Mein Kampf, (1933), 699: „Der unerbittliche Todfeind des deutschen Volkes ist und bleibt Frankreich“. 21 Voir entre autres: Dr. Henri Sloman, Leichte Blätter über die Pariser Kunstausstellung, über Klaus Groth’s Roman und die neue französische Übersetzung seiner Gedichte, Kiel, Schwersche Buchhandlung, 1859, 108: „Der deutsche Genius in der Kunst und im Handeln glaubt an Gewissensbisse, deshalb wollen wir den Holländer Ary Scheffer uns nicht hin nach Frankreich entführen lassen, sondern ihn zu den Deutschen im weitern Sinne, in welchem auch die Engländer zu ihnen gehören, zählen - denn lateinisch! und germanisch! das ist der Gegensatz, um den es sich in Europa auch in der Kunst handelt“; Julius Hübner, „Heutige Kunstzustände. Bemerkungen bei Gelegenheit der letzten grossen Brüsseler Ausstellung“, Deutsches Kunstblatt, N° 1, 1852, 2: „Frankreich und Deutschland - romanische und germanische Nationalität (...) - traten hier im Gränzlande einan- 174 der noch natürlicher gegenüber, beide in berechtigtem Interesse, einander zu verdrängen, zu überflügeln oder im besten Fall zu ergänzen“. 22 Voir l’anthologie de textes critiques dans France Nerlich, La réception de la peinture française en Allemagne, 1815-1870, thèse de doctorat, Université Paris IV Sorbonne, Freie Universität Berlin, 2004, 783-812. 23 Voir par exemple: Waldemar Baron von Wimpfen, „Bemerkungen über den jetzigen Zustand der Malerey in Frankreich“, Kunstblatt, N° 76, 1828, 301-304: „Mangelhafte, unpassende, oft unmoralische Wahl des Sujets, übertriebener, häufig karikirter Ausdruck, theatralische Gezwungenheit oder zu häufige Erinnerung an Akademien und Akte in den Stellungen und Gruppirungen, gefleckte, oft unnatürlich schimmernde Farbengebung im Fleische, Härte in der Drapirung, zu häufige Anwendung des Nackten, übelgewählte Nachahmung der Antike und unbehutsames Nachfolgen der Theaterwirkung. (…) Für die Vorzüge: zuvörderst Lossagung von dem früher herrschenden, läppischen, verderbten Geschmack, also Ernst in der Kunst, sorgfältiges Studium des menschlichen Körpers (Anatomie), sehr richtige und oft graziöse Zeichnung, Rundung der Formen und großartige Composition“; Karl Immermann, „Ueber die Kunst-Akademie zu Düsseldorf“, Kunstblatt, N°3, 1829, 9-12: „Nur zu „Französisch“ findet er den Charakter dieser Schule. Er ist so gütig, uns zu sagen, was er sich dabey gedacht habe. Er meint: ‚jene süßliche Sentimentalität, jenes abentheuerliche Festhangen an dem Romantischen, jenes Imponirenwollen durch äußre Pracht, jene theatralische Effekthascherey, jene Affektation und Modernität und affektirte Popularität der Franzosen.’“; [Anonym], „Betrachtungen über die Kunstausstellung in München, im Oktober 1829“, Kunstblatt, N° 93, 1829: „Die französische Schule zeigt auffallend genug, wie wenig der Künstler mit eingelernten Formen auszudrücken vermag, wie leer und kalt sie für den Beschauer bleiben. Sie sind wie eine Anzahl hübscher Phrasen, woraus jeder, der selbst nicht viel denkt, leicht eine Rede zusammensetzen kann, die sich aber in Nichts auflöst, wenn man genau nach ihrem Inhalt fragt“. 24 Un exemple parmi d’autres, Johann Domenico Fiorillo, Geschichte der zeichnenden Künste von ihrer Wiederauflebung bis auf die neueste Zeiten, Göttingen, 1798-1808, 479- 480: „Allein sein letztes Gemälde, Bonaparte, der seine Hand auf die Pestbeule eines Kranken im Hospital von Jaffa legt, um der Armee des Orients dadurch Muth einzuflössen, ist abscheulich; und zwingt jeden, die Augen wegzuwenden, um einem widrigen Eindruck zu entgehen. (…) Es ist unbegreiflich, daß dieses scheußliche Bild so großen Beifall hat finden können“. 25 France Nerlich, „Marcher vers l’avenir“. Delaroche, Vernet et Scheffer en Allemagne et les enjeux de la peinture d’histoire moderne“, in: 1830-1870: Diffusion et appropriation de l’image du pays voisin, Centre allemand d’histoire de l’art, Paris, Passagen/ Passages, 2009. 26 Eduard Collow, „Über den gegenwärtigen Zustand der französischen Schule und den Pariser Salon im Jahr 1842“, Kunstblatt, N° 35, 1842, 137-140: „Die Franzosen sind wesentlich ein reflectirendes, abstrahirendes Volk, und dieser Trieb zu abstractem, arithmetisch- und formalconsequentem Denken und Handeln zeigt sich in der Theorie und Praxis ihrer Gelehrten, Staatsmänner, Dichter und Künstler, und verträgt sich wirksam mit Wissenschaft und Politik, aber höchst unwirksam mit Poesie und Kunst. Die am Ende des 18ten Jahrhunderts von David ausgehende Revolution in der Kunst, die fast mit demselben Terrorismus zu Werke schritt, wie die gleichzeitige Umwälzung des Staates, mit der sie überdiess in engste Verbindung trat, verunglückte an dieser abstracten Denkweise der Franzosen. David lenkte die französische Schule in die Bahnen des classischen Al- 175 terthums und somit in den Weg zurück, welchem Raffael und die römische Schule einen guten Theil ihrer Vortrefflichkeit verdankten. Aber was hat die Wirksamkeit der David’schen Schule für exemplarische Kunstwerke hervorgebracht? Man gehe die Hervorbringungen der berühmtesten classischen Maler durch: welche Unfruchtbarkeit, welche peinliche Anstrengung im Concipiren und Produciren, welche frostige Kälte in ihren Sujets, welche Einförmigkeit, welches declamatorische Pathos in ihren Compositionen, wo man öfter die gemalten Gypsabgüsse zu sehen glaubt! (…) Der Klassizismus war abstrakte Kunst und bewegte sich auf dem Hintergrunde eines ästhetischen Kosmopolitismus; der Romanticismus strebt zum Concreten und bewegt sich vorzüglich auf dem Boden eines ästhetischen Patriotismus“. 27 Ludwig Schorn, „Briefe an David über die lezte Pariser Kunstausstellung“, Kunstblatt, N° 19, 1820, 73-75: „So seichte, halbwahre Grundsätze und Ansichten, so ganz der Begeisterung des Künstlers fremde, ja widerstreitende Gesinnungen wird man selten vereinigt finden. Das zerstörende Gift politischer Partheysucht ist auch in die Gemüther dieser Künstler gedrungen, und Ersterben wahrer Liebe und Begeisterung für die Kunst zeigt sich als unausbleibliche Wirkung. (...) An David sind diese Briefe geschrieben. Der Name allein deutet schon an, welche Maximen hier herrschen mögen (…)“. 28 France Nerlich, „David, peintre révolutionnaire. Le regard allemand“, Annales historiques de la Révolution Française, N°340, Avril/ Juin 2005, 23-47. 29 Eduard Collow, „Über den gegenwärtigen Zustand der französischen Schule und den Pariser Salon im Jahr 1842“, Kunstblatt, N° 34, 1842, 133-135; Richard Fischer, „Die Häupter der modernen französischen Malerei. Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben“, Die Dioskuren, 1857, N°9, 77ss. 30 Eduard Collow „Über den gegenwärtigen Zustand der französischen Schule und den Pariser Salon im Jahr 1842“, Kunstblatt, n°35, 1842, 140. 31 Hermann Matthäi et Theobald von Oer, „Ueber die neueste Malerei in Paris. (Bemerkungen Zweier Freunde)“, Kunstblatt, N° 104, 1836, 437-439; Eduard Collow, „Pariser Kunstbericht. Ausstellung 1838“, Kunstblatt, N°46, 1838, 181-183. 32 France Nerlich, La peinture française en Allemagne, 1815-1870, Editions de la Maison des Sciences de l’homme, Passages/ Passagen, Paris, 2009. 33 Adolph Schöll, „Berlin, den 22. August 1835“, Kunstblatt, n°94, 1835, 395-396. 34 Doktor Mises, [Gustav Theodor Fechner], Ueber einige Bilder der zweiten Leipziger Kunstausstellung, Leipzig, 1839. 35 Dans ses mémoires, Wilhelm von Bode ne trace pas de Julius Meyer un portrait très flatteur, soulignant avant tout sa morphinomanie qui l’aurait avec le temps empêché d’exercer correctement son travail de conservateur. Il se souvient cependant avoir souhaité lui voir confier ce poste parce qu’il était passionné par l’art, érudit et animé des sentiments les plus nobles. Bode relève également l’admiration éperdue de Meyer pour l’art français classique au moment de l’acquisition du Saint Matthieu de Poussin. Wilhelm von Bode, Mein Leben, Reckendorf Verlag, Berlin, 1930, 57-78, 94. 36 Julius Meyer, Geschichte der modernen französischen Malerei seit 1789, Leipzig, 1867. 37 Hans Lüthy, „Zu Julius Meyers „Geschichte der modernen Malerei“ aus dem Jahr 1867“, in: Eduard Hüttinger, Hans A. Lüthy (eds.), Gotthard Jedlicka; eine Gedenkschrift. Beiträge zur Kunstgeschichte de 19. und 20. Jahrhunderts, Zurich, Orel Füssli, 1974, 71-77. 38 On retrouve en effet la référence à l’ouvrage de Meyer aussi bien dans le dictionnaire de Thieme-Becker que dans le Grove Art Dictionary. Plus étonnant, la mention de Meyer dans certains dictionnaires „libres“ consultables sur internet comme „The free dictionary“ sur http: / / encyclopedia.thefreedictionary.com. 176 39 P. Hofstede de Groot, Ary Scheffer. Ein Charakterbild, Berlin, Verlag der Hofbuchhandlung von Paul Gerh. Heinersdorff, 1870, 43-44 40 Meyer ne condamne cependant pas l’art français en général en situant dans son „être“ la raison de sa décadence. Il considère plutôt le contexte historique et social comme peu favorable à l’éclosion d’un nouvel art moderne consacré à l’homme (son dernier chapitre porte sur la peinture de paysage). 41 Nicolas Martin, „Voyage en Allemagne. Les Arts et les Lettres. Aventures et Impressions (suite)“, dans L’Artiste, t. IX, série 4, 1847, 22-25. 42 Louis Dussieux, Les Artistes Français à l’étranger. Recherches sur leurs travaux et sur leur influence en Europe, précédées d’un essai sur les origines et le développement des Arts en France, Paris, Gide et J. Baudry, 1856, IV-V: „Aussitôt que la France eut trouvé et manifesté les formes de son développement social, toute l’Europe se prit à l’imiter, à adopter sa littérature, à penser et à parler comme elle, à bâtir comme elle bâtissait; l’Europe encore à moitié barbare se fit française autant qu’elle le put. A l’exception de quelques moments pendant lesquels la France a subi une influence extérieure, l’influence française s’est exercée sur l’Europe et elle dure encore“. 43 Wolfgang Becker, Paris und die deutsche Malerei 1750-1840, „Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts“, Band 10, Prestel-Verlag München, 1971. Dans son ouvrage d’une importance capitale pour la connaissance des relations artistiques franco-allemandes, Becker ne consacre qu’une page à la présence des œuvres françaises en Allemagne (101-102). 44 Hermann Matthäi et Theobald von Oer, „Ueber die neueste Malerei in Paris. (Bemerkungen Zweier Freunde)“, Kunstblatt, N°95, 1836, 397-398 (et numéros suivants). 177 Jean Petitot Berlin, Paris, Stendal Hommage à Michael Nerlich I. Histoire d’une rencontre Au tout début de la préface de son œuvre Apollon et Dionysos ou la science incertaine des signes, 1 Michael Nerlich raconte comment, tout à fait par hasard, lors d’un dîner un soir de janvier 1986 à Berlin avec nos collègues Jacques Leenhardt et Roland Posner, la discussion s’est orientée sur Stendhal, puis sur La Chartreuse de Parme, puis sur l’épisode de Waterloo et comment nous avons découvert que, en usant de méthodes opposées, lui une méthode biographique critique „transcendante“, moi une méthode structurale „immanente“, nous avions abouti essentiellement à la même conclusion interprétative, à savoir que Waterloo est un récit „d’initiation“ décrivant la construction d’une subjectivité à partir d’un cosmos mythologique encrypté dans une mise en scène figurative. Comme le raconte Michael, Nous nous souviendrons toujours, je pense, les spectateurs ahuris Leenhardt et Posner aussi bien que les joueurs Nerlich et Petitot, du match enthousiaste de ping-pong „exégétique“ que nous nous sommes livrés: oui, Petitot avait vu les trois épis de blé, oui, j’avais vu les trois sillons, oui, il avait compris qu’il y avait quatre chevaux bien définis à Waterloo, oui, j’avais bien vu que le sujet central est le problème du signe. Ce hasard fut pour nous deux un événement important et il est amusant d’en brosser rapidement le contexte. A cette époque, je travaillais beaucoup sur le structuralisme et la sémiotique et sur la possibilité d’en formaliser les structures au moyen des modèles morphodynamiques introduits à la fin des années 60 par René Thom, l’un de mes maîtres en mathématiques. Ayant intégré au début de ma carrière le Centre de Mathématiques pures de l’Ecole Polytechnique, jeune chercheur au CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique) en géométrie algébrique, en théorie des singularités et en systèmes dynamiques non-linéaires, j’avais par ailleurs été marqué, dès mes classes préparatoires, par la découverte des travaux de Claude Lévi-Strauss et d’Algirdas Julien Greimas et, dès 1967, j’avais tout naturellement commencé à m’intéresser à l’application des modèles morphodynamiques de René Thom aux théories structuralistes; j’avais par conséquent commencé à y travailler dans trois domaines: la phonétique structurale, la syntaxe structurale et la sémiotique narrative. J’avais étayé ma réflexion de discussions approfondies avec Charles Morazé qui avait été mon professeur à l’Ecole Polytechnique et celui-ci m’avait fait entrer en 1971 à l’EHESS (qui était à l’époque la VIème section de l’Ecole Pratique des Hautes Etudes). En 1982 j’avais achevé une longue thèse d’état sur ces sujets, Pour un schématisme de la structure, rédigée en partie au cours d’une année à Bologne chez Um- 178 berto Eco. Ce type de modélisation mathématique suscitait un certain intérêt et j’avais participé assez naturellement au 3 ème Congrès de l’International Association for Semiotic Studies qui s’était tenu à Palerme du 25 au 29 juin 1984. Au cours de ce Congrès, Roland Posner de la Technische Universität de Berlin me proposa de prospecter les possibilités de coopération et d’échanges entre la TU et l’EHESS. Le 19 décembre 1985, Roland reprenait contact par lettre avec moi à ce sujet en m’indiquant, qu’à la demande de Michael Nerlich, le Président de la TU m’invitait à Berlin avec Jacques Leenhardt pour établir les premiers contacts à propos d’un programme-cadre d’échanges bilatéraux et pour présenter les recherches et projets de l’EHESS dans les domaines qui les intéressaient: sémiotique, sociologie de la littérature, anthropologie, histoire, analyse culturelle, sciences cognitives et neurobiologie, éthologie humaine, épistémologie des sciences naturelles. Ce fut la première fois que j’entendis parler de Michael. Il avait envoyé quelques jours avant (12 décembre 1985) une lettre à l’anthropologue Marc Augé qui présidait à l’époque l’EHESS. Il y expliquait que lors d’une réunion avec ses collègues Friedrich Knilli, Wolfgang König, Roland Posner et Hans-Werner Schütt de l’U.E.R. Kommunikations- und Geschichtswissenschaften, ils avaient décidé, avec l’accord du doyen de leur Faculté, le professeur Rürup, et de leur Président Manfred Fricke, d’une invitation pour janvier 1986. C’est ainsi que je me retrouvai en mission avec Jacques à Berlin les 26 et 27 janvier 1986. Mon exposé porta sur le thème Sémiotique et Epistémologie qui devait être l’un de ceux de notre Working group. Après avoir exposé le statut original de l’EHESS, „grand établissement“ (comme le Collège de France et le Muséum d’Histoire naturelle) axé sur la recherche et commençant ses cours au niveau du troisième cycle (aujourd’hui le Master), je résumai les grandes lignes des recherches en sémiotique et en épistémologie. D’abord le rôle fondamental de la méthodologie structuraliste, ensuite les problèmes théoriques associés: ceux de la formalisation logico-algébrique ou géométro-dynamique des structures et les choix épistémologiques corrélatifs, ceux de l’explication causale de leur émergence à partir de leur substrat comme niveau de réalité sui generis, ceux des affinités du structuralisme avec les phénomènes dynamiques d’auto-organisation et d’autorégulation des systèmes complexes, et enfin ceux, particulièrement délicats sur le plan philosophique, de la naturalisation du sens. Aussi bien en phonologie qu’en linguistique et en sémiotique, un structuralisme dynamique peut être développé dans le cadre des théories morphogénétiques de l’auto-organisation, ce qui les rapproche des sciences biologiques, éthologiques et cognitives. Une telle interdiscipline très intégrée intéressait particulièrement nos collègues de la TU. J’exposai ensuite les contenus topologiques, dynamiques et morphologiques des modèles proposés par René Thom, leurs liens avec la théorie des bifurcations et des brisures spontanées de symétries en mathématiques et des phénomènes critiques en physique statistique, ainsi que la possibilité de développer à partir d’eux une véritable „physique structurale de la forme“ (que j’appelais „physique du sens“, que Thom appela pour sa part „sémiophysique“ et Per Aage Brandt „phéno- 179 physique“). La conquête d’une théorie morphologique permettait de commencer à comprendre comment le monde physique en vient à se manifester comme un monde de phénomènes sensibles, factum rationis dont les conséquences sont considérables pour l’épistémologie de la perception et du langage dans la mesure où, se branchant directement sur ce niveau morphologique, perception et langage se connectent ce faisant à l’objectivité physique. L’année suivante, le 9 janvier 1987 eut lieu une mission réciproque au cours de laquelle Michael Nerlich et Roland Posner vinrent rencontrer à l’EHESS le Président Marc Augé qui confirma la coopération, les conventions et le protocole d’accord par une lettre du 24 février 1987 au Président Fricke, où il expliquait à quel point il souhaitait que les échanges et travaux scientifiques communs que nos collègues mettront en œuvre fassent l’objet d’un accord entre nos deux institutions. Deux colloques étaient envisagés dans le cadre de ce traité de coopération. Le premier, Bild-Text, fut magnifiquement organisé par Michael et se déroula à la TU du 2 au 4 décembre 1988. J’en garde un souvenir inoubliable. Les actes en furent publiés en 1990 par Michael et Sybil Dümchen à l’Institut für Romanische Literaturwissenschaft. II. Les thèses sur l’écriture stendhalienne C’est donc au cours de ma première mission à Berlin en janvier 1986 que j’ai découvert que Michael s’était comme moi passionnément intéressé à l’épisode de Waterloo dans La Chartreuse de Parme. En ce qui me concerne, cet intérêt remontait à mes premières approches du structuralisme à la fin des années 60. J’avais cherché une application susceptible d’être non-triviale en sémiotique narrative et, comme j’étais un amateur passionné de Stendhal, j’avais choisi comme sujet de réflexion La Chartreuse de Parme et, plus précisément, l’épisode de Waterloo, et cela pour une double raison. D’abord parce que j’avais été frappé par trois faits particulièrement saillants. (i) Dans l’épisode de Waterloo il ne se produit apparemment aucun événement d’importance concernant la structuration subjective du héros. Et pourtant de très nombreux événements d’une autre nature surviennent dans l’épisode. La densité narrative y est remarquable. Quelles pouvaient donc bien être la nature, la structure et la fonction de cette force narrative? (ii) La mise en scène des personnages et la description du décor atteint à une précision presque anormale. Quelle pouvait donc bien être la raison de cette ultraprécision figurative? (iii) Il existe nombre d’index évidents et de repères qui pointent et soulignent des indications apparemment insignifiantes. Quelle pouvait donc bien être leur utilité? Par ailleurs, j’avais également été frappé par l’étude de Gilbert Durand sur Le décor mythique de la Chartreuse de Parme consacrée aux „structures figuratives 180 du roman stendhalien“ dans leurs relations aux „structures anthropologiques de l’imaginaire“. 2 Mais il se posait alors une question de méthode. Dans cette profusion d’analogies, comment contrôler le bien fondé de la méthode „transcendante“ d’homologation de structures mythologiques par projection de structures déjà répertoriées. Le sens étant une entité „résonnante“, toute projection fait sens. Il fallait donc compléter la méthode projective „transcendante“ au moyen d’une méthode immanente. Mon hypothèse directrice fut alors que, conformément à la méthode des compositions picturales, Waterloo constituait dans l’œuvre de Stendhal un exercice sémiotique d’encodage des significations dans le décor figuratif des actions, La Chartreuse fonctionnant comme un paysage et une peinture d’histoire déroulés dans le temps. La discursivité manifeste (de surface) du récit renvoyait ainsi à une narrativité plus profonde constituant la signification réelle de l’épisode. Une telle hypothèse permettait de répondre facilement aux trois questions précédentes. (i) La nature, la structure et la fonction de la force narrative de Waterloo étaient d’établir une distance entre la discursivité manifeste de surface et la narrativité profonde tout en l’homologuant à la distance véridictoire entre le paraître et l’être. Observateur incompétent, Fabrice assistait comme une sorte de non-initié à un spectacle dont il ne pouvait saisir le sens. (ii) Ce sens était néanmoins lisible dans la mise en scène et la description du décor. L’ultra-précision figurative avait pour raison son encryptage dans des structures et des thèmes purement figuratifs. (iii) Les index-repères avaient pour fonction d’indiquer au lecteur des éléments de décodage. Mais comment développer techniquement une telle hypothèse? Comment éviter une simple projection sur-interprétative? La méthode structuraliste était indispensable car en tant que méthode immanente, elle permet de faire émerger de façon non-projective des significations profondes. J’ai alors abouti à la conclusion que l’épisode de Waterloo encryptait un cosmos mythologique, son défaut apparent de sens devant plutôt être interprété comme un excès de sens. Il s’agit d’ailleurs de l’un des principaux acquis des analyses structurales: quelle que soit la transformation des contraintes et des figures discursives, le fond narratif des récits demeure essentiellement mythique, les mythes étant des instruments logiques et des schèmes opératoires pour résoudre des contradictions de l’imaginaire. Depuis les travaux de Gérard Genette, on soutient à juste titre que la grande innovation de Waterloo consiste dans la description du point de vue du héros et de la perspective subjectale. Toutefois, ce n’est pas parce que Waterloo est vu localement et partiellement par un jeune homme idéaliste, enthousiaste et inexpérimenté qu’il ne s’y passe rien. La Chartreuse est un Bildungsroman et la démodalisation épistémique de Fabrice ne signifie pas pour autant qu’il n’y ait pas „formation“. Cela signifie simplement que, en ce qui concerne la „psychologie“ du personnage, l’éducation est, comme l’a noté Alberto Casadei, une éducation „renversée“ et que la formation n’est pas actoriellement intériorisée. 3 181 Pour comprendre comment tout se passe dans le décor, il faut revenir sur la façon dont les paysages „sublimes“ sont le lieu privilégié chez Stendhal de ce que Kant appelait une „finalité subjective formelle“. Dans son classique Stendhal et les problèmes du roman, 4 Georges Blin a montré que dans le réalisme „subjectif“ de Stendhal la dimension du figuratif est subjectivement structurante et „exprime“ les valeurs du sujet. Le figuratif rend sensible le sujet de l’énonciation. Ainsi que le souligne Alain Goldschlager le rôle du décor ne peut se définir qu’en termes de personnages et l’environnement physique des héros devient partie intégrante de leur personnalité.5 C’est en ce sens profond que, chez Stendhal, les paysages „parlent à l’âme“. Le langage des lieux est un langage des signes et, comme en peinture, les décors sont des constructions sémiotiques constitutives de la subjectivité. Un décor peut donc incarner un sujet même si le sujet s’absente psychologiquement, ce qui se produit précisément à Waterloo. C’est ici que la méthode structuraliste devient d’une utilité inappréciable. Elle permet en effet de comprendre comment les figures du monde sensible peuvent être sémiquement investies de significations profondes correspondant à différents codes (au sens Lévi-Straussien). D’où la corrélation entre texte et image et la „pictorialité“ de l’écriture. L’intérêt de Stendhal pour la peinture était beaucoup plus qu’une passion esthétique. Comme l’a montré Jean Prévost, il s’agissait aussi pour lui d’une recherche sur les techniques littéraires. 6 Apprendre à voir était aussi pour lui apprendre à écrire. Dans son Stendhal et ses peintres italiens, Philippe Berthier a montré de son côté que La Chartreuse applique à l’écriture des procédés picturaux. 7 Victor Del Litto a également analysé les rapports privilégiés entre Stendhal et Le Corrège. 8 Ces recherches érudites confirment avec bien d’autres que la peinture constituait un modèle pour Stendhal. L’emprunt technique majeur de Stendhal à la peinture est, selon moi, l’art de l’expression et de la composition. L’expression devra sélectionner des traits pertinents, „exprimer de façon ramassée et elliptique“ en „supprimant les détails“ non pertinents. Quant à la composition, sa conséquence sera que, ainsi que le formule Margherita Leoni: l’œuvre fera de la mise en scène de sa composition une véritable mise en texte.9 Ce point a été étudié par Alain Goldschlager dans sa comparaison du signe visuel et du signe littéraire chez Stendhal: Face au signe pictural ouvert et au signe littéraire fermé, Stendhal choisit sans hésiter le premier et tente de réformer le second en y introduisant les techniques du premier.10 Mais pour que les paysages soient ainsi des signes et des messages qui, tout en étant „objectifs“, „parlent au cœur et à l’âme“ et expriment le sujet de l’énonciation, il faut que leur composition même, au sens pictural, puisse être investie de valeurs. Là encore, l’analyse structurale se révèle indispensable. Car, qu’est-ce que 182 „l’âme“ narrativement parlant? C’est la synthèse actorielle intériorisée de valeurs sémantiques profondes. C’est pourquoi, si avec Greimas on pose que „le niveau mythique correspond, dans le parcours génératif, aux organisations sémiotiques profondes“, il existe une dimension sémiotique mythique dans La Chartreuse, celle-ci fondant une dimension mythologique en partie manifeste. Il existe d’ailleurs un critère lexical simple permettant de distinguer le monde mythique qui intéresse Stendhal du monde prosaïque où il se sent immergé comme dans un enfer de médiocrité et de vulgarité. Il suffit simplement de prêter attention aux qualificatifs de „sublime“, de „céleste“ ou de „divin“. Les personnages blasonnés par ces épithètes constituent un second monde spirituel interférant avec un premier monde vulgaire tout en y développant une logique aristocratique sui generis. Comme y a insisté Claude Sheiber, les personnages sublimes que sont Fabrice, la Sanseverina, Clélia ou Ferrante Palla sont marqués par l’héroïsme, l’autorité, l’énergie, le courage, la profondeur, la noblesse d’âme. 11 Les paysages appartiennent à ce second monde du sublime et sont décrits par des techniques picturales spécifiques. Claude Sheiber a fait la remarque subtile que souvent Stendhal décrit un paysage générique puis le singularise au moyen d’un adjectif hypersubjectif (comme „sublime“ précisément) permettant de „catalyser“ l’imagination. Ce que la peinture peut faire et que la littérature ne peut apparemment pas faire, à savoir individuer le singulier à partir du générique au moyen d’un schématisme spatiotemporel, la littérature peut quand même le faire en substituant au schématisme une intensité subjective. L’analyse structurale dégage ainsi un fond mythique immanent au récit et c’est cette base mythique qui peut justifier des homologations mythologiques avec des mythes répertoriés. Or l’attribution d’une réécriture d’éléments mythologiques par Stendhal n’est pas du tout une hypothèse excessive puisque non seulement Stendhal connaissait parfaitement la mythologie classique mais que, comme y insiste Michael, il avait même le projet, dès 1802, de réécrire l’épopée de la Pharsale en l’honneur de Bonaparte et qu’à ce propos il parlait d’y insérer un jeu de prophéties et de présages, une descente aux enfers, une transposition des dieux de l’Antiquité dans un contexte contemporain, une identification de la Vierge avec une déesse antique (Vénus), le mythe de Déméter, une apparition de César/ Bonaparte dans un champ de blé et une apparition de son oiseau héraldique: l’aigle.12 On ne saurait être plus explicite et de tels projets règlent d’emblée par la positive la question de savoir si, par exemple, le thème de Fabrice caché dans un champ de blé à Waterloo peut être considéré comme une figure mythologique ou non. III. Mythe et mythologie Les principales conclusions auxquelles j’étais arrivé en analysant en détail, à la Lévi-Strauss-Greimas, tous les éléments figuratifs de Waterloo étaient donc les 183 suivantes: 13 Waterloo est le récit d’un cycle existentiel complet commençant par une naissance symbolique (l’évasion de la prison de B*** après 33 (sic) jours d’incarcération) et finissant par une mort symbolique (l’évanouissement et le long sommeil à l’Auberge de l’Etrille consécutifs à la blessure reçue sur le pont de la Sainte près de l’Auberge du Cheval blanc „quartier général“ du colonel Le Baron). Ce récit complet est celui d’une initiation en quatre actes au cours de laquelle Fabrice prend successivement contact (sans le subjectiviser) avec quatre mondes symboliques. (i) Celui de la mort personnelle et des puissances chtoniennes. Le „maître“ - au sens où l’on parle dans les mythes de „maître“ du feu, de „maître“ de l’eau, etc. - en est la cantinière. (ii) Celui de la violence et de la mort collective. Le „maître“ - non individué - en est l’acteur collectif „hussards“. (iii) Celui de la communauté ecclésiale. Le „maître“ en est le caporal Aubry. (iv) Celui de l’individuation. Le „maître“ en est le colonel Le Baron. Le fond sémiotique mythique de l’épisode de Waterloo et de son prélude me permettait d’homologuer, sur la base de l’homologation évidente Napoléon-Zeus, le lieutenant Robert avec Hermès, le marquis del Dongo et le château de Grianta avec l’Hadès, la Sanseverina avec Aphrodite, l’abbé Blanès avec une figure sagittarienne de type Chiron, etc. Elle permettait également de corréler le symbolisme figuratif de la bataille avec d’autres figures mythologiques, Déméter pour la terre éventrée, Perséphone pour le blé, etc. L’interprétation anagogique de l’acte III centré sur le caporal Aubry semblait faire de ce dernier une figure chrétienne et kérygmatique. Mais ce n’était pas ces résonances mythologiques qui m’intéressaient. C’était le dispositif sémiotique de l’épisode. On comprendra donc quel choc fut pour moi de découvrir que par des chemins complètement différents utilisant une connaissance sans pareil de Stendhal, Michael Nerlich était arrivé essentiellement aux mêmes résultats et pouvait proposer une interprétation mythologique complète, précise et rigoureuse de La Chartreuse de Parme fondée sur une méthode transcendante et projective immunisée contre le vice de sur-interprétation par le recours érudit à des éléments historiques, culturels, biographiques et littéraires très précis et très contraignants. Evidemment, l’analyse de Michael était plus riche que la mienne en références biographiques et culturelles. Evidemment, la mienne était plus riche que la sienne en structures sémio-narratives (sémantiques et actantielles), discursives et figuratives. Mais la convergence était néanmoins remarquable. Et Michael était allé beaucoup plus loin que moi dans l’homologation des personnages de La Chartreuse avec des personnages mythologiques effectifs: Vasi avec Mercure, Fausta avec Circé, Ascagne et Ranuce avec Dionysos et Zagréus, Aniken avec Nikè, la Raversi avec Méduse, Ferrante Palla avec Evandros, etc. Mais surtout, il était arrivé à l’identification de base de Fabrice avec Eros et de Clélia avec Psyché. 184 Je n’avais pas pour ma part fait l’hypothèse que le roman pouvait réécrire globalement un mythe répertorié. Pour moi, la dimension mythologique résultait seulement de la façon dont des structures sémio-narratives mythiques et figurativement encodées pouvaient entrer partiellement en résonance avec des textes classiques de référence. Je n’avais donc pas cherché à identifier l’acteur Fabrice à un personnage mythologique. Et cela d’autant plus que j’y reconnaissais des éléments mythologiques diversifiés: par exemple l’amour entre Aphrodite et Adonis qu’elle trouve enfant lors d’une chasse au sanglier dans le creux d’un arbre, qu’elle donne à materner à Perséphone épouse d’Hadès qui ne veut plus le lui rendre, et qu’elle adore jusqu’à ce qu’il soit tué par un sanglier; ou encore le côté très Bellérophon de l’épisode des hussards (être entraîné par son cheval jusqu’à l’Olympe puis être désarçonné); ou encore le côté très Asclépios de l’initiation de Fabrice par Blanès- Chiron et de son succès incroyable comme prédicateur; etc. Mais il est certain que le triangle Sanseverina-Fabrice-Clélia et le contexte de la Tour Farnèse rappellent étrangement le triangle Aphrodite-Eros-Psyché et le contexte du palais merveilleux: en particulier en ce qui concerne la brusque passion amoureuse de celui qui jusque-là était aimé sans pouvoir aimer en retour, ainsi que la séduction dans la nuit, le veto de la vue et de la lumière. IV. De Berlin à Stendal et Corte Après la chute du mur de Berlin, Michael Nerlich eut l’idée magnifique d’organiser, du 11 au 14 juin 1992, pour célébrer le 150 ème anniversaire de la mort de l’écrivain grenoblois, et toujours dans le cadre du traité de coopération TU-EHESS, un important colloque sur Stendhal dans la petite ville de Stendal, à l’Ouest de Berlin et au Nord de Magdebourg. 14 Stendal, la ville du refondateur du classicisme antique Winckelmann que Henri Beyle, fou de beauté, appréciait jusqu’à en prendre le toponyme pour nom de plume même s’il le trouvait trop enclin „à faire du Phébus“. 15 Dans son Vorwort, Michael raconte comment, grâce à l’enthousiasme du Bourgmestre de Stendal Manfred Haufe, ce qui n’était au départ qu’une visite prévue dans le cadre du colloque devant se tenir à Berlin, devint un transfert du colloque entier dans cette petite ville. Le thème du colloque étant Stendhal. Text und Bild j’ai pu y présenter, devant un parterre de stendhaliens émérites, mes idées sur le ressort sémiotique de l’épisode de Waterloo. Après le colloque, Victor Del Litto et le Stendhal Club m’invitèrent fort aimablement à faire une conférence à l’Association des Amis de Stendhal, le 3 mars 1993, ce qui me permit d’approfondir „le paysage comme structure narrative dans l’épisode de Waterloo“. Quelques années plus tard, j’eu l’occasion de revenir sur La Chartreuse au cours de discussions avec mon collègue et ami Jean-Jacques Vincensini, sémioticien et médiéviste spécialiste des récits dits „mélusiniens“, classe typologique dans laquelle les érudits rangent le mythe d’Eros et de Psyché. 16 Dans la mesure où Michael avait montré que La Chartreuse réécrit en partie ce mythe, il était inté- 185 ressant de voir ce qu’il en était exactement, ce que je fis pour un Colloque organisé par J-J. Vincensini en Corse à Corte en Octobre 1999. 17 Comme l’a montré Michael, le rapport de Stendhal à ce mythe est certain et peut être suivi de façon précise. Par exemple, le décorateur du Palais Crescenzi (le mari de Clélia) est le grand sculpteur suédois Bengt Erlan Fogelberg (1786- 1854) que Stendhal vénérait comme „fou de beauté“ et représentant de „l’idéal sublime“, „beau comme l’art grec“, comme le plus incomparable sculpteur de Rome pendant trente ans, maître dont il commenta en particulier l’Eros et Psyché et la Vénus. 18 De même dans Promenade dans Rome, à propos de la Villa Farnesina (La Chartreuse étant inspirée de l’histoire d’Alexandre Farnèse), Stendhal parle des plus belles fresques de Raphaël dont les sujets sont pris de l’histoire de Psyché et de l’Amour, jadis mis en Français par La Fontaine. Stendhal connaissait par cœur „Les amours de Psyché et Cupidon“ où La Fontaine reprend L’Ane d’or d’Apulée. 19 Le parallèle entre l’histoire d’Eros et de Psyché (en relation avec celle d’Aphrodite) et celle de Fabrice et Clélia (en relation avec celle de la Sanseverina, Vénus sortant de l’onde du „lac sublime“ au début du roman) est tout à fait spectaculaire. 20 Tout y est: 1. Les relations de jalousie entre les deux femmes: Clélia éclipse la beauté de la Sanseverina lors de la soirée chez le ministre de l’Intérieur comme Psyché éclipse celle d’Aphrodite. 2. Les motifs figuratifs jusque dans le détail. (i) En particulier et avant tout la fameuse petite lampe à huile. (ii) Mais aussi les orangers (c’est l’orangerie du palais Crescenzi qui est le lieu topique des amours des héros), qui sont une signature du mythe. Ils apparaissent au chapitre XV lors de cette même soirée. Par modestie et pour échapper aux compliments, Clélia „s’approcha d’une fenêtre ouverte [qui] donnait sur un petit bois d’orangers en pleine terre.“ (p. 276) Et elle enchaîne aussitôt: „ si au moins (…) j’avais la vue de jolis orangers (…)! Mais pour toute perspective les énormes pierres de taille de la tour Farnèse.“ (p. 276) (iii) Citons également le motif figuratif les moineaux de Fabrice qu’il apprivoise et revoit du haut du clocher, en même temps que les orangers, lors de son retour à Grianta (p. 174). Le moineau est l’oiseau éponyme d’Aphrodite. 21 (iv) Et aussi la première arrivée de la petite Clélia près du lac de Côme (toujours le lac) au chapitre V (p. 98) sous une chaleur accablante, débouchant „d’un petit sentier à travers champs“, „couverte de poussière“ et „qui pleurait timidement“ avant d’être arrêtée avec son père par les gendarmes. Dans le mythe, Psyché est sacrifiée à Venus et mise „sur un chariot, sans cocher ni guide“, les chevaux s’arrêtant après trois jours, ceux-ci dans un lieu désolé avec „pas un seul arbre, pas un seul brin d’herbe“. 186 (v) Lors de la seconde rencontre au chapitre XV (p. 265) à la citadelle de la tour Farnèse, Fabrice est immédiatement frappé par la „physionomie angélique“ et „la céleste beauté“ de Clélia. Clélia de son côté admire la „noblesse“ et la „sérénité“ de Fabrice. Deux personnages du monde „sublime“ et „héroïque“, donc mythique, se rencontrent et se reconnaissent alors qu’ils sont immergés dans le monde vulgaire. (vi) On peut citer également, comme autre élément de reprise du mythe, le Palais merveilleux. 3. La modestie de Clélia et la façon dont elle se trouve horriblement gênée lorsqu’on lui apporte un grand fauteuil pour se mettre en valeur. Cela arrive deux fois. D’abord lors de la fameuse scène du whist chez le Prince. Ensuite dans la petite église de Sainte-Marie de la Visitation où Fabrice prédique avec talent et succès devant un parterre mondain. Clélia vient un jour discrètement à l’église (p. 477). Mais l’inénarrable Gonzo la met dans une situation intolérable en faisant „porter dans l’église un fauteuil doré magnifique destiné à la marquise“. (p. 486). Ces épisodes reprennent celui de la chaise qu’offre Proserpine à Psyché qui, par modestie, s’assied sagement par terre. 4. Mais évidemment ce qui est le plus spectaculaire est l’interdit mélusinien portant sur la vision de l’amant. De même que Psyché n’a pas le droit de voir son époux, Clélia n’a pas le droit de voir Fabrice à cause de son vœu à la Madone. Pendant de longs mois, ils ne se rencontrent que dans l’obscurité. En fait la relation Fabrice-Clélia est une inversion parfaite de celle Eros-Psyché. C’est une variante mélusinienne. L’évolution de la position de Clélia par rapport à son vœu est en tous points remarquable et décrit une véritable assomption d’une héroïne mélusinienne à partir d’un caractère psycho-sociologique somme toute assez banal: celui d’une jeune noble pauvre mais bien éduquée terriblement tourmentée par ses remords et culpabilisée par son péché. Le vœu initial à la Madone qui est „de ne jamais revoir Fabrice“ se transforme progressivement, à travers, comme l’écrit Stendhal, „une interprétation forcée et sans doute criminelle“, en un interdit mythologique d’un tout autre ordre: au sens littéral „ne pas le voir de ses yeux“. Cette transformation indique un véritable changement de statut. Lorsque Fabrice entre (à minuit) au Palais Crescenzi par la porte de l’orangerie (toujours les orangers) pour rejoindre Clélia qui lui a envoyé un billet, le lecteur assiste à la complète métamorphose de la marquise. Elle devient vraiment une variante de Psyché en disant à Fabrice „- C’est moi qui suis venue ici pour te dire que je t’aime, et pour te demander si tu veux m’obéir“. Ce comportement décidé de Clélia en fait soudain un personnage mythologique. La psychologie, la sociologie, la contextualisation historique, la morale s’évanouissent soudain au profit d’une pure affirmation d’interdit symbolique: „ne jamais te voir; si jamais tu me forçais à te regarder en plein jour, tout serait fini entre nous“. C’est pratiquement mot à mot la phrase du mythe mélusinien inversant celui d’Eros et Psyché. 187 En ce sens, Clélia est „sublime“ et a à faire avec un autre monde, un ailleurs transcendant. Ainsi que l’a montré Marie-Rose Guinard-Corredor dans „La ‘chimère absente’“, elle est décrite comme une âme „songeuse“ perdue dans des „pensées profondes“, comme si elle pensait à une „chimère absente“. Elle est en contact par son regard avec un arrière monde et „une absence qui la destine aux lointains.“ 22 Cette chimère lointaine est celle du mythe que Michael a si bien su dégager. Conclusion Au-delà des contenus techniques de critique littéraire, la morale que je retiens de ce parcours est la convergence de deux méthodes, celle historico-critique „transcendante“ et celle structurale „immanente“. Je crois qu’il s’agit d’un assez bel exemple de confirmations croisées d’hypothèses et, souvent, j’ai remercié le hasard institutionnel de m’avoir fait découvrir un soir de janvier 1986 le talent herméneutique de Michael Nerlich. 1 Nerlich [1989]. 2 Durand [1961]. 3 Casadei [1999]. 4 Blin [1958]. 5 Goldschlager [1980], p. 126-127. 6 Prévost [1951/ 1974]. 7 Berthier [1972]. 8 Del Litto [1977]. 9 Leoni [1996]. 10 Goldschlager [1980], p. 127. 11 Cf. Sheiber [1988], p. 9. 12 Nerlich [1996], p. 87. 13 On peut trouver le résultat détaillé de ces analyses dans mon ouvrage Morphologie et Esthétique. 14 Les actes ont été publiés en 1994 par Sybil Dümchen et Michael Nerlich dans les Stendhal Hefte. 15 Cf. Claudon [1983]. Stendhal eut dans cette ville une amourette avec une certaine Minette (Minna von Griesheim) comme l’avoue une esquisse de lettre à Daru du 24 octobre 1807. 16 Cf. son ouvrage de référence Pensée mythique et narration médiévales, Vincensini [1996]. 17 Cf. Vincensini [2002]. Dans son texte, J.-J. Vincensini réfère à un certain nombre de travaux sur les rapports que Les Amours de Psyché et de Cupidon de La Fontaine entretiennent avec divers récits de l’Antiquité, notamment les travaux de Marc Fumaroli [1993], de François Graziani Giacobbi [1984] et d’Edwige Keller [1996]. 18 Nerlich [1994]. 19 Dans sa nécrographie Stendhal dit de lui-même: „il adorait les fables de La Fontaine, Corneille et Montesquieu“. 188 20 Elle a aussi été notée par Klaus Engelhardt [1972] qui, à propos des rencontres de Fabrice avec Clélia dans l’obscurité, dit que „his happiness is no more perfect than that of Psyche who loses her divine spouse“. 21 Les attributs traditionnels d’Aphrodite sont la colombe, le moineau, le cygne et la myrte. 22 Guinard-Corredor [1996], p. 83. Bibliographie Berthier, P., 1972. „Balzac et La Chartreuse de Parme, roman corrégien“, VIIème Congrès international stendhalien, Aran (Suisse), Ed. du Grand Chêne. Blin, G., 1958. Stendhal et les problèmes du roman, Paris, José Corti. 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G., 1984. „La Fontaine lecteur de Marino: Les Amours de Psyché, œuvre hybride“, Revue de Littérature comparée, LVIII, 389-397. Goldschlager, A., 1980. „Signe visuel et signe littéraire chez Stendhal“, Stendhal Club, 86, 121-128. Guinard-Corredor, M.-R., 1996. „La ‘chimère absente’“, Stendhal. „La chartreuse de Parme“ ou la „chimère absente“, Romantismes, Paris, SEDES, 53-59. Haig, S., 1971. „Sur les orangers de ‘la Chartreuse de Parme’“, Stendhal Club, 53, 27-30. Keller, E., 1996. „Psyché découvrant Cupidon: portées symboliques d’un épisode, de La Roque à La Fontaine“, Revue d’Histoire Littéraire de la France, 6, 1069-1083. Leoni, M., 1996. „Vertiges de la sensation: le spectacle impossible de Waterloo“, Stendhal. „La chartreuse de Parme“ ou la „chimère absente“, Romantismes, Paris, SEDES, 115- 123. Leoni, M., 1996. Stendhal, la peinture à l’œuvre, Paris, L’Harmattan. Nerlich, M., 1989. Apollon et Dionysos ou la science incertaine des signes, Marburg, Hitzeroth. 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Darf man in diesem Fall einer Grußbotschaft der Erinnerung Raum geben und den Artikel durch einen Gratulationsbrief ersetzen? Wir kennen uns seit mehr als dreißig Jahren und eine solch langjährige Verbindung geht natürlich auch in das eigene Leben ein. Ungefähr Ende 1973 muß es gewesen sein, als Du mich das erste Mal mit Evelyne - Dich ohne sie zu denken scheint mir eigentlich gar nicht möglich! - besucht hast. Ein solches Interesse eines Kollegen von der TU für eine Kollegin von der HU gehörte zum damaligen Zeitpunkt unter den gegebenen politischen Bedingungen wahrlich nicht zum akademischen Alltag. Seitdem sind wir uns immer wieder, nicht regelmäßig, aber hie und da begegnet, persönlich bei uns zu Haus oder im Klub der Kulturschaffenden, bei Tagungen wie an der Universität in Halle, bei Euch in Frankreich, als ich 1978 auf dem Rückweg von dem FILLM-Kongreß in Aix in Charroux vorbeikam - ich höre noch früh in der Stille dieses verwunschenen Dörfchens das Krähen der Hähne und rieche die wunderbare frische Luft - und nach der Wende 1989 bei Euch in der Innsbrucker Straße - und immer gab es einen regen Austausch der Gedanken. Denn wir waren natürlich keineswegs immer einer Meinung. Doch Dein oft sehr kritischer Blick von außen auf die politischen Fragen war stets anregend und Deine aus einem ganz anderen wissenschaftlichem Umfeld kommende fachliche Meinung ein unschätzbarer Gewinn. Genau so wie Deine eigenen Bücher. Ich denke im Rückblick vor allem an die zwei 1977 im Akademie-Verlag der DDR herausgekommenen Bände zur Abenteuerideologie. Entscheidend war für mich in Deinen Arbeiten immer Deine Art der ungewöhnlichen Fragestellung, mit der Du - wie Marx vielleicht gesagt hätte, die Dinge zum „Tanzen“ brachtest. Ganz gleich, ob man Deiner Meinung zustimmte oder nicht, Du zwangst den Leser, über die aufgeworfene Frage und die damit zusammenhängende eigene Meinung erneut nachzudenken. Das nachhaltigste Bindeglied zwischen uns über all die Jahre aber war die von Dir seit April 1975 herausgegebene Zeitschrift lendemains, die Du mir von Anfang an regelmäßig zukommen ließest. Die Gründung dieser nur auf Frankreich konzentrierten Zeitschrift, ohne finanzielle Mittel und ohne einen wissenschaftlichen Verlag - denn der als Herausgeber geplante Athenäum Verlag war überraschend zusammengebrochen - stellte an sich schon ein Wagnis dar. Ihre Ausrichtung ein zusätzliches. Eine Zeitschrift, die sich auch der modernen Literaturentwicklung, Themen der Landeskunde - wie man altmodisch gesagt hätte - d.h. den Verände- 191 rungen im gegenwärtigen Frankreich widmen wollte, war zwar ein dringendes Desiderat, verstieß aber gegen alle universitäre Tradition. Und so fand die Zeitschrift mit vier für einen Preis von 24 DM pro Jahr geplanten Heften zunächst nur im Verlag Sozialistische Politik eine Heimstatt und Druck, Papier und Umfang, kurz die ganze äußere Aufmachung waren eher bescheiden. Doch die Zeitschrift hielt sich trotzdem und konnte ungeachtet aller finanziellen Schwierigkeiten, ab dem 3. Jahrgang mit dem zehnten Heft 1978 zum Pahl-Rugenstein Verlag, Köln wechseln, wo lendemains zehn Jahre lang blieb. Aber auch damit war die Verlags-Odyssee noch lange nicht zu Ende. Mit dem 12. Jahrgang, H. 46, 1987, übernahm der Hitzeroth Verlag, Marburg, für fünf weitere Jahre die Publikation. Zwar hatte sich bei Pahl-Rugenstein im Laufe der Zeit das äußere Erscheinungsbild von lendemains allmählich verbessert, stabilerer Einband, ästhetisch anspruchsvolles Deckblatt, kräftigerer, doch immer noch sehr kleiner Druck, aber das Gesamtformat von DIN A5 war geblieben. Mit Heft 49 gab Hitzeroth der Zeitschrift einen wesentlich besseren Druck und ein anspruchsvolleres, größeres Format (16x26), das sich bis heute durch alle weiteren Verlagswechsel - Sybil Dümchen- Verlag, Berlin (ab H. 69/ 70, 1993), Stauffenburg Verlag, Brigitte Narr GmbH, Tübingen (ab H. 89, 1998), Narr Verlag GmbH, Tübingen (ab H. 114/ 115, 2004) - bis zu dem jetzigen Narr Francke Atempto Verlag, Tübingen (ab H. 116, 2004) gehalten hat. In diesen Zeilen ist es natürlich nicht möglich eine inhaltliche Analyse oder gar Würdigung der Zeitschrift und damit Deiner ideellen Urheberschaft zu geben. Das wäre der Artikel gewesen, leider. Aber eines möchte ich doch ohne Abstriche feststellen: Durchgehalten hat die Zeitschrift die ganze Zeit - trotz aller materiellen Turbulenzen der „ökonomischen Kontingenz“ - ihr Grundprofil und ihr wissenschaftliches Grundanliegen, Frankreichforschung im umfassenden Sinne zu fördern und Artikel zu Ökonomie-Politik-Geschichte-Kultur-Literatur-Medien-Sprache einzubeziehen und zur aktuellen Methodendiskussion und literaturkritischen Auseinandersetzung auf wissenschaftlichem Niveau beizutragen. Meine Präsentierung der ersten drei Hefte von lendemains in den Beiträgen zur romanischen Philologie (H. 2, 1976) schloß mit dem Hinweis darauf, dass sich die Zeitschrift schon kurz nach dem Erscheinen „als ein nützliches und notwendiges Publikationsorgan profiliert hat.“ Aus heutiger Sicht könnte man hinzufügen, sie hat für das Fach damit den Sinn ihres Symboltitels „lendemains“ erfüllt, die Frankreichstudien im breiten Sinne auf der Höhe der Zeit zu fördern. Ich glaube Michael, es gibt auch für Dich an Deinem 70. Geburtstag keine größere Freude, als feststellen zu können, dass die Zeitschrift, die Du initiiert hast, auch unter der jetzigen Leitung von Wolfgang Asholt in Deinem Sinne erfolgreich fortgeführt wird und ihren festen Platz in den Fachorganen behauptet. Lieber Michael, ich wünsche Dir von Herzen noch viele schaffensreiche Jahre und damit der Romanistik - denn Dein eigenes Werk greift ja über die Frankreichstudien weit hinaus - noch viele neue interessante, wissenschaftliche Arbeiten - aus Deiner Feder, wie man in alten Zeiten hinzugefügt hätte. Deine uralte Rita Schober 192 Pierre Vaisse Le cas Mauclair Copie de la lettre adressée le 28 septembre 1909 à Camille Mauclair. Un de nos délégués nous a signalé que, dans une lettre au Mercure de France, reproduite dans le fascicule de décembre 1908, vous aviez donné votre sentiment sur l’antisémitisme, que vous tenez pour „une manie absurde en son principe et répugnante en ses conséquences“, et vous avez bien voulu ajouter que „si vous étiez né juif, vous seriez trop fier de l’être…“. L’expression de ces sentiments vous honore, Monsieur. L’Action morale a été fondée pour contribuer à l’instauration d’un régime de panharmonie mondiale qui comporte au premier chef la suppression des sentiments d’hostilité des individus vis-à-vis les uns des autres. […] Dans sa dernière réunion, la Délégation de l’Europe Occidentale de l’Action morale a décidé de classer votre lettre dans les écrits de Bien Public et de vous envoyer cette lettre pour vous assurer de ses sentiments les meilleurs. Parue dans le Mercure de France du 16 octobre 1909, cette lettre renvoyait à celle, en date du 24 décembre 1908 (mais publiée dans le numéro du 16 janvier suivant) que Camille Mauclair avait adressée à Vallette, le rédacteur en chef de la revue, pour rectifier une notice biographique qui lui avait été consacrée dans le second volume des Poètes d’Aujourd’hui de Van Bever et Léautaud. Auteur de la notice, ce dernier présentait Mauclair comme un habile pasticheur ayant imité tour à tour Mallarmé, Maeterlinck, Rachilde, Barrès et Paul Adam. „D’origine sémitique, M. Camille Mauclair a le génie de sa race“, croyait-il devoir avancer comme explication; devant le démenti de l’intéressé, il écrivait dans son Journal, le 25 janvier 1909, qu’il avait toujours entendu dire que Mauclair était juif. 1 Dans le rectificatif qu’il fit parvenir à Vallette, celui-ci précisait que, Parisien, il avait été baptisé et fait sa première communion. Ses ascendants de Sarrebourg et Saverne avaient été „plutôt antisémites; en tout cas, plusieurs furent élevés dans des séminaires“. Mais, ajoutait-il, Je tiens l’antisémitisme pour une manie absurde en son principe et répugnante en ses conséquences. Quelques-uns de mes plus intimes amis sont israélites: leur générosité, leur droiture, leur délicatesse, leur dignité morale me touchent profondément. Si j’étais juif, je serais très [et non „trop“] fier de l’être. Mais le fait est que je ne le suis pas. C’est la scie du jour que de voir du sémitisme partout. * * * 193 4 novembre 1951: le Dr. Maurice Boigny, responsable des opérations d’épuration des collaborateurs, écrivait au secrétaire général de la Société des Gens de Lettres pour lui demander si Camille Mauclair avait „été jugé ou non, fusillé, exécuté sommairement, ou est mort en prison? ou chez lui? “ - à quoi le destinataire répondait qu’il croyait savoir „que M. Camille Mauclair est décédé avant de passer en jugement“. 2 De fait, l’écrivain était mort le 23 avril 1945 à son domicile parisien, avant que sa contribution à des organes de presse favorables à l’occupant ne l’ait conduit devant un tribunal ou même un peloton d’exécution. Membre de l’Association des Journalistes Antijuifs, il avait, de fait, publié des articles violemment antisémites dans Le Matin, La Gerbe et le Grand magazine illustré de la Race: Revivre. 3 * * * Dans son livre sur Les dreyfusards sous l’Occupation, Simon Epstein conteste ce qu’il appelle la thèse des deux France qui pose que les collaborateurs sont les héritiers des antidreyfusards (comme eux, ils sont antisémites et réactionnaires) tandis que les résistants sont des dreyfusards réincarnés (ils luttent pour les mêmes idéaux universels dont la France s’est toujours faite le champion). 4 Après examen d’un certain nombre de cas individuels, il en vient à conclure que les dreyfusards furent plus nombreux que les antidreyfusards parmi les collaborateurs. Sans parler des personnalités politiques ou des écrivains les plus connus, on peut mentionner comme exemples l’avocat et poète Jean Ajalbert, avocat des anarchistes et dreyfusard militant devenu sous l’occupation un chantre du pouvoir et un partisan de Doriot, ou le dessinateur Hermann Paul, collaborateur au début du siècle des Temps Nouveaux de Jean Grave avant d’exercer ses talents dans Je suis partout aux côtés de Brasillach et Rebatet. Simon Epstein (qui ne mentionne pas ce dernier exemple) cherche à donner du phénomène une explication qu’il discerne dans le pacifisme, qu’il fût de gauche, d’extrême gauche ou de droite, et surtout dans le pacifisme des anarchistes. 5 Anarchiste, Mauclair l’avait été, ainsi que dreyfusard. Avant de collaborer à L’Aurore, où Clémenceau l’avait fait entrer et dans laquelle il milita pour Dreyfus, il avait publié de violents articles dans des organes comme La Revue anarchiste ou L’Endehors de Zo d’Axa. Il n’est pas certain, malgré cela, que l’hypothèse avancée par Simon Epstein s’applique à son cas. En 1922, à cinquante ans, Mauclair (de son vrai nom Camille Faust) publiait sous le titre de Servitude et Grandeur Littéraires des souvenirs de la vie littéraire à Paris entre 1890 et 1900, quand, jeune encore, il fréquentait les milieux symbolistes. Bien que le livre, comme il prend soin de l’écrire, ne fût pas une autobiographie, il revient sur ses origines à propos de l’Affaire, développant ce qu’il avait esquissé dans le Mercure de France en 1909. Ses parents, Alsaciens de Saverne et 194 Phalsbourg, „haïssaient les juifs“, parce que certains d’entre eux (mais ils n’étaient pas les seuls, précise-t-il) pratiquaient le prêt usuraire dans les campagnes. 6 Leur „acharnement“ avait fait naître en lui „cette sympathie obscure qu’un cœur d’enfant éprouve toujours pour les parias“. Plus tard, il avait rencontré des Juifs qui avaient „compté parmi les êtres les plus intelligents, les plus droits, les plus braves et les meilleurs“ qu’il eût connus. „Quant à la question juive théorique, [il avait] conclu, après mûr examen, que l’antisémitisme était une erreur sociale souvent odieuse et toujours illogique, plus elle prétendait s’étayer sur l’histoire et la psychologie“. Toutefois, s’il pouvait se targuer d’avoir été „Dreyfusard de la première heure, par goût de la vérité“, 7 ce n’était pas par haine de l’antisémitisme, mais en raison de l’attitude des conseils de guerre. „L’exécution de Vaillant m’inclina à l’anarchisme, l’attitude des conseils de guerre au dreyfusisme“, écrivait-il un peu plus haut. 8 Si l’exécution de Vaillant restait à ses yeux, en 1922, „un crime social“, „la laide vengeance d’une collectivité bourgeoise ayant peur“, il portait cependant sur l’anarchisme fin-de-siècle un regard moins favorable: „On était anarchistes [sic] parce que cela avait de l’allure, du romanesque, que cette attitude convenait à notre situation d’écrivains honnis, et que l’étiquette couvrait tous nos motifs de mécontentement“. 9 Bientôt, se souvientil, les théories du „parti“ lui parurent „inanes“; „l’anarchisme s’avérait comme l’absurde et fugace amour de tête d’une jeunesse jetant sa gourme“. 10 Mais même au plus fort de sa phase anarchiste, ajoute-t-il, le rêve de „fraternité pacifiste universelle“ ne pouvait chasser de son cœur l’exécration des Allemands et le chauvinisme - sentiments explicables chez le fils d’Alsaciens émigrés à Paris à la suite de l’annexion de l’Alsace en 1871. 11 Ces sentiments lui venaient, sans aucun doute, de son origine alsacienne. La guerre allait les exacerber: en 1916, il publiait un essai intitulé Le Vertige allemand, histoire du crime délirant d’une race, étude „achevée en ce mois de mars 1916, où, devant Verdun, commença l’inéluctable châtiment de la Race maudite“ animée d’un rêve monstrueux de domination universelle. 12 Son indignation l’amenait à utiliser, pour démontrer le caractère belliqueux et l’orgueil fou des Allemands, des arguments philologiques pour le moins discutables: pour lui, le mot deutsch serait venu de Thor, le dieu de la guerre, et Goth de Gott! Si cette virulence s’explique en 1917, elle ne laisse pas présager son attitude pendant l’occupation. Elle est, de plus, paradoxale dans la mesure où Mauclair était nourri de culture germanique. Dans sa jeunesse, à une époque où le compositeur soulevait en France une vague d’hostilité nationaliste, il avait compté parmi les fervents admirateurs, pour ne pas dire adorateurs de Wagner, s’opposant lors des concerts organisés par Lamoureux aux trublions entraînés par Rochefort et Drumont. 13 Un tel culte, il est vrai, ne pouvait surprendre de la part d’un jeune poète qui se vouait au symbolisme et se voulait disciple de Mallarmé. Amateur passionné de musique, à laquelle il consacra plusieurs ouvrages, il fit paraître en 1906, dans une collection réputée, une étude sur Robert Schumann, qu’il dépeignait en conclusion comme „le maître incomparable du lied, et la réalisateur d’une musique de piano que personne n’a 195 égalée depuis“. 14 Mais son livre le plus significatif dans cette perspective est certainement la monographie très sérieusement documentée qu’il publia en 1930 sur celui qu’il tenait pour l’un des grands poètes lyriques du siècle avec Baudelaire et Poe: Heinrich Heine, „le plus grand lyrique de la langue allemande et un des plus merveilleux poètes de la tendresse que le monde ait jamais vu“. 15 Ces sentiments n’étaient pas nouveaux: en 1896, dans une étude sur Jules Laforgue dans laquelle il revenait à plusieurs reprises sur un autre poète allemand, Novalis, tenu pour un ancêtre de la poésie symboliste, il plaçait Heine aux côtés de l’auteur des Moralités légendaires, du Verlaine de Sagesse et du Rodin des ébauches, et l’évoquait en ces termes: Et Heine, musical et nonchalant, spirituel et désespérément amoureux, individualiste total, dissimule sous le scepticisme et l’élégance flâneuse du citadin et du voyageur le désorientement de sa grande âme hantée de la solitude et révolté de la sottise. 16 Un tel personnage ne pouvait qu’attirer le jeune anarchiste d’alors. En 1930, s’il porte sur le caractère et les palinodies de l’homme un jugement parfois sévère, le poète reste pour lui l’un des plus grands: Le Juif maudit a écrit en lettres ineffaçables les plus parfaits poèmes depuis ceux de Goethe, beaux d’une beauté formelle différente et équivalente, plus émus et plus humains. Les Français ne les lisent pas assez, et ont pour excuse leur ignorance de la langue […] Mais l’Allemagne sait: elle donnerait beaucoup pour qu’on oubliât le nom de Heine, qu’on attribuât à un anonyme impénétrable ces joyaux éblouissants. 17 Cet oubli volontaire, on le sait, allait se produire quelques années plus tard! Mauclair faisait allusion à la judaïté du poète, dont il tenait largement compte dans son livre et qu’il est difficile d’ignorer quand on entreprend de raconter sa vie; mais l’évidente sympathie qu’il éprouvait pour lui en dépit de ses faiblesses semble bien tenir à la condition de paria qui avait été celle de Heine dans la société allemande. * * * A la même époque, pourtant, Camille Mauclair publiait coup sur coup, en 1929 et 1930, deux volumes réunissant les articles qu’il avait fait paraître contre l’art moderne dans Figaro et dans L’Ami du peuple, deux organes de presse appartenant au célèbre parfumeur François Coty et qui en répandaient les idées d’extrême droite. 18 Il y dénonçait avec virulence l’évolution de la peinture depuis le début du siècle, condamnant pêle-mêle le fauvisme, l’expressionnisme, le cubisme et le surréalisme, et accusait de cette décadence, en dernier ressort, les marchands juifs allemands animés à la fois par le goût du lucre et le désir de porter atteinte à l’esprit latin. 19 On voit d’ordinaire dans ces pamphlets l’annonce de la propagande qui allait fleurir sous l’occupation, et, plus encore, de la politique artistique menée par le Troisième Reich. Trois ans plus tard, il réunissait dans un petit volume, L’architecture va-t-elle mourir? , des articles auparavant parus, pour la plupart, dans Figaro, dans lesquels il s’en prenait, cette fois-ci, à l’architecture du mouve- 196 ment moderne, plus particulièrement celle de Le Corbusier, qualifiée de „panbétonnisme“ et accusée de bolchévisme. 20 Il s’inspirait directement pour cela du pamphlet d’Alexander von Senger Le Cheval de Troie du bolchévisme, version française de Die Brandfackel Moskaus, paru la même année, en 1931. Son auteur, un architecte suisse alémanique qui en dédicaça la version allemande à Hitler, fit après 1933 carrière en Allemagne où il devint membre de la NSDAP. 21 Contrairement à ses livres sur Schumann, Heine, Baudelaire ou Edgar Poe, cette dernière brochure de Mauclair se fonde sur une connaissance pour le moins superficielle du sujet, au point de prendre l’ouvrage de Senger pour „l’une des sources les plus sérieuses de documentation“ sur l’architecture moderne. 22 Il est vrai qu’il n’était malheureusement pas le seul dans ce cas: 23 le lien entre l’extrême gauche et cette architecture que résumait le nom de Le Corbusier, son théoricien le plus connu, passait pour avéré auprès de nombreux esprits. Mauclair s’écarte cependant sur certains points de son modèle. Une allusion, la seule, à l’hitlérisme laisse penser qu’il n’approuvait pas les méthodes du nouveau régime. 24 Il ne reprend pas, de plus, l’idée d’un complot judéo-bolchéviste que Senger empruntait d’ailleurs à Mein Kampf, mais s’en tient à propos d’architecture au seul bolchévisme. La conception qu’il en a, par contre, s’apparente à celle de Senger et d’un courant populiste qui vint se fondre dans le national-socialisme: il le tient pour apparenté au grand capitalisme, international par nature, et en l’occurrence à la grande industrie du béton - de sorte que l’Amérique et l’Allemagne lui semblaient souffrir du même mal que la Russie. Politiquement, ce populisme éclate dans un passage où il dénonce les deux faits responsables de la déchéance française: la révocation de l’Edit de Nantes et „l’atroce et aveugle répression de la Commune par un régime qui n’avait encore de républicain que le nom“. 25 En matière d’architecture, la question sociale prenait la forme d’une lutte entre les artisans des métiers traditionnels du bâtiment et les grands trusts du béton qui les condamnaient à la famine. Mauclair, au demeurant, tient à souligner qu’il ne se nourrit pas de nostalgie et qu’il n’est pas hostile à toute modernité architecturale. Bien au contraire, il dénonce l’imitation des styles du passé et proclame son admiration pour Tony Garnier, Perret, Prost ou Laprade. 26 Il approuve l’utilisation de techniques nouvelles et de matériaux nouveaux pour les fonctions nouvelles: Les formules anciennes étaient devenues impuissantes à édifier les gares, les docks, les garages, les stades, les hangars d’aviation, les stands réclamés par l’industrie. On a trouvé pour tout cela des formules originales et efficaces, satisfaisant à ce qu’on appelle la beauté d’appropriation. On a été secondé par l’invention de matériaux jusqu’alors inconnus, se prêtant au raffinement comme à la témérité. J’ai plaisir à le dire. Je ne suis nullement ennemi d’un tel mouvement qui, en un pareil domaine, coïncide aux nécessités de l’évolution et sait les bien servir. 27 Ce contre quoi il s’élève, c’est l’application de ces formules à l’habitat, „la laideur agressive des termitières et machines à habiter“, „la tristesse des maisons cellulaires et désâmées, l’hérésie de la bâtisse internationale pour termites humains“. 28 197 La nostalgie qui l’habite, c’est celle de la maison, indissociable pour lui d’une région, d’un terroir ainsi que celle des métiers, des savoirs faire liés à sa construction et que „la pâte à crêpe“ internationale, le béton condamnait à disparaître. * * * A différentes reprises, Mauclair insiste sur l’identité du combat qu’il mène dans cet opuscule et de celui qui avait rempli, quelques années auparavant, les deux volumes de La Farce de l’art vivant. Qu’il s’agisse d’architecture ou de peinture, de fait, ce qu’il déplore et ce qui l’indigne dans les œuvres qu’il condamne, c’est ce qu’il interprète comme la perte d’une dimension humaine - une architecture réduisant l’homme au rang de termite et une peinture réduite à un jeu de lignes et de couleurs, sans sujet apparent, donc sans contenu spirituel. Comme l’historicisme en architecture, il refuse l’académisme des peintres qu’on appelle pompier, „les Detaille, Gérôme, Bouguereau, Cabanel, Flameng, Maignan, Ferrier, Lefebvre, Bonnat, Cormon et tant d’autres, qui […] ne sont aujourd’hui sauvés de la stupeur et de la risée que par le plus définitif oubli“. 29 Il admirait profondément les impressionnistes, auxquels il avait consacré une étude. 30 Sans doute écrivait-il en 1920 que „Besnard reste, depuis Puvis, le seul maître capable de composition et d’émotion de pensée que nous puissions nommer dans la terrible dégénérescence de la peinture actuelle“; 31 mais il tenait Maurice Denis, Vuillard, K.-X. Roussel, Desvallières, Marquet pour des „éléments de la pérennité d’une fière, saine et franche école française“, 32 et l’on constate avec amusement que parmi ses bêtes noires figuraient, à côté de Picasso, deux peintres qui se compromirent pendant l’occupation, Derain et Vlaminck, ce dernier accusé d’utiliser dans ses tableaux la même matière nauséabonde dont Bonnat passait pour avoir garni le fond de ses portraits. 33 Son incompréhension des tendances nouvelles remontait à 1906, lorsqu’à l’apparition du fauvisme, il avait dénoncé la „crise de la laideur en peinture“. 34 Curieusement, d’ailleurs, il portait alors sur Gauguin et sur Cézanne un jugement beaucoup plus réservé qu’en 1929, date à laquelle il avouait son admiration pour le premier et où il créditait le second d’une parfaite sincérité et de quelques belles réussites, même s’il continuait à le tenir pour un artiste maladroit qui avait été incapable de réaliser ce dont il rêvait. 35 En 1909, il croyait discerner les raisons de la crise dans „le dégoût de l’habileté et dans la foi en un retour à la primitivité“; 36 mais dès 1906, il mettait en avant un individualisme porté à l’absolu auquel avait fini par conduire la nécessaire révolte contre l’académisme, et l’exploitation de l’art par les marchands. Le rôle néfaste attribué aux marchands rejoint celui que Mauclair attribuait aux grandes entreprises du béton (le „béton-Moloch“) dans son pamphlet contre l’architecture moderne: pour elle comme pour la peinture, le mal venait selon lui de l’intrusion de l’argent dans l’univers de la création artistique, réduite à se soumettre à la loi du profit. Mauclair n’était pas le premier à dénoncer le rôle néfaste joué par 198 les marchands: la haine ou le mépris qu’ils inspirent trouve son origine dans la sacralisation de l’art à l’époque romantique. Mais ils offrent aussi un argument facile pour déconsidérer les tendances artistiques qu’on n’approuve pas en réduisant leur succès à une habile spéculation. Il avait été utilisé contre les impressionnistes; il le fut encore, il y a une trentaine d’années, pour discréditer l’intérêt nouveau porté aux peintres qu’on appelle pompiers. Cela dit, l’essor rapide du commerce d’art à la fin du XIX e siècle est un fait bien connu, et lorsqu’en 1930, Mauclair écrivait que „les marchands de tableaux, grâce à la vogue de l’exposition particulière, devenaient plus influents que les vieux jurys“, il ne fait qu’annoncer en quelques mots la célèbre thèse développée depuis lors par les White sur le passage du système académique à celui des marchands. 37 Avec les marchands accusés de soutenir une tendance jugée néfaste, les étrangers (à la nation ou à la région) constituent une autre cible pour les artistes de moindre talent et en mal de reconnaissance ou les critiques qui les soutiennent. Un célèbre exemple en est offert par le pamphlet du peintre Carl Vinnen Quousque tandem…? lancé, en 1911, contre l’achat de tableaux français par les musées allemands. En France, où la concurrence d’artistes étrangers était moins à craindre, mais où l’antisémitisme n’avait même pas eu besoin de l’affaire Dreyfus pour fleurir, c’est „l’invasion juive dans les beaux-arts“ que dénonçait en 1900 Paul de Cassagnac dans un article intitulé „L’Art juif“, et plus particulièrement l’action de Roger Marx, accusé d’avoir fait „de quelques salons de la Centennale des succursales de boutiques de la rue Laffitte“. 38 Quinze ans plus tard, au début de la guerre, le peintre lyonnais Tony Tollet (1857-1953) publiait un pamphlet au titre significatif: De l’influence de la corporation judéo-allemande des marchands de tableaux de Paris sur l’art français. 39 Que Mauclair se soit rallié à cette manière de voir en dépit de son hostilité à l’antisémitisme appelle une explication. Encore mal connue, son évolution intellectuelle est difficile à retracer. Christian Freigang, qui lui a consacré quelques pages dans son livre sur Perret et la révolution conservatrice, situe entre 1905 et 1910 sa conversion au nationalisme. 40 De fait, en 1909, évoquant „la fin du wagnérisme“ sans d’ailleurs renier son admiration pour la musique (sinon pour la philosophie) du maître de Bayreuth, il saluait l’effort des compositeurs français, les d’Indy, Debussy, Chausson, Fauré, qui avaient su se défendre d’une musique non française et renouer avec la tradition nationale. 41 Mais l’attachement à un esprit français n’implique pas encore la haine du Juif; il implique d’abord que l’on croie en l’existence d’un esprit national, ou d’un génie de la race - croyance presque unanimement acceptée à l’époque -, et de plus qu’on ressente le besoin de se situer dans sa tradition. Mauclair partageait avec beaucoup de ses contemporains, à l’étranger autant qu’en France, les convictions déterministes affirmées par Taine, qui n’étaient au demeurant que la mise en forme pseudo-scientifique de très anciens préjugés; il les défendait à une époque où elles étaient fréquemment dénoncées au nom de l’absolue transcendance de la création artistique. 42 On sait que Taine prétendait expliquer les productions artistiques par la race, le climat et le moment; mais, outre 199 que le climat (autrement dit les conditions géographiques) semble l’avoir emporté dans son esprit sur les deux autres facteurs, la notion de race restait chez lui pour le moins mal définie. Rares étaient d’ailleurs, à l’époque, ceux qui prétendaient lui donner un fondement biologique précis. Le terme était alors, et resta jusqu’à la seconde guerre mondiale d’un usage aussi courant que vague la réalité qu’il était censé désigner. C’est bien ainsi que Mauclair en use; c’est ainsi qu’il l’emploie dans Trois crises de l’art actuel, en 1906, où il parle, par exemple, d’une race américaine qui se serait constituée depuis la formation des Etats-Unis. 43 Aussi bien n’est-ce pas dans ces représentations courantes à l’époque, et qui n’impliquaient, du moins entre les populations européennes, ni jugement de valeur ni hiérarchie, qu’il faut rechercher la cause du revirement de Mauclair, mais bien dans l’évolution de l’art et dans la vie artistique. L’apparition du fauvisme, nous l’avons vu, avait été pour lui un choc, et il avait aussitôt établi un lien entre ce qu’il tenait pour une atteinte à la dignité de l’art et l’activité des marchands, mais sans plus préciser les termes de sa condamnation. C’est après la guerre que les marchands sont désignés comme juifs et comme allemands, tantôt sur le ton violent de la polémique, lorsqu’il mène une campagne de presse dans Figaro et L’Ami du peuple, tantôt sur le ton plus détaché. 44 De fait, les principaux marchands des peintres qu’il détestait venaient d’Allemagne, qu’il s’agît de Kahnweiler ou de Léonce Rosenberg, sans parler de Wilhelm Uhde qu’il prend à partie dans Les métèques contre l’Art français pour avoir fait l’éloge du rôle des Juifs dans la vie artistique et de quelques peintres d’origine juive. 45 L’évolution de Mauclair, sur ce point du moins, semble liée à l’antigermanisme virulent que provoqua chez lui la guerre. Aussi bien ne s’en prend-t-il pas à un art juif qui, pour lui, n’existait pas, persuadé qu’il était que si le peuple juif avait produit de grands philosophes, de grands poètes et de grands musiciens, son déracinement, son existence errante lui interdisait de créer un art plastique valable, un tel art ne pouvant exister qu’ancré dans un terroir. 46 Il abhorre par contre l’expressionnisme des artistes d’Europe centrale et orientale comme les peintres juifs dont Uhde avait fait l’éloge, mais aussi comme Corinth ou comme Franz Marc dont il avait pu voir un ensemble d’œuvres à la Biennale de Venise en 1928. Or cet art n’était pas pour lui le produit d’une spéculation commerciale, mais l’expression d’un certain esprit étranger à l’esprit latin. En encourageant ces dégénérescences étrangères que constituaient à ses yeux le fauvisme ou le surréalisme, les marchands allemands ne se livraient donc pas seulement à une spéculation éhontée: ils cherchaient aussi à corrompre l’esprit latin en l’infectant de germanité - et donc à continuer par d’autres moyens la lutte de l’Allemagne contre la France. Ainsi son antisémitisme apparaît-il comme un sous-produit de son antigermanisme. Il n’est d’ailleurs pas certain que sur ce point, son opinion se soit profondément modifiée pendant l’occupation: beaucoup de collaborateurs, en effet, ne le furent pas par sympathie particulière pour les Allemands, mais parce que la défaite leur offrait l’occasion, croyaient-ils, de mener à bien la révolution à laquelle ils aspiraient. 200 A cette époque, cependant, son antisémitisme dépassait largement le cadre du marché de l’art, alors qu’en 1928-1930, dans La Farce de l’art vivant, il se défendait encore de tout antisémitisme, insistant sur le fait qu’il ne s’en prenait qu’aux marchands de peinture: Je ne suis pas le seul catholique à juger que l’antisémitisme est, au double point de vue historique et religieux, une erreur et une injustice; j’ai de chers amis juifs, comme tout le monde dans la société actuelle, je n’ai nulle envie de recopier feu Drumont. 47 Malgré ces dénégations, toutefois, on distingue derrière l’image du marchand de tableaux celle du Juif gorgé d’or qu’avait contribué à propager la caricature tant dans des revues anarchistes comme L’Assiette au beurre que dans la presse nationaliste 48 - car on sait que depuis le célèbre ouvrage de Toussenel, Les Juifs rois de l’époque, paru en 1845, l’antisémitisme s’était, en France, répandu au moins autant dans les milieux de la gauche révolutionnaire que dans ceux de la droite la plus conservatrice. 49 * * * Il faut cependant remonter plus loin pour tenter de comprendre l’évolution de Mauclair. Malheureusement, s’il a fait l’objet d’un certain nombre d’études partielles, aucun ouvrage d’ensemble ne permet encore de bien cerner le personnage. Certains auteurs se sont attachés à l’écrivain: tel est le cas de Simonetta Valenti dans son livre sur l’„homme de lettres fin de siècle“. 50 D’autres ont étudié le critique littéraire, ou le critique d’art et d’architecture, quand ce n’est pas le critique musical: la diversité de son œuvre a conduit à une fragmentation de l’intérêt qu’on a pu lui porter. Combler cette lacune exigerait un gros volume et dépasserait de loin nos compétences. Pourtant, à regarder l’ensemble des publications de Mauclair, une évidence s’impose. S’il a commencé par s’employer comme critique dans des revues littéraires et artistiques, son ambition était de cultiver les genres littéraires par excellence, la poésie, qui jouissait à la fin du XIX e siècle d’un prestige qu’elle a bien perdu depuis lors, et le roman. Il se voulait le disciple et le continuateur de Mallarmé, qu’il présenta toujours comme son maître; mais ses poèmes ne jouirent jamais que d’une réputation pour le moins relative. Comme romancier, il cultiva un genre fort prisé à l’époque, celui de l’utopie sociale; mais là aussi, le succès ne répondit pas à son attente. De plus en plus, il s’orienta vers la publication d’ouvrages consacrés à l’histoire de l’art et à la musique ainsi qu’à des artistes, des compositeurs ou des poètes. Surtout, dans l’entre-deux-guerres, il en vint à multiplier les récits de voyages témoignant d’une vaste culture historique et artistique, dans lesquels les impressions et les méditations personnelles l’emportent largement sur la pure information. Sa personnalité se reflète également dans le choix des villes ou pays, tous situés sur le pourtour de la Méditerranée, du berceau de la culture classique et de la latinité. 201 Si l’on en croit Léautaud, Mauclair aurait été candidat au prix Goncourt, qu’il n’obtint pas. 51 L’Académie française lui en décerna un, tardivement, mais ne l’accueillit jamais en son sein. Le cour de sa carrière laisse l’impression d’une grand ambition déçue: s’il se tourna de plus en plus vers des genres tenus pour mineurs ou subalternes, c’est qu’il n’avait pu s’imposer, ni comme poète, ni comme romancier. A ce changement d’orientation en correspond un autre, d’ordre biographique, plus précisément datable, puisqu’il survient en 1898: il s’installe alors à Sannois, c’est-à-dire à la campagne. Dans une lettre à Mallarmé, il explique qu’il avait pris Paris en horreur, qu’il ne pouvait plus y travailler. Mais ce qu’il fuyait, ce n’était pas l’agitation d’une grande ville, c’était la vie parisienne, celle des salles de rédaction, des cercles littéraires, des théâtres comme celui de L’œuvre qu’il avait fondé avec Lugné-Poë: Maintenant, dans un jardin tranquille, ne lisant pas de journaux, ayant dit adieu à tous les potins, à tous les milieux littéraires, à tout ce que le parisianisme m’apportait d’agaçant, je réalise un rêve longtemps caressé, et je me dispose à faire des livres plus importants, si Dieu veut 52 Déçu, il a pris conscience que ce monde n’était pas le sien et de fait, à l’époque du symbolisme, les confrères bien intentionnés qui portent sur lui un jugement sévère semblent l’avoir tenu pour un parvenu essayant de s’introduire dans le sérail. 53 Une lettre qu’il adressa en 1893 (il avait vingt ans et demi) à Roger Marx pour solliciter son aide nous apporte des informations précieuses sur sa situation: 54 d’un milieu modeste, orphelin de père à dix ans, élevé par une mère dépourvue de fortune, mais qui lui avait payé ses études jusqu’au baccalauréat, il avait vivoté de sa plume sans pouvoir trouver d’emploi stable tant que sa situation militaire n’était pas réglée. 55 Réformé en raison d’une maladie de poitrine dont il avait failli mourir, il était prêt à accepter n’importe quel emploi qui lui permît de manger, pourvu qu’il ait le soir la possibilité de travailler aux livres qu’il méditait d’écrire. Si l’on en croit ce qu’il écrivait à Roger Marx, il fut donc condamné dès sa jeunesse à vivre de sa plume. Cette nécessité explique peut-être pourquoi il renonça, quelques années plus tard, à l’aléatoire carrière de poète ou de romancier pour des travaux plus rémunérateurs; elle explique sans doute qu’il se soit tourné plus tard vers ces récits de voyage dont il ne pouvait attendre une grande gloire littéraire, mais qui connaissaient une diffusion non négligeable. Il n’est pas impossible, enfin, que la campagne de presse menée contre l’art moderne en 1929-1930 dans Figaro et L’Ami du peuple ait eu pour origine, autant qu’une indignation sincère, l’attrait financier d’une commande, et que son activité journalistique sous l’occupation ait répondu, elle aussi, à la nécessité de gagner de quoi vivre avec le seul instrument dont il disposât, sa plume. Cette nécessité, il devait, consciemment ou inconsciemment, la supporter d’autant plus mal qu’il avait adopté dans sa jeunesse une conception idéale de l’art qu’il continua toute sa vie à défendre par ses violentes diatribes contre le rôle de 202 l’argent, contre la spéculation des marchands et le poids de l’industrie du béton. Sans doute l’exemple de Mallarmé n’était-il pas étranger à cet idéalisme, mais par delà l’auteur du Coup de dé…, c’est l’image romantique du poète comme prêtre et prophète, comme guide de l’humanité en marche que l’on retrouve chez lui et qui s’exprime avec une parfaite clarté, en 1901, dans un article sur „L’Art et le socialisme“: Les artistes, les écrivains, les idéologues actuels sentent bien que le socialisme est nécessaire, et ils l’envisagent avec sympathie et compassion, parce qu’il apporte la justice des [sic] pauvres; mais ils ne peuvent l’envisager autrement que comme le prélude, imparfait et transitoire, d’un état social plus élevé. […] Il leur manifeste une défiance rebutante, une incompréhension bizarre de leur grande et réelle utilité. 56 Une telle déclaration dément l’adieu qu’il passe pour avoir donné à l’idéal symboliste dans son roman Le Soleil des morts, rédigé en 1897 et publié l’année suivante, où il dénonce aussi bien l’impuissance de ceux qui forment l’élite - poètes, peintres ou compositeurs -, que l’échec de ceux qui ont abandonné l’idéal pour l’action, les anarchistes. La date de parution du livre coïncidant avec son installation à Sannois, on pourrait en conclure à un tournant décisif dans sa pensée comme dans sa vie. Ce serait toutefois commettre deux erreurs. L’une consiste à établir un lien nécessaire entre différents phénomènes parce que considérés comme progressistes: la poésie symboliste, l’anarchisme, le refus du nationalisme et de l’antisémitisme, alors que leurs rapports sont complexes et variables et qu’en particulier, comme on le sait, l’anarchisme n’excluait nullement l’antisémitisme. Celui-ci, que dénonçait Mauclair en 1909, il y aurait justement succombé en plusieurs passages de son roman, qu’il s’agisse du portrait au vitriol de Properce Defresne („né Isaac Goltz, poète parnassien“), c’est-à-dire Catulle Mendès, ou du tableau des vices de la société bourgeoise. 57 Par une ironie du sort, le principal défaut qu’il imputait à son Properce Defresne, ainsi d’ailleurs qu’aux membres de la famille Soldmann, fils de banquiers israélites subventionnant l’art d’élite (on pense à Ephrussi), défaut qui consistait à démarquer les vrais créateurs, était celui-là même qu’on lui reprochait dans certains milieux littéraires et que Léautaud attribuait au „génie de sa race“. 58 Il s’agissait donc d’un lieu commun répandu à l’époque. Quant à „la démocratie franc-maçonne, capitaliste et sémitique“ ou aux „députés“, aux „agioteurs“, aux „juifs“ crayonnés par le „dessinateur anarchiste“ Dessner (qui ressemble beaucoup à Forain), de telles attaques se retrouvaient alors dans tous les pamphlets lancés contre la société bourgeoise en général. 59 On pourrait même se demander si ces traits d’un antisémitisme bien banal à l’époque ne tiendraient pas aux sympathies qu’avait nourries un temps Mauclair pour l’anarchisme et s’il ne les aurait pas rejetés avec celui-ci au cours des années suivantes. Encore doit-on préciser qu’à aucun moment, le Juif n’apparaît dans Le Soleil des morts comme le responsable de la dégénérescence des races latines, pour reprendre la terminologie de l’auteur, et que c’est à l’Extrême Oriental, puis, peut-être, à l’Abyssin qu’elles devaient céder la place. 60 La vision de la société 203 française et européenne que propose le roman diffère donc fondamentalement de celle que soutenaient les antisémites qui voyaient dans le Juif le principal ennemi de la nation, à l’instar de ce Jean Baffier, sculpteur à Bourges, auteur d’un violent pamphlet contre Zola, et que Mauclair couvrait de son mépris. 61 Mais tous ces arguments n’ont de sens (et c’est là la seconde erreur dont il faut se garder) que si l’on prend au pied de la lettre tout ce que contient Le Soleil des morts comme s’il s’agissait, non d’une fiction littéraire, mais d’une pure confession de l’auteur. Outre les effets de style par trop voulus, ce mélange de souffle épique à la Zola et de préciosités à la Huysmans qui fait que le roman prend parfois l’allure d’un pastiche, Mauclair trace le tableau d’une société telle qu’elle se donnait à voir, ce qui ne correspond pas nécessairement à ses convictions intimes: c’est ainsi que „les députés, les agioteurs, les juifs“ résument l’humanité satirisée par Forain dont les opinions politiques et l’attitude pendant l’affaire Dreyfus ne sont que trop connues. Par ailleurs, la symétrie qu’il établit dans la construction du roman entre l’impuissance de l’élite et l’échec des anarchistes est, à y bien regarder, artificielle: à aucun moment ceux-ci, petit groupe d’agitateurs cyniques, ne semblent porteurs d’une alternative sérieuse, et si la misère des opprimés du capitalisme est décrite en des termes d’un réalisme insoutenable, aucun mot ne laisse supposer qu’ils pourraient sortir de l’abrutissement auquel les soumet l’oppression qu’ils subissent. C’est pourquoi l’insurrection se trouve fatalement promise à l’échec alors même que Mauclair s’appesantit avec un évident plaisir d’écrivain sur sa progression dans les différents quartiers de la capitale. Inversement, l’impuissance de l’élite tient du paradoxe dans la mesure où elle est liée à la décadence d’une société qui lui est hostile: l’élite, au fond, se condamne à cette impuissance pour autant qu’elle se compromet avec la bourgeoisie. Ce avec quoi prétend rompre Mauclair, c’est avec les oripeaux du symbolisme, avec les extravagances d’une mode à laquelle il n’avait lui-même que trop sacrifié; mais il restait fidèle à sa religion de l’art, à cette croyance dans la mission supérieure de l’artiste. Aussi la distinction entre les deux personnages d’Armel-Mallarmé, le grand poète, le pur et d’André de Neuze-Mauclair, son disciple un temps attiré par l’anarchie s’efface-telle à la fin du roman, les deux en venant à incarner deux aspirations contraires, deux moments dans l’existence de l’auteur qui rejette ses illusions anarchistes comme Armel refuse de se laisser accompagner par de Neuze et qui, comme Armel „descend“ seul, se retire loin du monde à Sannois. Mais si cette retraite lui permettait de rester fidèle à ses idéaux, à sa haute conception de l’art, à sa haine de la bourgeoisie et de son argent, elle permettait sans doute aussi à ses déceptions, à ses frustrations de s’aigrir, et il n’est pas de terreau plus fertile que de tels sentiments pour favoriser le développement de la xénophobie. 204 1 Paul Léautaud, Journal littéraire, vol. II (1907-1909), Paris, Mercure de France, 1955, p. 364. 2 Dans Simonetta Valenti, Camille Mauclair homme de lettres fin-de-siècle, Milano, Vita e Pensiero, 2003, p. 63, note 90. 3 D’après Philippe Oriol, dans le Dictionnaire Biographique de l’Affaire Dreyfus. 4 Simon Epstein, Les dreyfusards sous l’Occupation, Pairs, Albin Michel, 2001, p. 11. 5 Voir aussi Pascal Ory, Les collaborateurs 1940-1945, Paris, Seuil, 1976. 6 Camille Mauclair, Servitude et Grandeur Littéraires, Paris, Ollendorff, 1922, p. 128. 7 Ibid., p. 126. 8 Ibid., p. 112. 9 Ibid., p. 115. 10 Ibid., p. 117, 118. 11 Ibid., p. 115. 12 D’après le compte rendu d’Henri Albert publié dans le Mercure de France du 1 er mai 1917, p. 149-151. 13 Camille Mauclair, op. cit. à la note 6, p. 222-225. Sur Wagner et le wagnérisme, voir aussi id., Essais sur l’émotion musicale. I. La religion de la musique, Paris, Fischbacher, [1909], 13 ème éd., 1924, p. 237-260. 14 Camille Mauclair, Schumann, Paris, Henri Laurens, coll. „Les Musiciens célèbres“, s.d. [1906], p. 116. 15 Camille Mauclair, La vie humiliée de Henri Heine, Paris, Plon, 1930, p. 17. 16 Camille Mauclair, „Essai sur Jules Laforgue“, Mercure de France, 1 er article, février 1906, p. 168. 17 Op. cit. à la note 15, p. 300. 18 Camille Mauclair, La Farce de l’art vivant. Une campagne picturale 1928-1929, Paris, Editions de la Nouvelle Revue Critique, 1929; id., La Farce de l’art vivant. Les métèques contre l’art français, ibid., 1930. Pendant les quelques années où il fut la propriété de François Coty, le journal Le Figaro prit le nom de Figaro. 19 Voir Laurence Bertrand Dorléac, Histoire de l’art. Paris 1940-1944. Ordre national, traditions et modernités, Paris, Publications de la Sorbonne, 1986, p. 106-107; Romy Golan, Modernity and Nostalgia. Art and Politics in France between the wars, Yale University Press, 1995, p. 150-151. 20 Camille Mauclair, L’architecture v-t-elle mourir? , Paris, Editions de la Nouvelle Revue Critique, 1933. 21 L’exemplaire dédicacé à Hitler („Adolf Hitler in Verehrung gewidmet 14.VII.31 A.v.Senger“ se trouve aujourd’hui à la Library of Congress, dans le fonds du Troisième Reich (voir http: / / openlibrary.org). Alexander von Senger fut nommé professeur à la Technische Universität de Munich. 22 Op. cit. à la note 20, p. 117. Mauclair fait un éloge détaillé du livre aux p. 59-61. 23 Sur le succès du livre de Senger en Suisse alémanique et romande, voir Jacques Gubler, Nationalisme et internationalisme dans l’architecture moderne de la Suisse, (Lausanne, L’Âge d’homme, 1975) 2 ème éd. Genève, Archigraphie, 1988, p. 189 sqq. Sur l’utilisation du livre par Louis Hautecoeur, voir Le Corbusier, Choix de lettres, sélection, introduction et notes par Jean Jenger, Bâle, Birkhäuser, 2001, lettre n° 141, à Louis Hatecoeur, p. 282-283. 24 Op. cit. à la note 20, p. 87: à propos du lien entre les architectes modernes et Moscou, il écrit: „Voilà des faits. On garde sur eux un silence prudent, auquel invite peut-être la façon dont, en ce moment, l’hitlérisme traite le communisme“. 205 25 Ibidem, p. 103. 26 Ibidem, p. 12, p. 48. 27 Ibidem, p. 17. 28 Ibidem, p. 112, 119. 29 Les métèques…, op. cit. à la note 18, p. 193. 30 Camille Mauclair, L’impressionnisme. Son histoire, son esthétique, ses maîtres, Paris, Librairie de l’art ancien et moderne, 1904. 31 Manuscrit autographe (coll. part.), accompagnant un exemplaire de son livre Albert Besnard, l’homme et l’œuvre, Paris, Delagrave, 1914. 32 Camille Mauclair, Un siècle de peinture française 1820-1920, Paris, Payot, 1930, p. 209. 33 Une campagne picturale…, op. cit. à la note 18, p. 163 (on connaît la chanson de rapins: „il aime la couleur caca/ Le père Bonnat…“). On trouve dans Les métèques…, op. cit. à la note 18, p. 141, un jugement plus circonstancié: „ses valeurs sont souvent fausses, ses éclairages sont presque toujours à contre-sens, et sa débauche de bleu de Prusse, ses effets fuligineux, son boursouflement qu’on vante comme une puissance, rappellent le romantisme par ses plus mauvais côtés“. 34 Camille Mauclair, „La crise de la laideur en peinture“, dans Trois crises de l’art actuel, Paris, Fasquelle, Bibliothèque Charpentier, 1906, p. 286-323. 35 Ibidem, p. 303-306 et Les métèques…, op. cit. à la note 18, p. 50-56 (sur Cézanne), p. 143 („de hautes personnalités comme Manet, Degas, Renoir et Gauguin“). 36 Camille Mauclair, „Le dilemme de la peinture“, dans La beauté des formes, Paris, Librairie universelle, 1909, p. 113. 37 Camille Mauclair, op. cit. à la note 32, p. 202. Sur l’hostilité aux marchands pendant le XIXe siècle, voir Romantisme, n°40 (1983), p. 77-83. 38 Cité par Catherine Méneux, „Politiques de Roger Marx“, dans le cat. de l’exposition Roger Marx, un critique aux côtés de Gallé, Monet, Rodin, Gauguin…, Ville de Nancy et Artlys, 2006, p. 29. 39 Voir Kenneth Silver, (Esprit de Corps. The Art of the Parisian Avant-Garde ande the First World War 1914-1925, Princeton University Press, 1989) trad. fr., Vers le retour à l’ordre. L’avant-garde parisienne et la première guerre mondiale 1914-1925, Paris, Flammarion, 1991, p. 4. 40 Christian Freigang, Auguste Perret, die Architekturdebatte und die „Konservative Revolution“ in Frankreich 1900-1930, München-Berlin, Deutscher Kunstverlag, 2003, p. 201- 202. 41 Camille Mauclair, La religion de la musique, Paris, Fischbacher (1909), éd. de 1924, p. 241 sqq. 42 Camille Mauclair, op, cit. à la note 36, p. 201-202 (repris dans la 2 ème éd., Pairs, Albin Michel, 1927, p. 107). 43 Camille Mauclair, „Miss Mary Cassatt“, op. cit. à la note 34, p. 122 („L’artiste américaine a gardé de sa race neuve…“). 44 Voir Camille Mauclair, L’âpre et splendide Espagne, Paris, Grasset, 1931, p. 248. 45 Wilhelm Uhde, Picasso et la tradition française. Notes sur la peinture actuelle, Paris, Editions des Quatre-chemins, 1928, p. 80-81: „Afin que la peinture européenne […] pût sortir de la tradition française […], il fallut avant tout la collaboration d’un élément d’importance capitale, car il tend à la diffusion des caractères européens généraux: j’ai nommé les Juifs. Autant il serait néfaste de les voir gouverner l’Europe, autant il serait fâcheux que leur influence fît défaut. […] Les Juifs sont le condiment qui procure au ragoût des peuples une saveur à peu près homogène. Dans l’histoire de la peinture moderne leur in- 206 fluence est extraordinaire, Plus des trois quarts de tous les marchands, critiques, collectionneurs, sont des juifs. Ce sont eux qui reconnurent en leur temps les grands valeurs, les défendirent, les rendirent célèbres. Alors qu’à peu d’exception près, les collectionneurs ariens ‘découvrirent’ les grands maîtres quand ceux-ci étaient depuis longtemps célèbres.“ 46 Op. cit. à la note 15, p. 183: „Heine était d’une race qui a donné au monde des poètes, des philosophes, des savants de premier ordre; mais on ne peut nommer aucun grand peintre, sculpteur ou musicien qui soient Juifs, et spécialement quant à la peinture et à la sculpture, il y faut le sentiment profond du terroir et de l’ordre national, chose que ne peut avoir, ni même acquérir à force d’ingéniosité intellectuelle, un peuple d’adaptés colonisant dans toutes les patries après avoir perdu la leur.“ Les deux volumes de La Farce de l’art vivant (op. cit. à la note 18) contiennent plusieurs affirmations semblables. 47 Les métèques…, op. cit. à la note 18, p. 107. Voir ibidem, p. 99, et Une campagne picturale…, op. cit. à la note 18, p. 199. 48 Voir p. ex. le n° 41 (11 janvier 1902) de L’Assiette au beurre sur „L’Argent“, dû à Kupka: le nez du personnage incarnant l’argent ne laisse aucun doute sur son appartenance. 49 Voir Zeev Sternhell, La droite révolutionnaire 1885-1914. Les origines françaises du fascisme, Paris, Gallimard, 1997. Si la thèse exposée par l’auteur sur l’origine française du fascisme a fait l’objet de nombreuses critiques, la documentation qu’il apporte sur l’antisémitisme dans les milieux de gauche, socialistes et anarchistes reste fondamentale. 50 Voir supra, note 2. 51 Op. cit. à la note 1, p. 365 (29 janvier 1909): Mauclair aurait écrit à Mirbeau en faisant valoir, comme son meilleur titre à l’obtention du prix, qu’il avait été dreyfusard. 52 Lettre à Mallarmé du 20 juin 1898, dans Stéphane Mallarmé, Correspondance, éd. Mondor-Austin, vol. X, Paris, Gallimard, 1984, p. 219. 53 Voir p. ex. le propos de Rémy de Gourmont rapporté par Léautaud, op. cit. à la note 1, vol. I, p. 260 (29 janvier 1906). 54 Lettre conservée dans le fonds Roger Marx à l’Institut national d’histoire de l’art. Encore inédite, elle a été reproduite parmi les annexes dans la thèse, malheureusement non publiée, de Catherine Méneux sur Roger Marx (1859-1913), critique d’art (Université de Paris IV, 2007). Je remercie très vivement Catherine Méneux d’avoir bien voulu me communiquer la version numérique du texte de sa thèse. 55 Après le baccalauréat, il avait suivi en auditeur libre des cours à la Sorbonne et avait commencé en 1891 à écrire des critiques d’art pour La Revue indépendante. 56 La Revue, 15 avril 1901, p. 130, cité par Simonetta Valenti, op. cit. à la note 2, p. 48. 57 Voir Le Soleil des morts, dans (Guy Ducrey, éd.) Romans fin-de-siècle 1890-1900, Paris, Robert Laffont, 1999, p. 883-884 et p. 933 sqq., ainsi que l’introduction de Guy Ducrey au roman, en particulier p. 860 sqq. 58 Dans Ad. Van Bever et Paul Léautaud, Poètes d’Aujourd’hui, Paris, Mercure de France, vol.2, 1908, p. 1. Voir également Paul Léautaud, Journal littéraire, Paris, Mercure de France, vol. I, 1954, p. 260 (29 janvier 1906), qui cite à propos de Mauclair le mot de Rachilde: „Il y en a qui imitent avant“. Sur la famille Soldmann dans Le Soleil des morts, voir le volume cité à la note précédente, p. 939-940. 59 Ibidem, p. 935 et 938. 60 Ibidem, p. 940. 61 Voir Jean Baffier, Les marges d’un cahier d’ouvrier. Objections sur la médaille à Monsieur Zola offerte à propos de l’affaire Dreyfus, Paris, s.d. [1898] (consultable en ligne sur le 207 site de la BNF). Sur Baffier, voir Neil Mc William, Monumental Intolerance. Jean Baffier, A Nationalist Sculptor in Nineteenth-Century France, Penn State University Press, 2000. Mauclair s’est exprimé sur l’artiste dans Trois crises…, op. cit. à la note 34, p. 167. Post-scriptum: cet article était entièrement rédigé lorsque j’ai pu prendre connaissance de l’étude de Romy Golan „From Fin de Siècle to Vichy: The Cultural Hygienics of Camille (Faust) Mauclair“, publié dans un recueil collectif édité par Linda Nochlin et Tamar Garb, The Jew in the Text. Modernity and the Construction of Identity (Londres, Thames & Hudson, 1995, p. 156-173), ouvrage malheureusement peu répandu dans les bibliothèques publiques de Suisse et de France. Elle ne contient toutefois aucun élément qui m’eût conduit à modifier mon texte. Sans parler d’affirmations infondées ou contestables comme on n’en trouve que trop sous la plume d’auteurs américains soucieux de démontrer leur thèse, Romy Golan croit Mauclair issu d’une vieille famille parisienne, probablement de la haute bourgeoisie (note 4, p. 318), ce qui fausse quelque peu l’idée qu’on peut se faire du personnage. Par ailleurs, plus d’un tiers de l’article est consacré à trois autres critiques, Louis Vauxcelles (né Louis Meyer), Waldemar George (né Georges Jarocinsky, fils d’un banquier juif de Lodz) et Adolphe Basler, Autrichien d’origine juive, que l’auteur, qui renvoie au livre de Sander Gilman Jewish Self-Hatred: Antisemitism and the Hidden Language of the Jews, accuse de reprendre à leur compte des clichés antisémites par volonté d’assimilation. Ce développement n’offre en apparence aucun rapport avec le parcours de Camille Mauclair; mais l’auteur le justifie (p. 171) par le fait que les textes de ces trois critiques ne se distingueraient pas des siens, sinon par cette circonstance accessoire que Mauclair, lui, publiait dans des journaux à grand tirage. L’argument paraît un peu mince pour justifier ce qui semble n’être qu’une pure digression sans rapport avec le sujet de l’étude. Mais si on la rapproche du fait que Romy Golan a pris le soin pour le moins inhabituel d’indiquer dans le titre de son article le patronyme de Mauclair, patronyme à consonance germanique, on peut se demander si elle ne suppose pas in petto, ou si elle ne veut pas laisser entendre que celui-ci serait issu d’une famille d’israélites, soit que ses parents se fussent convertis ou qu’il se fût converti lui-même au catholicisme, comme son ami Marcel Schwob (voir p. 160), et qu’il aurait donc, comme Vauxcelles, George ou Basler, trahi ses origines par volonté d’assimilation.