eJournals lendemains 35/140

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Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2010
35140

Wissen und Leben. Laudatio auf Manfred Naumann

121
2010
Wolfgang Klein
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123 Actuelles Wolfgang Klein Wissen und Leben. Laudatio auf Manfred Naumann 1 Ich beginne, wie ich schon einmal begonnen habe. „‘Im Laufe der Jahre, belehrt durch Erfahrungen, [...] baute er die Regeln für den Umgang mit Menschen, bei denen er Sensibilität vermißte, zu einem System der Maskierung aus. Lieber wollte er als zynisch, arrogant, amoralisch oder mephistophelisch gelten, als in einer Umwelt, in der jeder nur Komödie spielte, die Rolle des Einfältigen zu übernehmen, der sein Herz auf der Zunge trägt.’ 2 Ich habe zitiert, was Manfred Naumann anläßlich der Briefe Stendhals schrieb.“ Als dies dem heute erneut zu Feiernden vor dem von ihm geleiteten Institut zu sagen war, wurde er gerade 60. Es bliebe nicht erwähnenswert, wenn der Satz nicht in Naumanns Stendhal-Buch 2001 wenig variiert wiederzufinden 3 und wenn, vor allem, nicht in seiner bisher letzten Veröffentlichung eine Erinnerung an ein Buch zu lesen wäre, das ihm Werner Krauss vor gut 60 Jahren schenkte. Krauss hatte es nach dem Todesurteil geschrieben, das seinem Widerstand galt: Graciáns Lebenslehre. In seinem Bericht nach dem Überleben liest man von einer wissenschaftlichen Arbeit, „die mir einige schreckliche Stunden verkürzte. - Durch meine Übersiedlung nach Plötzensee im Mai 1943 fand ich mich dem Tod noch einen Schritt näher gerückt. [...] Wenn ich dann mit gefesselten Händen über dieser Arbeit saß, begriff ich [...] das Paradoxe meines Treibens. Eines Mittags würde ich unfehlbar die Arbeit unterbrechen müssen, da man den Henker wohl nicht warten lassen kann.“ 4 Naumann erinnert sich 65 Jahre danach anhand seiner Anstreichungen und Notizen an unter solchen Umständen zur Geltung gebrachte „lebenspraktische Maximen, die ich für beherzigenswert hielt [...]: Das Ich ist in seinem Leben von Fallen umstellt; das Gelände, in dem es sich bewegt, ist vermint. Um den Fallen auszuweichen und sein Selbst zu bewahren, ist es angebracht, den Willen der anderen zu sondieren. [...] Durch solche strategischen ‘ manœuvres’ kann man sich vor Gegenzügen schützen und seinem Selbst einen größeren Spielraum für eigene Bestrebungen schaffen. Daraus leitete ich Spielregeln für die eigene Lebenskunst ab: Halte deine Zunge im Zaum! Schreie nicht deine Gedanken und Gefühle hinaus! Mache aus deinem Herzen eine Mördergrube! Bleibe deinem Selbst treu und schütze es notfalls durch Masken! [...] Das Reden kann Gegengewalt provozieren; Selbstzensur ist gefordert. Nur im Kreis ‘verständiger’ Freunde braucht man seine Zunge nicht im Zaum zu halten.“ 5 Der trivialere Aspekt dieser Sätze sei nicht übergangen: Sie vermögen uns klarzumachen, daß wir auch am Ende dieses Tages nicht verläßlich wissen werden, wer Manfred Naumann ist und aus welcher Intention seine Leistung erwuchs. Auch wenn wir hoffen wollen, daß er uns als eher verständig und als vorwiegend freundschaftlich gestimmt gesehen hat, als er vorbereitete, was wir gleich hören werden, 124 Actuelles werden wir hinter dem, was er aus den Räumen und von den Regeln, die sein Leben und Arbeiten bestimmt haben, zu erkennen geben wird, Weiteres, Tieferes, vielleicht das Eigentliche höchstens erahnen können. Es gehört ja zur Macht der Maske, sich zu stilisieren und Unergründlichkeit zu vergegenwärtigen („Alles, was tief ist, liebt die Maske“, zitiert Naumann aus Anlaß Stendhals Nietzsche 6 ). Auch jeder, oder jedenfalls dieser, Laudator wird sich vernünftigerweise hüten, dahinter kommen zu wollen. Er und wir alle können außerdem wissen, daß wir unsererseits genau beobachtet werden - das ist ja eine Voraussetzung maskierten Agierens. Wesentlich an den zitierten Sätzen ist die Erfahrung, die sie hervorgetrieben hat. Von ihr aus läßt sich über die Schranke hinaus denken. Und bald stößt man auf die ausgewählten Zeichen, die selbst Maskierte aussenden. Ein Bereich scheint mir zentral. Das Ich und die Umwelt, die aus den anderen besteht, haben auch für Manfred Naumann noch in jenem von fast allen hier nicht mehr erfahrenen Gegensatz gestanden, in dem es nicht nur um Arten des Lebens, sondern um Leben und Tod geht - wenn auch nicht bis in jene äußerste Zuspitzung im Infragestellen des eigenen Lebens durch den Henker, von der Krauss nach Naumanns Zeugnis nie sprach, die aber doch jeder Begegnung mit ihm eine Dimension gegeben haben muß, die den bloß wissenschaftlichen Diskurs mit dem Hispanisten und Begründer einer neuen Aufklärungsforschung übergriff. Daß Überleben nicht selbstverständlich gewesen ist, kann den Ernst und die Richtung eines Lebens und einer Lebensarbeit bestimmen. Daß jemand einen, radikalen, Zeitenwechsel überlebt und dann noch in einem zweiten, gemäßigteren, erfährt, wie wenig stabil Gesellschaftsgefüge sein können, vermag das Erkenntnisvermögen für die eigene Situation und die von Gruppen über das gewöhnliche Maß hinaus zu schärfen. Kommt dann noch hinzu, daß Genußfähigkeit, Energie und Neugier hoch sind und die Selbstverliebtheit sich in Maßen hält sowie zu kontrollieren vermag, kann - mit jenem Unergründlichen, von dem nicht die Rede sein wird - ein Wissenschaftler wie Manfred Naumann wachsen. Den distanzierenden Haltungen der Selbsterhaltung hat er über sich hinaus wirkende, aufklärerische Produktivität abgewonnen, weil er nicht sein Ich pflegte und in „der Tiefe der Seele“ 7 versank noch seine Persönlichkeit „auf Eroberung, auf Karriere und gesellschaftlichen Erfolg, [...] auf Behauptungswillen“ (148) anlegte, weil er keiner „romantischen, idealistisch-humanistischen oder sozialistisch-utopischen Lösung“ (26) übertriebene Anhänglichkeit bezeugte und die realgeschichtlichen „Unzulänglichkeiten“ dennoch nie als „naturgegebene“ (116) ansah, weil er nicht „von dem Milieu [...] absorbiert“ wurde, in dem er lebte, sondern „ein kritischer Geist“ (197) blieb und ist. Daß sich all diese Stichworte Urteilen über Autoren entnehmen lassen, die 1978 ein Buch über Prosa in Frankreich und schon vorher etliche Aufsätze und Nachworte bevölkert haben, zeigt, daß Manfred Naumann die ihm gemäße Wissenschaft gewählt hat - weil Literaturforschung so betrieben werden kann (um nicht zu sagen: sollte), daß sie nicht nur fremde Gegenstände seziert, sondern die Persönlichkeit herausfordert: die der Autoren, die der Leser und 125 Actuelles damit die der Forscher. Es sei dahingestellt, ob andere Wissenschaften sich weniger für ein solches Ziel eignen. Naumann hat jedenfalls von einer Literatur, der er Wert zusprechen könnte, gefordert, „daß der Leser durch die Lektüre in einen fruchtbaren Widerspruch zu dem Status versetzt wird, in dem er sich vor ihr befand“, (172) und das gilt, denke ich, auch für seinen Anspruch an die eigenen wissenschaftlichen Texte. Deren impliziter Leser - kaum nötig, es zu vermerken - ist nicht nur und vielleicht nicht einmal zuerst der Spezialist. Inhalte und Methoden der eigenen Wissenschaft müssen selbstverständlich beherrscht und mitgestaltet werden; sonst drohen Pose oder Leere. Das Ausbreiten in Ritualen der disziplinären Selbstreflexivität jedoch verdient Mißtrauen, Skepsis, Spott und Verweigerung: Es steht im Verdacht fehlgeleiteter Intelligenz, da versagter Verantwortung. Das meint nicht Verpflichtung äußeren Phänomenen gegenüber, seien es turns oder Ideologien. Es richtet sich gegen die „Bemühung, sich der Literaturgeschichte in der Entfremdung von ihr zu bemächtigen“, indem sie durch „die Enthistorisierung und d. h. die Entmenschlichung der Literatur“ liquidiert wird. 8 Literatur gilt, mit einem Krauss-Wort, als „die Innenseite der Weltgeschichte“. 9 Aus diesem Umstand ergibt sich als erstes die Verantwortung des Forschers gegenüber den Texten und deren Erzeugern, die er traktiert: umfassende und offene, kundige und kritische Aufmerksamkeit für deren eigene Anlage und deren menschenbezogene Leistung sowie in den für gut befundenen Fällen (die anderen lohnen kaum die Beschäftigung) Respekt, was, dem Fremdwörterbuch zufolge, Ehrerbietung und Scheu bedeutet. Der so zu gewinnende Genuß soll im weiteren, wo möglich, nicht dem Ego vorbehalten bleiben, sondern anderen möglichen Genießern nahegebracht werden. Und dazu, dritter Punkt, braucht es Stil. Das meint nicht nur, daß Naumann knapp und voller Gehalt, lakonisch und ironisch, verständlich und komplex formuliert - sämtlich schon Qualitäten, die nicht allen Produzenten von Wissenschaftssprache gleichermaßen am Herzen liegen. Einer seiner Rezensenten hat sehr zu Recht „literarische Imagination“ in seinen Texten ausgemacht und ausgeführt: „Sie enthält sich jedes Suggestionseffekts, modifiziert ihre Vermutungen als konjunktivische und präsentiert ihre reichsten Ausblicke und stabilsten Archivfunde mit einem gewissen understatement. [...] Naumanns Art, seine Quellen eher zu verstecken als spektakulär aufsprudeln zu lassen, seine Neigung, künftiger Forschung Suchrichtungen anzudeuten ohne schon zu dekretieren, es seien unfehlbare Königswege, gewinnt den Leser durch ihre Noblesse.“ 10 Der Stil ist der Mensch selbst, um einen älteren Franzosen zu zitieren. Einige der Anwesenden werden vielleicht einigen der bisher gebrauchten Begriffe eine gewisse Nähe des heute zu Ehrenden zu dem Konzept von Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft entnehmen, das ein Potsdamer und ein Osnabrücker Romanist in den letzten Jahren ins Gespräch gebracht haben, 11 und eine gewisse Verbindung zwischen der Ehrung und dem Konzept vermuten. Vor solchen Schlüssen sind dieses Leben und seine Produkte jedoch noch etwas genauer zu verfolgen. 126 Actuelles Die ersten Veröffentlichungen, die in der Werkbibliographie der Festschrift zu Manfred Naumanns 75. Geburtstag verzeichnet sind, erschienen im Mai 1946 unter den Titeln „Städt. Volksbühne Hainichen in Mittweida“ und „Freie Jugend spielt für Euch! “ auf der Kreisseite Rochlitz der Leipziger Volkszeitung. Aus einer relativ dichten Reihe von Beiträgen zu derselben Zeitung im Sommer 1949, die mit „M. N.“ oder einmal auch „Nauke“ gezeichnet waren, sei wenigstens der vom 11. August genannt: „Die Mäuse werden nichts zu lachen haben. VVEAB lagert Getreide vorbildlich“. Ich gestehe, daß ich die dazugehörigen Texte nicht studiert habe und daß ich erst mein altes DDR-Lexikon konsultieren mußte, um die Sigle aufzulösen. Aus Erzählungen meiner Eltern glaube ich aber hochrechnen zu können, daß es auch für den unter uns sitzenden Neulehrer und Studenten von (wie es inzwischen heißt) geisteswissenschaftlichen Fächern in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone nicht ehrenrührig, sondern als Teil des (zumindest bei meinen Eltern enthusiastischen) Neubeginns wichtig war, sich ebenso für Theateraufführungen in kleineren Orten wie für die Tätigkeit der Vereinigung Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetriebe zu interessieren. Zum Bild dieses Neubeginns gehört jedoch noch anderes. Eine eifrig mitschreibende Kommilitonin, die spätere Slawistin Nyota Thun, hat aus Manfred Naumanns drittem und Werner Kraussens erstem Semester an der Leipziger Universität überliefert: „Es war im November 1947 [...]. Du hattest den Mut, im Hauptseminar von Werner Krauss Französische Literaturkritik vom 17. Jahrhundert bis zur Neuzeit als einer der ersten ein Referat zu halten. [...] Es bedurfte schon des ‘Mutes’, sicher auch eines Fünkchens Selbstbewußtsein, um sich der Herausforderung [...] zu stellen. Und daran fehlte es Dir nicht, so war wenigstens mein Eindruck. [...] Du und Hans Kortum, [...] ihr habt euch auch an den Diskussionen am lebhaftesten und sachkundigsten beteiligt. [...] Mich beeindruckte der von dir plastisch herausgearbeitete offene Streitcharakter einer Debatte, die Grundfragen der Geisteshaltung unserer Generation in der Nachkriegszeit berührte. [...] Neben dem von den ‘anciens’ verteidigten Modellcharakter der Antike in Literatur und Kritik standen im Zentrum deines Referats zwei Probleme: der von den ‘modernes’ bewirkte Säkularisierungsschub und die von ihnen propagierte Frauenemanzipation, also höchst brisante Themen zu unserer Zeit.“ 12 Soll ich sagen: Das waren noch Zeiten? Vielleicht reicht es, festzuhalten, daß Mittweida und Versailles, das Epenschreiben im alten Hellas und das Getreidelagern in der Sowjetzone, die Modernen im klassischen Jahrhundert der Franzosen und die Jugend im Nachkrieg der Deutschen einmal ineinander ragen konnten, und zu behaupten, daß das nicht von Schaden für die sein mußte, die dem bewußt begegneten. Am 21. und 30. Januar 1952 wurde Manfred Naumann 105 Minuten zu Französisch und Italienisch bzw. 60 Minuten zu seinem Zweitfach Englisch geprüft, um sich anschließend Doktor der Philosophie nennen zu dürfen. Unter den Gegenständen der Prüfung nennt das Protokoll: „Entwicklung der romanischen Sprachwissenschaft von Dante bis zu Furetière. Das nationale Problem bei Dante. Luthertum, Calvinismus und Jansenismus“, Rutebeuf und Castiglione, Montaigne und 127 Actuelles „die Rolle der Formgeschichte“. In der Rubrik „Allg. wissenschaftliche Charakterisierung des Prüflings“ ist von der Hand von Werner Krauss zu lesen: „Der Kandidat geht auf alle Fragen verständnisvoll ein; er besitzt in bemerkenswertem Umfang die Fähigkeit einer selbständigen Entwicklung der angeschnittenen Probleme und eine Diskussionsbereitschaft, die letztlich in der sicheren Beherrschung seines Wissens gegründet ist.“ Sein anglistischer Kollege Martin, bei dem es von Beowulf über die Lautlehre, den Staat Cromwells und Milton bis zu Alexander Pope und der primären Akkumulation gegangen war, notierte eine Variante dieser Einschätzung. 13 Die Doktorarbeit hatte gänzlich anderem, der Nationalerziehung in der französischen Literatur der Aufklärung gegolten. Das erste Zitat im Hauptteil gab eine 1727 veröffentlichte Überlegung des aufgeklärten Marquis de Boulainvilliers - in dessen Speisezimmer Voltaire vierzig Jahre später eine Abendgesellschaft ansiedelte, die die christliche Religion attackierte - über die Gründe für den Niedergang des Schwertadels wieder. „Wenn der Adel“, las man dort, „sich nicht so lange etwas darauf zugute gehalten hätte, unwissend zu sein, und sich durch Studium schließlich sogar entwürdigt gesehen hätte, hätte er wahrscheinlich seine Rechte auf weniger widerwärtige Prinzipien als Gewalt und Stolz gebaut; und nachdem er einen vernünftigen Plan für jene aufgestellt hätte, die nicht angefochten werden konnten, hätte er besser darüber gewacht, die Erinnerung an sie und ihre Anwendung wachzuhalten.“ 14 Auch von den Bedenken eines Juristen vor zuviel Bildung erfährt man: „Das Wohl der Gesellschaft erfordert, daß die Kenntnisse des Volkes sich nicht über seine Beschäftigung hinaus erstrecken. Jeder, der über seinen Beruf hinausblickt, wird sich dessen niemals mit Mut und Geduld annehmen.“ 15 Ich rapportiere all diese Details und Konjunktive natürlich nicht primär wegen des Verhältnisses Manfred Naumanns zum Schwertadel oder zu den Akteuren in den parlements. Sie verdeutlichen zum ersten, was auch in der stalinistisch werdenden DDR jener Jahre, jedenfalls in Leipzig, erforderlich war, um akademische Würden zu erlangen: Mit dem Stalin-Zitat, das auch Naumann in seiner Einleitung brachte (einem im übrigen durchaus zweckdienlichen über den Zusammenhang von Nationsbildung und Kapitalismusentwicklung), war es nicht getan. Auf das von Krauss in jenen Jahren aufgestellte respektgebietende, die eben zitierte Fragenliste wesentlich ausweitende „Minimalprogramm für den beim Eintritt in die Habilitierung vorausgesetzten Kenntnisstand für Aspiranten der französischen Literaturgeschichte“ kann hier nur verwiesen werden. 16 Zum zweiten habe ich von diesen Anfängen so ausführlich berichtet, weil wir in Zeiten leben, in denen „Kompetenz“ zum inhaltsentlasteten Hauptwort wird und von der Öffentlichkeit bis hin zur Wissenschaftspolitik Hochschullehrer als Steckenpferdreiter geschmäht werden, wenn sie disziplinäre Standards verteidigen. Es gibt Anlaß, darüber nachzudenken, welche Anforderungen zu stellen sind, um ein Studium ein Studium und einen Doktor einen Doktor zu nennen, und wohin Reduktionen führen können. Denn zum dritten möchte ich behaupten, daß eine große wissenschaftliche Leistung wesentlich durch den Umfang der Forderungen vorbereitet wird, die an ihren Anfängen stehen. Selbstverständlich gibt es andere wichtige Lebenswege und -leistungen, auch 128 Actuelles solche, auf die die Universität vorbereitet, und es muß nicht immer wieder Beowulf sein. Wissenschaft aber verkümmert, wo Wissensenthusiasmus im Zwielicht steht. Naumanns 1954 (also mit noch nicht 29 Jahren) wiederum in Leipzig eingereichte Habilitationsschrift beschäftigte sich mit dem Thema Holbach und der französische Materialismus. Der damalige Dekan nannte die „Schlichtheit“ ihres Ausdrucks „wohltuend“, ohne „Können, Wissen und selbständige Deutung“ zu verkennen, die darunter lagen. Krauss sah in der Arbeit „einen ernsten Ansatzpunkt für die erneuerte deutsche Aufklärungsforschung“, verwies aber dennoch, ebenso wie der Zweitgutachter Ernst Bloch, „auf die Fehler ihres Vorzugs“, den Materialismus des 18. Jahrhunderts zum „Höhepunkt“ des bürgerlichen „Drängens zur Revolution“ zu erklären: dann vermöge z. B. der Rousseauismus nur „aufs höchste zu irritieren“ (Krauss) und würde Voltaires Bedenken verkannt, daß „Ordnung und Unordnung in der alldeterministischen Natur“ nicht vorkommen (Bloch). Die Kritik zeigt, daß auch Naumann nicht immer gänzlich frei neben den Einflüssen aus seinem ideologischen Milieu gestanden hat. Daß aber Krauss empfahl, „die makroskopische Sicht einmal durch ausgeführtere Detailarbeit zu ergänzen“, und Bloch auf „weitere Differenzierung und philosophische Vertiefung“ orientierte, 17 ließ sich der Habilitierte in der Folgezeit gesagt sein. Eine der ersten großen Studien galt daher Voltaire, genauer „Candides Streit mit der Theorie“, 18 und bei der Gelegenheit erneuerte er gleich noch die alte Candide- Übersetzung von Mylius. Zur Erweiterung des Wissens über seinen Habil.-Gegenstand Holbach und über weitere Bereiche der französischen Aufklärung hat er im folgenden jahrzehntelang beigetragen - durch Aufsätze und Nachworte, Editionen und Rezensionen, Übersetzungen (auch von Theaterstücken) und Zeitungsartikel. Im Sinne des bisher Gesagten hebe ich die Auswahl der Artikel aus der von Diderot und d’Alembert herausgegebenen Enzyklopädie hervor. Das Vorwort ist auf 1967 datiert, der Leipziger Reclam-Verlag brachte den Band mit möglicherweise vielsagender Verzögerung erstmals 1972, erneut 1984 heraus, noch Enzensberger hat sich für Die Andere Bibliothek kürzlich daraus kommentarlos bedient, und auf den 800 Seiten fand sich Platz nicht nur für Grundsatz-Artikel wie „Philosoph“, sondern auch für neun Argumente Diderots zu den Vorteilen der Priesterehe oder für die detaillierte Mitteilung darüber, was die Franzosen vor 1765 darüber wußten, wie die Deutschen Sauerkraut herstellen, samt dem Schlußsatz: „Die Fremden gewinnen an ihm kaum Geschmack; doch scheint dieses Ragout für Seeleute auf weiten Reisen recht nützlich zu sein.“ 19 Die zweite Linie in Naumanns Forschungen bildete sich seit der Mitte der 1950er Jahre heraus: ihn interessierten zunehmend - es wurde schon angedeutet - die französischen Prosa-Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Studien zu Balzac, Gautier, Flaubert, Maupassant und den Goncourts (oft als Nachworte entstanden) bleiben lesenswert, wenn man - ohne den letzten Schrei der Literaturtheorie im Ohr - Zentrales und Bedenkenswertes über diese Autoren und ihre Werke erfahren möchte. Arbeiten über den Nouveau Roman, speziell Butor, und über Marcel Proust leisteten die Einbürgerung ihrer Texte in der DDR und mehr: An 129 Actuelles wesentlichen Beispielen haben sie Möglichkeiten der „widerspruchsvollen Beziehungen“ von Romanciers und Romanen „zur Wirklichkeit, [...] zu den literarischen Ideologien [...] und zu den Romantraditionen“ zur Anschauung gebracht und „den autonomen Romanstrukturen, vermittelt über die von ihnen erwarteten Eingriffe in das Leserbewußtsein, eine gesellschaftliche Funktion“ zugeordnet; so feierte Naumann Prousts „Sieg über jene Objektwelt“. 20 Eine - wie schließlich in wohlkalkulierter Offenheit eingestanden - „fast schon libidinöse Schwärmerei“ 21 entwickelte er zu Stendhal. Sie muß ausgebrochen sein, als Freunde, auch aus der Krauss-Gruppe, wegen utopischer Öffnungserwartungen an den DDR-Sozialismus nach Chrustschows Stalin-Kritik sich in Bautzen wiederfanden und er selbst - Graciáns Handorakel war offensichtlich noch nicht ganz verinnerlicht - vom ersten Lehrstuhl in Jena auf die Bänke der Lehrerweiterbildung im Bezirk Leipzig verwiesen war. Die zwischen 1959 und 1965 erschienenen ersten zehn Bände der bis heute wichtigsten deutschen Stendhal-Ausgabe (zwei weitere Bände kamen bis 1983 noch hinzu) enthalten jeweils umfangreiche Nachworte, die unter solchen Auspizien geschrieben wurden. Der Titel des ersten, „Stendhals Bemühung um die Wirklichkeit“, kann überpersönlich verstanden werden und deutet an, warum man Masken mögen kann. Ein Halbsatz in der Vorbemerkung zu dem bisher letzten Buch über den Romancier aus Grenoble, der Spurensuche nach Stendhals Deutschland, zeigt Konstanz auch in einer weiteren Hinsicht: Er habe deutsch zitiert, heißt es dort, „da mir auch ein allgemein interessiertes Lesepublikum vorschwebt“. 22 So deutlich von der Gesellschaft (oder jedenfalls ihren Beherrschern) belehrt und so viel mehr über die Literatur wissend, wandte sich Manfred Naumann - inzwischen über die Rostocker an die Berliner Humboldt-Universität gelangt - gegen Ende der 1960er Jahre noch einmal makroskopischeren Gegenständen zu. Mit Werner Mittenzwei, Robert Weimann, Dieter Schlenstedt und anderen beteiligte er sich an der Gründung des Zentralinstituts für Literaturgeschichte an der (damals noch) Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und dürfte durch die Tatsache, daß ihr wissenschaftsverpflichtetes Modernisierungsprogramm für das Institut einem klassenkämpferisch-liebedienerischen Strukturpapier vorgezogen wurde, 23 ermutigt worden sein. Sich selbst schuf er den Rahmen, in dem er als Literaturtheoretiker Bedeutung gewann. Entgegen umlaufenden Gerüchten war Naumann nie Theoretiker der Rezeption oder gar Rezeptionsästhetiker. Er hat allerdings mit einer Gruppe 1973 ein Buch über, so der Untertitel, „Literaturrezeption in theoretischer Sicht“ veröffentlicht, das einige Beachtung fand. Nicht umsonst lautet der Haupttitel aber Gesellschaft - Literatur - Lesen, und nicht umsonst beginnt das einführende Kapitel mit dem Satz: „Wir gehen von der Einsicht aus, daß Autor, Werk und Leser, daß die literarischen Schreib-, Aneignungs- und Austauschprozesse einander wechselseitig zugeordnet sind und ein Beziehungsgefüge bilden.“ 24 Die besondere Aufmerksamkeit für den Leser in diesem Gefüge resultierte aus dem Befund mangelnder Aufmerksamkeit für den „individuellen und gesellschaftlichen Gebrauch“ (17) von Literatur. Die we- 130 Actuelles nig auffällige Formulierung betraf den politisierten und durch Literaturauffassungen von Georg Lukács zusätzlich auf Werke einer bestimmten Größe fixierten Umgang mit Literatur in der DDR ebenso wie Zustände in der internationalen Literaturwissenschaft, aus denen längere Zeit eine überzogene Aufmerksamkeit für die Schöpfer von Kunstwerken gefolgt war, in der dann deren Struktur zu viel Aufmerksamkeit zu beanspruchen schien, in der seit kurzem aber auch „Rezeption und Wirkung von Literatur [...] eine immer größere Rolle“ spielten (6). Bei Karl Marx fand sich eine genau durchgearbeitete Überlegung zum Verhältnis von Produktion und Konsumtion, deren dialektische Logik aus der politischen Ökonomie sinnvoll in die Literaturanalyse überführt werden konnte. Daß die Produktion „das übergreifende Moment“ sei (19), sollte auch für die Literaturbetrachtung gelten und führte dazu, das Werk als „Rezeptionsvorgabe“ zu begreifen (vgl. 35-82). So war „die Freiheit der Leser im Umgang mit den Werken“ aus sachlichen, nicht aus ideologischen Gründen zu begrenzen (85). Daß aber der Leser als - noch ein Begriff von Marx - „tätiges Subjekt“ (vgl. 83-97) das „Werk für sich umbildet“ (87), war der springende Punkt. Blickpunkt Leser hieß 1984 ein Reclam-Band, der begleitende und weiterdenkende Aufsätze zum Gegenstand sammelte. Für die DDR war damit ein Modell der literarischen Kommunikation entworfen, das bis zum Ende dieses Staates schöne geistige Blüten trieb, demzufolge nur Wolf Biermann nie hätte ausgewiesen werden dürfen. Für die Literaturwissenschaft waren die Folgen ungeteilter erfreulich. Manfred Naumann konnte Hans Robert Jauß 1976 in Innsbruck sagen, „daß eine Rezeptionsästhetik sich in einer Produktionsästhetik fundieren muß, wenn sie ihrerseits eine Produktionsästhetik fundieren will“; 25 dieser konnte drei Jahre später am selben Ort weiterhin „die Rezeptionstheorie als eine Ästhetik der Nicht-Identität“ bezeichnen und zugleich formulieren, daß Rezeption „immer nur eines von den drei Momenten der ästhetischen Tätigkeit: Produktion, Rezeption und Kommunikation“ sei; 26 und daran schloß sich ein langer Austausch an, der hier nicht zu rekapitulieren ist - auch, weil Wolfgang Adam und andere das schon getan haben. 27 1978 trug Naumann den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften der DDR über „Literatur im ‘Kapital’“ (dem von Marx) vor. Unter den Bildern von Leibniz und Honecker warnte er die versammelten Herren und wenigen Damen - die auf dem Gang an der Büste eines ironischen Voltaire vor dem Zimmer des sehr wenig ironischen Präsidenten vorbeigekommen waren und nun einem gewaltigen Marx-Kopf ganz links neben dem Präsidium gegenüber saßen - davor, sich von des letzteren literarischer Praxis „ein zu asketisches Bild“ zu machen, lenkte ihre Gedanken auf den Wert „literarischer Bildung, [der] Fähigkeit zum Genuß von Schönheit, des ‘Kunstsinns‘“ und ihre Einbildungskraft mit des jungen Marx Worten darauf, „wie die Natur im Frühling sich nackt hinlegt und gleichsam siegesbewußt alle ihre Reize zur Schau stellt“ und solcherart den Dichter zum „frischen, kühnen, poetischen Herrn der Welt“ zu machen vermag. Es dürfte dem Redner Genuß bereitet haben, beim Blick in die Runde, immer noch mit Marx, dem „ängstlich-zugeknöpften, in sich geduckten Individuum“ die Freude des werdenden Klassikers am „An- 131 Actuelles blick eines bunten Luftspringers“ wenn nicht nahe zu bringen, so an den Kopf zu werfen - und damit das Vergnügen, das es eigentlich machen sollte, „aus eignen Mitteln die ganze Welt zu bauen“. 28 Die große Utopie praktisch werdender Aufklärung beschloß den Gedankengang: „Die literarischen Werke, genußvoll angeeignet, werden rationell genutzt für das theoretische Werk, und das theoretische Werk vermittelt den literarischen Werken eine neue Bedeutung. [...] Literatur wird für die Theorie und Theorie für die Literatur produktiv.“ 29 Die Rede war natürlich von revolutionärer Gesellschaftstheorie. Der Vortrag war fröhlicher Marxismus - ein letztes Mal. Nahezu gleichzeitig und an programmatischer Stelle zitierte Naumann die von Werner Krauss 1950 formulierte Frage: „Welche Chance bleibt dem Individuum zur Behauptung in der ihm entfremdeten Gesellschaft? “ 30 Sie hatte immer mitgeschwungen, wo er Theorie(geschichte) statt Literaturgeschichte betrieben hatte. Vordergründig bezog sie sich auf die Nachrevolution des Bürgertums im 19. Jahrhundert. Aber auch die „Realität einer sozialistischen Perspektive“ 31 nach deren anderer Revolution stand nun im Konjunktiv. Die Weiterarbeit an den ins Stocken geratenden Literaturtheorien im Osten oder später an den sich überschlagenden im Westen schien seit dieser Zeit wenig nützlich, um dem eigenen Anliegen zu genügen. Naumann baute seinen Ruhm als Haupt der „Berliner Schule“ höchstens noch in der Association Internationale de Littérature Comparée aus, empfahl für deutsche Gegenden aber „die Rückkehr in die Täler der Primärliteratur“ 32 und hielt es weitestmöglich mit Epikur: „Der Weise liebt Schauspiele und hat wie jeder andere Freude an musikalischen Genüssen und szenischen Darbietungen der Dionysien. Aber Fragen der Musiktheorie und gelehrten Untersuchungen der Kritiker gibt er nicht einmal beim Gelage Raum.“ 33 Daraus folgte keineswegs Asozialität - „die Arbeit ist die Mutter des Genusses“, notierte Stendhal mit achtzehn. 34 1981 wurde Naumann Direktor des von ihm mitgegründeten Instituts. Im Rahmen des Möglichen baute er es zur Nische aus. Sein Ton war immer neugierig, ab und an entschieden und selten auch hart. Naumann sorgte dafür, daß in Leitungssitzungen und auf Vollversammlungen wieder Forschungsprojekte diskutiert und wissenschaftliche Vorträge gehalten wurden, installierte regelmäßige Kolloquien für den eigenen Nachwuchs und große Tagungen, die Krauss-Kolloquien hießen und zu denen Jauß und Nies und viele andere kamen, schickte seine Leute in Ausländer, soweit die Reisekader-Regelungen zu dehnen waren, und ließ weitere Koryphäen ins Haus, von Leo Löwenthal bis Juri Lotman. Die 1984 begonnene und erst in der neuen Bundesrepublik beendete, umfangreich kommentierte achtbändige Ausgabe des wissenschaftlichen Werks von Werner Krauss war mehr als Hommage: sie galt dem Versuch, Maßstäbe für Wissenschaft und deren Wege zu vergegenwärtigen. Das Konzept zu Forschungen über „Literatur im Kapitalismus“, mit dem er antrat, fand allerdings zu wenig Resonanz bei den Kollegen, und daß das Institut von den lebenden Schriftstellern des Landes mit ihren kulturpolitischen Risiken systematisch Abstand halten sollte, traf auf den großen Ärger derer, die der Öffnungsfähigkeit dieser Gesellschaft im- 132 Actuelles mer noch mehr zutrauten als ihr Direktor. Das Lexikon der französischen Literatur, das er 1987 herausgab, halte ich bis heute für das beste seiner Klasse; Stephan Hermlin, damals in unangefochtener Autorität und ein Kenner des Gegenstandes, schrieb ihm, und er zeigte es erfreut: „Es ist kein falscher Ton darin.“ An dem von Karlheinz Barck initiierten historischen Wörterbuch Ästhetische Grundbegriffe hat er sich nicht beteiligt, den Beginn aber institutionell ermöglicht. 1990 wurde Naumann in der kurzen basisdemokratischen Lücke zwischen der alten und der neuen Staatsmacht von seinem Institut (alle waren stimmberechtigt) mit deutlicher Mehrheit nochmals in sein Amt gewählt. Als die Nische geschlossen wurde, wurden relativ viele ihrer bisherigen Bewohner nicht arbeitslos. Naumann selbst ist seit Oktober 1990 frei zumindest in dem Sinne, daß er als Pensionär seine Gegenstände völlig unabhängig wählen und verfolgen kann. Von seinem Nachdenken über die Geschichte seines Faches und seiner Person im deutschen Nachkrieg liegen einige Zeugnisse inzwischen vor; auf ein weiteres dürfen wir uns unmittelbar freuen. Stendhals Deutschland, über Jahre geworden, von erfahrenem Leben voll und 2001 erschienen, gehört zu den Büchern, die nicht drittmittelantragstauglich sind. Zurück zu der oben gestellten Frage: Haben wir es zu tun mit Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft? Vielleicht - wenn da nicht nur ein Pendel schwingt oder gar ein Paradigma droht. 35 Aber eigentlich geht es wohl um anderes und möglicherweise mehr. Manfred Naumann ist zu preisen vor allem dafür, daß er sein Wissen als Teil des Lebens in der Gesellschaft und zu deren humanerer Gestaltung so weit wie möglich getrieben und so weit als möglich zur Geltung gebracht hat. Die Wissenschaft ist dann ein Mittel. Ich danke meinem Lehrer, der mir immer wieder meine Grenzen gezeigt hat, und empfehle Ihnen allen, seine Texte zu genießen. Es lohnt sich. 1 Vorgetragen auf dem Festakt an der Universität Osnabrück zur Verleihung der Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Sprach- und Literaturwissenschaft am 30. Juni 2010. 2 Manfred Naumann: „Vorbemerkungen“, in: Stendhal, Briefe, Berlin, Rütten & Loening, 1983, S. 11 (Stendhal, Gesammelte Werke in Einzelbänden, hg. von Manfred Naumann). 3 Vgl. Manfred Naumann: Stendhals Deutschland. Impressionen über Land und Leute, Weimar, Böhlau, 2001, S. 24. 4 Zit. nach Werner Krauss: Spanische, italienische und französische Literatur im Zeitalter des Absolutismus, hg. von Peter Jehle, Berlin, New York, de Gruyter, 1997, S. 539 (Krauss, Das wissenschaftliche Werk, Band 3). 5 Manfred Naumann, „Lehrjahre in Leipzig“, in: Das Argument, 284, 2009, S. 946. 6 Manfred Naumann, Stendhals Deutschland (Anm. 3), S. 16. 7 Manfred Naumann, Prosa in Frankreich. Studien zum Roman im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin, Akademie-Verlag, 1978, S. 35 (Seitenzahlen im Anschluß im Text). 8 Manfred Naumann: „Aphoristische Bemerkungen über Literaturgeschichte und Literaturtheorie. Aus Anlaß des 75. Geburtstages von Werner Krauss“ (1975), in: Naumann: Blickpunkt Leser. Literaturtheoretische Aufsätze, Leipzig, Reclam, 1984, S. 9. 133 Actuelles 9 Zit. nach ebenda, S. 8; vgl. Werner Krauss: Die Innenseite der Weltgeschichte. Ausgewählte Essays über Sprache und Literatur, hg. von Helga Bergmann, Leipzig, Reclam, 1983. 10 Justus Fetscher: „Rheinübersetzungen. Über Stendhals Umgang mit dem Deutschen aus Anlass des Stendhal-Buches von Manfred Naumann“, in: Weimarer Beiträge, 2006, 2, S. 260. 11 Vgl. Wolfgang Asholt, Ottmar Ette: Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft, Tübingen, Narr, 2010. 12 Nyota Thun: „Rede zum 75. Geburtstag Manfred Naumanns, die nicht gehalten wurde“, Manuskript (2000), S. 1f. 13 Philosophische Fakultät Leipzig, Niederschrift über die philosophische Doktorprüfung des Kand. Manfred Naumann, in: Universitätsarchiv Leipzig; Kopie im Privatarchiv Manfred Naumann. 14 Henri de Boulainvilliers: Lettres sur les anciens parlements de France que l’on nomme Etats generaux, London, 1727, S. 3f.; zit. nach Manfred Naumann: Die Nationalerziehung in der französischen Literatur der Aufklärung, Inaugural-Dissertation, Universität Leipzig, 1952, S. 4. 15 Louis-René Caradeuc de La Chalotais: Essai d’éducation nationale (1763), zit. nach: Naumann: Nationalerziehung (Anm. 14), S. 37. 16 Abgedruckt in Kurt Schnelle: „Ad usum delphini. Zwei unbekannte Texte von Werner Krauss zum Romanistik-Studium“, in: Ottmar Ette, Martin Fontius, Gerda Haßler, Peter Jehle (eds.): Werner Krauss. Wege - Werke - Wirkungen, Berlin, Spitz, 1999, S. 265-273. 17 Martin, Werner Krauss, Ernst Bloch, Stellungnahmen zur Habilitationsschrift von Dr. Manfred Naumann über Holbach und der französische Materialismus, 1954, in: Universitätsarchiv Leipzig, Kopie im Privatarchiv Manfred Naumann. 18 In Voltaire: Candide, übers. von Wilhelm Christhelf Mylius, sprachlich erneuert von Manfred Naumann, Berlin, Rütten & Loening, 1958, S. 261-291. 19 Artikel aus der von Diderot und d’Alembert herausgegebenen Enzyklopädie, Auswahl und Einführung von Manfred Naumann, Leipzig, Reclam, 2 1984, S. 154f., 723. 20 Manfred Naumann, Prosa in Frankreich (Anm. 7), S. 268, 223. 21 Naumann, Stendhals Deutschland (Anm. 2), S. 1. 22 Ebenda. 23 Vgl. beide Konzepte in: Simone Barck, Inge Münz-Koenen (eds.): Im Dialog mit Werner Mittenzwei. Beiträge und Materialien zu einer Kulturgeschichte der DDR, Berlin, trafo- Verlag, 2002; zur Geschichte des Instituts Petra Boden, Dorothea Böck (eds.): Modernisierung ohne Moderne. Das Zentralinstitut für Literaturgeschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR (1969 - 1991). Literaturforschung im Experiment, Heidelberg, Winter, 2004. 24 Manfred Naumann (Leitung und Gesamtredaktion), Dieter Schlenstedt und Karlheinz Barck, Dieter Kliche, Rosemarie Lenzer: Gesellschaft - Literatur - Lesen. Literaturrezeption in theoretischer Sicht, Berlin, Weimar, Aufbau-Verlag, 1973, S. 17 (Seitenzahlen im Anschluß im Text). 1976 präzisierte Naumann: „Entgegen offenbar verbreiteter Vorstellungen lag uns nicht an der Begründung einer ‚Rezeptionsästhetik’, sondern an einer Erkundung des Problems, wie Produktion, Distribution und Rezeption einander zugeordnet sind, bei Ausfällung freilich derjenigen Probleme, die sich in diesem Verhältnis von der Rezeption her ergeben.“ (Manfred Naumann: „Das Dilemma der Rezeptionsästhetik“, in: Naumann: Blickpunkt Leser [Anm. 8], S. 183). Vgl. den Abschnitt „Zur Genese von Gesellschaft - Literatur - Lesen“ in: Mandy Funke: Rezeptionstheorie - 134 Actuelles Rezeptionsästhetik. Betrachtungen eines deutsch-deutschen Diskurses, Bielefeld, Aisthesis Verlag, 2004, S. 38-49. 25 Naumann, „Das Dilemma der Rezeptionsästhetik“ (Anm. 24), S. 175f. 26 „Schlußberichte. Hans Robert Jauß,“ in: Zoran Konstantinovi , Manfred Naumann, Hans Robert Jauß (eds.): Literary Communication and Reception. Communication littéraire et réception. Literarische Kommunikation und Rezeption, Innsbruck, AMŒ, 1980, S. 423f. (Actes du IX e Congrès de l’Association Internationale de Littérature Comparée). 27 Vgl. Wolfgang Adam, Holger Dainat, Gunter Schandera (eds.): Wissenschaft und Systemveränderung. Rezeptionsforschung in Ost und West - eine konvergente Entwicklung? Heidelberg, Winter, 2003; Funke (Anm. 24). 28 Manfred Naumann: „Literatur im ‚Kapital’“, in: Naumann: Blickpunkt Leser (Anm. 8), S. 48, 57, 65f. Die Marx Zitate in: MEGA, Abt. IV, Bd. 1, S. 79. 29 Ebd., S. 83. 30 Naumann, Prosa in Frankreich (Anm. 7), S. 7. 31 Ebd., S. 8. 32 Manfred Naumann: „Wie ernst sollte die Literaturwissenschaft sich selbst und ihre Leser nehmen? “ in: Eckart Goebel, Wolfgang Klein (eds.): Literaturforschung heute, Berlin, Akademie Verlag, 1999, S. 308. 33 Epikur: Fragmente, in: Fritz Jürss u.a. (eds.): Griechische Atomisten. Texte und Kommentare zum materialistischen Denken der Antike, Leipzig, Reclam, 1973, S. 360. 34 Stendhal: Tagebücher und andere Selbstzeugnisse, Berlin, Rütten & Loening, 1983, Bd. 1, S. 21 (Stendhal, Gesammelte Werke in Einzelbänden, hg. von Manfred Naumann). Vgl. die Naumann zum 75. Geburtstag gewidmete Festschrift: Wolfgang Klein, Ernst Müller (eds.): Genuß und Egoismus. Zur Kritik ihrer geschichtlichen Verknüpfung, Berlin, Akademie Verlag, 2002; darin, S. 293-312, deutlich präziser über die wissenschaftliche Laufbahn Manfred Naumanns als im hier vorliegenden Fall, Rita Schober: „Von den Erziehungsprogrammen der Aufklärung zu Stendhals Postmodernismus. Versuch eines Rückblicks auf Manfred Naumanns Wirken und Werk“. 35 „Ich sehe nicht so sehr ein Paradigma wechseln, als vielmehr ein Pendel schwingen“, heißt es 1976 zur Konstanzer Rezeptionsästhetik (Naumann, „Das Dilemma der Rezeptionsästhetik“ [Anm. 24], S. 175).