eJournals lendemains 38/150-151

lendemains
ldm
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/91
2013
38150-151

Hugo Friedrichs Paul Valéry

91
2013
Ottmar Ette
ldm38150-1510065
65 AArts & Lettres Ottmar Ette Hugo Friedrichs Paul Valéry Wissend / genießend Kaum ein Jahr nach dem Erscheinen von Hugo Friedrichs bis heute sicherlich berühmtestem Buch Die Struktur der modernen Lyrik (Friedrich 1956) erschien der Aufsatz „Dichtung und die Methoden ihrer Deutung“, der ursprünglich als Festvortrag aus Anlass der Fünfhundertjahrfeier der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg gehalten wurde. Bereits im ersten Absatz dieses in der Folge weit verbreiteten und aus der hier gewählten Perspektive fachgeschichtlich besonders relevanten Textes hieß es: Muß Dichtung gedeutet werden? Genügt es nicht, daß der Leser sie genießend aufnimmt, indem er einfach auf sie hört und seine Phantasie, seine Empfindung, seinen Sprachsinn von ihr bewegen läßt? Es könnte das genügen, falls wir eine Gewähr dafür hätten, daß im passiven Aufnehmen schon alles vernommen wird, was eine Dichtung sagt, und daß das Vernommene auch in der Tat mit dem Gehalt des Textes übereinstimmt. Ist also der Genuß, diese natürlichste Weise des Aufnehmens von Dichtung, auch schon ein sicheres Verstehen? (Friedrich 1970: 22) In der spielerischen und von einem scharfen Intellekt gesteuerten Engführung der Begriffe „Genießen“ und „Verstehen“ entfaltet der Freiburger Romanist ein Spannungsfeld, das bereits im Titel zwischen „Dichtung“ und „Deutung“ hörbar wird. Dabei stützt sich Hugo Friedrich auf die Überzeugung und „Erfahrung“, daß „der Genuß keineswegs ein Verstehen mit sich bringt“, ja daß selbst bei großen Dichtungen Verstehen und Genuß gemeinsam ausbleiben können. Davor aber schütze nur, so Friedrich etwas später, wenn „das Verstehen zur Methode wird“: „Das Wißbare wissen wollen ist der Antrieb aller Wissenschaft, auch der Wissenschaft von der Dichtung“ (ibid.: 24). Ist Wissen damit vom Genießen geschieden? Keineswegs. Denn für Friedrich ist das „Verstehen von Dichtung ein approximativer, vielleicht nie abschließbarer Vorgang“, bei dem auch „die Bedingungen des Verstehenden selber, die Horizonte seines sogenannten Standorts eine komplizierte Rolle spielen“ (ibid.: 26). Entscheidend für jeglichen Versuch des Verstehens von Dichtung aber sei, „daß es wieder erwirbt, was es zunächst verlor: den Genuß“ (ibid.). Und mag auch in den obigen Formulierungen im komplizierten Vorgang des Verstehens ein Hauch von Erwartungshorizont, ein Hauch von Rezeptionsästhetik spürbar geworden sein - der entscheidende Punkt liegt für Hugo Friedrich doch woanders: Es ist der zur Reflexion erhobene Genuß, der sich Rechenschaft gibt mittels des Wissens. Verstehen aus Wissen bringt einen Zuwachs an Wahrnehmungsfähigkeit und macht unse- 66 AArts & Lettres ren Blick für das Einzigartige einer Dichtung im gleichen Zuge genauer, wie es ihn hinausführt in die geistigen Landschaften, in denen die Dichtung wuchs und steht. Ein solcher Blick aber dankt mit dem Genuß. Wir scheuen uns nicht, die Wissenschaft von der Dichtung eine genießende Wissenschaft zu nennen (ibid.). Diese Definition einer Wissenschaft, die Hugo Friedrich im folgenden Satz als „einen Teil jener umfassenden Disziplin, die man Philologie nennt“ (ibid.), verstanden wissen wollte, darf gewiss nicht als das Programm einer Ästhetik der Lust missverstanden werden. Für sie steht der erhobene Genuss, der Genuss durch Reflexion, im Mittelpunkt - und keineswegs zufällig beruht die gesamte Passage auf einer wahren Metaphorologie des Blickes und damit des unkörperlichsten und körperfernsten Sinnes, über den wir Menschen verfügen. Es ist dieser Fernsinn, der in seinen Reflexen und Reflexionen das Schauen ins Weite, den Blick in eine Landschaft ermöglicht, die eine Landschaft der Theorie ist, die Landschaft einer Sinnlichkeit, die eine abstrakte Sinnwelt und Sinnenwelt des Intellekts in Szene setzt. Wir haben es hier keineswegs mit einem ‚bloß‘ genießenden Schauinsland zu tun, von dem aus Blicke in die verschiedensten Landschaften schweifen können. Hugo Friedrichs genießende Wissenschaft beruht auf dem Umgang mit einem hochkomplexen Wissen, das ganz im Sinne Paul Valérys ein „Fest des Intellekts“ ist. Dieses Fest markiert den außerordentlichen, den jeglichem Alltäglichen entzogenen Augen-Blick, in dem eine Landschaft des Wissens in ihrer (scheinbaren) Transparenz sich dem Blick des oder der Betrachtenden zeigt. Hugo Friedrichs genießende Wissenschaft ist eine Wissenschaft, die das von ihr erschlossene Wissen genießt und in ein sinnliches Erleben transformiert, in welchem Wissen und Leben im Genuss miteinander zu verschmelzen suchen - Genuss des Wissens und Wissen vom Genuss, sinnlich und sinngebend. In der Fokussierung auf ihren genießenden Charakter legt Friedrich zugleich den Finger in eine Lücke, in eine Wunde der Wissenschaft von der Dichtung, ja der Literaturwissenschaft insgesamt, die sich in der Mitte und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht geschlossen, sondern noch vergrößert hat. Die Formel Friedrichs, sich nicht zu scheuen, von einer genießenden Wissenschaft zu sprechen, zeigt, dass Sinn gebende Wissenschaft und sinnlicher Genuss den zeitgenössischen Konventionen entsprechend nicht zusammengedacht und in einem Atemzug genannt zu werden pflegten. Wie weit geht dieser Genuss? Es ist von keiner „Lust am Text“ die Rede. Der Körper und das Leibhaftige im Sinne Helmuth Plessners 1 bleiben aus einer derartigen Konzeption genießender Wissenschaft weitestgehend ausgeschlossen. Hugo Friedrichs Ringen um einen offenen, umfassenden „Begriff von Philologie“ (Friedrich 1970: 26) ist ohne die genießende Dimension jenes Fests des Intellekts, das die philologische Tätigkeit für ihn darstellte, nicht denkbar. Gewiss mangelt es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht an Versuchen, den Begriff der Philologie auf eine Schwundstufe, auf einen Schatten ihrer selbst zu reduzieren. Hinter einer in neuerer Zeit propagierten semantischen Reduktion des Begriffs „im Sinne der historischen Textpflege [...], wobei sich diese historische Textpflege, genauer ge- 67 AArts & Lettres sprochen, ausschließlich auf geschriebene Texte bezieht“ (Gumbrecht 2003: 11), 2 wartet jedoch nicht die Macht der Philologie, sondern bestenfalls die Nacht der Philologie. Bei dem Versuch, einen zukunftsweisenden Begriff von Philologie aus historischer und zugleich fachwissenschaftlicher Fundierung heraus zu entwickeln, 3 ist Hugo Friedrichs Ansatz von Bedeutung, ist ihm doch eine ganze Reihe von Studien gelungen, die bis heute weit über ein spezialisiertes Fachpublikum hinaus Leserinnen und Leser erreichen. Das Ziel einer so konzipierten Philologie aber war für Hugo Friedrich klar gesteckt: Selbstvergegenwärtigung des Menschen mittels seines dichterischen Gestaltwandels zu sein und Sinneserweiterung der Gegenwart in die Vergangenheit hinein zu bewirken, die immer, wo sie eine dichterische ist, selber eine ewige Gegenwart behalten hat. Das in der Philologie erstrebte genaue Verstehen von Dichtung ist der von der Dichtung selber benötigte Akt ihrer Wahrwerdung im Selbstbewußtsein des Geistes. Oder noch kürzer: Philologie ist ein geschichtlicher Teil der Dichtung selber (Friedrich 1970: 26). Nicht aus imperialer Anmaßung erklärt sich hier die Philologie zu einem Teil der Dichtung (will sagen: der Literatur). Vielmehr ist das wechselseitige Überlappen von Wissen der Dichtung und Wissenschaft von der Dichtung den Zielen einer Steigerung des Selbstbewusstseins, einer Sinneserweiterung und einer historisch fundierten Selbstvergegenwärtigung des Menschen verpflichtet, die in der angeführten Passage freilich nur um die Dimension der Zukunft erweitert zu denken sind. Kaum ein anderer Schriftsteller hat wie Paul Valéry die Produktivität eines wechselseitigen Überlappens von Wissen der Dichtung und Wissenschaft von der Dichtung so eindrucksvoll vorgeführt und immer wieder neu ausgetestet. Aber wie ließe sich aus der Sicht Hugo Friedrichs Paul Valéry auf den Punkt bringen? Organisch / anorganisch Valéry [valeri], Paul, französ. Dichter, *Sète (Südfrankr.) 20.10.1871, Paris 20.7.1945, Sohn eines Korsen und einer Italienerin, lernte 1891 MALLARME kennen. In den Prosaschriften Une soirée avec M. Teste (1895; dt. Herr Teste, von M. RYCHNER, 2 1947) und Introduction à la méthode de Léonard de Vinci (1895) entwickelte er in spielerischer und ironischer Verbrämung eine Theorie des reinen, d. h. vom Lebensstoff wie von Gefühlen gelösten Geistes. Um die Jahrhundertwende unterbrach er alle literar. Tätigkeit, wurde Beamter im Kriegsministerium, später Sekretär der Agence Havas. Erst 1917 fand er zur Dichtung zurück und veröffentlichte La jeune parque (Die junge Parze), die seinen Ruhm begründete (Friedrich 1957: 46). Mit diesen auf den ersten Blick unscheinbaren Worten präsentiert Hugo Friedrich den deutschsprachigen Lesern des Großen Brockhaus 1957 den Dichter und Theoretiker Paul Valéry. Bei genauerer Betrachtung dieses Lexikoneintrags fällt 68 AArts & Lettres auf, dass Friedrich nach den Angaben zum Beruf, den Geburts- und Sterbedaten sowie dem kurzen Hinweis zur Herkunft der Eltern gleich im ersten Satz ein Detail folgen lässt, das an dieser Stelle kaum zu erwarten gewesen wäre: die Bekanntschaft mit dem Dichter Stéphane Mallarmé im Jahre 1891. Ohne jeden Zweifel ist dieses Biographem im ersten Satz weit mehr als eine bloß zufällige oder beiläufige Erwähnung: Die Bekanntschaft des jungen Paul Valéry mit der großen Dichterfigur Mallarmé stellt eine Art geistige Vaterschaft, eine intellektuelle und dichterische Genealogie her, die für Hugo Friedrichs Bild eines eigentlich vom Lebensstoff gereinigten Dichters offenkundig von entscheidender Relevanz war. Der Paul Valéry gewidmete Lexikonartikel entstand im weiteren Umfeld des bereits erwähnten, erstmals im September 1956 in der Reihe „rowohlts deutsche enzyklopädie“ erschienenen Bandes Die Struktur der modernen Lyrik. Der Titel avancierte rasch zu einem Bestseller: Bereits im Mai 1967 waren über 100000 Exemplare verkauft, im August 1979 überschritt der Band gar die Marke von mehr als 150000 verkauften Exemplaren. Kein anderer der großen Romanisten des 20. Jahrhunderts, zu denen der Freiburger Friedrich fraglos zu zählen ist (auch wenn ihm Hans Ulrich Gumbrecht [2002] aus anderen Gründen als bei Hans Robert Jauss die Aufnahme „verweigerte“ 4 ) hat es vermocht, mit fachwissenschaftlich renommierten Werken ein breiteres Publikum zu erreichen. In seinen aus französischer Perspektive vorgetragenen Überlegungen zu Hugo Friedrichs Die Struktur der modernen Lyrik - einem Band, der erst mit zwanzigjähriger Verspätung ins Französische übersetzt wurde und bis heute unter einer Vielzahl an Übersetzungsproblemen leidet 5 - hat Rémy Colombat mit guten Gründen darauf aufmerksam gemacht, welch große Bedeutung der „Ars poetica“ Gottfried Benns für Friedrichs eigene Auffassung der modernen Lyrik zukommt. 6 Doch nicht nur Gottfried Benn, sondern in nicht geringerem Maße auch Hugo Friedrich verdankt viel den ästhetischen Reflexionen Paul Valérys, dessen Name sich immer wieder auf den Seiten der romanistischen Erfolgsstudie findet. Ohne mit diesem Hinweis behaupten zu wollen, dass Paul Valéry den eigentlichen Schlüssel für die Entstehung der Friedrichschen Auseinandersetzung mit der modernen Lyrik in der Hand hielte, lässt sich doch wohlbegründet die These wagen, dass der Dichter von La jeune Parque sowohl auf direkte, der unmittelbaren Lektüre entspringende als auch auf indirekte, der Vermittlung durch Gottfried Benn sich bedienende Weise eine Wirkung auf Hugo Friedrichs Sichtweise der modernen Lyrik entfaltete, die kaum überschätzt werden kann und sich nicht nur an jenen zahlreichen Stellen zeigt, in denen sich Friedrich explizit auf den Dichter aus Sète bezieht. Vielmehr findet sich Valérys Präsenz gleichsam diffus und disseminiert über den gesamten Text verstreut. Wie aber ist Paul Valéry in seiner doppelten Eigenschaft als Dichter und als Dichtungstheoretiker in die Struktur der Friedrichschen Arbeit über die moderne Lyrik integriert? Bekanntlich hat Hugo Friedrich seine Mühe und bald auch seine liebe Not mit dem Begriff der „Struktur“ gehabt und dieses Problem auch nicht verborgen. In seinem auf Freiburg im Breisgau an Ostern 1956 datierten Vorwort zur ersten 69 AArts & Lettres Ausgabe machte er klar, dass sein Band eine „Geschichte der modernen Lyrik“ gewiss nicht sein wolle: „Der Begriff der Struktur macht Vollständigkeit des geschichtlichen Materials überflüssig. Vor allem, wenn das Material nur Abwandlungen der Grundstruktur bringt“ (Friedrich 1956: 7). Diese Rechtfertigung des von ihm selbst gewählten Titels war allerdings von begrenzter Haltbarkeit, fügte Friedrich diesen Überlegungen doch bereits im Vorwort zur neunten Auflage im Oktober 1966 etwas gequält hinzu, der „im Titel des Buches gebrauchte Begriff ‚Struktur‘“ sei „vielfach mißverstanden“ worden (1967: 12). Er betonte, mit „Struktur“ keineswegs auf etwas „Starres“ oder „eine Verhärtung“ abgezielt zu haben, habe doch seit Dilthey der Begriff in den Geisteswissenschaften die Bedeutung des „Anorganischen“ längst verloren. Es sei ihm vielmehr um ein „organisches Gefüge, eine typenhafte Gemeinsamkeit von Verschiedenem“ zu tun, gehe es im Bereich des lyrischen Dichtens doch um die „Abkehr von klassischen, romantischen, naturalistischen, deklamatorischen Traditionen“ im Sinne der angestrebten „Modernität“. Friedrich gestand ohne Umschweife, bei seiner umfangreichen Überarbeitung des Bandes das Wort „Struktur“ lieber vermieden zu haben, sei doch offenkundig, wie sehr sich dieser Begriff „in allen erdenklichen Gebieten als Modewort breit gemacht“ habe. Freilich habe sich der Band unter diesem Titel nun einmal „eingebürgert“; und zudem müsse er sich selbst auch weiter gegen jedwede Erwartung schützen, „eine Geschichte der modernen Lyrik geschrieben zu haben“ (alle Zitate ibid.: 12sq.). Eine solche legte der Titel in der Tat nicht nahe. Dass Hugo Friedrich mit dem von ihm leichtfertig als „Modewort“ abqualifizierten Strukturbegriff der Strukturalisten nichts gemein hatte, versteht sich angesichts seiner an den Traditionen der Romanistik sowie benachbarter Philologien ausgerichteten Einstellung von selbst. Die Herauslösung des Begriffs aus jeglicher kristallinen, starren Bildlichkeit ist ebenso deutlich wie das Bestreben, dem Anorganischen eine organische, lebendige Struktur entgegenzusetzen, wie diese für die Lyrik Geltung beanspruchen dürfe. Diese organische Lebendigkeit aber zeichnet in der Tat die Anlage und ‚Struktur‘ von Friedrichs einflussreichem Band, aber auch seiner wissenschaftlichen Schreibweise insgesamt aus. Wie aber lässt sich der Aufbau seiner Untersuchung der Struktur der modernen Lyrik genauer beschreiben? Drei große Dichter des französischen 19. Jahrhunderts sind es, die alles beherrschend in den Vordergrund gerückt werden. Friedrich griff dabei auf ein bewährtes und überaus erfolgreiches Schema zurück. Denn ähnlich wie in seinem ebenfalls bis heute erfolg- und einflussreichen Buch Drei Klassiker des französischen Romans, dessen definitiver Titel ebenfalls erst nach einer Titeländerung der Erstauflage zustande kam, sind es parallel zu Stendhal, Balzac und Flaubert auf der narrativen nun Baudelaire, Rimbaud und Mallarmé auf der lyrischen Ebene, die weit bis ins 20. Jahrhundert hinein modellbildend und strukturgebend geworden seien. Blickt man aber auf die Gesamtanlage von Die Struktur der modernen Lyrik, so zeigt sich deutlich, dass diese drei Gestalten nicht auf derselben Ebene stehen, sondern dass wir in Baudelaire - dem einzigen, der im Originaltitel dieses 70 AArts & Lettres ‚Klassikers‘ der Romanistik namentlich genannt wurde - den entscheidenden Ausgangspunkt und folglich den ‚Vater‘ der modernen Lyrik erkennen dürfen. Rimbaud und Mallarmé greifen auf ihn zurück und radikalisieren seine Innovationen auf grundlegende Weise und in verschiedene Richtungen. Sie vertreten damit unterschiedliche Entwicklungslinien, von denen wiederum - gemäß der Friedrichschen Darstellung - die beiden Grundströmungen der europäischen Lyrik im 20. Jahrhundert ausgehen. Ohne an dieser Stelle bereits der Frage nach dem ‚Verschiedenen‘ und seiner Spezifik in der ‚Gemeinsamkeit‘ der modernen Lyrik detailliert nachgehen zu können, lässt sich doch bereits absehen, dass die lebendige Struktur, deren organisches Bild Friedrich entwirft, alle Merkmale einer patrilinearen (und wohl auch patriarchalischen) Genealogie trägt, welche die Dichter des 20. Jahrhunderts in der Gemeinsamkeit modernen Dichtens vor eine fundamentale Entscheidung zwischen Arthur Rimbaud einerseits und Stéphane Mallarmé andererseits stellte. Es ist unverkennbar, dass Hugo Friedrich Paul Valéry in Die Struktur der modernen Lyrik auf der Seite Mallarmés - und damit auf der für das 20. Jahrhundert laut Friedrich weitaus produktiveren, vielversprechenderen Seite - einordnet. Eben darum ist das Biographem der frühen Begegnung Valérys mit Mallarmé für Hugo Friedrich so entscheidend: Denn in der Tat wird durch diesen Hinweis der in Sète geborene Dichter nicht nur innerhalb einer Familie, sondern weitaus mehr noch innerhalb einer umfassenden Genealogie der Literatur, der Dichtungstheorie und -praxis eingeordnet. Friedrichs ‚Genealogie der modernen Lyrik‘ weist Paul Valéry damit einen präzisen Platz innerhalb dieses Lebensbaumes moderner Dichtkunst zu: als Spross von Mallarmé, als Dichter und als Denker in einer Kontinuität des großen Mallarmé, in die sich neben ihm auch George, Swinburne, T. S. Eliot, Jorge Guillén oder Ungaretti einschreiben dürfen (cf. Friedrich 1956: 72). Fest des Intellekts / Test des Intellekts Was also kommt nach den großen Magiern der Dichtkunst im 19. Jahrhundert? Was kann nach einem Baudelaire, was kann nach Rimbaud und vor allem Mallarmé in der modernen Lyrik der Gegenwart, ja vielleicht sogar der Zukunft noch kommen? Diesen Fragen stellte sich Hugo Friedrich gleich zu Beginn des fünften Kapitels, das sich unter dem umfassenden Titel „Europäische Lyrik im zwanzigsten Jahrhundert“ unmittelbar an das Mallarmé-Kapitel anschließt. Und die Antwort auf diese Frage fällt bemerkenswert deutlich, ja trotz der freundlichen Diktion fast schroff aus: Nur in Frankreich, in keinem sonstigen Land Europas, kam der lyrische Stil, der bis heute das zwanzigste Jahrhundert beherrscht, in der zweiten Hälfte des neunzehnten zur Welt. Dieser Stil war vorgezeichnet seit Baudelaire, nachdem er vorgeahnt war seit dem Deutschen Novalis und dem Amerikaner Poe. Rimbaud und Mallarmé hatten die äußersten Grenzen abgesteckt, bis zu denen das Dichten sich hinauswagen kann. Fundamental 71 AArts & Lettres Neues bringt die Lyrik des 20. Jahrhunderts nicht mehr, so qualitätvoll auch einige ihrer Dichter sind. Dies festzustellen, mindert nicht im geringsten ihren Rang. Aber es erlaubt, ja nötigt uns, in ihren Texten die Stileinheit zu erkennen, die sie mit jenen Ahnen verbindet (ibid.: 107). Damit gibt sich Die Struktur der modernen Lyrik unübersehbar als eine Genealogie der modernen Lyrik zu erkennen. Und auch wenn Hugo Friedrich in späteren Ausgaben den Begriff des lyrischen Stils durch jenen (wohl noch umfassender gemeinten) des lyrischen Typus (cf. 1967: 140) ersetzte: Die Geburtsmetaphorik und die patrilineare Reihung der Ahnen einschließlich ihrer deutschen und US-amerikanischen Ur-Ahnen belegen, wie sehr die zutiefst lebendige Struktur für Hugo Friedrich die eines Organismus war, der sich zunehmend verästelte, sich aber nicht mehr fundamental weiter und anders zu entwickeln versprach. Es ist eine Genealogie, wie sie sich leicht in einem Lebensbaum darstellen ließe. Die ersten Worte des Kapitels („Nur in Frankreich“) weisen in ihrer räumlichen wie zeitlichen Fixierung auf die Territorialisierung einer Lyrik hin, die im weiteren Verlauf des Bandes in ihrer europäischen Dimension unter Beiziehung der deutschen, englischen, italienischen und spanischen Lyrik des 20. Jahrhunderts untersucht wird. Wie Friedrichs Sichtweise des Romans, so ist auch seine Sichtweise der Lyrik im traditionellen romanistischen Sinne frankreichzentrisch. Dass sie die spektakulären Entwicklungen der modernen Lyrik außerhalb Europas - sieht man einmal von ihrem Ur-Ahnen Poe im englischen sowie von Saint-John Perse im französischen Sprachraum ab, deren Differenzqualität nicht angesprochen wird - ganz selbstverständlich ausklammert, bedarf in Friedrichs Studie keiner weitergehenden Begründung. Die Philologie als globale und global agierende Wissenschaft, wie Sheldon Pollock und andere sie wiederholt gefordert haben, 7 erscheint - anders als bei Erich Auerbach - noch nicht einmal am Horizont. Im unmittelbar folgenden Unterkapitel betont der Freiburger Ordinarius unter der Überschrift „‚Fest des Intellekts‘ und ‚Zusammenbruch des Intellekts‘“ gewiss, dass man „sich vor Vereinfachungen hüten“ (1956: 108) müsse. 8 Friedrich fügt dies freilich nur ein, um eben dies in den unmittelbar nachfolgenden Sätzen umso ungestörter tun zu können: Doch zeichnen sich im Gesamtbild zwei Richtungen ab und erlauben eine erste Orientierung. Es sind dieselben, die im vergangenen Jahrhundert von Rimbaud und Mallarmé eingeschlagen worden waren. Grob bezeichnet, handelt es sich bei der einen um formfreie, alogische Lyrik, bei der anderen um Lyrik der Intellektualität und Formenstrenge. Sie sind beide 1929 auch programmatisch formuliert worden, und zwar in scharfem Gegensatz. Die eine Formel stammt von Valéry: „Ein Gedicht soll ein Fest des Intellekts sein“ (Littérature, jetzt auch in Tel quel I). Die Zusätze, die der Text anfügt, verleihen der Formel die Verfeinerung, die Valérys Reflexionen überall auszeichnet. Die andere Formel kommt aus dem Protest; ihr Verfasser ist der Surrealist A. Breton. Sie lautet: „Ein Gedicht soll der Zusammenbruch des Intellekts sein“, und dicht danach steht: „Vollkommenheit ist Faulheit“ (Revue surréaliste, 1929) (Friedrich 1956: 108). 72 AArts & Lettres Damit hat sich die binäre, in klaren, vereinfachten Oppositionen voranschreitende Verzweigungsstruktur der Friedrichschen Genealogie um eine Generation fortgepflanzt. An die Stelle der Gemeinsamkeit im Verschiedenen, die Rimbaud und Mallarmé miteinander verband, rückt eine freilich in noch schärferen Gegensatz gebrachte Beziehung, die Paul Valéry und André Breton voneinander scheidet. Beide führen den Kampf zwischen Formenfreiheit und Formenstrenge nun unter veränderten geschichtlichen und kulturellen Bedingungen - das Krisenjahr 1929 hob Friedrich durch die Wiederholung hervor - mit aller Gewalt in Friedrichs Worten fort. Dabei bildet Hugo Friedrichs Valéry vergleichbar mit Breton das verbindende Glied zwischen Mallarmé und Rimbaud einerseits und den Dichterinnen und Dichtern der Gegenwart andererseits, verbindet folglich dem veränderten Untertitel des Bandes gemäß die Mitte des 19. mit der Mitte des 20. Jahrhunderts. Friedrichs Option - und zugleich auch Vision kommender Entwicklungen - schreibt sich so selbst eindeutig in eine Linie ein, die ebenso die Lyrik wie auch die Deutung von Lyrik als ein „Fest des Intellekts“ versteht. Was aber lässt sich unter dieser Wendung bei Paul Valéry selbst verstehen? Zwischen den kurzen, voneinander abgetrennten Texten, die unter der Überschrift „Littérature“ zum ersten Mal im Jahre 1929 in Commerce (No. XX, été 1929) sowie im selben Jahr bei Adrienne Monnier erschienen und bei Gallimard im Folgejahr in künstlerischer Aufmachung veröffentlicht wurden, 9 findet sich an fünfter Stelle ein mehrfach untergliederter Mikrotext, der im folgenden vollständig wiedergegeben sei: Un poème doit être une fête de l’Intellect. Il ne peut être autre chose. Fête: c’est un jeu, mais solennel, mais réglé, mais significatif; image de ce qu’on n’est pas d’ordinaire, de l’état où les efforts sont rythmes, rachetés. On célèbre quelque chose en l’accomplissant ou la représentant dans son plus pur et bel état. Ici, la faculté du langage, et son phénomène inverse, la compréhension, l’identité de choses qu’il sépare. On écarte ses misères, ses faiblesses, son quotidien. On organise tout le possible du langage. La fête finie, rien ne doit rester. Cendres, guirlandes foulées („Littérature“, Valéry 1957/ 60: II, 546sq.). Bei diesen Reflexionen, die während der letzten Lebensjahre des Dichters in die Sammlung Tel quel, deren beide Bände 1941 und 1943 bei Gallimard erschienen, aufgenommen wurden, handelt es sich keineswegs um Aphorismen, um ein beständiges „Spiel mit dem Aphorismus“ (Krings 2005: 61), auch wenn aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet ein „Großteil seines Werkes aus nichts anderem als unzähligen Bemerkungen und Beobachtungen“ bestehen mag. 10 Aus einer nanophilologischen Perspektive (cf. Ette 2008) erweisen sich viele dieser Texte freilich nicht nur als vorwiegend narrativ oder diskursiv geprägte Mikrotexte, sondern als Mikrotheoreme, insofern in ihnen nicht in fragmentarischer, wohl aber in 73 AArts & Lettres fraktaler Form entscheidende Theoreme der Valéryschen Ästhetik zu knappen, präzisen Ausdrucksweisen verdichtet werden. Valéry ist ein Künstler komplexer Konzision. So könnte sich die Genealogie der modernen Lyrik in Hugo Friedrichs Sinne einer Fortpflanzung von Generation zu Generation sehr wohl auf das dritte dieser Abfolge von Mikrotheoremen berufen: „La pensée a les deux sexes; se féconde et se porte soi-même“ (Valéry 1957/ 60: II, 546). Eine Fortpflanzung mithin, die ohne Geschlechterdifferenz auskommt. Und das erste Mikrotheorem dieser Serie macht ebenfalls deutlich, in welch starkem Maße Formen des (abgekürzten) Vergleichs in den Mikrotheoremen kultiviert werden: „Les livres ont les mêmes ennemis que l'homme: le feu, l’humide, les bêtes, le temps; et leur propre contenu“ (ibid.). Vor dem Hintergrund dieser beiden Beispiele nimmt sich der erste Satz des insgesamt fünfgliedrigen Mikrotextes wie ein Mikrotheorem im starken Sinne aus. Es besitzt einen keineswegs nur beschreibenden, sondern unverkennbar normativen Charakter. In dieser einfordernden Normativität dürfte auch der Grund dafür zu erblicken sein, warum die vier anschließenden Teile des Mikrotextes einzelne Aspekte des als incipit gesetzten Mikrotheorems aufnehmen oder ausführen. Die Bekräftigung des Normativen durch den nachgestellten Satz „Il ne peut être autre chose“ verlangt nicht nur nach einer oder mehreren Erklärungen, sondern auch nach semantischer Nuancierung und Differenzierung. Denn sonst bliebe die Aussage des Mikrotheorems zu statisch, zu apodiktisch. Die im Französischen vorgegebene Betonung der Enden von Wortfügungen, Versen oder Satzstrukturen unterstreicht auf elegante Weise, dass der Begriff des „Intellect“ nicht nur durch seine Majuskel, sondern auch durch seine Position ins Zentrum gerückt ist. Die Poesie wird gleich im ersten Satz des Mikrotheorems fest mit dem Intellekt verknüpft. Und doch wird im folgenden nicht der Begriff des Intellekts, sondern jener des Festes, der „fête“, erläutert. Dies bedeutet, dass Nuancierung und Differenzierung des Mikrotheorems nicht an dessen beiden Polen ansetzen, sondern an dem ‚Verbindungsstück‘, das wie ein Konnektor Poesie und Intellekt in unterschiedlichen Positionen und Stellungen miteinander in Beziehung setzt. Dabei setzt sich der Begriff der „fête“ seiner Zwischenstellung zwischen zwei semantischen Polen entsprechend aus zwei Isotopien zusammen, zumal der Spielcharakter des Gedichts - ein Ausgangspunkt der gesamten Dichtungstheorie Paul Valérys - mit der Isotopie der rational begründbaren Regel, der Regulierung und des Geregeltseins verknüpft wird. Dass kein Spiel ohne Regeln möglich ist, scheint evident; und doch werden beide Bereiche durch ein mais, durch ein Aber auf semantisch widerstrebende Weise so miteinander verbunden, dass dem Spielcharakter des Festes zugleich der Charakter des im Deutschen deutlicher hervortretenden Festlichen zukommt. Es geht hier um das Außerordentliche, das aus dem gewöhnlichen Alltagsleben Herausragende, welches in einer diskontinuierlichen Zeitlichkeit zu feiern ist. 74 AArts & Lettres Folglich wird der Zustand des Außergewöhnlichen, des Extraordinären, hervorgehoben, innerhalb dessen sich die Anstrengung im Rhythmus, im Rhythmischen, aber nicht im Angestrengtsein manifestiert. Die Anstrengungen werden gleichsam festlich eingekleidet, ganz so, wie im zweiten Mikrotext der Serie die (ordinäre) Nacktheit des Gedankens wohlkalkuliert bekleidet werden muss: „Les pensées, les émotions toutes nues sont aussi faibles que les hommes tout nus. / Il faut donc les vêtir“ (ibid.). Im dritten der fünf Teile des fünften Mikrotextes wird die Semantik des Zelebrierens so hinzugefügt, dass Reinheit und Schönheit („dans son plus pur et bel état“) in einem Atemzug genannt werden können. Diese Ästhetik des Reinen kann durchaus im Sinne jener poésie pure gelesen werden, für die Paul Valérys dichterische Praxis als paradigmatisch angesehen werden darf. Während im vierten Teil des fünften Mikrotextes notwendig die Sprache im Mittelpunkt steht und die äußersten Grenzen des in ihr schon oder noch Sagbaren erprobt werden, führt der Ausschluss des Elenden wie der Schwächen des Menschlichen dazu, im Fest wie im Gedicht all jenes aufblitzen zu lassen, was von der Alltagserfahrung als solcher möglichst weit entfernt ist. Dabei scheint kein Element des Alltäglichen in das Fest hineinzuragen, so wie sich auch umgekehrt keine Elemente des Festes in den Alltag mischen dürfen. So heißt es im fünften und letzten Teil, dass nichts vom Fest übrigzubleiben hat: Nichts bleibt von dem, was in seiner Reinheit erstrahlte; nichts bleibt von dem, was sich dem Alltag, dem Ordinären widersetzt und ihm entgegenstellt. Das Gedicht kennt seinen Anfang, kennt aber auch sein Ende: In diesem Sinne ist es ein Fest, ist aus dem bloßen Zeitablauf herausragende Zeit. In eben diesem Sinne ist das Fest ein Test: Das Testen und nicht nur bloßes Ertasten dessen, was sich der Zeit und ihrer Stofflichkeit entzieht - und doch, so dürfen wir hinzufügen, ohne diese Zeit und ohne diese Stofflichkeit niemals entstehen, sich niemals entfalten könnte. Daher auch die ganze Faszinationskraft, die Valérys Monsieur Teste auf Hugo Friedrich ausübte. Denn bei Paul Valéry ist der Text ein Test des Intellekts wie auch der Intelligenz: auf Seiten des Autors wie des Lesers. Celeyrette-Piétri, Nicole, „Corps de papier“, in: Bulletin des Etudes Valéryennes, 65/ 66, 1994, 31-45. Colombat, Rémy, „Hugo Friedrich ou les incertitudes de la modernité“, in: Revue d'Allemagne, XVI, 4, octobre-décembre 1984, 591-615. Ette, Ottmar, „Mit Haut und Haar? Körperliches und Leibhaftiges bei Ramón Gómez de la Serna, Luisa Futoransky und Juan Manuel de Prada“, in: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte, 3-4, XXV, 2001, 429-465. Ette, Ottmar, ÜberLebenswissen, Bd. I: Die Aufgabe der Philologie, Berlin, Kadmos, 2004, Bd. II: ZwischenWeltenSchreiben: Literaturen ohne festen Wohnsitz, Berlin, Kadmos, 2005. Ette, Ottmar, „Epistemologie der écriture courte - écriture courte der Epistemologie: Versuch einer Antwort auf die Frage ‚Was ist Nanophilologie? ‘“, in: id. (ed.), Nanophilologie. Literarische Kurz- und Kürzestformen in der Romania, Tübingen, Niemeyer, 2008, 167-186. 75 AArts & Lettres Ette, Ottmar, TransArea. Eine literarische Globalisierungsgeschichte, Berlin/ Boston, Walter de Gruyter, 2012. Friedrich, Hugo, Die Struktur der modernen Lyrik. Von Baudelaire bis zur Gegenwart, Hamburg, Rowohlt, 1956; 9. Auflage (=1. Auflage der erweiterten Neuausgabe), Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 1967. Friedrich, Hugo: „Valéry, Paul“, in: Der Große Brockhaus, 16. Aufl., Bd. 12: Unk - Zz. Wiesbaden, F. A. Brockhaus, 1957. Friedrich, Hugo, „Dichtung und die Methoden ihrer Deutung“, in: Kurt Wais (ed.), Interpretationen französischer Gedichte, Darmstadt, Wiss. Buchgesellschaft, 1970, 22-37 [erstmals veröffentlicht in: Die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 1457-1957. Die Festvorträge bei der Jubiläumsfeier, Bd. 2, Freiburg i.Br., Schulz, 1957, 95-110]. Gauger, Hans-Martin, „Der Traum der Romanistik ist längst verwelkt. Nur Hugo Friedrich fehlt: Hans Ulrich Gumbrecht sucht fünf große Romanisten auf“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 66, 19.3.2002, L14. Gumbrecht, Hans Ulrich, Vom Leben und Sterben der großen Romanisten. Karl Vossler, Ernst Robert Curtius, Leo Spitzer, Erich Auerbach, Werner Krauss, München/ Wien, Hanser, 2002. Gumbrecht, Hans Ulrich, Die Macht der Philologie. Über einen verborgenen Impuls im wissenschaftlichen Umgang mit Texten, übers. von Joachim Schulte, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 2003. Holquist, Michael, „Why We Should Remember Philology“, in: Profession, 1, 2002, 72-79. Krämer, Olav, Denken erzählen. Repräsentationen des Intellekts bei Robert Musil und Paul Valéry, Berlin/ New York, Walter de Gruyter, 2009. Krings, Marcel, Selbstentwürfe. Zur Poetik des Ich bei Valéry, Rilke, Celan und Beckett, Tübingen, Francke, 2005. Plessner, Helmuth, „Die Einheit der Sinne. Grundlinien einer Ästhesiologie des Geistes“ (1923), in: id., Gesammelte Schriften, Bd. III: Anthropologie der Sinne, ed. Günter Dux, Odo Marquard, Elisabeth Ströker, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1980. Pollock, Sheldon, „Future Philology? The Fate of a Soft Science in a Hard World“, in: Critical Inquiry, 35, 2009, 931-961. Valéry, Paul, Œuvres, ed. Jean Hytier, 2 Bde, Paris, Gallimard (Bibliothèque de la Pléiade), 1957/ 1960. 1 Cf. Plessner 1980: 19sq. sowie Ette 2001. 2 Nicht umsonst steht am Ende von Gumbrechts Band Nietzsches unvergessenes Bild der Klassischen Philologie. 3 Cf. hierzu Ette 2004: 51-96, Holquist 2002 sowie Pollock 2009. 4 Cf. zu diesem Punkt die kritische Anmerkung in der Rezension von Hans-Martin Gauger (2002). 5 Cf. hierzu die harte Kritik von Colombat 1984, dort insbes. 593-596. 6 Cf. ibid.: 605-612. 7 Cf. hierzu Pollock 2009: 934 sowie Ette 2004, 2005 und 2012. 8 Zum Begriff des Intellekts im Kontext der maßgeblichen begrifflichen Verschiebungen in der Theorie des Denkens an der Wende zum 20. Jahrhundert cf. Krämer 2009: 5sq. 9 Cf. hierzu die Ausführungen im kritischen Anmerkungsteil von Valéry 1957/ 60: II, 1422. Zur Sammlung Tel quel cf. ibid.: 1420sq. 10 Ibid.; cf. hierzu auch Celeyrette-Piétri 1994.