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Die Mittelstands-AG

2023
978-3-8169-8413-9
expert verlag 
Heinz-Peter Verspay
Andreas Sattler
10.24053/9783816984139

Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist seit einigen Jahren auch im Mittelstand weit verbreitet. Gründe dafür sind insbesondere die Eignung der AG zur Eigenkapitalbeschaffung, zur Mitarbeiterbeteiligung sowie zur Gestaltung der Unternehmensnachfolge mit Trennung von Unternehmensleitung und Gesellschafterstellung. Das Buch ist konsequent an dem Informationsbedürfnis zur nicht börsennotierten AG ausgerichtet. Es stellt zunächst die Grundzüge der für mittelständische Unternehmen maßgeblichen aktienrechtlichen Vorschriften dar. Dabei zeigt es auf, wie die AG durch Neugründung oder Umwandlung bestehender Unternehmen errichtet wird. Die Funktionen und die Rechte und Pflichten von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung werden ausführlich erläutert.

HEINZ-PETER VERSPAY ANDREAS SATTLER Die Mittelstands-AG Gründung und Leitung 9., überarbeitete und erweiterte Auflage Die Mittelstands-AG Heinz-Peter Verspay / Andreas Sattler Die Mittelstands-AG Gründung und Leitung 9., überarbeitete und erweiterte Auflage DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783816984139 © 2023 expert verlag ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. 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Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-8169-3413-4 (Print) ISBN 978-3-8169-8413-9 (ePDF) ISBN 978-3-8169-0140-2 (ePub) Umschlagabbildung: © iStock.com/ tommy Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® Vorwort zur 9. Auflage Mitte der neunziger Jahre wurde das Aktienrecht umfassend dereguliert, wodurch die Rechtsform der Aktiengesellschaft auch für Unternehmen, die nicht an die Börse gehen wollen, attraktiv wurde. Der Gesetzgeber wählte für sie die Bezeichnung „kleine Aktiengesellschaft“, die wir im Titel unseres Buchs für die ersten acht Auflagen verwendet haben. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft hat sich mittlerweile etabliert. Bei einer näheren Betrachtung der betreffenden Unternehmen zeigt sich, dass sie durchweg gerade nicht klein sind und die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung heute zumeist irreführend ist, weshalb das Buch entsprechend der tatsäch‐ lichen Verbreitung der Rechtsform in „Die Mittelstands-AG“ umbenannt worden ist. Auf den Inhalt hat das keinen Einfluss, es geht nach wie vor um die nichtbörsennotierten, inhabergeführten Aktiengesellschaften mit einem überschaubaren Kreis von Anteilseignern. Wir würden uns freuen, wenn unser Buch auch unter dem neuen Titel von den Lesern so freundlich aufgenommen wird wie die Vorauflagen. Köln/ Schorndorf, im August 2022 Heinz-Peter Verspay Andreas Sattler Aus dem Vorwort zur 1. Auflage Das Buch stellt in verständlicher Form die Grundzüge der für mittelständi‐ sche Unternehmen praktisch wichtigen aktienrechtlichen Vorschriften dar. Es zeigt auf, wie die Aktiengesellschaft durch Neugründung oder durch Umwandlung bestehender Unternehmen errichtet wird. Einen großen Raum nimmt die Beschreibung der Funktionen und der Rechte und Pflichten von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung ein. Nicht behandelt werden die Bereiche des Aktienrechts, die für mittelständische Unternehmen von geringerer Bedeutung sind. Köln/ Schorndorf, im November 1998 Heinz-Peter Verspay Andreas Sattler 1 15 1.1 15 1.2 16 1.3 17 1.4 17 1.4.1 17 1.4.2 18 1.4.3 19 2 21 2.1 21 2.1.1 21 2.1.2 22 2.1.3 22 2.2 23 2.2.1 23 2.2.2 26 2.2.3 26 2.3 27 2.3.1 27 2.3.2 33 2.4 39 2.4.1 39 2.4.2 40 2.4.3 41 Inhalt Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Bedeutung der Aktiengesellschaft . . . . . . . Wesensmerkmale der Aktiengesellschaft; Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterentwicklung des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktienrechtsnovelle 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transparenzregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Errichtung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übernahme der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Angaben und Bestimmungen in der Gründungsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung des Aufsichtsrats, des Abschlussprüfers und des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung des ersten Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung des Abschlussprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistung der Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bareinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sacheinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfung durch die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Externe Gründungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 43 2.5.1 43 2.5.2 44 2.5.3 45 2.6 46 2.6.1 46 2.6.2 48 2.6.3 48 2.7 48 2.8 51 2.9 51 2.9.1 51 2.9.2 52 2.10 53 2.11 55 3 57 3.1 57 3.1.1 57 3.1.2 58 3.1.3 59 3.1.4 59 3.1.5 59 3.1.6 60 3.1.7 60 3.1.8 61 3.1.9 62 3.2 62 3.3 70 4 73 4.1 73 4.1.1 73 4.1.2 76 4.2 77 Anmeldung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlagen zur Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Prüfung, Eintragung, Bekanntmachung . . . . . Prüfung durch das Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntmachung der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungen der Eintragung; Stadien der Aktiengesellschaft Gründerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Bestimmungen für Nachgründungsverträge . . . Einpersonen-Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorratsgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendiger Inhalt der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Firma und Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenstand des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höhe des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zerlegung des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namens- oder Inhaberaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahl der Vorstandsmitglieder und Zusammensetzung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntmachungen der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründungsaufwand, Sondervorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sacheinlagen, Sachübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Individuelle Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschluss einer Aktionärsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung . . . . . . . . Einzelunternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt 4.3 78 4.3.1 78 4.3.2 80 4.4 82 4.5 83 4.6 84 4.6.1 84 4.6.2 85 4.6.3 90 4.6.4 90 4.6.5 91 4.6.6 92 4.7 93 4.8 93 5 95 5.1 96 5.2 96 5.2.1 96 5.2.2 97 5.2.3 99 5.2.4 99 5.2.5 99 5.3 100 5.3.1 100 5.3.2 101 5.4 104 5.4.1 104 5.4.2 105 5.4.3 107 5.4.4 108 5.4.5 109 5.4.6 110 5.5 112 5.5.1 112 5.5.2 114 5.5.3 114 Personenhandelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umwandlungsrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Partnerschaftsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formwechsel der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formwechselbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formwechselbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Prüfung, Eintragung, Bekanntmachung . . . . . Wirkungen der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschmelzung zur Neugründung einer Aktiengesellschaft Spaltung zur Neugründung einer Aktiengesellschaft . . . . . Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rechtsstellung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung und Amtsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mutterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung des Vorstandsamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschluss und Beendigung des Dienstvertrags . . . . . . . . . . Bezüge der Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Begriffe Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . . . . Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschränkungen der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . Passivvertretung; Vertretung bei Führungslosigkeit . . . . . . Bevollmächtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft . . . . . . . . . . Pflichten im Gründungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaftsinterne Aufgaben und Pflichten . . . . . . . . . . . Inhalt 9 5.5.4 123 5.5.5 126 5.6 131 5.6.1 131 5.6.2 135 5.6.3 135 5.6.4 136 5.7 136 6 141 6.1 141 6.1.1 142 6.1.2 142 6.1.3 144 6.2 146 6.2.1 146 6.2.2 149 6.2.3 150 6.3 150 6.3.1 150 6.3.2 152 6.3.3 154 6.4 158 6.4.1 158 6.4.2 160 6.4.3 161 6.4.4 162 6.4.5 163 6.5 164 6.6 168 6.7 168 7 173 7.1 173 7.1.1 173 7.1.2 176 Pflichten gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten in der Krise der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung gegenüber Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größe, Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitbestimmungsfreie Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaften mit Drittelbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaften mit paritätischer Mitbestimmung . . . . . . . . Bestellung, Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerhaftigkeit der Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben, Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überwachung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Aufgaben des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innere Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Aufsichtsratsvorsitzende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilnahme an Sitzungen des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben, Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeitskatalog des § 119 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . Geschäftsführungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Inhalt 7.1.3 177 7.1.4 178 7.2 180 7.2.1 180 7.2.2 182 7.2.3 184 7.3 185 7.3.1 185 7.3.2 186 7.3.3 187 7.3.4 187 7.3.5 189 7.3.6 190 7.4 194 7.5 195 7.6 196 7.7 196 7.7.1 197 7.7.2 198 8 201 8.1 201 8.1.1 201 8.1.2 202 8.1.3 203 8.1.4 204 8.2 204 8.2.1 205 8.2.2 205 8.2.3 205 8.2.4 207 8.3 208 8.4 209 9 211 9.1 211 Sonderprüfung; Geltendmachung von Ersatzansprüchen . Weitere Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einberufung, Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angabe der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ordentliche Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bevollmächtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Gestaltung; Versammlungsleitung . . . . . Auskunftserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderbeschlüsse; Gesonderte Versammlung . . . . . . . . . . . Fehlerhafte Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtige Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtbare Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namensaktie/ Inhaberaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stammaktie/ Vorzugsaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stückaktie/ Nennbetragsaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbriefung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaberaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namensaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vinkulierte Namensaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktienregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergang von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsstellung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwerb der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 11 9.2 211 9.2.1 212 9.2.2 212 9.3 213 9.3.1 213 9.3.2 214 9.3.3 216 9.4 217 9.5 217 9.6 219 10 221 10.1 221 10.1.1 222 10.1.2 222 10.1.3 225 10.1.4 225 10.1.5 226 10.1.6 226 10.2 230 10.2.1 230 10.2.2 231 10.3 231 10.4 233 10.5 234 10.5.1 234 10.5.2 235 10.5.3 235 11 237 11.1 237 11.2 238 11.3 238 11.4 240 11.5 242 Beendigung der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausscheiden gegen Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausscheiden ohne Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitgliedschaftspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungspflichten der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlassungspflicht der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnungslegung, Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lagebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzernabschluss und Konzernlagebericht . . . . . . . . . . . . . Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung durch die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . Beschlussfassung über die Gewinnverwendung . . . . . . . . . Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerhaftigkeit von Jahresabschluss und Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerhafter Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung . . . . Fehlerhaftigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses . . . . Die Finanzierung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbringung des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhaltung des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Inhalt 11.6 245 11.6.1 245 11.6.2 247 11.7 248 11.8 249 12 251 12.1 251 12.1.1 251 12.1.2 253 12.1.3 256 12.2 257 12.3 259 12.4 261 12.5 262 12.5.1 262 12.5.2 263 12.5.3 264 13 269 13.1 269 13.2 274 13.3 280 13.4 281 14 285 14.1 286 14.2 288 14.2.1 288 14.2.2 289 14.2.3 291 14.3 291 14.4 294 14.5 295 14.6 296 Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reguläre Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fremdemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedingte Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ordentliche Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinfachte Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einziehung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger . . . . . . . . . Spaltung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründung einer SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbundene Unternehmen (Konzern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitteilungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmensverträge (Vertragskonzern) . . . . . . . . . . . . . . Abschluss, Änderung und Beendigung von Unternehmensverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beherrschungsvertrag; Gewinnabführungsvertrag . . . . . . . Andere Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abhängigkeitsverhältnisse (faktischer Konzern) . . . . . . . . . Ausschluss von Minderheitsaktionären . . . . . . . . . . . . . . . . Wechselseitig beteiligte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 13 15 299 16 303 16.1 303 16.2 304 16.3 305 16.3.1 305 16.3.2 306 16.4 307 16.5 307 16.6 307 16.7 308 16.7.1 308 16.7.2 309 16.7.3 312 16.7.4 315 17 317 18 319 18.1 319 18.2 321 18.3 323 19 325 19.1 325 19.2 327 19.3 327 19.4 331 333 335 357 361 363 371 Auflösung, Abwicklung, Löschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen der Kapitalbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgestaltung der stillen Beteiligung von Mitarbeitern . . . Vor- und Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indirekte Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells . . . . Modellstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterentwicklung des Beteiligungsmodells . . . . . . . . . . . . Kommanditgesellschaft auf Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerung der Aktiengesellschaft und der Aktionäre . . . . . . . . Steuern vom Einkommen und Ertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsformwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europäische Aktiengesellschaft (SE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Inhalt 1 Einführung 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung der Aktiengesellschaft Die Rechtsform der Aktiengesellschaft in ihrer gegenwärtigen Prägung wird zwar seit zwei Jahrhunderten verwendet, doch war die Zahl der Aktiengesellschaften bis Mitte der 90er Jahre sehr stark zurückgegangen. Ursachen für die zurückhaltende Nutzung dieser Rechtsform durch mittel‐ ständische Unternehmen waren die alleine an die Rechtsform anknüpfende unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer über den Aufsichtsrat sowie zahlreiche unnötig erscheinende kostenauslösende Formalitäten. Eine Wende brachte im Jahre 1994 das „Gesetz für kleine Aktienge‐ sellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“. In der amtlichen Begründung zu dem Gesetz hieß es, dass durch die neue Regelung die Attraktivität der Rechtsform Aktiengesellschaft für den Mittelstand mittels besonderer Vorschriften für kleine Aktiengesellschaften gesteigert werden sollte. Expandierende Unternehmen dieser Größenordnung sollten in die Lage versetzt werden, Eigenkapital an der Börse zu beschaffen, ferner sollte die Struktur der Aktiengesellschaft den Familiengesellschaften helfen, den anstehenden Generationswechsel zu vollziehen und die Selbständigkeit zu sichern. Seitdem steht die Rechtsform der Aktiengesellschaft auch für Unterneh‐ men, die auf absehbare Zeit den Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen wollen, als echte Alternative zur GmbH zur Verfügung. Viele Unternehmen entscheiden sich für diese Rechtsform, weil die Aktiengesellschaft nach wie vor höheres Ansehen im Wirtschaftsleben genießt, insbesondere im Ausland, wo die GmbH weniger bekannt ist. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist angesichts der Zahl der beste‐ henden Gesellschaften nach wie vor exklusiv im Vergleich zur GmbH. Den rund 1,2 Mio. Gesellschaften mit beschränkter Haftung stehen heute etwa 14.000 Aktiengesellschaften, von denen weniger als tausend börsennotiert sind, gegenüber. Dieses Buch ist auf die Aktiengesellschaften zugeschnitten, deren Aktien nicht an der Börse notiert und auch nicht im Freiverkehr gehandelt werden. Die Praxis zeigt, dass es sich dabei durchweg um mittelständische Unterneh‐ men handelt, die meist alles andere als klein sind. Aus diesem Grunde wird der auf das oben angesprochene Gesetz von 1994 zurückgehende Buchtitel „kleine Aktiengesellschaft“ von den Verfassern nicht fortgeführt. 1.2 Wesensmerkmale der Aktiengesellschaft; Anwendungsbereich Die Aktiengesellschaft ist eine Handelsgesellschaft; sie ist zugleich Kapi‐ talgesellschaft und Formkaufmann. Sie ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und hat als solche selbständig Rechte und Pflichten. So kann sie Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben und vor Gericht klagen und verklagt werden. Das hat sie gemeinsam mit OHG, KG und eGbR; der entscheidende Unterschied liegt darin, dass prinzipiell nur das Gesellschaftsvermögen der Aktiengesellschaft gegenüber den Gesellschaftsgläubigern haftet, nicht aber das Privatvermögen der Gesellschafter. Das Grundkapital ist in Aktien zerlegt, die grundsätzlich frei veräußerlich sind. Die Aktiengesellschaft kann zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck er‐ richtet werden, und zwar durch eine einzelne Person (Einpersonen-Ak‐ tiengesellschaft) oder durch mehrere Personen. Die Aktiengesellschaft wird in den weitaus meisten Fällen für wirtschaftliche Zwecke eingesetzt; aber auch gemeinnützige Unternehmen werden nicht selten in der Rechts‐ form der Aktiengesellschaft betrieben. In zunehmendem Maße wird die Aktiengesellschaft auch von Angehörigen der freien Berufe als Berufsau‐ sübungsgesellschaft verwandt, etwa als Rechtsanwalts-, Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die gesetzlichen Vorschriften zur Aktiengesellschaft sind überwiegend zwingend, d. h. der Gesellschaftsver‐ trag (Satzung) darf keine vom Gesetz abweichenden Regelungen treffen. Diese rechtliche Strenge dürfte dazu beigetragen haben, dass die Aktienge‐ sellschaft heute nicht annähernd so häufig anzutreffen ist wie die GmbH. Auf der anderen Seite dürfte die Verwendung der in der Praxis mit höheren Anforderungen verbundenen Rechtsform ein positives Kriterium bei der Beurteilung des Unternehmens durch Dritte sein. 16 1 Einführung 1.3 Rechtliche Grundlagen Das Aktienrecht ist in dem Aktiengesetz vom 6. September 1965 geregelt. Bedeutende Vorläufer waren das Aktiengesetz von 1937 und das Preußische Aktiengesetz von 1843. Das Aktiengesetz von 1965 ist seit seinem Inkraft‐ treten vielfach geändert worden. Es gilt gleichermaßen für börsennotierte wie für nicht an der Börse notierte Gesellschaften. Die Aktiengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft, so wie auch die SE, die KGaA, die GmbH und die Unternehmergesellschaft und die KGaA. Da sie als Handelsgesellschaft gilt, finden die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs unmittelbar Anwendung. Sie unterliegt als Formkaufmann alleine aufgrund ihrer Rechtsform den speziell für Kaufleute geltenden Rechtsvorschriften, auch wenn sie gar kein Handelsgewerbe betreibt, sondern stattdessen z. B. gemeinnützig oder freiberuflich tätig ist. Soweit das Aktiengesetz Regelungslücken aufweist, werden einzelne Vorschriften des Vereinsrechts und des Rechts der Perso‐ nengesellschaften entsprechend angewandt. Die Aktiengesellschaft gehört zu den Rechtsträgern, die uneingeschränkt an Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungsgesetz beteiligt sein können. Die Gesetze über die unternehmerische Mitbestimmung sind in vollem Umfang auf sie anwendbar. 1.4 Weiterentwicklung des Aktienrechts In diesem Abschnitt wird zunächst das „Gesetz für kleine Aktiengesellschaf‐ ten und zur Deregulierung des Aktienrechts“ dargestellt, danach praktisch bedeutsame neuere Änderungen des Aktiengesetzes seit Erscheinen der Vorauflage. 1.4.1 Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts Das „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ vom 2. August 1994 stellte die bedeutendste Reform des Aktienrechts seit 1965 dar. Dabei erschien die „kleine Aktiengesellschaft“ nur als Bezeichnung in der Gesetzesüberschrift, im Gesetzestext kehrte der Begriff nicht wieder. Dennoch war die Verwendung dieser prägnanten Be‐ zeichnung zutreffend, denn bestimmte Vorschriften dieses Gesetzes knüpfen 1.3 Rechtliche Grundlagen 17 an Merkmale an, die weniger bei Großunternehmen als bei kleinen und mittelständischen Unternehmen vorliegen dürften. Eine eigene Rechtsform wurde damit nicht geschaffen, vielmehr gelten für sie grundsätzlich alle Vorschriften des Aktiengesetzes, aber eben mit den erheblichen Erleichte‐ rungen durch die Gesetzesreform. Gemeinsam ist den durch die Reform begünstigten Gesellschaften, dass es sich um nichtbörsennotierte, inha‐ bergeführte Aktiengesellschaften mit überschaubarem Anteilseignerkreis handelt. Mittlerweile ist die Bezeichnung dieser Gesellschaften als „kleine Aktiengesellschaft“ nicht mehr gebräuchlich. Der mit dem Reformgesetz geprägte Begriff der „kleinen Aktiengesell‐ schaft“ deckt sich nicht mit dem der „kleinen Kapitalgesellschaft“ im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB (dazu Abschn. 10.1.2). So kann eben auch eine nichtbör‐ sennotierte, inhabergeführte Aktiengesellschaft wegen ihrer Bilanzsumme, ihres Umsatzes und der Zahl der Arbeitnehmer eine mittelgroße oder sogar große Kapitalgesellschaft im handelsrechtlichen Sinne und damit prüfungs‐ pflichtig sein. Umgekehrt gibt es kleine Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB, die die Erleichterungen der Aktienrechtsreform des Jahres 1994 nicht oder nicht allesamt in Anspruch nehmen dürfen; so muss z. B. eine kleine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, die vor dem 10. August 1994 in das Handelsregister eingetragen worden war, den mitbestimmten Aufsichtsrat auch dann beibehalten, wenn sie weniger als 500 Arbeitnehmer hat. 1.4.2 Aktienrechtsnovelle 2016 Nach Abschluss eines mehrjährigen, sich über zwei Legislaturperioden erstreckenden Gesetzgebungsverfahrens trat die Aktienrechtsnovelle 2016 vom 22. Dezember 2015 zum Ende des Jahres 2015 in Kraft. Es gab eine Reihe von punktuellen, nicht miteinander im Zusammenhang stehenden Änderungen. So wurde die Namensaktie zur Regel gemacht, wohingegen Inhaberaktien nur noch unter bestimmten Voraussetzungen ausgegeben werden dürfen. Bei Vorzugsaktien ist die Verpflichtung zur Nachzahlung des Vorzugs gestrichen worden. Während bislang bei Wandelschuldver‐ schreibungen das Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien ausschließlich den Gläubigern zustand, kann nun auch die Gesellschaft davon Gebrauch machen („umgekehrte Wandelschuldverschreibung“). Schließlich muss bei einer mitbestimmungsfreien Gesellschaft die Zahl der Aufsichtsratsmitglie‐ der nicht mehr durch drei teilbar sein. 18 1 Einführung 1.4.3 Transparenzregister Das Geldwäschegesetz - GwG vom 23. Juni 2017, ergangen zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, ordnet die Errichtung eines elektro‐ nischen Transparenzregisters an. Das Gesetz zielt auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und sieht umfangreiche neue Meldepflichten vor, die zu einer weiteren erheblichen Zunahme bürokra‐ tischen Aufwands führen; in den Beratungen des Finanzausschusses des Bundestages wurde dazu festgehalten, dass über 99 % der zur Veröffentli‐ chung verpflichteten Unternehmen eben keine Geldwäsche betreiben oder zur Terrorismusfinanzierung beitragen (Bundestagsdrucksache 18/ 12405, Seite 154). Zu den Pflichten von Vorstand und Aktionären in Bezug auf das Transparenzregister s. Abschnitt 5.5.4 „Transparenzregister“. Das Buch ist auf dem rechtlichen Stand vom 20. Juli 2022. Das am 1. Januar 2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personen‐ gesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10. August 2021 ist eingearbeitet. Das geplante Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie mit den ab dem 31. Januar 2023 geltenden Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Umwandlung ist berücksichtigt. 1.4 Weiterentwicklung des Aktienrechts 19 2 Gründung Gegenstand dieses Kapitels ist die Neugründung einer Aktiengesellschaft, wohingegen die Entstehung durch Umwandlung eines bereits bestehenden Unternehmens anderer Rechtsform in Kap. 4 dargestellt ist. Die Gründung der Aktiengesellschaft vollzieht sich zeitlich gestreckt in folgenden Schrit‐ ten: - Errichtung der Gesellschaft, - Bestellung des Aufsichtsrats, des Abschlussprüfers und des Vorstands, - Leistung der Einlagen, - Gründungsprüfung, - Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister. Zu den unterschiedlichen Stadien der Gesellschaft von der Vorgründungs‐ gesellschaft über die Vor-Aktiengesellschaft zur rechtsfähigen werbenden Gesellschaft und von dort weiter zur Abwicklungsgesellschaft s. Abschn. 2.7 und Kap. 15. Die Gründungsschritte werden nachfolgend einzeln dargestellt. 2.1 Errichtung der Gesellschaft Im ersten Schritt ist die Errichtung der Gesellschaft notariell zu beurkunden. Die Beurkundung kann auch durch einen ausländischen Notar erfolgen, wenn sie der deutschen gleichwertig ist (BGH NJW 1981, 1160). Lässt sich ein Gründer durch einen Bevollmächtigen vertreten, so ist die Vorlage einer notariell beglaubigten Vollmacht erforderlich. Die Gründungsurkunde umfasst - die Feststellung der Satzung, - die Aktienübernahmeerklärungen, - die weiteren Angaben und Bestimmungen gem. § 23 Abs. 2 bis 4 AktG. 2.1.1 Feststellung der Satzung An der Feststellung des im Aktienrecht als Satzung bezeichneten Gesellschafts‐ vertrages müssen sich eine Person oder mehrere Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen übernehmen. Die Satzung hat zwei Funktionen: zum einen ist sie die von den Gründern miteinander geschlossene Vertrag über die Gesellschaftsgründung, zum anderen stellt sie für die errichtete Aktiengesellschaft die von dem Gründerwillen verselbständigte rechtliche Unternehmensverfassung dar und entfaltet damit auch Wirkungen für später eintretenden Aktionäre und für Dritte. Bei der Einmann-Aktiengesellschaft schließt der alleinige Gründer keinen Vertrag - dazu müsste eine weitere Per‐ son mitwirken -, sondern stellt die Satzung durch einseitiges Rechtsgeschäft fest. Zur Satzung s. Kap. 3. 2.1.2 Übernahme der Aktien Übernahme der Aktien bedeutet, dass jeder Gründer eine einklagbare Verpflichtung zur Leistung der vereinbarten Einlage eingeht. Die Gründer müssen sämtliche Aktien ohne Rest übernehmen. Dabei muss jeder Gründer mindestens eine Aktie übernehmen; auf der anderen Seite darf niemand Aktien übernehmen, der nicht Gründer ist. Mit der Übernahme aller Aktien durch alle Gründer bzw. durch den alleinigen Gründer ist die Aktienge‐ sellschaft errichtet, d. h. die Vorgesellschaft (Vor-Aktiengesellschaft) ist entstanden. 2.1.3 Weitere Angaben und Bestimmungen in der Gründungsurkunde Die Gründungsurkunde muss folgende weitere Angaben und Bestimmun‐ gen enthalten (§ 23 Abs. 2 AktG): - die Gründer; Gründer sind die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben. Die Gründung kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen (§ 2 AktG). Als Gründer kommen in Betracht natürliche und juristische Personen, ferner insbesondere Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), Part‐ nerschaftsgesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts; - die Aktien, die jeder Gründer übernimmt; anzugeben sind bei Stückaktien die Zahl, bei Nennbetragsaktien der Nennbetrag, der Ausgabebetrag und, wenn mehrere Gattungen beste‐ hen, die Gattung der Aktien, die jeder Gründer übernimmt. 22 2 Gründung Für einen geringeren Betrag als den Nennbetrag oder - bei Stückaktien - den rechnerisch auf die Aktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals (geringster Ausgabebetrag) dürfen Aktien nicht ausge‐ geben werden. Bei einem Grundkapital von 50.000 Euro und 50.000 ausgegebenen Stückaktien muss der Ausgabebetrag somit zumindest ein Euro je Aktie betragen. Liegt der Ausgabebetrag über dem geringsten Ausgabebetrag, so stellt der Unterschiedsbetrag das Aufgeld (Agio) dar. Zahlungen auf das Aufgeld gehen nicht in das Grundkapital, sondern in die Kapitalrücklage ein und werden nicht auf ausstehende Einlagen angerechnet; - der eingezahlte Betrag des Grundkapitals; sofern von den Gründern zum Zeitpunkt der Feststellung der Satzung bereits Einzahlungen auf das Grundkapital bewirkt worden sind, ist dies anzugeben; - notwendige Satzungsbestimmungen (§ 23 Abs. 3, 4 AktG); die festzustellende Satzung muss zwingend bestimmte Regelungen treffen; siehe dazu Abschn. 3.1. 2.2 Bestellung des Aufsichtsrats, des Abschlussprüfers und des Vorstands Damit die durch die Errichtung der Gründungsurkunde entstandene Vor-Aktiengesellschaft handlungsfähig wird, sind im zweiten Schritt die Organe zu bestellen. Die Beschlussfassung über die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder und des Abschlussprüfers für das erste Geschäftsjahr obliegt den Gründern, die darüber mit einfacher Mehrheit beschließen. Die Bestellung findet in aller Regel unmittelbar im Anschluss an die Errichtung der Gesellschaft statt; da sie der notariellen Beurkundung bedarf, wird sie üblicherweise in die Gründungsurkunde aufgenommen. 2.2.1 Bestellung des ersten Aufsichtsrats Amtsdauer Die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats können nicht für eine längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden, die über 2.2 Bestellung des Aufsichtsrats, des Abschlussprüfers und des Vorstands 23 die Entlastung für das erste Geschäftsjahr beschließt, das sind praktisch höchstens 20 Monate; bei Ausscheiden eines Mitglieds des ersten Aufsichts‐ rats noch vor diesem Zeitpunkt gilt diese Amtszeitbegrenzung auch für seinen Nachfolger. Der Grund für die verkürzte Amtsdauer ist, dass den Arbeitnehmern bei Vorliegen der mitbestimmungsrechtlichen Vorausset‐ zungen alsbald nach Entstehung der Aktiengesellschaft eine Beteiligung im Aufsichtsrat verschafft werden soll. Zusammensetzung bei Neugründung Bei der Bestellung des ersten Aufsichtsrats sind mitbestimmungsrechtliche Vorschriften über die Bestellung von Arbeitnehmervertretern nicht anzu‐ wenden. Rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit des ersten Aufsichtsrats hat der Vorstand bekanntzumachen, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der nächste Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, ob die Aufsichtsratsmitglieder also ausschließlich von der Hauptversammlung zu wählen sind oder ob - und nach welchen mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften - auch von den Arbeitnehmern Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Wenn kein Berech‐ tigter gerichtliche Entscheidung beantragt, ist der nächste Aufsichtsrat nach den vom Vorstand bekanntgemachten Vorschriften zusammenzusetzen. Geht bei der Gründung der Aktiengesellschaft als Sacheinlage oder Sach‐ übernahme ein Unternehmen oder Unternehmensteil auf sie über, so gilt § 30 Abs. 2 AktG über die Unanwendbarkeit mitbestimmungsrechtlicher Vor‐ schriften für die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer nicht. Vielmehr bestellen die Gründer nur so viele Aufsichtsratsmitglieder, wie nach ihrer Meinung von der Hauptversammlung zu wählen sind, die weiteren Aufsichtsratsmitglieder werden von den Arbeitnehmern nach Maßgabe des anzuwendenden Mitbestimmungsrechts (z. B. § 1 Abs. 1 DrittelbG) gewählt. Zusammensetzung bei formwechselnder Umwandlung Entsteht die Aktiengesellschaft nicht durch Neugründung, sondern durch formwechselnde Umwandlung eines bestehenden Unternehmens anderer Rechtsform, so sind die Vorschriften über die Bildung und Zusammenset‐ zung des ersten Aufsichtsrats nicht anzuwenden. Ist bei dem formwech‐ selnden Rechtsträger in gleicher Weise wie bei der Aktiengesellschaft ein Aufsichtsrat gebildet und zusammengesetzt, so bleiben die Aufsichtsrats‐ mitglieder für den Rest ihrer Wahlzeit im Amt; das trifft insbesondere für 24 2 Gründung den Formwechsel einer GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern zu, denn sie musste ohnehin gem. § 1 Abs. 1 DrittelbG einen mitbestimmten Aufsichtsrat haben (§-203-UmwG). Bestand bei dem formwechselnden Rechtsträger bislang keine Mit‐ bestimmung, so ist der Aufsichtsrat unter Beachtung des Mitbestim‐ mungsrechts (Drittelbeteiligungsgesetz, Mitbestimmungsgesetz, Montan‐ mitbestimmung) zu bilden. Diese Regelung kommt insbesondere beim Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft mit mehr als 500 Arbeit‐ nehmern zum Tragen. Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder verläuft in diesem Fall wie bei einer Sachgründung, insoweit gilt obige Darstellung entsprechend. Wenn in den Aufsichtsrat der durch Formwechsel entstande‐ nen Aktiengesellschaft wegen der geringen Zahl von Arbeitnehmern nur Aktionärsvertreter zu wählen sind, ist deren Amtszeit nicht verkürzt, weil keine aus mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften erwachsenden Rechte von Arbeitnehmern berührt werden, wenn alle Aufsichtsratsmitglieder von den Gesellschaftern bestellt werden. Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder Die Auswahl der von den Gründern zu Aufsichtsratsmitgliedern der Aktio‐ näre zu bestellenden Personen ist eine unternehmerische Entscheidung von nicht zu unterschätzender Tragweite. Die Wahl sollte auf erfahrene Unter‐ nehmerpersönlichkeiten mit Branchenkenntnis und guten Verbindungen fallen. Diese werden in der Lage sein, für das Unternehmen neue Kontakte zu knüpfen, und sie werden dem Vorstand als Partner für einen kritischen Dia‐ log über die Unternehmensführung zur Verfügung stehen. Für die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden werden oftmals aktienrechtlich erfahrene Juristen ausgesucht, die die Einhaltung der Vorschriften des Aktiengesetzes bei der Amtsausübung des Aufsichtsrats und bei den Hauptversammlungen gewährleisten können. Bei kleineren Gesellschaften ist gelegentlich zu beobachten, dass Auf‐ sichtsräte ohne nennenswerte unternehmerische Erfahrung aus dem fami‐ liären Umfeld bestellt werden. Die dadurch erzielte Kostenersparnis ist abzuwägen mit dem Nachteil, den der Verzicht auf die unternehmerische Beratung durch Außenstehende bedeutet. Kritisch ist auch die Bestellung von Beratern, die schon laufend für das Unternehmen tätig sind. Der Rat dieser Personen steht dem Vorstand ohnehin zur Verfügung, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie im Hinblick auf die eigenen wirtschaftlichen 2.2 Bestellung des Aufsichtsrats, des Abschlussprüfers und des Vorstands 25 und vertraglichen Beziehungen zu der Aktiengesellschaft in einen Interes‐ senkonflikt geraten können. Steht bei mittelständischen Unternehmen der Generationswechsel an, so kann es in vielen Fällen sinnvoll sein, dass der Übernehmer in die Geschäftsleitung eintritt und der Übergeber sich auf die überwachende Funktion des Aufsichtsrats zurückzieht. 2.2.2 Bestellung des Abschlussprüfers Die Wahl des ersten Abschlussprüfers durch die Gründer kann unterbleiben, wenn abzusehen ist, dass der Jahresabschluss nicht der Pflicht zur Prüfung (§-316 HGB) unterliegt. 2.2.3 Bestellung des Vorstands Die allererste Aufgabe des Aufsichtsrats nach seiner Konstituierung besteht darin, nun seinerseits den ersten Vorstand zu bestellen, damit die Aktienge‐ sellschaft handlungsfähig wird. Die Bestellung erfolgt durch mit einfacher Mehrheit zu fassenden Beschluss des Aufsichtsrats. Der Beschluss bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Ein Arbeitsdirektor (dazu Abschn. 5.2.1) ist als Mitglied des ersten Vorstands nicht zu bestellen. Zu den Aufgaben des Vorstands in der Gründungsphase gehören insbesondere - Einfordern der Bareinlagen bei den Gründern; unter den Voraussetzungen des § 64 AktG kann der Vorstand säumige Aktionäre ausschließen (Kaduzierung), - Einfordern der an die Gesellschaft zu übertragenden Sacheinlagen, - Vollzug von Sachübernahmevereinbarungen, - Weiterführung eines durch Sachgründung eingebrachten Unterneh‐ mens, - Maßnahmen zur Erhaltung von Sacheinlagen einschließlich der Abwehr von Rechtsverletzungen, - Aufnahme der Geschäftstätigkeit bei Vorliegen eines entsprechenden einstimmigen Beschlusses der Gründer, - Gründungsprüfung, - Anmeldung der Gesellschaft, und nach erfolgter Eintragung: 26 2 Gründung - Ermittlung einer etwaigen Unterbilanz auf den Tag der Eintragung in das Handelsregister, sofern die Geschäftstätigkeit vor Eintragung aufge‐ nommen worden ist, ferner die Geltendmachung von daraus folgenden Ansprüchen aus Unterbilanzhaftung bei den Gründern (s. dazu Abschn. 2.7), - Geltendmachung der Ansprüche aus Differenzhaftung bei Sacheinlagen (vgl. dazu Abschn. 2.3.2.3). Sofern dem Vorstand Pflichtverletzungen bei der Gründung unterlaufen, ist er der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet (§ 48 AktG). Der Vor‐ stand ist insbesondere dafür verantwortlich, dass die Kapitaleinzahlungen an eine hierzu geeignete Stelle erfolgen und dass die eingezahlten Beträge zu seiner freien Verfügung stehen. Der Vergütungsanspruch für die Tätigkeit als Vorstand ergibt sich aus dem Anstellungsvertrag, den das Vorstandsmitglied üblicherweise mit der von dem Aufsichtsrat vertretenen Gesellschaft anläßlich der Bestellung schließt. Für den ersten Vorstand einer neu gegründeten Aktiengesellschaft läuft die Fünfjahresfrist des § 84 AktG, nach deren Ablauf das Amt als Vorstand endet, bereits im Zeitpunkt der Bestellung durch den Aufsichtsrat an, nicht erst ab Eintragung in das Handelsregister. 2.3 Leistung der Einlagen Die Aktionäre sind zur Leistung der Einlagen verpflichtet; sie können von ihrer Leistungspflicht nicht befreit werden. Der Vorstand muss die bei der Gründung sofort fälligen Einlagen, das sind die für die Eintragung der Gesellschaft erforderlichen Mindestbeträge der Bareinlagen und regelmäßig die Sacheinlagen, bei den Aktionären einfordern. 2.3.1 Bareinlagen Soweit in der Satzung nicht Sacheinlagen festgesetzt sind, müssen die Einla‐ gen in Geld erbracht werden (§ 54 Abs. 2 AktG). Die Aktionäre können gegen den Anspruch der Gesellschaft nicht aufrechnen; das Aufrechnungsverbot greift nicht ein, wenn unter Beachtung des § 27 AktG eine Forderung des Aktionärs gegen die Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht wird. Sofern die eingeforderte Bareinlage nicht oder nicht wirksam gezahlt wird, besteht 2.3 Leistung der Einlagen 27 die Forderung der Gesellschaft bis zum Eintritt der Verjährung weiter; im Falle einer Umgehung der Bareinzahlungspflicht durch eine sog. verdeckte Sacheinlage kommt aber eine Anrechnung auf die Geldeinlagepflicht in Betracht, vgl. Abschn. 2.3.1.3. - 2.3.1.1 Höhe und Einforderung der Einzahlung Die Einforderung der Einlagen fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Vorstands. Der Vorstand muss mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrages sowie ein etwaiges Aufgeld - das Aufgeld stets in voller Höhe! - auf jede Aktie einfordern; schreibt die Satzung eine höhere Ein‐ zahlungsquote vor, so ist diese maßgebend. Der geringste Ausgabebetrag entspricht bei Nennbetragsaktien dem Nennbetrag, bei Stückaktien dem auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals (§ 9 AktG). In Höhe des eingeforderten Betrages wird die Einlage fällig. Der nicht sofort einzuzahlende Teil der Einlage stellt eine Verbindlichkeit des Aktionärs gegenüber der AG dar, die aber bis auf weiteres nicht fällig ist. - 2.3.1.2 Kontogutschrift und freie Verfügung Der eingeforderte Betrag ist so zu leisten, dass er, soweit er nicht bereits zur Bezahlung der bei der Gründung angefallenen Steuern und Kosten verwandt wurde, endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht. Die Zahlung ist auf ein Bankkonto der Vor-Aktiengesellschaft zu leisten, welches von dem Vorstand eröffnet werden kann, sobald die Gründung beurkundet worden ist. An der freien Verfügbarkeit für den Vorstand fehlt es, wenn er keine rechtliche Möglichkeit erhält, über die eingezahlten Mittel in entsprechen‐ der Höhe zu disponieren. Beispiel: das Bankkonto weist einen Debetsaldo auf und die Bank kann den Gutschriftsbetrag wegen ungenehmigter Konto‐ überziehung oder wegen Kündigung oder Rückführung des Kreditrahmens sofort mit der ihr daraus gegen die Gesellschaft zustehenden Forderung verrechnen. Die freie Verfügbarkeit über Bareinlagen ist auch zu verneinen in den Fällen der verdeckten Sacheinlage (dazu Abschn. 2.3.1.3) und bei Hin- und Herzahlen der Einlage, wenn also der Vorstand und ein Aktionär vor der Bewirkung der Einlage eine Leistung an den Aktionär vereinbart haben, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht. Dazu kann es sowohl bei der Gründung als auch bei einer Kapitalerhöhung kommen, z. B. durch die Gewährung eines Darlehens der Gesellschaft an den Aktionär. Die 28 2 Gründung Leistung der Gesellschaft an den Aktionär, in dem Beispiel die Valutierung des Darlehens, hat zur Folge, dass die Gesellschaft die Einlage des Aktionärs nicht ordnungsgemäß erhalten hat. Grundsätzlich wird der betreffende Aktionär bei Hin- und Herzahlung nicht von seiner Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft befreit. Der Aktionär kann aber - sofern keine verdeckte Sacheinlagevorliegt, dann ist § 27 Abs. 3 AktG anzuwenden - von seiner Einlageverpflichtung frei werden, sofern die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 AktG vorliegen. Danach muss die Leistung der Gesellschaft an den Aktionär durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt sein, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung seitens der Gesellschaft fällig werden kann; die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs ist jedenfalls immer dann zu bejahen, wenn der Aktionär aufgrund seiner Bonität auch von dritter Seite Kredit erhalten kann und der Anspruch der Gesellschaft gegen ihn verzinslich und voll besichert ist. Des weiteren muss der Sachverhalt in der Anmeldung der Gründung bzw. der Kapitalerhöhung angegeben werden, wodurch das Registergericht in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob der Rückgewähranspruch vollwertig ist. Unterbleibt die Angabe oder ist der Rückgewähranspruch nicht vollwertig, tritt die befreiende Wirkung nicht ein und der Vorstand hat unverzüglich bei dem betreffenden Aktionär die Zahlung der Einlage einzufordern. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Regelung ist erheblich. Sie ermög‐ licht generell die Gewährung von Darlehen seitens der Aktiengesellschaft an einen Aktionär, und zwar auch im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Gründung oder einer Kapitalerhöhung, und sie erlaubt insbesondere das Cash-Pooling zwischen verbundenen Unterneh‐ men. Das Cash-Pooling ist eine Maßnahme des Cash-Managements, sie zielt auf eine Zinsoptimierung sowie eine Verbesserung der Risikokontrolle und des Ratings auf Konzernebene. Dabei wird ein Ausgleich unter den beteiligten Konzernunternehmen in der Weise hergestellt, dass Gesellschaf‐ ten mit einem Überschuss an Liquidität entsprechende Einzahlungen in einen Pool vornehmen, aus dem wiederum der Liquiditätsbedarf anderer Konzernunternehmen gedeckt wird. Besteht per saldo ein Überschuss, so kann dieser als Guthaben angelegt werden; reichen die in den Pool eingespeisten Überschüsse zur Deckung des Gesamtliquiditätsbedarfs des Konzerns nicht aus, muss Kredit von außen in Anspruch genommen werden. 2.3 Leistung der Einlagen 29 2.3.1.3 Verdeckte Sacheinlage Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn eine Geldeinlage eines Aktionärs bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu betrachten ist (vgl. § 27 Abs. 3 AktG). Dazu kann es sowohl bei der Gründung als auch bei einer Kapitalerhöhung kommen, wenn die eingezahlte Einlage nicht bei der Gesellschaft verbleibt, sondern an den einlegenden Aktionär als Gegenleistung für die Übertragung eines Vermögensgegenstands zurückfließt. In der Praxis geschieht dies oftmals in der Weise, dass der Aktionär der Gesellschaft in zeitlichem Zusammenhang mit der Gründung bzw. der Ka‐ pitalerhöhung einen Vermögensgegenstand gegen eine Vergütung überträgt und die von ihm geleistete Bareinlage zur Tilgung seines Vergütungsan‐ spruchs benutzt wird. Wirtschaftlich hat der Aktionär der Gesellschaft somit keine Barmittel, sondern einen Vermögensgegenstand überlassen; er hätte genauso gut eine Sacheinlage vornehmen können. Dieser Sachverhalt stellt einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 27 Abs. 1 AktG dar, wonach im Falle von Sacheinlagen und Sachübernahmen bestimmte Festsetzungen in der Satzung zu treffen sind. Das Registergericht hat in diesen Fällen die Eintra‐ gung in das Handelsregister abzulehnen. Bleibt der Verstoß unentdeckt und wird die Gesellschaft eingetragen, so ist sie wirksam entstanden. Die Pflicht des betreffenden Aktionärs zur Leistung der Geldeinlage besteht bis zum Eintritt der Verjährung fort, d.-h. er muss die Einlage - erneut - erbringen. Jedoch kommt eine Anrechnung des Wertes des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstandes auf die Geldeinlagepflicht in Betracht (27 Abs. 3 AktG). Die Beweislast für die Höhe des anzurechnenden Wertes liegt bei dem Aktionär; maßgeblich ist der Wert im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder im Zeitpunkt seiner Überlassung an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt. Soweit der anzurechnende Wert hinter dem Betrag der Geldeinlage zurückbleibt, besteht die gesellschaftsvertragliche Pflicht zur Leistung der Bareinlage fort. Die Anrechnung erfolgt nicht vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Eine vorsätzlich begangene verdeckte Sacheinlage ist nicht erlaubt: Weiß der Vorstand, dass eine verdeckte Sacheinlage von einem Aktionär geplant ist, darf er bei der Anmeldung nicht versichern, dass die Einlage eingezahlt ist und sich in seiner freien Verfügung befindet. Der Nachweis der Wert‐ 30 2 Gründung haltigkeit des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstands kann schwierig oder sogar unmöglich sein, wenn seit dem Zeitpunkt der verdeckten Sach‐ einlage ein längerer Zeitraum vergangen ist, deshalb sollte der Vorstand als‐ bald nach deren Entdeckung die Nachholung des Sachgründungsprozedere nach Maßgabe der §§ 32 ff. AktG in die Wege leiten. Ergibt die Gründungs‐ prüfung, dass der anzurechnende Wert hinter dem Ausgabebetrag der dafür gewährten Aktien zurückbleibt, muss der Vorstand bei dem betreffenden Aktionär die Zahlung des nicht als erfüllt geltenden Teils der Bareinlage einfordern. - 2.3.1.4 Säumigkeit des Einzahlungspflichtigen Kommt ein Gründer der Einforderung der bei der Gründung in bar zu leistenden Einlage nicht nach oder zahlt er weniger als den eingeforderten Betrag ein, so gefährdet er damit die Eintragung der Gesellschaft in das Han‐ delsregister, da die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung erst erfolgen darf, wenn auf jede Aktie, für die Bareinlagepflicht besteht, der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt worden ist (§ 36 Abs. 2 AktG). Zahlt ein Gründer nicht oder zuwenig ein, so wird das nicht ausgeglichen dadurch, dass ein anderer Gründer auf seinen Anteil entsprechend mehr einzahlt. Die Gesellschaft kann gegen den säumigen Gründer Zahlungsklage erheben, was aber wegen des Zeitdrucks im Gründungsstadium die Ausnahme blei‐ ben wird. Der Ausschluss eines Gründers wegen der unterlassenen Einzahlung der Mindesteinlage nach § 64 AktG (Kaduzierung) ist in diesem Stadium nicht möglich; die Anwendung der Vorschriften über den Ausschluss setzt vielmehr voraus, dass die Gesellschaft eingetragen ist. Als pragmatische Lösung in diesen Fällen bietet sich bei kleineren Ein‐ lagen an, dass die Mindesteinzahlung des säumigen Gründers für diesen von einzelnen oder allen Mitgründern geleistet und so der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister verholfen wird. Anschließend kann der Säumige von den betreffenden Mitgründern auf Erstattung in Anspruch genommen werden. Ist die Einlage des säumigen Gründers betragsmäßig bedeutend, so wird häufig die Auflösung der Gesellschaft bei gleichzeitiger Gründung einer anderen Gesellschaft, an der der Säumige nicht beteiligt wird, vorzuziehen sein. 2.3 Leistung der Einlagen 31 2.3.1.5 Rest-Bareinlagen Die Rest-Bareinlagen, also die nicht schon anlässlich der Gründung zu leistenden Teilbeträge der Bareinlagen, sind als „Nicht eingeforderte ausste‐ hende Einlagen auf das gezeichnete Kapital“ in der Bilanz der Gesellschaft von dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ offen abzusetzen (§ 272 Abs. 1 HGB). Die Fälligkeit der Rest-Bareinlagen tritt erst nach Einforderung durch den für die Gesellschaft handelnden Vorstand ein. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, geht die Zuständigkeit vom Vorstand auf den Insolvenzverwalter über, bei Auflösung der Gesellschaft aus anderen Gründen als der Insolvenz auf die Abwickler. Werden die eingeforderten Rest-Bareinlagen nicht gezahlt, so ist der Vorstand verpflichtet, den Anspruch der Gesellschaft gegen die betreffenden Aktionäre geltend zu machen. Bleibt dies ohne Erfolg, so kann der Vorstand den Ausschluss der säumigen Aktionäre betreiben, die dadurch ihrer Einlage verlustig gehen (Kaduzierung, § 64 AktG), ferner kann er gegebenenfalls den Zahlungsanspruch gem. § 65 AktG gegen die Vormänner der Ausgeschlosse‐ nen geltend machen. Anders als im GmbH-Recht (vgl. § 24 GmbHG) trifft die Aktionäre einer Aktiengesellschaft aber grundsätzlich keine Ausfallhaftung für die von Mitaktionären zu leistenden Einlagen. Unabhängig davon kann für einen Gründungsaktionär eine Haftung in Betracht kommen, sofern er im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft Kenntnis davon hatte, dass ein anderer Gründer zahlungs- oder leistungsunfähig ist und der Gesellschaft ein Ausfall entsteht (§ 46 Abs. 4 AktG; s. Abschn. 2.8). - 2.3.1.6 Verjährung Der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlagen verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, also ab Einforderung durch den Vorstand. Hinsichtlich der Mindest-Bareinlagen kann es regelmäßig nicht zu einer Verjährung kommen, da die Gesellschaft gar nicht erst eingetragen wird, wenn sie nicht geleistet sind. Für die Rest-Bareinlagen dagegen läuft die Verjährung zunächst nicht an, da der Anspruch insoweit mangels Fälligkeit noch nicht entstanden ist. Erst mit der Einforderung wird die zehnjährige Verjährungsfrist in Gang gesetzt; der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Rest-Bareinlage kann somit durchaus auch länger als zehn Jahre ab Gründung bzw. Kapitalerhöhung unverjährt fortbestehen. Ist das Insolvenz‐ verfahren eröffnet, so tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs 32 2 Gründung Monaten ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein (§ 54 AktG). Wird gegenüber der Einforderung von Rest-Bareinlagen von einem Ak‐ tionär eingewandt, dass die Einzahlung schon längst erfolgt sei, stellt sich die Frage nach der Beweislast. Für den Erfolg einer Zahlungsklage der Gesellschaft bzw. des Insolvenzverwalters kommt es nach den allgemeinen Beweislastgrundsätzen darauf an, ob der Aktionär beweisen kann, dass er die Einlagen erbracht hat. Das ist oftmals wegen der langen seit der Gründung verstrichenen Zeit schwierig; dennoch entfällt die Beweispflicht des sich auf die Erfüllung seiner Einlageschuld berufenden Aktionärs nicht dadurch, dass seit der Gründung der Gesellschaft viele Jahre vergangen sind. Der Aktionär trägt somit auch lange Zeit nach der Gründung der Ge‐ sellschaft die volle Beweislast für die Vornahme der Zahlungen. Unabhängig davon kommen in diesen Fällen für den Aktionär Beweiserleichterungen in Betracht; das Gericht kann den Nachweis für die Einlagenzahlung auf Grund einer Gesamtbeurteilung unstreitiger oder erwiesener Indiztatsachen als geführt ansehen (BGH NJW 2007, 3067). Der Ablauf eines Zeitraums von mehr als zehn Jahren seit der Gründung bzw. Kapitalerhöhung wird dem Aktionär also nicht immer helfen; er tut gut daran, den Zahlungsnachweis auch über diesen Zeitraum hinaus aufzubewahren, am besten bis zur Beendigung der Gesellschaft. 2.3.2 Sacheinlagen Grundsätzlich gilt, dass Einlagen durch Zahlung von Geld in bar zu leisten sind. Das Grundkapital kann aber auch durch Sacheinlagen oder Sachüber‐ nahmen aufgebracht werden; in diesem Fall sind bestimmte Festsetzungen in der Satzung zu treffen (§ 27 Abs. 1 AktG). Die Pflicht zur Barleistung bleibt bestehen, sofern die Festsetzungen in der Satzung fehlen oder unzureichend sind oder wenn die Übertragung der Sacheinlage oder die Sachübernahme scheitert bzw. soweit der Wert des durch die Einlage oder Sachübernahme erworbenen Vermögensgegenstands den - ein etwaiges Agio umfassenden - Ausgabebetrag der Aktien nicht erreicht. Die Pflicht zur Barleistung besteht in diesen Fällen in voller Höhe des Ausgabebetrags; die Regelung des § 36a Abs. 1 AktG, dass bei Bareinlagen - nur - ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags einzufordern ist, findet 2.3 Leistung der Einlagen 33 keine Anwendung auf die subsidiäre Barleistungspflicht eines Aktionärs, dessen an sich vorgesehene Sacheinlage keine Wirkung hat. - 2.3.2.1 Begriff der Sacheinlagen und Sachübernahmen Die Begriffe „Sacheinlagen“ und „Sachübernahmen“ sind in § 27 Abs. 1 AktG definiert. Dort ist auch geregelt, welche Festsetzungen in der Satzung dazu erforderlich sind und welche Konsequenzen unzureichende Festset‐ zungen nach sich ziehen. Sacheinlagen oder Sachübernahmen können nur Vermögensgegenstände sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist; Verpflichtungen zu Dienstleistungen können nicht Sacheinlagen oder Sachübernahmen sein. Sacheinlagen Sacheinlage ist jede Einlage, die nicht durch Geldzahlung zu erbringen ist. Der Gegenstand der Sacheinlage, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der zu gewährenden Aktien sind in der Satzung festzusetzen. Als Sachein‐ lage kommen alle Gegenstände in Betracht, sofern der Gesellschaft durch deren Übertragung reales und verwertbares Vermögen zufließt. Einlagefä‐ hige Vermögensgegenstände sind insbesondere Sachen und Rechte, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist; das sind jedenfalls die in der Han‐ delsbilanz aktivierungsfähigen Vermögensgegenstände wie Grundstücke, Betriebe, Unternehmen, Forderungen gegen Dritte, sonstige Rechte (z. B. Ge‐ sellschaftsanteile. Patente), Sach- und Rechtsgesamtheiten, Kundenstamm, Goodwill. Auch Forderungen gegen die Gesellschaft selbst können einge‐ bracht werden, was weniger bei der Gründung als bei Kapitalerhöhungen von Bedeutung ist, z. B. der Anspruch auf Rückzahlung eines der Gesell‐ schaft gewährten Darlehens, auf Tantiemezahlung oder auf Dividende. Soll die Gesellschaft von einem Gründer einen Vermögensgegenstand übernehmen, für den eine Vergütung gewährt wird, welche auf seine Einlage angerechnet werden soll, so wird dies als Sacheinlage fingiert (§ 27 Abs. 1 S. 2 AktG). Der Unterschied der fingierten Sacheinlage zu einer regulären Sacheinlage liegt darin, dass es bei der regulären Sacheinlage nicht des Abschlusses eines Kaufvertrages und einer Anrechnungsvereinbarung bedarf und die Übertragung des Vermögensgegenstands ohne weiteres und unmittelbar zur Erfüllung der Einlageverpflichtung führt. Der Unterschied der fingierten Sacheinlage zur Sachübernahme wiederum besteht darin, dass 34 2 Gründung der veräußernde Gründer der Gesellschaft keine Barmittel zu übertragen hat, welche benötigt würden, damit die Gesellschaft die Gegenleistung für den bei einer Sachübernahme übernommenen Vermögensgegenstand überhaupt finanziell bewirken kann. Sachübernahmen Eine Sachübernahme liegt vor, wenn die Gesellschaft Vermögensgegen‐ stände von einem Gründer oder einem Dritten gegen Vergütung übernimmt. Der Gegenstand der Sachübernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und die Höhe der von der Gesellschaft an den Veräußerer zu gewährenden Vergütung müssen in der Satzung festgesetzt werden. Bei einer Sachübernahme leisten die Gründer zunächst eine Bareinlage an die Gesellschaft, die aus den eingelegten Mitteln den Vermögensgegenstand von einem Gründer oder von einem Dritten aufgrund eines Kaufvertrages oder einer sonstigen schuldrechtlichen Vereinbarung erwirbt. Eine solche Sachübernahme ist wirtschaftlich das gleiche, wie wenn der Gründer einen ihm gehörenden Vermögensgegenstand als Sacheinlage einbringt oder, wenn er nicht dessen Eigentümer ist, den Vermögensgegenstand von dritter Seite erwirbt und ihn als Sacheinlage einbringt; die Ähnlichkeit dieser Sachverhalte rechtfertigt die Gleichbehandlung der Sachübernahme mit der Sacheinlage durch das Aktiengesetz. Beispiele: - Mehrere Personen entschließen sich, eine Aktiengesellschaft mit einem sofort in voller Höhe in bar einzuzahlenden Grundkapital von 100.000 Euro zu errichten. Noch vor der Beurkundung der Gesellschaftsgrün‐ dung verabreden die Gründer mit einem Hersteller den Kauf einer Maschine durch die Gesellschaft zum Preis von ebenfalls 100.000 Euro. Sie setzen in der Satzung fest, dass die Einlagen für die Kaufpreiszahlung eingesetzt werden. - Ein Aktionär übernimmt Aktien zum Ausgabebetrag von 30.000 Euro. Er verkauft der Gesellschaft sein Kraftfahrzeug zum Preis von 30.000 Euro und rechnet die Kaufpreisforderung gegen die Einlagenverpflichtung auf, wobei die Satzung eine entsprechende Festsetzung enthält. 2.3 Leistung der Einlagen 35 Gemischte Sacheinlage Die gemischte Sacheinlage ist ein Sonderfall der Sacheinlage, bei der der Wert des Vermögensgegenstands höher ist als der Ausgabebetrag der über‐ nommenen Aktien. Der Aktionär erhält dabei als Gegenleistung - neben den Aktien - eine Vergütung für den übersteigenden Wert, sei es durch Auszahlung, sei es durch Gutschrift als Darlehen o. ä. Die Satzung hat dem Grunde nach zu regeln, dass der übersteigende Wert zu vergüten ist, und in welcher Weise er zu vergüten ist; zur Höhe ist zumindest festzulegen, wie die Betragsermittlung vorgenommen werden soll (z. B. bei Einbringung eines Unternehmens auf der Grundlage einer später zu erstellenden Bilanz). Unzureichende Festsetzungen Bei Sacheinlagen und Sachübernahmen müssen in der Satzung festgesetzt werden der Gegenstand der Sacheinlage oder der Sachübernahme, die Per‐ son, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag bzw. die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergütung. Fehlen diese Festsetzungen in der Satzung oder sind sie unrichtig oder unvollständig, so muss das Amtsgericht die Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister ablehnen. Wurde der Fehler nicht entdeckt und die Gesellschaft eingetragen, so wird die Gültigkeit der Satzung durch die Unwirksamkeit der Festsetzungen nicht berührt. Vielmehr ist der betreffende Aktionär verpflichtet, den Aus‐ gabebetrag der Aktien nunmehr in bar einzuzahlen, und er ist berechtigt, die fehlgeschlagene Sacheinlage nach den Vorschriften über die ungerechtfer‐ tigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) von der Gesellschaft zurückzuverlangen. Er hat aber wegen seines Bereicherungsanspruchs weder das Recht zur Aufrechnung noch ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung des Ausgabebetrags. Befindet sich die Gesell‐ schaft mittlerweile in der Insolvenz, so gehen die Bereicherungsansprüche des Aktionärs möglicherweise in vollem Umfang ins Leere. Liegt eine verdeckte Sacheinlage vor, kommt eine Anrechnung des Wertes des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstandes auf die Einlageverpflich‐ tung in Betracht, s. dazu Abschn. 2.3.1.3. 36 2 Gründung 2.3.2.2 Einforderung der Sacheinlagen und Vollzug von Sachübernahmen Der Vorstand hat die an die Gesellschaft zu übertragenden Vermögensgegen‐ stände einzufordern und die Ansprüche der Gesellschaft auf den Vollzug von Sachübernahmeverträgen geltend zu machen. Sacheinlagen sind vollständig zu leisten, sofern die Satzung nicht regelt, dass Teilleistungen zulässig sind. Sie müssen endgültig zur freien Verfügung des Vorstands stehen; daran fehlt es z. B., wenn sie nur aufschiebend bedingt an die Gesellschaft über‐ eignet werden. Gegenüber dem Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Sacheinlage kann der Aktionär grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Bei der Einforderung der Sacheinlagen sind zwei Fälle zu unterscheiden. Grundsätzlich sind Sacheinlagen sofort zu erbringen und von dem Vorstand vor der Anmeldung der Gesellschaft einzufordern. Ist in der Sacheinlage‐ vereinbarung aber geregelt, dass die Einlage erst nach der Anmeldung zu bewirken ist und ordnet auch die Satzung keinen früheren Zeitpunkt an, so reicht es aus, dass der einlagepflichtige Aktionär vor der Anmeldung die bindende Verpflichtung eingeht, den Vermögensgegenstand innerhalb von fünf Jahren, gerechnet ab der Eintragung, an die Gesellschaft zu übertragen. Der Wert der Sacheinlage muss den geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG) und ein etwa festgesetztes Agio umfassen. Wird die Sacheinlage nicht fristgerecht erbracht, muss der Vorstand auf Leistung klagen; er kann auch für die Gesellschaft von der Sacheinlagevereinbarung zurücktreten und den Gründer auf Leistung der Einlage in bar verklagen. Das Verfahren der Kaduzierung (§§ 64 ff. AktG) steht nicht zur Verfügung, wenn es um Sacheinlagen geht. Der Vollzug von Sacheinlagen und Sachübernahmen erfolgt nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, z. B. durch Übereignung einer beweglichen Sache, Auflassung eines Grundstücks, Übertragung eines Pa‐ tents oder Abtretung einer Forderung. Kommt ein Gründer der Einforderung der Sacheinlage nicht nach, so gefährdet er damit die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Die Nichtleistung der Sacheinlage wird nicht ausgeglichen dadurch, dass ein anderer Gründer auf seinen Anteil entsprechend mehr einzahlt. Die Erhebung einer Klage auf Leistung der Sacheinlage oder auf Zahlung in bar wird wegen des Zeitdrucks im Grün‐ dungsstadium die Ausnahme bleiben. Als pragmatische Lösung bietet sich bei Sacheinlagen geringeren Werts an, dass von einzelnen oder von allen Mitaktionären Zahlungen in Höhe 2.3 Leistung der Einlagen 37 des Ausgabebetrags der Aktien des säumigen Einlegers an die Gesellschaft geleistet werden und so der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsre‐ gister verholfen wird. Anschließend kann der Säumige von den betreffenden Mitaktionären auf Erstattung in Anspruch genommen werden. Hat die von dem säumigen Aktionär zu erbringende Sacheinlage einen hohen Wert, so wird die Auflösung der Gesellschaft bei gleichzeitiger Gründung einer an‐ deren Gesellschaft, an der der Säumige nicht beteiligt wird, vorzuziehen sein. Das gleiche gilt, wenn ohne diese Sacheinlage der Unternehmensgegenstand nicht zu verwirklichen ist, z.-B. bei einem bestimmten Patent. - 2.3.2.3 Differenzhaftung Bleibt der Wert des bei einer Sachgründung eingebrachten Vermögensge‐ genstandes hinter dem geringsten Ausgabebetrag der übernommenen Ak‐ tien nicht unwesentlich zurück, so kann das Registergericht die Eintragung der Aktiengesellschaft ablehnen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Vermögensgegenstandes ist der Zeitpunkt der Eintragung, nicht der der Anmeldung. Zu berücksichtigen sind auch Wertminderungen infolge von Leistungsstörungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Unmöglichkeit, Verzug, Rechts- oder Sachmängel). Das Gericht hat durch eine Zwischenver‐ fügung Gelegenheit zu geben, den Fehlbetrag freiwillig durch Leistung einer Bareinlage auszugleichen und damit die endgültige Zurückweisung des Ein‐ tragungsantrags abzuwenden. Wenn der Registerrichter die Unterdeckung nicht erkennt und die Gesellschaft trotz des Fehlbetrags einträgt, so ist der sacheinlagepflichtige Gründer gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, den Fehlbetrag in bar zu leisten. Beispiel: Ein Gründer hat zur Deckung eines geringsten Ausgabebetrags von 30.000 Euro alsbald nach Errichtung der Gesellschaft ein Fahrzeug mit einem durch Sachverständigengutachten belegten Zeitwert in eben dieser Höhe als Sacheinlage eingebracht. Noch vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister wird das Auto zufällig beschädigt; einen Schadenser‐ satzpflichtigen gibt es nicht, eine Vollkaskoversicherung greift nicht ein. Der Gründer muss die Wertdifferenz, die sich aus der Addition der Repara‐ turkosten und einer etwaigen Wertminderung ergibt, bei Totalschaden den vollen Zeitwert, in bar einzahlen. Anders als bei der GmbH besteht keine Ausfallhaftung der Mitgründer. 38 2 Gründung Hatte der einzubringende Vermögensgegenstand über den geringsten Ausgabebetrag der übernommenen Aktien hinaus auch ein Aufgeld decken sollen, so umfasst die Differenzhaftung des Aktionärs gegenüber der Gesell‐ schaft auch dieses (BGH ZIP 2012, 73). Die Differenzhaftung des Aktionärs hat somit einen weiteren Umfang als die Prüfungspflicht des Registerge‐ richts. Der Anspruch der Gesellschaft aus Differenzhaftung verjährt in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 2 GmbHG in zehn Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. - 2.3.2.4 Verjährung Der Anspruch der Gesellschaft auf Sacheinlagen oder Sachübernahmen verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 54 Abs. 4 AktG), d. h. von dem Zeitpunkt, zu dem der Aktionär vereinbarungsgemäß die Sacheinlage hätte erbringen oder die Sachübernahme vollziehen müssen. 2.4 Gründungsprüfung Die Vorschriften über die Gründungsprüfung bezwecken im Interesse der künftigen Gläubiger und Aktionäre die Sicherstellung der ordnungsgemä‐ ßen Errichtung der Aktiengesellschaft. Bei jeder Gründung ist die interne Gründungsprüfung durch die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zusätzlich eine externe Gründungsprüfung; Prüfungsgrundlage ist stets der Gründungsbe‐ richt. 2.4.1 Gründungsbericht Nachdem der Vorstand bestellt ist, haben die Gründer einen schriftlichen Bericht über den Hergang der Gründung zu erstatten (§ 32 AktG). Der Gründungsbericht ist von allen Gründern zu unterschreiben. Der Bericht erstreckt sich auf alle für die Entstehung der Aktiengesellschaft wesentli‐ chen Umstände, soweit sie bis zum Zeitpunkt der Prüfung eingetreten sind. Erforderlich sind somit insbesondere folgende Angaben: - Errichtung der Aktiengesellschaft (Tag der Satzungsfeststellung, Höhe des Grundkapitals), - Zahl und Aufgliederung der von jedem Gründer übernommenen Aktien, 2.4 Gründungsprüfung 39 - ggf. Höhe der geleisteten Einzahlungen, - Tag der Bestellung vonAufsichtsrat, Vorstand und Abschlussprüfer, - die Namen der Mitglieder des Aufsichtsrats und des Vorstands, - Personengleichheit von Gründern und Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat. Bei Vorliegen einer Sachgründung sind noch weitere Angaben zu machen (§ 32 Abs. 2 AktG): - Darlegung der wesentlichen Umstände, von denen die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen abhängt; die Angemessenheit ist zu bejahen, wenn der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu ge‐ währenden Aktien bzw. den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. Bei der Ausgabe von Aktien für einen höheren Betrag als den geringsten Ausgabebetrag hat der Wert der Sacheinlage bzw. Sachüber‐ nahme dem höheren Gesamtausgabebetrag der Aktien einschließlich eines etwaigen Agios zu entsprechen, deshalb ist im Gründungsbericht ggf. darzustellen, dass auch ein etwa zu leistendes Agio durch den Wert der Sacheinlage abgedeckt ist; - die vorausgegangenen, auf den Erwerb der Sacheinlagen durch die Aktiengesellschaft hinzielenden Rechtsgeschäfte der Gründer, die die Sacheinlagen leisten; - die auf den Gegenstand der Sacheinlage verwandten Anschaffungs- und Herstellungskosten der Gründer aus den letzten beiden Jahren; mit Hilfe dieser Angaben ist feststellbar, ob die Gegenleistung der Gesellschaft höher ist als der Betrag, den der Gründer selbst für den Gegenstand aufgewandt hatte; - beim Übergang eines Unternehmens auf die Gesellschaft die Betriebser‐ träge aus den letzten beiden Geschäftsjahren; unter Betriebsertrag ist der Jahresüberschuss im Sinne der §§ 266, 275 HGB zu verstehen. 2.4.2 Prüfung durch die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats haben den Hergang der Gründung zu prüfen, sog. interne Gründungsprüfung (§ 33 Abs. 1 AktG). 40 2 Gründung Prüfungsumfang Der Prüfung unterliegen alle tatsächlichen und rechtlichen Vorgänge, die mit der Gründung zusammenhängen, insbesondere - die Feststellung und der Inhalt der Satzung; - die Bestellung der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat und des Abschlussprüfers; - der Gründungsbericht; - die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Gründer im Grün‐ dungsbericht über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital und über die Festsetzungen nach §§ 26 und 27 AktG; - bei Vorliegen einer Sachgründung, ob der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen dem Ausgabebetrag und bei Ausgabe der Aktien für einen höheren Betrag als diesen auch dem Mehrbetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder dem Wert der dafür zu gewährenden Leistungen entspricht. Prüfungsbericht Der Prüfungsbericht der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat hat alle Punkte zu umfassen, auf die sich die Prüfung zu beziehen hat. Der Bericht muss so detailliert sein, dass das prüfende Gericht sich aufgrund der dargelegten Tatsachen ein eigenes Urteil über den Gegenstand der Prüfung bilden kann. Bei einer Sachgründung ist der Gegenstand jeder Sacheinlage oder Sachübernahme im Prüfungsbericht zu beschreiben und es ist die bei der Ermittlung seines Wertes angewandte Bewertungsmethode anzugeben; diese Angaben entfallen ebenso wie Ausführungen zum Wert der Sacheinlagen, soweit von einer externen Gründungsprüfung abgesehen wird. 2.4.3 Externe Gründungsprüfung Ein externer Prüfer, in der Regel ein Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer, hat als Gründungsprüfer den Hergang der Gründung zusätzlich zu prüfen, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt (§ 33 Abs. 2 AktG): 1. das ist bei mittelständischen Unternehmen meistens der Fall, weil in der Regel einer der Gründer Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats wird. Ist eine GmbH oder Aktiengesellschaft Gründerin, so besteht 2.4 Gründungsprüfung 41 die Prüfungspflicht auch, wenn ein Geschäftsführungs- oder Vorstands‐ mitglied der Gründerin bei der Gründungsgesellschaft Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats wird; ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats gehört zu den Grün‐ dern; 2. bei der Gründung sind für Rechnung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats Aktien übernommen worden; mit dieser Regelung wird eine Umgehung von Ziff. 1 ausgeschlossen; 3. ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats hat sich einen be‐ sonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen; die zusätzliche Prüfung durch einen Außenstehenden ist in diesen Fällen geboten, weil Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bei der vor‐ angehenden internen Gründungsprüfung nicht objektiv prüfen können, wenn es um die Beurteilung rechtlicher Beziehungen zwischen ihnen selbst und der Gesellschaft geht; 4. eine Gründung erfolgt mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen. In den Fällen der Ziffern 1 und 2 kann anstelle eines Gründungsprüfers auch der Notar, der die Feststellung der Satzung beurkundet hat, die Prüfung im Auftrag der Gründer vornehmen. Nimmt nicht der Notar die Prüfung vor, so bestellt das Gericht die Gründungsprüfer; dabei folgt das Gericht - zuständig ist der Registerrichter - in der Regel dem seitens der Gründer unterbreiteten Vorschlag, einen bestimmten Prüfer zu bestellen. Entsteht eine Aktiengesellschaft durch formwechselnde Umwandlung eines bereits bestehenden Rechtsträgers anderer Rechtsform, so ist eine externe Gründungsprüfung in jedem Fall durchzuführen. Bei einer Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen (Ziff. 4) kann von der externen Gründungsprüfung abgesehen werden, wenn ent‐ weder bestimmte Wertpapiere bzw. Geldmarktinstrumente oder andere Vermögensgegenstände, deren Wert ein Sachverständiger ermittelt hat, eingebracht werden sollen; siehe im Einzelnen § 33a AktG. Die Gründungsprüfung durch einen Gründungsprüfer bzw. den Notar ist nach alledem nur dann entbehrlich, wenn die Gesellschaft durch eine Bargründung neu entsteht oder ein Fall des § 33a AktG vorliegt, und wenn darüber hinaus keiner der Gründer bzw. kein gesetzlicher Vertreter eines Gründers Mitglied von Vorstand oder Aufsichtsrat wird. 42 2 Gründung Hinsichtlich des Prüfungsumfangs unterscheidet sich die externe Grün‐ dungsprüfung nicht von der Gründungsprüfung durch die Verwaltungsmit‐ glieder, sie umfasst aber auch den Gründungsprüfungsbericht der Verwal‐ tungsmitglieder. Für den Prüfungsbericht der Gründungsprüfer gelten die Ausführungen zum Prüfungsbericht der Verwaltungsmitglieder (Abschn. 2.4.2) entspre‐ chend. 2.5 Anmeldung der Gesellschaft Die Gesellschaft ist bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie ihren Sat‐ zungssitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 36 Abs. 1 AktG). Anders als bei der GmbH sind nicht alleine die gesetzlichen Vertreter, sondern auch sämtliche Aufsichtsratsmitglieder und Gründer anmeldepflichtig. Entsteht die Aktiengesellschaft durch formwechselnde Umwandlung einer GmbH, so sind deren Geschäftsführer zur Vornahme der Anmeldung verpflichtet. 2.5.1 Voraussetzungen für die Anmeldung Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jede Aktie, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, der eingeforderte Betrag eingezahlt ist. Der eingeforderte Betrag muss mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabe‐ betrags und das Aufgeld - das Aufgeld in voller Höhe und nicht lediglich zu einem Vier‐ tel - umfassen. Hatte der Vorstand mehr als ein Viertel der Bareinlage eingefordert, so muss dieser höhere Betrag eingezahlt sein, die gesetzliche Mindestquote von einem Viertel reicht dann nicht aus. Der eingezahlte Betrag muss, soweit er nicht bereits zur Bezahlung der bei der Gründung angefallenen Steuern und Gebühren verwandt wurde, endgültig zur freien Verfügung des Vorstands stehen (§ 36 Abs. 2 AktG); s. dazu Abschn. 2.3.1.2. Bei der Sachgründung ist es nicht erforderlich, dass der Gegenstand der Sacheinlage schon im Zeitpunkt der Anmeldung an die Gesellschaft übertragen worden ist; die Übereignung bzw. Abtretung der eingelegten Vermögensgegenstände ist vielmehr erst binnen fünf Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu bewirken (§ 36a Abs. 2 S. 2 AktG). Maßgeblich ist bei der Sacheinlage, dass die Sacheinlageverein‐ 2.5 Anmeldung der Gesellschaft 43 barung, d. h. eine den Aktionär bindende Rechtspflicht zur Übertragung des Gegenstands an die Gesellschaft, im Zeitpunkt der Anmeldung wirksam geschlossen worden ist. 2.5.2 Inhalt der Anmeldung Gegenstand der Anmeldung sind die Gesellschaft als solche sowie die folgenden Erklärungen und Angaben (§§ 36 Abs. 1, 37 AktG): 1. Die Erklärung, dass auf jede Aktie, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt worden ist und, soweit er nicht bereits zur Bezahlung der bei der Gründung angefallenen Steuern und Gebühren verwandt wurde, endgültig zur freien Verfügung (s. dazu Abschn. 2.3.1.1) des Vorstands steht. Dabei sind der Betrag, zu dem die Aktien ausgegeben werden, und der darauf eingezahlte Betrag anzugeben. Die Einzahlung der Bareinlagen zur freien Verfügung des Vorstands auf ein Konto gem. § 54 Abs. 3 AktG ist durch Bankbestätigung nach‐ zuweisen. Bei Sacheinlagen bedarf es der Erklärung, dass sie vollständig geleistet sind oder eine bindende Verpflichtung des einlegenden Aktio‐ närs gegenüber der Gesellschaft zur Übertragung dieser Vermögensge‐ genstände begründet worden ist und dass ihr Wert dem geringsten Ausgabebetrag, ggf. zuzüglich Agio, entspricht (§ 36a Abs. 2 S. 3 AktG). 2. Die Erklärung, dass von einer externen Gründungsprüfung abgesehen wurde, und dass der Wert der Sacheinlagen oder -übernahmen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht, sofern eine Sach‐ gründung ohne externe Gründungsprüfung erfolgt (§§ 37a, 33a AktG). 3. Die Versicherung der Vorstandsmitglieder, dass keine Umstände vor‐ liegen, die ihrer Bestellung (s. dazu Abschn. 5.2.2) entgegenstehen, und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht gem. § 53 Abs. 2 BZRG belehrt worden sind. 4. Die Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift. Die inländische Geschäftsanschrift muss zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden, ebenso etwaige Änderungen. Dies dient der Erleichterung von Zustellungen an die Gesellschaft, deren Anschrift auf diese Weise über das öffentlich einsehbare Handelsregister 44 2 Gründung ermittelbar ist, vergleichbar dem Einwohnermeldeamt für natürliche Personen. In der Regel stimmen die inländische Geschäftsanschrift und die An‐ schrift des Sitzes der Verwaltung überein. Sie fallen insbesondere dann auseinander, wenn die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz im Ausland hat. Als inländische Geschäftsanschrift kommt auch die inländische Wohnanschrift eines Vorstandsmitglieds, eines Aktionärs oder eines als Zustellungsbevollmächtigten eingesetzten Vertreters, z. B. eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters, in Betracht. Die besondere Bedeutung der inländischen Geschäftsanschrift zeigt sich darin, dass im Falle der Schließung des Geschäftslokals oder bei dessen unangemeldeter Verlegung ohne weiteres die öffentliche Zustellung an die Gesellschaft zulässig wird (§ 185 Nr. 2 ZPO); der Zustellende ist nicht verpflichtet, vorab nach den Wohnanschriften von Vertretern der Gesellschaft zu forschen. 5. Die Angabe von Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Vor‐ standsmitglieder. Anzugeben ist also, ob Gesamtvertretungs- oder Einzelvertretungsbe‐ fugnis besteht und ob eine Befreiung aller oder einzelner Vorstandsmit‐ glieder vom Mehrvertretungsverbot des § 181 Alt. 2 BGB erfolgt ist (s. dazu Abschn. 5.4.4.3). Zulässig aber nicht vorgeschrieben ist es, eine Person mit einer inländischen Anschrift, die für Willenserklärungen und Zustellungen an die Gesellschaft empfangsberechtigt ist, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 39 Abs. 1 S. 2 AktG). Als empfangsberechtigte Person kommt z. B. ein Ak‐ tionär in Betracht, aber auch ein Angehöriger eines Dienstleistungsberufs, etwa ein Rechtsanwalt oder Steuerberater. 2.5.3 Anlagen zur Anmeldung Neben der Bankbestätigung sind der Anmeldung beizufügen (§ 37 AktG): 1. die Satzung und die Urkunden, in denen die Satzung festgestellt worden ist und die Aktien von den Gründern übernommen worden sind; 2. im Fall der §§ 26 (Sondervorteile, Gründungsaufwand) und 27 AktG (Sacheinlagen, Sachübernahmen) die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und eine Berechnung des der Gesellschaft zur Last fallenden Gründungsauf‐ 2.5 Anmeldung der Gesellschaft 45 wands; in der Berechnung sind die Vergütungen nach Art und Höhe und die Empfänger einzeln anzuführen; 3. die Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats; 4. eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitgliede ersichtlich ist; 5. der Gründungsbericht und die Prüfungsberichte der Verwaltungsmit‐ glieder und der Gründungsprüfer bzw. des Notars nebst ihren urkund‐ lichen Unterlagen. Einer Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung sind Unterlagen über die Preisermittlung bzw. das der Bewertung zugrundelie‐ gende Sachverständigengutachten beizufügen (§ 37a Abs. 3 AktG). 2.6 Gerichtliche Prüfung, Eintragung, Bekanntmachung Erst die nach Prüfung durch das Gericht erfolgende Eintragung in das Han‐ delsregister lässt die juristische Person Aktiengesellschaft zur Entstehung gelangen und verleiht ihr die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu werden. 2.6.1 Prüfung durch das Gericht Das Gericht prüft auf der Grundlage der Anmeldung und der beigefügten Unterlagen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist (§ 38 AktG). Wenn das der Fall ist, nimmt das Gericht die Eintragung vor; bestehen Eintragungshindernisse, die behebbar sind, so hat das Gericht in der Regel den Beteiligten durch eine Zwischenverfügung (§ 25 Abs. 1 S. 3 HRV) Abhilfe zu ermöglichen. Erscheinen die Mängel indessen nicht behebbar, so kann das Gericht die Rücknahme der Anmeldung zwecks Kostenersparnis anregen oder nach Gewährung rechtlichen Gehörs durch einen mit Gründen zu versehenden Beschluss die Eintragung ablehnen. Nicht jede Fehlerhaftigkeit der Satzung führt zwingend zur Ablehnung des Eintragungsantrags. Das Gericht darf wegen einer mangelhaften, fehlenden oder nichtigen Bestimmung der Satzung die Eintragung nur ablehnen, wenn bestimmte, schwerwiegende - in § 38 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 AktG abschließend aufgezählte - Gründe vorliegen. 46 2 Gründung Die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung erstreckt sich auf das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 36, 36a, 37 und ggf. 37a AktG sowie auf die ordnungsgemäße Errichtung der Aktiengesellschaft, insofern besteht weitgehend Deckungsgleichheit mit dem Prüfungsgebiet der Gründungsprüfung. Die Prüfung umfasst nicht nur die Beachtung von aktienrechtlichen Vorschriften, sondern auch die Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung generell, z. B. Rechtsfähigkeit und Vertretung von als Gründern auftretenden ausländischen juristischen Personen, die ordnungs‐ gemäße Vertretung von nicht unbeschränkt geschäftsfähigen Personen, die Zulässigkeit des Unternehmensgegenstands. Prüfungsgegenstand ist auch der Wert der Sacheinlagen bzw. Sachüber‐ nahmen. Der Registerrichter hat nicht zu prüfen, ob der Wert der Sachein‐ lage neben dem geringsten Ausgabebetrag auch das Aufgeld deckt. Die Differenzhaftung des Aktionärs hat somit einen weiteren Umfang als die Prüfungspflicht des Registergerichts. Ergibt der Gründungsprüfungsbericht, dass der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt, so ist die Eintragung abzulehnen. Nur eine „nicht unwesent‐ liche Überbewertung“ soll zur Ablehnung des Eintragungsantrags führen, nicht eine jede geringfügige Überbewertung. Nach der Gesetzesbegründung soll der Registerrichter lediglich dann weitere Unterlagen bei der Gesellschaft anfordern, wenn sich auf Grund‐ lage der mit der Anmeldung eingereichten Unterlagen Hinweise auf eine wesentliche Überbewertung der Sacheinlage ergeben; fehlen derartige An‐ haltspunkte, so sei keine Ausforschungsermittlung einzuleiten mit der Folge, dass sich die Bearbeitungszeiten beim Handelsregister deutlich ver‐ kürzen. Bei Vorliegen einer wesentlichen Überbewertung kann das Gericht anstelle einer Zurückweisung der Anmeldung dem betreffenden Gründer die Gelegenheit geben, die Wertdifferenz durch Bareinlage aufzufüllen. Im Hinblick darauf ist es zweckmäßig, in die Satzung aufzunehmen, dass der Einlegende zum Ausgleich durch Bareinlage verpflichtet ist, soweit der Wert der Sacheinlage nicht ausreicht. Stellt das Gericht fest, dass eine Unterbilanz (s. Abschn. 2.7) infolge der Aufnahme der Geschäftstätigkeit vor der Eintragung eingetreten ist, kann es die Eintragung ablehnen. Stattdessen kann das Gericht auch der Gesellschaft aufgeben, die Unterbilanz von den Gründern beseitigen zu lassen. Ist das Gericht der Auffassung, dass die Ansprüche der Gesellschaft 2.6 Gerichtliche Prüfung, Eintragung, Bekanntmachung 47 auf Ausgleich der Unterbilanz mangels finanzieller Leistungsfähigkeit der Gründer ernsthaft gefährdet sind, muss es die Eintragung ablehnen. 2.6.2 Inhalt der Eintragung In das Handelsregister sind gemäß § 39 AktG einzutragen: - die Firma und der Sitz der Gesellschaft, - eine inländische Geschäftsanschrift, - der Gegenstand des Unternehmens, - die Höhe des Grundkapitals, - der Tag der Feststellung der Satzung, - die Vorstandsmitglieder und deren Vertretungsbefugnis, - ggf. eine empfangsberechtigte Person mit einer inländischen Anschrift, - ggf. Bestimmungen über die Dauer der Gesellschaft oder über das genehmigte Kapital. Die Eintragung erfolgt in Abteilung B des von den Gerichten elektronisch geführten Handelsregisters. Die Eintragung und die mit der Anmeldung eingereichten Dokumente sind jedermann über das Handelsregister und die Internetseite des Unternehmensregisters (www.unternehmensregister.d e) zugänglich (§-8b Abs. 2, § 9 Abs. 1 HGB). 2.6.3 Bekanntmachung der Eintragung Das Gericht macht die Eintragung in das Handelsregister ihrem ganzen In‐ halt nach elektronisch bekannt; sie kann von jedermann auf der Internetseite des Unternehmensregisters eingesehen werden. 2.7 Wirkungen der Eintragung; Stadien der Aktiengesellschaft Vor der Eintragung im Handelsregister besteht die Aktiengesellschaft als solche nicht, durch die Eintragung entsteht sie als juristische Person (§ 41 Abs. 1 AktG). Die (eingetragene) Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet (§ 1 Abs. 1 AktG); sie kann insbeson‐ 48 2 Gründung dere Eigentum an Grundstücken erwerben und vor Gericht klagen und verklagt werden. Bis zu der Eintragung besteht die Gesellschaft als Vor-Aktiengesellschaft. Die Vor-Aktiengesellschaft ist von der Rechtsprechung als eigenständige Organisationsform anerkannt. Sie entsteht bei der nach Maßgabe der §§ 28, 29 AktG erfolgten Errichtung der Aktiengesellschaft und ist rechtsfähig, kann also Träger von Rechten und Pflichten sein und als „AG i. G.“ am Geschäftsverkehr teilnehmen. Mit Zustimmung aller Gründer kann die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit schon vor ihrer Eintragung in das Handelsregister aufnehmen. Die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister hat zur Folge, dass sich die Rechtsform ändert, also die äußere Form des Unternehmens, wobei die rechtliche und wirtschaftliche Identität über die Eintragung hinweg gewahrt bleibt. Es handelt sich vor und nach der Eintragung um denselben Rechtsträger, die Zuordnung der Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten und Vertragsverhältnisse ändert sich nicht, diese sind vom Zeitpunkt der Eintragung an solche der Aktiengesellschaft, ohne dass seitens der Vor-Ak‐ tiengesellschaft eine Vermögensübertragung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge stattfindet; das entspricht den Rechtswirkungen eines Formwechsels nach § 202 Abs. 1 Nr.-1 UmwG (s. dazu Abschn. 4.6.6). Kommt es nicht zur Eintragung in das Handelsregister, so ist die Ab‐ wicklung (Liquidation) der Vor-Aktiengesellschaft in entsprechender An‐ wendung der §§ 264 ff. AktG durchzuführen (s. dazu Kap. 15). Für die Verbindlichkeiten der Vor-Aktiengesellschaft haftet ein Gründer grundsätz‐ lich Dritten gegenüber nicht persönlich, ist aber, wenn er mit der vorzeitigen Aufnahme des Geschäftsbetriebs einverstanden war, anteilig der Vor-Akti‐ engesellschaft gegenüber zur Deckung von Verlusten verpflichtet, soweit diese nicht durch Gesellschaftsvermögen gedeckt sind (BGH NJW 1997, 1507); das gilt bei der Einpersonen-Aktiengesellschaft entsprechend. Unterbleibt die Abwicklung, so wandelt sich die Vor-Aktiengesellschaft identitätswahrend in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), ggf. in eine offene Handelsgesellschaft (§§ 105 ff. HGB), um mit der Folge, dass die Gründer nunmehr für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner nach außen persönlich haften. Der Vorstand haftet für die von ihm vor der Eintragung der Aktienge‐ sellschaft in deren Namen eingegangenen Verbindlichkeiten persönlich, sog. Handelndenhaftung, § 41 AktG. Werden die Vorstandsmitglieder dar‐ aus in Anspruch genommen, so haben sie Rückgriffsansprüche gegen 2.7 Wirkungen der Eintragung; Stadien der Aktiengesellschaft 49 die Gesellschaft. Wird die Aktiengesellschaft eingetragen, so erlischt die Handelndenhaftung. Die Handelndenhaftung kann in bestimmten Fällen auch Mitglieder des Aufsichtsrats treffen; das gilt aber nicht gegenüber den Personen, die den ersten Vorstand bilden, vgl. BGH DB 2004, 1608. Bleibt bei der vorzeitigen Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Wert des Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister hinter dem Betrag des Grundkapitals zurück (Unterbilanz), so sind die Grün‐ der anteilig der Aktiengesellschaft gegenüber zur Deckung des Verlustes verpflichtet (Unterbilanzhaftung; auch: Vorbelastungshaftung); das trifft nicht diejenigen Gründer, die damit nicht einverstanden waren und ggf. noch nicht einmal davon wussten (OLG Hamm NZG 2002, 867). Die Höhe der Unterbilanzhaftung ist nicht auf den Betrag des Grundkapitals beschränkt. Der Vorstand hat die Ansprüche der Gesellschaft aus Unterbilanzhaftung gegen die Gründer geltend zu machen. Für diese Ansprüche gilt eine zehnjährige Verjährungsfrist, gerechnet ab dem Eintragungszeitpunkt. Der Zeitpunkt der Eintragung ist auch maßgeblich für die Ermittlung der Höhe des Fehlbetrags bei der Differenzhaftung. Die durch die Eintragung erworbene Rechtsfähigkeit geht durch die Auflösung (s. dazu Kap. 15) nicht verloren, vielmehr ändert sich dadurch zu‐ nächst nur der Zweck der Gesellschaft, der nun auf die Abwicklung gerichtet ist; aus der werbenden Gesellschaft wird eine Abwicklungsgesellschaft. Erst die Löschung im Handelsregister führt zur Beendigung der Gesellschaft und zum Verlust der Rechtsfähigkeit. Die Vor-Aktiengesellschaft ist zu unterscheiden von der Vor-Gründungs‐ gesell-schaft, die vor Errichtung der Aktiengesellschaft zwischen den Grün‐ dern bestehen kann und deren Zweck die Vorbereitung der Errichtung ist. Es handelt sich dabei um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Zeitpunkt der Errichtung der Aktiengesellschaft infolge Zweckerreichung endet. Die in der Vor-Gründungsgesellschaft etwa entstandenen Rechte und Pflichten gehen nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Vor-Ak‐ tiengesellschaft oder auf die Aktiengesellschaft über, es bedarf vielmehr der Einzelübertragung durch die Gesellschafter. 50 2 Gründung 2.8 Gründerhaftung Die Gründer, also die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben, sind der Gesellschaft für den Gründungshergang verantwortlich und bei Pflichtver‐ stößen zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet (§ 46 AktG). 2.9 Nachgründung Die Nachgründung ist nicht etwa eine der Bargründung oder der Sachgrün‐ dung vergleichbare Gründungsmodalität, wie es die Bezeichnung nahelegt. Es geht dabei vielmehr um den Abschluss wirtschaftlich bedeutsamer Rechtsgeschäfte binnen zwei Jahren ab Gründung. Die in § 52 AktG getrof‐ fene Regelung zur Nachgründung verfolgt den Zweck, die Umgehung der Sachgründungsvorschriften und insbesondere der Gründungsprüfungsvor‐ schriften zu verhindern. Die inhaltliche Verknüpfung mit dem Gründungs‐ verfahren rechtfertigt die Behandlung der Nachgründung an dieser Stelle. 2.9.1 Anwendungsbereich Die Vorschrift des § 52 AktG betrifft Verträge über den Erwerb von Vermö‐ gensgegenständen, insbesondere von vorhandenen oder herzustellenden Anlagen, die in den ersten zwei Jahren seit der Eintragung der Aktienge‐ sellschaft in das Handelsregister geschlossen werden. Dabei werden nur Geschäfte mit Gründern oder mit mehr als 10 % des Grundkapitals an der Gesellschaft beteiligten Aktionären, nicht aber solche mit fremden Dritten, erfasst. Der Begriff des Vermögensgegenstandes ist weit und umfasst jeden‐ falls alles das, was als Sacheinlage einlagefähig (dazu Abschn. 2.3.2.1) ist. Auf die Art des Vertrages kommt es nicht an, deshalb werden außer Kaufverträgen auch beispielsweise Werkverträge sowie Miet-, Pacht- und Leasingverträge erfasst. Die Nachgründungsvorschriften können nicht da‐ durch umgangen werden, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang in mehrere Verträge zerlegt wid. Auf der anderen Seite sind mehrere Verträge mit einem Vertragspartner grundsätzlich getrennt zu betrachten. Weitere Voraussetzung des § 52 AktG ist, dass die Vergütung mehr als 10 % des Grundkapitals ausmacht. Maßgeblich ist die Höhe des Grundkapitals im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Gewinn- und Kapitalrücklagen bleiben außer Betracht. Wird das Grundkapital innerhalb des Zweijahreszeitraumes 2.8 Gründerhaftung 51 erhöht, so ist ab Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister das höhere Grundkapital maßgebend. Als Nachgründung gilt auch, wenn innerhalb von zwei Jahren nach der Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister eine Sachkapital‐ erhöhung erfolgt, die in ihrem Umfang 10-% des Grundkapitals übersteigt. Bei der Berechnung der Zweijahresfrist ist auf die Eintragung der Akti‐ engesellschaft in das Handelsregister abzustellen. Das gilt nicht für eine Aktiengesellschaft, die ihre Rechtsform durch Formwechsel einer GmbH erlangt hat, welche zuvor bereits seit mindestens zwei Jahren im Handels‐ register eingetragen war, hier ist § 52 AktG nicht anzuwenden. Im Falle der wirtschaftlichen Neugründung durch Aktivierung einer Vorratsgesellschaft (dazu Abschn. 2.11) sind die Zweijahresfrist i. S. d. § 52 Abs. 1 AktG und die Jahresfrist des § 52 Abs. 5 AktG nicht vom Zeitpunkt der erstmaligen Eintragung, sondern von der wirtschaftlichen Neugründung an zu berechnen. Die Vorschriften über die Nachgründung gelten nicht, wenn der Erwerb der Vermögensgegenstände im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesell‐ schaft, in der Zwangsvollstreckung oder an der Börse erfolgt. Während der Erwerb in der Zwangsvollstreckung oder an der Börse in der Praxis keine große Rolle spielt, ist der zuerst genannte Ausnahmetatbestand durchaus von Bedeutung. Maßgeblich dafür ist die Art und Weise der Geschäftstätig‐ keit nach dem in der Satzung angegebenen Unternehmensgegenstand (dazu Abschn. 3.1.2); Hauptfall ist der Erwerb von Grundbesitz durch Immobili‐ engesellschaften. Aber auch die sogenannten Hilfsgeschäfte, also solche, ohne die der Unternehmensgegenstand nicht verfolgt werden kann, fallen unter den Ausnahmetatbestand. Das betrifft insbesondere den Erwerb von Gegenständen des Umlaufvermögens, also z. B. von Roh- und Hilfsstoffen für die Fertigung oder von zur Weiterveräußerung bestimmten Waren. 2.9.2 Rechtliche Bestimmungen für Nachgründungsverträge Nachgründende Verträge sind in Schriftform zu schließen, sofern nicht gesetzlich eine strengere Form vorgeschrieben ist. Der Aufsichtsrat hat den Vertrag zu prüfen und einen schriftlichen Bericht zu erstatten (Nach‐ gründungsbericht); für den Nachgründungsbericht gelten die Vorschriften über den Gründungsbericht sinngemäß. Außerdem hat eine Prüfung durch einen Gründungsprüfer stattzufinden, wobei unter den Voraussetzungen 52 2 Gründung des § 33a AktG (s. Abschn. 2.4.3) von einer Prüfung durch Gründungsprüfer abgesehen werden kann. Der geprüfte Vertrag ist der Hauptversammlung zur Zustimmung vor‐ zulegen. Der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertre‐ tenen Grundkapitals und damit auch der notariellen Beurkundung. Nach Zustimmung der Hauptversammlung hat der Vorstand den Vertrag zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Mit der Eintragung der Tatsache des Vertragsschlusses - der Text des Vertrages ist nicht einzutragen - wird der Vertrag wirksam. Ein ohne die Zustimmung der Hauptversammlung und Eintragung in das Handelsregister geschlossener nachgründender Vertrag ist ebenso wie eine etwaige Übereignung des Gegenstandes schwebend unwirksam. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Veräußerer sich in der Schwebezeit gem. § 178 BGB von dem Vertrag durch Widerruf wieder lösen könnte. Der Veräußerer ist gebunden, und das Wirksamwerden des Vertrages hängt nur noch von der Hauptversammlung der erwerbenden Aktiengesellschaft ab. Der Vertrag wird endgültig unwirksam, wenn die Hauptversammlung dem Vertrag ihre Zustimmung versagt. Einem wegen Nichtbeachtung der Vorschrift des § 52 AktG unwirksamen Nachgründungsvertrag kann nach Ablauf der Zweijahresfrist vom Vorstand der Aktiengesellschaft und dem Veräußerer gem. § 141 Abs. 2 BGB durch Bestätigung zur Wirksamkeit vom Zeitpunkt der Bestätigung an verholfen werden. Zu Beweiszwecken ist es dringend angeraten, die beiderseitige Vornahme der Bestätigung schriftlich zu dokumentieren. Dann braucht die Hauptversammlung nicht mehr zuzustimmen, um den Vertrag voll wirksam werden zu lassen, und das weitere Nachgründungsverfahren entfällt. 2.10 Einpersonen-Aktiengesellschaft Die Gründung einer Aktiengesellschaft durch eine einzelne Person (Ein‐ mann-AG, Einpersonen-AG) ist zulässig. Die Einpersonen-AG kann auch nachträglich in der Weise entstehen, dass sich alle Aktien in einer Hand vereinigen oder wenn ein einzelner Aktionär und daneben die Gesellschaft selbst alle Aktien halten. Ferner entsteht eine Einpersonen-AG im Falle der Ausgliederung aus dem Vermögen eines Rechtsträgers zur Neugrün‐ dung einer Aktiengesellschaft (dazu Abschn. 4.8), insbesondere wenn ein 2.10 Einpersonen-Aktiengesellschaft 53 Einzelkaufmann das von ihm betriebene Unternehmen zur Neugründung einer Aktiengesellschaft ausgliedert (dazu Abschn. 4.1.1). Grundsätzlich weicht die rechtliche Behandlung der Einpersonen-AG nicht von der der Mehrpersonen-AG ab. Unterschiede zeigen sich insbesondere in der Grün‐ dungsphase. Bei der Einpersonen-AG wird die Gesellschaft strenggenommen nicht durch einen Vertrag - dazu müsste eine weitere Person mitwirken - errich‐ tet, sondern durch ein einseitiges Rechtsgeschäft des Gründers; dennoch wird auch hier von einem Gesellschaftsvertrag (Satzung) gesprochen, s. § 2 AktG. Der Gesetzgeber hat nicht geregelt, wie eine als Einpersonen-AG gegrün‐ dete Vor-Aktiengesellschaft in dem Zeitraum zwischen Errichtung und Eintragung rechtlich zu behandeln ist. Nach herrschender Meinung im juristischen Schrifttum entsteht auch im Falle der Errichtung durch nur einen einzigen Gründer eine rechtsfähige, körperschaftlich strukturierte Gesellschaft eigener Art (Koch, Rz. 4, 17b zu § 41 AktG), die am Geschäfts‐ verkehr als „AG i. G.“ teilnimmt. Durch die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ändert sich die Rechtsform, also die äußere Form des Unternehmens, wobei die rechtli‐ che und wirtschaftliche Identität über die Eintragung hinweg gewahrt bleibt. Es handelt sich vor und nach der Eintragung um denselben Rechtsträger, die Zuordnung der Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten und Vertragsver‐ hältnisse ändert sich nicht, diese sind vom Zeitpunkt der Eintragung an solche der Aktiengesellschaft, ohne dass seitens der Vor-Aktiengesellschaft eine Vermögensübertragung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnach‐ folge stattfindet; das entspricht den Rechtswirkungen eines Formwechsels nach § 202 Abs. 1 Nr.-1 UmwG (s. dazu Abschn. 4.6.6). Im Falle des Scheiterns oder der Aufgabe der Gründung bedarf es der Abwicklung (Liquidation) der Vor-Aktiengesellschaft. Unterbleibt die Ab‐ wicklung, so gehen Rechte und Pflichten der Vor-Aktiengesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Gründer über. Bei Gründung oder nachträglicher Entstehung einer Einpersonen-AG hat der Vorstand dem Handelsregister nach § 42 AktG eine entsprechende Mitteilung einzu‐ reichen; s. dazu Abschn. 5.5.4. Bei Aufnahme eines zusätzlichen Aktionärs ist die Gesellschaft keine Einpersonen-AG mehr, was dem Handelsregister ebenfalls mitzuteilen ist. Ist der alleinige Aktionär zugleich auch Vorstandsmitglied, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft die Vorschrift des § 181 BGB über 54 2 Gründung Insichgeschäfte anzuwenden (Koch, Rz. 2 zu § 42 AktG). Zur rechtlichen Behandlung von Insichgeschäften und zur Befreiung von den Beschränkun‐ gen des § 181 Alt.-2 BGB s. Abschn. 5.4.4.3. Der alleinige Aktionär der Einpersonen-AG kann jederzeit eine Haupt‐ versammlung als Vollversammlung abhalten und Beschlüsse fassen (vgl. § 121 Abs. 6 AktG). Bei der Einpersonen-AG ist das Teilnehmerverzeichnis entbehrlich, ebenso die Feststellung über die Beschlussfassung, deshalb muss die Hauptversammlung keinen Versammlungsleiter haben; dennoch sollten diese Formalien aus Gründen äußerster Vorsicht jedenfalls bei Beschlüssen, die zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind, beachtet werden. Ist der alleinige Aktionär zugleich Vorstandsmitglied, unterliegt er bei der Beschlussfassung über seine Entlastung nicht dem Stimmverbot nach § 136 AktG. 2.11 Vorratsgründung Die Eintragung einer Aktiengesellschaft konnte früher wegen des aufwen‐ digen Gründungsverfahrens mehrere Wochen dauern, weshalb sich in der Praxis mehr und mehr der Einsatz von Vorratsgesellschaften durchgesetzt hatte. Eine Vorratsgesellschaft wird alleine zu dem Zweck gegründet, dem späteren Erwerber den Zeitverlust zwischen Gründung und Eintragung der Gesellschaft zu ersparen und ihm die möglichst schnelle Aufnahme der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen. Sie entfaltet bis zu ihrer Aktivie‐ rung durch den späteren Erwerber keine eigene Geschäftstätigkeit und beschränkt sich auf die Verwaltung ihres eigenen Vermögens durch Anlage des eingezahlten Kapitals auf einem Bankkonto der Gesellschaft. Die Zahl der Vorratsgründungen ist zurückgegangen, nachdem seit einigen Jahren die externe Gründungsprüfung (s. Abschn. 2.4.3) bei einer Bargründung auch durch den beurkundenden Notar vorgenommen werden kann und die Anmeldung der Gründung durch den Notar ausschließlich in elektronischer Form erfolgt. 2.11 Vorratsgründung 55 3 Satzung Bei dem Inhalt der Satzung ist zu unterscheiden zwischen den notwendigen und den fakultativen Bestimmungen. 3.1 Notwendiger Inhalt der Satzung Die Satzung muss zwingend folgende Bestimmungen treffen (§ 23 AktG): 3.1.1 Firma und Sitz Die Satzung muss die Firma (§ 4 AktG) der Gesellschaft bestimmen. Im Handelsrecht ist „Firma“ der Name des kaufmännischen Unternehmens (§ 17 HGB); das weicht ab vom allgemeinen Sprachgebrauch, wo das Wort Firma ein Synonym für „Unternehmen“ ist. Die Firma muss die Bezeichnung der Rechtsform enthalten, wobei eine allgemein verständliche Abkürzung, z. B. AG, ausreicht. Die Firma muss nicht dem Gegenstand des Unternehmens entnommen sein, und es sind neben Personalfirmen und Sachfirmen auch Phantasiefirmen zulässig, wenn sie folgende drei Voraussetzungen erfüllen: - die Firma muss zur Kennzeichnung geeignet sein und Unterscheidungs‐ kraft besitzen, - die Firma darf keine irreführenden Angaben enthalten, - die Firma muss sich von allen an demselben Ort bestehenden eingetra‐ genen Firmen deutlich unterscheiden. Die Satzung muss ferner den Sitz der Gesellschaft enthalten. Sitz der Gesellschaft ist der Ort im Inland, den die Satzung bestimmt (§ 5 AktG). Dieser Satzungssitz ist in den meisten Fällen zugleich auch der Ort der tatsächlichen Verwaltung, d. h. der Verwaltungssitz. Die gesetzlichen Vor‐ schriften lassen zu, dass der Verwaltungssitz nicht mit dem Satzungssitz übereinstimmt, ferner, dass der Verwaltungssitz sich im Ausland befindet. Damit ist es möglich, dass die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit auch aus‐ schließlich im Rahmen einer (Zweig-) Niederlassung im Ausland entfaltet, die sämtliche Geschäftsaktivitäten umfasst und somit den Verwaltungssitz der Gesellschaft darstellt. Ein Beschluss der Hauptversammlung zur Verle‐ gung (auch) des Satzungssitzes ins Ausland wäre nichtig; käme es dennoch zur Eintragung eines solchen Beschlusses, so hätte das Registergericht die Auflösung der Gesellschaft in die Wege zu leiten. Die Gesellschaften mit ausländischem Verwaltungssitz bleiben im Inland erreichbar über die bei der Anmeldung der Gesellschaft anzugebende inlän‐ dische Geschäftsanschrift; darüber hinaus können sie die Erreichbarkeit weiter absichern durch die Anmeldung einer für Willenserklärungen und Zustellungen empfangsberechtigten Person (§ 39 Abs. 1 S. 2 AktG). Zahl‐ reiche ausländische Unternehmen machen von der Möglichkeit Gebrauch, ihre inländischen Tochtergesellschaften vom Ausland her zu leiten. Und deutsche Konzernobergesellschaften gründen zunehmend ihre im Ausland tätigen Tochtergesellschaften in der Rechtsform der deutschen GmbH oder Aktiengesellschaft und bestimmen dabei einen einheitlichen, mit dem Sitz der Obergesellschaft identischen Satzungssitz. 3.1.2 Gegenstand des Unternehmens In der Satzung ist der Gegenstand des Unternehmens zu bestimmen. Der Unternehmensgegenstand bezeichnet das Mittel, mit dem der Gesellschafts‐ zweck erreicht werden soll. Zweck der Gesellschaft ist in der Regel die Gewinnerzielung, kann aber auch die Verfolgung von gemeinnützigen Zielen sein. Der Unternehmensgegenstand muss derartig individualisiert sein, dass der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit erkennbar wird. Anzuge‐ ben ist z. B., ob Produkte erzeugt, bearbeitet oder gehandelt werden; die Produkte sind der Art nach zu bezeichnen. Bei Dienstleistungsunternehmen ist die Tätigkeit anzugeben. Verstößt der Unternehmensgegenstand gegen gesetzliche Vorschriften, so muss das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ablehnen. Bestimmte Geschäftstätigkeiten bedürfen der staatlichen Genehmigung, z. B. die Ausübung einzelner handwerklicher oder freier Berufe, die Herstel‐ lung von Arzneimitteln oder der Betrieb einer Gaststätte. Auch wenn die Genehmigungsurkunde bei der Anmeldung der Gesellschaft nicht vorgelegt werden muss, hat der Vorstand eine erforderliche Genehmigung dennoch unverzüglich zu beschaffen, weil sonst die Geschäftstätigkeit nicht ausgeübt werden darf. Bei einem Verstoß droht das Einschreiten der zuständigen Behörden, ferner könnten Wettbewerber gegen die Gesellschaft nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorgehen. 58 3 Satzung Die besondere Bedeutung der Bestimmung des Unternehmensgegens‐ tands in der Satzung zeigt sich darin, dass eine Änderung einer Mehrheit bedarf, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst, und dass dieses Mehrheitserfordernis durch die Satzung nicht erleichtert, sondern nur verschärft werden kann (§ 179 Abs. 2 S.-2 AktG). 3.1.3 Höhe des Grundkapitals Das Grundkapital der Aktiengesellschaft beträgt mindestens 50.000 Euro und muss auf einen Nennbetrag in Euro lauten (§§ 6, 7 AktG). 3.1.4 Zerlegung des Grundkapitals Die Satzung muss folgende Bestimmungen zur Zerlegung des Grundkapitals treffen: - Aktienform: entweder Stückaktien oder Nennbetragsaktien, - bei Stückaktien: Zahl der Stückaktien, - bei Nennbetragsaktien: Nennbeträge und Zahl der Aktien jeden Nenn‐ betrags, - die Gattung der Aktien (§ 11 AktG) und die Zahl der Aktien jeder Gattung, wenn mehrere Gattungen bestehen; das betrifft insbesondere die Ausgabe von Vorzugsaktien. 3.1.5 Namens- oder Inhaberaktien Die Satzung bestimmt, ob die Aktien der Gesellschaft auf den Namen des Aktionärs oder auf den Inhaber lauten (§ 10 AktG) bzw. ob beide Aktienarten nebeneinander ausgegeben werden. Die Ausgestaltung der Aktie als Namensaktie oder Inhaberaktie entscheidet darüber, auf welche Weise sich jemand als Aktionär gegenüber Dritten und der Gesellschaft le‐ gitimieren kann. Grundsätzlich lauten Aktien auf den Namen des Aktionärs und werden ins Aktienregister eingetragen (s. Abschn. 8.2.4). Die Ausgabe von Inhaberaktien ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft börsennotiert ist oder der Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen und die Sammel‐ urkunde bei einer der gesetzlich zugelassenen Stellen hinterlegt ist; diese 3.1 Notwendiger Inhalt der Satzung 59 Vorschrift ist nicht auf Gesellschaften mit Inhaberaktien anzuwenden, deren Satzung vor dem 31. Dezember 2015 beurkundet worden war. 3.1.6 Zahl der Vorstandsmitglieder und Zusammensetzung des Vorstands Die Satzung kann festlegen, dass der Vorstand nur aus einer einzigen Person besteht (§ 76 Abs. 2 AktG). Sie kann auch eine höhere Zahl festlegen oder eine Mindest- und Höchstzahl vorgeben oder anordnen, dass die Zahl vom Aufsichtsrat festgelegt wird. Bei Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. Euro hat der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen. Die Satzung kann aber bestimmen, dass der Vorstand auch bei einem diesen Betrag übersteigenden Grundkapital nur aus einer Person besteht. Unterliegt die Aktiengesellschaft der Mitbestimmung nach dem Mitbe‐ stimmungsgesetz 1976 (dazu Abschn. 6.1.3), ist als gleichberechtigtes Vor‐ standsmitglied ein Arbeitsdirektor zu bestellen (§§ 76 Abs. 2 AktG, 33 MitbestG), weshalb der Vorstand dann zwingend aus mindestens zwei Personen besteht. Bei Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unter‐ liegen, hat der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Vorstand eine Zielgröße festzulegen (§ 111 Abs. 5 AktG). 3.1.7 Bekanntmachungen der Gesellschaft Die Satzung muss Bestimmungen über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft enthalten (§ 23 Abs. 4 AktG). Die Bekanntmachungen der Gesellschaft selbst sind abzugrenzen von den Bekanntmachungen des Registergerichts; nur dieses ist zuständig für die Bekanntmachung der die Gesellschaft betreffenden Eintragungen in das Handelsregister, die über die Internetseite www.unternehmensregister.de für jedermann einsehbar sind (§ 8b HGB). Bei den Bekanntmachungen der Gesellschaft ist zu unterscheiden zwi‐ schen den Pflichtbekanntmachungen und den freiwilligen Bekanntmachun‐ gen der Gesellschaft. Die Vorschrift des § 23 Abs. 4 AktG zielt nur auf die freiwilligen Bekanntmachungen, etwa die Veröffentlichung von Vierteljah‐ resberichten. 60 3 Satzung Die Pflichtbekanntmachungen, das sind die von der Gesellschaft aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer Satzungsbestimmung in den Gesellschaftsblättern vorzunehmenden Bekanntmachungen, sind zwingend in den Bundesanzeiger (§ 25 AktG) einzurücken, wo sie über die Internetseite www.unternehmensregister.de von jedermann eingesehen werden können. Pflichtbekanntmachungen sind insbesondere: - Offenlegung Jahresabschluss, Konzernabschluss (Abschn. 10.4, 14.6) - Konzernrechtliche Mitteilungen (Abschn. 14.1) - Aufforderung Einlagenleistung (Abschn. 2.3) - Einberufung Hauptversammlung (Abschn. 7.2) - Aufforderung zur Ausübung des Bezugsrechts (Abschn. 12.1.2.1) - Erhebung Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage (Abschn. 7.7.2) - Gläubigeraufruf der Abwickler (Kap.-15). 3.1.8 Gründungsaufwand, Sondervorteile Der Aufwand für die Gründung der Gesellschaft ist grundsätzlich von den Gründern selbst zu tragen, er kann aber durch die Satzung der Gesellschaft auferlegt werden (§ 26 Abs. 2 AktG). Der Gründungsaufwand, der Grün‐ dungsentschädigung und Gründerlohn umfasst, darf nicht unangemessen hoch sein; ein Betrag von bis zu 10 % des Grundkapitals wird von den Registergerichten in der Regel nicht beanstandet. Unter Gründungsentschädigung versteht man den Ersatz von Aufwendun‐ gen der Gründer für die Beratung durch Rechtsanwälte und Steuerberater, die Beurkundung der Gründung, die Gründungsprüfung, die Anmeldung zum Handelsregister, die Herbeiführung der Eintragung der Gesellschaft und deren Veröffentlichung sowie für die Gerichtskosten. Da die Gesell‐ schaft im Zeitpunkt der Entstehung dieser Kosten noch nicht gegründet ist, handelt es sich um Aufwendungen, die nach allgemeinen Grundsätzen von den Gründern zu leisten sind. Abweichend davon gehen diese Aufwendun‐ gen zu Lasten der Aktiengesellschaft, wenn die Satzung eine entsprechende Bestimmung aufweist. Als Gründerlohn gelten - unabhängig von der gewählten Bezeichnung - sämtliche Tätigkeitsvergütungen an Gründer oder an Dritte für die Mitwir‐ kung bei der Gründung und ihrer Vorbereitung, einschließlich der Honorare für Gutachten, Beratung oder Vermittlung. Die Bezüge des Vorstands vor 3.1 Notwendiger Inhalt der Satzung 61 der Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister gehören nicht dazu (BGH DB 2004, 1608). Die Einräumung besonderer Vorteile („Sondervorteile“) bedarf gem. § 26 Abs. 1 AktG der Verankerung in der Satzung. Gemeint sind Gläubigerrechte, die Aktionären oder Dritten in sachlichem Zusammenhang mit der Grün‐ dung gewährt werden. Beispiele sind Warenbezugsrechte oder Ansprüche auf Umsatzprovision. Werden Leistungen, die als Sondervorteile oder Gründungsaufwand zu qualifizieren sind, ohne satzungsmäßige Grundlagen zu Lasten der Aktien‐ gesellschaft erbracht, so hat die Aktiengesellschaft Rückforderungsansprü‐ che gegen den Empfänger. 3.1.9 Sacheinlagen, Sachübernahmen Die Aktionäre sind grundsätzlich verpflichtet, den Ausgabebetrag der Ak‐ tien in bar einzuzahlen, s. dazu Abschn. 2.3.1. Anstelle der Bargründung können die Gründer auch eine Sachgründung mittels Sacheinlagen oder Sachübernahmen beschließen. Die Sachgründung ist nur zulässig, wenn bestimmte Festsetzungen dazu in der Satzung getroffen werden (§ 27 AktG). Festzusetzen sind danach der Gegenstand der Sacheinlage oder der Sach‐ übernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergü‐ tung. Zu den Rechtsfolgen unzureichender Festsetzungen bei Sacheinlagen und Sachübernahmen s. Abschn. 2.3.2.1. 3.2 Individuelle Gestaltungen Die Aktionäre verfügen nur über einen begrenzten Spielraum für individu‐ elle Gestaltungen, da die Satzung von den gesetzlichen Vorschriften nur abweichen kann, wenn das ausdrücklich vom Gesetz zugelassen ist, und er‐ gänzende Bestimmungen nur dann zulässig sind, wenn das Gesetz nicht eine abschließende Regelung enthält (§ 23 Abs. 5 AktG). Diese Einschränkung der Satzungsautonomie bezweckt den Schutz von Gläubigern und künftigen Aktionären. Hierin unterscheidet sich die Aktiengesellschaft ganz wesentlich von der GmbH: die Vorschriften des GmbH-Gesetzes sind überwiegend dispositiv, 62 3 Satzung das heißt sie können durch die Satzung abbedungen oder modifiziert werden, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich als zwingend bezeichnet, also genau umgekehrt. Der Grundsatz der Satzungsstrenge lässt nicht zu, dass die Satzung Rechtsverhältnisse der Aktionäre untereinander regelt, wie es bei Gesell‐ schaften mit beschränkter Haftung gebräuchlich ist, wie z. B. Vor- oder An‐ kaufsrechte, Wettbewerbsverbote oder Stimmrechtsvereinbarungen. Derar‐ tige Regelungen sind deshalb bei der Aktiengesellschaft außerhalb der Satzung in einer schuldrechtlichen, satzungsergänzenden Nebenabrede der Aktionäre (Aktionärsvereinbarung, auch Konsortial-, Schutzgemeinschafts- oder Poolvertrag bezeichnet) zu treffen. Zur Aktionärsvereinbarung s. Abschn. 3.3. Den Gründern ist zu empfehlen, rechtzeitig vor der Errichtung der Aktiengesell. Schaft mit ihren Beratern Überlegungen anzustellen, welche der nach dem Aktiengesetz zulässigen individuellen Gestaltungsmöglich‐ keiten für die Satzung zu nutzen sind, und wie diese interessengerecht durch eine Aktionärsvereinbarung zu ergänzen ist. Nachstehend werden die bedeutsamsten Regelungsmöglichkeiten für Satzungen dargestellt. Bei dem im Anhang wiedergegebenen Muster einer Satzung sind einige der nachstehend gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten eingearbeitet. Stückaktien oder Nennbetragsaktien (§ 8 Abs. 1 AktG) Die Gesellschaft muss sich entscheiden, ob Stückaktien oder Nennbetrag‐ saktien ausgegeben werden, beide Formen können nicht nebeneinander bestehen. Die Ausgabe von Stückaktien ist seit langem zur Regel geworden. Zu Stückaktien und Nennbetragsaktien s. im Einzelnen Abschn. 8.1.3. Namensaktien, Inhaberaktien (§ 10 Abs. 1 AktG) Aktien lauten grundsätzlich auf Namen, die Ausgabe von Inhaberaktien ist nach neuerem Recht nur noch eingeschränkt möglich. Für nichtbörsen‐ notierte Aktiengesellschaft sind Inhaberaktien nicht zu empfehlen und in der Praxis auch kaum gebräuchlich. Die Namensaktie ist hier vorzuziehen, weil der Vorstand jederzeit anhand des Aktienregisters feststellen kann, wer Aktionär der Gesellschaft ist, und weil - anders als bei Inhaberaktien - aufgrund von § 68 Abs. 2 AktG die Übertragung der Aktie an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden werden kann, sog. Vinkulierung. Zu Namensaktien und Inhaberaktien s. im Einzelnen Abschn. 8.1.1 und 8.2. 3.2 Individuelle Gestaltungen 63 Ausschluss/ Einschränkung der Verbriefung (§ 10 Abs. 5 AktG) Der Ausschluss der Verbriefung durch die Satzung empfiehlt sich aus Kosten- und Vereinfachungsgründen und ist heute durchweg üblich; zur Verbriefung s.-Abschn. 8.1.4. Ausgabe von Vorzugsaktien (§§ 12 Abs. 1, 139 AktG) Die Satzung kann die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien vorsehen, s.-dazu Abschn. 8.1.2. Geschäftsjahr (§ 23 Abs. 5 S.-2 AktG) Das Geschäftsjahr (§ 240 HGB) deckt sich grundsätzlich mit dem Kalender‐ jahr; die Satzung kann eine davon abweichende Regelung treffen. Gründungsaufwand (§ 26 Abs. 2 AktG) Der Aufwand für die Gründung der Gesellschaft ist grundsätzlich von den Gründern selbst zu tragen, er kann durch die Satzung aber der Gesellschaft auferlegt werden; zum Gründungsaufwand s. Abschn. 3.1.8. Einstellungen in andere Gewinnrücklagen (§ 58 Abs. 2 AktG) Die Befugnis von Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung eines Teils des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen kann durch die Satzung er‐ weitert, aber auch eingeschränkt oder völlig aufgehoben werden, so dass die Kompetenzen der Hauptversammlung im Bereich der Gewinnverwendung entsprechend gestärkt werden können. Zu den Gewinnrücklagen s. Abschn. 10.1.2. Sachdividende (§ 58 Abs. 5 AktG) Die Satzung kann vorsehen, dass die Hauptversammlung auch eine Sacha‐ usschüttung beschließen kann. Abschlagszahlung auf den Bilanzgewinn (§ 59 AktG) Eine Ermächtigung des Vorstands durch die Satzung zur Vornahme von Abschlagszahlungen auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn kann insbe‐ 64 3 Satzung sondere bei ertragsstarken Gesellschaften mit kleinem Aktionärskreis wirt‐ schaftlich sinnvoll sein. Änderungen der Gewinnverteilung (§ 60 AktG) Die Satzung kann von dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre bei der Dividendenzahlung abweichen. So werden Vorzugsaktionäre übli‐ cherweise durch Gewährung eines Vorabgewinns - Mehrdividende - ge‐ genüber den Stammaktionären begünstigt. Ferner kann die Satzung regeln, dass bei Ausgabe neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung der Beginn der Gewinnbeteiligung abweichend von § 60 Abs. 2 AktG bestimmt wird, so dass die neuen Aktien beispielsweise schon an dem Gewinn des im Zeitpunkt der Ausgabe der neuen Aktien laufenden Geschäftsjahrs gleichberechtigt beteiligt werden können. Auskunft über Mitaktionäre (§ 67 Abs. 6 AktG) Die Satzung kann bestimmen, dass ein Aktionär von der Gesellschaft Auskunft über die zu den anderen Aktionären in das Aktienregister einge‐ tragenen Daten verlangen kann. Zustimmungserfordernis bei Aktienübertragung (§ 68 Abs. 2 AktG) Durch die Begründung eines Zustimmungserfordernisses für die Übertra‐ gung der Aktien, sog. Vinkulierung, kann die Gesellschaft Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises nehmen. Die Satzung kann darüber hinaus die Gründe bestimmen, aus denen die Zustimmung zur Übertragung verweigert werden darf, ferner, dass nicht der Vorstand, sondern der Auf‐ sichtsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung beschließt. Zur Vinkulierung s. Abschn. 8.2.3. Mindestzahl der Vorstandsmitglieder (§ 76 Abs. 2 AktG) Bei einer Gesellschaft mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. Euro muss der Vorstand aus mindestens zwei Personen bestehen, doch kann die Satzung regeln, dass der Vorstand auch bei Überschreiten dieses Betrages nur aus einer Person besteht. 3.2 Individuelle Gestaltungen 65 Geschäftsführungsbefugnis (§ 77 AktG) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind sämtliche Vorstands‐ mitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt, d. h. jede Geschäftsführungsmaßnahme bedarf eines einstimmigen Beschlusses der Vorstandsmitglieder. Die Satzung kann etwas anderes bestimmen, insbe‐ sondere Mehrheitsbeschlüsse zulassen. Zur Geschäftsführungsbefugnis s. Abschn. 5.4.2. Durch die Satzung oder durch Beschluss des Aufsichtsrats ist ein Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte zu bestimmen (s. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG), durch den die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands eingeschränkt wird. Vertretung (§ 78 AktG) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind sämtliche Vorstands‐ mitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt (§ 78 Abs. 2 AktG); die Satzung kann etwas anderes bestimmen und insbesondere die Vertretung durch zwei gemeinsam handelnde Vorstandsmitglieder zu‐ lassen, s. Abschn. 5.4.3. Die grundsätzlich umfassende Vertretungsbefugnis wird beschränkt durch das auch für den Vorstand der Aktiengesellschaft geltende Verbot von Insichgeschäften gem. § 181 AktG, s. dazu Abschn. 5.4.4.2. Der Aufsichtsrat kann Vorstandsmitgliedern bei Bestehen einer entsprechenden Satzungsermächtigung gestatten, Rechtsgeschäfte mit sich als Vertreter eines Dritten vorzunehmen (Befreiung vom Verbot der Mehr‐ vertretung, § 181 Alt. 2 BGB). Zahl der Aufsichtsratsmitglieder (§ 95 AktG) Die Satzung kann eine die Mindestzahl von drei übersteigende Mitglieder‐ zahl für den Aufsichtsrat festlegen (s. dazu Abschn. 6.1.1); unterliegt die Gesellschaft der unternehmerischen Mitbestimmung nach dem Drittelbetei‐ ligungsgesetz, so muss die Zahl durch drei teilbar sein. Für die Festlegung einer höheren Zahl als drei ist anzuführen, dass bei einem nur aus drei Per‐ sonen bestehenden Aufsichtsrat schon das Fehlen eines einzelnen Mitglieds zur Beschlussunfähigkeit führt (§ 108 AktG). 66 3 Satzung Entsendungsrecht (§ 101 Abs. 2 AktG) Für bestimmte Aktionäre kann die Satzung ein Recht zur Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern begründen (s. dazu Abschn. 6.2) und auf diese Weise den Einfluss der betreffenden Aktionäre stärken. Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 103 AktG) Die erforderliche Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen für die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre kann durch die Satzung herauf- oder herabgesetzt werden; s. dazu Abschn. 6.2. Beschlussfassung des Aufsichtsrats (§ 108 Abs. 4 AktG) Die Satzung kann gestatten, dass Aufsichtsratsbeschlüsse auch bei fehlender Zustimmung einzelner Aufsichtsratsmitglieder ohne Abhaltung einer Prä‐ senzsitzung, also z. B. in einer Telefon- oder Videokonferenz, gefasst werden können; s.-dazu Abschn. 6.4.4. Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen (§ 109 Abs. 3 AktG) Anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern können andere Perso‐ nen an den Sitzungen teilnehmen, wenn die Satzung dies zulässt (s. dazu Abschn. 6.4.5). Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder (§ 113 Abs. 1 AktG) Die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder kann durch die Satzung festge‐ legt werden. Geschieht das nicht, so hat die Hauptversammlung darüber zu beschließen, die dabei keinerlei Bindungen unterliegt und lediglich gehalten ist, keine unangemessen hohe Vergütung festzusetzen. Bei Fehlen einer Satzungsbestimmung ist die Vergütung aus der Warte des Aufsichtsrats‐ mitglieds deshalb sowohl hinsichtlich des Ob als auch der Höhe nach bis zur Beschlussfassung ungewiss. Zur Aufsichtsratsvergütung s. Abschn. 6.5. Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 118 AktG) Die Teilnahme an der Hauptversammlung und an der Abstimmung über die zu fassenden Beschlüsse kann erleichtert werden. Dem dient seit jeher die Stimmrechtsvollmacht, s. Abschn. 7.3.3). Weitere Erleichterungen durch die Satzung sind möglich. 3.2 Individuelle Gestaltungen 67 So kann die Satzung vorsehen oder den Vorstand dazu ermächtigen vorzusehen, dass die Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Abwesenheit an deren Ort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können (Online-Teilnahme), dass Aktionäre ihre Stimmen, auch ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen (Briefwahl) und schließlich die Bild- und Tonübertragung der Hauptver‐ sammlung zuzulassen. Hinsichtlich der Mitglieder des Aufsichtsrats kann die Satzung bestimmte Fälle vorsehen, in denen ihre Teilnahme im Wege der Bild- und Tonübertra‐ gung erfolgen darf, was bei einem überörtlich oder international besetzten Aufsichtsrat eine erhebliche und mit der Einsparung von Aufwendungen verbundene Erleichterung darstellt. Virtuelle Hauptversammlung (§ 118a AktG) Die Satzung kann vorsehen oder den Vorstand dazu ermächtigen vorzuse‐ hen, dass die Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten am Ort der Hauptversammlung abgehalten wird; s. dazu Abschn. 7.3.1. Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 4 AktG) Die Satzung kann die Einberufung der Hauptversammlung weiter erleich‐ tern und zulassen, dass nicht nur durch eingeschriebenen Brief, sondern z. B. auch per Telefax oder E-Mail einberufen werden kann. Zur Einberufung s. Abschn. 7.2. Ort der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 5 AktG) Die Hauptversammlung kann bei Zulassung durch die Satzung auch an anderen Orten als dem Sitz der Gesellschaft stattfinden, auch im Ausland. Teilnahmevoraussetzungen (§ 123 Abs. 2 AktG) Die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimm‐ rechts kann durch die Satzung von der rechtzeitigen Anmeldung abhängig gemacht werden, wodurch die organisatorische Abwicklung der Hauptver‐ sammlung erleichtert wird. 68 3 Satzung Mehrheiten bei Hauptversammlungsbeschlüssen und Wahlen (§ 133 AktG) Für das Zustandekommen von Beschlüssen der Hauptversammlung ist immer eine Stimmenmehrheit erforderlich, wobei in der Regel die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht. Die Satzung kann festlegen, dass für Beschlüsse im allgemeinen oder für Beschlüsse zu bestimmten Gegenständen eine höhere Stimmenmehrheit als die einfache Mehrheit erforderlich ist, und umgekehrt, dass bei einer gesetzlich vorgesehenen höheren Stimmenmehrheit eine niedrigere Mehrheit bis hin zur einfachen Stimmenmehrheit ausreicht. Für Wahlen kann die Satzung andere Bestimmungen treffen, dass also eine größere Mehrheit erforderlich ist oder dass eine kleinere Mehrheit, z. B. die relative Mehrheit, genügt, auch dass bei Stimmengleichheit das Los entscheidet. Bei bestimmten Beschlüssen der Hauptversammlung bedarf es nicht nur der Stimmenmehrheit, sondern darüber hinaus auch einer Kapitalmehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapi‐ tals umfasst, insbesondere für Satzungsänderungen, jedwede Kapitalerhö‐ hungs- und -herabsetzungsbeschlüsse, Ausgabe von Schuldverschreibungen und Genussrechten und Unternehmensverträge. Die Satzung kann eine höhere und bei einigen Beschlussgegenständen auch eine niedrigere Kapi‐ talmehrheit bestimmen. Weitere Erfordernisse für Hauptversammlungsbeschlüsse Neben der Stimmenmehrheit und der Kapitalmehrheit kann die Satzung weitere Erfordernisse für das Zustandekommen von Hauptversammlungs‐ beschlüssen aufstellen; Hauptanwendungsfall ist die Bestimmung einer Mindestpräsenz, ohne die die Hauptversammlung nicht beschlussfähig ist. Das Gesetz lässt darüber hinaus die Festlegung weiterer satzungsmäßiger Erfordernisse, wie z. B. die Zustimmung einiger bestimmter oder sämtlicher Aktionäre einschließlich der nicht erschienenen Aktionäre oder aber die Zustimmung auch der Vorzugsaktionäre, für eine Reihe von bestimmten Beschlüssen zu. Das gilt z. B. für Satzungsänderung, Kapitalerhöhung, Ausschluss des Bezugsrechts, Ausgabe von Schuldverschreibungen und Genussrechten, Einziehung von Aktien und Abschluss von Unternehmens‐ verträgen. 3.2 Individuelle Gestaltungen 69 Form der Vollmacht (§ 134 Abs. 3 AktG) Die Erteilung der Vollmacht, ihr Widerruf und der Nachweis der Bevoll‐ mächtigung gegenüber der Gesellschaft bedürfen der Textform, wenn in der Satzung oder in der Einberufung auf Grund einer Ermächtigung durch die Satzung nichts abweichendes bestimmt wird. Die Textform (§ 126b BGB) umfasst insbesondere auch Mitteilungen per Telefax oder E-Mail, wodurch vor allem spontan einberufene Vollversammlungen sowie Versammlungen von Gesellschaften mit sehr weit entfernt lebenden Aktionären erleichtert werden. Einziehung von Aktien (§ 237 AktG) Die Satzung kann die zwangsweise Einziehung von Aktien anordnen oder gestatten. Die Satzung hat dann auch die Voraussetzungen für die Zwangs‐ einziehung und die Einzelheiten ihrer Durchführung festzulegen; sie kann Regelungen zur Ermittlung der Abfindung treffen. Zur Einziehung von Aktien s. Abschn. 12.5.3. Die Zulassung der Zwangseinziehung durch die Satzung ist sinnvoll, wenn die Zugehörigkeit zum Aktionärskreis nicht jedermann offenstehen soll, z. B. bei Familien- oder Freiberufler-Aktienge‐ sellschaften. Die Aktieneinziehung hat an Bedeutung gewonnen, seitdem sie - sofern die Gesellschaft Stückaktien ausgegeben hat - auch ohne Kapitalherabsetzung durchgeführt werden kann. Zeitablauf (§ 262 Abs. 1 Nr.-1 AktG) Die Bestimmung eines Zeitpunkts durch die Satzung, an dem die Gesell‐ schaft endet, ist in der Praxis wenig gebräuchlich. Erlaubt wäre es auch, die Dauer der Gesellschaft mit einem bestimmten Sachverhalt zu verknüpfen, etwa dem Bestehen einer Lizenz. 3.3 Abschluss einer Aktionärsvereinbarung Die Aktionärsvereinbarung ist nicht Bestandteil der Satzung und ihr Ab‐ schluss ist nicht Teil des Gründungsverfahrens, dennoch soll sie wegen ihrer großen praktischen Bedeutung an dieser Stelle behandelt werden. Sie wird regelmäßig vor der Gründung geschlossen, bei Errichtung der Gesellschaft durch Formwechsel vor dem Formwechselbeschluss. Es handelt sich dabei 70 3 Satzung um einen von mehreren Aktionären geschlossenen Vertrag zur Regelung bestimmter rechtlicher Fragen untereinander in Bezug auf ihre Anteile an der Aktiengesellschaft. Aktionärsvereinbarungen regeln insbesondere: - Stimmbindung; - generell oder in Bezug auf bestimmte Beschlüsse, z. B. zur Besetzung des Aufsichtsrats; - Informationspflicht, - Gewährung von Darlehen, - Übernahme von Verlusten, - Vorkaufsbzw. Ankaufsrecht, - Anbietungspflicht; - die für bestimmte, genau aufzuführende Sachverhalte begründete An‐ bietungspflicht kann verbunden werden mit Preisfindungsbestimmun‐ gen für die betroffenen Aktien; - Haltepflicht, - Mitverkaufsrecht und Mitverkaufspflicht, - Verpflichtung zum Abschluss einer Güterstandsregelung mit Ehegatten, - Wettbewerbsverbot. Die meisten dieser Regelungsgegenstände sind auch in Gesellschaftsver‐ trägen der GmbH zu finden, sind also nicht typisch für die Rechtsform der Aktiengesellschaft. Der Unterschied liegt darin, dass diese Regelungen wegen des Grundsatzes der Satzungsstrenge nicht in die Satzung der Aktiengesellschaft aufgenommen werden dürfen, zumal sie auch nicht zu jedermanns Kenntnis bestimmt sind, und deshalb in einen gesonderten Vertrag überführt werden. Während die Bestimmungen der Satzung auch für später eintretende Aktionäre gelten, muss deren Einbeziehung in eine etwa bestehende Aktionärsvereinbarung jeweils ausdrücklich individuell geregelt werden. Von besonderer Bedeutung ist die Aktionärsvereinbarung für die Inan‐ spruchnahme von Steuerbefreiungen bei Erwerb von Aktien durch Schen‐ kung oder Erbfall. Zum erbschaftsteuerlich begünstigten Vermögen gehören Beteiligungen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich nur dann, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 % beteiligt war. Eine geringere Beteiligung reicht aber aus, wenn der Erblasser oder Schenker und Mitaktionäre, mit denen zusammen er mehr als 25 % hält, durch eine Aktionärsvereinbarung untereinander verpflichtet sind, über die Aktien nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf 3.3 Abschluss einer Aktionärsvereinbarung 71 andere derselben Verpflichtung unterliegende Aktionäre zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Aktionären einheitlich auszuüben (§ 13b Abs. 1 Nr.-3 ErbStG). 72 3 Satzung 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung Die Aktiengesellschaft kann nicht nur durch Neugründung, sondern auch durch Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung nach dem Umwand‐ lungsgesetz entstehen. Das Aktiengesetz geht von der Neugründung als dem Regelfall aus. Neue Unternehmen entstehen zumeist als Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung und erhalten erst später die Rechtsform der Aktiengesellschaft. Nicht alle Unter‐ nehmen - in der Diktion des Umwandlungsgesetzes: Rechtsträger - können auf direktem Wege durch Formwechsel bzw. Verschmelzung oder Spaltung zur Neugründung zur Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Folgende Strukturmaßnahmen, geordnet nach der Ausgangsrechtsform, kommen in Betracht. 4.1 Einzelunternehmer Das Unternehmen eines Einzelunternehmers kann nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes oder durch eine Einbringung in die Rechtsform der Aktiengesellschaft überführt werden. 4.1.1 Ausgliederung Die Ausgliederung nach Maßgabe der §§ 152 ff. UmwG ist für den Einzelun‐ ternehmer die einzige Gestaltungsmöglichkeit, um für sein Unternehmen die Rechtsform der Aktiengesellschaft durch eine Maßnahme nach dem Umwandlungsgesetz auf direktem Wege zu erlangen. Die Ausgliederung ist nicht jedem Einzelunternehmer, sondern nur einem im Handelsregister eingetragenen Kaufmann möglich; fehlt es an der Kaufmannseigenschaft, so kommt lediglich eine Einbringung (s. dazu Abschn. 4.1.2) in Betracht. Die Eintragung als Kaufmann in das Handelsregister kann ein Gewerbe‐ treibender jedoch ohne weiteres nach § 29 oder § 2 S. 2 HGB herbeiführen, denn Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt; als Handelsgewerbe wiederum gilt jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass dieser nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 HGB). Aber auch Kleingewerbetreibende sind berechtigt, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen, und sie gelten dann mit erfolgter Eintragung ebenfalls als Kaufleute (§ 2 HGB). Das gilt entsprechend bei einem Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft (§-3 HGB). Ist der Einzelunternehmer Angehöriger eines freien Berufs, so steht ihm der vorstehend aufgezeigte Weg über die Eintragung in das Handelsregister allerdings nicht offen, sondern nur die Einbringung. Ausgliederung bedeutet, dass der Kaufmann als übertragender Rechtsträ‐ ger einen Teil oder mehrere Teile seines Vermögens im Wege der Sonder‐ rechtsnachfolge in einem Vorgang auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger überträgt. Wenn die Übertragung an einen bereits bestehenden Rechtsträger erfolgt, spricht das Umwandlungsgesetz von einer Ausgliede‐ rung „zur Aufnahme“; bei Übertragung an einen dadurch gegründeten neuen Rechtsträger von einer Ausgliederung „zur Neugründung“. Der Vermögensübergang im Rahmen der Ausgliederung ist eine beson‐ dere Form der Gesamtrechtsnachfolge; da nur die in der Ausgliederungs‐ erklärung bezeichneten Positionen übergehen, wird diese eingeschränkte Gesamtrechtsnachfolge auch als Sonderrechtsnachfolge oder partielle Ge‐ samtrechtsnachfolge bezeichnet. Sofern allerdings die Summe der betrieb‐ lichen und privaten Verbindlichkeiten des Kaufmanns den Gesamtbetrag seines betrieblichen und privaten Vermögens übersteigt, muss die Ausglie‐ derung unterbleiben (§ 152 S.-2 UmwG). Die Ausgliederung des von einem Kaufmann betriebenen Unternehmens kann also zur Aufnahme in eine bereits bestehende Aktiengesellschaft oder zur Neugründung einer Aktiengesellschaft erfolgen. Bei der Übertragung an eine Aktiengesellschaft erwirbt der Kaufmann als Gegenleistung für die Übertragung Aktien der bestehenden oder der neuen Aktiengesellschaft. Bei schon bestehenden Aktiengesellschaften tritt er neben die dort schon vorhandenen Aktionäre, bei Neugründung wird er alleiniger Aktionär der neuen (Einpersonen-) Aktiengesellschaft. Die Eintragung der Ausglie‐ derung in das Handelsregister bewirkt den Vermögensübergang und den Erwerb der Aktien (§ 131 Abs. 1 UmwG). Durch den Ausgliederungs- und Übernahmevertrag (Ausgliederung zur Aufnahme) bzw. durch den Ausgliederungsplan (Ausgliederung zur Neu‐ gründung) wird der auf die jeweilige aufnehmende bzw. neue Aktienge‐ sellschaft übergehende Vermögensteil des Kaufmanns festgelegt. Die über‐ gehenden Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens sind genau zu 74 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung bezeichnen. Wird eine Sache, ein Recht oder eine Verbindlichkeit vergessen, so werden sie vom Übergang nicht erfasst. Es empfiehlt sich für diese Fälle, eine Auffangklausel aufzunehmen. Der Kaufmann kann bestimmte Vermögensgegenstände oder Schulden bei der Ausgliederung bewusst zu‐ rückhalten. Aus steuerlichen Gründen ist es allerdings geboten, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständig übertragen werden. Reicht der Nettowert des übergehenden Vermögens nicht aus, um den Kapitalerhöhungsbetrag bei der aufnehmenden bzw. das Grundkapital der neugegründeten Aktienge‐ sellschaft abzudecken, so kommt neben einer Auffüllung des Eigenkapitals durch Bareinlage auch die Zurückbehaltung von betrieblichen Verbindlich‐ keiten bei dem Kaufmann in Betracht. Der Kaufmann kann sich, wie § 156 UmwG ausdrücklich besagt, nicht durch die Umwandlung seinen Verbind‐ lichkeiten entziehen; er haftet persönlich weiter, wobei die Nachhaftung auf die Dauer von fünf Jahren beschränkt ist. Die an der Ausgliederung beteiligten Rechtsträger haften gesamtschuld‐ nerisch für die vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung begründeten Verbindlichkeiten des ausgliedernden Kaufmanns (§ 133 Abs. 1 UmwG); das betrifft nicht nur die ausgegliederten Verbindlichkeiten, sondern alle, auch die privaten Verbindlichkeiten des Kaufmanns. Einer aufnehmenden Aktiengesellschaft ist daher dringend zu raten, die Vermögensverhältnisse des ausgliedernden Kaufmanns rechtzeitig zu prüfen. Führt die Prüfung nicht zu einem positiven Ergebnis, sollte statt der Ausgliederung eine Einbringung im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung bei der aufnehmenden Gesellschaft in Erwägung gezogen werden. Durch die Ausgliederung gehen nicht nur Vermögensgegenstände und Schulden auf die aufnehmende oder neue Aktiengesellschaft über, sondern auch die in dem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag bzw. Ausgliede‐ rungsplan bezeichneten Dauerschuldverhältnisse. Auf diese Weise können also insbesondere auch Miet-, Pacht- oder Leasingverträge übertragen werden, ohne dass es der Mitwirkung des anderen Vertragsbeteiligten bedarf; zu prüfen ist allerdings jeweils, ob ein Vertrag für diesen Fall ein Sonderkündigungsrecht des anderen Vertragspartners vorsieht. Arbeitsver‐ träge gehen unabhängig davon gemäß § 613a BGB mit dem Betrieb auf die Aktiengesellschaft über. Nicht abschließend geklärt ist, ob bei einer Ausgliederung ein Dauerschuldverhältnis, insbesondere ein Mietvertrag, auf mehrere Rechtsträger aufgeteilt werden kann. 4.1 Einzelunternehmer 75 Besteht ein Betriebsrat, so ist diesem der Entwurf des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags bzw. Ausgliederungsplans unter Wahrung einer Frist von einem Monat zuzuleiten (§ 126 Abs. 3 UmwG). Ist bei der Ausgliederung zur Aufnahme die übernehmende Aktienge‐ sellschaft weniger als zwei Jahre im Handelsregister eingetragen, so sind bei dieser die Vorschriften über die Nachgründung anzuwenden (s. dazu Abschn. 2.9); das gilt nicht, wenn auf die an den ausgliedernden Kaufmann zu gewährenden Aktien nicht mehr als 10 % des Grundkapitals der überneh‐ menden Aktiengesellschaft entfällt oder wenn diese ihre Rechtsform durch Formwechsel einer GmbH erlangt hat, die zuvor bereits seit mindestens zwei Jahren im Handelsregister eingetragen war. Bei der Ausgliederung zur Neugründung sind die für die Aktiengesell‐ schaft geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden; s. dazu Abschn. 2.4. Die Gründungsprüfung muss sich auch darauf erstrecken, ob die Verbind‐ lichkeiten des Einzelkaufmanns sein Vermögen übersteigen. Zu diesem Zweck hat der Einzelkaufmann den Prüfern eine Aufstellung vorzulegen, in der sein Vermögen seinen Verbindlichkeiten gegenübergestellt ist (§ 159 Abs. 3 UmwG). Hinsichtlich der steuerlichen Folgen gilt Abschn. 4.3.2 entsprechend. 4.1.2 Einbringung Wird ein Unternehmen von einem Einzelunternehmer nicht durch eine Ausgliederung, sondern im Wege der Einbringung in die Rechtsform der Aktiengesellschaft überführt, so ist das keine Umwandlung im rechtlichen Sinne. Sofern die Aktiengesellschaft noch nicht existiert, bedarf es erst der Gründung der Gesellschaft, und dabei wird das Unternehmen als Sachein‐ lage eingebracht. Besteht die Aktiengesellschaft bereits, so vollzieht sich die Einbringung im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlage (dazu Abschn. 12.1); erfolgt die Kapitalerhöhung mit Sacheinlage binnen zwei Jahren ab Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister, so ist die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Nachgründung zu prüfen (s. dazu Abschn. 2.9). Bei der Einbringung eines Unternehmens als Sacheinlage kommt es nicht zur Gesamtrechtsnachfolge. Die dem Unternehmen zuzuordnenden Vermö‐ gensgegenstände sind deshalb einzeln zu übertragen; Verbindlichkeiten und Verträge gehen nur dann auf die Aktiengesellschaft über, wenn die jeweili‐ gen Vertragspartner des Einzelunternehmers ausdrücklich zustimmen (vgl. 76 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung §§ 414 ff. BGB). Anders als bei der Ausgliederung endet die Haftung des Unternehmers nicht spätestens nach fünf Jahren. In der Regel ist eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz im Hinblick auf die Gesamtrechtsnachfolge und auf die zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des Unternehmers der Einbringung vorzuziehen; dagegen ist die Einbringung vorteilhafter, wenn die Haftung der aufnehmenden Aktiengesellschaft auch für die privaten Verbindlichkeiten des Einzelkauf‐ manns nicht gewollt ist. Hinsichtlich der steuerlichen Folgen gilt Abschn. 4.3.2 entsprechend. 4.2 Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die gesetzlichen Vorschriften für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind mit Wirkung ab dem Jahr 2024 tiefgreifend geändert worden. Zu unterschei‐ den sind nun die nichtrechtsfähigen Gesellschaften von den Gesellschaften, welche durch Eintragung in das neugeschaffene Gesellschaftsregister die Rechtsfähigkeit erlangen (§ 705 Abs. 2 BGB n. F.) und mit der Eintragung ver‐ pflichtet sind, als Namenszusatz die Bezeichnungen „eingetragene Gesell‐ schaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen. Eine nicht rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann nicht formwechselnder Rechtsträger nach dem Umwandlungsgesetz sein. Wird ein Formwechsel angestrebt, so kann sie aber leicht die Rechtsfähigkeit und damit zugleich die Formwech‐ selfähigkeit erlangen, indem sie die Eintragung in das Gesellschaftsregister herbeiführt. Unabhängig davon besteht bei einer gewerblich oder vermögensver‐ waltend tätigen Gesellschaft weiterhin die Möglichkeit, ohne vorherige Eintragung im Gesellschaftsregister die Eintragung als OHG oder KG in das Handelsregister zu bewirken (vgl. § 105 Abs. 2 HGB), wodurch sie rechtsfähig und formwechselfähig wird; das gilt entsprechend bei einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (§ 3 HGB). Zum Formwechsel von OHG und KG s. Abschn. 4.3. Besteht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausschließlich aus Ange‐ hörigen freier Berufe, so ist auch diese Freiberufler-GbR nach vorangegan‐ gener Eintragung in das Gesellschaftsregister formwechselfähig. Daneben besteht für die Freiberufler-GbR weiterhin die Möglichkeit, sich ohne den Umweg über die Eintragung in das Gesellschaftsregister als Partnerschaft nach dem Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Ange‐ 4.2 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 77 höriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz - PartGG) in das Partnerschaftsregister eintragen zu lassen, wodurch sich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 PartGG) umwan‐ delt und dadurch Rechtsfähigkeit und Formwechselfähigkeit erwirbt. Dieselbe Wirkung tritt ein, wenn eine Freiberufler-GbR von der neu‐ geschaffenen Möglichkeit Gebrauch macht, ohne Umweg über das Gesell‐ schaftsregister die Eintragung als Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) in das Handelsregister zu erwirken (§ 107 Abs. 1 S.-2 HGB). Der Übergang von der eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine Personenhandelsgesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft und umgekehrt wird gesetzlich als „Statuswechsel“ behandelt, für den besondere Bestimmungen gelten (§§ 707c BGB, 106 HGB, 4 PartGG). Die Durchführung des Formwechsels einer eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine Aktiengesellschaft unterscheidet sich nicht von der bei Personenhandelsgesellschaften, ebenso wenig die steuerliche Be‐ handlung, deshalb gelten die Ausführungen in dem nachfolgenden Abschn. 4.3 entsprechend. Als Alternative zu den vorstehend aufgezeigten umwandlungsrechtlichen Lösungen kommt die Einbringung des Vermögens der Gesellschaft bürger‐ lichen Rechts in eine Aktiengesellschaft im Rahmen einer Sachgründung bzw. Sachkapitalerhöhung in Betracht, vgl. Abschn. 4.1.2. 4.3 Personenhandelsgesellschaften Personenhandelsgesellschaften sind die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). 4.3.1 Umwandlungsrechtliche Vorschriften Die Umwandlung von Personenhandelsgesellschaften durch Formwechsel in eine Aktiengesellschaft wird hier nicht vollständig dargestellt, vielmehr werden nur die wichtigsten Unterschiede zu dem in Abschn. 4.6 ausführlich dargestellten Formwechsel einer GmbH in eine Aktiengesellschaft aufge‐ zeigt. Zur Vorbereitung des Formwechsels hat das Vertretungsorgan der um‐ zuwandelnden Personenhandelsgesellschaft einen Formwechselbericht zu erstatten, in dem der Formwechsel und insbesondere die künftige Beteili‐ 78 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung gung der Aktionäre an der Gesellschaft rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden. In der Praxis verzichten die Gesellschafter zumeist auf den Bericht. Der Formwechselbeschluss der formwechselnden Personenhandelsgesell‐ schaft muss mit den Stimmen aller Gesellschafter, auch der nicht erschiene‐ nen Gesellschafter, gefasst werden, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht eine Entscheidung zulässt mit einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen betragen muss (§ 217 UmwG). Der Beschluss ist in einer Gesellschafterversammlung zu fassen und bedarf der notariellen Beurkundung. Der Entwurf des Formwechselbeschlusses ist spätestens einen Monat vor der Gesellschafterversammlung einem etwa bestehenden Betriebsrat zuzuleiten (§ 194 Abs. 2 UmwG), wobei der Betriebsrat auf die Einhaltung der Monatsfrist verzichten kann. Der Anhörung oder Zustim‐ mung des Betriebsrats bedarf es nicht. Der Nennbetrag des Grundkapitals der Gesellschaft darf das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen der formwechselnden Gesellschaft nicht übersteigen (§ 220 Abs. 1 UmwG), d. h. das Aktivvermögen muss höher sein als die Schulden, und dieser Unterschiedsbetrag muss mindestens so hoch sein wie das Grundkapital; maßgeblich sind die Verkehrswerte der Vermögensgegenstände. Reicht der Wert des Vermögens zur Deckung des Nennbetrages nicht aus, so hat das Gericht den Gesellschaftern durch eine Zwischenverfügung Gelegenheit zur Behebung der Beanstandung zu geben; in Betracht kommen die Auffüllung des Eigenkapitals durch Bareinlage oder die Zurückbehaltung bestimmter Verbindlichkeiten. Geschieht das nicht, weist das Gericht die Anmeldung des Formwechsels zurück. Erfolgt die Eintragung des Formwechsels trotz unzureichenden Vermögens, etwa weil die Unterdeckung nicht erkannt worden war oder erst nach der Anmeldung eingetreten ist, so haften die Gesellschafter auf den Fehlbetrag. Soweit die Gesellschafter der formwechselnden Gesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten persönlich haften, berührt der Formwechsel die Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen die betreffenden Gesellschafter nicht, die Haftung nach § 128 HGB dauert fort. Allerdings ist die Nachhaftung auf fünf Jahre zeitlich begrenzt, gerech‐ net ab Eintragung der neuen Rechtsform (§ 224 Abs. 2, 3 UmwG). Auch beim Formwechsel von Personengesellschaften in die Rechtsform der Aktiengesellschaft gilt die rechtliche und wirtschaftliche Identität des Unternehmens als gewahrt. Die wirtschaftliche Kontinuität des Unterneh‐ mensträgers wird beibehalten. Es ändert sich allein die rechtliche Organi‐ 4.3 Personenhandelsgesellschaften 79 sation des Unternehmens, dem vor und nach dem Formwechsel dasselbe Vermögen zugeordnet wird, ein Vermögensübergang findet nicht statt. Man kann bildhaft sagen, dass der Unternehmensträger nur das „rechtliche Kleid“ wechselt. Nach dem Formwechsel sind anstelle der Vorschriften des Handelsgesetzbuches über die Handelsgesellschaften die des Aktiengesetzes auf das Unternehmen anzuwenden. 4.3.2 Steuerliche Behandlung Die steuerliche Behandlung des Formwechsels einer Personenhandelsgesell‐ schaft in eine Kapitalgesellschaft ist im Umwandlungssteuergesetz geregelt. Das Steuerrecht unterscheidet nicht zwischen dem im Umwandlungsgesetz geregelten Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Aktiengesell‐ schaft einerseits und der Überführung eines Unternehmens als Sacheinlage in eine Aktiengesellschaft im Rahmen einer Sachgründung oder Kapital‐ erhöhung andererseits, beides wird steuerlich gleichermaßen als Einbrin‐ gung behandelt. In den §§ 20 bis 23 UmwStG ist die Einbringung eines Betriebes als Sacheinlage geregelt; die Vorschrift des § 25 UmwStG ordnet die entsprechende Anwendung dieser Normen beim Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft an. Die §§ 20 bis 23 UmwStG gelten unmittelbar, wenn Personenunterneh‐ mer, also Einzelunternehmer oder Personengesellschaften, einen Betrieb im Wege der Sacheinlage an eine Aktiengesellschaft übertragen. In den persönlichen Anwendungsbereich fallen gewerbliche und freiberuflich tä‐ tige Einzelunternehmer und Gesellschaften bürgerlichen Rechts, ferner Personenhandelsgesellschaften einschließlich der GmbH & Co. KG und Partnerschaftsgesellschaften. Sachlich betreffen die §§ 20 bis 23 UmwG aber nicht nur die herkömmliche Unternehmensneugründung oder -erweiterung durch eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlage eines Betriebes, sondern auch den Formwechsel sowie Übertragungen aufgrund einer Verschmelzung oder von Spaltungsvorgängen einschließlich der Ausgliederung. Werden die §§ 20 bis 23 UmwStG beachtet, kommt es bei einer Ein‐ bringung anders als bei einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe nicht zur Auflösung der im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven, vielmehr dürfen die Buchwerte beibehalten werden. Die Einbringung kann demnach ohne Auslösung einkommensteuerlicher Folgen geschehen. So‐ weit die durch die Einbringung erlangten Aktien allerdings innerhalb von sieben Jahren nach Eintragung veräußert werden, ist der Unterschiedsbetrag 80 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung zwischen dem gemeinen Wert des eingebrachten Betriebsvermögens und dem Buchwert nachträglich zu versteuern; zu den Einzelheiten s. § 22 UmwStG. Die Vorschrift des § 20 UmwStG ist nicht anwendbar, wenn nicht alle zum Gesellschaftsvermögen oder zu einem Sonderbetriebsvermögen gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen eingebracht werden. In diesem Fall müs‐ sen die stillen Reserven insgesamt aufgedeckt werden. Zu beachten sind bei Personengesellschaften die Besonderheiten bei Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen, das sind Gegenstände, die nicht im gesamthänderischen Eigentum der Gesellschafter stehen, sondern einem einzelnen Gesellschafter gehören, der sie der Gesellschaft unentgeltlich oder entgeltlich zur Nutzung überlassen hat, wodurch sie steuerlich notwendiges Betriebsvermögen werden. Diese Gegenstände, z. B. Betriebsgrundstücke, werden durch den Formwechsel nicht Eigentum der Aktiengesellschaft, sondern gehen, sofern keine Betriebsaufspaltung besteht, in das steuerliche Privatvermögen ihrer Eigentümer über mit der Folge, dass die in diesen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden und zu versteuern sind. Handelt es sich bei dem betreffenden Vermögensgegenstand um eine wesentliche Betriebsgrundlage, so kommt nach Auffassung der Finanzver‐ waltung bei der Einbringung des Betriebes die Buchwertfortführung nicht in Betracht, vielmehr sind die stillen Reserven in Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen aufzulösen. Der Übergang ins Privatvermögen kann dadurch vermieden werden, dass der Eigentümer des betreffenden Vermögensgegenstandes diesen in die Aktiengesellschaft einbringt oder ihn unter Beachtung des § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Die stillen Reserven sind auch dann aufzudecken, wenn der Betrieb durch eine verdeckte Sacheinlage an die Aktiengesellschaft übergeht. Zu denken ist dabei an den Fall, dass ein Betrieb schlicht eingestellt und sodann von der Aktiengesellschaft wieder aufgenommen wird. In diesem Fall ist § 20 UmwStG nicht anwendbar, so dass die stillen Reserven der Besteuerung zu unterwerfen sind. Die Einbringung des Unternehmens im Ganzen in die Aktiengesellschaft löst keine Umsatzsteuer aus (§ 1 Abs. 1a UStG). Bei der formwechselnden Umwandlung bleibt der Rechtsträger identisch, es ändert sich lediglich dessen Rechtsform. Gehört zum Vermögen der form‐ wechselnden Gesellschaft ein Grundstück, so löst der Formwechsel deshalb 4.3 Personenhandelsgesellschaften 81 keine Grunderwerbsteuer aus, weder bei dem Formwechsel einer Personen‐ gesellschaft in eine Aktiengesellschaft noch umgekehrt beim Formwechsel einer Aktiengesellschaft in eine Personengesellschaft (vgl. BFH BStBl. 1997 II, 661). Dem steht nicht die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG entgegen, da diese den Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern erfasst. Der Zeitpunkt des Formwechsels ist steuerlich wichtig, weil von diesem Stichtag an das Einkommen nicht mehr nach den Vorschriften des Einkom‐ mensteuergesetzes, sondern nach denen des Körperschaftsteuergesetzes zu ermitteln ist, und weil die Zurechnung der Einkünfte nicht mehr zu den natürlichen Personen erfolgt, sondern zu der Aktiengesellschaft als eigen‐ ständigem Steuersubjekt des Körperschaftsteuergesetzes. Gemäß § 25 S. 2, § 9 S. 2 UmwStG ist beim Formwechsel für die übertragende Gesellschaft eine Übertragungsbilanz aufzustellen, in der zur Vermeidung der Aufdeckung von stillen Reserven die steuerlichen Buchwerte angesetzt werden können. Stichtag ist der Zeitpunkt, in dem der Formwechsel wirksam wird und das Betriebsvermögen auf die Aktiengesellschaft übergeht. Nach § 25 S. 2, § 9 S. 3 UmwStG darf jedoch der Formwechsel auf den Tag zurückbezogen werden, für den die Schlussbilanz der formwechselnden Gesellschaft aufgestellt ist; dieser Stichtag darf höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister liegen. Der erhebliche Vorteil dieser Regelung liegt auf der Hand: es muss keine zusätzliche Bilanz erstellt werden. Kann die Achtmonatsfrist nicht eingehalten werden, muss der Formwechsel nicht unterbleiben, sondern kann auf der Grundlage einer Zwischenbilanz auf einen weniger als acht Monate zurückliegenden anderen Stichtag durchgeführt werden. 4.4 Partnerschaftsgesellschaft Für die Partnerschaftsgesellschaft gelten die vorstehenden Ausführungen zum Formwechsel der Personenhandelsgesellschaften entsprechend, vgl. §§ 225a bis 225c UmwG. 82 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung 4.5 GmbH & Co. KG Die Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine Aktiengesellschaft ist auf zwei Wegen möglich. Der einfachere Weg ist das sog. erweiterte Anwachsungsmodell, bei dem die Kommanditanteile von den Kommanditisten durch eine Sachkapitaler‐ höhung gem. § 56 GmbH in die Komplementär-GmbH eingebracht werden, wodurch die Kommanditgesellschaft erlischt und ihr Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die GmbH übergeht. Die durch die Einbringung zum alleinigen Unternehmensträger gewordene GmbH wird sodann durch Formwechsel, wie in Abschn. 4.6 dargestellt, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Gehören der GmbH & Co. KG Grundstücke, scheidet diese Alternative allerdings in der Regel wegen der dadurch ausgelösten Grund‐ erwerbsteuer aus. Der andere Weg ist die unmittelbare Umwandlung der Kommanditgesell‐ schaft in die Rechtsform der Aktiengesellschaft durch einen Formwechsel gem. § 190 UmwG (s. Abschn. 4.3.1). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Identität der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft über den Formwechsel hinweg zu wahren ist; die als Komplementärin fungierende GmbH ist aber in der Regel nicht am Kapital der GmbH & Co. KG betei‐ ligt, wohingegen bei der Aktiengesellschaft eine Aktionärsstellung ohne Kapitalbeteiligung nicht möglich ist. Dieses Hindernis lässt sich dadurch überwinden, dass einer der beteiligten Kommanditisten vor dem Form‐ wechsel einen Teil seiner Kommanditeinlage an die Komplementär-GmbH überträgt. Die Übertragung geschieht treuhänderisch; die vormalige Kom‐ plementär-GmbH hat nach erfolgtem Formwechsel die von ihr dadurch erlangten Aktien an den Treugeber zu übertragen. Anders als beim Anwach‐ sungsmodell bleibt bei der formwechselnden Umwandlung einer GmbH & Co. KG die Komplementär-GmbH bestehen, die dann aufgelöst und liqui‐ diert oder aber auf die aus der KG hervorgegangenen Aktiengesellschaft im Wege der Verschmelzung übertragen und dadurch zum Erlöschen gebracht werden kann. Zur steuerlichen Seite siehe Abschn. 4.3.2. 4.5 GmbH & Co. KG 83 4.6 Formwechsel der GmbH Durch Umwandlung mittels Formwechsel ändert sich die Rechtsform, also die äußere Form, während die rechtliche und wirtschaftliche Identität gewahrt bleibt. Es handelt sich um denselben Rechtsträger vor und nach dem Formwechsel. Änderungen gibt es alleine bei der rechtlichen Organisation des Unternehmens, dem vor und nach der Umwandlung dasselbe Vermögen zugeordnet wird; ein Vermögensübergang findet nicht statt. Wird also eine GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, so besteht die Veränderung darin, dass anschließend statt der Vorschriften des GmbH-Gesetzes die des Aktiengesetzes anzuwenden sind, es wurde lediglich das „Rechtskleid“ gewechselt. Die Umwandlung der GmbH zur Aktiengesellschaft durch Formwechsel wird hier entsprechend ihrer großen Bedeutung in der Praxis eingehend zu behandeln. Man kann davon ausgehen, dass die meisten aus einem Formwechsel hervorgehenden Aktiengesellschaften zuvor die Rechtsform der GmbH hatten. Der Ablauf des Formwechsels von der GmbH zur Akti‐ engesellschaft ist in den §§-190 ff., insbesondere 226 ff., UmwG geregelt. Auch die in § 5a GmbHG geregelte Unternehmergesellschaft (haftungs‐ beschränkt) kann durch einen Formwechsel in die Rechtsform der Akti‐ engesellschaft umgewandelt werden, wozu das Stammkapital vorab auf 50.000 € zu erhöhen ist; die nachfolgenden Ausführungen gelten für die UG (haftungsbeschränkt) entsprechend. 4.6.1 Formwechselbericht Die Geschäftsführer der umzuwandelnden GmbH haben einen Formwech‐ selbericht zu erstellen. Darin sind der Formwechsel und insbesondere die künftige Beteiligung der Geschäftsanteilsinhaber an der Aktiengesellschaft rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen. Ein Bericht ist nicht erforderlich, wenn eine Einpersonen-GmbH umgewandelt wird oder wenn sämtliche Gesellschafter der GmbH durch notariell beurkundete Erklärungen auf den Bericht verzichten. 84 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung 4.6.2 Formwechselbeschluss Der Formwechsel erfordert einen von der Gesellschafterversammlung der umzuwandelnden GmbH zu fassenden Formwechselbeschluss (§ 193 Abs. 1 UmwG). - 4.6.2.1 Vorbereitung Die Geschäftsführer der formwechselnden GmbH haben die Gesellschafter unter Beachtung der gesetzlichen und vertraglichen Formen und Fristen zu der Gesellschafterversammlung einzuberufen. Der Formwechselbericht ist beizufügen, sofern nicht alle Gesellschafter darauf verzichten oder es sich um eine Einpersonen-Gesellschaft handelt. Der Entwurf des Formwechsel‐ beschlusses ist spätestens einen Monat vor der Beschlussfassung über den Formwechsel einem etwa bestehenden Betriebsrat zuzuleiten (§ 194 Abs. 2 UmwG), wobei der Betriebsrat auf die Einhaltung der Monatsfrist verzichten kann. Einer Anhörung des Betriebsrats oder gar dessen Zustimmung bedarf es nicht. Im Rahmen der Vorbereitung einer Umwandlung in die Rechtsform der Aktiengesellschaft schließen die Gesellschafter regelmäßig eine Akti‐ onärsvereinbarung, in der insbesondere die in Abschn. 3.3 dargestellten Gegenstände geregelt werden. Bei Umwandlung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder einer GmbH, deren Stammkapital geringer ist als das Mindestgrund‐ kapital der Aktiengesellschaft von 50.000 Euro, ist vor der Umwandlung das Stammkapital entsprechend zu erhöhen. - 4.6.2.2 Beschlussfassung Der Formwechselbeschluss ist in einer notariell zu beurkundenden Gesell‐ schafterversammlung zu fassen, nicht etwa im Umlaufverfahren oder in sonstiger Art und Weise, wie sie § 48 GmbHG oder ggf. der Gesellschafts‐ vertrag der GmbH für Gesellschafterbeschlüsse vorsehen. Der Formwech‐ selbeschluss muss bestimmte Angaben enthalten und Regelungen treffen (§§ 194, 243, 218 UmwG), insbesondere die Firma der Gesellschaft in der neuen Rechtsform, wobei die bisherige Firmierung grundsätzlich beibehal‐ ten werden darf, die Aktien, die die Gesellschafter durch den Formwechsel erlangen, ggf. ein Abfindungsangebot (dazu Abschn. 4.6.2.5), die Satzung der Aktiengesellschaft sowie eine Darstellung der Folgen des Formwechsels für 4.6 Formwechsel der GmbH 85 die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen Anzumerken ist, dass der Formwechsel die Arbeitsverträge nicht berührt, da die Identität der arbeitgebenden Gesellschaft unberührt bleibt und die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den bestehenden Arbeitsverträ‐ gen unverändert fortbestehen. Aus diesem Grunde kommt auch nicht die Vorschrift des § 613a BGB über den Betriebsübergang zum Tragen. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wird nach der Umwandlung durch den Vorstand der Aktiengesellschaft ausgeübt. Umsetzungen oder gar betriebs‐ bedingte Kündigungen kann der Formwechsel nicht auslösen. Bestehende Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge gelten fort. Die Betriebsverfas‐ sung nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleibt unberührt und die Organe, Ausschüsse und sonstigen Einrichtungen nach dem Betriebsverfassungsge‐ setz bleiben bestehen. Musste bereits die GmbH einen Aufsichtsrat bilden, so bestehen die Aufsichtsratsmandate in der Aktiengesellschaft fort; s. Abschn. 2.2.1 Der Beschluss über die Umwandlung einer GmbH in eine Aktiengesell‐ schaft bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der bei der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen; sollte der Gesellschafts‐ vertrag der GmbH eine größere Mehrheit vorsehen, so ist diese maßge‐ bend. Ist die Abtretung von Geschäftsanteilen bei einer formwechselnden Gesellschaft von der Genehmigung einzelner Gesellschafter abhängig, so bedarf der Formwechselbeschluss ihrer Zustimmung; das bedeutet, dass in diesen Fällen ein mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit beschlossenen Formwechsel scheitert, wenn die betreffenden Gesellschafter nicht dafür stimmen. - 4.6.2.3 Niederschrift In der Niederschrift des Formwechselbeschlusses namentlich aufzuführen sind die Gesellschafter, die für den Formwechsel gestimmt haben und damit bei der Anwendung der Gründungsvorschriften des Aktiengesetzes an die Stelle der Gründer treten. Auf Verlangen ist jedem Anteilsinhaber auf seine Kosten unverzüglich eine Abschrift der Niederschrift des Beschlusses zu erteilen. In die Niederschrift wird üblicherweise auch die Bestellung der von den Aktionären zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder aufgenommen, die ihrerseits alsbald die Vorstandsmitglieder bestellen. 86 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung Die Gebühren des Notars für den Formwechselbeschluss und die etwa erforderlichen Zustimmungserklärungen bemessen sich nach dem Wert des übergehenden Aktivvermögens, ohne dass die Verbindlichkeiten davon abgezogen werden können. - 4.6.2.4 Klagen gegen die Wirksamkeit; Zuzahlung in bar Mit der Beschlussfassung läuft die einmonatige Frist für die Klage gegen die Wirksamkeit des Formwechselbeschlusses an (§ 195 UmwG). Ein Ge‐ sellschafter kann Klage erheben, wenn er die Nichtigkeit, Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit des Beschlusses geltend machen will. Durch einen mit dem Beschluss zu beurkundenden etwaigen Verzicht der Anteilseigner auf die Klageerhebung wird die Eintragung des Formwechsels beschleunigt, da das Registergericht dann nicht der Frage nachgehen muss, ob innerhalb der Einmonatsfrist eine Klage gegen den Formwechselbeschluss erhoben worden ist. Die Klage eines Gesellschafters kann nicht darauf gestützt werden, dass die Anteile an der Aktiengesellschaft zu niedrig bemessen sind oder dass die Aktien kein ausreichender Gegenwert für die weggefallenen Ge‐ schäftsanteile sind, dass also - mit anderen Worten - die bestehenden Beteiligungsquoten im Umwandlungsbeschluss nicht exakt abgebildet sind. Der Gesellschafter kann in diesem Fall von der Gesellschaft einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen (§ 196 UmwG). Leistet die Gesellschaft die bare Zuzahlung nicht oder erscheint diese dem Gesellschafter zu niedrig, so kann er die gerichtliche Entscheidung nach den Vorschriften des Spruch‐ verfahrensgesetzes beantragen. - 4.6.2.5 Barabfindung Angebot einer Barabfindung Die GmbH hat jedem Gesellschafter, der an der Gesellschafterversammlung teilgenommen, gegen den Formwechselbeschluss gestimmt und darüber hinaus gegen den Formwechsel Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, den Erwerb seines umgewandelten Anteils gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten (§ 207 UmwG). Dem Widerspruch zur Nieder‐ schrift steht es gleich, wenn ein nicht erschienener Gesellschafter zu der Gesellschafterversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder 4.6 Formwechsel der GmbH 87 die Gesellschafterversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist. Die Abfindungslast trägt die Gesellschaft. Die Barabfindung ist nicht anzubieten, wenn feststeht, dass kein Gesellschafter ausscheiden will und alle Gesellschafter auf das Angebot einer Barabfindung verzichten. Ausscheiden gegen Barabfindung Der Gesellschafter, der gegen den Formwechselbeschluss Widerspruch zur Niederschrift eingelegt hat, scheidet im Anschluss an den Formwechsel aus der Gesellschaft aus, indem er Zug um Zug gegen Zahlung der Barabfindung den Austritt erklärt und seine aus dem Formwechsel hervorgegangenen Aktien an die Gesellschaft überträgt. Kommt infolge der Nein-Stimme des Gesellschafters der Formwechselbeschluss gar nicht erst zustande, etwa weil der Gesellschafter eine Beteiligung von mehr als 25 % hält oder weil aufgrund einer entsprechenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag der GmbH der Beschluss der Einstimmigkeit oder der Zustimmung gerade dieses Gesellschafters bedarf, ist die Umwandlung gescheitert, so dass von vornherein keine Grundlage für die Zahlung von Abfindungen besteht. Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien Der Erwerb der Aktien des ausscheidenden Gesellschafters durch die aus dem Formwechsel als Aktiengesellschaft hervorgegangene Gesellschaft gegen Zahlung der Barabfindung stellt einen Erwerb eigener Aktien dar (§ 71 AktG, s. Abschn. 11.4), der nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, insbesondere dass die Rücklage für eigene Aktien (§-272 Abs. 4 HGB) aus freien Mitteln gebildet werden kann. Ist das nicht möglich, so hat der Formwechsel zu unterbleiben. Der Formwechsel scheidet ferner aus, wenn von vornherein abzusehen ist, dass die seitens der Aktiengesellschaft zu erwerbenden eigenen Aktien mehr als 10 % des Grundkapitals ausmachen (§ 71 Abs. 2 AktG). Sollte der Formwechsel zu scheitern drohen, weil die 10 %-Grenze überschritten oder die Erhaltung des Grundkapitals nicht gewährleistet ist, kann dem in geeigneten Fällen dadurch begegnet werden, dass die Gesellschafter, die den Formwechsel nicht mitvollziehen wollen, vor dem Formwechsel zum Verkauf ihrer Geschäftsanteile an die anderen Gesellschafter bewegt werden. Stellt sich erst nach der Beschlussfassung heraus, dass die zurück‐ zunehmenden Aktien mehr als 10 % des Grundkapitals ausmachen, ist der 88 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung Beschluss wirksam und die Gesellschaft zum Erwerb der Aktien und zur Abfindung der ausscheidenden Gesellschafter verpflichtet. Höhe der Barabfindung Maßgeblich für die Höhe der Barabfindung ist der Verkehrswert des Un‐ ternehmens. Gesellschaftsvertragliche Regelungen über die Abfindung aus‐ scheidender Gesellschafter sind nicht anzuwenden. Wird der Verkehrswert durch einen Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer ermittelt, so wendet dieser dabei den für ihn berufsrechtlich maßgeblichen IDW-Stan‐ dard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1) an. Nach IDW S 1 ist der Wert eines Unternehmens alleine aus seiner Eigenschaft abzuleiten, finanzielle Überschüsse für die Unter‐ nehmenseigner zu erwirtschaften. Dieser Wert ergibt sich grundsätzlich aufgrund der finanziellen Überschüsse, die bei Fortführung des Unterneh‐ mens und Veräußerung etwaigen nicht betriebsnotwendigen Vermögens erwirtschaftet werden (Zukunftserfolgswert). Der Zukunftserfolgswert kann nach dem Ertragswertverfahren oder nach den Discounted Cash Flow-Verfahren ermittelt werden. Bei der Bemessung der Barabfindung kommt es auf die Verhältnisse der GmbH im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Formwechsel an. Die Angemessenheit der Barabfindung ist durch einen vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen zu prüfen, sofern die ausscheidungswilligen Gesellschafter nicht durch notariell beurkundete Erklärungen darauf verzichten. Gerichtliche Nachprüfung der Abfindung Hält ein Anteilseigner die ihm angebotene Barabfindung für zu niedrig, so kann er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Auseinandersetzungen über Abfindungszahlungen nach Aktien- oder Umwandlungsrecht werden generell nicht in einem Zivilrechtsstreit ausgetragen, sondern im Rahmen eines Spruchverfahrens. Auf Antrag des sich benachteiligt fühlenden An‐ teilseigners hat das zuständige Landgericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes die angemessene Barabfindung zu bestimmen (§ 212 UmwG); die Erhebung einer Klage gegen die Wirksamkeit des Formwechselbeschlusses unter Berufung auf eine zu niedrige Bemessung der Barabfindung ist dagegen ausgeschlossen. Bestimmt das Landgericht in dem Spruchverfahren eine höhere Abfindung, so steht diese auch denjeni‐ gen ausscheidenden Gesellschaftern zu, die keinen Antrag auf gerichtliche 4.6 Formwechsel der GmbH 89 Entscheidung gestellt hatten (§ 13 SpruchG). Der Anspruch auf Zahlung der Barabfindung entsteht mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister, er ist sofort fällig und verzinslich. 4.6.3 Gründungsvorschriften Beim Formwechsel einer GmbH in die Aktiengesellschaft sind die für die Aktiengesellschaft geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden (§ 197 UmwG). Die Gründer haben daher einen schriftlichen Bericht über den Hergang der Gründung zu erstatten (Gründungsbericht); da der Formwechsel inso‐ weit wie eine Sachgründung zu behandeln ist, sind in dem Gründungsbericht die wesentlichen Umstände darzulegen, von denen die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen abhängt. Die Pflicht zur Erstattung des Gründungsberichts trifft die nach § 245 Abs. 1 UmwG als Gründer geltenden Gesellschafter, die für den Formwechsel gestimmt haben. In dem Gründungsbericht sind auch Ausführungen zum Reinvermögen der Gesellschaft zu machen. Der Nennbetrag des Grundkapitals der Aktien‐ gesellschaft darf das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen der formwechselnden Gesellschaft nicht übersteigen, d. h. das Aktivvermögen muss höher sein als die Schulden, und dieser Unterschiedsbetrag muss mindestens so hoch sein wie das Grundkapital; maßgeblich sind die Ver‐ kehrswerte der Vermögensgegenstände. Reicht der Wert des Vermögens zur Deckung des Nennbetrages nicht aus, hat das Gericht den Gründern durch eine Zwischenverfügung Gelegenheit zur Behebung der Beanstandung, etwa mittels Barzahlung, zu geben. Kommen die Gründer dem nicht nach, weist das Gericht die Anmeldung des Formwechsels zurück. Bei einer Eintragung des Formwechsels trotz unzureichenden Vermögens, etwa weil die Unterdeckung nicht erkannt worden war oder erst nach der Anmeldung eingetreten ist, haften die Gründer für den Fehlbetrag. Der Hergang der Umwandlung ist durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats und durch externe, gerichtlich bestellte Gründungsprüfer (§§ 33, 2203 UmwG) zu prüfen. 4.6.4 Anmeldung Die neue Rechtsform und die Vorstandsmitglieder sind zur Eintragung in das Handelsregister, in dem die formwechselnde GmbH eingetragen ist, 90 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung anzumelden. Zuständig sind die Geschäftsführer; dabei müssen nicht alle Geschäftsführer mitwirken, es reicht die Anmeldung durch Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Anzahl aus. Die Anmeldenden haben zu erklären, dass gegen den Formwechselbe‐ schluss eine Klage nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist. Liegt diese Erklärung nicht vor, darf die Umwandlung nicht eingetragen werden, es sei denn, dass alle Anteilseigner auf die Klageerhebung verzichtet haben. Trotz einer anhängigen Klage ist der Formwechsel einzutragen, wenn das zuständige Prozessgericht durch rechtskräftigen Beschluss festgestellt hat, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht, sog. Unbedenklichkeitsverfahren. Der Anmeldung sind nach den allgemeinen Umwandlungsvorschriften insbesondere folgende Unterlagen beizufügen (§ 199 UmwG): - die Niederschrift des Formwechselbeschlusses; - der Umwandlungsbericht oder die Erklärungen über den Verzicht dar‐ auf; - ein Nachweis über die Zuleitung des Entwurfs des Formwechselbe‐ schlusses an den Betriebsrat. Besteht kein Betriebsrat, so ist von den Anmeldenden eine entsprechende Versicherung abzugeben; - ggf. der Nachweis, dass der Betriebsrat der Abkürzung der Monatsfrist zugestimmt hat; - die bei einer Neugründung vorzulegenden Unterlagen, s. Abschn. 2.5.3. 4.6.5 Gerichtliche Prüfung, Eintragung, Bekanntmachung Das Registergericht hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eintra‐ gung des Formwechsels in formeller und materieller Hinsicht erfüllt sind. Die formelle Prüfung bezieht sich darauf, ob die erforderlichen Anmeldun‐ gen und Erklärungen vorliegen und die Anlagen der Anmeldung vollständig beigefügt sind. In materieller Hinsicht wird beim Formwechsel in die Aktiengesellschaft insbesondere geprüft, ob der Nennbetrag des Grundkapitals der Aktienge‐ sellschaft durch das Vermögen der formwechselnden Gesellschaft gedeckt ist. Gegenstand der Prüfung sind auch der Gründungsbericht und die Berichte über die Gründungsprüfung. 4.6 Formwechsel der GmbH 91 Die Eintragung des Formwechsels erfolgt in Abteilung B des von den Gerichten elektronisch geführten Handelsregisters. Über die Internetseite des Unternehmensregisters (www.unternehmensregister.de) sind die Ein‐ tragung und die mit der Anmeldung eingereichten Dokumente für jeder‐ mann einsehbar (§§ 8b Abs. 2, § 9 Abs. 1, 10 HGB, § 201 UmwG). Die Bekanntmachung der Eintragung enthält die Angaben gemäß § 39 AktG (s. Abschn. 2.6.2) und den Hinweis auf den Gläubigerschutz gem. §§ 204, 22 UmwG (s. dazu Abschn. 4.6.6). 4.6.6 Wirkungen der Eintragung Die Eintragung der neuen Rechtsform in das Handelsregister bewirkt, dass die formwechselnde GmbH als Aktiengesellschaft weiterbesteht und aus den GmbH-Gesellschaftern Aktionäre werden (§ 202 UmwG). Die Identität des Rechtsträgers ändert sich dabei nicht, die GmbH und die Aktiengesellschaft sind ein und dieselbe juristische Person, so dass es auch nicht etwa zu einer Vermögensübertragung zwischen ihnen kommt. Durch den Formwechsel wird das bisherige Stammkapital der formwechselnden GmbH zum Grund‐ kapital der Aktiengesellschaft (§-247 UmwG). Der Formwechsel macht im Hinblick auf die beibehaltene Identität nicht die Erstellung eines Jahresabschlusses auf den Zeitpunkt des Formwechsels nötig. Steuerlich ist die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesell‐ schaft in eine andere Kapitalgesellschaft - und somit auch der Formwechsel von der GmbH zur Aktiengesellschaft - unbeachtlich. Sofern bei der form‐ wechselnden GmbH ein Aufsichtsrat gebildet war, insbesondere aufgrund mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften, bleiben die Aufsichtsratsmitglie‐ der beim Formwechsel in eine Aktiengesellschaft grundsätzlich für den Rest ihrer Wahlzeit im Amt (§-203 AktG). Den Gläubigern der formwechselnden Gesellschaft ist, wenn sie binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung der Eintragung des Formwech‐ sels in das Handelsregister ihren Anspruch nach Grund und Höhe anmelden, unter den Voraussetzungen des § 22 UmwG Sicherheit zu leisten, wenn sie glaubhaft machen, dass durch den Formwechsel die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird (§ 204 UmwG). In der Zeit zwischen dem Formwechselbeschluss und der Eintragung des Formwechsels bleiben für die formwechselnde Gesellschaft das GmbH-Ge‐ setz und der Gesellschaftsvertrag der GmbH maßgeblich. Liegt vor der Eintragung ein Bilanzstichtag, so ist der Jahresabschluss für die GmbH unter 92 4 Entstehung der Aktiengesellschaft durch Umwandlung Beachtung der für diese geltenden Rechtsvorschriften (z. B. § 42 GmbHG) aufzustellen. Die Zuständigkeit für die Feststellung des Jahresabschlusses der im Formwechsel begriffenen GmbH richtet sich danach, ob im Zeitpunkt der Feststellung der Formwechsel schon eingetragen ist. Wenn das der Fall ist, liegt die Zuständigkeit gem. § 172 AktG beim Aufsichtsrat, ansonsten weiterhin gem. § 46 Nr.-1 GmbHG bei der Gesellschafterversammlung. 4.7 Verschmelzung zur Neugründung einer Aktiengesellschaft Eine neue Aktiengesellschaft kann in der Weise entstehen, dass zwei oder mehr Rechtsträger ihr Vermögen durch eine Verschmelzung auf eine neue, von ihnen dadurch gegründete Aktiengesellschaft übertragen (§ 2 Nr. 2 UmwG). 4.8 Spaltung zur Neugründung einer Aktiengesellschaft Eine neue Aktiengesellschaft kann auch bei einer Spaltung entstehen da‐ durch, dass Rechtsträger ihr Vermögen aufspalten oder von ihrem Vermögen einen Teil oder mehrere abspalten oder aus ihm ausgliedern, und zwar jeweils zur Übertragung auf eine oder mehrere dadurch gegründete neue Aktiengesellschaften (§ 123 UmwG). Ein Anwendungsfall der Spaltung ist die Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns zur Neugrün‐ dung (Abschn. 4.1.1). 4.7 Verschmelzung zur Neugründung einer Aktiengesellschaft 93 5 Vorstand Während die GmbH in der Regel nur zwei Organe hat, nämlich Geschäfts‐ führer und Gesellschafterversammlung, sind für die Aktiengesellschaft drei Organe zwingend vorgeschrieben, nämlich Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Zwischen diesen Organen besteht eine gesetzlich fest‐ gelegte Gewaltenteilung im Sinne einer Gewaltenverzahnung und Gewal‐ tenkontrolle. Der Vorstand leitet die Aktiengesellschaft eigenverantwortlich; der Auf‐ sichtsrat und die Hauptversammlung sind von der Unternehmensleitung ausgeschlossen. Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, den Vorstand zu überwa‐ chen, ohne eigene unternehmerische Initiative entfalten zu können. Die Hauptversammlung entscheidet nur in den wenigen vom Aktiengesetz vorgesehenen Fällen, sie besitzt also - anders als die Gesellschafterversamm‐ lung der GmbH - keine Allzuständigkeit. Die Stellung des Vorstands ist in §§ 76 bis 94 AktG geregelt; weitere Vorschriften zu den Rechten und Pflichten des Vorstands finden sich im gesamten Aktiengesetz, aber auch in anderen Gesetzen, z. B. im Handelsge‐ setzbuch. Die Vorschriften für die Vorstandsmitglieder gelten nach § 94 AktG auch für ihre Stellvertreter, d. h. die als solche bezeichneten stellvertreten‐ den Vorstandsmitglieder haben alle Rechte und Pflichten wie ordentliche Vorstandsmitglieder auch und rücken also nicht wie Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats erst zu gegebener Zeit in die organschaftliche Stellung ein. Der Stellvertreter unterscheidet sich von den anderen Vorstandsmitgliedern nur dadurch, dass er in der internen Vorstandshierarchie nach Maßgabe der Geschäftsordnung hinter den ordentlichen Vorstandsmitgliedern zurück‐ steht. So kann die Geschäftsordnung bestimmen, dass das stellvertretende Vorstandsmitglied nur für einen bestimmten Tätigkeitsbereich oder nur bei Verhinderung oder Ausscheiden eines ordentlichen Vorstandsmitglieds geschäftsführungsbefugt ist. Hinsichtlich der Vertretungsbefugnis nach außen besteht kein Unterschied zwischen einem ordentlichen und einem stellvertretenden Vorstandsmitglied. 5.1 Die Rechtsstellung des Vorstands Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ohne die vorangehende Bestellung mindestens eines Vorstandsmitglieds ist die Eintragung einer neugegründeten Aktiengesellschaft nicht möglich, da bei der Gründungsprüfung und bei der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister die Vorstandsmitglieder mitzuwirken haben. Zu unterscheiden sind die organschaftliche Stellung des Vorstands und sein Anstellungsverhältnis. Die Organstellung begründet bestimmte, auf gesetzlichen Vorschriften beruhende Rechte und Pflichten sowie die Vertretungsbefugnis, während das durch den Dienstvertrag geregelte An‐ stellungsverhältnis ergänzend Regelungen zur persönlichen Rechtsstellung des Vorstandsmitglieds trifft, insbesondere zur Konkretisierung der Pflich‐ ten und zur Vergütung der Tätigkeit. 5.2 Bestellung und Amtsbeendigung Durch die Bestellung erwirbt der Vorstand das Recht und die Pflicht, die Aktiengesellschaft zu leiten, sie nach außen zu vertreten und ihre Geschäfte zu führen sowie alle sonstigen Befugnisse nach Gesetz und Satzung auszu‐ üben. 5.2.1 Bestellung Die Mitglieder des Vorstands werden durch den Aufsichtsrat bestellt. Die Zahl der zu bestellenden Vorstandsmitglieder richtet sich nach der Fest‐ legung in der Satzung. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. Euro muss der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen, doch kann die Satzung bestimmen, dass der Vorstand auch bei Überschreiten dieses Betrages nur aus einer Person besteht (§ 76 Abs. 2 AktG). Bei den dem Mitbestimmungsgesetz 1976 unterliegenden Gesell‐ schaften ist als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied ein Arbeitsdirektor zu bestellen (§ 33 MitbestG), so dass der Vorstand dann aus mindestens zwei Personen besteht. Die Bestellung der Vorstandsmitglieder erfolgt auf höchstens fünf Jahre (§ 84 AktG). Eine wiederholte Bestellung bzw. Verlängerung der Amtszeit um jeweils maximal fünf Jahre ist zulässig; der darauf gerichtete Aufsichts‐ 96 5 Vorstand ratsbeschluss kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden. Sind mehrere Vorstandsmitglieder vorhanden, so kann der Aufsichtsrat einen von ihnen zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen. Die Bestellung eines Vorstandsmitglieds endet mit Zeitablauf, sie kann aber auch vorzeitig durch Amtsniederlegung oder Widerruf der Bestellung (s. Abschn. 5.2.3) beendet werden. Der Aufsichtsrat kann für einen im voraus begrenzten Zeitraum von höchstens einem Jahr vorübergehend ein Mitglied des Aufsichtsrats zum Stellvertreter für ein fehlendes oder verhindertes Vorstandsmitglied bestel‐ len; in dieser Zeit ruht das Amt als Aufsichtsrat (§ 105 Abs. 2 AktG). Sofern die Gesellschaft der unternehmerischen Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz oder einem anderen mitbestimmmungsrecht‐ lichen Gesetz unterliegt oder wenn sie börsennotiert ist, hat der Aufsichtsrat Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand festzulegen (§ 111 Abs. 5 AktG). Bei Geltung des Mitbestimmungsgesetzes 1976 bedarf der Beschluss des Aufsichtsrats über die Bestellung von Vorstandsmitgliedern grundsätzlich einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der Stimmen seiner Mitglieder umfasst (§-31 Abs. 2 MitbestG). Fehlt der Gesellschaft ein erforderliches Vorstandsmitglied, so hat in dringenden Fällen auf Antrag eines Beteiligten das Registergericht das Vorstandsmitglied zu bestellen (§-85 AktG). Auf Geschäftsbriefen der Gesellschaft sind alle Vorstandsmitglieder an‐ zugeben; ist ein Vorstandsvorsitzender bestellt, so ist dieser als solcher zu bezeichnen (§-80 AktG). 5.2.2 Persönliche Voraussetzungen Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfä‐ hige Person sein (§ 76 Abs. 3 AktG). Vorstandsmitglied kann nicht sein, wer 1. als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 BGB) unterliegt, 2. aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entschei‐ dung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, 3. wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten 5.2 Bestellung und Amtsbeendigung 97 a. des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung), b. nach den §§ 283 bis 283d StGB (Insolvenzstraftaten), c. der falschen Angaben nach § 399 AktG oder § 82 GmbHG, d. der unrichtigen Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PublG zu einer Freiheits- oder Geldstrafe oder e. nach den §§ 263 bis 264a StGB (Betrug, Computer-, Subventions-, Kapitalanlagebetrug) oder nach den §§ 265b bis 266a StGB (Kre‐ ditbetrug, Sportwettbetrug, Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben, Untreue sowie Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils. Auch ein Berufsverbot oder eine Verurteilung im Ausland wegen einer vergleichbaren Tat kann ein Bestellungshindernis darstellen. Die Bestellung einer demnach vom Amt ausgeschlossenen Person zum Vorstandsmitglied ist nach § 134 BGB nichtig; tritt ein Ausschlusstatbestand erst zeitlich nach einer zunächst wirksamen Bestellung ein, so führt dies zum sofortigen Amtsverlust. Die Nichtigkeit ist für Außenstehende in der Regel nicht erkennbar, deshalb besteht bei Unternehmen minderer Seriosität die Gefahr, dass sich das für die Bestellung zuständige Gesellschaftsorgan über die Bestellungsverbote hinwegsetzt. Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist in § 6 Abs. 5 GmbHG geregelt, dass Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die Füh‐ rung der Geschäfte einer Person überlassen, die die persönlichen Voraus‐ setzungen nicht erfüllt und deshalb nicht Geschäftsführer sein kann, der Gesellschaft für den Schaden haften, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt. Für die Aktiengesellschaft ist eine entsprechende Regelung entbehrlich, weil die Aufsichtsratsmitglieder bei der Bestellung einer vom Amt ausge‐ schlossenen Person bereits nach § 116 AktG für eigenes Verschulden, ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit, haften. Die Haftung wird insbesondere zum Tragen kommen, wenn der Aufsichtsrat bei Herannahen einer Krise des Unternehmens die Führung der Geschäfte Personen überträgt, denen die gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen fehlen. Da die Gesellschafter einer GmbH nicht schadensersatzpflichtig sind, wenn sie lediglich mit einfacher 98 5 Vorstand Fahrlässigkeit gehandelt haben, stellt sich bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus § 116 AktG gegen Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft den zur Entscheidung berufenen Gerichten die Frage, ob bei vergleichbaren Sachverhalten nicht ebenfalls mindestens grobe Fahrlässigkeit vorliegen muss. 5.2.3 Mutterschutz Besteht ein Vorstand aus mehreren Personen, so kann ein Vorstandsmitglied für einen gewissen Zeitraum sein Amt ruhen lassen, wenn ihm wegen Mut‐ terschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit die Erfüllung der Pflichten aus dem Vorstandsamt vorübergehend nicht möglich ist; s. im einzelnen § 84 Abs. 3 AktG. 5.2.4 Beendigung des Vorstandsamts Im Regelfall endet das Vorstandsamt durch den Ablauf der festgelegten Amtszeit. Das Amt als Vorstand kann ferner dadurch enden, dass der Vorstand sein Amt aus wichtigem Grunde niederlegt, z. B. weil die Hauptver‐ sammlung ihm unberechtigterweise die Entlastung verweigert. Schließlich kann der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstand bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen. Als wichtiger Grund gelten nach § 84 Abs. 4 AktG insbesondere - grobe Pflichtverletzung, - Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder - Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung aus sachlichen Grün‐ den (s.-Abschn. 7.1.4 „Vertrauensentzug“). Grundsätzlich liegt ein wichtiger Grund für die Aktiengesellschaft vor, wenn für sie die Fortsetzung der Tätigkeit des Vorstandsmitglieds bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar ist, wobei die Interessen der Gesellschaft und des Vorstandsmitglieds gegeneinander abzuwägen sind. 5.2.5 Anmeldung Jede Änderung des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstands‐ mitglieds hat der Vorstand zur Eintragung in das Handelsregister anzumel‐ den (§ 81 AktG); das betrifft das Ausscheiden bisheriger und den Eintritt 5.2 Bestellung und Amtsbeendigung 99 neuer Vorstandsmitglieder sowie die Änderung der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds (z.-B. Einzelvertretung statt Gesamtvertretung). Der Anmeldung sind die der Änderung zugrundeliegenden Schriftstücke (z. B. Aufsichtsratsbeschluss, Niederlegungsschreiben) als Anlage beizufü‐ gen. An der Anmeldung müssen Vorstandsmitglieder in vertretungsberech‐ tigter Zahl mitwirken, also nicht alle. Ein neu bestelltes Vorstandsmitglied kann sich selbst alleine anmelden, wenn es einzelvertretungsbefugt ist. Hat ein Vorstandsmitglied sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt, so kann es an der Anmeldung nicht mehr mitwirken; das gilt nicht bei einer Niederlegung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung der Amtsbeendi‐ gung in das Handelsregister, wodurch dem Vorstandsmitglied die Befugnis zur Anmeldung seines eigenen Ausscheidens erhalten bleibt. Neu bestellte Vorstandsmitglieder haben zu versichern, dass keine Bestel‐ lungshindernisse (s. Abschn. 5.2.2) vorliegen. 5.3 Anstellungsverhältnis Durch den Dienstvertrag (§ 611 BGB) werden die Rechte und Pflichten des Vorstands, insbesondere seine Ansprüche auf Vergütung für die zu leistenden Dienste, im Einzelnen geregelt. 5.3.1 Abschluss und Beendigung des Dienstvertrags Der Dienstvertrag mit dem Vorstand wird aufseiten der Aktiengesellschaft vom Aufsichtsrat geschlossen (§ 84 AktG). Die Höchstdauer des Dienstver‐ trages beträgt fünf Jahre, der Vertrag kann jedoch vorsehen, dass er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt. Außer durch Zeitablauf kann der Dienstvertrag auch durch einen von dem Vor‐ standsmitglied mit dem Aufsichtsrat zu schließenden Aufhebungsvertrag enden, ferner durch eine fristlose Kündigung seitens des Vorstandsmitglieds oder des Aufsichtsrats aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB. Der Widerruf der Bestellung durch den Aufsichtsrat aus wichtigem Grund führt nicht automatisch auch zur Beendigung des Anstellungsvertrags, dazu bedarf es zusätzlich einer Kündigung gem. § 626 BGB unter Beachtung der zweiwöchigen Ausschlussfrist. Der Vertrauensentzug durch die Haupt‐ versammlung (s. Abschn. 7.1.4) stellt als solcher einen wichtigen Grund 100 5 Vorstand für die außerordentliche Kündigung seitens der Gesellschaft dar, wenn der Vertrauensentzug nicht aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist. Entscheidungen des Aufsichtsrats zur Abberufung oder außerordentli‐ chen Kündigung obliegen dem Aufsichtsrat als Ganzem, der darüber durch Beschluss entscheidet. Die zweiwöchige Ausschlussfrist gem. § 626 BGB läuft nicht schon dann an, wenn ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied Kennt‐ nis vom Vorliegen eines wichtigen Grundes hat, maßgeblich ist der Tag der unter Wahrung der Ladungsfrist einberufenen Aufsichtsratssitzung, bei der der zugrundeliegende Sachverhalt dem Gremium unterbreitet wird (Koch, Rz. 90 zu § 84 AktG). Legt ein Vorstandsmitglied das Amt aus wichtigem Grunde nieder, so ist es nicht verpflichtet, zugleich den Anstellungsvertrag zu kündigen. Aufgrund der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft sind Rechtsstreitigkei‐ ten des Vorstands mit der Aktiengesellschaft nicht bei den Arbeitsgerichten, sondern bei den ordentlichen Gerichten auszutragen (§ 5 Abs. 1 ArbGG). 5.3.2 Bezüge der Vorstandsmitglieder Für die Bezüge der Vorstandsmitglieder trifft das Aktiengesetz eine Reihe von Regelungen. Gesamtbezüge Die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder können Festgehalt, Gewinnbe‐ teiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisio‐ nen und anreizorientierte Vergütungszusagen wie z. B. Aktienbezugsrechte und Nebenleistungen jeder Art umfassen (§ 87 AktG). Gewinnbeteiligung Eine Gewinnbeteiligung von Vorstandsmitgliedern kann z. B. in einem An‐ teil am Jahresgewinn bestehen, der nach dem Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr, um die Tantieme selbst und um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung aus dem Jahresüberschuss in Gewinnrücklagen einzustellen sind, bemessen werden kann. In diesem Fall wäre die Gewinnbeteiligung unabhängig vom Ausschüttungsverhalten der Gesellschaft. Die Gewinnbeteiligung kann aber auch vom Jahresgewinn losgelöst und stattdessen von der Dividendenzahlung abhängig gemacht werden. Ist die Gesellschaft durch einen Gewinnabführungsvertrag mit 5.3 Anstellungsverhältnis 101 einem beherrschenden Unternehmen verbunden, so gilt statt der Dividende der Betrag der Gewinnabführung als Bemessungsgrundlage. D&O-Versicherung Der Dienstvertrag kann auch die Verpflichtung der Gesellschaft zum Ab‐ schluss einer Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung (Directors‘ and Officers‘ Liability Insurance, sog. D&O-Versicherung) zugunsten des Vor‐ stands umfassen; s. Abschn. 5.6.4. Dabei ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 % bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds zu vereinbaren (§ 93 AktG). Der von der Gesellschaft zu leistende Versicherungsbeitrag kann zu den - steuerpflich‐ tigen - Gesamtbezügen gehören; die Finanzverwaltung behandelt diese Versicherungsbeiträge dann nicht als steuerpflichtig, wenn das Manage‐ ment als Ganzes versichert ist, die Versicherung Schäden des Unternehmens abdeckt, die Ansprüche aus der Versicherung dem Unternehmen zustehen und der Prämienkalkulation Betriebsdaten des Unternehmens zugrunde liegen (BMF-Schreiben vom 24.01.2002---DStR 2002, 678). Nebenleistungen Als Nebenleistungen kommen insbesondere die Überlassung eines Dienst‐ fahrzeugs auch zur privaten Nutzung, die Zurverfügungstellung einer Wohnung, die Übernahme von privaten Versicherungsbeiträgen und die Gewährung von Aktienbezugsrechten (zu Stock Options s. Abschn. 12.2) in Betracht. Angemessenheit Ist ein Vorstandsmitglied zugleich auch Mehrheitsaktionär, so ist die An‐ gemessenheit der Bezüge auch aus steuerlichen Gründen zu überprüfen. Zwar lässt sich die für die GmbH entwickelte Rechtsprechung zur ver‐ deckten Gewinnausschüttung nicht ohne weiteres auf Aktiengesellschaften übertragen, schon weil der Vorstand seinen Dienstvertrag nicht mit der Gesellschafterversammlung, sondern mit dem Aufsichtsrat schließt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch entschieden, dass die Strukturverschiedenheit zwischen der GmbH und der Aktiengesellschaft nicht die Möglichkeit ausschließt, dass der Mehrheitsaktionär, der Vorstandsmitglied ist, die ihm gegebenen Einflussmöglichkeiten bei der Regelung von Rechtsverhältnissen 102 5 Vorstand zwischen sich und der Aktiengesellschaft einseitig in seinem Interesse ausnutzt. Von daher hält der Bundesfinanzhof die Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen durch überhöhte Vorstandsbezüge nicht von vorn‐ herein für ausgeschlossen und hat mehrfach in Einzelfällen das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung bejaht. Die Gesamtbezüge sollen in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Ge‐ sellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen; das gilt sinngemäß für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art. Maßgeblich für die Prüfung der Angemessen‐ heit der Gesamtbezüge ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrags bzw. der Vereinbarung über weitere Leistungen, nicht der Zeitpunkt, in dem die Leistungen fällig werden; dies ist vor allem für Tantiemen, Stock Options und Pensionszusagen von Bedeutung. Setzt der Aufsichtsrat eine unangemessene Vergütung fest, so sind die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft zum Ersatz des Schadens verpflichtet (§ 116 S. 3 AktG); s. dazu Abschn. 6.7 „Unangemessene Vergütung“. Herabsetzung der Bezüge Verschlechtert sich die Lage der Gesellschaft so, dass die Weitergewäh‐ rung der Bezüge in dieser Höhe unbillig für die Gesellschaft wäre, so soll der Aufsichtsrat die Bezüge auf die angemessene Höhe herabsetzen; Ruhestandsbezüge können nur in den ersten drei Jahren nach Ausscheiden herabgesetzt werden. Die Herabsetzung der Bezüge lässt den Dienstvertrag im Übrigen unberührt, doch kann das betroffene Vorstandsmitglied die Herabsetzung zum Anlass nehmen, seinen Dienstvertrag mit einer Frist von sechs Wochen für den Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zu kündigen (§ 87 Abs. 2 AktG). Sozialversicherung, Lohnsteuer Die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft sind in dem Unter‐ nehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen i. S. d. § 18 AktG als ein Unterneh‐ men gelten (vgl. § 1 S. 3 SGB VI, § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Die Bezüge unterliegen der Lohnbesteuerung. 5.3 Anstellungsverhältnis 103 5.4 Geschäftsführung und Vertretung Das Aktiengesetz ordnet an, dass der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten hat, und es trifft Regelungen zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft (§§ 76 bis 78 AktG). 5.4.1 Die Begriffe Geschäftsführung und Vertretung Unter Geschäftsführung versteht man jegliche tatsächliche oder rechtsge‐ schäftliche Tätigkeit für die Gesellschaft, sie umfasst die Leitung des Un‐ ternehmens, aber auch jede unternehmensinterne oder gegenüber Außen‐ stehenden vorgenommene Einzelmaßnahme. Die Vertretung ist jedes nach außen gerichtete rechtsgeschäftliche Handeln im Namen der Gesellschaft und mit Wirkung für diese. Eine bestimmte Maßnahme des Vorstands, z. B. der Kauf einer Maschine, ist zugleich eine Geschäftsführungsmaßnahme und eine Vertretungshandlung. Die Unterscheidung von Geschäftsführung und Vertretung ist die nach dem Innenverhältnis und nach dem Außenver‐ hältnis. Die Geschäftsführungsbefugnis besagt, welche Handlungen der Vorstand vornehmen darf (§ 82 Abs. 2 AktG); die Vertretungsmacht hinge‐ gen bestimmt, was der Vorstand mit rechtlicher Wirkung für oder gegen die von ihm vertretene Aktiengesellschaft bewirken kann. In der Regel ist die Vertretungsmacht weiter als die Geschäftsführungs‐ befugnis. Kauft beispielsweise der Einzelvorstand einer Aktiengesellschaft in deren Namen ein Grundstück, so wird die Aktiengesellschaft gem. § 78 AktG durch diesen Kaufvertrag ohne weiteres berechtigt und verpflichtet, d. h. sie erwirbt das Eigentum, zugleich erwächst ihr aber auch die Ver‐ pflichtung zur Kaufpreiszahlung. Bestand für den Grundstückskauf keine Geschäftsführungsbefugnis, z. B. weil ein vom Aufsichtsrat begründeter Zustimmungsvorbehalt (dazu Abschn. 6.3.1) nicht beachtet worden ist, so ist der Kaufvertrag dennoch wirksam. Doch kann der Verstoß gegen die dem Vorstand obliegende Verpflichtung zur Beachtung von Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis zur Schadensersatzpflicht führen und überdies einen wichtigen Grund für die Abberufung und die fristlose Kündigung des Dienstvertrages darstellen. 104 5 Vorstand 5.4.2 Geschäftsführungsbefugnis Der Vorstand ist im Rahmen des Gesellschaftszwecks und des Unterneh‐ mensgegenstands grundsätzlich unbegrenzt geschäftsführungsbefugt. Ein‐ schränkungen der Geschäftsführungsbefugnis sind nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind. Gesamtgeschäftsführung, Einzelgeschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG) Besteht der Vorstand nur aus einer Person, so ist die Geschäftsführungsbe‐ fugnis auf seine Person konzentriert. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt; jede Geschäftsführungsmaßnahme bedarf eines - einstimmigen - Vorstandsbeschlusses. Die Satzung oder die Geschäfts‐ ordnung des Vorstandes kann Abweichendes bestimmen, insbesondere die mehrheitliche Beschlussfassung vorsehen. Unzulässig wäre eine Regelung, dass eine Minderheit von Vorstandsmitgliedern oder ein einziges Vorstands‐ mitglied Meinungsverschiedenheiten im Vorstand gegen die Mehrheit sei‐ ner Mitglieder entscheiden können. Die Satzung oder die Geschäftsordnung kann aber vorsehen, dass im Falle der Stimmengleichheit die Stimme des Vorstandsvorsitzenden den Ausschlag gibt (Ausnahme: Zweipersonenvor‐ stand), ferner, dass ein Vorstandsmitglied ein Vetorecht hat und damit Mehr‐ heitsentscheidungen blockieren kann. Die Führung der Geschäfte kann dadurch erleichtert werden, dass einem Vorstandsmitglied Einzelgeschäfts‐ führungsbefugnis entweder uneingeschränkt oder aber für eine bestimmte Funktion, für eine bestimmte Sparte oder für Geschäfte mit Bezug auf ein bestimmtes räumliches Gebiet eingeräumt wird. Geschäftsordnung (§ 77 Abs. 2 AktG) Die Gründer der Aktiengesellschaft können bereits durch die Satzung einzelne Fragen der Geschäftsordnung mit bindender Wirkung für Vorstand und Aufsichtsrat regeln oder anordnen, dass der Aufsichtsrat dem Vorstand eine Geschäftsordnung geben kann; aber auch ohne eine solche Anordnung der Satzung kann der Aufsichtsrat eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlassen. Nur wenn weder die Satzung noch der Aufsichtsrat von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht haben, ist der Vorstand befugt, sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben, wobei in diesem Fall der Vorstandsbe‐ schluss über die Geschäftsordnung einstimmig gefasst werden muss. 5.4 Geschäftsführung und Vertretung 105 Zum Inhalt der Geschäftsordnung trifft das Aktiengesetz keine Bestim‐ mungen. Üblich sind Regelungen über die Zusammenarbeit innerhalb des Vorstands, insbesondere die Geschäftsverteilung, ferner über Sitzungen und Beschlüsse, über Ausschüsse und die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat. Ist ein Ar‐ beitsdirektor (§ 33 MitbestG) bestellt, so darf seine Zuständigkeit für den Bereich Arbeit und Soziales nicht beschnitten werden (vgl. Koch, Rz. 57 zu § 77 AktG). Eine vom Aufsichtsrat erlassene Geschäftsordnung umfasst auch den Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte (s. Abschn. 6.3.1). Enthält die Satzung bereits derartige Zustimmungsvorbehalte, so kann der Aufsichtsrat darüber hinaus noch weitere Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig machen. Hat der Vorstand sich eine Geschäftsordnung gegeben, so kann diese vom Aufsichtsrat aufgehoben und durch eine neue Geschäftsordnung ersetzt werden. Tritt ein neues Vorstandsmitglied in den Vorstand ein, so bleibt die vom Vorstand zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft gesetzte Geschäftsord‐ nung unberührt. Vetorecht des Aufsichtsrats; Hauptversammlungsbeschlüsse Die Verpflichtung des Vorstands, die ihm durch aktienrechtskonforme Regelungen auferlegten Beschränkungen einzuhalten, umfasst nicht die Verpflichtung, etwaige Weisungen des Aufsichtsrats oder der Hauptver‐ sammlung, mit denen diese bestimmten Maßnahmen positiv-gebietend durchsetzen wollen, zu befolgen. Der Aufsichtsrat hat lediglich ein auf § 111 Abs. 4 S.-2 AktG beruhendes Vetorecht. Eine Beschränkung der Handlungsfreiheit des Vorstands durch die Hauptversammlung kommt nur dann in Betracht, wenn der Vorstand eine Entscheidung der Hauptversammlung gem. § 119 Abs. 2 AktG herbeigeführt hat oder wenn ein Fall des § 83 AktG vorliegt (s. dazu Abschn. 7.1.2). Kreditgewährung (§§ 89, 115 AktG) Die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands ist durch ausdrückliche ge‐ setzliche Bestimmung insoweit eingeschränkt, dass er bestimmte Kredit‐ verträge der Aktiengesellschaft nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats schließen darf. Das betrifft insbesondere Kredite anVorstandsmitglieder, 106 5 Vorstand aber z. B. auch an Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigte (54 Abs. 1 Alt. 1 HGB). Die Zustimmung des Aufsichtsrats ist zeitlich vor der Kreditgewährung zu erteilen und muss auch die Verzinsung und die Rückzahlung regeln. Als Kreditgewährung gilt auch die Entnahme eines Vorschusses auf das Gehalt, sofern der Kredit ein Monatsgehalt übersteigt. Liegt eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Einwilligung des Aufsichtsrats nicht vor, ist der Kredit sofort zurückzugewähren, es sei denn, der Aufsichtsrat stimmt nachträglich zu. Entsprechendes gilt für Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder, d. h. die Gesellschaft darf ihren Aufsichtsratsmitgliedern und ihnen nahestehen‐ den Personen Kredit nur mit vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrats gewähren (§ 115 AktG). 5.4.3 Vertretungsbefugnis Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 78 AktG). Die Vertretung umfasst die Abgabe von Willenserklärungen und die Vornahme von rechtsgeschäftlichen Handlungen gegenüber Dritten (Aktiv‐ vertretung) sowie deren Entgegennahme einschließlich der Empfangnahme von Zustellungen (Passivvertretung). Die Passivvertretung der Aktienge‐ sellschaft ist zusammenhängend dargestellt in Abschn. 5.4.5; im vorliegen‐ den Abschnitt geht es nur um die aktive Vertretung. Die Vertretungsbefugnis des Vorstands ist, wie der Wortlaut der Vorschrift zeigt, unbeschränkt; sie kann auch nicht beschränkt werden, weder durch die Satzung noch durch den Aufsichtsrat (§ 82 AktG). Besteht der Vorstand nur aus einer Person, so ist diese immer uneinge‐ schränkt vertretungsbefugt. Sind mehrere Vorstandsmitglieder bestellt, so sind sie grundsätzlich nur alle gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesell‐ schaft befugt. Die Satzung kann abweichend davon bestimmen, dass allen oder einzelnen Vorstandsmitgliedern Einzelvertretungsbefugnis verliehen wird; in der Praxis sehr häufig anzutreffen ist die Regelung, dass die Gesellschaft durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich oder durch ein Vorstandsmitglied zusammen mit einem Prokuristen vertreten wird (unechte Gesamtvertretung, § 78 Abs. 3AktG). Trifft die Satzung eine derar‐ tige Regelung nicht, so kann der Aufsichtsrat entsprechende Bestimmungen erlassen, sofern die Satzung ihn hierzu ermächtigt hat. 5.4 Geschäftsführung und Vertretung 107 Gesamtvertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder können ein einzelnes gesamtvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied ermächtigen, bestimmte Geschäfte oder bestimmte Arten von Geschäften allein vorzunehmen, sog. Einzelermächtigung (§ 78 Abs. 4 AktG). Ist nach der Satzung die Vertretung durch einzelne Vorstandsmitglieder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen (unechte Gesamtvertretung) zugelassen, so können auch Prokuristen an der Ermächtigung mitwirken; sie können auch selbst Ermächtigte sein. Bei einseitigen Rechtsgeschäften kann der Adressat die Erklärung des Ermäch‐ tigten zurückweisen, wenn dieser keine Ermächtigungsurkunde vorlegt (§ 174 BGB). 5.4.4 Einschränkungen der Vertretungsbefugnis Es bestehen gesetzliche Einschränkungen der Vertretungsbefugnis. - 5.4.4.1 Ausschließliche Vertretung durch den Aufsichtsrat In bestimmten Fällen wird die Gesellschaft ausnahmsweise nicht durch den Vorstand, sondern durch den Aufsichtsrat vertreten, s. Abschn. 6.3.2. - 5.4.4.2 Ausschließliche Vertretung durch besondere Vertreter Der Vorstand darf die Gesellschaft nicht vertreten bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen, soweit dafür von der Hauptversammlung oder dem zuständigen Gericht besondere Vertreter bestellt sind (§ 147 Abs. 2 AktG). - 5.4.4.3 Verbot von Insichgeschäften Der Vorstand unterliegt der im Zivilrecht allgemein geltenden Vorschrift des § 181 BGB, also dem Verbot von Insichgeschäften. Danach ist es nicht zulässig, dass jemand im Namen einer von ihm vertretenen Person, also hier der Aktiengesellschaft, mit sich selbst im eigenen Namen (Selbstkont‐ rahieren) oder mit sich als dem Vertreter einer weiteren vertretenen Person (Mehrvertretung) ein Rechtsgeschäft vornimmt. Verboten ist also nicht etwa das Rechtsgeschäft als solches, sondern lediglich die Vertretung der Gesell‐ schaft dabei durch das Vorstandsmitglied, mit welchem das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird. Von dem Verbot von Insichgeschäften kann grundsätzlich durch die vertretene Person Befreiung erteilt werden. Im Aktienrecht schließt die 108 5 Vorstand Vorschrift des § 112 AktG (s. Abschn. 6.3.2) allerdings eine Befreiung des Vorstands von dem Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 Alt. 1 BGB) von vornherein aus. Zulässig ist es aber, dass der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied vom Mehrvertretungsverbot (§ 181 Alt. 2 BGB) befreit, wenn eine entsprechende Regelung der Satzung ihn dazu ermächtigt. Diese Befreiung ist vor allem bei den in einen Konzern eingebundenen Gesellschaften sinnvoll. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Alt. 2 BGB ist als eine die Vertretungsbe‐ fugnis berührende Tatsache in das Handelsregister einzutragen (§ 39 AktG). Sofern die Aktiengesellschaft aufgrund der Vorschrift des § 181 Alt. 1 BGB bei einem Rechtsgeschäft mit einem Vorstandsmitglied nicht von diesem vertreten werden kann und andere Vorstandsmitglieder, die von dem Verbot nicht betroffen sind, nicht oder nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind, wird die Gesellschaft vom Aufsichtsrat vertreten (§ 112 AktG). Das gilt entsprechend bei einem Rechtsgeschäft mit einer von einem Vorstandsmitglied vertretenen weiteren Person, § 181 Alt. 2 BGB, sofern das Vorstandsmitglied nicht vom Mehrvertretungsverbot befreit ist. - 5.4.4.4 Zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte Schließlich ist eine Reihe von Rechtsgeschäften des Vorstands nur wirksam mit Zustimmung der Hauptversammlung: - Nachgründungsverträge, § 52 Abs. 1 AktG, - Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens, § 179a AktG, - Unternehmensverträge, §§ 293, 295 AktG, - Verschmelzungsverträge, §§ 13, 65 UmwG, - Spaltungs- und Übernahmeverträge, §§ 126, 13, 65 UmwG, - Ausgliederungs- und Übernahmeverträge, §§ 126, 13, 65 UmwG, - Vergleichs- und Verzichtsverträge über bestimmte Ersatzansprüche der Gesellschaft §§ 50, 53, 93, 116, 117, 309, 317, 323 AktG 5.4.5 Passivvertretung; Vertretung bei Führungslosigkeit Die Entgegennahme von Willenserklärungen und rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen und von Zustellungen (Passivvertretung) ist Sache des Vor‐ 5.4 Geschäftsführung und Vertretung 109 stands. Hat die Gesellschaft mehrere Vorstandsmitglieder, so genügt die Ab‐ gabe gegenüber einem von ihnen. Die Abgabe von Willenserklärungen, z. B. Kündigungserklärungen, gegenüber der Gesellschaft und die Vornahme von Zustellungen kann auch an die „empfangsberechtigte Person“ (s. Abschn. 2.5.2 a. E.) unter deren eingetragener Anschrift erfolgen (§ 78 Abs. 2 AktG). Hat eine Gesellschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit), wird sie für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch den Aufsichtsrat vertreten (§ 78 AktG), wobei es ausreicht, wenn die Willenserklärung oder Zustellung einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zugeht. Die bloße Unerreichbarkeit von bestellten Vorstandsmitgliedern erfüllt den Tatbestand der Führungslosigkeit jedoch nicht, deshalb scheidet die Passivvertretung durch den Aufsichtsrat aus, solange die Bestellung wenigstens eines Vorstandsmitglieds zumindest formal weiterbesteht. Der Erklärende bzw. Zustellende muss nicht die persönliche Anschrift von Vorstandsmitgliedern bzw. im Falle der Führungslosigkeit der Gesell‐ schaft von Aufsichtsratsmitgliedern ermitteln, er kann vielmehr die im Handelsregister eingetragene Geschäftsanschrift verwenden, solange dort ein Geschäftslokal besteht. Ist kein Geschäftslokal unter der eingetragenen Anschrift vorhanden und kann die Übermittlung auch nicht an eine „emp‐ fangsberechtigte Person“ unter deren eingetragenen Anschrift erfolgen, so ist die öffentliche Zustellung nach §-185 Nr.-2 ZPO zulässig und geboten. 5.4.6 Bevollmächtigte Das Prinzip der Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand schließt natürlich nicht aus, dass die Aktiengesellschaft auch durch Be‐ vollmächtigte vertreten wird, nämlich durch Prokuristen, Handlungsbe‐ vollmächtigte und Gene ja sofort ralbevollmächtigte. Zuständig für die Erteilung derartiger Vollmachten ist allein der Vorstand. Die Satzung oder der Aufsichtsrat kann bestimmen, dass die Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf. Zu den Vollmachtsarten im Einzelnen: Prokura (§ 48 HGB) Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergericht‐ lichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb irgendeines Han‐ 110 5 Vorstand delsgewerbes mit sich bringt; die Ermächtigung kann auf die Veräußerung und Belastung von Grundstücken erstreckt werden. Wenn nichts anderes geregelt ist, besteht Einzelprokura, d. h. der Proku‐ rist ist einzelvertretungsberechtigt. Zumeist wird Gesamtprokura mit der Maßgabe erteilt, dass der Prokurist die Gesellschaft gemeinschaftlich mit einem Vorstandsmitglied oder mit einem anderen Prokuristen vertritt. Ertei‐ lung und Erlöschen der Prokura sind zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) Die Handlungsvollmacht ist sozusagen die kleine Schwester der Prokura; ihr Umfang ist unterschiedlich. Die Generalhandlungsvollmacht berechtigt zur Vornahme aller Geschäfte, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Die Arthandlungsvollmacht ermächtigt zur Vornahme bestimmter zu einem Handelsgewerbe gehörender Geschäfte, z. B. Zweigstellenleitung, während die Spezialhandlungsvollmacht einen einzigen Gegenstand betrifft, etwa ein bestimmtes Bauvorhaben. Der Handlungsbevollmächtigte kann mit Einzelvertretungsmacht ausge‐ stattet sein. Zumeist wird Gesamthandlungsvollmacht mit der Maßgabe erteilt, dass der Handlungsbevollmächtigte die Gesellschaft gemeinschaft‐ lich mit einem Vorstandsmitglied, mit einem Prokuristen oder mit einem an‐ deren Handlungsbevollmächtigten vertritt. Die Handlungsvollmacht wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Generalvollmacht Der Vorstand kann auf der Grundlage von § 164 BGB eine Generalvollmacht serteilen, die auch Handlungen umfasst, die nicht betriebsbezogen sind. Sie ist damit weiter als die Generalhandlungsvollmacht i. S. d. § 54 HGB, welche nur zu Handlungen ermächtigt, die der Betrieb eines „derartigen Handels‐ gewerbes“ gewöhnlich mit sich bringt. Voraussetzung für die Erteilung einer Generalvollmacht ist, dass die Vertretungsbefugnis des Vorstands unberührt bleibt und die Vollmacht widerruflich ist (Koch, Rz. 10 zu § 78 AktG). 5.4 Geschäftsführung und Vertretung 111 5.5 Aufgaben und Pflichten Der Vorstand hat die Aufgabe, die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten und die ihm in dieser Stellung zukommenden gesetzlichen Pflichten zu erfüllen. 5.5.1 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft Zentrale Vorschrift ist § 76 Abs. 1 AktG, wonach der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten hat. Er ist dabei an das Unternehmensinteresse gebunden und der Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswerts verpflichtet. Er entwickelt die strategische Ausrich‐ tung des Unternehmens, stimmt sie mit dem Aufsichtsrat ab und sorgt für ihre Umsetzung. Dabei ist der Vorstand an Anweisungen weder des Aufsichtsrats noch der Aktionäre gebunden. Ungeachtet dessen ist es im Interesse einer guten und verantwortungsvollen Unternehmensführung geboten, dass der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat abstimmt und mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung erörtert. Der Aufsichtsrat kann die Leitung der Gesellschaft nur durch die Auswahl der Personen beeinflussen, die er zu Vorstandsmitgliedern bestellt. Eingriffe des Aufsichtsrats in die Geschäftsführung des Vorstandes finden nur inso‐ weit statt, als die Vornahme bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen an die Zustimmung des Aufsichtsrates gebunden ist (s. Abschn. 6.3.1). Der Aufsichtsrat kann dann mit seinem Vetorecht einzelne Geschäftsführungs‐ maßnahmen verhindern. Der Aufsichtsrat hat hingegen kein Initiativrecht, kann also nicht positiv-gebietend verlangen, dass bestimmte Geschäftsfüh‐ rungsmaßnahmen vorgenommen werden. Der Vorstand kann im Einzelfall auf seine Weisungsfreiheit verzichten und von der Hauptversammlung die Entscheidung einzelner Fragen der Geschäftsführung verlangen (s. dazu Abschn. 7.1.2). Den darauf ergehenden Hauptversammlungsbeschluss muss der Vorstand befolgen; für daraus entste-hende Schäden ist er der Gesellschaft nicht haftbar (§ 93 Abs. 4 AktG). Einschränkungen der eigenverantwortlichen Geschäftsführung des Vor‐ stands kommen bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages in Betracht (§§ 308, 291 Abs. 1 AktG); s. Abschn. 14.2. Der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand gilt nicht uneingeschränkt; er ist bei bestimmten, gesetzlich 112 5 Vorstand nicht geregelten Strukturentscheidungen von herausragender Bedeutung zugunsten der Hauptversammlung durchbrochen. Das zielt auf Maßnah‐ men, die an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, nämlich über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, rühren und in ihren Aus‐ wirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Sat‐ zungsänderung herbeigeführt werden kann. Als derartige Maßnahmen hat der Bundesgerichtshof die Ausgliederung eines Betriebs, welcher den wertvollsten Teil des Gesellschaftsvermögens ausmachte, auf eine zu diesem Zweck gegründete Tochtergesellschaft gesehen (BGH NJW 1982, 1703), ferner die Umstrukturierung einer Tochterin eine Enkelgesellschaft wegen des damit verbundenen weiteren Mediatisierungseffekts (BGH DB 2004, 1200). Nach dem Bundesgerichtshof ist der Vorstand verpflichtet, bei besonders bedeutsamen Entscheidungen die Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 119 Abs. 2 AktG einzuholen. Verstoße der Vorstand gegen diese Verpflichtung, so sei die Maßnahme zwar nach außen wirksam, doch könne sie Schadensersatzpflichten des Vorstands gegenüber der Gesellschaft nach sich ziehen (Holzmüller-Entscheidung BGH NJW 1982, 1703). Die Konsequenzen der Holzmüller-Entscheidung für die Praxis waren lange Zeit umstritten. Klarheit schuf der Bundesgerichtshof erst durch die Gelatine-Entscheidung (DB 2004, 1200). Danach sei als Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung eine besondere Zuständigkeit der Hauptversammlung anerkannt bei einer Maßnahme, die einen grundlegenden Eingriff in die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre darstelle. Das sei der Fall, wenn die wirtschaftliche Bedeutung einer Maßnahme wesentlich ist; daran fehle es, wenn der betroffene Vermögensgegenstand oder Un‐ ternehmensteil nur 50 % des Vermögens ausmacht. Der BGH hat keinen Schwellenwert festgelegt, sieht aber eine Maßnahme jedenfalls dann als wesentlich an, wenn ihre wirtschaftliche Bedeutung in etwa die Ausmaße wie in der Holzmüller-Entscheidung (das waren 80 %) erreicht. Ist nach alledem ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich, so bedarf dieser eine Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst; s. auch Abschn. 7.1.2. Die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand ist schließlich insoweit berührt, als die Hauptversammlung die Initiative ergreifen kann bei dem Abschluss von Verträgen, die der Vorstand nur mit Zustimmung der Hauptversammlung schließen kann (§ 83 AktG; s. Abschn. 7.1.2). 5.5 Aufgaben und Pflichten 113 5.5.2 Pflichten im Gründungsstadium Der Vorstand hat die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Akti‐ engesellschaft unverzüglich nach der Gründung in das Handelsregister eingetragen wird, damit die Gesellschaft Rechtsfähigkeit erlangt; erst die Eintragung bewirkt, dass (nur) die Gesellschaft selbst den Gläubigern haf‐ tet und eine Inanspruchnahme der Gründer grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die einzelnen Maßnahmen im Gründungsstadium sind dargestellt in Abschn. 2.2.3. Zur Eingehung von Geschäften im Namen der Aktiengesellschaft vor deren Eintragung bedarf der Vorstand der Zustimmung aller Gründer. Setzt er sich darüber hinweg, so verpflichtet er zwar im Außenverhältnis die Gesellschaft, ist aber im Innenverhältnis schadensersatzpflichtig. Nimmt die Gesellschaft die Geschäfte schon vor der Eintragung auf, so haften die mit der Geschäftsaufnahme einverstanden gewesenen Gründer gegenüber der Gesellschaft anteilig persönlich insoweit, als durch diese Aktivitäten das Grundkapital angetastet wird (z.-B. Aufwendungen für Ge‐ hälter, Raummiete; nicht: Kauf eines werthaltigen Vermögensgegenstandes, z. B. eines Autos oder Computers). Der Vorstand hat die Ansprüche der Gesellschaft gegen die betreffenden Aktionäre auf Auffüllung des Kapitals (Unterbilanzhaftung, s. Abschn. 2.7) geltend zu machen und durchzusetzen. Je länger und intensiver die Gesellschaft zwischen Gründung und Eintra‐ gung wirtschaftet, umso größer ist die Gefahr, dass es zum Eintritt der Unterbilanzhaftung kommt. 5.5.3 Gesellschaftsinterne Aufgaben und Pflichten Der Vorstand hat bestimmte Aufgaben und Pflichten gesellschaftsinterner Art zu erfüllen. - 5.5.3.1 Berichte an den Aufsichtsrat Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat Berichte zu erstatten. Die Berichtspflicht steht im Zusammenhang mit der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats und dessen damit verbundenen Aufgabe, den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens zu beraten. Aufgrund der Berichte ist der Aufsichtsrat in der Lage, eine nicht nur vergangenheitsbezogene, sondern in die Zukunft ge‐ richtete Überwachung der Vorstandstätigkeit auszuüben und den Vorstand im Hinblick auf die künftige Geschäftspolitik zu beraten. Der Vorstand hat 114 5 Vorstand grundsätzlich selbst die Initiative zur Berichterstattung zu ergreifen; dem Aufsichtsrat steht es aber frei, auch von sich aus einen Bericht anzufordern. Nach § 90 Abs. 1 AktG hat der Vorstand dem Aufsichtsrat unaufgefordert zu berichten über 1. die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung (insbesondere die Finanz-, Investitions- und Per‐ sonalplanung), wobei auf Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von früher berichteten Zielen unter Angabe von Gründen einzugehen ist; der Vorstand ist berichtspflichtig, soweit eine Unternehmensplanung besteht. Ob der Vorstand zur Planung verpflichtet ist und welchen Um‐ fang diese Pflicht hat, sagt das Aktiengesetz nicht. In der Unternehmens‐ praxis ist von einer Verpflichtung zur Unternehmensplanung, bestehend aus jährlicher Budgetplanung und Mehrjahresplanung, auszugehen. Dabei ist die Planungspflicht bei inhabergeführten Aktiengesellschaften weniger umfassend als bei Unternehmen mit fremden Aktionären. Zu berichten ist jedenfalls über die Budgetplanung und die wesentlichen Ergebnisse der Planrechnungen. Eine Unternehmensplanung umfasst üblicherweise die kurz-, mittel- und langfristige Planung, und sie er‐ streckt sich nicht lediglich auf die im Gesetz beispielhaft genannten Bereiche, sondern auch auf Produktion, Absatz und Beschaffung. Dazu kommen, je nach Bedarf, auch der Entwicklungsplan, der Kostenplan, der Ergebnisplan usw. Schließlich gibt der Vorstand einen sog. Fol‐ low-up, d. h. er berichtet, ob früher formulierte Planziele erreicht wor‐ den sind und worauf ggf. die Abweichungen beruhen. Der Bericht über die Unternehmensplanung ist mindestens einmal jährlich zu erstatten, wenn nicht Änderungen der Lage oder neue Fragen eine unverzüglich Berichterstattung gebieten; 2. die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Ei‐ genkapitals; die Rentabilität wird bestimmt durch das Verhältnis von Unterneh‐ mensertrag zum eingesetzten Kapital, sie drückt dessen Verzinsung aus. Weitere notwendige Angaben sind die Gesamtkapitalrendite, die Umsatzrendite und der Cash-Flow. Der Cash-Flow ist eine betriebs‐ wirtschaftliche Kennzahl, die den aus der laufenden Umsatztätigkeit resultierenden Finanzmittelüberschuss zeigt, der dem Unternehmen für Investitionsausgaben, Tilgungszahlungen und Gewinnausschüttungen 5.5 Aufgaben und Pflichten 115 zur Verfügung steht. Er wird abgeleitet aus dem Jahresüberschuss durch Hinzurechnung aller nicht auszahlungswirksamen Aufwendungen und Kürzung aller nicht einzahlungswirksamen Erträge. Eine Faustformel besagt, dass der Cash-Flow dem Jahresergebnis zuzüglich Abschreibun‐ gen und Erhöhung der Rückstellungen entspricht. Dieser Bericht ist in der Aufsichtsratssitzung, in der über den Jahresabschluss verhandelt wird (Bilanzsitzung), zu erstatten; 3. den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesellschaft; der Vorstand hat in seinem Bericht aussagekräftiges und hinreichend gegliedertes und detailliertes Zahlenmaterial vorzulegen. Die Abwei‐ chung von den Planzahlen ist zu erläutern, die Auswirkungen auf die Ertragslage und die Li-quidität sind darzustellen. Diese Berichte sind regelmäßig zu erstatten, mindestens vierteljährlich; 4. Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können; hier geht es um einzelne Maßnahmen, die wegen ihrer großen Bedeutung auf die Rentabilität oder die Liquidität der Gesellschaft durchschlagen. Dies kann auf der Einnahmenseite der Abschluss eines großen Liefer‐ vertrages sein, auf der Ausgabenseite der Erwerb eines Betriebs oder einer Beteiligung. Diese Berichte sind möglichst so rechtzeitig zu erstat‐ ten, dass der Aufsichtsrat vor Vornahme der Geschäfte Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen. Ist die Gesellschaft Mutterunternehmen in einem Konzern (s. dazu Abschn. 14.6), so ist in der Berichterstattung auch auf Tochterunternehmen einzu‐ gehen. Neben diesen periodischen Berichtspflichten besteht die Verpflichtung des Vorstands, von sich aus außerhalb dieses Turnus an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates zu berichten, wenn sonstige wichtige Anlässe bestehen. Bei diesen dürfte es sich in den meisten Fällen um Ereignisse handeln, die plötzlich von außen an die Gesellschaft herangetragen werden, wie z. B. erhebliche Betriebsstörungen, Arbeitskampf, empfindliche behördliche Auflagen, wesentliche Steuernachforderungen, Gefährdung größerer Au‐ ßenstände, Liquiditätsprobleme (vgl. Koch, Rz. 8 zu § 90 AktG). Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat gem. § 90 Abs. 3 AktG zusätzlich Bericht zu erstatten, wenn er vom Aufsichtsrat oder einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied aufgefordert wird, über bestimmte Angelegenheiten 116 5 Vorstand der Gesellschaft zu berichten. Der Gegenstand der Berichte nach § 90 Abs. 3 AktG überschneidet sich mit dem der gem. § 90 Abs. 1 AktG periodisch zu erteilenden Berichte. Mit Hilfe dieser Anforderungsberichte kann der Aufsichtsrat sich auch außerhalb des Turnus informieren und inhaltlich tiefer in den Gegenstand der Berichterstattung eindringen. Die Berichte müssen den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft entsprechen und deshalb klar gegliedert und übersichtlich, vollständig und sachlich zutreffend sein. Sie sind möglichst rechtzeitig und in der Regel in Textform zu erstatten. Die Berichte an den Aufsichtsrat werden dem Gesamtgremium, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, erteilt. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Berichten Kenntnis zu nehmen. Soweit die Berichte in Textform erstattet wurden, sind sie auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen zu übermitteln, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlos‐ sen hat. - 5.5.3.2 Rechnungslegung Der Vorstand hat dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden (§ 91 Abs. 1 AktG). Mit dieser sich bereits aus den Vor‐ schriften des Handelsgesetzbuches ergebenden Verpflichtung wird die Ge‐ samtverantwortung aller Vorstandsmitglieder für die Buchführung und die Aufstellung des Jahresabschlusses klargestellt. Dabei steht es dem Vorstand natürlich frei, die Ausführung Dritten zu überlassen, sei es Angestellten der Aktiengesellschaft oder Außenstehenden, wie z. B. Angehörigen der steuerberatenden Berufe. Er ist verantwortlich dafür, dass die Unterlagen im Unternehmen aufbereitet und unverzüglich und vollständig bearbeitet wer‐ den. Der Vorstand hat sich von der Einhaltung der übertragenen Pflichten laufend zu überzeugen. Die Vorstandspflichten im Rahmen der Rechnungs‐ legung und der Gewinnverwendung werden weiter unten (Kap. 10) im Einzelnen dargestellt. - 5.5.3.3 Organisation, Überwachungssystem Im Rahmen der Organisation des Unternehmens hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurich‐ ten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden (§ 91 Abs. 2 AktG). Diese Regelung ist eine Konkreti‐ sierung der dem Vorstand ohnehin obliegenden Pflichten, zu denen unter 5.5 Aufgaben und Pflichten 117 anderem auch die Festlegung der Unternehmenspolitik, die zugehörige funktionsfähige Unternehmensüberwachung und die Koordination der ver‐ schiedenen Führungsebenen gehören. Unternehmerische Risiken können zwar nicht durch derartige organisatorische Maßnahmen vermieden wer‐ den, sie sollen allerdings erkannt, begleitend überwacht und spätestens in dem Zeitpunkt, in dem sie wesentlich für die wirtschaftliche Lage des Unternehmens werden, abgewehrt werden. Die Regelung hat nur klarstellenden Charakter, denn der Vorstand ist ohnehin zur Beobachtung und Begrenzung von Risiken verpflichtet. Ihre Bedeutung gewinnt die Regelung dadurch, dass die Einrichtung eines Überwachungssystems durch die Festschreibung im Gesetz zur zwingenden Vorstandspflicht aufgewertet wird. Verstöße gegen diese Verpflichtung können eher als zuvor zu Schadensersatzansprüchen der Aktiengesellschaft gegen den Vorstand führen. Dazu kommt, dass der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht die Beachtung auch dieser Verpflichtung zu kontrollieren hat. Ergänzt wird die Regelung des § 91 Abs. 2 AktG durch die Bestimmung des § 1 Abs. 1 StaRUG, wonach die Mitglieder des zur Geschäftsführung be‐ rufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter), das sind bei der Aktiengesellschaft die Vorstandsmitglieder, fortlaufend über Entwicklungen zu wachen haben, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Wenn sie solche Entwicklungen erkennen, haben sie geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und den zur Überwachung der Geschäfts‐ leitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht zu erstatten. Soweit die zu ergreifenden Maßnahmen die Zuständigkeiten anderer Organe berühren, haben die Geschäftsleiter unverzüglich auf deren Befassung hinzuwirken. Von praktischer Bedeutung für die überwachungs‐ pflichtigen Geschäftsleiter sind die vom Bundesministerium der Justiz unter www.bmjv.bund.de veröffentlichten Informationen über die Verfügbarkeit der von öffentlichen Stellen bereitgestellten Instrumentarien zur frühzeiti‐ gen Identifizierung von Krisen (§ 101 StaRUG). - 5.5.3.4 Hauptversammlung Zu den Aufgaben des Vorstands gehört die Einberufung der Hauptver‐ sammlung, über die die Mitglieder des Vorstands mit einfacher Mehrheit beschließen (§ 121 AktG). Die Ausführung des Beschlusses kann einem einzelnen Vorstandsmitglied übertragen werden, welches dann bei Einbe‐ 118 5 Vorstand rufung durch eingeschriebenen Brief diesen alleine unterschreiben kann. Vorstand und Aufsichtsrat haben - zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Prüfern nur der Aufsichtsrat - in der Bekanntmachung der Tagesord‐ nung Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen (§ 124 AktG). Zu den Aufgaben des Vorstands bei der Einberufung der Hauptversammlung und der Bekanntmachung der Tagesordnung eingehend Abschn. 7.2. Die Vorstandsmitglieder sollen an der Hauptversammlung teilnehmen (§ 118 Abs. 2 AktG); dort hat der Vorstand die von den Aktionären im Rahmen des Auskunftsrechts gestellten Fragen zu beantworten (s. Abschn. 7.3.5). Die Vorstandsmitglieder sind aber nicht nur teilnahmeberechtigt, sondern auch teilnahmepflichtig. Erscheinen sie nicht, so stellt das einen wichtigen Grund für ihre Abberufung dar, ferner können der Gesellschaft gegenüber Schadenersatzverpflichtungen entstehen, etwa wenn das Aus‐ kunftsrecht der Aktionäre verletzt wird und Hauptversammlungsbeschlüsse daraufhin angefochten werden. Auf Verlangen der Hauptversammlung ist der Vorstand zur Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen verpflichtet (§ 83 AktG). Die Pflicht zur Vorbereitung von Hauptversammlungsbeschlüssen setzt voraus, dass die Hauptversammlung für die zu beschließende Maß‐ nahme zuständig ist und sie den Vorstand durch einen entsprechenden Weisungsbeschluss zur Vorbereitung verpflichtet hat. Die Zuständigkeit ist in den Fällen des § 119 AktG (s. Abschn. 7.1.1 und 7.1.2) und gegebenenfalls auf Grund entsprechender Satzungsbestimmungen gegeben. Die Vorbereitungspflicht des Vorstands gilt auch für Verträge, die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam werden (s. Aufzählung in Abschn. 5.4.4.4). Der Vorstand muss demnach bei Vorliegen eines entspre‐ chenden Weisungsbeschlusses auch dann einen solchen Vertrag vorbereiten und abschließen, wenn er selbst ihn nicht befürwortet oder gar ablehnt; bei derartigen Verträgen kann somit nicht nur der Vorstand, sondern auch die Hauptversammlung die Initiative ergreifen und mit der erforderlichen Mehrheit den Vertragsschluss herbeiführen. Die Pflicht zur Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen umfasst vor allem die Vornahme von Anmeldungen zum Handelsregister, z. B. bei Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen oder Unternehmensverträgen. Der Vorstand hat im Anschluss an eine privatschriftlich protokollierte Hauptversammlung unverzüglich eine vom Aufsichtsratsvorsitzenden un‐ terzeichnete Abschrift der Niederschrift zum Handelsregister einzureichen (§ 130 Abs. 5 AktG). 5.5 Aufgaben und Pflichten 119 5.5.3.5 Weitere Aufgaben und Pflichten Bekanntmachungen (§ 25 AktG) Der Vorstand der Aktiengesellschaft hat nach Maßgabe der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften bestimmte Bekanntmachungen im Bundesanzei‐ ger zu bewirken; s. Abschn. 3.1.7. Anmeldung der Gesellschaft (§ 36 AktG) Die Mitglieder des Vorstands haben zusammen mit den Mitgliedern des Aufsichtsrats und allen Gründern die Gesellschaft nach deren Gründung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Für sonstige Anmeldungen zum Handelsregister ist in der Regel aus‐ schließlich der Vorstand alleine zuständig. Dabei müssen nicht alle Vor‐ standsmitglieder mitwirken, der Vorstand handelt vielmehr in vertretungs‐ berechtigter Zahl, auch in unechter Gesamtvertretung unter Mitwirkung eines Prokuristen. Einlagen (§ 63 AktG) Der Vorstand hat die Aktionäre aufzufordern, die Bareinlagen zuzahlen; ferner fordert er gegebenenfalls die Sacheinlagen ein. Soweit Bareinlagen zu erbringen sind, ist auf jede Aktie mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrages zuzüglich eines etwaigen Agios - dieses in voller Höhe - einzufordern, während Sacheinlagen in der Regel sofort vollständig zu erbringen sind. Die spätere Entscheidung über die Einforderung der restlichen Einlagen liegt beim Vorstand, der ggf. nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen muss. Festlegung von Zielgrößen für den Frauenanteil (§ 76 Abs. 4 AktG) Diese Bestimmung gilt nur für Gesellschaften, die entweder börsennotiert sind oder der unternehmerischen Mitbestimmung unterliegen. Die für bör‐ sennotierte Gesellschaften geltenden Vorschriften werden in diesem Buch grundsätzlich nicht behandelt; der zweite Anknüpfungspunkt, die Geltung des Mitbestimmungsrechts, besteht aber auch bei nichtbörsennotierten Gesellschaften, deshalb ist diese Regelung hier näher zu betrachten. 120 5 Vorstand Aufgrund dieser Bestimmung hat der Vorstand bei einer Gesellschaft, die der unternehmerischen Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungs‐ gesetz oder einem anderen mitbestimmungsrechtlichen Gesetz unterliegt, für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen und Fristen zu deren Erreichung festzulegen. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil an der jeweiligen Führungsebene beschreiben; die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Die Festlegungen sind in eine „Erklärung zur Unternehmensführung“, die einen gesonderter Abschnitt des Lageberichts bildet, aufzunehmen (§ 289 f Abs. 4 HGB). Die Nichtbeachtung dieser Bestimmung stellt eine Ordnungs‐ widrigkeit dar, die Verfehlung der festgelegten Zielgrößen hingegen bleibt sanktionslos. Anmeldung von Änderungen des Vorstands (§ 81 AktG) Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern und die Beendigung des Vor‐ standsamts sind vom Vorstand zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, ebenso eine Veränderung der Vertretungsbefugnis (z. B. Einzelvertretung statt Gesamtvertretung oder Befreiung vom Verbot der Mehrvertretung). Dabei reicht aus, dass Vorstandsmitglieder in vertretungs‐ berechtigter Anzahl handeln, auch in unechter Gesamtvertretung unter Mitwirkung eines Prokuristen. An der Anmeldung ihrer eigenen Bestellung können neu bestellte Vor‐ standsmitglieder mitwirken, abberufene Vorstandsmitglieder dagegen nicht an der Anmeldung ihrer Amtsbeendigung. Will ein Vorstandsmitglied sein Amt niederlegen und die Anmeldung noch selbst bewirken, so muss er die Amtsniederlegung aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung der Amtsbeendigung in das Handelsregister erklären. Wettbewerbsverbot (§ 88 AktG) Vorstandsmitglieder dürfen ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen, sie dürfen auch nicht Mitglied des Vorstands oder Geschäftsführer oder persönlich haften‐ der Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft sein und schließlich ebenso wenig eine beherrschende Beteiligung an einer konkurrierenden Kapitalgesellschaft halten. Darüber hinaus verbietet die Treuepflicht den Vorstandsmitgliedern, in den Geschäftskreis der Gesellschaft fallende Ge‐ 5.5 Aufgaben und Pflichten 121 schäftschancen an sich zu ziehen, insbesondere um sich selbständig zu machen. Erteilt der Aufsichtsrat die Einwilligung, so muss diese eindeutig für bestimmte Arten von Geschäften bzw. Handelsgewerbe oder Gesellschaften bestimmt sein, darf also nicht blanko erteilt werden. Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann nicht durch rückwirkende Genehmigung beseitigt werden, die Zustimmung muss im Voraus erteilt werden. Durch diese Vorschrift wird der Schutz der Aktiengesellschaft vor an‐ derweitigem Einsatz der Arbeitskraft der Vorstandsmitglieder bezweckt, ferner der Schutz vor Wettbewerbshandlungen. Bei Verstößen gegen die‐ ses Verbot kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern oder in die von dem Vorstand geschlossenen Verträge eintreten, um auf diese Weise den Geschäftsgewinn an sich zu ziehen. Durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit dem Vorstand kann das Wettbewerbsverbot mit einer Vertragsstrafe bewehrt werden, und es kann auch auf die Zeit nach dem Ausscheiden des Vorstandsmitglieds erweitert werden, wobei zeitliche und räumliche Grenzen festzulegen sind, damit das Wettbewerbsverbot nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist. Ansprüche der Aktiengesellschaft aus § 88 AktG unterliegen der kurzen Verjährung von drei Monaten ab Kenntnis, sonst von fünf Jahren. Verschwiegenheitspflicht (§ 93 AktG) Die grundsätzlich bereits aus der allgemeinen Treuepflicht abzuleitende Verschwiegenheitspflicht eines Vorstandsmitglieds ist ausdrücklich im Ge‐ setz festgeschrieben. Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann Schadensersatzansprüche und auf Antrag der Aktiengesellschaft strafrecht‐ liche Konsequenzen nach sich ziehen. Aufsichtsratssitzungen (§ 109 AktG) Die Vorstandsmitglieder sind auf Aufforderung des Aufsichtsrats zur Teil‐ nahme an Aufsichtsratssitzungen verpflichtet. Der Aufsichtsrat kann um‐ gekehrt ohne die Anwesenheit von Vorstandsmitgliedern tagen und sollte das in geeigneten Fällen auch so halten. 122 5 Vorstand Differenzhaftung Der Vorstand muss den Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung des Unter‐ schiedsbetrags gegen den Gründer bzw. Einleger geltend machen, wenn der Wert einer Sacheinlage bei Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung den Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien nicht deckt s. Abschn. 2.3.2.3). Unterbilanzhaftung (Vorbelastungshaftung) Der Vorstand ist verpflichtet, bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister etwaige Ansprüche aus Unterbilanzhaftung gegen die Gründer geltend machen, soweit das Grundkapital infolge der Geschäftstätigkeit vermindert worden ist (dazu Abschn. 2.7). 5.5.4 Pflichten gegenüber Dritten Mitteilungspflichten (§ 42 AktG) Der Vorstand hat dem Handelsregister unverzüglich eine Mitteilung einzu‐ reichen, wenn alle Aktien allein oder neben der Gesellschaft einem Aktionär gehören (Einpersonen-Aktiengesellschaft). Dabei sind Name und Vorname sowie Geburtsdatum und Wohnort des alleinigen Aktionärs zu nennen. Die Mitteilungspflicht besteht, wenn die Gesellschaft von einer einzigen Person gegründet wird, ferner, wenn die Aktiengesellschaft zunächst durch zwei oder mehr Personen gegründet wird, dann aber ein einzelner Aktionär von den anderen Aktionären deren Aktien vollständig übernimmt, schließlich, wenn von einem Alleinaktionär alle Aktien an einen anderen Alleinaktionär übertragen werden. Zu den Mitteilungspflichten des Vorstands bei Begründung einer Betei‐ ligung an der Gesellschaft durch ein Unternehmen und bei Erwerb von wesentlichen Beteiligungen bzw. von wechselseitigen Beteiligungen seitens der Gesellschaft s. Abschn. 14.1. und bei Einberufung einer Hauptversamm‐ lung s. Abschn. 7.2.2. 5.5 Aufgaben und Pflichten 123 Geschäftsbriefe (§ 80 AktG) Auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Regis‐ tergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmit‐ glieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Ist ein Vorsitzender des Vorstands ernannt, so ist dieser als solcher zu bezeichnen. Bekanntmachung der Änderungen im Aufsichtsrat (§ 106 AktG) Bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder ist eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, aus‐ geübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, vom Vorstand zum Handelsregister einzureichen. Das Registergericht macht auf der Inter‐ netseite www.handelsregisterbekanntmachungen.de einen Hinweis darauf bekannt, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist. Anmeldung des Aufsichtsratsvorsitzenden ( 107 AktG) Zum Handelsregister ist anzumelden, wer zum Aufsichtsratsvorsitzenden und wer zu seinem Stellvertreter gewählt worden ist (s. Abschn. 6.4.1). Einreichung von Unterlagen (§ 12 HGB) Der Vorstand muss bestimmte Unterlagen in elektronischer Form zum Handelsregister einreichen: - Liste der Aufsichtsratsmitglieder im Falle von Änderungen, - eine Abschrift der Niederschrift der Hauptversammlung (§ 130 Abs. 5 AktG), - bei Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 2 S. 2 AktG), - Verschmelzungsvertrag/ Spaltungsvertrag (§§ 61, 125 S.-1 UmwG). Der Jahresabschluss und der Konzernabschluss sind der das Unternehmens‐ register führenden Stelle elektronisch zur Einstellung in das Unternehmens‐ register zu übermitteln; s. dazu Abschn. 10.4. 124 5 Vorstand Sozialversicherungsträger Der Vorstand ist für die Erfüllung der Melde- und Zahlungspflichten des Arbeitgebers gegenüber den Sozialversicherungsträgern verantwortlich (§§ 28a, 28e SGB IV). Erfüllt die Aktiengesellschaft ihre Pflichten nicht, kön‐ nen die Vorstandsmitglieder persönlich nach Maßgabe der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Unerlaubte Handlung zur Haftung herangezogen werden (BGH, NJW 2017, 886). Bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung kommt eine Strafbarkeit des Vorstands nach §§ 266a, 14 StGB in Betracht. Steuern Der Vorstand hat die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern entrichtet werden (§ 34 AO). Zu den wichtigen Pflichten gehört die Abgabe der Steuererklärungen (§ 149 AO) und die Abführung einbehaltener Abzugssteuern. Kommt die Gesellschaft den Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren nicht nach, so kann das Finanzamt Zwangsmittel einsetzen, insbesondere ein Zwangsgeld gegen den Vorstand persönlich festsetzen (§ 329 AO). Daneben kommt die Festsetzung von Verspätungszuschlägen und die Erteilung von Schätzungsbescheiden in Betracht, derentwegen der Vorstand gegenüber der Aktiengesellschaft in der Regel persönlich schadensersatz‐ pflichtig ist. Zahlt die Aktiengesellschaft festgesetzte Steuern nicht, so kann das Finanzamt den Vorstand bei Vorliegen der Voraussetzungen durch Haftungsbescheid gem. §§ 69, 191 AO persönlich in Anspruch nehmen. Transparenzregister Aufgrund der Bestimmungen des Geldwäschegesetzes ist das elektronische Transparenzregister erreichtet worden, in welchem Angaben zu den wirt‐ schaftlich Berechtigten bei juristischen Personen des Privatrechts und eingetragenen Personengesellschaften erfasst werden. Wirtschaftlich Be‐ rechtigte sind natürliche Personen, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile halten, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben. Der Vorstand ist verpflich‐ tet, die Angaben über wirtschaftlich Berechtigte dem Transparenzregister mitzuteilen; die wirtschaftlich Berechtigten sind ihrerseits verpflichtet, 5.5 Aufgaben und Pflichten 125 der Gesellschaft die benötigten Angaben zur Verfügung zu stellen. Eine Verletzung der Meldepflichten durch wirtschaftlich Berechtigte oder durch das zuständige Vertretungsorgan kann hohe Geldbußen nach sich ziehen. 5.5.5 Pflichten in der Krise der Gesellschaft Gerät die Gesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten, wächst dem Vorstand eine gesteigerte Verantwortung zu, von der er weder durch den Aufsichtsrat noch durch die Hauptversammlung befreit werden kann. Besondere Vorsicht ist geboten bei Eintritt einer Krise der Gesellschaft, wenn sie also einen zur Fortführung ihres Geschäftsbetriebs erforderlichen Kreditbedarf nicht mehr aus eigener Kraft decken kann und deshalb auf Gesellschafterdarlehen angewiesen ist. Nach Eintritt der Krise, aber auch schon bei deren Näherrücken, sind die maßgeblichen gesetzlichen Bestim‐ mungen zu beachten. - 5.5.5.1 Verlustanzeige Der Vorstand hat unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen, wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt oder bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen ist, dass ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals besteht (§ 92 AktG). Anders als bei der Insolvenzantragspflicht sind hier die Buchwerte gem. Handelsbilanz bei der Ermittlung des Verlusts maßgebend. Die Einberufungs- und Anzeigepflicht sichert die rechtzeitige Information der Aktionäre über den Eintritt eines außergewöhnlichen Verlusts und die daraus folgende Gefahr einer Krise der Gesellschaft. Sie ermöglicht der Hauptversammlung, Sanierungsmaß‐ nahmen zu beraten oder zu beschließen, z. B. durch Kapitalerhöhung, oder den mit der Gesellschaft verfolgten Zweck aufzugeben und sie aufzulösen. Kommt der Vorstand der Verpflichtung zur Einberufung und Verlustanzeige nicht nach, macht er sich strafbar (§-401 AktG). - 5.5.5.2 Insolvenzantrag Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristi‐ schen Person (Geschäftsleiter), das sind bei der Aktiengesellschaft die Vorstandsmitglieder, haben fortlaufend über Entwicklungen zu wachen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können (§ 1 Abs. 1 StaRUG). Insbesondere ist die Vermögenssituation der Gesellschaft 126 5 Vorstand laufend zu beobachten. Nicht alle Verpflichteten ziehen aus den von ihnen wahrgenommenen Umständen die richtigen Schlüsse, deshalb bestehen Hinweis- und Warnpflichten für Angehörige bestimmter Berufe. Diese haben bei der Erstellung eines Jahresabschlusses für einen Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes und die sich daran anknüpfenden Pflichten hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist (§ 102 StaRUG). Antragspflichtige Personen Wird eine Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, müssen die Vor‐ standsmitglieder unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschul‐ dung, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen (§ 15a InsO). Hat eine Aktiengesellschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit), ist jedes Mitglied des Aufsichtsrats antragspflichtig, es sei denn, das Auf‐ sichtsratsmitglied hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis (§ 15a Abs. 3 InsO). Verstoßen Vorstandsmitglieder - oder im Falle der Führungslosigkeit: informierte Aufsichtsratsmitglieder - gegen die Antragspflicht, so machen sie sich schadensersatzpflichtig gegenüber der Gesellschaft und deren Gläubigern, ferner tritt Strafbarkeit ein. Zu den Möglichkeiten des Aufsichtsrats, auf die Erfüllung der Antragspflicht durch den Vorstand hinzuwirken, s. Abschn. 6.7 „Insolvenz“. Zahlungsunfähigkeit Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, was in der Regel anzunehmen ist, wenn sie ihre Zahlungen eingestellt hat (§ 17 InsO). Im Einzelfall kann die Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit von der bloßen Zahlungsstockung schwierig sein. Lässt sich eine Zahlungsunfähigkeit vor‐ aussichtlich innerhalb kurzer Zeit beheben, so gilt sie als Zahlungsstockung und stellt keinen Insolvenzeröffnungsgrund dar. Dabei darf der Zeitraum nicht überschritten werden, den eine kreditwürdige Person braucht, um sich die benötigten Mittel zu beschaffen, wofür drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend erscheinen. 5.5 Aufgaben und Pflichten 127 Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquidi‐ tätslücke weniger als 10 % der Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH NJW 2005, 3062). Überschuldung Der Insolvenzgrund der Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 InsO). Gegenstand einer Überschuldungsprüfung sind somit die rechnerische Überschuldung und die Fortführungsprognose. Bei Prüfung der rechnerischen Überschuldung ist nicht die nach den Vor‐ schriften des Handelsgesetzbuchs errichtete Bilanz (Handelsbilanz) maßge‐ bend, sondern eine ohne Bindung an die handelsrechtlichen Ansatz- und Wertvorschriften erstellte besondere Überschuldungsbilanz. Darin anzuset‐ zen sind nur die Vermögensgegenstände, die im Falle der Insolvenzeröffnung als Massebestandteil verwertbar wären, nicht also z.-B. der Geschäfts- oder Firmenwert; sie werden nicht mit dem Buchwert bewertet, sondern mit den Beträgen, die sich bei einer marktgerechten Einzelveräußerung im Rah‐ men einer Unternehmensauflösung erzielen lassen. Auf der Passivseite der Überschuldungsbilanz wiederum sind Verbindlichkeiten aus Gesellschafter‐ darlehen nicht anzusetzen, sofern zwischen Aktionär und Gesellschaft durch den Abschluss einer Rangrücktrittsvereinbarung der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, dass also die Darlehensforderung hinter die in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO bezeichneten Forderungen zurücktritt (s. §§ 19 Abs. 2 S.-2, 39 Abs. 2 InsO). Führt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine rechnerische Überschul‐ dung vorliegt, so gilt dies als Indiz für die insolvenzrechtliche Überschul‐ dung. Dann kommt es darauf an, ob für das Unternehmen eine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann. Das erfordert die Aufstellung 128 5 Vorstand eines aussagekräftigen und plausiblen Unternehmenskonzepts und eines auf dieser Grundlage erstellten Finanzplans sowie schließlich die Ablei‐ tung der Fortführungsprognose aus dem Ergebnis des Finanzplans (Uhlen‐ bruck-Mock, Rz. 219 zu § 19 InsO). Bei einer positiven Fortführungsprognose besteht trotz der rechnerischen Überschuldung keine insolvenzrechtliche Überschuldung. Sofern eine posi‐ tive Fortführungsprognose gestellt werden kann, kommt es somit auf eine rechnerische Überschuldung nicht an, so dass deren Prüfung in geeigneten Fällen von vornherein unterbleiben kann. Antragsbefugnis Antragsbefugt ist jedes Vorstandsmitglied alleine. Stellen nur einzelne und nicht alle Vorstandsmitglieder den Antrag, so muss der Insolvenzgrund glaubhaft gemacht werden, und das Gericht muss die übrigen Vorstands‐ mitglieder vor einer Entscheidung anhören. Hat eine Gesellschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit, ist jeder Aktionär und jedes Aufsichtsratsmit‐ glied antragsbefugt; in diesem Fall ist außer dem Insolvenzgrund auch die Führungslosigkeit glaubhaft zu machen (§ 15 Abs. 2 InsO). Drohende Zahlungsunfähigkeit Im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit muss ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden, er kann aber gestellt werden. Die Zahlungsunfähigkeit droht, wenn die Gesellschaft voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, wobei in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen ist (§ 18 InsO). Antragsberechtigt ist nur die Gesellschaft, von Gläu‐ bigerseite kann der Antrag nicht gestellt werden. Beteiligen sich nicht alle Vorstandsmitglieder an der Antragstellung, so ist der Antrag nur zulässig, wenn Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl handeln. Zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit kann die Gesellschaft die in § 29 Absatz 2 StaRUG genannten Verfahrens‐ hilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens („Instrumente“) in Anspruch nehmen. Für die Dauer des Verfahrens besteht keine Insolven‐ zantragspflicht, der Vorstand ist lediglich zur Anzeige des Eintritts eines Insolvenzgrundes gegenüber dem Restrukturierungsgericht verpflichtet (§ 32 Abs. 3 StaRUG). 5.5 Aufgaben und Pflichten 129 5.5.5.3 Zahlungsverbot Nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft darf der Vorstand keine Zahlungen mehr für diese vornehmen (§ 15b InsO). Dies gilt nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Als vereinbar gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßigen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrecht‐ erhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, solange der Vorstand Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags betreibt; das gilt wiederum nicht für Zahlungen, die der Vorstand nach Verstreichen des für eine rechtzeitige Antragstellung maß‐ geblichen Zeitpunkts (Dreibzw. Sechswochenfrist) leistet und er keinen Insolvenzantrag gestellt hat. Schon vor diesem Zeitpunkt sind Zahlungen an Aktionäre verboten, soweit sie zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht erkennbar (§ 15b Abs. 5 InsO). Bei Zuwiderhandlung gegen das Zahlungsverbot sind die Vorstandsmit‐ glieder der Gesellschaft zur Erstattung der Zahlungen nach Maßgabe von § 15b Abs. 4 InsO verpflichtet. Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, wird dieser Anspruch von dem Insolvenzverwalter betrieben. Hat die Gesellschaft eine D&O-Versicherung abgeschlossen, so kommt deren Einstandspflicht in Betracht (BGH NJW 2021, 231). - 5.5.5.4 Rechnungslegung in der Krise Die Rechnungslegung gewinnt in der Krise erheblich an Bedeutung. Solange das Unternehmen floriert, besteht die wichtigste Funktion der Jahresab‐ schlüsse darin, den Aktionären die Höhe des Gewinns und den Kreditgebern die Bonität des Unternehmens darzustellen. Bahnen sich wirtschaftliche Schwierigkeiten an, so kommt es darauf an, dass der Vorstand zeitnah und gründlich Kenntnis von der Entwicklung der finanziellen Lage erlangt. Die Buchführung ist deshalb in dieser Situation am besten taggleich zu erstellen, spätestens aber im Folgemonat. Sie lässt erkennen, in welcher Relation die liquiden Mittel zu den fälligen oder demnächst fällig werdenden Verbindlichkeiten stehen und ob Verluste eintreten, die zu einem Verzehr des Eigenkapitals führen können. Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses ist die gesetzliche Dreimonatsfrist einzuhalten; bei kleinen Kapitalgesellschaf‐ 130 5 Vorstand ten entspricht die Aufstellung zu einem späteren Zeitpunkt (§ 264 Abs. 1 S. 4 HGB) nicht mehr einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang. Ist die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, so ist bei der Aufstellung der Bilanz die Vorschrift des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu beachten. Diese gestattet den Ansatz der Buchwerte für die aktivierten Vermögensgegenstände, solange von der Fortführung der Unternehmenstä‐ tigkeit auszugehen ist. Wenn aber ein Insolvenzgrund besteht und damit zu rechnen ist, dass der Betrieb alsbald stillgelegt wird, dürfen lediglich die im Fall einer regulären Liquidation erzielbaren Veräußerungswerte angesetzt werden (vgl. Abschn. 5.5.5.2 zur Überschuldung). 5.6 Haftung des Vorstands Der Vorstand kann durch sein Verhalten Schaden verursachen, was wie‐ derum Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder nach sich ziehen kann. In diesem Abschnitt werden die in Frage kommenden Haftungsvorschriften dargestellt. Als Geschädigte kommen in Betracht die Gesellschaft selbst, alle oder einzelne Aktionäre sowie Außenstehende. 5.6.1 Haftung gegenüber der Gesellschaft Schadensersatzansprüche der Aktiengesellschaft gegen Vorstandsmitglie‐ der können sowohl auf allgemeinen als auch auf aktienrechtlichen Haf‐ tungstatbeständen beruhen. - 5.6.1.1 Allgemeiner Haftungstatbestand Der Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit des Vorstands steht eine besonders strenge Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber. Verletzen sie ihre Pflichten, sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entste‐ henden Schadens verpflichtet (§ 93 Abs. 2 AktG), auch die stellvertretenden Vorstandsmitglieder (§ 94 AktG). Den Vorstandsmitgliedern ist bei der Aus‐ übung ihrer Tätigkeit die Beachtung folgender Verhaltensanforderungen zu empfehlen (s. Lutter, Zehn Gebote an den Geschäftsführer, GmbHR 2000, 301): - Einhaltung der Gesetze, insbesondere des Aktiengesetzes, - Einhaltung von Satzung und Geschäftsordnung, 5.6 Haftung des Vorstands 131 - Einhaltung der Regeln des Anstellungsvertrags, - Beachtung des Katalogs zustimmungsbedürftiger Geschäfte, - Ordnungsgemäße Organisation der Gesellschaft, - Kontrolle der Organisation, - Regelmäßige Kontrolle der Liquidität und Finanzlage der Gesellschaft, - Vermeidung übergroßer Risiken, - Vermeidung bzw. Offenlegung von Interessenkonflikten mit der Gesell‐ schaft, - Sorgfältige Vorbereitung geschäftlicher und unternehmerischer Ent‐ scheidungen. Bei Beachtung aller dieser Gebote tragen die Vorstandsmitglieder kein nennenswertes Haftungsrisiko. Entsteht der Gesellschaft ein Schaden, ist nicht nur zu prüfen, ob eine Pflicht verletzt ist, sondern auch, ob das sorgfaltswidrig war. Eine objektiv feststellbare Pflichtwidrigkeit löst dann keine Haftung aus, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentli‐ chen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hatten; ist diese Frage streitig, trifft die Beweislast die Vorstandsmitglieder. Für den allgemeinen Verhaltensstandard ist maßgebend, wie ein pflicht‐ bewusster, selbständig tätiger Geschäftsmann in verantwortlicher Position, der fremde Vermögensinteressen wahrnimmt, zu handeln hat (vgl. BGH NJW 1995, 1290, 1291). Die Beachtung dieses Sorgfaltsstandards ist bei Erfüllung aller Pflichten geboten, also auch dort, wo das einzelne Vorstands‐ mitglied nicht über eigene Sachkunde verfügt. Bei der Anwendung des Sorgfaltsmaßstabs ist zu unterscheiden zwischen fehlgeschlagenen unternehmerischen Entscheidungen einerseits und der Verletzung von Pflichten (Treuepflichten, Informationspflichten, sonstige allgemeine Pflichten aus Gesetz und Satzung) andererseits; nur für letztere gilt der allgemeine Sorgfaltsmaßstab. Bei unternehmerischen Fehlentschei‐ dungen indessen liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn das Vorstands‐ mitglied bei einer Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Das bedeutet, dass der Vorstand nicht für jeden geschäftlichen Fehlschlag einzustehen hat, ihm ist vielmehr für die Leitung der Geschäfte der Gesellschaft ein weiter Handlungsspielraum zuzubilligen, ohne den ein unternehmerisches Handeln nicht denkbar ist; erst wenn das Handeln des Vorstands schlechthin unvertretbar erscheint, kommen Schadensersatzan‐ sprüche in Betracht (vgl. BGH NJW 1997, 1926 „ARAG/ Garmenbeck“). 132 5 Vorstand 5.6.1.2 Spezielle Haftungstatbestände Aktienrechtliche Sondertatbestände (§ 93 Abs. 3 AktG) Schadensersatzpflicht besteht insbesondere dann, wenn Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden; das betrifft Verstöße gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57AktG). Ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr kann auch in verdeckter Form geschehen, z. B. wenn bei Rechtsgeschäften der Gesell‐ schaft mit einem Aktionär ein objektives Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht (im Steuerrecht: verdeckte Gewinnausschüttung). Anzuführen ist auch die Haftung bei der Gewährung ungenehmigter Kredite an Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat (s. Abschn. 5.4.2). Einflussnahme (§ 117 AktG) Eine Schadensersatzpflicht von Vorstandsmitgliedern kommt in Betracht, wenn der Gesellschaft wegen Einflussnahme seitens Dritter ein Schaden entsteht und das Vorstandsmitglied pflichtwidrig gehandelt hat. Nutzt irgend jemand, z. B. ein Aktionär, Lieferant oder Kreditgeber oder ein an‐ deres Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied, seinen Einfluss auf die Gesell‐ schaft aus, um ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied, einen Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten dazu zu bestimmen, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln, so macht er sich gegenüber der Gesellschaft und gegebenenfalls gegenüber den Aktionären und den Gläubigern schadensersatzpflichtig. Das gilt nicht, wenn die Einflussnahme geschieht durch Ausübung der Leitungsmacht einer Hauptgesellschaft (§ 319 AktG), in die die Gesellschaft eingegliedert ist, oder aufgrund eines Beherrschungsvertrages. Die Ansprüche der Aktiengesellschaft gegen den Einflussnehmer werden grundsätzlich vom Vorstand geltend gemacht; nach § 147 AktG kann aber auch die Hauptversammlung bzw. nach § 148 AktG eine Minderheit von Aktionären initiativ werden. Differenzhaftung, Unterbilanzhaftung Der Vorstand macht sich gegenüber der Aktiengesellschaft schadensersatz‐ pflichtig, wenn er seiner Pflicht zur Geltendmachung der Ansprüche der Aktiengesellschaft gegen die Gründer bzw. gegen Sacheinlagepflichtige 5.6 Haftung des Vorstands 133 aus Differenzhaftung und aus Unterbilanzhaftung (dazu Abschn. 2.7) nicht nachkommt. - 5.6.1.3 Haftungsausschluss Die Ersatzpflicht eines Vorstandsmitgliedes gegenüber der Gesellschaft scheidet aus, wenn die Handlung des Vorstands auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht (§ 93 Abs. 4 AktG). Dazu kann es kommen, wenn die Hauptversammlung auf Verlangen des Vorstands über eine Geschäftsführungsfrage entschieden hat (§ 111 Abs. 4 S. 3 oder § 119 Abs. 2 AktG). Demgegenüber schließt die Billigung der Handlung nur durch den Aufsichtsrat die Ersatzpflicht nicht aus. - 5.6.1.4 Geltendmachung Zuständigkeit Für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche der Aktiengesell‐ schaft gegen ein amtierendes oder ausgeschiedenes Vorstandsmitglied ist grundsätzlich der Aufsichtsrat zuständig (§ 112 AktG, s. dazu Abschn. 6.3.3). Der Aufsichtsrat ist zur Geltendmachung binnen sechs Monaten verpflichtet, wenn es die Hauptversammlung beschließt und wenn zur Geltendmachung nicht besondere Vertreter bestellt werden (§ 147 AktG). Darüber hinaus kommt die Geltendmachung durch eine Minderheit von Ak‐ tionären im eigenen Namen nach Zulassung durch das Gericht in Betracht (§ 148 AktG; zu §§ 147, 148 AktG eingehend Abschn. 9.3.2). Ist das Insolvenz‐ verfahren eröffnet, so macht der Insolvenzverwalter die Ansprüche geltend. Verzicht; Vergleich Ein Verzicht der Gesellschaft auf Schadensersatzansprüche gegen den Vor‐ stand oder ein Vergleich darüber ist nur möglich, wenn die Hauptversamm‐ lung dem mit einfacher Mehrheit zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen 10 % des Grundkapitals erreichen, dagegen Widerspruch erhebt (s. Abschn. 9.3.2.1). Ein derartiger Verzicht oder Vergleich kann frühestens drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs vereinbart werden (§ 93 Abs. 4 AktG). 134 5 Vorstand Verjährung Die Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder verjähren unabhängig von der Kenntnis der anspruchsberechtigten Gesellschaft in fünf Jahren, gerechnet ab Entstehung des Anspruchs, bei börsennotierten Gesellschaften in zehn Jahren (§ 93 Abs. 6 AktG). 5.6.2 Haftung gegenüber Aktionären Grundsätzlich stehen die aus Pflichtverletzungen resultierenden Schadens‐ ersatzansprüche gegen Geschäftsführer nur der Gesellschaft selbst und nicht den Aktionären zu. Ausnahmsweise können Aktionäre den Ersatz des ihnen entstandenen Schadens gegen Vorstandsmitglieder geltend machen, wenn diese gegen ein Gesetz verstoßen haben, das den Schutz der Aktionäre bezweckt, z.-B. Untreue (§-266 StGB) oder Falsche Angaben (§ 399 AktG): 5.6.3 Haftung gegenüber Dritten Der Ersatzanspruch der Gesellschaft wegen Verstoßes gegen § 93 AktG kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung ihrer Ansprüche erlangen können (§ 93 Abs. 5 AktG). Sofern ein Verstoß gegen einen der Sondertatbestände gem. § 93 Abs. 3 AktG vorliegt, können die Gläubiger die Vorstandsmitglieder unmittelbar in Anspruch nehmen, bei anderen Verstößen nur, wenn dem betreffenden Vorstandsmitglied eine „gröbliche“ Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzulasten ist. Die Gesellschaftsgläubiger müssen sich weder einen Verzicht oder ei‐ nen Vergleich der Gesellschaft mit dem Vorstandsmitglied entgegenhalten lassen noch einen der Handlung des Vorstands zustimmenden Beschluss der Hauptversammlung gem. § 119 Abs. 2 AktG, denn diese haben keine Wirkung im Außenverhältnis; sie schützen den Vorstand lediglich gegen Schadensersatzansprüche der Aktiengesellschaft. Nach Eröffnung des In‐ solvenzverfahrens über das Vermögen der Aktiengesellschaft übt der Insol‐ venzverwalter die Rechte der Gesellschaftsgläubiger aus. Eine persönliche vertragliche Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten kommt etwa bei Schuldbeitritt oder Bürgschaft in Betracht. Von großer praktischer Bedeutung ist die gesetzliche Haftung der Vor‐ standsmitglieder nach §§ 69, 191 AO, wenn steuerliche Pflichten der Aktien‐ 5.6 Haftung des Vorstands 135 gesellschaft von ihnen nicht erfüllt werden. Eine die Haftung auslösende Verletzung steuerrechtlicher Zahlungspflichten liegt jedoch nicht vor, wenn zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, sofern der Insolvenzantrag fristgerecht gestellt wird (§ 15b Abs. 8 InsO). Zu einer Außenhaftung der Geschäftsführer kann es auch aufgrund der Vorschriften über unerlaubte Handlungen kommen. Hervorzuheben ist § 823 Abs. 2 BGB, wonach bei einem Verstoß gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes der dadurch verursachte Schaden zu ersetzen ist. Schutzgesetze sind u. a. § 15a InsO und §§ 263, 266 und 266a StGB; s. Abschn. 5.7. Schließlich ist die Handelndenhaftung nach § 41 Abs. 1 AktG zu erwäh‐ nen, auch wenn diese heute in der Praxis keine große Rolle mehr spielt. Aufgrund der Handelndenhaftung können Vorstandsmitglieder persönlich gegenüber Dritten haften, wenn sie vor der Eintragung in das Handelsregis‐ ter im Namen der Gesellschaft gehandelt haben. Die Haftung endet, sobald die Gesellschaft eingetragen ist. Zur Anwendung von § 41 Abs. 1 AktG kommt es in der Regel nur, wenn eine Gesellschaftsgründung scheitert. 5.6.4 Versicherungsschutz Es liegt angesichts der erheblichen Haftungsrisiken nicht nur im Interesse der Vorstandsmitglieder, sondern auch im Interesse der Gesellschaft, durch den Abschluss einer Versicherung weitestgehenden Schutz gegen die Inan‐ spruchnahme auf Schadensersatz zu schaffen. In der Praxis sehr verbreitet ist der Abschluss einer Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung (Direc‐ tors'‘ and Officers‘ Liability Insurance, sog. D&O-Versicherung) durch die Gesellschaft zugunsten der Vorstandsmitglieder und darüber hinaus auch der Aufsichtsratsmitglieder, s.-Abschn. 5.3.2. Zuständig für den Vertragsab‐ schluss ist der Vorstand. 5.7 Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht Bei Verstößen von Vorstandsmitgliedern gegen gesetzliche Vorschriften ist zu unterscheiden zwischen sanktionslosen Zuwiderhandlungen und 136 5 Vorstand solchen, die eine mit Bußgeld zu ahndende Ordnungswidrigkeit oder gar eine Straftat darstellen. Dabei sind auch sanktionslose Verstöße nicht etwa rechtlich unerheblich, denn sie ziehen in der Regel Schadensersatzpflichten gegenüber der Gesellschaft oder Dritten nach sich. Folgende Gesetzesvor‐ schriften sind von erheblicher praktischer Bedeutung: § 399 AktG Falsche Angaben Strafbarkeit bestimmter falscher Angaben bei Gründung und Kapitalerhö‐ hung sowie zu Bestellungshindernissen. § 400 AktG Unrichtige Darstellung Strafbarkeit der unrichtigen Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft in der Hauptversammlung oder in Aufklärungen und Nachweisen gegenüber einem Prüfer. § 401 AktG Verletzung der Verlustanzeigepflicht Strafbarkeit bei Unterlassung der unverzüglichen Einberufung der Haupt‐ versammlung bei Verlust (dazu Abschn. 5.5.5.1). § 404 AktG Verletzung der Geheimhaltungspflicht Strafbarkeit bei unbefugter Offenbarung von Geheimnissen, insbesondere von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der Gesellschaft. § 405 AktG Bußgeldvorschriften Ordnungswidriges Handeln bei der Ausgabe von Aktien und bei Erwerb eigener Aktien; Verstöße bei der Ausübung von Rechten aus Aktien. § 331 HGB Unrichtige Darstellung Strafbarkeit bei unrichtiger Darstellung im Rahmen der Rechnungslegung sowie bei Abschlussprüfung und Offenlegung. 5.7 Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht 137 § 334 HGB Bußgeldvorschriften Ordnungswidriges Handeln durch fehlerhafte Angaben bei Aufstellung von Jahresabschluss und Konzernabschluss, Lagebericht und Konzernlagebe‐ richt und durch Zuwiderhandlung gegen Vorschriften über die Offenlegung. § 15a Abs. 4 und 5 Insolvenzordnung Strafbarkeit bei unterlassenem, nicht richtigem oder nicht rechtzeitigem Insolvenzantrag entgegen § 15a InsO (s. dazu Abschn. 5.5.5.2). § 370 AO Steuerhinterziehung Die Vorstandsmitglieder haben nach § 34 AO die steuerlichen Pflichten der Aktiengesellschaft zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steu‐ ern aus den von ihnen verwalteten Mitteln entrichtet werden (s. dazu auch Abschn. 5.5.4 „Steuern“). Sie machen sich strafbar, wenn durch unrichtige oder unvollständige Angaben Steuern der Gesellschaft vorsätzlich verkürzt werden. § 266 StGB Untreue Die Strafvorschrift des § 266 StGB enthält zwei Tatbestände. Wegen Miss‐ brauchs (§ 266 Alt. 1) kann sich strafbar machen, wer die ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht, und wegen Treubruchs (§ 266 Alt. 2), wer eine ihm aus einem Treueverhältnis obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Beide Tatbestände können auch von Vorstandsmit‐ gliedern einer Aktiengesellschaft erfüllt werden, der Missbrauchstatbestand durch Überschreitung der Kompetenzen, der Treubruchstatbestand durch Verletzung von Treuepflichten. In beiden Fällen muss der Gesellschaft durch die Tat ein Nachteil zugefügt sein. Das Einverständnis aller Aktionäre oder des Alleinaktionärs kann die Strafbarkeit ausschließen; das Einverständnis ist aber unbeachtlich, wenn der zugefügte Nachteil gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt oder wenn die Existenz der Gesellschaft konkret gefährdet wird. Die strafrechtliche Untreue zieht wiederum die zivilrechtliche Haftung des Täters gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB nach sich. 138 5 Vorstand § 266a StGB Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt Diese Vorschrift betrifft die Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen und Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung. Bemerkenswert ist, dass der Straftatbestand auch dann erfüllt ist, wenn überhaupt kein Arbeitsentgelt gezahlt wird! Ist der Arbeitgeber eine Aktiengesellschaft, so trifft der strafrechtliche Vorwurf nach § 14 StGB die Vorstandsmitglieder. §§ 283 bis 283d StGB Insolvenzstraftaten Als Insolvenzstraftaten werden Bankrott, besonders schwerer Fall des Bank‐ rotts, Verletzung der Buchführungspflicht sowie Gläubigerbegünstigung und Schuldnerbegünstigung bezeichnet. Nach § 14 StGB sind diese Straftat‐ bestände auf die Vorstandsmitglieder einer insolventen Aktiengesellschaft anzuwenden. 5.7 Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht 139 6 Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat ist ein zusätzliches Organ der Gesellschaft, das zwischen dem Vorstand als dem geschäftsleitenden Organ auf der einen Seite und der Hauptversammlung auf der anderen Seite steht. Wesensmerkmal des Aufsichtsrats ist die Überwachungsfunktion gegenüber dem Vorstand. Wäh‐ rend eine GmbH nur bei Überschreiten bestimmter Arbeitnehmerzahlen aufgrund der mitbestimmungsrechtlichen Gesetze einen Aufsichtsrat bilden muss, ist der Aufsichtsrat bei einer Aktiengesellschaft ebenso wie bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien stets notwendig. Angesichts der eigen‐ verantwortlichen Tätigkeit des Vorstandes ist das Bestehen eines mit weit‐ gehenden Kompetenzen versehenen Kontrollorgans auch in hohem Maße sinnvoll. Demgegenüber wäre die Wahrnehmung der Überwachungsfunk‐ tion durch die Gesellschafter - so wie bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung - ineffizient und bei Publikumsgesellschaften sogar praktisch unmöglich. Die Vorschriften über den Aufsichtsrat finden sich insbesondere in den §§ 95 bis 116 AktG. Daneben sind die folgenden Gesetze zur unternehmerischen Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zu beachten: - Drittelbeteiligungsgesetz von 1952/ 2004, - Mitbestimmungsgesetz von 1976 („Paritätische Mitbestimmung“), - Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951, - Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz von 1956. Die Vorschriften für Montanunternehmen werden hier wegen der fehlenden praktischen Bedeutung für mittelständische Gesellschaften nicht behandelt. 6.1 Größe, Zusammensetzung Die Gesamtzahl der Mitglieder und die Zusammensetzung des Aufsichtsrats hängen davon ab, ob die Gesellschaft der unternehmerischen Mitbestim‐ mung unterliegt oder nicht. Bei mitbestimmungsfreien Gesellschaften sind alleine die Vorschriften des Aktiengesetzes zu beachten, und danach be‐ stellen ausschließlich die Aktionäre die Mitglieder des Aufsichtsrats. Für mitbestimmte Gesellschaften gilt, dass auch die Arbeitnehmer Vertreter in den Aufsichtsrat wählen, dessen Größe und Zusammensetzung sich danach richtet, welches Mitbestimmungssystem zur Anwendung kommt; bei ihnen hat der Aufsichtsrat Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat fest‐ zulegen (§ 111 Abs. 5 AktG). 6.1.1 Mitbestimmungsfreie Gesellschaften Der Aufsichtsrat setzt sich bei mitbestimmungsfreien Gesellschaften aus‐ schließlich aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre zusammen und be‐ steht aus drei Mitgliedern. Die Satzung kann eine bestimmte höhere Zahl festsetzen, wobei diese Zahl nicht durch drei teilbar sein muss. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder ist bei einem Grundkapital bis zu 1,5 Mio. Euro begrenzt auf neun, darüber auf 15 und bei mehr als 10 Mio. Euro auf 21 (§ 95 AktG). 6.1.2 Gesellschaften mit Drittelbeteiligung Der Begriff der Drittelbeteiligung rührt daher, dass der Aufsichtsrat des Unternehmens zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen muss. Anwendbarkeit des Drittelbeteiligungsgesetzes Vom Drittelbeteiligungsgesetz erfasst wird eine Gesellschaft, wenn sie in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer hat (§ 1 DrittelbG) und sie nicht der paritätischen Mitbestimmung unterliegt. Arbeitnehmer sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der Auszubildenden und ohne die leitenden An‐ gestellten. Ist die Gesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns, so zählen auch die Arbeitnehmer eines Konzernunternehmens mit, wenn ein Beherrschungsvertrag besteht oder eine Eingliederung vorliegt. Bei einer AG & Co. KG werden die Arbeitnehmer der KG nicht der AG zugerechnet, so dass diese Rechtsform mitbestimmungsfrei bleibt, solange die Zahl der Mitarbeiter nicht über 2000 liegt. Hineinwachsen in die Mitbestimmung Die meisten mittelständischen Aktiengesellschaften werden aufgrund ihrer Arbeitnehmerzahl nicht vom Drittelbeteiligungsgesetz erfasst. Bei Annähe‐ rung an die kritische Arbeitnehmerzahl kann die Gesellschaft Maßnahmen treffen, die den Eintritt der Mitbestimmungspflicht abwenden. Geschieht 142 6 Aufsichtsrat das nicht, so besteht die Verpflichtung, beim Überschreiten der Schwelle den Aufsichtsrat nach den Vorschriften des Drittelbeteiligungsgesetzes zu beset‐ zen. Der Vorstand hat der Hauptversammlung einen Beschlussvorschlag für die entsprechende Ergänzung der Satzung vorzulegen und zu gegebener Zeit den Anstoß für die Durchführung der Wahl der Arbeitnehmervertreter zu geben. Bekanntmachung der neuen Zusammensetzung (§§ 96 bis 98 AktG) Es kann in dem Unternehmen unterschiedliche Meinungen darüber geben, ob die Voraussetzungen für die unternehmerische Mitbestimmung erfüllt sind. Denkbar ist auch, dass der Vorstand zunächst gar nicht bemerkt, dass das Unternehmen in die Mitbestimmung hineingewachsen ist. Gelangt er zu der Einschätzung, dass der Aufsichtsrat nicht richtig zusammengesetzt ist, so hat er dies unverzüglich im Bundesanzeiger und durch Aushang in sämtlichen Betrieben der Gesellschaft und ihrer Konzernunternehmen bekanntzumachen und dabei die nach seiner Auffassung maßgebenden gesetzlichen Vorschriften anzugeben. Nach diesen Vorschriften ist der neue Aufsichtsrat usammenzusetzen, sofern nicht dagegen gerichtliche Entscheidung beantragt wird, wozu u. a. jedes Aufsichtsratsmitglied und jeder Aktionär sowie der Betriebsrat berechtigt sind. Diese Vorschriften gelten auch bei einer mitbestimmten Gesellschaft, bei der die mitbestim‐ mungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, und die deshalb zur Mitbestimmungsfreiheit übergehen will. Wird der Vorstand nicht aktiv, bleibt alles beim Alten, d. h. es bleibt bei der bestehenden Zusammensetzung des Aufsichtsrats, sofern nicht ihrerseits die anderen Antragsberechtigten aktiv werden und eine gerichtliche Entschei‐ dung herbeiführen. Sanktionen gegen einen untätig bleibenden Vorstand sind gesetzlich nicht vorgesehen. Denkbar sind Schadensersatzansprüche wegen Verletzung geltenden Rechts, allerdings dürfte der Nachweis eines ersatzfähigen Schadens ausgeschlossen sein. Größe und Zusammensetzung (§§ 3, 4 DrittelbG) Hinsichtlich der Größe des Aufsichtsrats unterscheiden sich Gesellschaf‐ ten mit Drittelbeteiligung nicht von mitbestimmungsfreien Gesellschaften, doch muss anders als bei diesen die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder durch drei teilbar sein (§-95 S.-3 AktG). 6.1 Größe, Zusammensetzung 143 Der Aufsichtsrat einer dem Drittelbeteiligungsgesetz unterliegenden Ge‐ sellschaft muss zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen, deshalb werden nicht alle, sondern nur zwei Drittel der Aufsichtsratsmit‐ glieder von den Aktionären gewählt. Bei Unternehmen mit bis zu zwei Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer müssen diese allesamt im Unter‐ nehmen beschäftigt sein; sind mehr als zwei Aufsichtsratsmitglieder von den Arbeitnehmern zu wählen, so müssen mindestens zwei von ihnen aus dem Unternehmen kommen. Die Arbeitnehmervertreter müssen mindestens ein Jahr Unternehmenszugehörigkeit aufweisen; dabei sollen Frauen und Män‐ ner entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Unternehmen unter den Aufsichtsratsmitgliedern vertreten sein. Die Arbeitnehmervertreter werden von den wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl für dieselbe Wahlperiode wie die Aufsichtsratsmitglie‐ der der Gesellschafter gewählt. Frauenanteil (§ 111 Abs. 5 AktG) Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, Zielgrößen für den Frauenanteil im Auf‐ sichtsrat und im Vorstand festzulegen (§ 111 Abs. 5 AktG). Über die Um‐ setzung dieses Ziels entscheidet nicht der Aufsichtsrat, sondern die für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder zuständige Hauptversammlung. Der Aufsichtsrat kann jedoch bei der Ausübung seines Vorschlagsrechts (§ 124 Abs. 3 AktG) auf die Beschlussfassung der Hauptversammlung einwirken. 6.1.3 Gesellschaften mit paritätischer Mitbestimmung Da bei der Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 die Zahl der Vertreter der Aktionäre und der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat gleich hoch ist, wird sie als paritätische Mitbestimmung bezeichnet. Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes Wächst eine dem Drittelbeteiligungsgesetz unterfallende Gesellschaft wei‐ ter und erreicht die Zahl von 2000 Arbeitnehmern, so fällt sie in den Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes. Bei der Berechnung der Ar‐ beitnehmerzahl der beherrschenden Gesellschaft werden die Arbeitnehmer eines Konzernunternehmens auch ohne Bestehen eines Beherrschungsver‐ trags mitgezählt. 144 6 Aufsichtsrat Hat eine Aktiengesellschaft oder GmbH die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters bei einer Kommanditgesellschaft inne, und hält die Mehrheit der Kommanditisten zugleich die Mehrheit bei der Aktienge‐ sellschaft bzw. GmbH, so werden die Arbeitnehmer der Kommanditgesell‐ schaft der Aktiengesellschaft bzw. GmbH, die in der Regel selbst keine oder nur sehr wenige Arbeitnehmer hat, zugerechnet. Somit führt die Überschreitung der Arbeitnehmerzahl von 2000 bei einer typischen GmbH & Co. KG oder AG & Co. KG zum Eintritt der paritätischen Mitbestimmung bei der Komplementär-GmbH oder Komplementär-AG, ohne dass zuvor das Zwischenstadium der Drittelbeteiligung durchlaufen wurde. Bekanntmachung neue Zusammensetzung (§§ 96 bis 98 AktG) Nach Überschreiten der Schwellenzahl wird das Mitbestimmungsgesetz anwendbar. Das weitere Vorgehen richtet sich nach den §§ 96 bis 98 AktG, auf die Darstellung oben zu den Gesellschaften mit Drittelbeteiligung (Abschn. 6.1.2) wird Bezug genommen. Größe und Zusammensetzung Der Aufsichtsrat der paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaft besteht aus zwölf Mitgliedern, bei mehr als zehntausend Arbeitnehmern aus sech‐ zehn und bei mehr als zwanzigtausend Arbeitnehmern aus zwanzig Mit‐ gliedern (§ 7 MitbestG). Der Aufsichtsrat der paritätisch mitbestimmten Aktiengesellschaft setzt sich je zur Hälfte aus Aufsichtsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammen, wobei sich unter den Arbeitnehmervertretern eine bestimmte Zahl von Gewerkschaftsvertretern befinden muss, ferner ggf. ein leitender Angestellter. Bei Unternehmen mit mehr als achttausend Arbeitnehmern werden die Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich nicht unmittelbar, sondern durch Delegierte gewählt. Die Delegierten wiederum werden von den Arbeitnehmern nach den Grundsät‐ zen der Verhältniswahl in geheimer Wahl gewählt; unter den Delegierten müssen auch die leitenden Angestellten entsprechend dem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein (§ 10 MitbestG). Frauenanteil (§ 111 Abs. 5 AktG) Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, Zielgrößen für den Frauenanteil im Auf‐ sichtsrat und im Vorstand festzulegen (§ 111 Abs. 5 AktG); s. dazu Abschn. 6.1 Größe, Zusammensetzung 145 6.1.2. a. E. Nur für börsennotierte Gesellschaften gilt, dass der Aufsichtsrat sich zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu mindestens 30 Prozent aus Männern zusammensetzt und dass die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds unter Verstoß gegen das gesetzliche Mindestanteilgebot nichtig ist (§ 96 Abs. 2 AktG) 6.2 Bestellung, Abberufung Die Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre ist im Aktiengesetz geregelt, die der Arbeitnehmervertreter in den Mitbe‐ stimmungsgesetzen. 6.2.1 Bestellung Die Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied kann auf unterschiedliche Weise erfolgen; in der Regel werden die Aufsichtsratsmitglieder von der Haupt‐ versammlung gewählt. Wahl (§ 101 Abs. 1 AktG) Die Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre werden von der Hauptversamm‐ lung gewählt; zur Auswahl der von den Aktionären zu wählenden Aufsichts‐ ratsmitglieder s. Abschn. 2.2 „Auswahl“. Die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer werden von diesen nach Maßgabe der mitbestimmungsrecht‐ lichen Gesetze gewählt, die Hauptversammlung ist dafür nicht zuständig. Entsendung (§ 101 Abs. 2 AktG) Die Satzung kann für bestimmte Aktionäre oder für die jeweiligen Inhaber bestimmter vinkulierter Namensaktien ein Entsendungsrecht begründen; die betreffenden Aufsichtsratsmitglieder gelangen somit durch Entsendung und nicht durch Wahl in den Aufsichtsrat. Die Zahl der Entsandten darf ein Drittel der Zahl der Aktionärsvertreter nicht übersteigen. Hinsichtlich der Amtszeit gilt dasselbe wie bei den Aufsichtsratsmitgliedern, die ihr Amt aufgrund einer Wahl erlangt haben. 146 6 Aufsichtsrat Ersatzmitglieder (§ 101 Abs. 3 AktG) Anders als beim Vorstand ist die Bestellung von Stellvertretern beim Auf‐ sichtsrat nicht zulässig. Es können jedoch gleichzeitig mit der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder vorsorglich Ersatzmitglieder gewählt werden, die bei Wegfall des Aufsichtsratsmitglieds, das sie jeweils ersetzen sollen, für dessen restliche Amtszeit nachrücken. Es ist möglich, ein Ersatzmitglied für mehrere bestimmte Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen. Amtszeit (§ 102 AktG) Aufsichtsratsmitglieder können nicht für längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt, wobei das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet wird, so dass die effektive Höchstdauer in der Regel etwa fünf Jahre beträgt. Wird über die Entlastung nicht in den ersten acht Monaten des folgenden Geschäftsjahres Beschluss gefasst, endet die Stellung als Aufsichtsratsmitglied mit dem Ablauf dieser Frist (BGH AG 2002, 676). Bei neugegründeten Aktiengesell‐ schaften ist die Amtszeit der von den Aktionären gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder gem. § 30 Abs. 1 AktG beschränkt; s. dazu Abschn. 2.2. Persönliche Voraussetzungen (§ 100 AktG) Mitglied des Aufsichtsrats kann nur eine natürliche, unbeschränkt ge‐ schäftsfähige Person sein. Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer - bereits in zehn Handelsgesellschaften, die gesetzlich einen Aufsichtsrat zu bilden haben, Aufsichtsratsmitglied ist, wobei Aufsichtsratsämter mit dem Aufsichtsratsvorsitz doppelt anzurechnen sind, - gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unterneh‐ mens ist, - gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Auf‐ sichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört. Die Satzung kann weitere persönliche Voraussetzungen fordern, aber nur für Aufsichtsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt oder aufgrund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden; zu denken ist daran, dass die Satzung die Zugehörigkeit zu 6.2 Bestellung, Abberufung 147 einem bestimmten Beruf, zu einer bestimmten Familie oder die Eigenschaft als Aktionär fordert. Bei einer Gesellschaft, die kapitalmarktorientiert (§ 264d HGB) oder eine Bank oder ein Versicherungsunternehmen ist und deshalb nach § 316a HGB als Unternehmen von öffentlichem Interesse gilt, muss mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf dem Gebiet Rech‐ nungslegung und mindestens ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf dem Gebiet Abschlussprüfung verfügen; dazu kommt, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats in ihrer Gesamtheit mit dem Geschäftsfeld, in dem die Gesellschaft tätig ist, vertraut sein müssen. Bestellungdurch das Gericht (§ 104 AktG) Gehören dem Aufsichtsrat weniger Personen an als durch Gesetz oder Sat‐ zung festgesetzt, richten sich die Folgen danach, ob die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats dadurch berührt wird. Beschlussfähig ist der Aufsichtsrat nur, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen er insgesamt zu bestehen hat, und nicht weniger als drei Personen an der Beschlussfassung teilnehmen. Hat der Aufsichtsrat die Beschlussfähigkeit verloren, so muss das Gericht auf Antrag des Vorstands, eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Aktionärs den Aufsichtsrat auf die zur Beschlussfähigkeit nötige Zahl ergänzen. Das gilt gleichermaßen für die von den Aktionären wie für die von den Arbeit‐ nehmern gewählten Aufsichtsratsmitglieder. Der Vorstand ist verpflichtet, den Antrag unverzüglich bei dem Gericht zu stellen, es sei denn, dass die rechtzeitige Ergänzung vor der nächsten Aufsichtsratssitzung zu erwarten ist. Ist der Aufsichtsrat zwar beschlussfähig, gehören ihm aber weniger Mitglieder an als die durch Gesetz oder Satzung festgelegte Zahl, so ist er auf diese Zahl auf Antrag zu ergänzen. Der Vorstand ist nicht verpflichtet, diesen Antrag zu stellen, so dass die Unterbesetzung auf unbestimmte Zeit andauern kann. Unvereinbarkeit (§ 105 AktG) Die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ist unvereinbar mit der Zugehörig‐ keit zum Vorstand sowie mit der Bestellung zum Prokuristen oder zum Generalhandlungsbevollmächtigten der Gesellschaft. Die Unvereinbarkeit beruht auf der Überlegung, dass die Geschäftsführung und ihre Überwa‐ 148 6 Aufsichtsrat chung grundsätzlich nicht in denselben Händen liegen sollen. Macht der Aufsichtsrat von dem Recht Gebrauch, eines seiner Mitglieder vorüberge‐ hend zum Stellvertreter eines weggefallenen oder verhinderten Vorstands‐ mitglieds zu bestellen (dazu Abschn. 5.2.1), so ruht das Aufsichtsratsamt des Stellvertreters. Bekanntmachung (§ 106 AktG) Der Vorstand muss bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsrats‐ mitglieder eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einreichen. Das Registergericht macht einen für jedermann über die Internetseite www.unternehmensregister.de einsehbaren Hinweis darauf bekannt, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist. 6.2.2 Abberufung Das Amt eines Aufsichtsratsmitglieds endet mit dem Ablauf der bei der Bestellung festgelegten Amtszeit. Schon vor dem Ablauf der Amtszeit kann das Amt durch Abberufung enden (§ 103 AktG). Für die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Aktionäre ist die Hauptversammlung zuständig, während über die Abberufung eines Aufsichtsratsvertreters der Arbeitneh‐ mer in mitbestimmten Unternehmen die Arbeitnehmer entscheiden (z.-B. § 12 DrittelbG). Die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Aktionäre bedarf eines mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen‐ den (und damit nicht notariell zu beurkundenden) Beschlusses. Die Satzung kann eine andere (kleinere oder größere) Mehrheit bestimmen, also auch die einfache Stimmenmehrheit. Ein entsandtes Aufsichtsratsmitglied kann von dem Entsendungsberechtigten jederzeit abberufen und durch ein andere Person ersetzt werden. Ein durch das Gericht bestelltes Aufsichtsratsmitglied kann nicht von der Hauptversammlung abberufen werden, auch wenn es sich um ein Auf‐ sichtsratsmitglied der Aktionäre handelt. Für jedes Aufsichtsratsmitglied gilt, dass es auf Antrag des Aufsichtsrats durch das zuständige Gericht abberufen wird, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, beurteilt sich wie bei einem Vorstandsmitglied (dazu Abschn. 5.2.3). 6.2 Bestellung, Abberufung 149 Schließlich kann das Amt eines Aufsichtsratsmitglieds auch durch Amts‐ niederlegung, zu richten an den Vorstand, enden. 6.2.3 Fehlerhaftigkeit der Wahl Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung ist nach§ 250 AktG insbesondere dann nichtig, wenn der Aufsichtsrat falsch zusammengesetzt ist, durch die Wahl die gesetzliche Höchstzahl überschrit‐ ten wird oder die gewählte Person die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Zur Anfechtbarkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern s. § 251 AktG. 6.3 Aufgaben, Kompetenzen Das Aktienrecht weist dem Aufsichtsrat einen bedeutenden Anteil an der Unternehmensführung zu, für die sich in der Praxis der Begriff Corporate Governance durchgesetzt hat. Corporate Governance zielt auf die Qualität der Unternehmensleitung, die insbesondere einer nachhaltigen Wertschöp‐ fung im Sinne der Aktionäre verpflichtet ist (Koch, Rn. 2 zu § 161 AktG). Der Aufsichtsrat bestellt, überwacht und berät den Vorstand und ist in Entscheidungen, die von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen sind, unmittelbar eingebunden. Nachstehend werden die wichtigsten Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats zusammenfassend dargestellt. 6.3.1 Überwachung der Geschäftsführung Die charakteristische Aufgabe des Aufsichtsrats ist die Überwachung der Geschäftsführung (§ 111 Abs. 1 AktG). Zur Überwachung der Geschäftsfüh‐ rung stehen dem Aufsichtsrat mehrere Mittel zur Verfügung. Geschäftsordnung für den Vorstand (§ 77 Abs. 2 AktG) Durch den Erlass einer Geschäftsordnung (s. Abschn. 5.4.2) für den Vorstand nimmt der Aufsichtsrat Einfluss auf die Entscheidungsfindung im Vorstand. 150 6 Aufsichtsrat Berichtspflicht des Vorstands (§ 90 AktG) Von großer praktischer Bedeutung ist die Entgegennahme der von dem Vorstand turnusmäßig zu erteilenden Berichte, ferner die ggf. nötig wer‐ dende Anforderung von zusätzlichen Berichten (s. dazu Abschn. 5.5.3.1). Die dem Vorstand auferlegte Berichtspflicht erleichtert dem Aufsichtsrat die Ausübung seiner Überwachungsfunktion. Der Aufsichtsrat soll die Informations- und Rechtspflichten des Vorstands näher festlegen. Einsichts- und Prüfungsrecht (§ 111 Abs. 2 AktG) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Be‐ stände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Der Aufsichtsrat kann damit auch einzelne seiner Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Insbesondere kann der Aufsichts‐ rat auch einen Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung von Vorgängen bei der Geschäftsführung beauftragen (BGH NZG 2018, 629); dieses Recht besteht neben dem Recht der Hauptversammlung zur Bestellung von Sonderprüfern (§ 142 AktG; dazu Abschn. 9.3.2) und vermag dessen mit negativer Publizität verbundene Ausübung entbehrlich zu machen. Begründung von Zustimmungsvorbehalten (§ 111 Abs. 4 AktG) Die Wirksamkeit der Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands wird erheblich verstärkt durch die Begründung von Zustimmungsvorbe‐ halten für bestimmte Arten von Geschäften. Der Aufsichtsrat ist verpflich‐ tet, einen Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte aufzustellen. Die darin aufgeführten Geschäfte darf der Vorstand nur mit Zustimmung des Auf‐ sichtsrats vornehmen (Vetorecht). Erteilt der Aufsichtsrat die danach er‐ forderliche Zustimmung nicht, so muss der Vorstand die betreffende Maß‐ nahme unterlassen, sofern nicht die verweigerte Zustimmung auf Verlangen des Vorstands durch einen Hauptversammlungsbeschluss ersetzt wird (s. Abschn. 7.1.2). Das Zustimmungserfordernis muss sich auf bestimmte Arten von Ge‐ schäften beziehen, keinesfalls kann ein Vetorecht für „alle wesentlichen Geschäfte“ begründet werden. Das Gesetz formuliert keine inhaltliche Vorgabe für den Zustimmungskatalog. Der nur für börsennotierte Gesell‐ schaften geltende Deutsche Corporate Governance Kodex sagt, dass hierzu 6.3 Aufgaben, Kompetenzen 151 Entscheidungen oder Maßnahmen gehören, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage grundlegend verändern. Die Aufstellung übermäßig bü‐ rokratischer Zustimmungskataloge und die Vorlage auch unbedeutsamer Geschäftsführungsmaßnahmen sind zu vermeiden, zumal daraus auch eine unerwünschte Einbeziehung des Aufsichtsrats in die Geschäftsführung des Vorstands mit einer Verschiebung der Organverantwortlichkeiten resultie‐ ren könnte. Üblich ist das Zustimmungserfordernis bei Überschreiten bestimmter Größenordnungen z. B. für die Errichtung neuer Betriebsstätten, für den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen, für Grundstücksgeschäfte, für die Aufnahme und Gewährung von Krediten oder für die Erteilung von Prokura. Zuständig für die Erteilung der Zustimmung ist der Aufsichtsrat als Ganzes oder ein aus seiner Mitte gebildeter Ausschuss. Setzt der Vorstand sich über die fehlende Zustimmung hinweg, so ist sein Handeln dennoch wirksam, da die Vertretungsbefugnis nach außen durch das Zustimmungs‐ erfordernis nicht eingeschränkt wird (s. Abschn. 5.4.1); die Gesellschaft erwirbt also Rechte und Pflichten aus diesem Geschäft. Das Zuwiderhandeln kann aber Schadensersatzpflichten auslösen und einen wichtigen Grund für die Abberufung und die außerordentliche Kündigung des Anstellungs‐ vertrags (§ 622 BGB) darstellen. 6.3.2 Vertretung der Gesellschaft Die Aktiengesellschaft wird in der Regel vom Vorstand vertreten. In einigen Fällen liegt die Vertretungsbefugnis jedoch ausnahmsweise beim Aufsichts‐ rat. Rechtsgeschäfte als Überwachungsorgan (§ 111 Abs. 2 S.-2 AktG) Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft bei der Beauftragung eines Sach‐ verständigen zur Vornahme einzelner Prüfungshandlungen im Rahmen der Überwachung der Geschäftsführung (s. dazu Abschn. 6.3.1). Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 S.-3 AktG) Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft bei der Erteilung des Prüfungs‐ auftrags für den Jahresabschluss und den Konzernabschluss gegenüber dem zuvor von der Hauptversammlung bestellten Abschlussprüfer. Dem 152 6 Aufsichtsrat Aufsichtsrat und einem etwa bestellten Prüfungsausschuss ist vom Ab‐ schlussprüfer der Prüfungsbericht vorzulegen (s. dazu Abschn. 10.1.6.2). Vertretung gegenüber Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG) Der Aufsichtsrat vertritt die Aktiengesellschaft Vorstandsmitgliedern ge‐ genüber gerichtlich und außergerichtlich. Der Zweck dieser Vorschrift ist, die gebotene Unbefangenheit bei Rechtsgeschäften mit dem Vorstand auf der Seite der Aktiengesellschaft sicherzustellen; das wäre nicht der Fall, wenn der Vorstand zugleich auch die Gesellschaft vertreten würde. Wegen dieser Gesetzesvorschrift kann der Vorstand der Aktiengesellschaft anders als der Geschäftsführer der GmbH nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens nach §-181 Alt. 1 BGB befreit werden (s. dazu Abschn. 5.4.4.3). Die Vertretungsregelung des § 112 AktG gilt sowohl gegenüber amtieren‐ den als auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern. Die Vertre‐ tungsmacht wird durch den Gesamtaufsichtsrat wahrgenommen, ggf. durch einen beschließenden Ausschuss. Die Regelung umfasst insbesondere den Abschluss von Rechtsgeschäften der Gesellschaft mit dem Vorstand selbst, an erster Stelle den Anstellungsvertrag (s. dazu Abschn. 5.3.1). Sie gilt auch bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder aus §-93 AktG und der Vertretung der Gesellschaft bei der Abwehr von gerichtlich und außergerichtlich gegen die Gesellschaft geltend gemachten Ansprüchen von Vorstandsmitgliedern. Soweit jedoch gem. § 147 AktG für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen ein Vorstandsmitglied aus der Gründung oder aus der Geschäftsführung besondere Vertreter durch die Hauptversammlung oder vom Gericht bestellt sind, vertreten diese und nicht der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft gegen das Vorstandsmitglied. Vertretung der Gesellschaft bei Insichgeschäften Steht die Vorschrift des § 181 BGB der Vertretung der Gesellschaft durch ein Vorstandsmitglied im Wege und sind andere Vorstandsmitglieder, die von dem Verbot nicht betroffen sind, nicht oder nicht in ausreichender Zahl vorhanden, wird die Gesellschaft gem. § 112 AktG vom Aufsichtsrat vertreten (zu Insichgeschäften s.-Abschn. 5.4.4.3). 6.3 Aufgaben, Kompetenzen 153 Passivvertretung Bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen (dazu Abschn. 7.7) wird die Ge‐ sellschaft von Vorstand und Aufsichtsrat gemeinschaftlich vertreten; wird die Klage vom Vorstand oder einem einzelnen Vorstandsmitglied erhoben, so liegt die Vertretung beim Aufsichtsrat allein. Hat eine Gesellschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit), wird sie für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstü‐ cke zugestellt werden, durch den Aufsichtsrat vertreten (s. dazu Abschn. 5.4.5). Bei Abgabe einer Willenserklärung des Vorstands gegenüber dem Aufsichts‐ rat, z. B. Kündigung des Dienstvertrages aus wichtigem Grund, genügt die Abgabe gegenüber nur einem Aufsichtsratsmitglied (§§ 112 S.-2, 78 Abs. 2 S.-2 AktG). 6.3.3 Weitere Aufgaben des Aufsichtsrats Daneben sind dem Aufsichtsrat weitere Aufgaben zugewiesen. Gründung (§ 33 AktG) Der Aufsichtsrat hat eigene Pflichten bei der Gründung der Gesellschaft. Von besonderer Bedeutung ist die Pflicht zur Prüfung des Hergangs der Gründung; s.-dazu Abschn. 2.4.2. Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Vorstands (§ 84 AktG) Von grundlegender Bedeutung ist die dem Aufsichtsrat zugewiesene Zu‐ ständigkeit zur Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder sowie zur Ermöglichung von Mutterschutz und Elternzeit (s. Abschn. 5.2.3). Mit dem Vorstand soll der Aufsichtsrat für eine langfristige Nachfolgeplanung sorgen. Durch die Einstellung geeigneter Führungskräfte wird die Güte der Geschäftsleitung wesentlich beeinflusst. Bei Fehlentwicklungen kann der Aufsichtsrat durch die Abberufung des betreffenden Vorstandsmitglieds zügig Abhilfe schaffen. Unterliegt die Gesellschaft der paritätischen Mitbestimmung, so bedarf der Beschluss des Aufsichtsrats über die Bestellung eines Vorstandsmitglieds einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der Stimmen seiner Mitglieder 154 6 Aufsichtsrat umfasst, und es ist ein Vorstandsmitglied als Arbeitsdirektor zu bestellen (§§ 31, 33 MitbestG). Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder (§-93 AktG) Der Aufsichtsrat ist gegebenenfalls verpflichtet, das Bestehen von Schadens‐ ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder eigenverant‐ wortlich zu prüfen (Annex-Zuständigkeit zu § 111 AktG). Dabei hat der Aufsichtsrat zu berücksichtigen, dass dem Vorstand für die Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muss, ohne den ein unternehmerisches Handeln schlechterdings nicht denkbar ist (vgl. Abschn. 5.6.1.1). Kommt der Aufsichtsrat zu dem Ergebnis, dass sich der Vorstand schadensersatzpflichtig gemacht hat, so muss er aufgrund einer sorgfältigen und sachgerecht durchzuführenden Risikoanalyse abschätzen, ob und in welchem Umfang die gerichtliche Geltendmachung zu einem Ausgleich des entstandenen Schadens führt. Dabei kann Gewissheit, dass die Schadensersatzklage zum Erfolg führen wird, nicht verlangt werden. Stehen der Aktiengesellschaft nach dem Ergebnis dieser Prüfung durch‐ setzbare Schadensersatzansprüche zu, so sind diese vom Aufsichtsrat, der die Gesellschaft dabei auch nach außen zu vertreten hat, grundsätzlich zu verfolgen. Davon darf er nur dann ausnahmsweise absehen, wenn gewich‐ tige Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind (BGH NJW 1997, 1926 ff.). Unabhängig vom Aufsichtsrat kann auch die Hauptversammlung bzw. eine Minderheit von Aktionären gem. §§ 147, 148 AktG die Initiative zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Vorstand ergreifen; auch in diesem Fall wird die Gesellschaft bei der Geltendmachung der Ersatzansprüche vom Aufsichtsrat vertreten, wenn nicht die Hauptversammlung oder das Gericht besondere Vertreter bestellen (s. Abschn. 9.3.2). Einberufung der Hauptversammlung (§ 111 Abs. 3 AktG) Im Zusammenhang mit der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats steht seine Verpflichtung, eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Das gilt vor allem dann, wenn der Vorstand seine gesetzliche Verpflichtung zur Einberufung unterlässt, z. B. zur Anzeige eines Verlusts gem. § 92 AktG oder zur fristgerechten Durchführung der ordentlichen Hauptversammlung. 6.3 Aufgaben, Kompetenzen 155 Die Einberufung durch den Aufsichtsrat ist ferner geboten, wenn er aufgrund seiner Überwachung die Erkenntnis gewonnen hat, dass der Vorstand nicht mehr das Vertrauen der Gesellschaft genießen darf. Die Hauptversammlung kann sodann durch mit einfacher Mehrheit zu fassen‐ den Beschluss dem betreffenden Vorstandsmitglied das Vertrauen entziehen und dadurch dem Aufsichtsrat ermöglichen, die Bestellung zum Vorstands‐ mitglied zu widerrufen (dazu Abschn. 7.1.4 „Vertrauensentzug“). Die Einberufung durch den Aufsichtsrat kommt in Betracht, wenn der Vorstand seiner Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, nicht nachkommt. Erfährt der Aufsichtsrat, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er den Vorstand anzuhalten, der Insolvenzantragspflicht nachzukommen. Der Aufsichtsrat selbst kann den Antrag nicht stellen, so lange noch mindestens ein Vorstandsmitglied im Amt und die Gesellschaft somit nicht führungslos ist (§ 15a Abs. 3 InsO). Unterlässt der Vorstand den gebotenen Antrag, so ist der Aufsichtsrat grundsätzlich verpflichtet, unverzüglich eine Hauptversammlung einberu‐ fen, in der die schlechte wirtschaftliche Situation der Gesellschaft dargelegt und mit den Aktionären diskutiert werden kann. Auf diese Weise bekommen die Aktionäre Gelegenheit, die Gesellschaft mit frischem Kapital auszustat‐ ten, sei es durch eine Kapitalerhöhung, sei es durch die Gewährung von Darlehen oder die Stellung von Sicherheiten. Zu bedenken ist allerdings, dass die Einberufung der Hauptversammlung auch den Gläubigern bekannt werden kann; die Einberufung wird zwangs‐ läufig immer dann publik, wenn die Aktionäre über den Bundesanzeiger eingeladen werden. Die Reaktionen der Gläubiger darauf können die Lage der Gesellschaft weiter verschlechtern, deshalb kann es im Einzelfall sinn‐ voll sein, dass der Aufsichtsrat die Einberufung der Hauptversammlung zurückstellt und er erst einmal durch einen dem Vorstand zur Kenntnis zu bringenden Beschluss die Feststellung trifft, dass seiner Auffassung nach Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung vorliege und der Vorstand deshalb verpflichtet sei, den Insolvenzantrag zu stellen. Dieser Aufsichts‐ ratsbeschluss muss vom Vorstand nicht befolgt werden und ist lediglich deklaratorischer Natur. Stellt der Vorstand auch in Kenntnis dieses Beschlus‐ ses keinen Antrag und gelingt es ihm nicht, durch anderweitige Maßnahmen die Insolvenzreife zu beseitigen, muss der Aufsichtsrat die Einberufung der Hauptversammlung unverzüglich bewirken. 156 6 Aufsichtsrat Zielgrößen für den Frauenanteil (§ 111 Abs. 5 AktG) Der Aufsichtsrat einer dem Drittelbeteiligungs- oder Mitbestimmungsgesetz unterliegenden Gesellschaft ist verpflichtet, Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand festzulegen. Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 118 AktG) Die Mitglieder des Aufsichtsrats sollen ebenso wie die Vorstandsmitglieder an den Hauptversammlungen teilnehmen; darin liegt zugleich das Recht wie auch die Pflicht dieser Personen zur Teilnahme. Die Satzung kann jedoch bestimmte Fälle vorsehen, in denen die Teilnahme von Mitgliedern des Aufsichtsrats im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen darf, z. B. bei Auslandsaufenthalt. Beschlussvorschläge (§ 124 Abs. 3 AktG) Der Aufsichtsrat hat der Hauptversammlung Vorschläge zur Beschlussfas‐ sung zu machen (s. dazu Abschn. 7.2.2). Prüfung (§ 171 Abs. 1 AktG) Der Aufsichtsrat hat den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns sowie ggf. auch den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht zu prüfen; s. dazu Abschn. 10.1.6.1. Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) Der Aufsichtsrat hat über das Ergebnis der von ihm gem. § 171 Abs. 1 AktG durchgeführten Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten (s.-dazu Abschn. 10.1.6.1). Feststellung des Jahresabschlusses (§ 172 AktG) Der Aufsichtsrat ist regelmäßig für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständig; s. dazu Abschn. 10.2. 6.3 Aufgaben, Kompetenzen 157 Änderung der Fassung der Satzung (§ 179 Abs. 1 AktG) Die Hauptversammlung kann dem Aufsichtsrat die Befugnis übertragen, Satzungsänderungen vorzunehmen, die nur die Fassung der Satzung betref‐ fen; üblicherweise findet sich die Ermächtigung dazu schon in der Grün‐ dungssatzung. Es geht dabei nicht um den Inhalt, sondern um die sprachliche Form der Satzung, z. B. wenn eine Kapitalerhöhung durchgeführt und dadurch die Betragsangabe beim Grundkapital unrichtig geworden ist. 6.4 Innere Ordnung Die innere Organisation des Aufsichtsrats ist durch die Vorschriften der §§ 107 bis 110 AktG nur unvollkommen geregelt; diese lassen Spielraum für die individuelle Gestaltung durch Satzung und Geschäftsordnung entsprechend den Anforderungen bei der jeweiligen Gesellschaft. 6.4.1 Der Aufsichtsratsvorsitzende Der Aufsichtsrat hat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen (§ 107 AktG). Unterliegt die Gesellschaft der paritätischen Mitbestimmung, so ist bei der Wahl des Aufsichtsvorsitzenden und seines Stellvertreters die Vorschrift des § 27 MitbestG zu beachten. Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Aufsichtsratsvorsit‐ zenden, wenn dieser verhindert ist. Das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden wird häufig Juristen übertragen, damit die Einhaltung der aktienrechtli‐ chen Vorschriften bei Aufsichtsratssitzungen und Hauptversammlungen gewährleistet ist. Der Vorstand hat zum Handelsregister anzumelden, wer zum Vorsitzenden und wer zum Stellvertreter gewählt worden ist; eine Eintragung erfolgt nicht. Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden ist die Einberufung des Aufsichts‐ rats zu den Sitzungen. Das Gesetz regelt Form und Frist der Einberufung nicht, deshalb sollte die Satzung dazu Bestimmungen treffen. Der Aufsichts‐ rat muss zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten. In nichtbörsenno‐ tierten Gesellschaften kann der Aufsichtsrat beschließen, dass nur eine Sit‐ zung im Kalenderhalbjahr abgehalten wird (§ 110 AktG); es ist zweckmäßig, die Sitzungen des Aufsichtsrats mit der turnusmäßigen Berichterstattung des Vorstands (dazu Abschn. 5.5.3.1) zu verbinden. Der Aufsichtsratsvorsit‐ 158 6 Aufsichtsrat zende ist auf begründetes Verlangen eines Aufsichtsratsmitglieds oder des Vorstands überdies verpflichtet, unverzüglich mit Zweiwochenfrist zu einer Aufsichtsratssitzung einzuberufen. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Aufsichtsratsmitglied oder der Vorstand unter Mitteilung des Sachverhalts und der Angabe einer Tagesordnung den Aufsichtsrat selbst einberufen. Der Vorsitzende kann bei Bestehen einer entsprechenden Ermächtigung auch zu Sitzungen einladen, die in Form einer Video-Konferenz stattfinden, oder eine Beschlussfassung ohne Sitzung in schriftlicher, fernmündlicher oder anderer vergleichbarer Form herbeiführen. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden obliegt die Vorbereitung und Leitung der Aufsichtsratssitzungen. Soweit für bestimmte Themen Ausschüsse gebildet sind, hat er diesen die Beratungs- und Beschlussgegenstände zuzuleiten und die Arbeitsergebnisse in den Gesamtaufsichtsrat einzubringen. Der Vorsitzende repräsentiert den Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand und den einzelnen Vorstandsmitgliedern. In dieser Eigenschaft ist er der ständige Ansprechpartner und Berater des Vorstands. Dem Aufsichtsratsvorsitzen‐ den wird in der Praxis regelmäßig durch die Satzung die Leitung der Hauptversammlung übertragen. Die Satzung kann bestimmen, dass der Aufsichtsvorsitzende bei Stimmen‐ gleichheit das Recht zum Stichentscheid hat; ein Vetorecht kann ihm nicht eingeräumt werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende unterzeichnet die Niederschriften über die Sitzungen des Aufsichtsrats. In der Niederschrift sind der Ort und der Tag der Sitzung, die Teilnehmer, die Gegenstände der Tagesordnung, der wesentliche Inhalt der Beratungen und die Beschlüsse anzugeben. Kommen Beschlüsse nicht einverständlich zustande oder werden Beschlussanträge abgelehnt, so sind die Ja- und Neinstimmen sowie die Enthaltungen zu protokollieren. Die unterlassene Protokollierung macht einen Beschluss nicht unwirksam (§ 107 Abs. 2 AktG). Jedes Aufsichtsratsmitglied hat Anspruch auf Aushändigung einer Abschrift, es kann nicht auf die bloße Einsichtnahme bei der Gesellschaft verwiesen werden. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden obliegt darüber hinaus - die Erläuterung des Berichts des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung, § 176 Abs. 1 S.-2 AktG, - die Unterzeichnung der Niederschrift der Hauptversammlung bei nichtbörsennotierten 130 Abs. 1 S.-3 AktG, 6.4 Innere Ordnung 159 Aktiengesellschaften, - die Mitwirkung bei der Erfüllung von Anmeldepflichten gegenüber dem Handelsregister, z. B. §§ 36, 184 AktG. 6.4.2 Ausschüsse Der Aufsichtsrat kann aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bil‐ den, insbesondere zur Vorbereitung seiner Verhandlungen und Beschlüsse und zur Überwachung der Ausführung der Beschlüsse. Zulässig ist auch die Bildung von beschließenden Ausschüssen, d. h. von Ausschüssen, die sich nicht auf die Beschlussvorbereitung bzw. -überwachung beschränken, son‐ dern die Beschlüsse anstelle des Aufsichtsrats fassen. Wegen der besonderen Bedeutung dürfen bestimmte Beschlussgegenstände einem Ausschuss nur zur Vorbereitung und zur Überwachung, nicht aber zur Beschlussfassung zugewiesen werden (s. § 107 Abs.-3 AktG). Grundsätzlich haben Ausschüsse aus mindestens drei Personen zu be‐ stehen; das gilt zwingend für beschließende Ausschüsse. Obliegt einem Ausschuss die Vorbereitung oder die Überwachung der Ausführung von Beschlüssen, so können auch Zweimann-Ausschüsse tätig werden, zumal in diesen Fällen auch eine Übertragung der Aufgabe an ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied möglich ist. Über die Arbeit der Ausschüsse ist dem Aufsichtsrat regelmäßig zu berichten. Der Aufsichtsrat kann anordnen, dass ein Vorsitzender des Ausschusses und ein Stellvertreter bestellt werden, und die Satzung oder die Geschäfts‐ ordnung kann bestimmen, dass diese bei Stimmengleichheit das Recht zum Stichentscheid haben; die Einräumung eines Vetorechts ist nicht zulässig. Der Aufsichtsrat entscheidet grundsätzlich autonom darüber, ob er Aus‐ schüsse bildet oder nicht und mit welchen Gegenständen die Ausschüsse befasst werden. In der Praxis häufig anzutreffen sind folgende Ausschüsse: - Personalausschuss; der Personalausschuss regelt die Vertragsangelegenheiten der Vor‐ standsmitglieder; - Präsidium; das Aufsichtsratspräsidium, dem in der Regel der Vorsitzende und ein oder mehrere stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats angehören, bereitet, wenn es denn gebildet worden ist, die Aufsichtsratssitzungen 160 6 Aufsichtsrat vor und legt die Bedingungen der Vorstandsverträge fest; es nimmt dann insoweit Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden einerseits und des Personalausschusses andererseits wahr; - Finanzausschuss; dieser wird mit der Vorprüfung des Jahresabschlusses und der Überwa‐ chung der Finanzplanung befasst; - Prüfungsausschuss (107 Abs. 3 u. 4 AktG); der Aufsichtsrat kann einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagements und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung, hier insbesondere der Auswahl und Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Qualität der Abschlussprüfung und der vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen befasst (§ 107 Abs. 3 AktG). Bei einer Gesellschaft, die kapi‐ talmarktorientiert (§ 264d HGB) oder eine Bank oder ein Versicherungs‐ unternehmen ist und deshalb nach § 316a HGB als Unternehmen von öffentlichem Interesse gilt, ist die Errichtung eines Prüfungsausschusses zwingend vorgeschrieben. - Investitionsausschuss; der Investitionsausschuss ist für die Erteilung der Zustimmung zu Inves‐ titionsvorhaben bei Bestehen entsprechender Zustimmungsvorbehalte zuständig; - Vermittlungsausschuss (§ 27 Abs. 3 MitbestG); bei den dem Mitbestimmungsgesetz unterliegenden Gesellschaften ist die Einrichtung eines Vermittlungsausschusses zwingend vorgeschrie‐ ben. 6.4.3 Geschäftsordnung Einzelheiten der inneren Organisation des Aufsichtsrats regelt die vom Auf‐ sichtsrat mit einfacher Stimmenmehrheit zu beschließende Geschäftsord‐ nung für den Aufsichtsrat. Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats verliert ihre Gültigkeit nicht mit dem Ablauf der Amtsperiode eines oder mehrerer Aufsichtsratsmitglieder, sondern erst bei Aufhebung oder Änderung durch neuerlichen Mehrheitsbeschluss des Aufsichtsrats. Raum für Regelungen durch die Geschäftsordnung besteht dort, wo nicht das Aktiengesetz oder die Satzung bereits zwingend Regelungen vorgegeben haben. Die Geschäfts‐ ordnung des Aufsichtsrats enthält üblicherweise Regelungen über: 6.4 Innere Ordnung 161 - Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Stellvertreters, - Häufigkeit der Aufsichtsratssitzungen, - Formen und Fristen der Einberufung des Aufsichtsrats, - Beschlussfassung, - Ausschüsse. 6.4.4 Beschlussfassung Der Aufsichtsrat trifft seine Entscheidungen durch Beschluss (§ 108 AktG). Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglie‐ der, aus denen er nach Gesetz oder Satzung insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlussfassung teilnimmt, wobei in jedem Fall mindestens drei Mitglieder teilnehmen müssen. Die Satzung kann vorschreiben, dass Beschlussfähig‐ keit nur besteht, wenn mehr als die Hälfte oder sogar alle Mitglieder teilnehmen, wobei auch hier mindestens drei Mitglieder teilnehmen müssen. Der Beschlussfähigkeit steht nicht entgegen, dass dem Aufsichtsrat weniger Mitglieder als durch Gesetz oder Satzung vorgeschrieben angehören. Für Gesellschaften mit paritätischer Mitbestimmung ist die Beschlussfähigkeit in § 28 MitbestG geregelt. Die Beschlüsse des Aufsichtsrats bedürfen der Mehrheit der abgegebe‐ nen Stimmen (einfache Stimmenmehrheit). Sie ist erreicht, wenn die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine Stimme übertrifft. Stimmenthaltungen werden nicht mitgezählt, sie gelten insbesondere nicht als Nein-Stimmen. Bei Stimmengleichheit ist der Beschlussantrag abgelehnt. Die Satzung kann regeln, dass der Aufsichts‐ ratsvorsitzende oder sein Stellvertreter das Recht zum Stichentscheid bei Stimmengleichheit hat; ein Vetorecht kann ihm nicht eingeräumt werden. Bei Gesellschaften mit paritätischer Mitbestimmung gelten die in §§ 29 und 31 MitbestG getroffenen Bestimmungen zu den erforderlichen Mehrheiten. Ein Mitglied des Aufsichtsrats unterliegt einem Stimmverbot (§ 34 BGB) bei der Beschlussfassung über Rechtsgeschäfte, an denen es selbst beteiligt ist, insbesondere über die Erteilung der Zustimmung zu Kredit- und sonstigen Verträgen (§§ 114, 115 AktG). Nimmt nur die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder bzw. nehmen nur drei Aufsichtsratsmitglieder an der Abstimmung teil oder besteht der Aufsichtsrat ohnehin nur aus drei Personen, so droht bei Geltung eines Stimmverbots die Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats. Diese kann abgewendet werden durch Stimmenthaltung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds mit der Folge, dass die mindestens 162 6 Aufsichtsrat erforderliche Zahl von drei Mitgliedern an der Beschlussfassung teilnimmt, ohne dass das betroffene Mitglied den Ausgang der Abstimmung beein‐ flusst (BGH NJW-RR 2007, 1483). Aufsichtsratsmitglieder können sich nicht durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Abwesende Aufsichtsratsmitglie‐ der können aber durch schriftliche Stimmabgabe an der Beschlussfassung teilnehmen (§ 108 Abs. 3 AktG). Die schriftlichen Stimmabgaben können durch andere Aufsichtsratsmitglieder überreicht werden, aber auch durch Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören, wenn sie zur Teilnahme an der Sitzung ermächtigt worden sind (s. Abschn. 6.4.5). Eine Stimmabgabe für das verhinderte Aufsichtsratsmitglied setzt voraus, dass der Antrag bzw. die Beschlussfassung schriftlich vorformuliert ist. Die Satzung oder Geschäftsordnung kann die Abhaltung einer Sitzung in Form einer Telefon- oder Videokonferenz ohne körperliche Anwesenheit aller Aufsichtsratsmitglieder erlauben und damit das Widerspruchsrecht einzelner Aufsichtsratsmitglieder gegen dieses Prozedere ausschließen; dies stellt eine bedeutsame Erleichterung bei weit entfernt lebenden Aufsichts‐ ratsmitgliedern dar. Beschlüsse können auch außerhalb von Sitzungen gefasst werden. Schrift‐ liche, fernmündliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfas‐ sung des Aufsichtsrats sind grundsätzlich nur dann zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht; die Satzung kann eine abweichende Regelung treffen (§ 108 Abs. 4 AktG). In der Praxis ist es daher üblich, den Aufsichtsratsvorsitzenden durch die Satzung zu ermächtigen, die Ver‐ fahrensweise bei der Beschlussfassung alleine zu bestimmen, wodurch eine erhebliche Einsparung von Zeit und Kosten erzielt werden kann. Dagegen kann die Feststellung des Jahresabschlusses nicht im Rahmen einer schrift‐ lichen Beschlussfassung erfolgen, sondern nur in einer Präsenzsitzung, der sog. Bilanzsitzung. 6.4.5 Teilnahme an Sitzungen des Aufsichtsrats An den Sitzungen des Aufsichtsrates und der Ausschüsse sollen Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, grundsätzlich nicht teilnehmen. Das gilt z. B. auch für den Hauptaktionär. Zweck dieser Regelung ist vor allem die klare Abgrenzung des Aufsichtsrats gegenüber Beiräten und ähnlichen Gremien oder Personen, die nicht durch regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen Einfluss gewinnen sollen, ohne dass sie die einem Aufsichtsratsmitglied zukommende Verantwortlichkeit tragen. 6.4 Innere Ordnung 163 Dem Aufsichtsrat steht es frei, zur Beratung über einzelne Themen Sach‐ verständige und Auskunftspersonen hinzuzuziehen. Das Teilnahmeverbot gilt ausdrücklich nicht für Vorstandsmitglieder, doch können diese aber aus § 109 AktG auch keinen Anspruch auf Teilnahme an der Aufsichtsratssit‐ zung ableiten. Während selbstverständlich sämtliche Aufsichtsratsmitglie‐ der zur Teilnahme an den Sitzungen des Gesamtaufsichtsrats berechtigt und verpflichtet sind, sind sie zwar grundsätzlich auch zur Teilnahme an Sitzungen von Ausschüssen berechtigt, doch kann der Aufsichtsratsvorsit‐ zende bestimmen, dass Nichtmitglieder eines bestimmten Ausschusses von der Teilnahme an dessen Sitzungen ausgeschlossen sind. Nicht dem Aufsichtsrat angehörende Personen können, sofern die Sat‐ zung dies zulässt, an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen, wenn diese sie hierzu in Textform ermächtigt haben. Der Ermächtigte hat kein eigenes Rede- und Antragsrecht. Der Abschlussprüfer einer prüfungspflichtigen Gesellschaft ist verpflich‐ tet, an der Beratung des Aufsichtsrats oder des Prüfungsausschusses über Jahresabschluss, Lagebericht, Gewinnverwendungsbeschluss und ggf. Kon‐ zernabschluss und Konzernlagebericht (Bilanzsitzung) teilzunehmen (§ 171 AktG). 6.5 Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft Rechtliche Grundlage der Aufsichtsratstätigkeit ist nicht eine entsprechende vertragliche Beziehung des Aufsichtsratsmitglieds mit der Gesellschaft, sondern alleine der Beschluss der Hauptversammlung über die Bestellung. Nimmt der Gewählte das Amt an, so entsteht dadurch ein organschaftliches Rechtsverhältnis zu der Gesellschaft, dessen Inhalt sich alleine nach den dafür geltenden Bestimmungen des Gesetzes und der Satzung richtet. Vergütung (§ 113 AktG) Den Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung ge‐ währt werden. Diese muss entweder durch die Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt sein. Liegt beides nicht vor, so dürfen keine Vergütungen gezahlt werden, und der Vorstand macht sich bei einem Verstoß schadensersatzpflichtig (§ 93 AktG). 164 6 Aufsichtsrat Die Vergütung stellt das Entgelt dar für sämtliche Leistungen, zu de‐ nen das Aufsichtsratsmitglied aufgrund seiner Organstellung gesetzlich verpflichtet ist, weshalb Verträge der Gesellschaft mit einem Aufsichtsrats‐ mitglied über Leistungen, welche in den gesetzlichen Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fallen, nichtig sind. Die auf einen solchen nichtigen Vertrag gezahlten Vergütungen sind von dem Aufsichtsratsmitglied erstatten, gege‐ benenfalls auch Jahre später an den Insolvenzverwalter der Gesellschaft. Diese Folgen können nicht in der Weise vermieden werden, dass Zahlungen an das Aufsichtsratsmitglied, wenn sie Leistungen innerhalb des gesetzli‐ chen Aufgabenbereichs betreffen, mit Dienst- oder Werkverträgen unterlegt werden (§ 114 AktG). Die Höhe der Vergütung soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen, d. h. der Verantwortung und dem Tätigkeitsumfang der Aufsichtsratsmit‐ glieder sowie der wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg des Unternehmens Rechnung tragen. Dabei sollen der Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz im Aufsichtsrat und die Mitgliedschaft in Ausschüssen berücksichtigt wer‐ den. Die Aufsichtsratsvergütungen sind gem. § 10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte bei der Gesellschaft körperschaftsteuerlich berücksichtigungsfähig mit der Folge, dass sie durch diese Vergütungen erheblich stärker belastet ist als durch andere Betriebsausgaben in nominell gleicher Höhe. Werden die Aufsichtsratsmitglieder in eine von der Gesellschaft abge‐ schlossene D&O-Versicherung einbezogen, so stellt der Versicherungsbei‐ trag nach heute herrschender Auffassung im Fachschrifttum keine Vergü‐ tung der Gesellschaft an das Aufsichtsratsmitglied dar und bedarf deshalb nicht der Bewilligung durch die Hauptversammlung oder einer entsprechen‐ den Regelung durch die Satzung; da diese Frage gerichtlich aber noch nicht entschieden ist, empfiehlt sich eine vorsorgliche Satzungsregelung (Koch, Rz. 6 zu § 113 AktG). Für die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats, der durch die Gründer be‐ stellt wird, kann nur die Hauptversammlung, nicht aber die Satzung die Vergütung bestimmen; der Hauptversammlungsbeschluss kann erst in der Versammlung gefasst werden, die über die Entlastung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats beschließt. Das gilt nicht in Umwandlungsfällen, weil der Aufsichtsrat dort nicht „erster Aufsichtsrat“ i. S. d. §§ 30 Abs. 1, 113 Abs. 2 AktG ist. Die meisten Gesellschaften zahlen eine Festvergütung. Die Zahlung einer variablen Aufsichtsratsvergütung neben einer Festvergütung oder an 6.5 Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft 165 deren Stelle ist zulässig. Früher war die sich nach der gezahlten Dividende richtende Dividendentantieme stark verbreitet. In neuerer Zeit wird die Dividende als Grundlage zunehmend verdrängt durch unternehmensbe‐ zogene Ergebniskennzahlen. Bei Zahlung einer Festvergütung wird das Aufsichtsratsmitglied nicht unternehmerisch tätig mit der Folge, dass die Festvergütung nicht umsatzsteuerpflichtig ist (BFH, Urt. vom 27. Nov. 2019, BStBl. II 2021, 542). Auslagen Auch ohne Festsetzung in der Satzung besteht nach § 670 BGB Anspruch auf Ersatz angemessener Auslagen, insbesondere für Reisekosten. Verträge (§ 114 AktG) Dienst- und Werkverträge der Gesellschaft mit Aufsichtsratsmitgliedern über Tätigkeiten höherer Art sind nur wirksam, wenn der Aufsichtsrat dem Vertrag zustimmt; das gilt auch dann, wenn derartige Verträge von der Gesellschaft nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern mit ihm nahestehenden Personen geschlossen werden. Die weitergehenden Bestimmungen der §§ 111a bis 111c AktG über die Zustimmungsbedürftig‐ keit von sonstigen Verträgen mit nahestehenden Personen gelten nur für börsennotierte Gesellschaften. Damit wird zum einen bezweckt, eine Umgehung des § 113 AktG zu verhindern, indem dem Aufsichtsrat ermöglicht wird, einen von der Ge‐ sellschaft mit einem Aufsichtsratsmitglied geschlossen Vertrag darauf zu überprüfen, ob dieser tatsächlich in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Bestimmung des § 113 AktG nur Leistungen außerhalb der organschaft‐ lichen Tätigkeit zum Gegenstand hat. Zum anderen wird dadurch dem Aufsichtsrat die Möglichkeit eröffnet, sachlich ungerechtfertigte Sonderleis‐ tungen an einzelne Aufsichtsratsmitglieder - etwa in Gestalt überhöhter Vergütungen - und damit eine denkbare unsachliche, der Erfüllung seiner Kontrollaufgabe abträgliche Beeinflussung eines Aufsichtsratsmitglieds zu verhindern. Erfasst werden durch diese Vorschrift nicht sämtliche Verträge, sondern nur Dienst- und Werkverträge über eine „Tätigkeit höherer Art“; Arbeitsver‐ träge sind ausdrücklich ausgeschlossen. Bei der Prüfung, was Tätigkeiten höherer Art sind, wird auf die Rechtsprechung zu §-627 BGB zurückgegrif‐ fen. Danach muss es sich um Dienste handeln, die üblicherweise aufgrund 166 6 Aufsichtsrat besonderen Vertrauens übertragen werden. Das ist in der Regel der Fall bei der Tätigkeit von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprü‐ fern, Architekten. Nichtig und deshalb von vornherein nicht zustimmungs‐ fähig sind Verträge über Tätigkeiten, die zum gesetzlichen Aufgabenbereich eines Aufsichtsrats gehören. Der Aufsichtsrat muss bei der Beschlussfassung über die Erteilung der Zustimmung zumindest den wesentlichen Vertragsinhalt, darunter die Vergütungshöhe, kennen. Die Zustimmung kann auch nachträglich beschlossen werden, muss zeitlich aber vor der Zahlung der Vergütung erteilt sein. Bei der Beschlussfassung über die Erteilung der Zustimmung besteht ein Stimmverbot für das betroffene Aufsichtsratsmitglied (s. dazu Abschn. 6.4.4). Fehlt die Zustimmung oder kann die Beschlussfassung infolge unzureichender Dokumentation nicht nachgewiesen werden, so kann das Aufsichtsratsmitglied die Vergütung nicht einklagen; ist ihm die Vergütung bereits ausgezahlt worden, so kann die Gesellschaft sie bei ihm zurückfordern (§ 114 Abs. 2 AktG). Wird über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet und macht der Insolvenzverwalter - unter Umständen nach vielen Jahren - bei dem Aufsichtsratsmitglied die Rück‐ zahlung einer unter Verstoß gegen § 114 AktG gezahlten Vergütung geltend, so kann das Aufsichtsratsmitglied den ihm für die geleistete Tätigkeit zustehenden Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft nicht mit dem Rückgewähranspruch der Gesellschaft aufrechnen, sondern muss ihn als Forderung beim Insolvenzverwalter geltend machen und wird dann nur mit der entsprechenden Insolvenzquote bedacht. Die Bestimmung des § 114 AktG betrifft ausschließlich Verträge, die von dem Aufsichtsratsmitglied mit der Gesellschaft geschlossen werden. Es ist aber rechtlich zulässig, dass ein Aufsichtsratsmitglied einen sonst unter §§ 113, 114 AktG fallenden Vertrag nicht mit der Gesellschaft, sondern mit einem ihrer Aktionäre schließt, sofern es sich bei diesem nicht um ein verbundenes Unternehmen (s. Kap.-14) der Gesellschaft handelt. Kredit (§ 115 AktG) Die Gesellschaft darf einem Aufsichtsratsmitglied Kredit nur mit vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrats gewähren. Dasselbe gilt für Kredite an den Ehegatten oder an ein minderjähriges Kind eines Aufsichtsratsmitglieds. Dadurch wird dem Aufsichtsrat die Möglichkeit eröffnet, die großzügige Gewährung von Krediten durch den Vorstand und damit eine denkbare un‐ 6.5 Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft 167 sachliche, der Erfüllung seiner Kontrollaufgabe abträgliche Beeinflussung eines Aufsichtsratsmitglieds zu verhindern. Bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Erteilung der Zustimmung besteht ein Stimmverbot für das betroffene Aufsichtsratsmitglied (s.-dazu Abschn. 6.4.4). 6.6 Verschwiegenheitspflicht Die Aufsichtsratsmitglieder unterliegen wie Vorstandsmitglieder der Ver‐ schwiegenheitspflicht. Ergänzend bestimmt § 116 S. 2 AktG, dass sie insbe‐ sondere zur Verschwiegenheit über vertrauliche Berichte und Beratungen verpflichtet sind. Hintergrund für diese besondere Betonung der Verschwie‐ genheitspflicht ist, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand nur möglich ist, wenn der Vorstand sich unein‐ geschränkt darauf verlassen kann, dass die von ihm erteilten Informationen vertraulich behandelt werden. Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann Schadensersatzansprüche (§ 93 Abs. 2 AktG) und strafrechtliche Konsequenzen (§ 404 Abs. 1 Nr.-1 AktG) nach sich ziehen. Beteiligt sich eine Gebietskörperschaft (Bund, Land, Gemeinde, Gemein‐ deverband) an einer Aktiengesellschaft und werden auf ihre Veranlassung Aufsichtsratsmitglieder in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt, so steht die Verschwiegenheitspflicht der Erstattung von Berichten seitens des Auf‐ sichtsratsmitglieds an die zuständigen Stellen der Gebietskörperschaft nicht entgegen; die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht wird in diesen Fällen zum Schutz der Gesellschaft auf die Berichtsadressaten erstreckt (§§-394, 395 AktG). 6.7 Haftung des Aufsichtsrats Die Aufsichtsratsmitglieder sind ebenso wie Vorstandsmitglieder einer strengen Haftung unterworfen. Allgemeiner Haftungstatbestand (§ 116 S.-1 AktG) Die Bestimmungen über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder gelten für die Mitglieder des Aufsichtsrats sinngemäß. Während es bei den Vorstandsmitgliedern um ihre Verantwortlichkeit 168 6 Aufsichtsrat für die ihnen obliegende Geschäftsführung geht, betrifft die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder insbesondere die ihnen zugewiesenen Aufgabe der Überwachung der Geschäftsführung. Von erheblicher Bedeutung ist auch die Pflicht, nur geeignete Personen zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen. Die sinngemäße Anwendung der für die Vorstandsmitglieder gelten Bestim‐ mungen bedeutet im Einzelnen, dass die Aufsichtsratsmitglieder - bei der Überwachung des Vorstands die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsrats anzuwenden haben, - ihre Pflichten nicht verletzen, wenn sie bei einer Entscheidung ver‐ nünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, - die Beweislast tragen, wenn streitig ist, ob die Sorgfalt eines ordentli‐ chen und gewissenhaften Aufsichtsrats angewandt worden ist. Bei der Überwachung stützt der Aufsichtsrat sich in erster Linie auf die vom Vorstand in seinen schriftlichen und mündlichen Berichten mitgeteilten Tat‐ sachen. Grundsätzlich darf er den Informationen des Vorstands vertrauen; er ist nicht zu eigenen Nachforschungen verpflichtet. Insoweit unterscheidet sich die Verantwortung des Aufsichtsrats grundlegend von der eines Vor‐ stands; bei ihm läuft kein eigener unternehmerischer Entscheidungsprozess ab, er prüft nicht alle unternehmerischen Details einer Entscheidung, er berät nicht und führt kein Risikomanagement durch. Insbesondere ist der Aufsichtsrat auch kein Garant für die Ordnungsmäßigkeit der Unterneh‐ mensführung durch den Vorstand. Die besondere Organpflicht des Aufsichtsrats umfasst seine Verpflich‐ tung, die aktienrechtlichen Überwachungsinstrumente einzusetzen, insbe‐ sondere den Anspruch auf Berichterstattung gem. § 90 AktG auszuüben und einen Katalog zustimmungsbedürftiger Rechtsgeschäfte zu errichten. Besonderes Augenmerk hat der Aufsichtsrat Einzelgeschäften zu widmen, die für die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft von Bedeutung sind. Erlangt der Aufsichtsrat Kenntnis von rechtswidrigen Sachverhalten und insbesondere von solchen Vorgängen, die eine existentielle Bedrohung der Gesellschaft darstellen, muss er diesen Informationen nachgehen und Maß‐ nahmen ergreifen. Geschieht das nicht, so besteht für jedes einzelne Auf‐ sichtsratsmitglied die Gefahr, wegen Verletzung der Überwachungspflicht über § 116 S. 1 AktG auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Wird die Führung der Geschäfte der Gesellschaft vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person überlassen, die die persönlichen Voraussetzungen 6.7 Haftung des Aufsichtsrats 169 nicht erfüllt, so haften die Mitglieder des Aufsichtsrats für den Schaden, der der Gesellschaft dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt (s. dazu Abschn. 5.2.2). Unangemessene Vergütung (§ 116 S.-3 AktG) Setzt der Aufsichtsrat eine unangemessen hohe Vorstandsvergütung (s. dazu Abschn. 5.3.2) fest, so sind die Mitglieder des Aufsichtsrats schadensersatz‐ pflichtig. Insolvenz Erlangt der Aufsichtsrat Kenntnis davon, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er den Vorstand anzuhalten, der Insolvenzantragspflicht nachzu‐ kommen. Unterstützt der Aufsichtsrat hingegen die Verschleppung des Insolvenzantrags durch den Vorstand, so kann das nicht nur ein Strafverfah‐ ren, sondern auch eine zivilrechtliche Inanspruchnahme auf Schadensersatz nach sich ziehen; s. dazu Abschn. 6.3.3. Geltendmachung Ansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder sind grundsätzlich vom Vorstand durchzusetzen, ggf. durch von der Hauptversammlung oder vom Amtsge‐ richt bestellte besondere Vertreter. Darüber hinaus kommt die Geltendma‐ chung durch eine Minderheit von Aktionären im eigenen Namen nach Zulassung durch das Gericht in Betracht (dazu eingehend Abschn. 9.3.2.2). Die Ansprüche können gegebenenfalls auch von den Gläubigern der Akti‐ engesellschaft verfolgt werden, wenn bei der Gesellschaft keine Zahlung erlangt werden kann und eine „gröbliche“ Verletzung der Sorgfaltspflichten vorliegt. Die Aufsichtsratsmitglieder können in eine von der Aktiengesellschaft geschlossene D&O-Versicherung einbezogen werden (s. dazu Abschn. 5.6.4); bei ihnen besteht nicht die Pflicht zur Vereinbarung eines Selbstbehalts. Rechtsprechung zur Aufsichtsratshaftung Die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern war jahrzehntelang nur von geringer praktischer Bedeutung. Seit einigen Jahren werden aber immer mehr Schadensersatzklagen bekannt, und da nicht alle Haftungsfälle vor Gericht ausgetragen werden, ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. 170 6 Aufsichtsrat Zumeist werden diese Ansprüche von Insolvenzverwaltern betrieben, doch mit zunehmender Verbreitung von D&O-Versicherungen steigt auch außer‐ halb von Insolvenzverfahren die Bereitschaft, gegen - ausgeschiedene - Aufsichtsratsmitglieder vorzugehen. 6.7 Haftung des Aufsichtsrats 171 7 Hauptversammlung Die Aktiengesellschaft hat keine hierarchische Organverfassung, vielmehr sind die Kompetenzen gesetzlich mit zwingender Wirkung so auf die drei Organe verteilt, dass eine Art von Machtbalance zwischen ihnen besteht. Das ist anders bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wo die Gesellschafterversammlung in einem Überordnungsverhältnis zum Geschäftsführer steht und durch Weisungen in dessen Amtsführung nicht nur negativ verbietend, sondern auch positiv gebietend eingreifen kann Der Hauptversammlung obliegt die interne Willensbildung der Gesell‐ schaft in dem vom Gesetz geregelten Zuständigkeitsbereich. In diesem Rah‐ men dient die Hauptversammlung der Ausübung von Verwaltungsrechten der Aktionäre. Die Funktion als Willensbildungsorgan grenzt die Haupt‐ versammlung von dem die Gesellschaft leitenden Vorstand und dem die Geschäftsführung überwachenden Aufsichtsrat als den Handlungsorganen ab. 7.1 Aufgaben, Kompetenzen Die Aufgaben und Kompetenzen der Hauptversammlung sind gesetzlich be‐ stimmt. Die gesetzlichen Vorschriften stellen eine abschließende Regelung dar, eine Erweiterung oder Einschränkung durch Satzung oder Hauptver‐ sammlungsbeschluss ist nicht möglich. 7.1.1 Zuständigkeitskatalog des § 119 Abs. 1 AktG Die Hauptversammlung ist nach § 119 Abs. 1 AktG insbesondere für folgende Maßnahmen zuständig: 1. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre; s. dazu Abschn. 6.2; 2. die Verwendung des Bilanzgewinns; s. dazu Abschn. 10.3; 3. die Billigung von Vergütungssystem und -bericht gem. § 120a AktG; das betrifft nur börsennotierte Gesellschaften; 4. die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats; über die Entlastung ist zwingend ein Beschluss herbeizuführen (§ 120 AktG), sei dieser positiv oder negativ. Die Entlastung ist eine mit der Vorlage der Jahresrechnungslegung und der Verhandlung über die Verwendung des Bilanzgewinns verbundene Billigung des Handelns der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder im abgelaufenen Geschäftsjahr als im großen und ganzen gesetz- und satzungsmäßig, zusammen mit der Kundgabe des Vertrauens für die weitere Tätigkeit. Anders als bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung bedeutet die Entlastung nicht den Verzicht auf Schadensersatzansprüche der Gesellschaft, ein solcher Verzicht kann vielmehr nur unter Beachtung der Regelung des § 93 Abs. 4 AktG (dazu Abschn. 5.6.1.4) wirksam erfolgen. Verweigert die Hauptversammlung die Erteilung der Entlastung des Vorstands, so stellt dies nicht einen Vertrauensentzug im Sinne des § 84 Abs. 4 AktG (s. dazu Abschn. 7.1.4) dar, gibt also dem Aufsichtsrat nicht das Recht, die Bestellung des Vorstandes aus wichtigem Grund zu widerrufen. Ebenso wenig ist die Verweigerung der Entlastung des Aufsichtsrats als dessen Abberufung zu behandeln, auch wenn mit den Nein-Stimmen die für einen Abberufungsbeschluss erforderliche Mehrheit erreicht wird, denn Vertrauensentzug und Abberufung haben grundsätzlich durch ausdrücklichen Hauptversammlungsbeschluss zu erfolgen. Die nicht entlasteten Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat können die Entlastung nicht gerichtlich einklagen. Ist ihnen die Entlastung aber unberechtigt verweigert worden, so können sie mit sofortiger Wirkung die Amtsniederlegung und die Vorstandsmitglieder darüber hinaus die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund erklären. Über die Entlastung muss nicht zwingend im Rahmen der ordentlichen Hauptversammlung (§ 175 AktG) beschlossen werden, sie soll aber mit der Verhandlung über die Verwendung des Bilanzgewinns verbunden werden (§-120 Abs. 3 AktG); 5. die Bestellung des Abschlussprüfers; diese Regelung wiederholt die Vorschrift des § 318 Abs. 1 HGB. Während die Hauptversammlung somit den Abschlussprüfer auswählt, wird der auf die Durchführung der Prüfung gerichtete Werkvertrag mit diesem vom Aufsichtsrat und nicht etwa vom Vorstand geschlossen (§ 111 Abs. 2 S. 3 AktG). Die Auswahl des Prüfers durch die Aktionäre ist sinnvoll, denn es ist das von ihnen aufgebrachte Kapital, mit dem der von dem Prüfer zu kontrollierende Vorstand wirtschaftet; 174 7 Hauptversammlung 6. Satzungsänderungen; während die Feststellung der Satzung durch die Gründer noch einstim‐ mig geschieht, kann eine spätere Änderung der Satzung grundsätzlich auch gegen den Willen einer Minderheit erfolgen. Die Satzungsände‐ rung ist durch einen Mehrheitsbeschluss möglich, wobei dieser einer Mehrheit bedarf, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfas‐ sung vertretenen Grundkapitals umfasst (§ 179 Abs. 2 AktG). Die Satzung kann die Vornahme von Satzungsänderungen auch von höheren Mehrheiten bis hin zur Einstimmigkeit abhängig machen und darüber hinaus als weiteres Erfordernis die Zustimmung aller, also auch der nicht erschienenen Aktionäre verlangen. Die Satzung kann auch eine geringere Mehrheit für Satzungsänderungen bestimmen. Jedoch kann für die Änderung des Gegenstands des Unter‐ nehmens keine geringere Mehrheit als drei Viertel bestimmt werden, und für die Änderung des Gesellschaftszwecks bedarf es nach § 33 Abs. 1 S. 2 BGB der Zustimmung aller Aktionäre. Zu beachten ist, dass die Entziehung von Sonderrechten (Anwendungsfall: Entsendungsrecht eines Aktionärs für Aufsichtsratsmitglieder, § 101 Abs. 2 AktG) nur mit Zustimmung des berechtigten Aktionärs möglich ist. Darüber hinaus muss jeder Aktionär zustimmen, wenn die Aktien vinkuliert werden sollen, d. h. ihre Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden wird (§ 180 AktG). Auch Satzungsänderungen, die nur die Fassung der Satzung betreffen, bedürfen grundsätzlich eines Hauptversammlungsbeschlusses. In der Praxis wird aber üblicherweise die Befugnis zu Änderungen, die nur die Fassung betreffen, durch die Satzung oder durch Beschluss der Hauptversammlung dem Aufsichtsrat übertragen (dazu Abschn. 6.3.3). Bestimmte Satzungsänderungen können von Gesetzes wegen mit ein‐ facher Stimmenmehrheit von der Hauptversammlung beschlossen wer‐ den, z. B. die Kapitalherabsetzung bei der vereinfachten Einziehung von Aktien und die Umstellung auf Euro. 7. Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und der Kapitalherabsetzung; diese Regelung ist nur deklaratorisch, denn die genannten Maßnahmen stellen immer zugleich auch Satzungsänderungen dar und gehören deshalb schon gem. Ziff. 5 zur Beschlusskompetenz der Hauptversamm‐ lung; 8. die Bestellung von Sonderprüfern; s. dazu Abschn. 7.1.3; 9. die Auflösung der Gesellschaft; s. dazu Kap.-15. 7.1 Aufgaben, Kompetenzen 175 Diese Aufzählung ist nicht abschließend, weitere Beschlusszuständigkeiten werden nachstehend und im jeweiligen Sachzusammenhang dargestellt. 7.1.2 Geschäftsführungsfragen Die Hauptversammlung kann über Fragen der Geschäftsführung nur dann entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt (§ 119 Abs. 2 AktG). Ausschließ‐ lich der Vorstand kann ein derartiges Verlangen an die Hauptversammlung aussprechen, nicht etwa der Aufsichtsrat. Eine bloße Erörterung von Ge‐ schäftsfüh-rungsfragen im Rahmen der Hauptversammlung kann indessen vom Versammlungsleiter nicht unterbunden werden, wenn sie der Vorbe‐ reitung über die Beschlussfassung dient, z. B. zum Tagesordnungspunkt Entlastung. Die Vorlage von Fragen der Geschäftsführung an die Hauptver‐ sammlung kann bei einem mehrköpfigen Vorstand nicht durch ein einzelnes Vorstandsmitglied erfolgen, vielmehr trifft der Vorstand die Entscheidung mit der erforderlichen Stimmenzahl. Der Vorstand kann die Hauptversammlung nach eigenem Ermessen mit jeder Geschäftsführungsmaßnahme befassen. Er hat dazu einen bestimmten Antrag zu formulieren, über den die Hauptversammlung zu entscheiden hat, und er muss der Vorlage die für die Entscheidungsfindung erforderli‐ chen Informationen beigeben. Die Hauptversammlung beschließt über die Annahme des Antrags mit einfacher Stimmenmehrheit; die Satzung kann dafür eine höhere Mehrheit anordnen. Stimmt die Hauptversammlung der Geschäftsführungsmaßnahme zu, so muss der Vorstand sie durchführen (§ 83 Abs. 2 AktG); lehnt die Hauptver‐ sammlung sie ab, so hat die Maßnahme zu unterbleiben. Der Vorstand kann nicht die Zuständigkeit nachträglich wieder an sich ziehen und selbst die Entscheidung treffen. Entsteht der Gesellschaft durch die Ausführung des Hauptversammlungsbeschlusses ein Schaden, so ist der Vorstand gegenüber der Gesellschaft nicht ersatzpflichtig (s. dazu Abschn. 5.6.1.3). Der Vorstand kann mit dem Abschluss des fraglichen Vertrages warten, bis die Hauptversammlung die vorherige Zustimmung zu dieser Maßnahme erteilt hat; er kann aber auch, was aus praktischen Gründen näher liegen dürfte, den Vertrag bereits vor Durchführung der Hauptversammlung ab‐ schließen, dessen Wirksamkeit aber durch Vereinbarung einer entsprechen‐ den aufschiebenden Bedingung von der Erteilung der Zustimmung abhängig machen. 176 7 Hauptversammlung Der Vorstand hat auch ohne Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen, wenn es um eine gesetzlich nicht geregelte Strukturentscheidung von herausragender Bedeu‐ tung geht („Holzmüller“, „Gelatine“, s. dazu Abschn. 5.5.1). Aufgrund seiner Vertretungsmacht ist der Vorstand zwar in der Lage, die Gesellschaft auch bei derartig gravierenden Entscheidungen rechtlich zu binden, er setzt sich aber bei einer falschen Ermessensentscheidung den Schadensersatzansprü‐ chen der Aktionäre aus. In diesen Fällen ist der Vorstand somit verpflichtet, die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen. Der Zustimmungsbe‐ schluss der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst (BGH, DB 2004, 1200). Der Vorstand kann die Hauptversammlung ferner mit Geschäftsfüh‐ rungsmaßnahmen befassen, wenn er zur Vornahme bestimmter Rechtsge‐ schäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG bedarf und der Aufsichtsrat diese verweigert hat. In diesem Fall kann der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt, wobei der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung einer Mehrheit bedarf, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Bei bestimmten Verträgen kann die Hauptversammlung von sich aus die Initiative zur Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen ergreifen; in‐ soweit ist der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand durchbrochen. Und zwar kann die Hauptversammlung den Vorstand durch einen mit der erforderlichen Mehrheit zu fassenden Beschluss verpflichten, bestimmte Verträge vorzubereiten, nämlich solche, die der Vorstand nur mit Zustimmung der Hauptversammlung schließen kann; s. dazu Abschn. 5.4.4.4. 7.1.3 Sonderprüfung; Geltendmachung von Ersatzansprüchen Schadensersatzansprüche der Aktiengesellschaft gegen Dritte sind aufgrund der Zuständigkeitsverteilung grundsätzlich vom Vorstand geltend zu ma‐ chen. Richten sich die Ansprüche jedoch gegen Vorstandsmitglieder, so handelt der Aufsichtsrat; das gilt insbesondere für die Ansprüche der Gesell‐ schaft aus der Gründungsphase (s. dazu Abschn. 2.8) und aus der laufenden Geschäftsführung (s. dazu Abschn. 5.6.1). Richten sich die Ansprüche der Gesellschaft gegen Aufsichtsratsmitglieder, so ist der Vorstand zuständig. 7.1 Aufgaben, Kompetenzen 177 Da die Gefahr einer Interessenkollision besteht, kann in diesen Fällen auch die Hauptversammlung aktiv werden; sie ist berechtigt, die Geltend‐ machung von Ansprüchen auf Schadensersatz aus der Gründungsphase und aus der laufenden Geschäftsführung gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Bestellung von Sonderprüfern zu beschließen (§§ 147, 142 ff. AktG). 7.1.4 Weitere Zuständigkeiten Weitere Zuständigkeiten der Hauptversammlung sind insbesondere: Nachgründung (§ 52 AktG) Der Abschluss eines Vertrages, der als Nachgründung gilt, bedarf der Zustimmung der Hauptversammlung; zur Nachgründung s. Abschn. 2.9. Vinkulierte Namensaktien (§ 68 Abs. 2 AktG) Die Übertragung von vinkulierten Namensaktien bedarf der Zustimmung der Gesellschaft. Grundsätzlich ist der Vorstand dafür zuständig; die Satzung kann aber regeln, dass der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung entscheidet; s. dazu Abschn. 8.2.3. Vertrauensentzug (§ 84 Abs. 4 S.-2 AktG) Die Hauptversammlung kann mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen, einem Vorstandsmitglied das Vertrauen zu entziehen. Der Vertrauensentzug ermöglicht dem Aufsichtsrat den Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist (s.-Abschn. 5.2.3). Vergleichs- und Verzichtsverträge (§ 93 Abs. 4 S.-3 AktG) Vergleichs- oder Verzichtsverträge über Ansprüche aus Gründerhaftung sowie über Schadensersatzansprüche gegen Vorstands- und Aufsichtsrats‐ mitglieder und über bestimmte konzernrechtliche Schadensersatzansprüche können erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruches und nur mit Zustimmung der Hauptversammlung geschlossen werden. 178 7 Hauptversammlung Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds (§ 103 Abs. 1 AktG) Die Hauptversammlung kann die von ihr gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre vor Ablauf der Amtszeit abberufen (s. dazu Abschn. 6.2.2). Aufsichtsratsvergütung (§ 113 AktG) Die Hauptversammlung bewilligt die Vergütung an die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats für ihre Tätigkeit, wobei dieser Beschluss erst in der Hauptversammlung gefasst werden darf, die über die Entlastung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats beschließt. Auch in der Folgezeit ist die Hauptversammlung für die Bewilligung der Vergütung zuständig, wenn diese nicht durch die Satzung festgesetzt ist (s. dazu Abschn. 6.5). Feststellung Jahresabschluss (§ 173 Abs. 1 AktG) Die Hauptversammlung ist für die Feststellung des Jahresabschlusses zu‐ ständig, wenn Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen haben, die Feststel‐ lung der Hauptversammlung zu überlassen, oder wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht gebilligt hat (s.-dazu Abschn. 10.2.2). Satzungsänderung (§ 179 AktG) Jede Satzungsänderung bedarf eines Hauptversammlungsbeschlusses. Die Gründungssatzung oder die Hauptversammlung kann die Befugnis zu nur die Fassung betreffenden Änderungen dem Aufsichtsrat übertragen (s. Abschn. 6.3.3). Übertragung Gesellschaftsvermögen (§ 179a AktG) Ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, bedarf der Zustimmung der Hauptversammlung, die darüber mit einer Mehrheit entscheidet, die min‐ destens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapi‐ tals umfasst, wenn die Satzung dafür nicht eine höhere Kapitalmehrheit bestimmt. 7.1 Aufgaben, Kompetenzen 179 Einziehung von Aktien (§ 237 Abs. 3 AktG) Über die Einziehung von Aktien im vereinfachten Einziehungsverfahren ohne Herabsetzung des Grundkapitals entscheidet die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit, s. dazu Abschn. 12.5.3. Unternehmensverträge; Verschmelzungs- und Spaltungsverträge Der Abschluss von Unternehmensverträgen sowie von Verschmelzungs- und Spaltungsverträgen bzw. die Aufstellung des Spaltungsplans fallen in die Zuständigkeit des Vorstands; zu seiner Wirksamkeit bedarf der Vertrag bzw. Plan der Zustimmung der Hauptversammlung. Formwechselbeschluss Die Hauptversammlung fasst den Beschluss über den Formwechsel der Gesellschaft in eine andere Rechtsform; s. Abschn. 13.3). 7.2 Einberufung, Tagesordnung Die Einberufung der Hauptversammlung einschließlich der darin enthalte‐ nen Angabe der Tagesordnung ist in §§ 121 bis 127 AktG geregelt; weitere Vorschriften dazu finden sich an anderen Stellen des Aktiengesetzes. 7.2.1 Einberufung Die Hauptversammlung wird durch den Vorstand einberufen; der Aufsichts‐ rat ist dazu nur berechtigt - aber auch verpflichtet -, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert (s. dazu Abschn. 6.3.3). Pflicht zur Einberufung Für den Vorstand besteht Einberufungspflicht in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen sowie dann, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert. Die Einberufung aufgrund Satzungsbestimmung kommt insbe‐ sondere dann in Betracht, wenn eine Entscheidung zu treffen ist, für die die Hauptversammlung zuständig ist, z. B. die Einholung der Zustimmung der Hauptversammlung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien. Eine Einberufung durch den Vorstand ausschließlich zum Wohl der Gesellschaft 180 7 Hauptversammlung ist kaum denkbar, dieser Einberufungsgrund ist daher ohne Bedeutung in der Praxis. Zumeist wird die Hauptversammlung deshalb einberufen, weil ein gesetz‐ licher Grund vorliegt. Insbesondere ist der Vorstand gesetzlich verpflichtet, die ordentliche Hauptversammlung jährlich einzuberufen; s. dazu Abschn. 7.2.3. Bei Verlust des hälftigen Grundkapitals hat eine außerordentliche Hauptversammlung stattzufinden (s. dazu Abschn. 5.5.5.1). Ferner hat der Vorstand auf Verlangen einer Minderheit von Aktionären, deren Anteile zusammen 5 % des Grundkapitals erreichen, die Hauptver‐ sammlung einzuberufen. Entspricht der Vorstand dem Minderheitsverlan‐ gen nicht, so kann das Registergericht die Aktionäre, die das Verlangen gestellt haben, ermächtigen, die Hauptversammlung einzuberufen; zugleich kann das Gericht den Vorsitzenden der Versammlung bestimmen. Form, Frist Die Einberufung erfolgt in elektronischer Form über den Bundesanzeiger; sind der Gesellschaft die Aktionäre namentlich bekannt, kann die Einbe‐ rufung mit eingeschriebenem Brief erfolgen. Die Satzung kann anderes bestimmen, insbesondere die Einberufung per Telefax oder E-Mail zulassen. Die Hauptversammlung ist mindestens dreißig Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. Macht die Satzung die Teilnahme an der Haupt‐ versammlung oder die Ausübung des Stimmrechts davon abhängig, dass die Aktionäre sich vor der Versammlung anmelden, so wird die Einberu‐ fungsfrist nicht von dem Tag der Versammlung, sondern von dem Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre vor der Versammlung anzumelden haben, berechnet. Die Anmeldung muss der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür mitgeteilten Adresse mindestens sechs Tage vor der Versammlung zugehen, soweit die Satzung keine kürzere Frist vorsieht; das gilt entsprechend, wenn bei Inhaberaktien die Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung oder zur Ausübung des Stimmrechts gegenüber der Gesellschaft nachzuweisen ist. Inhalt Der Inhalt der Einberufung ist zwingend vorgeschrieben (§§ 121 Abs. 3, 124 AktG). Bekanntzumachen sind: - Firma und Sitz der Gesellschaft, 7.2 Einberufung, Tagesordnung 181 - Zeit und Ort der Hauptversammlung; - Ort der Hauptversammlung ist regelmäßig der in der Satzung bestimmte Sitz der Gesellschaft. Die Satzung kann auch einen anderen oder mehrere andere Versammlungsorte bestimmen, auch im Ausland. Mit‐ zuteilen ist auch die Anschrift des Versammlungslokals, häufig die Geschäftsräume der Gesellschaft; - Tagesordnung. Von dem Zeitpunkt der Einberufung an sind bei bestimmten Beschlüssen entsprechende Unterlagen in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Ein‐ sicht der Aktionäre auszulegen; auf Verlangen ist jedem Aktionär eine Abschrift zu erteilen. Dessen bedarf es nicht, wenn die Unterlagen über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind (s. z. B. § 175 Abs. 2 AktG, §§ 238, 230 UmwG). 7.2.2 Angabe der Tagesordnung Zur Tagesordnung und den weiteren Angaben sowie den Mitteilungspflich‐ ten trifft das Aktiengesetz eingehende Regelungen. Beschlussgegenstände Bei der Einberufung ist die Tagesordnung, das ist die vom Vorstand formu‐ lierte Zusammenstellung der Versammlungsgegenstände in der Reihenfolge, wie sie behandelt werden sollen, anzugeben. Die Tagesordnung umfasst auch Beschlussgegenstände, deren Bekannt‐ machung von einer Minderheit von Aktionären mindestens 24 Tage vor der Hauptversammlung verlangt worden ist (s. Abschn. 9.3.2.2); wird die Frist nicht gewahrt, sind die zu spät eingegangenen Anträge erst bei der folgenden Hauptversammlung zu berücksichtigen. Setzt der Vorstand zu spät eingegangene Anträge auf die Tagesordnung, so sind die auf dieser Grundlage gefassten Beschlüsse anfechtbar. Beschlussvorschläge; Angaben Zu jedem Gegenstand der Tagesordnung sind von Vorstand und Aufsichtsrat Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen. Das gilt nicht, wenn der Gegenstand der Beschlussfassung auf Verlangen einer Minderheit von Aktionären auf die Tagesordnung gesetzt worden ist (§ 124 Abs. 3 AktG). 182 7 Hauptversammlung Ausschließlich der Aufsichtsrat hat Beschlussvorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Prüfern (Abschluss-/ Sonderprüfer) zu unter‐ breiten. Sind Aufsichtsratsmitglieder zu wählen, so ist in der Bekanntma‐ chung der Tagesordnung ferner anzugeben, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt und ob die Hauptver‐ sammlung an Wahlvorschläge gebunden ist. Satzungsänderungen Steht eine Satzungsänderung auf der Tagesordnung, so ist der Wortlaut der vorgeschlagenen Satzungsänderung bekanntzumachen (§ 124 Abs. 2 S. 3 AktG). Wesentlicher Vertragsinhalt Soll die Hauptversammlung über einen Vertrag beschließen, der nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, so ist der wesentliche Inhalt des Vertrags bekanntzumachen; das betrifft insbesondere die in Abschn. 5.4.4.4 angegebenen Verträge. Angaben bei Kapitalerhöhungen Bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen darf die Hauptversammlung den Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals nur fassen, wenn die Einbringung von Sacheinlagen und der Gegenstand der Sacheinlage, die Person des Einlegers und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der für die Sacheinlage zu gewährenden Aktien, mit der Tagesordnung ausdrücklich und ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sind; das gilt entsprechend gilt bei der bedingten Kapitalerhöhung (§§ 183, 194 AktG). Ist Gegenstand der Beschlussfassung auch ein Bezugsrechtsausschluss, so ist dieser in gleicher Weise bekanntzumachen (zum Bezugsrechtsausschluss s. Abschn. 12.1.2.3). Angaben beim Ausschluss von Minderheitsaktionären („Squeeze-out“) Bei Einberufung einer Hauptversammlung, die über den Ausschluss von Minderheitsaktionären beschließen soll, hat die Tagesordnung Angaben zu enthalten über Firma und Sitz des Hauptaktionärs, bei natürlichen Personen Namen und Adresse, sowie die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung; zum „Squeeze-out“ s.-Abschn. 14.4. 7.2 Einberufung, Tagesordnung 183 Bekanntmachungsfehler Über Tagungsordnungspunkte, die nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sind, dürfen keine Beschlüsse gefasst werden (§ 124 Abs. 4 AktG); geschieht das dennoch, so sind diese Beschlüsse anfechtbar. Mitteilungspflichten (§ 125 AktG) Bei Einberufung einer Hauptversammlung sind bestimmte Mitteilungs‐ pflichten der Gesellschaft zu erfüllen. Die Einberufung ist u. a. allen in das Aktienregister eingetragenen Aktionären mitzuteilen; sofern die Haupt‐ versammlung aber gem. § 121 Abs. 4 AktG mit eingeschriebenem Brief einberufen wird, ist die Mitteilung in der Regel entbehrlich (s. Koch, Rn. 11h zu § 121 AktG). Jedes Aufsichtsratsmitglied kann verlangen, dass ihm der Vorstand die gleichen Mitteilungen übersendet. Nach Durchführung der Hauptversammlung sind die gefassten Be‐ schlüsse jedem Aufsichtsratsmitglied und jedem Aktionär auf Verlangen mitzuteilen. 7.2.3 Ordentliche Hauptversammlung Der Vorstand hat die ordentliche Hauptversammlung jährlich unverzüg‐ lich nach Eingang des Aufsichtsratsberichts über die Prüfung des Jah‐ resabschlusses einzuberufen, spätestens in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres. Die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung umfasst gewöhnlich folgende Punkte (vgl. §§ 175, 119, 120 AktG): - Vorlage und Erläuterung des festgestellten Jahresabschlusses, des La‐ geberichts und des Berichts des Aufsichtsrats sowie ggf. des Konzern‐ abschlusses und des Konzernlageberichts für das zurückliegende Ge‐ schäftsjahr; - der Vorstand hat der Hauptversammlung die Vorlagen zugänglich zu machen und zu erläutern und dabei auch zu einem Jahresfehlbetrag oder einem Verlust Stellung zu nehmen, welcher das Jahresergebnis wesentlich beeinträchtigt hat (§ 176 AktG). Der Bericht des Aufsichtsrats ist von dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu erläutern; - Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns; - weist der Jahresabschluss einen Bilanzverlust aus, so entfällt dieser Tagesordnungspunkt; 184 7 Hauptversammlung - Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats; - Beschlussfassung über die Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats; - Wahlen zum Aufsichtsrat finden nur dann statt, wenn ein Amtsinhaber weggefallen ist oder wenn die Amtszeiten von Aufsichtsratsmitgliedern mit dem Ablauf der Hauptversammlung enden; - Beschlussfassung über die Wahl des Abschlussprüfers; - diese ist entbehrlich, wenn die Gesellschaft nicht prüfungspflichtig ist und auch keine freiwillige Abschlussprüfung stattfinden soll; - Beschlussfassung über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder; - einer Beschlussfassung bedarf es nicht, wenn die Vergütung der Auf‐ sichtsratsmitglieder in der Satzung festgesetzt ist oder wenn keine Vergütung gewährt werden soll. 7.3 Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung 7.3.1 Teilnahme Zur Teilnahme an der Hauptversammlung sind alle Aktionäre berechtigt. Das gilt auch für die Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien und von nicht vollständig eingezahlten und deshalb nicht stimmberechtigten Aktien. Auch der Aktionär, dessen Stimmrecht ausgeschlossen ist, weil er entlastet oder von einer Verbindlichkeit zu befreien oder weil gegen ihn Ansprüche der Gesellschaft geltend zu machen sind, hat ein Recht zur Teilnahme. Die Satzung kann vorsehen oder den Vorstand dazu ermächtigen vorzuse‐ hen, dass die Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Abwesenheit an deren Ort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können (Online-Teilnahme), dass Aktionäre ihre Stimmen, auch ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen (Briefwahl) und schließlich die Bild- und Tonübertragung der Hauptversammlung zuzulas‐ sen. Die Satzung kann vorsehen oder den Vorstand dazu ermächtigen, vorzu‐ sehen, dass die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten am Ort der Hauptversammlung abgehalten wird (virtuelle Hauptversammlung), s. § 118a AktG. Sowohl eine Satzungsbestim‐ 7.3 Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung 185 mung über die virtuelle Hauptversammlung als auch eine Ermächtigung des Vorstands dazu muss auf höchstens fünf Jahre befristet sein. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung sind sehr hoch, deshalb ist nicht damit zu rechnen, dass die virtuelle Hauptversammlung von Gesellschaften mit überschaubarem Aktionärskreis in nennenswertem Umfang genutzt werden wird. Ein Aktionär kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen; s. Abschn. 7.3.3. Übt ein Bevollmächtigter das Teilnahmerecht des Aktio‐ närs aus, so erlischt dessen Teilnahmerecht. Erscheint ein Aktionär im Beistand eines Beraters, so darf dieser nur bei Zulassung durch den Ver‐ sammlungsleiter neben dem Aktionär teilnehmen. Die Satzung kann die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts davon abhängig machen, dass sich die Aktionäre vor der Versammlung fristgerecht anmelden (§ 123 Abs. 2 AktG). Durch die Anmeldung wird die Vorbereitung der Hauptversammlung erheblich erleichtert, wenn ein größerer Aktionärskreis besteht und die Zahl der Teilnehmer ungewiss ist. Fehlt es an der vorgeschriebenen Anmeldung, so darf der betreffende Aktionär an der Hauptversammlung nicht teilnehmen. Die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat sollen an der Hauptver‐ sammlung teilnehmen (§ 118 Abs. 3 AktG). Bei ihnen scheidet eine Vertre‐ tung durch Dritte aus. Kommen sie ihrer Teilnahmepflicht nicht nach, so kann das eine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen und Scha‐ denersatzansprüche auslösen. Die Satzung kann bestimmte Fälle vorsehen, in denen die Teilnahme von Mitgliedern des Aufsichtsrats im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen darf, z.-B. bei Auslandsaufenthalt. Der Abschlussprüfer ist nur dann zur Teilnahme verpflichtet - und berechtigt -, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses ausnahmsweise nicht durch Vorstand und Aufsichtsrat, sondern durch die Hauptversamm‐ lung erfolgt (§§ 176 Abs. 2, 173 AktG). Seine Teilnahme aber auch in dem anderen Fall üblich und wegen etwaiger Rückfragen seitens des Vorstandes an ihn sinnvoll. 7.3.2 Stimmrecht Nur Stammaktien berechtigen zur Stimmabgabe bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung; zu den Ausnahmefällen, in denen auch die Inhaber von Vorzugsaktien ein Stimmrecht haben, s. Abschn. 8.1.2. Das Stimmrecht wird nach Aktiennennbeträgen, bei Stückaktien nach deren Zahl ausgeübt, 186 7 Hauptversammlung d. h. grundsätzlich gewährt jede Aktie eine Stimme (§ 134 AktG). Die Gesellschaft kann den Aktionären ermöglichen, ihre Stimmen auch ohne Teilnahme an der Versammlung im Wege der Briefwahl abzugeben (§ 118 Abs. 2 AktG), so dass diese weder Bevollmächtigte noch die etwa von der Gesellschaft benannten Stimmrechtsvertreter beauftragen müssen. Ein Ak‐ tionär hat kein Stimmrecht, soweit ein Stimmrechtsausschluss besteht (§ 136 AktG); danach kann niemand für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist, oder ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. Wer einem Stimmrechtsausschluss unter‐ liegt, darf sich nicht an der Abstimmung zu diesem Punkt der Tagesordnung beteiligen, auch wenn er sich dabei ausdrücklich der Stimme enthält. 7.3.3 Bevollmächtigte Der Aktionär kann die Ausübung des Stimmrechts einem Bevollmächtigten übertragen (§134 AktG). Die Gesellschaft kann den Aktionären die Aus‐ übung des Stimmrechts erleichtern, indem sie Stimmrechtsvertreter benennt; diese können vom Aktionär bevollmächtigt werden, das Stimmrecht nach seinen - ausdrücklich zu erteilenden - Weisungen auszuüben, so dass weder er noch ein von ihm bestellter Bevollmächtigter zu der Hauptversammlung persönlich erscheinen muss. Die Vollmacht bedarf der Textform, kann also auch per Telefax und E-Mail erteilt werden; die Satzung kann abweichende Regelungen treffen, z.-B. die Schriftform anordnen. Für Aktien, aus denen der Aktionär wegen eines Stimmrechtsausschlusses (§ 136 AktG) das Stimmrecht nicht selbst ausüben darf, kann das Stimmrecht auch nicht durch eine von ihm bevollmächtigte Person wahrgenommen werden; ebenso wenig darf der Betroffene seiner‐ seits als Bevollmächtigter eines anderen Aktionärs an der Abstimmung teilnehmen. 7.3.4 Organisatorische Gestaltung; Versammlungsleitung Der Ablauf der Hauptversammlung richtet sich nach den Vorgaben des Ak‐ tiengesetzes und der Satzung sowie gegebenenfalls einer Geschäftsordnung, die die Hauptversammlung sich selbst gegeben hat (§ 129 AktG). 7.3 Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung 187 Versammlungsleiter Der Versammlungsleiter gestaltet die Hauptversammlung unter Beachtung der Satzung und der gesetzlichen Vorschriften sowie ggf. einer Geschäfts‐ ordnung. Zum Versammlungsleiter bestimmt die Satzung üblicherweise den Aufsichtsratsvorsitzenden. Fehlt eine solche Regelung, so muss die Hauptversammlung sich einen Leiter wählen; nicht gewählt werden können Vorstandsmitglieder und der beurkundende Notar. Auch die Vollversamm‐ lung (Abschn. 7.5) einer Gesellschaft mit mehr als einem Aktionär bedarf eines Versammlungsleiters, nicht aber die Hauptversammlung der Einper‐ sonen-Aktiengesellschaft, s. Abschn. 2.10. Teilnehmerverzeichnis Der Versammlungsleiter hat sich zu vergewissern, dass das erforderliche Teilnehmerverzeichnis (§ 129 Abs. 1 AktG) aufgestellt ist. In das Verzeich‐ nis sind die erschienenen oder vertretenen Aktionäre und die Vertreter von Aktionären aufzunehmen, und zwar sowohl Stammaktionäre als auch nicht stimmberechtigte Vorzugsaktionäre. Anzugeben sind insbesondere Namen und Wohnort und der Umfang der gehaltenen oder vertretenen Aktien sowie ihre Gattung. Das Teilnehmerverzeichnis erleichtert die Fest‐ stellung des Abstimmungsergebnisses und ermöglicht die Beurteilung von Stimmrechtsausschlüssen. Bei der Einpersonen-Aktiengesellschaft ist das Teilnehmerverzeichnis entbehrlich. Auslegung Der Versammlungsleiter hat sich zu vergewissern, dass der Hauptversamm‐ lung die vorzulegenden Unterlagen zugänglich sind (§§ 176, 175 AktG). Geschäftsordnung Die Satzung kann Regelungen für die Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung treffen. Bei Fehlen solcher Regelungen bzw. zu ihrer Ergänzung kann die Hauptversammlung sich mit einer Mehrheit, die min‐ destens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst, eine Geschäftsordnung geben (§ 129 AktG). 188 7 Hauptversammlung Teilnahmerecht Der Versammlungsleiter hat zu überprüfen, dass nur teilnahmeberechtigte Personen anwesend sind; zum Teilnahmerecht s. Abschn. 7.3.1. Virtuelle Hauptversammlung (§ 118a AktG) Bei einer einer virtuellen Hauptversammlung ist vom Versammlungsleiter zu prüfen, ob die besonderen Voraussetzungen dafür eingehalten sind. Übertragung in Ton und Bild Die Satzung oder die Geschäftsordnung kann ermöglichen, dass die Haupt‐ versammlung in Ton und Bild übertragen wird (§ 118 Abs. 4 AktG). Damit wird eine rechtliche Grundlage für die Übertragung insbesondere im Inter‐ net geschaffen. Dabei kann ein einzelner Aktionär der Aufzeichnung seines Redebeitrags nicht widersprechen. Durchführung Der Versammlungsleiter eröffnet und schließt die Hauptversammlung, und er ordnet eine etwa gebotene Unterbrechung an. Nach der Eröffnung und Begrüßung der Teilnehmer stellt er die anwesenden Verwaltungsmitglieder und ggf. den beurkundenden Notar und den Abschlussprüfer vor. Sodann wird die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung von ihm festgestellt. Im Anschluss daran ist die Tagesordnung zu behandeln. Aufgabe des Versamm‐ lungsleiters ist dafür zu sorgen, dass diese ordnungsgemäß und innerhalb angemessener Zeit erledigt wird. Der Versammlungsleiter gibt den Aktio‐ nären Gelegenheit, zu jedem Tagesordnungspunkt Fragen und Anträge zu stellen und leitet die Beschlussfassung. Er ist für die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig. Dazu gehört die generelle Festlegung der Redezeit der einzelnen Aktionäre. Gegen Störungen seitens einzelner Aktionäre kann er einschreiten und äußerstenfalls den Störer aus der Versammlung verweisen. 7.3.5 Auskunftserteilung Das Recht des Aktionärs auf Auskunft ist geregelt in § 131 AktG. Danach ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Die Frage‐ 7.3 Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung 189 stellung hat ebenso wie die Auskunftserteilung vor der Beschlussfassung über den betreffenden Tagesordnungspunkt zu erfolgen. Die vom Vorstand zu erteilende Auskunft hat den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen, d. h. sie muss vollständig und sachlich zutreffend sein. Mit Hilfe des Auskunftsrechts ver‐ schaffen die Aktionäre sich insbesondere die zur sachgerechten Ausübung ihres Stimmrechts benötigten Informationen. Hintergrund des Auskunfts‐ rechts ist aber auch das den Aktionären nach § 245 AktG zustehende Recht zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen, und deshalb steht das Auskunftsrecht allen Aktionären zu, also auch den Inhabern von stimmrechtlosen Vorzugsaktien. Der Vorstand darf die Auskunft lediglich in den Fällen des § 131 Abs. 3 AktG verweigern. Wird einem Aktionär eine Auskunft verweigert, so kann er verlangen, dass seine Frage und der Grund, aus dem die Auskunft verweigert worden ist, in die Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen werden. Verweigert der Vorstand die Auskunft, so kann der Aktionär ein Auskunftserzwingungs‐ verfahren gem. § 132 AktG einleiten. Der Aktionär kann bei Auskunftsver‐ weigerung aber auch zusätzlich oder alternativ Anfechtungsklage gegen den ergangenen Beschluss erheben, sofern die verweigerte Auskunft den Beschlussgegenstand betraf. Wegen unrichtiger, unvollständiger oder ver‐ weigerter Erteilung von Informationen kann allerdings nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Informa‐ tion als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte (§-243 Abs.-4 AktG). 7.3.6 Beschlussfassung Das Herzstück einer Hauptversammlung ist die Ausübung des Stimmrechts bei der Beschlussfassung. Stimmenmehrheit Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (einfache Stimmenmehrheit), soweit nicht Gesetz oder Satzung eine größere Mehrheit oder weitere Erfordernisse bestimmen (§ 133 AktG). Die einfache Stimmenmehrheit ist erreicht, wenn die Zahl der gültigen 190 7 Hauptversammlung Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine übertrifft. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden dabei nicht mitgezählt. Einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst, bedürfen die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern vor Ablauf der Amtszeit (s. Abschn. 6.2.2) und die Zustimmung zu Geschäftsführungs‐ maßnahmen (s. Abschn. 7.1.2). Darüber hinaus kann die Satzung für alle oder für bestimmte Hauptversammlungsbeschlüsse eine größere Mehrheit bestimmen bis hin zur Einstimmigkeit, soweit nicht das Gesetz ausdrücklich die einfache Stimmenmehrheit ausreichen lässt, wie z. B. in § 142 Abs. 1 AktG für die Bestellung eines Sonderprüfers. Für Wahlen kann die Satzung andere Bestimmungen treffen, insbesondere die relative Mehrheit genügen lassen oder die Entscheidung durch das Los bei Stimmengleichheit vorsehen. Der Zustimmung aller, auch der nicht zu der Hauptversammlung erschie‐ nenen Aktionäre bedarf die Änderung des Zwecks der Gesellschaft (s. Abschn. 3.1.2) und der Formwechsel in eine Personengesellschaft (§ 233 Abs. 1 UmwG). Kapitalmehrheit Für das Zustandekommen bestimmter Beschlüsse bedarf es neben der Stim‐ menmehrheit auch einer Kapitalmehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst, z. B. bei Nach‐ gründung, Änderung der Satzung, Übertragung des ganzen Gesellschafts‐ vermögens, Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung, Unternehmensver‐ trägen und Umwandlungsvorgängen. Bei der Ermittlung des vertretenen Grundkapitals als Bezugsgröße für das Erreichen der Dreiviertelmehrheit zählt das auf die stimmrechtslosen Vorzugsaktien entfallende Grundkapital nicht mit; das ändert sich, wenn das Stimmrecht wegen Nichtzahlung des Vorzugsbetrags auflebt (§ 140 AktG). Die praktische Bedeutung der Unterscheidung zwischen Stimmenmehr‐ heit und Kapitalmehrheit ist gering, in der Regel stimmen diese überein. Sie können auseinanderfallen, wenn Höchststimmrechte bestehen oder Einlagen nicht vollständig geleistet sind. Der Sinn dieses Erfordernisses liegt darin, dass für bestimmte Beschlüsse das Gewicht der Kapitalbeteiligung auch im Falle von Stimmrechtsbeschränkungen ausschlaggebend sein soll. 7.3 Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung 191 Satzungsbestimmungen zur Kapitalmehrheit Die Satzung kann für bestimmte Hauptversammlungsbeschlüsse, für die das Gesetz eine Mehrheit verlangt, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst, eine kleinere Ka‐ pitalmehrheit bestimmen, und zwar für Satzungsänderungen (Ausnahme: Unternehmensgegenstand), die reguläre Kapitalerhöhung und die Kapital‐ erhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Weitere Erfordernisse Weitere Erfordernisse können sich aus dem Aktiengesetz und der Satzung ergeben. Weitere gesetzliche Erfordernisse sind z. B., dass etwa vorge‐ schriebene Sonderbeschlüsse (§ 138 AktG) gefasst werden oder dass bei der Einführung einer Vinkulierung der Aktien (§ 180 Abs. 2 AktG) die betroffenen Aktionäre zustimmen. Die Satzung kann eine Mindestteilnahme (Mindestpräsenz) erforder, bei deren Nichterreichen die Hauptversammlung beschlussunfähig ist. Die Satzung kann auch die nach den gesetzlichen Vor‐ schriften erforderliche Kapitalmehrheit verschärfen bis hin zum gesamten vertretenen oder vorhandenen Grundkapital. Beteiligungsquote und Einflussmöglichkeiten Die Einflussmöglichkeit eines Aktionärs steigt mit der Zahl der Stimmen bzw. der Höhe der Kapitalbeteiligung. Folgende Stufen sind von praktischer Bedeutung, wobei hinsichtlich der nachstehenden Beispiele hier nicht un‐ terschieden wird zwischen Stimmenmehrheit und Kapitalbeteiligung und im Übrigen unterstellt wird, dass sämtliche Aktionäre sich an der Abstimmung beteiligen: 192 7 Hauptversammlung 100 % Änderung des Gesellschaftszwecks, 95 % Ausschluss von Minderheitsaktionären, 75 % erforderliche Mehrheit für Satzungsänderung, 50-% + 1 Aktie Mehrheitsbeschlüsse der Hauptversammlung, 50 % Verhinderung eines Mehrheitsbeschlusses, 25-% + 1 Aktie Verhinderung einer Satzungsänderung, 10 % Antrag auf Bestellung besonderer Vertreter, 10 % Kleinbeteiligtenprivileg nach§ 39 Abs. 5 InsO, 5-% + 1 Aktie Verhinderung eines Ausschlusses, 5 % Einberufung Hauptversammlung, Ergänzung Tagesord‐ nung, 1 % Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern, 1 Aktie Teilnahme an der Hauptversammlung und Auskunfts‐ recht; Verhinderung der Änderung des Gesellschaftszwecks Abstimmung, Beschlussfeststellung Es steht im Ermessen des Versammlungsleiters, ob er nach jedem einzelnen Tagesordnungspunkt abstimmen lässt oder ob die Abstimmung für einzelne oder alle Punkte nach Erledigung der Tagesordnung gebündelt durchgeführt wird. Auch bei gebündelter, „konzentrativer“ Abstimmung wird über die Beschlusspunkte einzeln abgestimmt, doch geschieht dies unmittelbar hin‐ tereinander. Die Feststellung über das Ergebnis der Beschlussfassung trifft der Ver‐ sammlungsleiter. Feststellungsbefugt ist auch, wer bei Abwesenheit des Aufsichtsratsvorsitzenden oder seines Stellvertreters von den Aktionären aus ihrer Mitte zum Versammlungsleiter gewählt worden ist. Bei der Einpersonen-Aktiengesellschaft bedarf es der Beschlussfeststellung nicht, es genügt die Erklärung des Aktionärs und dessen Aufnahme in die Niederschrift. Beabsichtigt ein Aktionär die Anfechtung eines von der Hauptversammlung gefassten Beschlusses, so muss er vor Schließung der Hauptversammlung gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklären (s. dazu Abschn. 7.7.2). 7.3 Teilnahme, Stimmrecht, Beschlussfassung 193 7.4 Niederschrift Die Niederschrift bezweckt die Dokumentation der Willensbildung der Hauptversammlung. Grundsätzlich bedarf jeder Beschluss der Hauptver‐ sammlung der Beurkundung durch eine notariell aufgenommene Nieder‐ schrift (§ 130 AktG). Das gilt uneingeschränkt für börsennotierte Gesell‐ schaften; bei der typischen nichtbörsennotierten Mittelstands-AG besteht Beurkundungspflicht nur dann, wenn Beschlüsse gefasst werden, für die das Gesetz eine Dreiviertel- oder größere Mehrheit des bei der Beschluss‐ fassung vertretenen Grundkapitals verlangt, z. B. Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen. Bedarf es der notariellen Beurkundung nicht, insbesondere bei der jähr‐ lich wiederkehrenden ordentlichen Hauptversammlung einer nichtbörsen‐ notierten Gesellschaft, reicht eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu unterzeichnende Niederschrift aus (§ 130 Abs.1 S.-3 AktG). Nehmen der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Stellvertreter nicht an der Hauptversammlung teil, insbesondere im Falle einer Vollversammlung, und werden keine beurkundungspflichtigen Beschlüsse gefasst, so hat der aus der Mitte der Aktionäre zu wählende Versammlungsleiter die Niederschrift zu unterzeichnen; die Befugnis des mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht identischen Versammlungsleiters zur Unterzeichnung der Niederschrift ist in der aktienrechtlichen Literatur streitig und höchstgerichtlich noch nicht entschieden, deshalb empfiehlt es sich, die Niederschrift vom Aufsichtsrats‐ vorsitzenden vorsorglich zur Vermeidung der Nichtigkeit nach § 241 Nr. 2 AktG gegenzeichnen zu lassen (Koch, Rz. 14e zu § 130 AktG). In der Niederschrift sind der Ort und der Tag der Hauptversammlung, ggf. der Name des Notars, und die Art und das Ergebnis der Abstimmung und die Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung anzugeben. Bei der Einpersonen-Aktiengesellschaft entfallen die Angaben zur Abstimmung und zur Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung. In die Niederschrift aufzunehmen sind sämtliche Beschlüsse und insbesondere die Erhebung von Widerspruch von Aktionären und Aktionärsminderheiten. Hat der Notar die Hauptversammlung beurkundet, so ist die Niederschrift von ihm und nicht von dem Vorsitzenden zu unterschreiben. Der Nieder‐ schrift sind die Nachweise über die Einberufung als Anlage beizufügen. Der Vorstand hat unverzüglich nach der Hauptversammlung eine öffent‐ lich beglaubigte Abschrift der notariell aufgenommenen Niederschrift und der Anlagen zum Handelsregister einzureichen; bedurfte es der notariellen 194 7 Hauptversammlung Beurkundung nicht, ist eine von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats aufge‐ nommene Niederschrift einzureichen (§ 130 Abs. 5 AktG). Jeder Aktionär kann von der Gesellschaft die Erteilung von Abschriften der Niederschrift samt Anlagen verlangen. Die Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften über die Niederschrift der Hauptversammlung hat gravierende Konsequenzen bis hin zur Nichtig‐ keit in den Fällen des § 241 Nr.-2 AktG. 7.5 Vollversammlung Eine Vollversammlung liegt vor, wenn sämtliche Aktionäre zu einer Haupt‐ versammlung erschienen oder durch Bevollmächtigte vertreten sind, auch die Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien. Eine Vollversammlung kann Beschlüsse auch dann fassen, wenn die Vorschriften der §§ 121 bis 128 AktG über die Einberufung der Hauptversammlung nicht eingehalten sind, sofern kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht (§ 121 Abs. 6 AktG). Das bedeutet, dass in diesem Fall etwaige Verstöße gegen die genannten Vor‐ schriften über Formen und Fristen, welche sonst die Anfechtbarkeit oder gar Nichtigkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung begründen, folgenlos bleiben. Dabei kann sich jeder Aktionär vorbehalten, der Beschlussfassung nur bei einzelnen der angesetzten Tagesordnungspunkte nicht zu wider‐ sprechen. Sind der Aufsichtsratsvorsitzende oder sein satzungsmäßiger Stellvertre‐ ter bei der Vollversammlung nicht zugegen, so wählen die Aktionäre aus ihrer Mitte einen Versammlungsleiter, der dann auch die Niederschrift zu unterzeichnen hat, wenn keine notarielle Beurkundung erforderlich ist; in diesem Fall ist es ratsam, vorsorglich die Niederschrift vom Aufsichts‐ ratsvorsitzenden gegenzeichnen zu lassen (s. Abschn. 7.4). Dringend zu empfehlen ist, sowohl die vollständige Anwesenheit aller Aktionäre als auch den fehlenden Widerspruch gegen die Beschlussfassung ausdrücklich in der Versammlung festzustellen und in die Niederschrift aufzunehmen. Bei einer Einpersonen-AG bildet der alleinige Aktionär stets eine Vollver‐ sammlung. Der Beschlussfeststellung und eines Teilnehmerverzeichnisses bedarf es nicht, die Mitwirkung eines Versammlungsleiters ist entbehrlich. Abzugrenzen ist die Vollversammlung von einer Beschlussfassung der Aktionäre im schriftlichen Umlaufverfahren. Dieses ist - anders als bei der GmbH - nicht zulässig; wird aber ein Aktionär von allen anderen 7.5 Vollversammlung 195 Aktionären bevollmächtigt oder lassen sich sämtliche Aktionäre durch einen einzigen Bevollmächtigten vertreten, so kommt das in seiner Wirkung einem schriftlichen Umlaufverfahren allerdings recht nahe. 7.6 Sonderbeschlüsse; Gesonderte Versammlung Die durch das Aktiengesetz oder die Satzung vorgeschriebenen Sonderbe‐ schlüsse gewisser Aktionäre sind entweder in einer gesonderten Abstim‐ mung oder in einer gesonderten Versammlung dieser Aktionäre zu fassen (§ 138 AktG). Diese Regelung findet insbesondere Anwendung bei Bestehen mehrerer Aktiengattungen, etwa wenn Vorzugsaktien neben Stammaktien ausgegeben sind (z. B. bei Beschlussfassung über die Ausgabe weiterer Vorzugsaktien) oder bei Vorhandensein außenstehender Aktionäre bei Unternehmensverträgen. Die gesetzlichen Vorschriften über die Hauptver‐ sammlung für die Einberufung, die Teilnahme, das Auskunftsrecht und die Beschlüsse gelten hier sinngemäß. 7.7 Fehlerhafte Beschlüsse Beschlüsse der Hauptversammlung können in den vom Aktiengesetz ge‐ nannten Fällen nichtig oder anfechtbar sein. Ein nichtiger Beschluss erzeugt keine rechtlichen Wirkungen; das gilt auch dann, wenn niemand die Nichtigkeit des gefaßten Beschlusses erkennt oder sie - etwa durch Erhebung einer Klage - geltend macht. Nichtige Beschlüsse können allerdings nachträglich wirksam werden durch Heilung (vgl. § 242 AktG). Ein anfechtbarer Beschluss ist nur dann unwirksam, wenn nach Anfech‐ tungsklage eines Aktionärs das Gericht den betreffenden Beschluss für nichtig erklärt. Die Nichtigerklärung durch das Gericht hat Rückwirkung; bis zur Rechtskraft des Urteils ist der Beschluss (schwebend) wirksam, die Erhebung der Anfechtungsklage entfaltet also keine aufschiebende Wirkung. 196 7 Hauptversammlung 7.7.1 Nichtige Beschlüsse Nur besonders schwere, gesetzlich abschließend aufgeführte Fehler führen zur Nichtigkeit. Ein Beschluss der Hauptversammlung ist nach § 241 AktG insbesondere dann nichtig, wenn er 1. in einer Hauptversammlung gefasst worden ist, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 und 3 S. 1 oder Abs. 4 einberufen war (dazu Abschn. 7.2.1); in Betracht kommt insbesondere die Einberufung durch eine nicht dazu berechtigte Person und das Übergehen eines Aktionärs bei Einberufung mit eingeschriebenem Brief. Fehler bei der Einberufung sind unerheb‐ lich, wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten sind und keiner von ihnen der Beschlussfassung widerspricht (Vollversammlung). Alle oder einzelne Aktionäre können auch von vornherein auf die Beachtung von Einberufungsformalien verzichten; 2. nicht nach § 130 Abs. 1 u. 2 S.-1, Abs. 4 beurkundet ist (s. Abschn. 7.4); 3. mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder über‐ wiegend zum Gläubigerschutz oder sonst im öffentlichen Interesse bestehen; diese Vorschrift spielt in der Praxis keine große Rolle; 4. durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt; auch diese Norm kommt selten zur Anwendung; 5. auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist (s. Abschn. 7.7.2); 6. aufgrund rechtskräftiger Entscheidung vom Gericht als nichtig gelöscht worden ist (§ 398 FamFG). Das Aktiengesetz enthält Spezialtatbestände über die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (s. Abschn. 6.2.3), zur Verwendung des Bilanzgewinns (s. Abschn. 10.3) und zum Jahresabschluss (s. Abschn. 10.5). Diese besonderen Nichtigkeitsgründe treten, soweit nicht vom Aktiengesetz ausdrücklich anders geregelt, neben die in § 241 AktG aufgeführten allgemeinen Nichtigkeitsgründe. Die Heilung von nichtigen Beschlüssen ist in § 242 AktG geregelt: Ist ein Beschluss nach Ziffer 1, 3 oder 4 nichtig, so kann die Nichtigkeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluss in das Handels‐ register eingetragen worden ist und seitdem drei Jahre verstrichen sind (Heilung durch Eintragung und Zeitablauf). Ist ein Beschluss nach Ziff. 2 7.7 Fehlerhafte Beschlüsse 197 nichtig, so tritt die Heilung schon durch die Eintragung ein (Heilung durch Eintragung). Ist ein Beschluss bei brieflicher Ladung oder Ladung in einer anderen von der Satzung zugelassenen Form wegen Verstoßes gegen § 121 Abs. 4 AktG nichtig, so kann die Nichtigkeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der fehlerhaft oder gar nicht geladene Aktionär den von der Hauptversamm‐ lung gefassten Beschluss genehmigt (Heilung durch Genehmigung). Zur Nichtigkeit von Bilanzgewinnverwendungsbeschlüssen und von Jah‐ resabschlüssen gelten besondere Heilungsvorschriften (§§ 253 und 256 AktG). 7.7.2 Anfechtbare Beschlüsse Ein Beschluss der Hauptversammlung ist anfechtbar, wenn eine Verletzung des Gesetzes oder der Satzung vorliegt oder wenn ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen suchte und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen (§ 243 AktG). Ist ein Beschluss bereits gem. § 241 AktG als nichtig zu werten, so kommt es auf die Anfechtbarkeit nicht mehr an. Die Anfechtbarkeit ist bei Verletzung jedweder gesetzlichen Vorschrift, nicht nur des Aktiengesetzes, gegeben, sofern nicht Anfechtungsausschlüsse bestehen (s. § 243 Abs. 3 AktG). Als Anfechtungsgründe kommen Verfahrensfehler und inhaltliche Fehler in Betracht. Die in der Verletzung gesetzlicher Vorschriften oder von Satzungsbestim‐ mungen liegenden Verfahrensfehler beim Zustandekommen von Beschlüs‐ sen müssen einen Einfluss auf das Ergebnis der Beschlussfassung gehabt haben. Ein Inhaltsfehler liegt vor, wenn die durch den Hauptversammlungsbe‐ schluss getroffene Regelung selbst mit ihrem Inhalt gesetzes- oder satzungs‐ widrig ist. Zu denken ist an einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehand‐ lung aller Aktionäre nach § 53a AktG oder gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht in den Ausprägungen, die sie durch die umfangreiche Recht‐ sprechung zum Anfechtungsrecht gefunden hat. Die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Hauptversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat (§ 244 AktG). Die Bestätigung ist nur 198 7 Hauptversammlung bei Verfahrensfehlern sinnvoll, denn bei Inhaltsfehlern wäre der Bestätigungs‐ beschluss ebenso anfechtbar wie der erste Beschluss. Die Bestätigung ist vor allem dann angebracht, wenn eine Neuvornahme des anfechtbaren Beschlusses zu vermeiden ist, etwa bei Kapitalerhöhungsbeschlüssen wegen des Risikos einer doppelten Kapitalerhöhung. Das Aktiengesetz enthält Spezialtatbestände für die Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (s. Abschn. 6.2.3), des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns (s. Abschn. 10.5.3), eines Kapitalerhöhungs‐ beschlusses (s. Abschn. 12.1.1) und der Feststellung des Jahresabschlusses durch dieHauptversammlung (s. Abschn. 10.2.2). Die dort geregelten beson‐ deren Anfechtungsgründe treten neben die in § 243 AktG aufgeführten allgemeinen Anfechtungsgründe. Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung einer Anfechtungsklage beim Landgericht innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung (§ 246 AktG). Die Klage ist zu richten gegen die Gesellschaft, vertreten durch Vorstand und Aufsichtsrat, und sie ist diesen beiden Organen gesondert zuzustellen. Zur Anfechtung befugt ist insbesondere jeder in der Hauptversammlung erschie‐ nene Aktionär, wenn er gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat (§ 245 AktG); es reicht nicht aus, dass der Aktionär gegen den Beschluss gestimmt hat, er muss vielmehr hinreichend deutlich erklären, dass er gegen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses Bedenken hat und deshalb gerichtliche Schritte in Erwägung zieht. Er muss die Protokollierung nicht ausdrücklich beantragen, doch sollte er seinen Widerspruch so deutlich machen, dass dem Notar bzw. dem Protokollführer der Widerspruch nicht entgeht. Anfechtungsberechtigt sind auch Vorzugsaktionäre. Richtet sich die Anfechtungsklage gegen einen Beschluss zur Einführung der virtuellen Hauptversammlung, über eine Maßnahme der Kapitalbeschaf‐ fung oder Kapitalherabsetzung oder gegen einen Unternehmensvertrag, so kann das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft durch Beschluss feststellen, dass die Klageerhebung der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversamm‐ lungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen (Freigabe‐ verfahren, § 246a AktG). Gibt das Gericht der Anfechtungsklage statt, so ist der angegriffene Beschluss nichtig (§ 241 Nr. 5 AktG). Die Urteilswirkung tritt nicht nur für die Parteien des Anfechtungsprozesses ein, also den klagenden Aktionär und die beklagte Aktiengesellschaft, sondern für alle Aktionäre sowie sämtliche Verwaltungsmitglieder. 7.7 Fehlerhafte Beschlüsse 199 8 Aktie Die Mitgliedschaft des Aktionärs an der Aktiengesellschaft wird durch den Erwerb einer Aktie begründet und durch den Verlust aller Aktien beendet. Die Aktie bündelt die die Mitgliedschaft des Aktionärs ausmachenden Rechte und Pflichten zu einem eigenständigen und übertragbaren Vermö‐ gensgegenstand. Der Begriff der Aktie wird insbesondere verwandt, wenn es um die Übertragung der Rechtsposition des Aktionärs und um den Maßstab für die betragsmäßige Bemessung der Rechte und Pflichten im Verhältnis der Aktionäre zueinander geht. Die Beteiligungsquote eines Aktionärs ergibt sich aus der Relation zwischen der Zahl seiner Stückaktien und der Gesamtzahl der ausgegebenen Stückaktien bzw. zwischen dem Nennwert seiner Aktien und dem Betrag des Grundkapitals. Der Begriff der Mitgliedschaft bezeichnet die Gesamtheit der Rechte und Pflichten des Aktionärs. In diesem Kap. 8 geht es vor allem um die Aktie als rechtliche Verkörperung der Aktionärsstellung, im nachfolgenden Kap. 9 um die Mitgliedschaft im Allgemeinen 8.1 Rechtliche Merkmale Aktien unterscheiden sich nach - der Art der Übertragung (Namens- oder Inhaberaktien), - Gattungen (Stamm- oder Vorzugsaktien), - der Form (Stückaktien oder Nennbetragsaktien). Die Bestimmungen darüber sind in der Satzung der Aktiengesellschaft zu treffen, wobei die Gründer die verschiedenen Merkmale teilweise nach ihren Vorstellungen kombinieren können. 8.1.1 Namensaktie/ Inhaberaktie Die Satzung bestimmt, ob die Gesellschaft Inhaberaktien oder Namensaktien oder aber beide Arten von Aktien nebeneinander ausgibt (§ 23 AktG). Im Regelfall lauten sie auf Namen; sie können auf den Inhaber lauten, wenn die Gesellschaft börsennotiert oder der Anspruch auf Einzelverbrie‐ fung ausgeschlossen ist und die Sammelurkunde bei einer der gesetzlich bestimmten Stellen hinterlegt wird (§ 10 AktG). Inhaber- und Namensaktien unterscheiden sich durch die Art ihrer Übertragung (s. Abschn. 8.2). Vor der Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister können Aktien nicht übertragen werden (§ 41 Abs. 4 AktG); jegliche Änderungen hinsichtlich der Person der Gründer und ihres Beteiligungsumfangs sind im Gründungsstadium nur aufgrund einer Änderung der Gründungsurkunde (§ 23 Abs. 2 AktG) mit Zustimmung aller Gründer möglich. 8.1.2 Stammaktie/ Vorzugsaktie Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a AktG) kann durch entsprechende Satzungsbestimmungen durchbrochen werden. Insbe‐ sondere kann die Satzung unterschiedliche Rechte bei der Verteilung des Gewinns und des nach der Abwicklung der Gesellschaft verbleibenden Vermögens gewähren, wobei Aktien mit gleichen Rechten eine Gattung bilden (§ 11 AktG). Stammaktien und Vorzugsaktien bilden jeweils eine eigene Gattung. Vorzugsaktien ohne Stimmrecht dürfen nur bis zur Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden. Als Stammaktien werden die mit allen Rechten ausgestatteten Aktien bezeichnet. Die Satzung kann regeln, dass Vorzugsaktien gegenüber den Stammaktien Priorität bei der Dividendenzahlung genießen in der Weise, dass bei der Ausschüttung erst die Vorzugsaktien mit der in der Satzung festgelegten Vorabdividende bedient werden. Der Vorzug entspricht übli‐ cherweise einem festen Prozentsatz in Höhe von 4 bis 6 % des anteiligen Betrags des Grundkapitals bzw. des Aktiennennbetrags. Ist der Bilanzge‐ winn dadurch verbraucht, so gehen die Stammaktionäre leer aus. Die Satzung kann außerdem bestimmen, dass an Vorzugsaktionäre eine höhere Dividende (Mehrdividende) als an Stammaktionäre gezahlt wird. Die Bevorzugung der Vorzugsaktien bei der Dividendenzahlung wird mit dem Nachteil erkauft, dass sie üblicherweise kein Stimmrecht gewähren (§§ 12, 139 AktG). Umgekehrt ist der Ausschluss des Stimmrechts ausnahmslos nur für Aktien zulässig, die mit einem Vorzug bei der Verteilung des Gewinns ausgestattet sind. Das fehlende Stimmrecht betrifft nur Hauptversamm‐ lungsbeschlüsse, denn auch Vorzugsaktien berechtigen ihren Inhaber dazu, Anträge zu stellen, Wahlvorschläge zu machen oder Minderheitenrechte auszuüben. 202 8 Aktie Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, ist eine Vorabdividende nach‐ zuzahlen. Die Mehrdividende gehört nicht zum nachzuzahlenden Vorzug. Ist der Vorzug nachzuzahlen und wird der Vorzugsbetrag in einem Jahr nicht oder nicht vollständig gezahlt und im nächsten Jahr nicht neben dem vollen Vorzug für dieses Jahr nachgezahlt, so haben die Aktionäre das Stimmrecht, bis die Rückstände gezahlt sind. Ist der Vorzug nicht nachzuzahlen und wird der Vorzugsbetrag in einem Jahr nicht oder nicht vollständig gezahlt, so haben die Vorzugsaktionäre das Stimmrecht, bis der Vorzug in einem Jahr vollständig gezahlt ist (§-140 Abs. 2 AktG). 8.1.3 Stückaktie/ Nennbetragsaktie Aktien können entweder als Stückaktien oder als Nennbetragsaktien be‐ gründet werden (§ 8 AktG). In der Praxis hat sich die Stückaktie gegenüber der Nennbetragsaktie weitgehend durchgesetzt. Bis 1998 waren ausschließlich Nennbetragsaktien möglich, d. h. Aktien, die auf einen bestimmten Nennbetrag lauten, so wie GmbH-Geschäftsanteile. Der Mindestnennbetrag belief sich bis 1965 auf DM 100, dann bis 1994 auf DM 50, seitdem auf 1 Euro, wobei es nach oben keine Grenzen gibt. Die Aktien müssen auch nicht alle auf den gleichen Betrag lauten. Zwingend ist nur, dass der Nennbetrag auf volle Euro lautet. Bei Stückaktien fehlt eine Betragsangabe. Die Aktie selbst lässt nicht erkennen, welchen Bruchteil am Grundkapital sie verkörpert. Der Anteil einer Aktie an der Gesellschaft lässt sich nur mit Hilfe der Satzung, die die Zahl der ausgegebenen Aktien angibt, rechnerisch ermitteln. Bestehen z. B. für eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 1 Mio. Euro insgesamt 200.000 Stückaktien, so hat der Inhaber von 150.000 Aktien eine für Satzungsänderungen ausreichende Beteiligungsquote von 75 %. Wird das Kapital erhöht durch Ausgabe neuer Aktien, so mindert sich die Beteiligungsquote, wenn der Altaktionär keine neuen Aktien übernimmt. Die Stückaktie selbst wird dadurch nicht berührt, da sie die Beteiligungs‐ quote nicht angibt. Wird also im obigen Beispiel das Grundkapital erhöht auf 2 Mio. Euro, so errechnet sich für die 150.000 Aktien nur noch eine Beteiligungsquote von 37,5-%. Der auf die einzelne Stückaktie entfallende anteilige Betrag des Grund‐ kapitals darf einen Euro nicht unterschreiten (§ 8 Abs. 3 AktG). Eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 50.000 Euro kann weniger als 50.000 Aktien ausgeben; dann ist der auf eine Aktie entfallende anteilige 8.1 Rechtliche Merkmale 203 Betrag des Grundkapitals höher als 1 Euro. Sie darf aber nicht Aktien in einer Zahl, die den Betrag des Grundkapitals übersteigt, ausgeben, denn dann würde der anteilige Betrag des Grundkapitals den Betrag von einem Euro unterschreiten. Würden also beispielsweise 80.000 Stückaktien bei einem Grundkapital von 50.000 Euro ausgegeben, so beliefe sich der anteilige Betrag des Grundkapitals je Aktie auf lediglich 0,625 Euro, und das ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. In der Praxis entspricht die Zahl der ausgegebenen Aktien regelmäßig dem Betrag des Grundkapitals in Euro, so dass der auf die einzelne Stückaktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals sich dann auf exakt 1-Euro beläuft. Die Stückaktie hat gegenüber der Nennbetragsaktie den Vorteil, dass bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (dazu Abschn. 12.4) das Grundkapital auch ohne Ausgabe neuer Aktien erhöht werden kann, ferner, dass eine Kapitalherabsetzung bei der Stückaktie keine Anpassungs‐ notwendigkeit auslöst. Schließlich kann die Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung erfolgen (§-237 Abs.-3 Nr.-3 AktG). 8.1.4 Verbriefung Für alle Aktien gilt, dass die Verbriefung, also die Ausgabe von Aktienur‐ kunden, nicht zwingend notwendig ist; mittlerweile ist sie zur Ausnahme geworden. Nach altem Recht hatte der Aktionär einen Anspruch auf Aus‐ stellung einer Urkunde für jede einzelne von ihm gehaltene Aktie. Heute besteht die Möglichkeit, den Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Anteils durch eine entsprechende Satzungsbestimmung einzuschränken oder gänzlich auszuschließen (§ 10 Abs. 5 AktG). 8.2 Übertragung Aktien können an Mitaktionäre, an die Aktiengesellschaft selbst und an Dritte übertragen werden, ferner können sie verpfändet oder zum Gegen‐ stand eines Nießbrauchs gemacht werden. Die Art der Übertragung richtet sich danach, ob sie Inhaber- oder Namensaktien zum Gegenstand hat. 204 8 Aktie 8.2.1 Inhaberaktie Ist die auf den Inhaber lautende Aktie wertpapiermäßig als Urkunde ver‐ brieft, so kann sie wie eine bewegliche Sache durch schlichte Einigung und Übergabe der Urkunde an einen Dritten weiterübertragen werden (vgl. § 929 BGB). Wer Eigentum an der die Aktie verkörpernden Urkunde erwirbt, der ist Aktionär, also Gesellschafter der Aktiengesellschaft. Daneben kommt auch die Abtretung des als Aktie bezeichneten Mitgliedschaftsrechts gem. §§ 398, 413 BGB in Betracht. Die Abtretung bedarf keiner besonderen Form, insbesondere nicht der notariellen Beurkundung. Bei unverbrieften Inhaberaktien ist die Übertragung der Aktionärsstellung ausschließlich auf diesem Wege möglich. Zum Vergleich: GmbH- oder KG-Anteile können nur durch Abtretung übertragen werden, GmbH-Anteile nur mit notarieller Beurkundung. 8.2.2 Namensaktie Bei der Übertragung von Namensaktien ist zu unterscheiden zwischen ver‐ brieften und nicht verbrieften Aktien. Während unverbriefte Namensaktien genauso wie unverbriefte Inhaberaktien nur durch Abtretung gem. §§ 398, 413 BGB übertragbar sind, können verbriefte Aktien auf zwei unterschied‐ lichen Wegen übertragen werden, nämlich durch Indossament und - das ist die Regel - mittels Abtretung (§§ 398, 413 BGB) des durch die Aktie verbrieften Rechts. 8.2.3 Vinkulierte Namensaktie Aufgrund der Satzung können die Aktien vinkuliert, d. h. ihre Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden werden (§ 68 Abs. 2 AktG), so wie das auch bei einer GmbH möglich und üblich ist (§ 15 Abs. 5 GmbHG). Die meisten mittelständischen Aktiengesellschaften haben vinkulierte Na‐ mensaktien. Die Ausgabe vinkulierter Namensaktien ist sinnvoll, wenn es Gründe gibt, den Zugang zum Aktionärskreis zu kontrollieren. Beispiele: - bei nicht voll eingezahlten Aktien, wo es auf die Zahlungsfähigkeit des Aktionärs ankommt; 8.2 Übertragung 205 - bei der Freiberufler-Aktiengesellschaft, wo bestimmte Qualifikationen gesetzlich vorgeschrieben sind; - bei der Familien-Aktiengesellschaft, bei der keine Aktien an Familien‐ fremde gelangen sollen. Das Zustimmungserfordernis (Vinkulierung) umfasst nicht nur den Verkauf von Aktien, sondern auch andere Arten von Übertragungen, wie z. B. Übertragung vom Treuhänder an den Treugeber bei Bestehen einer Volltreu‐ hand, Sicherungsabtretung, Schenkung, Erfüllung eines Vermächtnisses, ferner sonstige Verfügungen wie Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Pfandrechts an den Aktien; die Begründung einer Unterbeteiligung an dem Anteil bedarf nicht der Zustimmung. Die Satzung kann bestimmen, dass die Übertragungn an Mitaktionäre oder an Abkömmlinge nicht zustimmungs‐ bedürftig ist. Die Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Aktien erteilt der Vor‐ stand. Die Satzung kann aber anordnen, dass der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung entscheidet (§ 68 Abs. 2 S. 3 AktG). Die Satzung kann auch die Gründe bestimmen, aus denen die Zustimmung verweigert werden kann. Soweit die Satzung keine Vorgaben macht, ist die Entscheidung über die Zustimmung nach pflicht‐ gemäßem Ermessen - unter Abwägung der Interessen der Gesellschaft und der des übertragungswilligen Aktionärs und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots (§ 53a AktG) - zu treffen. Bei Versagung der Zustimmung muss der betreffende Aktionär auf Dauer gegen seinen Willen in der Gesellschaft verbleiben; ist dies von vornherein nicht gewollt, so kann gerade für den Fall der Nichtzustimmung durch eine entsprechende Satzungsklausel eine Zwangseinziehung der Aktien nach § 237 AktG ange‐ ordnet werden mit der Folge, dass der übertragungswillige Aktionär - gegen Zahlung eines Einziehungsentgelts - aus der Aktiengesellschaft ausscheidet (zur angeordneten Zwangseinziehung s. Abschn. 12.5.3). Die Zustimmungs‐ erklärung des Vorstands ist auch dann wirksam, wenn das nach der Satzung für die Erteilung der Zustimmung zuständige Gremium (Aufsichtsrat oder Hauptversammlung) die Zustimmung nicht erteilt hat; etwas anderes gilt nur, wenn der Vorstand seine Vertretungsmacht offensichtlich missbraucht hat. Einzelne oder sämtliche Aktionäre können zudem durch Abschluss ei‐ ner entsprechenden Vereinbarung untereinander außerhalb der Satzung (Aktionärsvereinbarung; s. dazu Abschn. 3.3) die Veräußerbarkeit ihrer 206 8 Aktie Aktien an Dritte einschränken bzw. regeln. Sofern die anderen Aktionäre aufgrund einer derartigen Vereinbarung bereit sind, ihrerseits die Aktien des veräußerungswilligen Aktionärs anzukaufen, wird die Versagung der Zustimmung seitens der Gesellschaft zur Veräußerung vinkulierter Aktien an einen Dritten in der Regel einer rechtlichen Überprüfung standhalten. 8.2.4 Aktienregister Die Gesellschaft hat ein Aktienregister für die von ihr ausgegebenen Na‐ mensaktien zu führen (§ 67 AktG). Bei größeren Gesellschaften handelt es sich dabei um eine elektronisch geführte Datenbank, bei kleineren sind die Führung einer Kartei, sonstige Aufzeichnungen sowie die geordnete Belegablage ausreichend. Im Verhältnis zur Gesellschaft bestehen Rechte und Pflichten aus Aktien nur für und gegen den im Aktienregister Eingetragenen (§ 67 Abs. 2 AktG). Diese Bestimmung betrifft nur das Verhältnis zwischen dem Eingetragenen und der Gesellschaft, also das Innenverhältnis, nicht das Verhältnis zu Dritten, und stellt deshalb keine Grundlage für einen Gutglaubensschutz im Außenverhältnis dar. Das ist anders als bei der GmbH, wo die Eintragung in der Gesellschafterliste den gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen ermöglichen kann. Inhalt der Eintragung; Mitteilungspflicht Namensaktien sind unter Angabe des Namens, Geburtsdatums und einer Postanschrift sowie einer elektronischen Adresse des Aktionärs und ferner der Stückzahl oder der Aktiennummer und bei Nennbetragsaktien des Betrags in das Aktienregister einzutragen; der Aktionär ist verpflichtet, diese Angaben der Gesellschaft mitzuteilen. Bei der Ersteintragung nach Gründung oder Kapitalerhöhung wird der Vorstand von sich aus tätig, einer Mitteilung seitens des Aktionärs bedarf es dabei nicht. Löschung und Neueintragung Erwirbt jemand eine Namensaktie, so hat er dies der Aktiengesellschaft mitzuteilen und nachzuweisen. Unterlässt der Erwerber die Mitteilung, so gilt der Gesellschaft gegenüber weiterhin der eingetragene Veräußerer als Berechtigter mit der Folge, dass der Erwerber die mitgliedschaftlichen Rechte nicht ausüben kann, zum Beispiel auf Zahlung von Dividende oder 8.2 Übertragung 207 Teilnahme an der Hauptversammlung. Diese Regelung ist praktisch bedeut‐ sam insbesondere bei der brieflichen Einberufung der Hauptversammlung, bei der der nicht im Aktienregister eingetragene Aktionär gar nicht erst eingeladen wird. Auskunft aus dem Aktienregister Der Aktionär kann von der Gesellschaft Auskunft über die zu seiner Person in das Aktienregister eingetragenen Daten verlangen; bei nichtbörsenno‐ tierten Gesellschaften kann die Satzung bestimmen, dass auf Verlangen jedem Aktionär Einsicht in das Aktienregister auch im Hinblick auf die Eintragungen für die anderen Namensaktionäre zu gewähren ist. 8.3 Übergang von Todes wegen Aktien sind vererblich. Der Übergang an den Erben oder an eine Erbenge‐ meinschaft vollzieht sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB: mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere anderen Personen (Erben) über. Eine Abtretung oder ein sonstiger Veräußerungstatbestand liegt somit gerade nicht vor, deshalb bleibt eine etwaige Vinkulierung der Aktien (§ 68 Abs. 2 AktG) im Erbfall ohne Wirkung. Ist die Aktie aber Gegenstand eines Vermächtnisses (§ 2147 BGB), so greift die Vinkulierung bei der Übertragung der Aktie von den Erben an den Vermächtnisnehmer ein. Aufgrund des Erbfalls können Aktien auf minderjährige Personen überge‐ hen, ferner auf eine Personenmehrheit. Stehen Aktien mehreren Berechtig‐ ten zu, so können sie die Rechte daraus nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben (§ 69 Abs. 1 AktG); Hauptanwendungsfall ist die Erben‐ gemeinschaft, die sich nach dem Tode eines Aktionärs bildet. Die Satzung kann regeln, dass bei Tod eines Aktionärs die auf die Er‐ ben übergegangenen Aktien aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlus‐ ses eingezogen werden können. Macht die Hauptversammlung davon Ge‐ brauch, scheiden die Erben aus der Gesellschaft aus. Die Satzung kann für den Todesfall die Zahlung einer Abfindung stark beschränken und sogar gänzlich ausschließen (BGH NZG 2014, 820, 822; Kölner Komm.-Ek‐ kenga/ Schirrmacher, Rz. 71 zu § 237 AktG). 208 8 Aktie Auch eine Aktionärsvereinbarung (dazu Abschn. 3.3) kann Regelungen zum Todesfall enthalten. In Betracht kommt die Verpflichtung der Erben eines Aktionärs, die übergegangenen Aktien an die anderen Mitglieder der Schutzgemeinschaft zu übertragen. Besteht eine derartige Übertragungs‐ pflicht, so können davon wiederum bestimmte nachfolgeberechtigte Perso‐ nen ausgenommen werden, etwa Ehegatten und Kinder oder Abkömmlinge. In diesem Fall ist jeder Aktionär gehalten, eine letztwillige Verfügung zu treffen, aufgrund deren seine Aktien nur an Nachfolgeberechtigte überge‐ hen. Geschieht das nicht und gehen die Aktien im Erbgang auf eine nicht nachfolgeberechtigte Person über, so können die anderen Mitglieder bei Bestehen einer entsprechenden Regelung ein Erwerbsrecht gegenüber der nicht nachfolgeberechtigten Person ausüben. 8.4 Treuhand Aktien können Gegenstand eines Treuhandverhältnisses sein. Dessen Zweck ist die Verdeckung der wahren Beteiligungsverhältnisse bei der Ge‐ sellschaft. Charakteristisch für eine Treuhandschaft ist, dass der Treuhänder im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des Treugebers auftritt. Dabei kann entweder ein Ermächtigungstreuhänder oder ein Vollrechts-Treuhänder bestellt werden. Der im aktienrechtlichen Sprachgebrauch als Legitimations-Aktionär be‐ zeichnete Ermächtigungstreuhänder ist eine natürliche oder juristische Person, insbesondere eine Bank, die von dem Aktionär gemäß § 185 Abs. 1 BGB (Ermächtigungstreuhand) ermächtigt worden ist, als Inhaber der dem Treugeber gehörenden Namensaktien aufzutreten mit der Folge, dass er im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär gilt (§ 67 Abs. 2 AktG. Obwohl grundsätzlich der wahre Aktionär eingetragen werden muss, ist die Legitimationsübertragung zulässig (s.-§-129 Abs. 3 S.-2 AktG). Der (Vollrechts-)Treuhänder ist Inhaber der Aktie mit allen Rechten und Pflichten; die Vollrechts-Treuhand ist vor allem bei der GmbH verbreitet. Die Treuhandschaft kann bei der Gründung der Gesellschaft oder später bei Erwerb von Aktien entstehen. Der Treuhänder ist Aktionär mit allen Rechten und Pflichten. Wird er von der Gesellschaft auf Zahlung von Einlagen in Anspruch genommen, hat er einen Erstattungsanspruch gegen den Treugeber; der Treuhänder trägt das Risiko, dass der Treugeber zur Erstattung an ihn in der Lage ist. 8.4 Treuhand 209 Der Treuhänder ist verpflichtet, alles, was er aus der Treuhänderstel‐ lung erlangt hat, an den Treugeber herauszugeben, also insbesondere die empfangenen Dividenden. Dabei trägt der Treugeber das Risiko, dass der Treuhänder zur Herausgabe nicht in der Lage ist. Zu Störungen kann es auch dadurch kommen, dass der Treuhänder die Aktien unter Missbrauch seiner Rechtsstellung an einen Dritten verkauft und den Erlös für sich vereinnahmt, ferner dass er insolvent wird oder seine Gläubiger die Aktien pfänden. Gegen diese Beeinträchtigungen kann der Treugeber sich in der Weise schützen, dass er sich bei der Begründung der Treuhandschaft von dem Treuhänder die Aktien aufschiebend bedingt übertragen lässt; aufschiebende Bedingung ist dabei der Eintritt eines dieser nachteiligen Ereignisse sowie die Kündigung des Treuhandverhältnisses. Ein Treuhandverhältnis ist gegenüber dem Finanzamt offenzulegen (§§ 39, 159 AO), ferner, sofern der Treugeber „wirtschaftlich Berechtigter“ ist, gegenüber dem Transparenzregister (siehe Abschnitt 5.5.4 „Transparenzre‐ gister“). 210 8 Aktie 9 Rechtsstellung der Aktionäre Die auf der Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft beruhende Rechtsstellung einer Person wird im Gesellschaftsrecht als Mitgliedschaft bezeichnet. Die Mitgliedschaft umfasst alle Rechte und Pflichten des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis einschließlich der Sonderrechte und Sonderpflich‐ ten. Diese Rechte und Pflichten beruhen auf den gesetzlichen Vorschriften und der Satzung. Sie werden bei der Aktiengesellschaft durch die Aktie verkörpert, deren Erwerb die Mitgliedschaft begründet und deren Verlust sie beendet. In diesem Kapitel werden der Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft und die mit dieser verbundenen Rechte und Pflichten im Zusammenhang dargestellt, wobei Überschneidungen mit anderen Kapiteln möglich sind. 9.1 Erwerb der Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft wird erworben durch die Übernahme einer Aktie bei der Gründung der Aktiengesellschaft; die Mitgliedschaft entsteht dabei sogleich mit der Errichtung der Gesellschaft, die Aktie hingegen entsteht erst mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Das gilt entsprechend für die Zeichnung neuer Aktien bei einer Kapitalerhöhung durch einen Dritten. Überträgt ein Aktionär Aktien an einen Dritten, so erwirbt dieser mit den Aktien zugleich die Mitgliedschaft. 9.2 Beendigung der Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft eines Aktionärs kann auf unterschiedliche Weise enden. Zu unterscheiden sind dabei die Fälle des Ausscheidens, die einen Anspruch des Ausscheidenden auf Zahlung einer Abfindung gegen die Gesellschaft auslösen, und die sonstigen Sachverhalte. 9.2.1 Ausscheiden gegen Abfindung Die Sachverhalte, aufgrund deren ein Aktionär aus der Gesellschaft aus‐ scheidet, sind gesetzlich geregelt. Daneben ist - anders als bei einer GmbH - weder ein Austritt seitens des Aktionärs noch eine Ausschließung seitens der Gesellschaft möglich. Folgende Fälle des Ausscheidens gegen Abfindung durch die Gesellschaft kommen in Betracht: - Einziehung von Aktien, - Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags, - Eingliederung, - Ausschluss von Minderheitsaktionären, - Verschmelzung (andere Rechtsform, Verfügungsbeschränkung), - Auf- oder Abspaltung (andere Rechtsform, Verfügungsbeschränkung), - Formwechsel. Zur Bemessung der Abfindung bei der Einziehung von Aktien durch die Gesellschaft s. Abschn. 12.5.3. In den anderen genannten Fällen ordnet das Gesetz die Zahlung einer „angemessenen Barabfindung“ an (s. dazu Kap. 13 und 14). Aufgrund einer Aktionärsvereinbarung kommt die Zahlung einer Abfin‐ dung von Seiten eines oder mehrerer Mitaktionäre (nicht der Gesellschaft! ) in Betracht, s.-dazu Abschn. 3.3. 9.2.2 Ausscheiden ohne Abfindung Den nachstehend aufgeführten Fällen der Beendigung der Mitgliedschaft ist gemeinsam, dass sie nicht mit der Zahlung einer Abfindung seitens der Gesellschaft an den ausscheidenden Aktionär verbunden sind. Übertragung aller Aktien Es versteht sich von selbst, dass die Mitgliedschaft eines Aktionärs durch Übertragung aller seiner Aktien endet, ob an Mitaktionäre, an Dritte oder an die Gesellschaft selbst. Gesamtrechtsnachfolge Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge gehen die Aktien auch ohne rechts‐ geschäftliche Veräußerung auf eine andere Person über. Der praktisch 212 9 Rechtsstellung der Aktionäre wichtigste Fall ist der Übergang von Todes wegen auf den oder die Erben nach § 1922 BGB (s.-dazu Abschn. 8.3). Zum Übergang von Aktien im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kommt es auch, wenn Aktien zum Vermögen einer natürlichen oder juristischen Person gehören, welches einschließlich dieser Aktien infolge Verschmel‐ zung oder Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz auf einen Dritten über‐ geht, ferner beim Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern aus einer Aktien haltenden Personengesellschaft, wenn der verbleibende Gesellschaf‐ ter das Vermögen der erloschenen Gesellschaft einschließlich der Aktien durch Übernahme erwirbt. Ausschluss wegen verzögerter Einzahlung Die Mitgliedschaft eines Aktionärs endet, wenn er seiner Aktien verlustig erklärt wird wegen nicht rechtzeitiger Einzahlung des eingeforderten Be‐ trags (§-64 AktG). Löschung der Gesellschaft im Handelsregister Während die Auflösung der Gesellschaft (§ 262 AktG) die Mitgliedschaft nicht berührt, beendet die Löschung die Gesellschaft als Rechtssubjekt und damit auch die Mitgliedschaft des Aktionärs (s. Kap.-15). 9.3 Mitgliedschaftsrechte Zu unterscheiden sind die allen Aktionären zustehenden allgemeinen Mit‐ gliedschaftsrechte von den Sonderrechten, die nur zugunsten einzelner Aktionäre bestehen. 9.3.1 Allgemeine Mitgliedschaftsrechte Die Rechte der Aktionäre werden unterteilt in Vermögensrechte und Ver‐ waltungsrechte. Vermögensrechte sind insbesondere die Ansprüche auf Dividende, auf den Bezug neuer Aktien bei Kapitalerhöhungen, auf Teilhabe am Abwicklungserlös und auf die Zahlung eines Entgelts bei Einziehung der Aktien durch die Gesellschaft. 9.3 Mitgliedschaftsrechte 213 9.3.2 Verwaltungsrechte Das wichtigste Verwaltungsrecht des Aktionärs ist das Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung. Die anderen Verwaltungsrechte sind zu unter‐ teilen in die Rechte, die in der Hauptversammlung auszuüben sind, und die Rechte , die von den Aktionären außerhalb der Hauptversammlung geltend gemacht werden. - 9.3.2.1 Ausübung von Aktionärsrechten in der Hauptversammlung Bestimmte Aktionärsrechte können nur in der Hauptversammlung ausge‐ übt werden. Zu unterscheiden ist zwischen Aktionärsrechten, die jedem einzelnen Aktionär unabhängig von der Zahl der ihm gehörenden Aktien zustehen, und solchen, deren Ausübung eines bestimmten Beteiligungsum‐ fangs bedarf; einige dieser Rechte stehen auch Vorzugsaktionären zu. Rechte einzelner Aktionäre Die folgenden Rechte stehen jedem einzelnen Aktionär unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung und der Gattung seiner Aktien zu: - Stimmrecht, § 12 AktG (Ausnahme: Vorzugsaktien), - Gegenanträge, Wahlvorschläge, §§ 126, 127 AktG, - Auskunftsrecht, § 131 AktG, - Vorlage des vollständigen Jahresabschlusses, § 131 AktG, - Widerspruch gegen Hauptversammlungsbeschluss, § 245 Nr.-1 AktG. Rechte einer Minderheit von Aktionären (10-%) Die nachfolgenden Rechte können regelmäßig von einer Minderheit von Aktionären, deren Anteile zusammen 10 % des Grundkapitals erreichen, ausgeübt werden, auch von Vorzugsaktionären: - Widerspruch gegen Verzicht oder Vergleich bei Schadensersatzansprü‐ chen gegen Vorstand und herrschendes Unternehmen; - Antrag auf gesonderte Abstimmung über die Entlastung einzelner Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat; - vorgezogene Beschlussfassung über die Wahl einer von einem Aktionär vorgeschlagenen Person in den Aufsichtsrat (§ 137 AktG); 214 9 Rechtsstellung der Aktionäre - danach ist bei der Wahl des Aufsichtsrats zunächst über den Wahlvor‐ schlag der Minderheit und danach erst über den des Aufsichtsrats zu beschließen. Rechte der Mehrheit von Aktionären Bei der Beschlussfassung über die Bestellung von Sonderprüfern (§ 142 AktG) und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 147 AktG) ist die einfache Stimmenmehrheit erforderlich, bezogen auf die bei der Hauptver‐ sammlung anwesenden Stimmen, wobei die Vorzugsaktionäre kein Stimm‐ recht haben. - 9.3.2.2 Ausübung von Aktionärsrechten außerhalb der Hauptversammlung Außerhalb der Hauptversammlung stehen den Aktionären, und zwar glei‐ chermaßen den Stammaktionären und den Vorzugsaktionären, insbeson‐ dere folgende Rechte zu: Rechte einzelner Aktionäre - Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, (s. dazu Abschn. 6.1); - gegebenenfalls die Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat, (s. dazu Abschn. 6.2); - Anspruch auf bestimmte Mitteilungen bei Einberufung der Hauptver‐ sammlung (s. Abschn. 7.2.2 „Mitteilungspflichten“); - Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen nach Widerspruch zur Niederschrift (s. Abschn. 7.7.2); - Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen auch ohne Wider‐ spruch zur Niederschrift in den Fällen des § 245 Nr.-2, 3 AktG; - Klage auf Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses (Abschn. 7.7.1). Rechte einer Minderheit von Aktionären (1-%) Bestimmte Rechte setzen voraus, dass die Anteile der antragstellenden Aktionäre mindestens 1 % des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 100.000 Euro erreichen. Einen „anteiligen Betrag von 100.000 Euro“ erreichen Aktionäre, denen Aktien mit einem Nennbetrag in dieser Höhe 9.3 Mitgliedschaftsrechte 215 gehören. Hat die Gesellschaft Stückaktien, so kommt es auf den anteiligen Betrag des Grundkapitals der Aktien an, die den antragstellenden Aktionä‐ ren gehören. Dieses Minderheitsrecht betrifft insbesondere den Antrag an das Registergericht auf Bestellung von Sonderprüfern zur Prüfung eines Vorgangs bei der Gründung oder eines Vorgangs bei der Geschäftsführung (s. dazu Abschn. 7.1.3). Rechte einer Minderheit von Aktionären (5-%) Bei bestimmten Minderheitsrechten ist zur Berechnung der Mindestbeteili‐ gungshöhe das gesamte Grundkapital einschließlich des Vorzugsaktienka‐ pitals maßgebend, und das Verlangen von Vorzugsaktionären ist genau wie das von Stammaktionären zu berücksichtigen. Einer Mindestbeteilungshöhe von 5 % benötigen die Aktionäre insbesondere für das Verlangen der Einbe‐ rufung der Hauptversammlung (s. Abschn. 7.2.1) und der Bekanntmachung von Gegenständen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung (s. Abschn. 7.2.2). Rechte einer Minderheit von Aktionären (10-%) Einen Anteil (Stamm- und Vorzugsaktien) der antragstellenden Aktionäre von mindestens 10 % des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro erfordert insbesondere der Antrag an das Registergericht, ein auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandtes Aufsichtsratsmit‐ glied abzuberufen, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt (s. Abschn. 6.2.3). 9.3.3 Sonderrechte Einzelnen Aktionären können - anders als im GmbH-Recht - nur in engen Grenzen Sonderrechte durch die Satzung eingeräumt werden. In Betracht kommt als vermögensrechtliches Sonderrecht die Bevorzugung bei der Ver‐ teilung der Dividende und des Abwicklungsüberschusses (Vorzugsaktien, s. dazu Abschn. 8.1.2) und als besonderes Verwaltungsrecht das Recht zur Entsendung eines Aufsichtsratsmitgliedes (s. Abschn. 6.2.1). 216 9 Rechtsstellung der Aktionäre 9.4 Mitgliedschaftspflichten Die Mitgliedschaftspflichten der Aktionäre umfassen die allgemeinen, sich aus den gesetzlichen Vorschriften ergebenden, unabdingbaren allgemeinen Pflichten und die auf der Satzung beruhenden Sonderpflichten. Die allgemeinen Pflichten der Aktionäre bestehen aus den gesetzlich angeordneten Zahlungspflichten, die wegen ihrer besonderen Bedeutung in dem nachfolgenden Abschn. 9.5 gesondert dargestellt werden, und der insolvenzrechtlichen Überlassungspflicht (s. dazu Abschn. 9.6). Die Satzung kann den Aktionären grundsätzlich keine Sonderpflichten auferlegen; eine Ausnahme davon ist die Nebenverpflichtung, wiederkehrende, nicht in Geld bestehende Leistungen zu erbringen (§ 55 AktG). Zu den in der Gründungsphase bestehenden weiteren Pflichten der Aktionäre s. Kap. 2. Aus der Mitgliedschaft folgt die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft, welche die nachteilige Einwirkung auf das Unternehmen verbietet und insbesondere ein Wettbewerbsverbot für den herrschenden Gesellschafter einer nichtbörsennotierten Gesellschaft begründet (Kölner Kommentar-Drygala, Rz. 117 zu § 53a AktG). 9.5 Zahlungspflichten der Aktionäre Zahlungspflichten können den Aktionären aus folgenden Anlässen erwach‐ sen. Gründung Die Aktionäre sind zur Zahlung der eingeforderten Einlage und eines etwaigen Fehlbetrags bei überbewerteter Sacheinlage (Differenzhaftung) verpflichtet. Das gilt entsprechend für die sich an einer Kapitalerhöhung beteiligenden Zeichner. Zur Gründerhaftung der Aktionäre s. Abschn. 2.8. Bleibt der Wert des Gesellschaftsvermögens im Eintragungszeitpunkt hinter dem Betrag des Grundkapitals zurück (Unterbilanz), insbesondere infolge von Aufwendungen, die durch die Aufnahme der Geschäftstätigkeit schon vor der Eintragung bedingt sind, sind die Aktionäre gegenüber der Gesellschaft zur Deckung des Verlustes verpflichtet; zur Unterbilanz- oder Vorbilanzhaftung s. Abschn. 2.7. 9.4 Mitgliedschaftspflichten 217 Erstattung verbotener Rückzahlungen Die Aktionäre sind der Gesellschaft zur Erstattung von nach § 57 AktG verbotenen Zahlungen verpflichtet (§ 62 AktG). Haftung des Rechtsvorgängers Zahlt ein Aktionär die eingeforderte Einlage trotz erneuter Aufforderung nicht, und ist daraufhin die Kaduzierung erfolgt (§ 64 AktG), so haften die Vormänner des ausgeschlossenen Aktionärs für dessen rückständige Einlage; s.-dazu Abschn. 2.3.1.5. Konzern Konzernrechtliche Zahlungspflichten kommen in Betracht, wenn der Ak‐ tionär herrschendes Unternehmen im Verhältnis zu der Aktiengesellschaft ist. Zum Recht der verbundenen Unternehmen (Konzernrecht) und den daraus folgenden Pflichten gegenüber anderen Aktionären und der Aktien‐ gesellschaft s. Kap.-14. Existenzvernichtungshaftung Ein Gesellschafter macht sich gegenüber der Gesellschaft unter dem Ge‐ sichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) scha‐ densersatzpflichtig für missbräuchliche, zur Insolvenz der Gesellschaft führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen (BGH, NJW 2007, 2689---Trihotel). Insolvenz Bei Insolvenz der Gesellschaft kann der Insolvenzverwalter bei Vorliegen der Voraussetzungen einzelne Aktionäre durch Anfechtung nach § 135 InsO in Anspruch nehmen. Es geht dabei um Gesellschafterdarlehen oder Forde‐ rungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, und die bei Insolvenz der Gesellschaft nur nachrangig, also im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger, berücksichtigt werden (§ 39 Abs. 1 Nr.-5 InsO). Soweit ein Gesellschafterdarlehen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder sogar noch nach dem Eröffnungs‐ 218 9 Rechtsstellung der Aktionäre antrag getilgt wird, kann der Insolvenzverwalter von dem Aktionär die Rückgewähr der Tilgungsleistung zur Insolvenzmasse verlangen. Hatte die Gesellschaft dem Aktionär für seinen Rückzahlungsanspruch eine Siche‐ rung gewährt, so ist diese bei Anfechtung durch den Insolvenzverwalter unwirksam. Ein weiterer Anfechtungstatbestand kommt in Betracht, wenn ein Ak‐ tionär sich gegenüber einem Gesellschaftsgläubiger für eine Darlehens‐ forderung oder eine wirtschaftlich entsprechende Forderung gegen die Gesellschaft verbürgt oder eine anderweitige Sicherheit gestellt hat. Tilgt die Gesellschaft diese Darlehensschuld, bewirkt dies das Erlöschen der Bürgschaft und das Freiwerden der anderweitigen Sicherheiten. Der Insol‐ venzverwalter ist in diesem Fall zur Anfechtung berechtigt mit der Folge, dass der Aktionär die von der Gesellschaft dem Dritten gewährte Tilgungs‐ leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten hat (§§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO). Die insolvenzrechtliche Anfechtung scheidet aus gegenüber Aktionären, für die das Sanierungsprivileg oder das Kleinbeteiligtenprivileg gilt; s. dazu Abschn.-11.5. 9.6 Überlassungspflicht der Aktionäre Die Überlassung von Gegenständen zum Gebrauch (insbesondere Immobi‐ lien) oder von Rechten zur Ausübung (insbesondere Patente) seitens eines Aktionärs an die Gesellschaft ist weit verbreitet. Wird über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Aktionär grundsätzlich das Recht auf Aussonderung eines ihm gehörenden, von der Gesellschaft genutzten Gegenstands zu (§ 47 InsO), d. h. er kann von dem Insolvenzverwalter die Herausgabe verlangen und muss nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Aktionär aber verpflichtet sein, vorübergehend der insolventen Gesellschaft den Gegenstand zum Gebrauch bzw. ihr das Recht zur Ausübung zu überlassen (§ 135 Abs. 3 InsO). Nicht betroffen davon sind die Aktionäre, für die das Sanierungsprivileg oder das Kleinbeteiligtenprivileg gilt; dazu und zur Geltendmachung des Überlassungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter s. Abschn. 11.5. 9.6 Überlassungspflicht der Aktionäre 219 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung Die Rechnungslegung ist von zentraler Bedeutung bei Kapitalgesellschaften. Ihr Ziel ist die Transparenz des Gesellschaftsvermögens und der Schutz der Gläubiger und Gesellschafter. Die Rechnungslegung ist in Deutschland - anders als in vielen anderen Ländern -weitgehend gesetzlich geregelt. Die heute geltenden Rechnungslegungsvorschriften beruhen vor allem auf dem Bilanzrichtliniengesetz aus dem Jahre 1985. Mit diesem Gesetz wurde anlässlich der Umsetzung der einschlägigen EG-Richtlinien in nationales Recht das zuvor schon geltende, aber in großem Umfang nicht gesetzlich geregelte allgemeine Bilanzrecht erstmals systematisch in einem Gesetzes‐ werk untergebracht. Die früher im Aktiengesetz enthaltenen speziellen Rechnungslegungs‐ vorschriften für Aktiengesellschaften wurden dabei in das Handelsgesetz‐ buch überführt, das seitdem im Dritten Buch für alle Kaufleute die Buch‐ führung und Bilanzierung normiert. Es gibt dort einen für alle Kaufleute geltenden allgemeinen Teil (§§ 238 bis 263 HGB) und die ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften und bestimmte Personenhandelsge‐ sellschaften, insbesondere die GmbH & Co. KG (§§ 264 bis 335c HGB). Vielfältige und tiefgreifende Änderungen brachte das Bilanzrechtsmoder‐ nisierungsgesetz aus dem Jahre 2009, dessen Ziel die Weiterentwicklung der HGB-Bilanz zu einer im Verhältnis zu den internationalen Rechnungs‐ legungsstandards vollwertigen, aber kostengünstigeren und einfacheren Alternative ist. 10.1 Rechnungslegung Rechnungslegung ist der Oberbegriff über die Buchführung, den Jahres‐ abschluss und den Lagebericht sowie den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht. Die Rechnungslegung umfasst Aufstellung, Prüfung, Feststellung bzw. Billigung und Offenlegung. Sondervorschriften zur Rech‐ nungslegung der Aktiengesellschaft finden sich in §§ 150 bis 162 AktG, daneben gelten für diese die von allen Kapitalgesellschaften anzuwendenden Bestimmungen des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuchs (§§ 238 bis 335c HGB). 10.1.1 Buchführung Nach der für alle Kaufleute und damit auch für die Aktiengesellschaft geltenden Vorschrift des § 238 HGB besteht Buchführungspflicht. Die Zuständigkeit dafür innerhalb der Gesellschaft liegt beim Vorstand, der verpflichtet ist dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden (§ 91 AktG). 10.1.2 Jahresabschluss Aufstellungspflicht Der Vorstand der Aktiengesellschaft hat den Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang, aufzustellen (§ 264 Abs. 1 HGB). Bei einer kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft (§ 264d HGB) ist der Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern, die mit der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang eine Einheit bilden. In der Bilanz werden das Vermögen und die Schulden dargestellt, in der Gewinn- und Verlustrechnung die Aufwendungen und Erträge (§ 242 HGB). Im Anhang werden Angaben zu einzelnen Abschlussposten gemacht, ferner insbesondere zu den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat, den Bezügen des Vorstands und zu etwaige Beteiligungen, wobei für kleinere Gesellschaften eine Reihe von größenabhängigen Erleichterungen gilt (§§ 284 bis 288 AktG). Die Aufstellung des Jahresabschlusses wird mittelbar dadurch erzwungen, dass das Bundesamt für Justiz den Vorstand zur Be‐ folgung der Pflicht zur Offenlegung von Jahresabschluss und Lagebericht gegebenenfalls durch die Festsetzung von Ordnungsgeld anhalten kann (s. dazu Abschn.-10.4). Aufstellungsfrist Die Aufstellung muss innerhalb von drei Monaten nach Ende des Geschäfts‐ jahres erfolgen; ist die Aktiengesellschaft eine kleine Kapitalgesellschaft, so verlängert sich die Aufstellungsfrist bis auf sechs Monate, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht (§ 264 Abs. 1 HGB). Die Aufstellung des Jahresabschlusses, die dem Vorstand insgesamt und nicht nur einzelnen Mitgliedern obliegt, ist erfolgt, wenn der Vorstand das gesamte Zahlen- und Erläuterungswerk unterschriftsreif erstellt hat. 222 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung Gesetzliche Vorgaben für die Aufstellung Der Jahresabschluss hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft („true and fair view“) zu vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB). Diese Generalklausel wird durch die detaillierten Einzelregelungen der §§ 242 ff. und 265 ff. HGB und die speziellen Vorschriften für Aktiengesellschaften (§§ 152, 158, 160 AktG) ergänzt. Den Aktiengesellschaften, die kleine Kapitalgesellschaften sind, stehen Erleichterungen bei der Aufstellung der Bilanz, der Gewinn- und Verlust‐ rechnung und des Anhangs sowie der Offenlegung dieser Unterlagen zu; einige diese Erleichterungen gelten auch für die mittelgroße Kapitalgesell‐ schaft. Noch weiter gehende Erleichterungen können von Kleinstkapitalge‐ sellschaften in Anspruch genommen werden (§ 267a HGB). Größenklassen Eine Aktiengesellschaft ist eine kleine Kapitalgesellschaft, wenn zwei der nachstehenden Größenmerkmale des § 267 Abs. 1 HGB nicht überschritten sind: Bilanzsumme: 6.000.000 Euro Umsatzerlöse: 12.000.000 Euro Arbeitnehmer: 50 Als mittelgroße Kapitalgesellschaft wird eine Aktiengesellschaft eingestuft, wenn sie mindestens zwei der drei vorgenannten Merkmale überschreitet und jeweils mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht über‐ schreitet (§-267 Abs. 2 HGB): Bilanzsumme: 20.000.000 Euro Umsatzerlöse: 40.000.000 Euro Arbeitnehmer: 250 Bei Überschreitung von mindestens zwei der drei vorgenannten Merkmale ist die Aktiengesellschaft eine große Kapitalgesellschaft. Eine Aktiengesellschaft ist eine Kleinstkapitalgesellschaft, wenn mindes‐ tens zwei der drei nachstehenden Merkmale des § 267a HGB nicht über‐ schritten sind: 10.1 Rechnungslegung 223 Bilanzsumme: 350.000 Euro Umsatzerlöse: 700.000 Euro Arbeitnehmer: 10 Die Rechtsfolgen der Merkmale treten nur ein, wenn sie an den Abschluss‐ stichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren über- oder un‐ terschritten werden, im Falle der Umwandlung oder Neugründung schon am ersten Umwandlungsstichtag danach (§ 267 Abs. 4 HGB). Gesetzliche Rücklage, andere Gewinnrücklagen Bei Aufstellung des Jahresabschlusses hat der Vorstand die gesetzliche Rücklage zu dotieren (§ 150 AktG). Es handelt sich dabei um eine Gewinn‐ rücklage, in die 5 % des Jahresüberschusses jährlich einzustellen sind, bis die gesetzliche Rücklage und etwa vorhandene Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB zusammen 10 % des Grundkapitals erreichen. Darüber hinaus kann der Vorstand einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in andere Gewinnrücklagen einstellen. Die Satzung der Aktiengesellschaft kann anordnen, dass der Vorstand auch mehr als die Hälfte des Jahresüberschusses in die freie Gewinnrücklage einstellen darf (§ 58 AktG). In Höhe dieser Einstellung mindert sich der für Gewinnausschüttungen an die Aktionäre verfügbare Betrag und erhöht sich die Liquidität der Gesellschaft. Die Befugnis zur Einstellung in die freie Ge‐ winnrücklage endet, soweit dadurch diese Rücklage auf mehr als die Hälfte des Grundkapitals anwachsen würde. Die Satzung kann dem Vorstand die Befugnis zur Einstellung in andere Gewinnrücklagen auch teilweise oder gänzlich entziehen und somit im letzteren Fall die Entscheidung über die Rücklagendotierung ausschließlich der Hauptversammlung vorbehalten. Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses Der festgestellte Jahresabschluss kann bei Vorliegen bestimmter Gründe nichtig sein; s. dazu Abschn. 10.5.1. Rechnungslegung in der Krise des Unternehmens Zu der Erfüllung der Buchführungspflicht und zur Bilanzierung in der Krise s.-Abschn. 5.5.5.4. 224 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung Straf- und Bußgeldvorschriften Werden die Verhältnisse der Gesellschaft im Jahresabschluss oder im La‐ gebericht unrichtig wiedergegeben oder verschleiert, so stellt dies eine strafbare Handlung nach § 331 Nr. 1 HGB dar. Zuwiderhandlungen ge‐ gen bestimmte Rechnungslegungsvorschriften können die Festsetzung von Geldbußen von bis zu 50.000 Euro durch das Bundesamt für Justiz nach sich ziehen (§ 334 HGB). 10.1.3 Lagebericht Der Vorstand hat neben dem Jahresabschluss einen Lagebericht vorzulegen, sofern es sich bei der Aktiengesellschaft nicht um eine kleine Kapitalgesell‐ schaft handelt. Im dem Lagebericht (§ 289 HGB) sind der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Ferner ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwick‐ lung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern, wobei zugrundeliegende Annahmen anzugeben sind. Zahlreiche weitere Angaben sind im Lagebericht zu machen, wenn die Gesellschaft börsennotiert oder kapitalmarktorientiert ist, s. §§ 289 bis 289 f HGB. 10.1.4 Einzelabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards Die Gesellschaft kann, wenn sie eine mittelgroße oder große Kapitalgesell‐ schaft ist, auch einen Einzelabschluss nach den in § 315e Abs. 1 HGB bezeichneten internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS/ IFRS) auf‐ stellen (vgl. § 325 Abs. 2a HGB). Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses nach HGB bleibt dadurch unberührt, somit stehen zwei Abschlüsse nebeneinander. Das kann sinnvoll sein bei Unternehmen, die an die Börse gehen wollen und dann ohnehin einen Konzernabschluss nach IAS/ IFRS erstellen müssen, ferner wenn die Anbahnung von Geschäften mit ausländischen Unternehmen beabsichtigt ist. Der Einzelabschluss erlangt rechtliche Bedeutung bei der Erfüllung der Offenlegungspflicht (s. dazu Abschn. 10.4). 10.1 Rechnungslegung 225 10.1.5 Konzernabschluss und Konzernlagebericht Für eine inländische Kapitalgesellschaft (Mutterunternehmen), die auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschen Einfluss ausüben kann, haben die gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens einen Konzernabschluss und einen Konzernlage‐ bericht aufzustellen (§ 290 AktG); gerade bei mittelständischen Unterneh‐ men kommen größenabhängige Befreiungen in Betracht. Der Konzernab‐ schluss und der Konzernlagebericht sind zu prüfen und offenzulegen. Eine eingehende Darstellung der Rechnungslegung im Konzern findet sich in Abschn. 14.6. 10.1.6 Prüfung Bei einer Aktiengesellschaft wird die Rechnungslegung sowohl vom Auf‐ sichtsrat als auch vom Abschlussprüfer geprüft. Ist die Aktiengesellschaft eine kleine Kapitalgesellschaft, so besteht keine Pflicht zur Prüfung durch einen Abschlussprüfer; in diesem Fall wird die Rechnungslegung ausschließ‐ lich vom Aufsichtsrat geprüft. - 10.1.6.1 Prüfung durch den Aufsichtsrat Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat zu Händen des Aufsichtsratsvorsitzen‐ den den Jahresabschluss und ggf. den Lagebericht unverzüglich nach ihrer Aufstellung zusammen mit dem Gewinnverwendungsvorschlag vorzulegen; das gilt entsprechend für einen Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a HGB sowie bei Mutterunternehmen für den Konzernabschluss und den Kon‐ zernlagebericht (§ 170 AktG). Ist die Aktiengesellschaft als mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft prüfungspflichtig, so hat der Vorstand die Abschlüsse und Lageberichte gleichzeitig dem Abschlussprüfer vorzulegen (§ 320 Abs. 1 HGB); bevor dieser seine Prüfung nicht beendet hat, kann die Prüfung der Unterlagen durch den Aufsichtsrat nicht abgeschlossen werden. Der Aufsichtsrat prüft den Jahresabschluss, den Gewinnverwendungsvor‐ schlag und ggf. die weiteren vorzulegenden Unterlagen; bei Pflicht zur Abschluss‐ prüfung hat der Abschlussprüfer an den Verhandlungen des Aufsichtsrats über diese Unterlagen (Bilanzsitzung) bzw. an der Sitzung des mit der Prüfung betrauten Ausschusses teilzunehmen und dort über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung zu berichten (§ 171 Abs. 1 AktG). Unterliegt die Gesellschaft nicht 226 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung der Pflicht zur Abschlussprüfung, kommt der Prüfung durch den Aufsichtsrat zwangsläufig eine erhöhte Bedeutung zu. Der Aufsichtsrat erstellt über seine Prüfung einen schriftlichen Bericht an die Hauptversammlung. In dem Bericht hat der Aufsichtsrat auch mit‐ zuteilen, in welcher Art und in welchem Umfang er die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahrs geprüft hat. Ferner hat er gegebenenfalls zu dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer Stellung zu nehmen. Der Bericht des Aufsichtsrats schließt mit seiner Erklärung, ob nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind und ob er den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss und einen etwaigen Konzernabschluss billigt. Der Aufsichtsrat muss seinen Bericht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die zu prüfenden Unterlagen zugegangen sind, dem Vorstand zulei‐ ten. Wird dem Vorstand der Bericht des Aufsichtsrats nicht fristgerecht zugeleitet, so setzt er dem Aufsichtsrat eine Nachfrist von nicht mehr als einem Monat. Wird der Bericht auch dann nicht vorgelegt, so gelten der Jahresabschluss und ggf. der Konzernabschluss als vom Aufsichtsrat nicht gebilligt (§ 171 Abs. 3 AktG) mit der Folge, dass ausnahmsweise die Hauptversammlung die Kompetenz zur Feststellung des Jahresabschlusses und zur Billigung des Konzernabschlusses erlangt (§-173 Abs. 1 AktG). Der Vorstand beruft, sobald ihm der Bericht des Aufsichtsrats zugelei‐ tet worden ist, unverzüglich die ordentliche Hauptversammlung ein (§ 175 Abs. 1 AktG). Der Bericht des Aufsichtsrats und der Gewinnverwen‐ dungsvorschlag sind ebenso wie der Jahresabschluss nebst Lagebericht und ggf. Einzelabschluss, Konzernabschluss und -lagebericht ab Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen der Aktien‐ gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegen, und jedem Aktionär ist auf Verlangen unverzüglich eine Abschrift der Vorlagen zu erteilen (§ 175 Abs. 2 AktG). Die Verpflichtung zur Auslegung und zur Erteilung von Abschriften entfällt, wenn diese Unterlagen über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind. Die Prüfung des Jahresabschlusses und der anderen Unterlagen durch den Aufsichtsrat ergänzt die Überwachung der Geschäftsführung, und deshalb hat jedes Aufsichtsratsmitglied das Recht, von den Vorlagen Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus kann jedes Aufsichtsratsmitglied die Übermittlung dieser Unterlagen und des Berichts des Abschlussprüfers verlangen, sofern der Aufsichtsrat nicht beschließt, dass diese Unterlagen nur den Mitgliedern 10.1 Rechnungslegung 227 eines Ausschusses, z. B. des Finanzausschusses, zuzuleiten sind (§ 170 Abs. 3 AktG). - 10.1.6.2 Prüfung durch den Abschlussprüfer Jahresabschluss und Lagebericht mittelgroßer und großer Kapitalgesell‐ schaften sind durch einen Abschlussprüfer zu prüfen; hat keine Prüfung stattgefunden, so kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden (§ 316 HGB). Abschlussprüfer kann bei der Aktiengesellschaft nur ein Wirtschafts‐ prüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein; Abschlussprüfer darf nicht sein, wer einem der gesetzlichen Ausschlussgründe unterliegt, etwa weil er an der Aufstellung des zu prüfenden Abschlusses mitgewirkt hat (§ 319 HGB). Zur Wahl des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung s. Abschn. 7.1.1 und zu seiner Beauftragung durch den Aufsichtsrat s. Abschn. 6.3.2. 3. Vorlagepflicht des Vorstands (§ 320 HGB) Der Vorstand einer prüfungspflichtigen Gesellschaft muss dem Abschluss‐ prüfer den Jahresabschluss und den Lagebericht unverzüglich nach der Aufstellung vorlegen, ferner gegebenenfalls den Konzernabschluss nebst Konzernlagebericht. Der Abschlussprüfer kann vom Vorstand alle für die sorgfältige Prüfung notwendigen Auskünfte und Unterlagen verlangen. Prüfungsumfang (§ 317 HGB) Die Prüfung des Jahresabschlusses und der dabei einzubeziehenden Buch‐ führung sowie des Konzernabschlusses hat sich darauf zu erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften und sie ergänzende Bestimmungen der Satzung beachtet worden sind. Die Prüfung ist dabei so anzulegen, dass Unrichtig‐ keiten und Verstöße, die sich auf die Darstellung des Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wesentlich auswirken, bei ge‐ wissenhafter Berufsausübung erkannt werden. Prüfungsbericht (§ 321 HGB) Der Abschlussprüfer erstellt einen Prüfungsbericht, in dem er über Art und Umfang sowie über das Ergebnis der Prüfung schriftlich und mit der gebotenen Klarheit berichtet. 228 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung In dem Bericht hat der Prüfer vorweg zu der Beurteilung der Lage des Unternehmens durch den Vorstand Stellung zu nehmen, insbesondere zu der Beurteilung des Fortbestandes und der künftigen Entwicklung des Unternehmens. Außerdem hat er über Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften sowie Tatsachen zu berichten, die den Bestand des geprüften Unternehmens gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder die schwerwiegende Rechtsverstöße erkennen lassen. Im Hauptteil des Prüfungsberichts ist festzustellen, ob die Buchführung und die weiteren geprüften Unterlagen, der Jahresabschluss und der Lagebe‐ richt den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen der Satzung entsprechen, und ob der Abschluss insgesamt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entspre‐ chendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt. Sind seitens des Prüfers keine Einwendungen gegen Jahresab‐ schluss und Lagebericht zu erheben, so schließt er den Prüfungsbericht mit dem Bestätigungsvermerk zum Jahresabschluss ab. Der Abschlussprüfer leitet den Prüfungsbericht nach Durchführung der Prüfung dem Aufsichtsrat zu, ferner unverzüglich dem Vorstand mit Ge‐ legenheit zur Stellungnahme. Wird die Gesellschaft insolvent, so haben Gläubiger und Aktionäre bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 321a HGB das Recht, den Prüfungsbericht einzusehen. Bestätigungsvermerk (§ 322 HGB) Der Bestätigungsvermerk fasst das Ergebnis der Prüfung zusammen und enthält neben einer Beschreibung von Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung sowie der Angabe der angewandten Rechnungslegungs- und Prü‐ fungsgrundsätze auch eine Beurteilung des Prüfungsergebnisses. Der Prüfer hat dabei ausdrücklich zu erklären, dass die von ihm durchgeführte Prüfung zu keinen Einwendungen geführt hat und dass der vom Vorstand aufgestellte Jahresabschluss aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse nach seiner Beurteilung unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt. Auf Risiken, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden, ist gesondert einzugehen, ferner auch darauf, ob der Lagebericht eine zutreffende Vor‐ 10.1 Rechnungslegung 229 stellung von der Lage des Unternehmens vermittelt, und ob die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind. Sind Einwendungen zu erheben, so hat der Abschlussprüfer den Bestätigungs‐ vermerk einzuschränken oder zu versagen. 10.2 Feststellung des Jahresabschlusses Die Feststellung des Jahresabschlusses geschieht - regelmäßig durch ausdrückliche Billigung seitens des Aufsichtsrats, - ausnahmsweise durch Beschluss der Hauptversammlung. Für den Konzernabschluss gilt, dass die Hauptversammlung über die Bil‐ ligung entscheidet, wenn der Aufsichtsrat des Mutterunternehmens den Konzernabschluss nicht gebilligt hat (§ 173 Abs. 1 S.-2 AktG). 10.2.1 Feststellung durch den Aufsichtsrat Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, so ist dieser festgestellt (§ 172 AktG). Die Feststellung ist ein rechtsgeschäftlicher Vorgang, durch den der Jahresabschluss rechtlich wirksam und für die Organe, die Aktionäre und Dritte rechtsverbindlich wird; das betrifft vor allem die Positionen des Jahresabschlusses, bei denen der Vorstand eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wozu die Ausübung von Wahlrechten bei Ansatz und Bewertung von Bilanzposten sowie die Einstellung in die freien Gewinnrücklagen gehören. Die Feststellung des Jahresabschlusses, der einen Bilanzgewinn ausweist, ist Voraussetzung für einen Gewinnverwendungsbeschluss, der wiederum die Rechtsgrundlage für Dividendenzahlungen darstellt. Mit der Feststellung wird zugleich auch die Grundlage für die Fortführung der Rechnungsle‐ gung im folgenden Geschäftsjahr durch Übernahme der Bilanzansätze als Saldovorträge geschaffen. Ist die Aktiengesellschaft prüfungspflichtig, so kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden, wenn keine Prüfung stattgefunden hat, wohingegen die Versagung des Bestätigungsvermerks nach durchgeführter Prüfung der Feststellung nicht entgegensteht. 230 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung 10.2.2 Feststellung durch die Hauptversammlung Zur Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung kommt es ausnahmsweise dann, wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht fristgerecht billigt, oder wenn Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen. Die Hauptversammlung hat in diesem Fall dieselben Kompetenzen, die dem Vorstand bei der Aufstellung zustehen (§ 173 AktG). Sie kann deshalb von dem vorgelegten Jahresabschluss abweichen, sie ist an die Festlegungen des Vorstands nicht gebunden und kann im Rahmen der Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs die Spielräume bei dem Ansatz und der Bewertung von Posten nach eigenem Ermessen ausnutzen. Bei der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung dürfen Einstellungen in die Rücklagen nur insoweit vorgenommen werden, als dies durch Gesetz oder Satzung vorgeschrieben ist. Solche gesetzlich vorgeschriebenen Gewinnrücklagen sind die dem Auffangen von Verlusten dienende gesetzliche Rücklage nach § 150 AktG in Höhe von bis zu 10 % des Grundkapitals und die nach § 272 Abs. 4 HGB zu bildende Rücklage bei Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft. Eine durch Satzung vorgeschriebene Gewinnrücklage ist die Rücklage nach § 58 Abs. 1 AktG. Diese Vorschrift erlaubt es der Aktiengesellschaft gerade für den Fall, dass die Feststellung des Jahresabschlusses bei der Hauptversammlung liegt, durch eine entsprechende Satzungsvorschrift die Zuführung zu einer Gewinnrücklage zwingend anzuordnen. Die Feststellung des Jahresabschlusses beschließt die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit. Wurde der Jahresabschluss dabei geändert und besteht Prüfungspflicht, so ist erneut zu prüfen. Die von der Hauptversamm‐ lung gefaßte Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnverwendung werden nichtig, wenn nicht binnen zwei Wochen seit der Beschlußfassung ein hinsichtlich der Änderungen uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird (§ 173 Abs. 3 AktG). 10.3 Beschlussfassung über die Gewinnverwendung Der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung geht die Feststellung des Jahresabschlusses, sei es durch den Aufsichtsrat oder durch die Haupt‐ versammlung, voraus. Weist der festgestellte Jahresabschluss einen Bilanz‐ 10.3 Beschlussfassung über die Gewinnverwendung 231 gewinn aus, so lässt dies noch keinen Zahlungsanspruch der Aktionäre auf Ausschüttung entstehen, weil dieser der Höhe nach noch nicht bezifferbar ist, dazu bedarf es eines Gewinnverwendungsbeschlusses. Die Verwendung des Bilanzgewinns ist ausschließlich Sache der Hauptversammlung (§§ 174, 175 AktG). Die Aktionäre haben einen gerichtlich einklagbaren Anspruch auf Her‐ beiführung eines Hauptversammlungsbeschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 58 Abs. 4 AktG). Der Vorstand hat die Beschlussfassung dadurch vorzubereiten, dass er der Hauptversammlung den Jahresabschluss, den Lagebericht, den Bericht des Aufsichtsrats und den Vorschlag des Vorstands für die Verwendung des Bilanzgewinns vorlegt. Der Gewinnver‐ wendungsbeschluss hat den Bilanzgewinn zum Gegenstand, der wie folgt aus dem Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag entwickelt wird (§ 158 AktG): Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag +/ - Gewinnvortrag/ Verlustvortrag + Entnahmen aus Rücklagen - Einstellungen in Gewinnrücklagen = Bilanzgewinn/ Bilanzverlust Die vom Vorstand vorgenommenen Einstellungen in die Rücklagen (§ 58 Abs. 1, 2, 2a AktG) sind also bereits abgezogen und vermindern den zur Disposition der Hauptversammlung stehenden Betrag. Die Hauptversammlung beschließt über die Verwendung des Bilanzge‐ winns auf der Grundlage des festgestellten Jahresabschlusses. Der von dem Vorstand vorgelegte Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns bindet die Hauptversammlung nicht, sie ist frei bei ihrer Entscheidung und kann den Bilanzgewinn teilweise oder vollständig ausschütten oder ihn auch gänzlich auf neue Rechnung vortragen (Gewinnvortrag) oder in die Gewinnrücklagen einstellen. In dem Gewinnverwendungsbeschluss ist die Verwendung des Bilanzge‐ winns im Einzelnen darzulegen, namentlich sind nach § 174 Abs. 2 AktG anzugeben - der Bilanzgewinn, - der an die Aktionäre auszuschüttende Betrag oder Sachwert, - die in Gewinnrücklagen einzustellenden Beträge, - ein Gewinnvortrag, - der zusätzliche Aufwand aufgrund des Beschlusses. 232 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung Weicht der Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung vom Vorschlag der Verwaltung ab, so hat das Auswirkungen auf die Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung. Einer Änderung des Jahresabschlusses bedarf es aber nicht (§ 174 Abs. 3 AktG), sie wird erst bei dem Abschluss des nächsten Jahres berücksichtigt. Mit der Beschlussfassung entsteht ein klagbarer Anspruch der Aktionäre gegen die Gesellschaft auf Zahlung der ihnen jeweils zustehenden Dividende. Die Satzung kann den Vorstand ermächtigen, nach Ablauf des Geschäfts‐ jahrs auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn einen Abschlag an die Aktio‐ näre zu zahlen (§ 59 AktG); ist ein Abschlag gezahlt worden, so entscheidet die Hauptversammlung nur noch über die Verwendung des Restbetrags. Der Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns kann nach den allgemeinen aktienrechtlichen Vorschriften fehlerhaft sein; zur Nichtig‐ keit bzw. Anfechtbarkeit eines Gewinnverwendungsbeschlusses s. Abschn. 10.5.3. 10.4 Offenlegung Die Vorschriften zur Offenlegung des Jahresabschlusses und weiterer Unter‐ lagen finden sich in §§ 325 bis 329 HGB. Der Umfang der Publizitätspflichten hängt davon ab, in welche Größenklasse die Gesellschaft einzuordnen ist. Die Offenlegung geschieht in der Weise, dass der Vorstand den Jahres‐ abschluss unverzüglich nach der Hauptversammlung, jedoch spätestens vor Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag nachfolgenden Geschäftsjahres, mit dem Bestätigungsvermerk oder dem Vermerk über dessen Versagung der das Unternehmensregister führenden Stelle elektro‐ nisch zur Einstellung in das Unternehmensregister übermittelt, außerdem den Lagebericht, den Bericht des Aufsichtsrats, den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht, und ferner, soweit sich dies aus dem eingereich‐ ten Jahresabschluss nicht ergibt, den Vorschlag für die Verwendung des Ergebnisses und den Beschluss über seine Verwendung unter Angabe des Jahresüberschusses (§ 325 Abs. 1 HGB). Die Unterlagen sind über die Internetseite www.unternehmensregister.de für jedermann einsehbar. Ist die Gesellschaft eine mittelgroße Kapitalgesellschaft, so kann sie eine verkürzte Bilanz und einen verkürzten Anhang übermitteln (§ 327 HGB). Für kleine Kapitalgesellschaften gilt die weitergehende Erleichterung, dass nur die Bilanz und der Anhang, nicht aber die Gewinn- und Verlust‐ 10.4 Offenlegung 233 rechnung, zu übermitteln sind, wobei der Anhang die die Gewinn- und Verlustrechnung betreffenden Angaben nicht zu enthalten braucht (§ 326 Abs. 1 HGB). Eine Kleinstkapitalgesellschaft kann die Pflicht zur Offenlegung auch dadurch erfüllen, dass sie die Bilanz in elektronischer Form der das Un‐ ternehmensregister führenden Stelle übermittelt und ihr den Auftrag zur Einstellung in das Unternehmensregister durch dauerhafte Hinterlegung erteilt (§ 326 Abs. 2 HGB). Hat eine mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft einen Einzelab‐ schluss nach internationalen Rechnungsstandards aufgestellt, so kann dieser bei der Offenlegung an die Stelle des Jahresabschlusses treten (§ 325 Abs. 2a HGB). Die das Unternehmensregister führende Stelle hat zu prüfen, ob die erforderlichen Unterlagen fristgemäß und vollzählig eingereicht worden sind (§ 329 HGB). Gibt die Prüfung Anlass zu der Annahme, dass Erleich‐ terungen nicht hätten in Anspruch genommen werden dürfen, kann sie von der Gesellschaft weitere Angaben verlangen. Sind die Unterlagen nicht oder nicht vollständig eingereicht worden, wird das Bundesamt für Justiz unterrichtet. Das Bundesamt ist befugt, den Vorstand durch Festsetzung von Ord‐ nungsgeld zur Befolgung der Offenlegungspflicht anzuhalten. Das Ord‐ nungsgeld beträgt mindestens 2.500 und höchstens 25.000 Euro und kann mehrfach festgesetzt werden (§-335 HGB). 10.5 Fehlerhaftigkeit von Jahresabschluss und Gewinnverwendung Das Aktiengesetz trifft besondere Regelungen für die Fehlerhaftigkeit von Jahresabschlüssen und von Gewinnverwendungsbeschlüssen, wobei wie‐ derum zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit unterschieden wird. 10.5.1 Fehlerhafter Jahresabschluss Der vom Aufsichtsrat bzw. von der Hauptversammlung festgestellte Jahres‐ abschluss ist nichtig, wenn einer der in § 256 AktG abschließend aufgezähl‐ ten Nichtigkeitsgründe besteht, insbesondere wenn gläubigerschützende Vorschriften verletzt sind. 234 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung Die Nichtigkeit kann nach Ablauf von sechs Monaten bzw. bei bestimmten gravierenden Sachverhalten von drei Jahren seit der Bekanntmachung im Unternehmensregister nicht mehr geltend gemacht werden, d. h. es tritt Heilung des Jahresabschlusses ein (§ 256 Abs. 6 AktG); mit Heilung wird der Jahresabschluss gültig. Der Eintritt der Heilung und damit die Unabänderbarkeit kann nur durch Klageerhebung abgewandt werden. 10.5.2 Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung Die Unterbewertung von Posten führt zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses, wenn infolge der Unterbewertung die Vermögens- und Ertragslage vorsätz‐ lich unrichtig wiedergegeben oder verschleiert wird. Unterbewertet sind Aktivposten, wenn sie mit einem niedrigeren Wert, Passivposten, wenn sie mit einem höheren Betrag angesetzt sind als nach den Rechnungslegungs‐ vorschriften des Handelsgesetzbuchs zulässig ist (§ 256 Abs. 5 AktG). Ob eine Unterbewertung besteht oder nicht, weiß nur der Vorstand, der den Jahresabschluss aufstellt. Die Unterbewertung bliebe unentdeckt und folgenlos, wenn den Aktionären nicht durch § 258 AktG eine Handhabe zur Aufklärung des Sachverhalts zur Verfügung stünde. Danach können Aktio‐ näre den Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern beim Registergericht stellen. Stellt der gerichtlich bestellte Sonderprüfer eine nicht unwesentliche Unterbewertung fest, so gibt er die Beträge an und stellt die Auswirkungen auf den Jahresüberschuss dar. Sofern gegen die abschließenden Feststel‐ lungen des Sonderprüfers eine gerichtliche Entscheidung nicht eingeholt wird oder sie gerichtlich bestätigt werden, ist der nächste Jahresabschluss entsprechend den Feststellungen des Sonderprüfers aufzustellen und dabei die Position „Ertrag aufgrund höherer Bewertung gemäß dem Ergebnis der Sonderprüfung“ gesondert auszuweisen. Die Hauptversammlung kann diesen zusätzlichen Ertrag ausschütten oder thesaurieren (§ 261 AktG). 10.5.3 Fehlerhaftigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses Es geht hier um die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns, wenn ausnahmsweise nicht der Aufsichts‐ rat (s. Ziff. 10.2.1), sondern die Hauptversammlung über die Verwendung des Gewinns, der nach erfolgter Feststellung des Jahresabschlusses für die Aktionäre noch zur Disposition steht, entscheidet (§§ 174, 58 AktG). Zur Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen s. Abschn. 7.7. 10.5 Fehlerhaftigkeit von Jahresabschluss und Gewinnverwendung 235 Der Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung ist nichtig, wenn einer der allgemeinen Nichtigkeitsgründe des § 241 AktG vorliegt, nach denen jedweder Hauptversammlungsbeschluss nichtig ist. Nach § 253 Abs. 1 S. 1 AktG ist ein Gewinnverwendungsbeschluss außerdem dann nichtig, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses, auf dem der Beschluss beruht, nichtig ist (dazu Abschn. 10.5.1). Sofern die Nichtigkeit des Jahresabschlusses geheilt wird, nimmt der Gewinnverwendungsbeschluss an der Heilung teil. Der Gewinnverwendungsbeschluss ist anfechtbar insbesondere dann, wenn die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn übermäßig in die Gewinnrücklagen einstellt oder ihn als Gewinnvortrag einbehält. Das ist der Fall, wenn die Einstellung oder der Gewinnvortrag bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft für einen hinsichtlich der wirtschaft‐ lichen und finanziellen Notwendigkeit übersehbaren Zeitraum zu sichern und dadurch unter die Aktionäre kein Gewinn in Höhe von mindestens vier vom Hundert des Grundkapitals abzüglich von noch nicht eingeforderten Einlagen verteilt werden kann (§-254 AktG). 236 10 Rechnungslegung, Gewinnverwendung 11 Die Finanzierung der Gesellschaft 11.1 Überblick Das Aktiengesetz schreibt vor, dass in der Satzung die Höhe des von den Aktionären zu deckenden Grundkapitals festgelegt wird, und trifft Bestim‐ mungen zur Kapitalaufbringung nach Gründung und Kapitalerhöhung so‐ wie zur Kapitalerhaltung. Betriebswirtschaftlich gilt, dass das Verfolgen der Geschäftstätigkeit gemäß dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand Finanzierungsbedarf auslöst. Ist bei der Gründung das durch Gesetz und Satzung bestimmte Grundkapital erst einmal erbracht, stellt die Erhöhung des Grundkapitals nur eine von mehreren Finanzierungsformen dar. Zu unterscheiden ist zwischen Innenfinanzierung und Außenfinanzie‐ rung. Kennzeichnendes Merkmal der Innenfinanzierung ist die Herkunft der Mittel aus dem Unternehmen. Zur Innenfinanzierung, die hier nicht weiter dargestellt wird, gehört die Bildung von Rückstellungen (Fremdfi‐ nanzierung) und die Thesaurierung erzielter Gewinne (Eigenfinanzierung). Bei der Außenfinanzierung werden der Gesellschaft Mittel von außen zuge‐ führt. Die Außenfinanzierung erfolgt durch Zuführung von Eigenkapital (Beteiligungsfinanzierung) oder von Fremdkapital (Kreditfinanzierung). Die Zuführung von Eigenkapital umfasst insbesondere - die Leistung der Einlagen auf die bei der Gründung oder einer Kapital‐ erhöhung übernommenen Aktien, - die Zahlung eines Aufgelds bei der Ausgabe von Aktien, - Zuzahlungen von Aktionären in das Eigenkapital, die nicht zur Erhö‐ hung des Grundkapitals, sondern zur Verstärkung der Kapitalrücklage dienen, - Ausgleich eines Jahresfehlbetrags durch die Konzernobergesellschaft (§§-302 AktG, 277 Abs. 3 S.-2 HGB). Das Fremdkapital stellt den Teil der Unternehmensfinanzierung dar, der nicht von der Gesellschaft selbst erwirtschaftet oder von ihren Aktionären im Wege der Eigenkapitalzuführung zur Verfügung gestellt worden ist. Die bilanzielle Darstellung des Fremdkapitals erfolgt mit den Bilanzposten Rückstellungen und Verbindlichkeiten (§ 266 Abs. 3 HGB). Die Unterscheidung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ist aller‐ dings nicht immer eindeutig; das zeigt sich, wenn es um die Rechtsfolgen der Zuführung von eigenkapitalähnlichen Mitteln geht, sog. Mezzanine-Finan‐ zierung. Das betrifft zum einen die Überlassung von Fremdkapital seitens eines Aktionärs, zum anderen die Überlassung von Fremdkapital durch Außenstehende, sofern die Vertragsbedingungen in einer Weise ausgestaltet sind, dass sich die rechtliche Position des Kapitalgebers der eines Aktionärs annähert. Nachstehend werden die gesetzlichen Bestimmungen, die an die einzel‐ nen Finanzierungsarten anknüpfen, betrachtet. 11.2 Aufbringung des Grundkapitals Die Aufbringung des Grundkapitals bei Gründung und Kapitalerhöhung wird gesichert durch die in Kap. 2 umfassend dargestellten rechtlichen Vorgaben, insbesondere die gesetzlichen Bestimmungen zur Leistung der Bar- und Sacheinlagen, zur Gründungsprüfung, zur gerichtlichen Prüfung, zur Gründerhaftung und zur Nachgründung. 11.3 Erhaltung des Grundkapitals Das von den Aktionären aufgebrachte Grundkapital dient der Sicherung der Gläubiger und ist deshalb vor einer Verringerung durch Leistungen an Aktionäre zu schützen. Verbot der Einlagenrückgewähr Zentrale Kapitalerhaltungsvorschrift ist § 57 AktG, wonach den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden dürfen und Leistungen der Ge‐ sellschaft an Aktionäre verboten sind, wenn sie nicht aus dem Bilanzgewinn erfolgen oder sonst ausnahmsweise zugelassen sind. Die Vorschrift geht über die Kapitalerhaltung hinaus und bewirkt eine Vermögensbindung; ver‐ boten ist jede wertmäßige Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens. Es kommt nicht darauf an, ob die Leistung das zur Deckung des Grundkapitals erforderliche Vermögen angreift; verboten sind auch Leistungen, denen freie Rücklagen gegenüberstehen. Das ist deutlich strenger als bei der GmbH, 238 11 Die Finanzierung der Gesellschaft wo § 30 Abs. 1 GmbHG lediglich die Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft an Gesellschafter verbietet. Die Einlagenrückgewähr kann offen oder verdeckt erfolgen. Eine Einla‐ genrückgewähr geschieht selten in offener, häufiger in verdeckter Form. Zu denken ist an Leistungen der Gesellschaft an einen Aktionär ohne zureichende Gegenleistung´einerseits und an Leistungen des Aktionärs an die Gesellschaft gegen eine überhöhte Gegenleistung andererseits. Zumeist überschneiden sich diese Sachverhalte mit einer verdeckten Gewinnaus‐ schüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG. Das Verbot der Einlagenrückgewähr betrifft nicht normale Verkehrsge‐ schäfte, bei denen sich Leistung und Gegenleistung ausgewogen gegenüber‐ stehen, etwa bei dem Verkauf eines Fahrzeugs der Gesellschaft an einen Aktionär zum Verkehrswert. Als Einlagenrückgewähr gelten nicht (§ 57 Abs. 1 AktG): - der zulässige Erwerb eigener Aktien; - Leistungen der Gesellschaft bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags; Leistungen der Gesellschaft, die durch einen vollwertigen Gegenleis‐ tungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind; damit wird die Gewährung von Darlehen an Aktionäre zulässig, insbe‐ sondere auch in Gestalt des Cash-Pooling bei Konzernunternehmen; - die Rückgewähr eines Aktionärsdarlehens und Leistungen auf Forde‐ rungen, die einem Aktionärsdarlehen wirtschaftlich entsprechen; wird die Gesellschaft allerdings insolvent, kann der Insolvenzverwalter die Tilgung von Aktionärsdarlehen und vergleichbare Sachverhalten im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag insolvenzrechtlich anfechten. (§-135 InsO; s.-Abschn. 11.5). Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr regelt § 62 AktG: Der Aktionär hat der Gesellschaft die verbotenen Leistun‐ gen zurückzugewähren. Eine Ausfallhaftung der anderen Aktionäre besteht, anders als bei der GmbH (§ 31 Abs. 3 GmbHG), nicht. Der Anspruch der Gesellschaft verjährt in zehn Jahren seit dem Empfang der Leistung. 11.3 Erhaltung des Grundkapitals 239 Einziehung von Aktien Die Einziehung von Aktien im vereinfachten Einziehungsverfahren gegen Entgelt ist nur gestattet, wenn dessen Zahlung zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen zu diesem Zweck verwendbaren Gewinnrücklage erfolgt (§ 237 Abs. 3 AktG). Zahlungsverbot in der Krise Das ab Eintritt der Insolvenzreife geltende Zahlungsverbot (§ 15b InsO; s. Abschn. 5.5.5.3) soll Schmälerungen der (späteren) Insolvenzmasse ver‐ hindern. 11.4 Erwerb eigener Aktien Zu den Kapitalerhaltungsvorschriften gehören auch die Regelungen zum Erwerb eigener Aktien. Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft stellt wirtschaftlich eine Rückgewähr der Einlage an den veräußernden Aktionär dar, und das ist grundsätzlich verboten. Nach Maßgabe der Vor‐ schriften der §§ 71 ff. AktG ist der Erwerb eigener Aktien in beschränktem Umfang möglich, insoweit ist das Rückgewährverbot durchbrochen (§ 57 Abs. 1 AktG). Erwerbsverbot Als verbotener Erwerb gilt jedes Rechtsgeschäft, das die Gesellschaft auf Dauer oder vorübergehend zum Inhaber oder Mitinhaber der eigenen Aktie macht oder einen schuldrechtlichen Anspruch auf deren Übertragung schafft. Verboten ist auch, einem Dritten den Erwerb von Aktien der Gesellschaft zu finanzieren, über einen mittelbaren Stellvertreter oder eine Tochtergesellschaft eigene Aktien zu erwerben und eigene Aktien in Pfand zu nehmen. Ausnahmen vom Erwerbsverbot Der Erwerb eigener Aktien kommt in den in § 71 Abs. 1 AktG abschließend aufgeführten Fällen in Betracht, insbesondere wenn sie Arbeitnehmern angeboten werden sollen, wenn ausscheidende Aktionäre in bestimmten konzern- und umwandlungsrechtlichen Fällen abzufinden sind oder auf‐ 240 11 Die Finanzierung der Gesellschaft grund einer gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG beschlossenen, höchstens fünf Jahre geltenden Ermächtigung durch die Hauptversammlung. Umfang des Erwerbs eigener Aktien Grundsätzlich gilt, dass auf die erworbenen Aktien nicht mehr als 10-% des Grundkapitals entfallen dürfen. Dabei werden Aktien mitgezählt, welche die Gesellschaft bereits erworben hat und noch besitzt (§ 71 Abs. 2 AktG). Kapitalgrenze Der Erwerb eigener Aktien ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zu Zahlungen an die Aktionäre verwandt werden darf. Die Rücklage muss nicht tatsäch‐ lich gebildet werden, es soll aber sichergestellt sein, dass die mit dem Rückkauf wirtschaftlich einhergehende Ausschüttung nur zu Lasten des ausschüttungsfähigen Vermögens erfolgt. Bilanzielle Behandlung Der Nennbetrag oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert von erworbenen eigenen Aktien ist in der Vorspalte offen von dem Pos‐ ten „Gezeichnetes Kapital“ abzusetzen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert und den Anschaffungskosten der eigenen Aktien ist mit den frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen (§ 272 Abs.-1a HGB). Rechte aus eigenen Aktien Aus eigenen Aktien, aus den für Rechnung der Gesellschaft von Dritten gehaltenen und den von Tochtergesellschaften gehaltenen eigenen Aktien sowie aus in Pfand genommenen eigenen Aktien stehen der Gesellschaft keine Rechte zu, insbesondere nicht das Stimmrecht und das Bezugsrecht bei Ausgabe neuer Aktien. Davon abweichend nehmen eigene Aktien an der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln teil (§ 215 AktG). 11.4 Erwerb eigener Aktien 241 Veräußerungspflicht Hat die Gesellschaft eigene Aktien unter Verstoß gegen § 71 Abs. 1 oder 2 AktG erworben, so müssen sie innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb veräußert werden. Bei zulässigem Erwerb eigener Aktien muss der Teil der Aktien, der 10 % des Grundkapitals übersteigt, innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb der Aktien veräußert werden. Geschieht dies nicht, so sind sie nach § 237 AktG einzuziehen. 11.5 Gesellschafterdarlehen Die Aktionäre sind frei in ihrer Entscheidung, wie sie nach erfolgter Grün‐ dung die Finanzierung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft sicherstellen. In vielen Fällen reicht das bei der Gründung aufgebrachte Grundkapital nicht bzw. nicht auf Dauer aus. Meldet der Vorstand sodann Kapitalbedarf an, können die Aktionäre das Grundkapital erhöhen, sie können der Gesell‐ schaft aber auch Darlehen geben oder ihr Vermögensgegenstände, z. B. aktionärseigene Immobilien, zur Nutzung überlassen. Eine Alternative zur Gewährung eines Gesellschafterdarlehens ist die Abgabe einer Bürgschafts‐ erklärung oder die Leistung einer anderen Sicherheit durch einen Aktionär für einen von dritter Seite der Gesellschaft gewährten Kredit. Bei einer Krise der Gesellschaft und insbesondere im Falle einer Insolvenz werden die von Aktionären gewährten Darlehen und vergleichbare Sachverhalte rechtlich anders behandelt als Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit Dritten; nachstehend werden die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften dargestellt. Nachrang Die Tilgung des Darlehensanspruchs eines Aktionärs durch die Gesellschaft richtet sich nach den getroffenen Vereinbarungen, und insoweit wird der Aktionär wie ein fremder Gläubiger behandelt. In der Insolvenz wird der Aktionär allerdings zurückgesetzt: Er ist mit seiner Darlehensforderung nachrangiger Gläubiger, d. h. seine Forderung wird im Rang erst nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger bedient (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Unabhängig davon, dass die Nachrangigkeit von Gesellschafterfor‐ derungen im Insolvenzverfahren gesetzlich vorgeschrieben ist, muss für sie der Nachrang ausdrücklich vertraglich vereinbart werden, wenn sie bei 242 11 Die Finanzierung der Gesellschaft der Feststellungder Überschuldung unberücksichtigt bleiben sollen; zum Rangrücktritt s. Abschn. 5.5.5.2 „Überschuldung“. Insolvenzrechtliche Anfechtung Sofern die Darlehensforderung des Aktionärs im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder zu einem noch späteren Zeitpunkt von der Gesell‐ schaft befriedigt worden ist, kann der Insolvenzverwalter die Zahlung an den Aktionär anfechten und zurückfordern; der Darlehensforderung gleichgestellt sind Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, z. B. gestundete sonstige Forderungen eines Aktionärs etwa aus einem Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft oder aus der Vermietung eines Grundstücks an diese. Wird die Forderung des Aktionärs nicht befriedigt, stellt die Gesellschaft ihm aber aus ihrem Vermögen eine Sicherheit für seinen Rückzahlungsanspruch, so ist auch dies anfechtbar, und zwar über einen Zeitraum von zehn Jahren (§ 135 Abs. 1 InsO). Gesellschafterbesicherte Darlehen Der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens wirtschaftlich gleichwertig ist die Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft durch Dritte, sofern ein Aktionär dafür eine Sicherheit bestellt oder sich verbürgt hat. Bei Insol‐ venz der Gesellschaft kann der Gläubiger nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit oder des Bürgen ausgefallen ist (§ 44a InsO); der Gläubiger muss somit vorab die Sicherheit verwerten bzw. den bürgenden Aktionär in Anspruch nehmen. War die von dem Aktionär besicherte Darlehensforderung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder zu einem späteren Zeitpunkt von der Ge‐ sellschaft befriedigt worden, kann der Insolvenzverwalter dies anfechten mit der Folge, dass der besichernde Aktionär in Höhe der von der Gesellschaft an den Gläubiger geleisteten Zahlung der Insolvenzmasse Ersatz zu leisten hat. Das gilt entsprechend, wenn es sich zwar nicht um eine Darlehensforderung, sondern um eine Forderung handelte, die einem Darlehen wirtschaftlich entspricht (§§ 135 Abs. 2, 143 Abs.-3 InsO). 11.5 Gesellschafterdarlehen 243 Überlassungspflicht Ein Aktionär kann der Gesellschaft ein Darlehen geben, damit diese sich einen bestimmten Gegenstand anschafft, den sie für die Geschäftstätigkeit benötigt. In Betracht kommt aber auch die Gestaltung, dass ein Aktionär den betreffenden Gegenstand selbst anschafft und ihn der Gesellschaft im Wege der Vermietung zur Nutzung überlässt, z. B. eine Immobilie. Hat ein Aktionär der Gesellschaft einen Gegenstand zum Gebrauch überlassen, kann er nach Eröffnung des Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft seinen Anspruch auf Aussonderung (§ 47 InsO) vorübergehend nicht geltend machen, sofern der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist; das gilt entsprechend bei Überlassung eines Rechtes zur Ausübung, z.-B. eines Patents (§ 135 Abs. 3 InsO). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Zweck des Insol‐ venzverfahrens nicht dadurch unterlaufen wird, dass der Insolvenzmasse Gegenstände und Rechte, die für die Unternehmensfortführung wesentlich sind, entzogen werden. Die Überlassungspflicht gilt für die Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für einen Zeitraum von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Aktionär hat im Gegenzug einen Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichs für den Gebrauch bzw. die Ausübung, bei dessen Berechnung der Durchschnitt der im letzten Jahr vor der Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen ist. Zur Überlassungspflicht der Aktionäre s. auch Abschn. 9.6. Sanierungsprivileg, Kleinbeteiligtenprivileg Die vorstehend beschriebenen Rechtsfolgen (Nachrang, Anfechtung, an‐ teilsmäßige Befriedigung, Überlassungspflicht) treten nicht ein, wenn das Sanierungsprivileg oder das Kleinbeteiligtenprivileg eingreift. Das Sanierungsprivileg (§ 39 Abs. 4 InsO) bedeutet: Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, werden dadurch die bestehenden oder neu gewährten Darlehen nicht nachrangig. Nachrangig werden die Forderungen erst dann, wenn sie bis zur nachhaltigen Sanierung, d. h. bis zur Beseitigung der im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile drohenden Insolvenzreife, nicht getilgt werden und stehenbleiben. Das Kleinbeteiligtenprivileg (§ 39 Abs. 5 InsO) bewirkt, dass die Vorschrif‐ ten über Nachrang, Anfechtung und Überlassungspflicht keine Anwendung 244 11 Die Finanzierung der Gesellschaft finden auf einen nicht zum Vorstandsmitglied bestellten Aktionär, der mit zehn Prozent oder weniger am Grundkapital beteiligt ist. 11.6 Stille Gesellschaft Zu unterscheiden sind die typische stille Gesellschaft, bei der der von den Beteiligten geschlossene Vertrag nicht wesentlich von den gesetzlichen Vorschriften abweicht, und die atypische stille Gesellschaft, bei der die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters infolge entsprechender vertragli‐ cher Regelungen der eines persönlich haftenden Gesellschafters angenähert ist. Gegenstand der vorliegenden Darstellung ist die stille Gesellschaft an einem kaufmännischen Unternehmen; abzugrenzen davon ist die hier nicht behandelte Unterbeteiligung an Aktien, die den Hauptbeteiligten gehören. 11.6.1 Die typische stille Gesellschaft Die Grundform der stillen Gesellschaft ist die im Handelsgesetzbuch gere‐ gelte stille Gesellschaft, die hier als typische stille Gesellschaft bezeichnet wird. Gesetzliche Regelung Die Errichtung einer stillen Gesellschaft ist gesetzlich geregelt in den §§ 230 bis 236 HGB. Die stille Gesellschaft ist ein Gesellschaftsvertrag zwischen einem kaufmännischen Unternehmensträger und einem stillen Gesellschafter, durch den sich der stille Gesellschafter (der „Stille“) mit einer Einlage am Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält. Die stille Gesellschaft ist wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR; §§ 705 ff. BGB) auf Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ausgerichtet. Sie unterscheiden sich voneinander dadurch, dass bei der stillen Gesellschaft kein dem Stillen und dem Unternehmensträger gemeinsam zustehendes (gesamthänderisches) Gesellschaftsvermögen gebildet wird, die Einlage des Stillen geht vielmehr in das Vermögen des Unternehmensträgers ein. Der Stille hat keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Unterneh‐ mensträgers. Allerdings bedürfen wesentliche Veränderungen sowie Ver‐ äußerung und Einstellung des Unternehmens im Innenverhältnis seiner Zustimmung. Der Stille hat die Kontrollrechte des § 233 HGB, d. h. er 11.6 Stille Gesellschaft 245 kann in entsprechender Anwendung der für Kommanditisten geltenden Bestimmung des § 166 Abs. 1 HGB von der Gesellschaft eine Abschrift des Jahresabschlusses verlangen und zu dessen Überprüfung Einsicht in die zugehörigen Geschäftsunterlagen nehmen und daneben Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist, insbesondere wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. Das Unternehmen wird im Handelsgesetzbuch als Handelsgewerbe oder Handelsgeschäft bezeichnet, der Unternehmensträger als Inhaber bzw. Inha‐ ber des Handelsgeschäfts. Unternehmensträger können insbesondere auch Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, KGaA) sein. Die Gesellschaftsform wird als still bezeichnet, weil sie keine eigene Firma (§ 17 HGB) führt, nicht in das Handelsregister eingetragen wird und auch sonst nicht für Außenstehende erkennbar ist. Die Einlage des Stillen wird bei dem Unternehmensträger bilanziell auch nicht in das Eigenkapital eingestellt, sondern als Verbindlichkeit passiviert. Ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft mit einer Aktien‐ gesellschaft als Unternehmensträger gilt als Teilgewinnabführungsvertrag und ist somit nur wirksam, wenn die gesetzlichen Bestimmungen über den Abschluss von Unternehmensverträgen beachtet werden (dazu Abschn. 14.2). Die Beteiligung am Gewinn ist das entscheidende Merkmal zur Abgren‐ zung der stillen Gesellschaft vom Darlehensvertrag; wird auf die Einlage eine feste Gegenleistung gezahlt, so besteht ein Darlehensvertrag und keine stille Gesellschaft. Die gesetzlichen Vorschriften sehen eine Beteiligung des Stillen an Verlusten des Unternehmens als den Regelfall an, sie erlauben aber ausdrücklich, die Verlustbeteiligung auszuschließen (§ 231 Abs. 2 HGB). Ist die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen, so nimmt der Stille bis zum Betrag seiner Einlage am Verlust teil. Die stille Gesellschaft kann für einen bestimmten Zeitraum geschlossen werden. Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer errichtet, kann sie mit sechsmonatiger Frist zum Ende eines jeden Geschäftsjahrs gekündigt werden, wenn nichts anderes vereinbart ist, z. B. eine Mindestlaufzeit. Die Kündigung führt zur Auflösung der stillen Gesellschaft mit der Folge der Auseinandersetzung und der Auszahlung des Abfindungsguthabens an den Stillen. 246 11 Die Finanzierung der Gesellschaft Besteuerung Der stille Gesellschafter hat die ihm zufließenden Einnahmen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die Einkommen‐ steuer wird durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben, wobei die Einkommensteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist (§ 43 Abs. 5 EStG). Die Kapitalertragsteuer beträgt 25 % der Ausschüttung (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG), zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 % der Kapitalertragsteuer. Werbungskosten, z. B. Zinsen für die Finanzierung der Einlage, werden nicht berücksichtigt. Erwirtschaftet die Aktiengesellschaft einen Verlust, so nimmt der Stille daran teil, wenn die Verlustbeteiligung nicht vertraglich ausgeschlossen ist. Der Stille kann den auf ihn entfallenden Verlustanteil bis zur Höhe der Einlage als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Die Aktiengesellschaft als Unternehmensträger kann die an den stillen Gesellschafter zu zahlende Gewinnbeteiligung als Betriebsausgabe absetzen. Insolvenz Wird über das Vermögen der unternehmenstragenden Aktiengesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter seine For‐ derung als Insolvenzgläubiger geltend machen. Ist der stille Gesellschafter zugleich auch Aktionär, so ist seine Forderung nachrangig, wenn nicht das Kleinbeteiligtenprivileg (§ 39 Abs. 5 InsO) zu seinen Gunsten greift. Wurde dem stillen Gesellschafter im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise entweder die Einlage zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust erlassen, so besteht Anfechtbarkeit nach § 136 InsO, d. h. der Insolvenzverwalter kann den Stillen insoweit auf Zahlung an die Insolvenzmasse in Anspruch nehmen. 11.6.2 Die atypische stille Gesellschaft Die Beteiligten können die stille Gesellschaft weitgehend frei und unter Abweichung von der in den §§ 230 bis 236 HGB vorgegebenen Struktur zu einer atypischen stillen Gesellschaft ausgestalten. 11.6 Stille Gesellschaft 247 Besteuerung Die Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft sind als gewerbliche Einkünfte und nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern, sofern der Gesellschafter aufgrund der atypischen Gestaltung des Gesellschaftsver‐ trags einkommensteuerlich als Mitunternehmer zu behandeln ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust teilnimmt und er bei der Auflösung der unternehmenstragenden Aktiengesellschaft einen Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsver‐ mögens einschließlich Geschäftswert erhalten soll. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen richtet die Besteuerung sich nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und die Gewinne und die Verluste aus der stillen Gesellschaft sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Atypisch, aber steuerlich zur Anerkennung als Mitunternehmerschaft nicht zwingend geboten ist der Abschluss einer Rangrücktrittsvereinbarung mit dem stillen Gesellschafter; dies geschieht in geeigneten Fällen, um die Überschuldung der Aktiengesellschaft abzuwenden und darüber hinaus die Kapitalstruktur zu verbessern; zur Rangrücktrittsvereinbarung s. Abschn. 5.5.5.2 „Überschuldung“. Die Auszahlung der Gewinnbeteiligung an den stillen Gesellschafter stellt keine Betriebsausgabe der Aktiengesellschaft dar, sie gilt steuerlich vielmehr als Verteilung von zu versteuerndem Gewinn. Insolvenz Im Falle der Insolvenz des Unternehmensträgers wird der atypische stille Gesellschafter nicht wie ein typischer Stiller, sondern wie ein Aktionär behandelt. Sein Anspruch unterfällt somit dem § 39 Abs. 1 Nr. 5 sowie Abs. 4, 5 InsO, und die Anfechtung etwaiger Zahlungen des Unternehmensträgers an ihn richtet sich nach § 135 InsO. Bei Bestehen einer Rangrücktrittsver‐ einbarung kann der Stille seine Forderung stets nur mit dem vereinbarten Nachrang geltend machen (§ 39 Abs. 2 InsO). 11.7 Schuldverschreibungen Die Aktiengesellschaft kann sich auch durch die Ausgabe von Wan‐ delschuldverschreibungen und Gewinnschuldverschreibungen Kapital be‐ schaffen (§ 221 Abs. 1 AktG). Es handelt sich dabei um Instrumente einer 248 11 Die Finanzierung der Gesellschaft Mezzanine-Finanzierung, also eine Mischform zwischen Fremd- und Eigen‐ kapitalfinanzierung. Ihre Ausgabe ist nur aufgrund eines mit einer qualif‐ zierten Mehrheit zu fassenden Hauptversammlungsbeschlusses zulässig. Den Aktionären steht ein Bezugsrecht auf diese Finanzierungsinstrumente zu. Wandelschuldverschreibungen Wandelschuldverschreibungen werden entweder als Wandelanleihen oder als Optionsanleihen ausgegeben. Bei einer Wandelanleihe wird der An‐ spruch des Gläubigers auf Rückzahlung seiner Forderung umgewandelt in Aktien. Je nach den geltenden Vertragsbedingungen ist entweder der Gläu‐ biger oder die Gesellschaft zu der Umwandlung berechtigt. Optionsanleihen werden demgegenüber stets in voller Höhe zurückgezahlt, der Gläubiger ist aber berechtigt, Aktien zu einem festgelegten Preis zu beziehen. Wan‐ delschuldverschreibungen werden auch bei kleineren, nichtbörsennotierten Gesellschaften eingesetzt, insbesondere wenn eine Unternehmenssanierung durchzuführen ist. Gewinnschuldverschreibungen Hier orientiert sich die Verzinsung der Anleihe an der Dividende der Gesellschaft. Gewinnschuldverschreibungen haben in der Praxis wenig Bedeutung. 11.8 Genussrechte Genussrechte können bei Unternehmen jedweder Rechtsform begründet werden. Für die Aktiengesellschaft bildet § 221 Abs. 3 AktG die gesetzliche Grundlage. Zum Inhalt der Genussrechte trifft das Gesetz keine Bestimmun‐ gen, hier ist die Gesellschaft also in der Ausgestaltung frei. Die häufigste Form des Genussrechts ist die Überlassung von Kapital gegen Teilhabe an Gewinn und Liquidationserlös. Außer zur Kapitalbeschaffung kann die Ge‐ sellschaft Genussrechte z. B. auch als Vergütungsbestandteil für Mitarbeiter einsetzen; zu Genussrechten bei Mitarbeiterbeteiligungsmodellen s. Abschn. 16.4. 11.8 Genussrechte 249 Inhalt Genussrechte sind Ansprüche gegen ein Unternehmen, die ihrem Inhalt nach typische Gesellschafterrechte darstellen, die aber nicht durch eine gesellschaftsrechtliche, sondern durch eine schuldrechtliche Vereinbarung begründet sind, gerichtet insbesondere auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös. Der Berechtigte leistet wie ein Gesellschafter eine Einlage, wird dadurch aber nicht Teilhaber am Unternehmen, er hat keine Verwaltungsrechte und keine Kontrollbefugnisse wie ein stiller Gesellschaf‐ ter. Genussrechte können so ausgestaltet werden, dass sie an einem Ver‐ lust der Gesellschaft teilnehmen. Die Gewinnbeteiligung kann von der Ausschüttung der Gesellschaft, aber auch vom Jahresüberschuss oder von dem Ergebnis eines Betriebes abhängig gemacht werden. Die Gewährung von Genussrechten ist nur aufgrund eines mit einer qualifizierten Mehrheit zu fassenden Hauptversammlungsbeschlusses zulässig. Besteuerung Die Gesellschaft kann die Ausschüttungen an die Berechtigten steuerlich als Betriebsausgaben absetzen, der Berechtigte hat sie als Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern. Sofern mit den Genussrechten neben der Gewinnbeteiligung auch das Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös verbunden ist, kann die Gesellschaft die Ausschüttungen nicht steuerlich geltend machen (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG), und der Berechtigte hat sie nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Die Einkommensteuer wird nach § 43 Abs. 1 EStG durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben. Die Kapitalertragsteuer beträgt nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG 25 % der Ausschüttung, zuzüglich Solidaritätszuschlag. Insolvenz Ob die Ansprüche aus Genussrechten in der Insolvenz als normale oder als nachrangige Gläubigerforderungen behandelt werden, hängt von den in dem Genussrechtsvertrag getroffenen Vereinbarungen ab. Bei Bestehen einer Rangrücktrittsvereinbarung kann der Berechtigte seine Forderung stets nur mit dem vereinbarten Nachrang geltend machen (§ 39 Abs. 2 InsO). 250 11 Die Finanzierung der Gesellschaft 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung Die Ausstattung der Gesellschaft mit Kapital ist für ihre Fähigkeit zur Wahr‐ nehmung von Marktchancen von entscheidender Bedeutung. Das gilt nicht nur in der Gründungsphase, sondern auch für etablierte Unternehmen, die sich im fortwährenden Wandel der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu behaupten haben und in der Lage sein müssen, auch wirtschaftliche Schwächeperioden durchzustehen. Schließlich ist die Eigenkapitalausstat‐ tung von großer Bedeutung bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft. Die Initiative zur Erhöhung des Grundkapitals wird in der Regel vom Vorstand ausgehen, wobei die Entscheidung über deren Vornahme aber alleine bei der Hauptversammlung liegt. Die Erhöhung des Grundkapitals geschieht in der Regel gegen Einlagen und ist daher für die Gesellschaft mit einem Mittelzufluss verbunden; sie kann als reguläre Kapitalerhöhung oder aus bedingtem oder genehmigtem Kapital erfolgen. Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln findet lediglich eine Umwandlung von Rücklagen in Grundkapital statt. Das Gegenstück zur Kapitalerhöhung ist die Kapitalherabsetzung. 12.1 Reguläre Kapitalerhöhung Die reguläre Kapitalerhöhung, vom Gesetzgeber irreführend als Kapitaler‐ höhung gegen Einlagen bezeichnet, ist der Grundfall der Kapitalerhöhung. Bei der regulären Kapitalerhöhung sind zwei Verfahrensabschnitte zu un‐ terscheiden, nämlich das auf den Hauptversammlungsbeschluss zur Kapital‐ erhöhung gerichtete Verfahren (§§ 182 bis 184 AktG) und die Durchführung des Kapitalerhöhungsbeschlusses (§§ 185 bis 191 AktG). 12.1.1 Kapitalerhöhungsbeschluss Die Erhöhung des Grundkapitals wird von der Hauptversammlung be‐ schlossen, die auch für die Festsetzung des Mindestausgabebetrags zustän‐ dig ist (§ 182 AktG). Der Beschluss bedarf einer qualifizierten Mehrheit und ist notariell zu beurkunden. Die Kapitalerhöhung kann nur durch Ausgabe neuer Aktien erfolgen. Das Grundkapital soll nicht erhöht werden, solange ausstehende Einlagen auf das bisherige Kapital noch erlangt werden können. Die Erhöhung des Grundkapitals ist durch den Vorstand und den Aufsichtsratsvorsitzenden zum Handelsregister anzumelden. Anmeldung und Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses über die Kapitalerhö‐ hung können zurückgestellt werden bis zur Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung und mit dieser verbunden werden (§ 188 Abs. 4 AktG). Besondere Vorschriften gelten für den Fall der Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen. Die Angaben zur Sacheinlage müssen - anders als bei der Gründung (dazu Abschn. 2.3.2.1) - nicht in die Satzung aufgenommen werden, wohl aber in den Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 183 AktG). Wird eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen innerhalb von zwei Jahren nach Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister vorgenommen, so sind die Vorschriften über die Nachgründung (s. Abschn. 2.9) anwendbar. Die Werthaltigkeit der Sacheinlage bedarf der Prüfung durch einen oder mehrere Prüfer (§ 183 Abs. 3 AktG); zu prüfen ist dabei, ob der Wert der Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien erreicht. Das Gericht kann die Eintragung der Kapitalerhöhung ablehnen, wenn der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebe‐ trag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt; erfolgt die Eintragung dennoch, so hat der Einlegende den Unterschiedsbetrag in bar zu leisten, sog. Differenzhaftung (dazu Abschn. 2.3.2.3) . Hatte der einzubringende Vermögensgegenstand über den Nennbetrag der übernommenen Aktien hinaus auch ein Agio decken sollen, so umfasst die Differenzhaftung des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft auch dieses (BGH ZIP 2012, 73). Die Differenzhaftung des Aktionärs hat somit einen weiteren Umfang als die Prüfungspflicht des Registergerichts. Von der externen Prüfung der Sacheinlage kann abgesehen werden, wenn bestimmte Wertpapiere bzw. Geldmarktinstrumente oder andere Vermögensgegenstände, deren Wert ein Sachverständiger ermittelt hat, eingebracht werden sollen (§ 183a AktG). In diesem Fall muss das Gericht lediglich prüfen, ob die Voraussetzungen für das Absehen von einer exter‐ nen Gründungsprüfung vorliegen, und nur bei einer offenkundigen oder erheblichen Überbewertung kann es die Eintragung ablehnen. 252 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung 12.1.2 Durchführung der Kapitalerhöhung Mit dem Hauptversammlungsbeschluss ist das Kapital noch nicht materiell erhöht, dazu bedarf es des zweiten Verfahrensabschnitts, der tatsächlichen Durchführung der Kapitalerhöhung. Zu ihrer Durchführung sind die neuen Aktien zu zeichnen und die Einlagen zu leisten. - 12.1.2.1 Bezugsrecht Die Gesellschaft hat ihren Aktionären den Erwerb der neuen Aktien anzubieten. Aufgrund des Bezugsrechts hat jeder Aktionär das Recht, bei einer Kapitalerhöhung junge Aktien entsprechend seiner bestehenden Beteiligung am Grundkapital zugeteilt zu bekommen (§ 186 AktG). Der Aktionär wird auf diese Weise vor einer Verminderung seiner Beteiligungs‐ quote geschützt, was Auswirkungen auf seine Einflussmöglichkeiten in der Hauptversammlung hätte, z. B. bei Herabsinken unter bestimmte Schwellen (vgl. Abschn. 7.3.6). Zum Ausschluss des Bezugsrechts s. Abschn. 12.1.2.3. Für die Ausübung des Bezugsrechts ist eine Frist von mindestens zwei Wochen zu bestimmen. Der Vorstand hat den Ausgabebetrag oder die Grundlagen für seine Festlegung und zugleich die von ihm bestimmte Bezugsfrist bekanntzumachen. Üblicherweise werden den Aktionären Vor‐ drucke für die Zeichnung der neuen Aktien zur Verfügung gestellt; das kann auch schon vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss geschehen. Durch Unter‐ zeichnung und Übersendung an die Aktiengesellschaft macht der Aktionär der Gesellschaft ein Angebot auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages, das von der Aktiengesellschaft nur noch anzunehmen ist. - 12.1.2.2 Zeichnungsschein Der Zeichnungsschein hat insbesondere den Ausgabebetrag und bei Sach‐ einlagen die gesetzlich vorgesehen Festsetzungen sowie den Zeitpunkt, an dem die Zeichnung unverbindlich wird, zu enthalten (§ 185 AktG). Zeichnungsscheine, die die erforderlichen Angaben nicht vollständig oder unzulässige Beschränkungen der Verpflichtung des Zeichners enthal‐ ten, sind nichtig. Durch den Zeichnungsvertrag wird die Aktiengesellschaft verpflichtet, im Falle der Durchführung der Kapitalerhöhung dem Zeichner die vereinbarte Zahl von Aktien zu überlassen; der Zeichner verpflichtet sich zu deren Annahme und zur Leistung der Einlage. Bei Überzeichnung, das heißt wenn mehr Zeichnungsverträge geschlossen werden als Aktien aus‐ 12.1 Reguläre Kapitalerhöhung 253 zugeben sind, werden zunächst die Inhaber mit gesetzlichen Bezugsrechten bedacht, sodann erfolgt eine verhältnismäßige Zuteilung. - 12.1.2.3 Ausschluss des Bezugsrechts Das Bezugsrecht kann durch den Kapitalerhöhungsbeschluss ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, wenn dafür eine sachliche Rechtfertigung besteht. Der Bezugsrechtsausschluss ist sachlich gerechtfertigt, wenn er im Interesse der Gesellschaft liegt und er zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist (BGH NJW 1994, 1410). Beispiele: - bei Ausgabe von Belegschaftsaktien, - zur Vermeidung von unpraktikablen Bezugsverhältnissen, - in Sanierungsfällen, - bei Börseneinführung, - bei Sachkapitalerhöhung, sofern ein hinreichendes Interesse der Akti‐ engesellschaft an der Sacheinlage besteht. Ein Ausschluss des Bezugsrechts ist insbesondere dann zulässig, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen 10 % des Grundkapitals nicht über‐ steigt und - bei börsennotierten Aktiengesellschaften - der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet (§ 186 Abs. 3 AktG). Der Vorstand hat den Ausschluss des Bezugsrechts ausdrücklich mit der Tages‐ ordnung bekanntzugeben und der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht mit der Begründung für den Ausschluss des Bezugsrechts und den vorgeschlagenen Ausgabebetrag zugänglich zu machen (§ 186 Abs. 4 AktG). Der Bezugsrechtsausschluss bedarf einer qualifizierten Mehrheit. - 12.1.2.4 Leistung der Einlagen Die Durchführung der Kapitalerhöhung wird abgeschlossen durch die Leistung der Einlagen. Soweit der Ausgabebetrag der Aktien höher ist als deren geringster Ausgabebetrag (§ 9 AktG), ist der übersteigende Betrag als Kapitalrücklage in die Bilanz einzustellen. 254 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung Bareinlagen Bareinlagen werden durch ordnungsgemäße Einzahlung des von der Gesell‐ schaft eingeforderten Betrags geleistet. Der eingeforderte Betrag muss min‐ destens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags und ein etwaiges Agio umfassen. Bei Barkapitalerhöhungen kommt es in der Praxis gelegentlich zu einer verdeckten Sacheinlage in der Weise, dass Aktionäre bestehende Dividendenansprüche oder sonstige Forderungen mit dem Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung der Einlage verrechnen; zur verdeckten Sachein‐ lage s. Abschn. 2.3.1.3. Über die zeitlich nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss erbrachten Einla‐ gen darf der Vorstand sogleich verfügen und muss damit nicht bis zur Anmeldung der Kapitalerhöhung oder gar deren Eintragung warten. Den Vorbehalt wertgleicher Deckung für die Verwendung von Einlagen hat der Bundesgerichtshof aufgegeben; es ist lediglich erforderlich, dass die Einlage nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss in den uneingeschränkten Verfügungsbereich des Vorstands gelangt ist und nicht an den Einleger zurückfließt (BGH NJW 2002, 1716). Der „freien Verfügung“ des Vorstands steht nicht entgegen, dass die Einlage auf ein debitorisches Bankkonto geleistet wird, sofern das Kreditinstitut der Gesellschaft mit Rücksicht auf die Kapitalerhöhung auf einem anderen Konto einen Kredit zur Verfügung stellt, der den Einlagebetrag erreicht (vgl. BGH a. a. O.). Zur Verjährung des nicht eingeforderten Teils der Bareinlage s. Abschn. 2.3.1.6. Vorauszahlung auf Bareinlagen Grundsätzlich können die Bareinlagen erst geleistet werden, nachdem die Hauptversammlung den Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst hat. Sofern die Bareinlagen schon vor diesem Zeitpunkt geleistet wurden, sind sie nur dann schuldbefreiend, wenn das Geld bei Anmeldung der Kapitalerhöhung noch unversehrt vorhanden ist, etwa auf einem Sonderkonto der Gesellschaft (BGH NJW 2007, 515), oder wenn die Vorauszahlung zum Zwecke der Sanierung der Aktiengesellschaft erforderlich und als solche sowohl in dem Kapitalerhöhungsbeschluss als auch in der Anmeldung gekennzeichnet ist. Sacheinlagen Sacheinlagen sind vollständig zu leisten; besteht die Sacheinlage aber in der Verpflichtung, einen Vermögensgegenstand auf die Aktiengesellschaft 12.1 Reguläre Kapitalerhöhung 255 zu übertragen, so muss diese Leistung innerhalb von fünf Jahren erfolgen. Der Anspruch der Gesellschaft auf Vornahme der Sacheinlage verjährt in zehn Jahren von dem Zeitpunkt, zu dem der Aktionär die Sacheinlage vereinbarungsgemäß hätte erbringen müssen (§ 54 AktG). - 12.1.2.5 Anmeldung und Eintragung der Durchführung Der Vorstand hat mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates die Durchfüh‐ rung der Kapitalerhöhung beim Handelsregister zur Eintragung anzumel‐ den (§ 188 AktG). Bei einer Kapitalerhöhung durch Bareinlagen ist in der Anmeldung zu versichern, dass der Betrag der Einzahlung zur freien Verfü‐ gung des Vorstands für die Zwecke der Gesellschaft eingezahlt und auch in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden ist (BGH NJW 2002, 1716). Der Anmeldung sind bestimmte Unterlagen beizufügen, insbesondere Zweitschriften der Zeichnungsscheine und bei einer Kapitalerhöhung mit Bareinlagen eine Bankbestätigung über die Einzahlung. Das Registergericht prüft die Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht, insbesondere die vollständige und wirksame Zeichnung des Er‐ höhungsbetrages. Bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen kann das Gericht die Eintragung ablehnen, wenn der Wert der Sacheinlage nicht un‐ wesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt (§ 184 Abs. 3 S. 1 AktG), sofern der Einlegende nicht von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Differenz in bar auszugleichen (s. dazu Abschn. 2.6.1). Ist die Kapitalerhöhung ordnungsgemäß beschlossen und durchgeführt, verfügt der Registerrichter die Eintragung der Durchführung in das Handelsregister, womit das Grundkapital erhöht ist (§ 189 AktG). 12.1.3 Fremdemission Die vorstehend anhand der gesetzlichen Vorschriften dargestellte Eigen‐ emission ist der Regelfall bei einer Aktiengesellschaft mit überschaubarem Aktionärskreis. Bei der Kapitalerhöhung einer börsennotierten Aktienge‐ sellschaft findet hingegen eine Fremdemission statt, bei der eine Emissions‐ bank bzw. ein Emissionskonsortium sich schon vor dem Kapitalerhöhungs‐ beschluss gegenüber der Aktiengesellschaft verpflichtet, alle neuen Aktien zu zeichnen und diese am Markt unterzubringen. Ist dann der Kapitaler‐ höhungsbeschluss gefasst, so erfolgt die Zeichnung und die Einzahlung 256 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung durch die Emissionsbank, die die Aktien unter Beachtung der Bezugsrechte weiterveräußert. 12.2 Bedingte Kapitalerhöhung Die bedingte Kapitalerhöhung ist ein Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals, der nur so weit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch- oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird, das die Gesellschaft auf die neuen Aktien (Bezugsaktien) einräumt (§ 192 AktG). Die bedingte Kapitalerhöhung ist nur zu bestimmten Zwecken zulässig, nämlich zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten an Gläubiger von Wandel‐ schuldverschreibungen, zur Vorbereitung des Zusammenschlusses mehre‐ rer Unternehmen und zur Gewährung von Bezugsrechten (Stock Options) an Mitarbeiter und Vorstandsmitglieder. Bei der bedingten Kapitalerhöhung bleibt das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre unberücksichtigt, weil bei dessen Ausübung der Zweck der bedingten Kapitalerhöhung verfehlt würde. Der Schutz der Interessen der Aktionäre wird durch die in den §§ 192 und 193 AktG aufgestellten Voraussetzungen einer bedingten Kapitalerhöhung gewährleistet. Der Nennbetrag des bedingten Kapitals darf einen bestimmten Umfang nicht übersteigen. Zeitliche Beschränkungen bestehen - anders als beim genehmigten Kapital - nicht. Der Beschluss über die bedingte Kapitalerhö‐ hung bedarf einer qualifzierten Mehrheit. In dem Beschluss müssen nach §-193 Abs. 2 AktG auch festgelegt werden 1. der Zweck der bedingten Kapitalerhöhung; 2. der Kreis der Bezugsberechtigten; 3. der Ausgabebetrag oder die Grundlagen, nach denen dieser zu errechnen ist; 4. bei der Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Vorstands‐ mitglieder (Stock Options) auch die Aufteilung der Bezugsrechte auf diese Personen, die Erfolgsziele, die Erwerbs- und Ausübungszeiträume und die Wartezeit für die erstmalige Ausübung, die mindestens vier Jahre betragen muss. Der Vorstand und der Aufsichtsratsvorsitzende haben den Beschluss zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§-195 AktG). 12.2 Bedingte Kapitalerhöhung 257 Das Bezugs- oder Umtauschrecht bezüglich neuer Aktien aus der beding‐ ten Kapitalerhöhung wird von dem jeweiligen Berechtigten durch schrift‐ liche Bezugs- oder Umtauscherklärung gegenüber der Aktiengesellschaft ausgeübt. Die Erklärung hat die gleiche Wirkung wie eine Zeichnungser‐ klärung im Sinne des § 185 AktG (dazu Abschn. 12.1.2.2). Hat der Berechtigte die Gegenleistung erbracht, dürfen die Aktien vom Vorstand an ihn aus‐ gegeben werden. Mit der Ausgabe der Bezugsaktien ist das Grundkapital entsprechend der Zahl der ausgegebenen Aktien erhöht, deshalb ändert sich mit jeder Aktienausgabe das Grundkapital (§-200 AktG). Der Vorstand meldet ausgegebene Bezugsaktien zur Eintragung in das Handelsregister mindestens einmal jährlich bis spätestens zum Ende des auf den Ablauf des Geschäftsjahrs folgenden Kalendermonats an (§ 201 AktG). Anders als bei der regulären Kapitalerhöhung ist die Eintragung im Handelsregister also nur deklaratorisch und nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung. Mit der Ausgabe der Bezugsaktien ist das Grundkapital erhöht, wodurch die Fassung der Satzung, die noch den alten Grundkapitalbetrag ausweist, unrichtig wird. Die Anpassung der Satzung wird regelmäßig dem Aufsichtsrat übertragen durch den Hauptversamm‐ lungsbeschluss über die Schaffung des bedingten Kapitals oder aber durch eine allgemeine Ermächtigung in der Satzung (s. Abschn. 6.3.3 „Änderung der Fassung der Satzung“). Die bedingte Kapitalerhöhung darf mit Sacheinlagen vorgenommen wer‐ den, wenn im Beschluss über die bedingte Kapitalerhöhung bestimmte Angaben festgesetzt sind (§ 194 AktG); die Festsetzung ist entbehrlich bei der Einlage von Geldforderungen, die Arbeitnehmern der Gesellschaft aus einer ihnen von der Gesellschaft eingeräumten Gewinnbeteiligung zustehen. Hauptanwendungsfall ist die Sacheinlage eines Unternehmens oder einer Beteiligung zur Durchführung eines Unternehmenszusammenschlusses. Bei Sacheinlagen ist eine Prüfung durchzuführen, wenn die Prüfung nicht nach § 183a AktG entbehrlich ist (§ 194 AktG). Das Gericht kann die Eintragung der Kapitalerhöhung ablehnen, wenn der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt (§ 195 Abs.-3 AktG). 258 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung 12.3 Genehmigtes Kapital Nach §§ 202 ff. AktG kann der Vorstand ermächtigt werden, das Grundkapi‐ tal bis zu einem bestimmten Nennbetrag (genehmigtes Kapital) durch Aus‐ gabe neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen. Der Zweck dieser Regelung ist, dem Vorstand die schnelle und flexible Beschaffung neuen Eigenkapitals zu ermöglichen, was bei der nach §§ 182 ff. AktG ablaufenden regulären Kapitalerhöhung nicht gewährleistet ist. Das genehmigte Kapital kann auch beschlossen werden für solche Zwecke, die eine bedingte Kapitalerhöhung erlauben, ist aber anders als diese zeitlich auf fünf Jahre beschränkt und unterliegt dem gesetzlichen Bezugsrecht. Das genehmigte Kapital wird entweder bei der Gründung der Aktienge‐ sellschaft durch die von den Gründern einstimmig zu beschließende Satzung oder später durch eine entsprechende Satzungsänderung geschaffen. Der Hauptversammlungsbeschluss über die nachträgliche Schaffung eines ge‐ nehmigten Kapitals durch Satzungsänderung bedarf einer qualifizierten Mehrheit. Der Nennbetrag des genehmigten Kapitals darf die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht über‐ steigen. Neben dem genehmigtem Kapital kann auch bedingtes Kapital bestehen, welches ebenfalls nicht mehr als die Hälfte des Grundkapitals ausmachen kann; die Summe von genehmigtem und bedingtem Kapital kann somit den Betrag des Grundkapitals erreichen. Für die Ausgabe der neuen Aktien gelten die Vorschriften über die reguläre Kapitalerhöhung entsprechend. Damit ist auch die Regelung des § 186 AktG über das Bezugsrecht umfasst. Wird das genehmigte Kapital durch Satzungsänderung gebildet, so kann das Bezugsrecht ausgeschlossen werden. Ist das genehmigte Kapital bereits Gegenstand der Gründungssat‐ zung, so kann schon hier und ohne Beachtung der Vorschriften des § 186 Abs. 3, 4 AktG der Bezugsrechtsausschluss geregelt werden. Sowohl die Ermächtigung durch Gründungssatzung als auch die Ermächtigung durch Satzungsänderung können vorsehen, dass die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts dem Vorstand übertragen wird, der seine Entscheidung mit Zustimmung des Aufsichtsrats trifft. Ein von der Hauptversammlung oder vom Vorstand beschlossener Be‐ zugsrechtsausschluss bedarf wegen der durch das Absinken der Anteils‐ quote bedingten Bedeutung des Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs stets einer sachlichen Rechtfertigung. Der Bezugsrechtsaus‐ schluss gilt nach § 202 AktG als materiell gerechtfertigt, wenn die neuen 12.3 Genehmigtes Kapital 259 Aktien als Belegschaftsaktien an Arbeitnehmer der Gesellschaft ausgegeben werden. Bei der Durchführung der Kapitalerhöhung hat der Vorstand neben den aktienrechtlichen Vorschriften und etwaigen einschlägigen Satzungsbe‐ stimmungen zur Kapitalerhöhung die Vorgaben der ihm erteilten Ermäch‐ tigung zu beachten. Das Aktiengesetz schreibt die Befristung und den Maximalbetrag der Kapitalerhöhung sowie die Erteilung der Zustimmung des Aufsichtsrats zu der Durchführung der Kapitalerhöhung vor. Regelungs‐ bedürftig sind auch die Art und Gattung der Aktien, bei Nennbetragsaktien die Höhe des Nennbetrags, der Beginn der Gewinnbezugsberechtigung, der Zeitpunkt der Aktienausgabe und die Höhe des Ausgabebetrags; sind derartige Bestimmungen nicht getroffen, entscheidet der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats darüber. Die Kapitalerhöhung soll nur durchgeführt werden, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. Sie hat deshalb zu unterbleiben, solange die Bar- und Sacheinlagen auf das Grundkapital noch nicht bzw. nicht vollständig geleis‐ tet sind und die Erlangung dieser Einlagen nicht als aussichtslos angesehen werden muss, z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Einlegers oder wegen Untergangs des Sacheinlagegegenstandes. Das gilt nicht, wenn die Aktien an Arbeitnehmer der Gesellschaft ausgegeben werden (§ 203 AktG). Gegen Sacheinlagen dürfen Aktien nur ausgegeben werden, wenn die Ermächtigung, also die Satzung oder der Kapitalerhöhungsbeschluss, es vorsehen. Der Gegenstand der Sacheinlage, die Person des Einlegers und der Nennbetrag bzw. die Anzahl der für die Sacheinlage zu gewährenden Aktien kann bereits durch die Ermächtigung festgesetzt werden. Soweit es daran fehlt, entscheidet darüber der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats. Wie bei der regulären Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen und der bedingten Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen bedarf die Ausgabe von Aktien aus genehmigtem Kapital gegen Sacheinlagen der Prüfung (§ 205 AktG), sofern die Prüfung nicht nach § 183a AktG entbehrlich ist (s. dazu Abschn. 12.1.1). Die Festsetzung und die Prüfung sind nicht erforderlich, wenn Belegschaftsaktien an Arbeitnehmer ausgegeben werden gegen Einbringung der Forderung des Arbeitnehmers gegen die Gesellschaft aus einer ihm eingeräumten Gewinnbeteiligung. Der Vorstand kann auch ermächtigt werden, Belegschaftsaktien zu Lasten des Jahresüberschusses - ohne Einzahlungen von Seiten der Arbeitnehmer - auszugeben (§ 204 Abs. 3 AktG). Dabei wird die Einlagenforderung der Gesellschaft gegen den Zeichner der Aktie durch einen entsprechenden 260 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung Teilbetrag des Jahresüberschusses gedeckt. Voraussetzung dafür ist, dass der den Jahresüberschuss ausweisende Jahresabschluss geprüft und von dem Abschlussprüfer mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen worden ist. Mit der Eintragung der Durchführung ist das Grundkapital erhöht, wodurch die Fassung der Satzung, die noch den alten Grundkapitalbetrag ausweist, unrichtig wird. Die Anpassung der Satzung wird regelmäßig dem Aufsichtsrat übertragen durch den Hauptversammlungsbeschluss über die Schaffung des genehmigten Kapitals oder aber durch eine allgemeine Ermächtigung in der Satzung (§ 179 Abs. 1 S. 2 AktG; s. Abschn. 6.3.3 „Änderung der Fassung der Satzung“). 12.4 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207 ff. AktG wer‐ den keine neuen Mittel von außen zugeführt, vielmehr werden vorhandene Kapital- und Gewinnrücklagen in Grundkapital umgewandelt. Dennoch liegt eine echte Kapitalerhöhung vor, denn die umgewandelten Beträge unterliegen als Grundkapital einer erheblich stärkeren Bindung als bloße Rücklagen. Während die Kapitalerhöhung gegen Einlagen durch Ausgabe neuer Ak‐ tien ausgeführt werden muss, kann die Kapitalerhöhung aus Gesellschafts‐ mitteln bei Gesellschaften mit Stückaktien auch ohne Ausgabe neuer Aktien erfolgen. In diesem Fall erhöht sich bei unveränderter Beteiligungsquote der auf die einzelne Stückaktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals. Umwandlungsfähig sind die Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen, die in der letzten Jahresbilanz ausgewiesen waren; diesen steht gleich die im letzten Beschluss über die Verwendung des Jahresüberschusses oder des Bilanzgewinns ausgewiesene Zuführung zu diesen Rücklagen (§ 208 AktG). Kapitalrücklagen und die gesetzliche Gewinnrücklage nach § 150 AktG können nur soweit zur Umwandlung in Grundkapital eingesetzt werden, als sie zusammen 10 % des bisherigen Grundkapitals übersteigen. Die Umwandlung scheidet aus, soweit in der zugrunde gelegten Bilanz ein Verlust einschließlich eines Verlustvortrags ausgewiesen ist. Der Kapitalerhöhungsbeschluss bedarf einer qualifizierten Mehrheit. Dem Kapitalerhöhungsbeschluss ist eine Bilanz zugrunde zu legen. Es kann die letzte Jahresbilanz verwandt werden, wenn diese geprüft und mit dem 12.4 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 261 uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers versehen ist und wenn ihr Stichtag höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses zur Eintragung in das Handelsregister liegt (§ 209 Abs. 1 AktG). Kann die Achtmonatsfrist nicht eingehalten werden, besteht die Möglich‐ keit, eine andere, zu einem späteren Stichtag aufgestellte Bilanz zugrunde zu legen. Die umzuwandelnden Rücklagen müssen sowohl in dieser besonde‐ ren Erhöhungsbilanz als auch in der letzten Jahresbilanz ausgewiesen sein; die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln scheidet also aus, wenn die umzuwandelnde Rücklage erst nach dem Stichtag der letzten Jahresbilanz entstanden ist. Die besondere Erhöhungsbilanz muss den gleichen Anfor‐ derungen genügen wie die Jahresbilanz; der Erstellung von Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht bedarf es nicht. Die Bilanz ist zu prüfen, und auch hier gilt die Achtmonatsfrist (§-209 Abs. 2, 3 AktG). Die neuen Aktien stehen den bisherigen Aktionären verhältnismäßig zu; ein entgegenstehender Beschluss der Hauptversammlung ist nichtig (§ 212 AktG). Eigene Aktien nehmen an der Erhöhung des Grundkapitals teil (§ 215 AktG). 12.5 Kapitalherabsetzung Als Kapitalherabsetzung wird die Verringerung des Grundkapitals bezeich‐ net. Maßnahmen der Kapitalherabsetzung sind die ordentliche Kapitalher‐ absetzung, die vereinfachte Kapitalherabsetzung und die Einziehung von Aktien. Die Kapitalherabsetzung führt zu einer Schmälerung des den Gläu‐ bigern haftenden Kapitals und wirkt zugleich auf die Mitgliedsrechte der Aktionäre ein, deshalb trifft das Aktiengesetz eine Reihe von Regelungen für diese Maßnahme. 12.5.1 Ordentliche Kapitalherabsetzung Die ordentliche Kapitalherabsetzung ist in den §§ 222 bis 228 AktG geregelt. Der Beschluss der Hauptversammlung über die Herabsetzung des Grundka‐ pitals bedarf einer qualifizierten Mehrheit. In dem Beschluss ist der Zweck der Herabsetzung anzugeben. Jeder Zweck ist zulässig, z. B. Rückzahlung von Einlagen an Aktionäre, Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen, Einstellung in Rücklagen oder Beseitigung 262 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung einer Unterbilanz. Die Kapitalherabsetzung kann mit einer Kapitalerhöhung verbunden werden (vgl. § 228 AktG), was bei Sanierungsfällen regelmäßig geschieht. Mit der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister ist das Grund‐ kapital herabgesetzt. Die Herabsetzung des Grundkapitals erfolgt bei Gesell‐ schaften mit Nennbetragsaktien durch Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien. Für Nennbetragsaktien wie für Stückaktien gilt, dass der Mindest‐ betrag des anteiligen Grundkapitals je Aktie von 1 Euro nicht unterschritten werden darf; ggf. hat die Herabsetzung durch Zusammenlegung der Aktien zu geschehen. Die Herabsetzung des Grundkapitals unter den Mindestnenn‐ betrag gem. § 7 AktG von 50.000 Euro ist nur erlaubt, wenn dieser Betrag durch eine gleichzeitig beschlossene Kapitalerhöhung wieder erreicht wird (§-228 AktG). Innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Eintragung können die Gläubiger der Aktiengesellschaft von dieser die Leistung einer Sicherheit für ihre Ansprüche verlangen, worauf in der Bekanntmachung der Eintragung hinzuweisen ist (§ 225 AktG). Die Pflicht zur Sicherheitsleistung ist unab‐ hängig davon, ob Zahlungen an die Aktionäre aufgrund der Herabsetzung des Grundkapitals geleistet werden. Zahlungen an Aktionäre aufgrund der Kapitalherabsetzung darf die Gesellschaft erst dann leisten, wenn seit der Eintragung sechs Monate verstrichen sind und den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Sicherheit geleistet worden ist; das gilt entsprechend für eine Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen. Der Herabsetzungsbetrag ist in der Gewinn- und Verlustrechnung als „Ertrag aus der Kapitalherabsetzung“ auszuweisen (§ 240 AktG). 12.5.2 Vereinfachte Kapitalherabsetzung Während die ordentliche Kapitalherabsetzung zu jedem Zweck zulässig ist, darf die in den §§ 229 bis 236 AktG geregelte vereinfachte Kapitalherabset‐ zung nur zu Sanierungszwecken erfolgen, nämlich zwecks - Ausgleich von Wertminderungen, - Deckung sonstiger Verluste oder - Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage, 12.5 Kapitalherabsetzung 263 wobei zuvor die Gewinn- und Kapitalrücklagen bis auf 10 % des herabge‐ setzten Grundkapitals aufgelöst und ein etwaiger Gewinnvortrag verwendet worden sein muss. Die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung gelten - mit Ausnahme des Rechts auf Sicherheitsleistung - entsprechend. Der aus der Auflösung von Kapital- oder Gewinnrücklagen und aus der Kapitalherab‐ setzung gewonnene Betrag darf nicht zu Zahlungen an die Aktionäre oder zur Befreiung von Einlageleistungen verwandt werden, sondern nur zu dem im Kapitalherabsetzungsbeschluss angegebenen Zweck. Nach erfolgter Kapitalherabsetzung sind Gewinnausschüttungen nur unter den Einschrän‐ kungen des dem Gläubigerschutz dienenden § 233 AktG zulässig. Die Kapitalherabsetzung und eine etwa mit ihr verbundene Kapitaler‐ höhung können unter den Voraussetzungen der §§ 234, 235 AktG auch schon in dem Jahresabschluss des Geschäftsjahres, welches dem Kapitalhe‐ rabsetzungsbeschluss vorausgegangen ist, ausgewiesen werden. Der aus der Kapitalherabsetzung gewonnene Betrag ist in der Gewinn- und Verlustrech‐ nung der Gesellschaft als „Ertrag aus der Kapitalherabsetzung“ gesondert auszuweisen (§ 240 AktG). 12.5.3 Einziehung von Aktien Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien richtet sich nach den §§ 237 bis 239 AktG und den Vorschriften über die ordentliche Kapi‐ talherabsetzung. Sinn und Zweck der Einziehung von Aktien ist nicht die Kapitalherabsetzung, sondern die Beseitigung der von ihr betroffenen Mitgliedsrechte; die Einziehung von Aktien soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich nicht möglich sein ohne eine gleichzeitige Kapitalherabsetzung, wodurch der Schutz der Gläubiger und der betroffenen Aktionäre gewährleistet wird. Eine für die Praxis wichtigte Ausnahme bildet die Bestimmung des § 237 Abs. 3 Nr. 3 AktG, wonach es bei der Einziehung von Aktien einer Kapitalherabsetzung nicht bedarf, wenn die Gesellschaft Stückaktien ausgegeben hat und der Anteil der übrigen Aktien am Grundkapital sich durch die Einziehung entsprechend erhöht. Zweck der Einziehung ist insbesondere die Beseitigung des konkret betroffenen Mitgliedsrechts; da besondere gesetzliche Vorschriften insoweit nicht bestehen, kann die Einziehung jedoch auch zu anderen Zwecken erfolgen, z. B. Sanierung oder Rückzahlung an die Aktionäre, sie stellt somit eine Alternative zu den anderen Maßnahmen der Kapitalherabsetzung 264 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung dar. Der Zweck der Einziehung ist in dem Hauptversammlungsbeschluss anzugeben. Zu unterscheiden sind die Zwangseinziehung und die Einziehung eige‐ ner Aktien. Eigene Aktien kann die Aktiengesellschaft auch ohne eine entsprechende Satzungsbestimmung aufgrund eines Hauptversammlungs‐ beschlusses einziehen. Eine Zwangseinziehung liegt immer dann vor, wenn Aktien betroffen sind, die nicht der Gesellschaft selbst gehören; auf die Willensrichtung des betroffenen Aktionärs kommt es entgegen dem Wort‐ sinn nicht an. Sie ist nur zulässig, wenn sie schon in der Gründungssatzung oder durch eine vor dem Erwerb der einzuziehenden Aktien eingefügte Satzungsbestimmung vorgesehen war. Dabei wird unterschieden zwischen der angeordneten und der gestatteten Zwangseinziehung (§ 237 Abs. 1 AktG). Bei der angeordneten Zwangseinziehung gibt die Satzung präzise vor, unter welchen Voraussetzungen Aktien eingezogen werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, so muss die Einziehung erfolgen; ein Ermessen steht dem Vorstand, der für die Maßnahme anstelle der Hauptversammlung zuständig ist (§ 237 Abs. 6 AktG), nicht zu. Als mögliche Gründe für die Zwangseinziehung kann die Satzung beispielsweise festlegen: - die Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Na‐ mensaktien (§ 68 Abs. 2 AktG); - wird die Zustimmung verweigert, scheidet der Aktionär aus; - bestimmte wichtige Gründe in der Person des Aktionärs; - z.-B. Insolvenz, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in seine Aktien; - bei personalistisch geprägten Gesellschaften: die Aktien gelangen durch Übertragung oder durch Gesamtrechtsnachfolge an nicht nachfolgebe‐ rechtigte Dritte. Die Kriterien der Nachfolgeberechtigung sind in der Satzung zu regeln, z. B. Angehörigkeit zu einer bestimmten Familie oder zu einem bestimmten Beruf; - Verlangen des Aktionärs. Die Satzung hat auch zu regeln, ob die Gesellschaft ein Einziehungsentgelt zu entrichten hat und wie dieses zu ermitteln ist. Die Gesellschaft ist nicht etwa zur Leistung einer angemessenen Barabfindung verpflichtet, wie es z. B. § 327a Abs. 1 AktG vorsieht (dazu Abschn. 14.4), das Entgelt kann höher oder niedriger sein. Werden die Aktien aus Anlass des Todes eines Aktionärs eingezogenm, kann aufgrund einer entsprechenden Bestimmung der Satzung die Zahlung einer Abfindung an die Erben stark beschränkt 12.5 Kapitalherabsetzung 265 und sogar gänzlich ausgeschlossen sein (BGH NZG 2014, 820, 822; Kölner Kommentar-Ekkenga/ Schirrmacher, Rz. 71 zu § 237 AktG). Lässt die Satzung eine Zwangseinziehung zu, ohne sie aber zwingend anzuordnen, handelt es sich um eine gestattete Zwangseinziehung. Die Satzung kann die Einziehungsgründe nennen, sie muss es aber nicht. So kann z. B. an das Vorliegen eines wichtigen Grundes angeknüpft werden, ohne dass dieser wie bei der angeordneten Zwangseinziehung präzise umschrieben sein muss. Die Entscheidung über die Zwangseinziehung und die Einzelheiten ihrer Durchführung trifft die Hauptversammlung durch Beschluss; dieser bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Sowohl die Zwangseinziehung als auch die Einziehung eigener Aktien kann entweder im ordentlichen Einziehungsverfahren oder im vereinfach‐ ten Einziehungsverfahren erfolgen. Beim ordentlichen Einziehungsverfahren (§ 237 Abs. 2 AktG) entscheidet die Hauptversammlung über die Einziehung. Der Beschluss ist mit einer qualifizierten Mehrheit zu fassen und muss insbesondere den Zweck der Einziehung angeben. Dabei ist auch eine Bestimmung über die Höhe des Entgelts zu treffen. Es ist zulässig, dass die Satzung lediglich vorschreibt, dass in diesem Falle ein angemessenes Entgelt zu leisten sei. Angemessen ist jedenfalls ein Entgelt, welches wie die angemessene Barabfindung im Sinne des §-327a Abs. 1 AktG (dazu Abschn. 14.4) ermittelt ist. Beim vereinfachten Einziehungsverfahren (§ 237 Abs. 3 AktG) sind die Voraussetzungen für die Einziehung herabgesetzt. Der Weg zur vereinfach‐ ten Einziehung ist eröffnet für voll eingezahlte Aktien, wenn 1. die Aktien der Gesellschaft unentgeltlich überlassen worden sind, oder 2. die Einziehung zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen zu diesem Zweck verwendbaren Gewinnrücklage erfolgt, oder 3. es sich um Stückaktien handelt und der Hauptversammlungsbeschluss bestimmt, dass sich durch die Einziehung der Anteil der übrigen Aktien am Grundkapital gem. § 8 Abs. 3 AktG erhöht. Bei der vereinfachten Einziehung nach Ziffer 1 und 2 kommt es zu einer Her‐ absetzung des Grundkapitals, während im Falle von Ziffer 3 das Grundkapi‐ tal nicht verändert wird, die verbleibenden Aktien aber einen entsprechend höheren Anteil am Grundkapital erlangen. Der Einziehungsbeschluss der Hauptversammlung bedarf nur der einfachen Mehrheit, wenn die Satzung nicht eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmt (§ 237 Abs. 266 12 Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung 4 AktG), und der Gläubigerschutz wird lediglich in der Weise berücksichtigt, dass eine Rückstellung in die Kapitalrücklage vorgenommen wird (§ 237 Abs. 5 AktG). Wird im vereinfachten Einziehungsverfahren eine von der Satzung angeordnete Zwangseinziehung vorgenommen, tritt die Entschei‐ dung des Vorstands an die Stelle des Hauptversammlungsbeschlusses über die Einziehung. Mit der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses bzw. - im Falle der angeordneten Zwangseinziehung - der Entscheidung des Vorstands über die Einziehung ist, außer wenn es sich um Stückaktien handelt und ein Beschluss nach § 237 Abs. 3 Nr. 3 AktG gefasst wird, die Herabsetzung des Kapitals durchgeführt. Die Einziehung der betroffenen Aktien wird ausgeführt durch Abgabe einer Einziehungserklärung des die Gesellschaft vertretenden Vorstands gegenüber dem Aktionär (§ 238 AktG). 12.5 Kapitalherabsetzung 267 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft In diesem Kapitel geht es um den Formwechsel einer Aktiengesellschaft in eine andere Rechtsform und um andere Umwandlungsvorgänge, an denen eine Aktiengesellschaft als übertragender Rechtsträger beteiligt ist, sie somit die Ausgangsrechtsform darstellt. Zu den gesetzlichen und vertraglichen Um‐ wandlungsformen mit der Aktiengesellschaft als Zielrechtsform s. Kap. 4. Rechtsgrundlage für Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft ist das Umwandlungsgesetz, welches den Begriff „Rechtsträger“ als Oberbe‐ griff für Gesellschaften und andere juristische Einheiten, die sich an einem Umwandlungsvorgang beteiligen können, benutzt. Umwandlungsarten sind Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel. Die Aktiengesellschaft kann an einem Formwechsel sowohl als form‐ wechselnder Rechtsträger als auch als Zielrechtsform, an Verschmelzungen und Spaltungen als übertragender, übernehmender oder neuer Rechtsträger und an Vermögensübertragungen als übertragender Rechtsträger beteiligt sein. Von diesen Umwandlungsvorgängen werden nachfolgend Verschmel‐ zung und Spaltung sowie der Formwechsel der Aktiengesellschaft in ihren Grundzügen dargestellt, während die Vermögensübertragung wegen der fehlenden praktischen Bedeutung für mittelständische Unternehmen außer Betracht bleibt. Die auf der Grundlage der EU-Umwandlungsrichtlinie vom 27.11.2019 beruhenden Vorschriften der §§ 305 bis 355 UmwG ermöglichen die Durch‐ führung von grenzüberschreitenden Umwandlungen innerhalb der Europäi‐ schen Union. 13.1 Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger Eine Aktiengesellschaft kann an einer Verschmelzung als übertragender, übernehmender oder neuer Rechtsträger beteiligt sein. Im Folgenden geht es um Verschmelzungsvorgänge, an denen eine Aktiengesellschaft als über‐ tragender Rechtsträger beteiligt ist. Übersicht Bei der Verschmelzung werden die Vermögen von mindestens zwei Rechts‐ trägern miteinander vereinigt. Bei der Verschmelzung im Wege der Aufnahme (§§ 4 ff. UmwG) geht das Vermögen eines Rechtsträgers oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) als Ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger über. Bei der Verschmelzung im Wege der Neugründung (§§ 36 ff. UmwG) geht das Vermögen zweier oder mehrerer übertragender Rechtsträger auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Rechtsträger über. Der Übergang des Vermögens einschließlich der Verbindlichkeiten erfolgt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, wobei die übertragenden Rechtsträ‐ ger ohne Liquidation aufgelöst und im Handelsregister gelöscht werden. Den Anteilsinhabern der übertragenden Rechtsträger werden im Gegenzug Anteile an dem aufnehmenden bzw. dem neugegründeten Rechtsträger gewährt. An der Verschmelzung können als übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger insbesondere Personenhandelsgesellschaften, Partner‐ schaftsgesellschaften und Kapitalgesellschaften beteiligt sein (§ 3 Abs. 1 UmwG). Dabei kann die Verschmelzung sowohl unter gleichzeitiger Beteili‐ gung mehrerer Gesellschaften derselben Rechtsform als auch von mehreren Rechtsträgern unterschiedlicher Rechtsform erfolgen (§ 3 Abs. 4 UmwG). Während auf der übertragenden Seite mehrere Rechtsträger stehen können, kann die Übernahme immer nur durch einen einzigen Rechtsträger erfolgen. Zulässig wäre also z. B. die Verschmelzung einer Aktiengesellschaft und einer GmbH zur Neugründung auf eine OHG. Des Weiteren kann eine natürliche Person als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen im Wege der Verschmelzung übernehmen (§§ 120 ff. UmwG). Verschmelzungsvertrag Der notariell zu beurkundende Verschmelzungsvertrag wird von den Ver‐ tretungsorganen der beteiligten Gesellschaften abgeschlossen, bei einer Aktiengesellschaft vom Vorstand. Der Vertrag muss die Angaben nach § 5 UmwG enthalten, insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile und ggf. die Höhe der baren Zuzahlung; die Bestimmung des Umtauschverhältnisses erfordert die Bewertung einer jeden an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft. Das Umtausch‐ verhältnis muss die Wertrelation widerspiegeln. Die den Gesellschaftern der 270 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft übertragenden Gesellschaft zu gewährenden neuen Anteile an der überneh‐ menden Gesellschaft haben den untergehenden Anteilen an der übertragen‐ den Gesellschaft wertmäßig voll zu entsprechen. Die bare Zuzahlung dient dem Ausgleich von Spitzen. Über die Wertverhältnisse lässt sich nicht in allen Fällen Einigkeit erzielen; zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses s. nachstehend „Verschmelzungsbeschluss“. Bei Verschmelzung eines Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform (Mischverschmelzung) oder bei einer Verschmelzung von Rechtsträgern derselben Rechtsform, sofern die Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterwor‐ fen sind, enthält der Verschmelzungsvertrag zwingend das Angebot des übernehmenden Rechtsträgers an jeden Anteilsinhaber, der gegen den Ver‐ schmelzungsbeschluss des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch zur Niederschrift erklärt, seine Anteile gegen eine angemessene Barabfindung zu erwerben. Die Abfindung wird in der Praxis regelmäßig gemäß dem IDW-Standard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewer‐ tungen“ (IDW S 1) ermittelt; s. dazu Abschn. 4.6.2.5. Gesellschaftsvertrag‐ liche Regelungen über die Abfindung ausscheidender Gesellschafter sind nicht anzuwenden. Das Angebot ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass kein Gesellschafter ausscheiden will und alle Gesellschafter auf das Angebot verzichten. Befinden sich alle Anteile eines übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers („upstream merger“), so entfallen bestimmte Angaben, soweit sie die Aufnahme dieses Rechtsträgers betreffen (§ 5 Abs. 2 UmwG); in diesem Fall bedarf es auch nicht eines Abfindungs‐ angebots. Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf ist spätestens einen Monat vor dem Tage der Gesellschafterversammlung jeder beteiligten Gesellschaft, die über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag beschließen soll, dem zuständigen Betriebsrat dieser Gesellschaft zuzuleiten (§ 5 Abs. 3 UmwG). Mit Zustimmung des Betriebsrats kann die Monatsfrist abgekürzt werden. Verschmelzungsbericht Die Vertretungsorgane jedes der an der Verschmelzung beteiligten Rechts‐ träger haben einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Verschmelzung, der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf im Einzelnen und insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile sowie die 13.1 Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger 271 Höhe einer anzubietenden Barabfindung rechtlich und wirtschaftlich erläu‐ tert und begründet werden (Verschmelzungsbericht); der Bericht kann von den Vertretungsorganen aller beteiligter Gesellschaften auch gemeinsam erstattet werden (§ 8 Abs. 1 UmwG). Der Bericht ist nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung in notariell beurkundeter Form verzichten oder sich alle Anteile der übertra‐ genden Gesellschaft in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden (§ 8 Abs. 3 UmwG). Prüfung der Verschmelzung; Prüfungsbericht Der Verschmelzungsvertrag ist durch Verschmelzungsprüfer zu prüfen, die auf Antrag des Vertretungsorgans der jeweiligen Gesellschaft, gegebenen‐ falls gemeinsam für mehrere oder alle beteiligten Gesellschaften, vom Registergericht ausgewählt und bestellt werden (§ 10 UmwG). Die Prüfung der Verschmelzung und die Erstattung des Prüfungsberichts sind nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Gesellschaften auf die Prüfung bzw. den Prüfungsbericht verzichten oder wenn sich alle Anteile einer übertragenden Gesellschaft in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden. Verschmelzungsbeschluss Der Verschmelzungsvertrag wird nur wirksam, wenn die Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften ihm durch notariell zu beurkundenden Beschluss (Verschmelzungsbeschluss) zustimmen (§ 13 UmwG). Bei einer Aktienge‐ sellschaft bedarf der Beschluss einer qualifizierten Mehrheit. Ist die über‐ nehmende Gesellschaft eine Aktiengesellschaft und hält sie mindestens neun Zehntel des Stamm- oder Grundkapitals der übertragenden Gesellschaft, so ist bei ihr ein Verschmelzungsbeschluss grundsätzlich nicht erforderlich (§-62 UmwG). Soll der Verschmelzungsbeschluss zeitlich erst nach dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages gefasst werden, vereinbaren die Vertragsbeteilig‐ ten regelmäßig eine Bedingung oder ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass die Zustimmung nicht erteilt wird (vgl. § 7 UmwG). Jeder Gesellschafter einer übertragenden Gesellschaft hat die Möglich‐ keit, anlässlich der Verschmelzung aus der Gesellschaft auszuscheiden, sofern entweder die aufnehmende Gesellschaft eine andere Rechtsform hat (Mischverschmelzung) oder - bei Aufnahme durch eine Gesellschaft 272 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft derselben Rechtsform - die Anteile an dem übernehmendem Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind (§ 29 Abs. 1 UmwG). Erklärt ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft in diesen Fällen gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift, so scheidet er im Anschluss an die Verschmelzung gegen Annahme der Barabfindung (§-31-UmwG) bzw. durch anderweitige Veräußerung (§-33 UmwG) aus. Anfechtungsklage; Spruchverfahren Gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses kann jeder Gesell‐ schafter einer der beteiligten Gesellschaften Anfechtungsklage erheben. Allerdings kann die Klage eines Gesellschafters einer übertragenden Ge‐ sellschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen sei; er kann vielmehr von der übernehmenden Gesellschaft zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen (§§-14,-15-UmwG). Leistet die übernehmende Gesellschaft die bare Zuzahlung nicht oder erscheint dem Gesellschafter diese zu niedrig, so kann er die gerichtliche Entscheidung nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes beantra‐ gen (s. dazu Abschn. 4.6.2.5). Demgegenüber ist den Gesellschaftern der übernehmenden Gesellschaft das Spruchverfahren nicht eröffnet (§ 15 Abs. 1 UmwG); sie sind nicht gehin‐ dert, eine Anfechtungsklage auch darauf zu stützen, dass das Umtauschver‐ hältnis zugunsten der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft zu hoch sei. Weil Gesellschafter einer übernehmenden bestehenden Gesellschaft somit die Verschmelzung durch Klagen blockieren könnten, wird in der Praxis häufig nicht auf eine der beteiligten Gesellschaften verschmolzen, sondern auf eine Vorrats-Aktiengesellschaft (dazu Abschn. 2.11) oder auf eine durch die Verschmelzung gegründete neue Gesellschaft, wodurch eine auf das Umtauschverhältnis gestützte Anfechtungsklage ausgeschlossen wird. Wirkungen der Eintragung Die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des überneh‐ menden Rechtsträgers hat insbesondere folgende Wirkungen (§ 20 UmwG): 13.1 Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger 273 - Vermögen und Verbindlichkeiten der übertragenden Rechtsträger gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechts‐ träger über; - die übertragenden Rechtsträger erlöschen; - die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger werden Anteilsin‐ haber des übernehmenden Rechtsträgers. Gläubigerschutz Den Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ist, wenn sie binnen sechs Monaten ihren Anspruch nach Grund und Höhe anmelden, unter den Voraussetzungen des § 22 UmwG Sicherheit zu leisten. Grenzüberschreitende Verschmelzung Eine Aktiengesellschaft kann sich an einer grenzüberschreitenden Ver‐ schmelzung beteiligen, das ist eine Verschmelzung, bei der eine beteiligte Gesellschaft dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Eu‐ ropäischen Wirtschaftsraum unterliegt (§ 305 UmwG). Die gesetzlichen Vorschriften regeln sowohl die Hereinverschmelzung, bei der die Zielgesell‐ schaft ihren Sitz in Deutschland hat, als auch die Hinausverschmelzung; siehe im Einzelnen §§ 305 bis 319 UmwG. 13.2 Spaltung der Gesellschaft Eine Aktiengesellschaft kann an einer Spaltung als übertragender, überneh‐ mender oder neuer Rechtsträger beteiligt sein (§ 124 UmwG). Im Folgenden geht es um Spaltungsvorgänge, an denen eine Aktiengesellschaft als über‐ tragender Rechtsträger beteiligt ist. Übersicht Während durch die Verschmelzung eine Vereinigung von Vermögen erfolgt, bedeutet Spaltung die Trennung von Vermögen. Dies geschieht durch die drei Spaltungsarten Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung (§ 123 UmwG). Bei allen Spaltungsarten gehen Vermögensteile der übertragenden Aktiengesellschaft jeweils als Gesamtheit im Wege der partiellen Gesamt‐ 274 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft rechtsnachfolge über. Bei Spaltungen zur Aufnahme wird übertragen auf bestehende Rechtsträger, bei Spaltungen zur Neugründung auf dadurch gegründete neue Rechtsträger; bei Spaltungen durch Ausgliederung ist beides zulässig. Die Spaltung kann auch durch gleichzeitige Übertragung auf bestehende und neue Rechtsträger erfolgen. Bei allen Spaltungsarten werden von den Rechtsträgern, an die die Vermö‐ gensteile übertragen worden sind, Anteile oder Mitgliedschaften gewährt, im Falle der Aufspaltung und Abspaltung den Aktionären der übertragen‐ den Aktiengesellschaft. Bei der Ausgliederung erwirbt die übertragende Aktiengesellschaft selbst die Anteile; es kommt bei ihr zu einer Umstruktu‐ rierung des Vermögens, und ihre Bilanz bildet einen Aktivtausch ab mit der Ausbuchung der übertragenen Vermögensteile und der Einbuchung der ihr gewährten Anteile. Die drei Spaltungsarten weisen folgende charakteristische Merkmale auf: Aufspaltung - Die als Gegenleistung für die Übertragung gewährten Anteile der über‐ nehmenden oder durch die Spaltung gegründeten neuen Rechtsträger gehen auf die Aktionäre der übertragenden Aktiengesellschaft über. - Die Aktionäre der übertragenden Aktiengesellschaft sind nach erfolgter Spaltung an den übernehmenden Rechtsträgern bzw. an den durch die Spaltung gegründeten neuen Rechtsträgern beteiligt. - Die übertragende Aktiengesellschaft hat ihr gesamtes Vermögen über‐ tragen und ist ohne Abwicklung aufgelöst. Abspaltung - Die Übertragung kann an einen oder mehrere bestehende oder dadurch gegründete neue Rechtsträger vorgenommen werden. - Die als Gegenleistung für die Übertragung gewährten Anteile eines oder mehrerer übernehmender oder durch die Spaltung gegründeten neuer Rechtsträger gehen auf die Aktionäre der übertragenden Aktiengesell‐ schaft über. - Die Aktionäre der übertragenden Aktiengesellschaft sind nach erfolg‐ ter Spaltung weiterhin an der übertragenden Aktiengesellschaft und zusätzlich an den übernehmenden Rechtsträgern bzw. an den durch die Spaltung gegründeten neuen Rechtsträgern beteiligt. 13.2 Spaltung der Gesellschaft 275 - Die übertragende Aktiengesellschaft behält einen Teil ihres Vermögens und besteht bei unverändertem Aktionärskreis weiter. Ausgliederung - Die als Gegenleistung für die Übertragung gewährten Anteile eines oder mehrerer übernehmender oder durch die Spaltung gegründeten neuer Rechtsträger gehen auf die übertragende Aktiengesellschaft selbst und nicht auf ihre Aktionäre über. - Die übertragende Aktiengesellschaft behält ihr teilweise umgeschichte‐ tes Vermögen und besteht bei unverändertem Aktionärskreis weiter. Spaltungs- und Übernahmevertrag/ Spaltungsplan So wie für die Verschmelzung der Verschmelzungsvertrag, ist für die Spal‐ tung der Spaltungsvertrag bzw. Spaltungsplan das zentrale Element. Bei Auf- und Abspaltung zur Aufnahme wird der Vertrag als Spaltungs- und Übernahmevertrag (§ 126 UmwG) bezeichnet, bei der Ausgliederung zur Aufnahme entsprechend Ausgliederungs- und Übernahmevertrag (§ 131 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Bei einer Spaltung zur Neugründung kann es keinen zweiseitigen Vertrag geben, deshalb tritt an die Stelle des Spaltungsbzw. Ausgliederungs- und Übernahmevertrags der Spaltungs- oder Ausgliede‐ rungsplan (vgl. § 136 UmwG). Der Spaltungs- und Übernahmevertrag zwischen der zu spaltenden über‐ tragenden Aktiengesellschaft und den übernehmenden Rechtsträgern wird von den Vertretungsorganen der beteiligten Rechtsträger abgeschlossen, bei der Aktiengesellschaft also vom Vorstand. Erfolgt die Spaltung nicht zur Aufnahme durch Übertragung auf bestehende Rechtsträger, sondern zur Neugründung, tritt an die Stelle des Spaltungs- und Übernahmevertrags der Spaltungsplan, den der Vorstand der zu spaltenden Aktiengesellschaft aufzustellen hat, und der ebenso wie der Spaltungs- und Übernahmevertrag der notariellen Beurkundung bedarf. Der Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. Spaltungsplan muss die Angaben nach § 126 UmwG enthalten, insbesondere - das Umtauschverhältnis der Anteile, ggfs. die Höhe der baren Zuzah‐ lung, - die genaue Bezeichnung und Aufteilung der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens, die von der Aktiengesellschaft an jeden der über‐ 276 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft nehmenden Rechtsträger übertragen werden, sowie der übergehenden Betriebe und Betriebsteile unter Zuordnung zu den übernehmenden Rechtsträgern, - die Aufteilung der Anteile jedes übernehmenden Rechtsträgers auf die Aktionäre der übertragenden Aktiengesellschaft und den Maßstab dafür, - gegebenenfalls das Angebot des übernehmenden bzw. neuen Rechts‐ trägers an jeden Aktionär, der gegen den Spaltungsbeschluss der über‐ tragenden Aktiengesellschaft Widerspruch zur Niederschrift erklärt, seine Anteile gegen eine angemessene Barabfindung zu erwerben; das Angebot ist nicht erforderlich wenn feststeht, dass kein Anteilsinhaber ausscheiden will und alle Anteilsinhaber auf das Angebot verzichten. Nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber sinnvoll, ist die Vereinbarung von Rücktrittsrechten für den Fall, dass die Spaltung nicht bis zu einem bestimm‐ ten Zeitpunkt in das Handelsregister eingetragen ist. Ratsam ist auch die Vereinbarung eines zeitlich begrenzten Veräuße‐ rungsverbots hinsichtlich der Anteile aller an der Spaltung beteiligten Gesellschaften sowie die Absicherung dieses Veräußerungsverbots durch entsprechende Zustimmungsvorbehalte (Vinkulierung) oder durch Ver‐ tragsstrafen, um die Aufdeckung stiller Reserven zu verhindern (s. Wid‐ mann/ Mayer, Rz. 354.2 zu § 126 UmwG); denn nach § 15 Abs. 2 UmwStG sind die stillen Reserven im Vermögen der übertragenden Gesellschaft aufzulösen und zu versteuern, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile einer an der Spaltung beteiligten Gesellschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an dieser Gesellschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden. Der Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. Spaltungsplan ist spätestens einen Monat vor dem Tage der Gesellschafterversammlung jeder beteiligten Gesellschaft, die über die Zustimmung zum Spaltungs- und Übernahme‐ vertrag bzw. Spaltungsplan beschließen soll, dem zuständigen Betriebsrat dieser Gesellschaft zuzuleiten (§ 126 Abs. 3 UmwG). Mit Zustimmung des Betriebsrats kann die Monatsfrist abgekürzt werden. Spaltungsbericht Die Vertretungsorgane jedes der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger haben einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Spaltung, der Vertrag oder sein Entwurf im Einzelnen und bei Aufspaltung und Abspaltung insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile, der Maß‐ 13.2 Spaltung der Gesellschaft 277 stab für ihre Aufteilung sowie die Höhe der anzubietenden Barabfindung rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden (Spaltungsbzw. Ausgliederungsbericht); der Bericht kann von den Vertretungsorganen auch gemeinsam erstattet werden. Der Bericht ist nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller betei‐ ligten Rechtsträger auf seine Erstattung in notariell beurkundeter Form verzichten oder sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden (§§ 127 S. 2, 8 Abs. 3 UmwG). Prüfung der Spaltung; Prüfungsbericht Bei Aufspaltung und Abspaltung ist der Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. Spaltungsplan durch Spaltungsprüfer zu prüfen, die auf Antrag des Vor‐ stands der übertragenden Aktiengesellschaft, ggf. gemeinsam für mehrere oder alle beteiligten Gesellschaften, vom Gericht ausgewählt und bestellt werden (§ 10 UmwG). Bei der Ausgliederung entfällt die Prüfung (§ 125 S. 2 UmwG). Die Spaltungsprüfer haben einen Prüfungsbericht vorzulegen, der mit der Erklärung darüber abschließt, ob das vorgeschlagene Umtauschverhältnis der Anteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung sowie eine gemäß § 29 Abs. 1 UmwG anzubietende Barabfindung angemessen sind. Die Abfindung wird in der Praxis regelmäßig gemäß dem IDW-Standard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1) ermittelt; s. dazu Abschn. 4.6.2.5. Gesellschaftsvertragliche Regelungen über die Abfindung ausscheidender Gesellschafter sind nicht anzuwenden. Die Prüfung der Spaltung und die Erstattung des Prüfungsberichts sind nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Gesellschaften auf die Prüfung bzw. den Prüfungsbericht verzichten oder wenn sich alle Anteile der übertragenden Gesellschaft in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden (§§ 125 S. 1, 9 Abs. 3, 12 Abs. 3 i. V. m. § 8 Abs. 3 UmwG). Spaltungsbeschluss Der Spaltungs- und Übernahmevertrag wird nur wirksam, wenn die Ge‐ sellschafter der beteiligten Gesellschaften ihm jeweils durch notariell be‐ urkundeten Beschluss (Spaltungsbeschluss; Ausgliederungsbeschluss) zu‐ stimmen; ein Spaltungsplan bedarf der Zustimmung der Gesellschafter 278 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft der übertragenden Gesellschaft. Bei der übertragenden Aktiengesellschaft bedarf der Beschluss einer qualifizierten Mehrheit. Ist die übernehmende Gesellschaft eine Aktiengesellschaft, und hält sie mindestens neun Zehntel des Grundkapitals der übertragenden Aktiengesellschaft, so ist bei ihr ein Spaltungsbeschluss grundsätzlich nicht erforderlich (§ 63 UmwG). Jeder Aktionär einer übertragenden Aktiengesellschaft hat die Möglich‐ keit, anlässlich der Aufspaltung oder Abspaltung (nicht bei einer Ausglie‐ derung! ) aus der Gesellschaft auszuscheiden, sofern entweder die aufneh‐ mende Gesellschaft eine andere Rechtsform hat oder - bei Aufnahme durch eine Gesellschaft derselben Rechtsform - die Anteile an dem übernehmen‐ dem Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind (§ 29 Abs. 1 UmwG). Erklärt ein Aktionär der übertragenden Aktiengesellschaft in die‐ sen Fällen gegen den Spaltungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift, so scheidet er im Anschluss an die Spaltung gegen Annahme der Barabfindung (§-31-UmwG) bzw. durch anderweitige Veräußerung (§-33 UmwG) aus. Anfechtungsklage; Spruchverfahren Hier gilt das entsprechend, was oben zur Verschmelzung ausgeführt ist, auf diese Darstellung wird verwiesen. Wirkungen der Eintragung Die Eintragung der Spaltung in das Register des Sitzes der übertragenden Aktiengesellschaft hat insbesondere folgende Wirkungen (§ 131 UmwG): - bei der Aufspaltung: das Vermögen und die Verbindlichkeiten der übertragenden Gesell‐ schaft gehen entsprechend der vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf die übernehmenden Rechtsträger über. Die übertragende Gesellschaft erlischt, und ihre Aktionäre erwerben Anteile der überneh‐ menden Rechtsträger; - bei der Abspaltung: der abgespaltene Teil bzw. die abgespaltenen Teile des Vermögens ein‐ schließlich der Verbindlichkeiten gehen entsprechend der vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf den oder die übernehmenden Rechtsträger über. Die Aktionäre der übertragenden Aktiengesellschaft erwerben Anteile des bzw. der übernehmenden Rechtsträger; - bei der Ausgliederung: 13.2 Spaltung der Gesellschaft 279 die ausgegliederten Teile des Vermögens einschließlich der Verbind‐ lichkeiten gehen entsprechend der im Ausgliederungs- und Übernah‐ mevertrag bzw. Ausgliederungsplan vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf die übernehmenden Rechtsträger über und die übertragende Aktiengesellschaft erwirbt Anteile des übernehmenden Rechtsträgers. Gläubigerschutz Für die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründeten Verbindlichkei‐ ten des übertragenden Rechtsträgers haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner. Den Gläubigern steht unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Sicherheitsleistung zu (§§ 133 Abs. 1 S. 2, 22 UmwG). Grenzüberschreitende Spaltung Eine Aktiengesellschaft kann sich an einer grenzüberschreitenden Spaltung beteiligen, das ist eine Spaltung, bei der eine beteiligte Gesellschaft dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines ande‐ ren Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegt (§ 320 UmwG). Die gesetzlichen Vorschriften regeln sowohl die Hereinspaltung, bei der die Zielgesellschaft ihren Sitz in Deutschland hat, als auch die Hinausspaltung; siehe im einzelnen §§ 320 bis 332 UmwG. 13.3 Formwechsel Die Aktiengesellschaft kann durch Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten (§§ 190 ff., 226 ff. UmwG). Als Zielrechtsform kommen insbesondere die GmbH, die rechtsfähige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Perso‐ nenhandelsgesellschaften (OHG und KG) und die Partnerschaftsgesellschaft in Betracht. Der Formwechsel einer Aktiengesellschaft in eine GmbH unterscheidet sich nicht wesentlich von dem einer GmbH in eine Aktiengesellschaft, deshalb wird auf die eingehende Darstellung des Formwechsels in Abschn. 4.6 verwiesen. Ferner kann das Vermögen der Gesellschaft auf eine natürliche Person übertragen werden, die als deren alleiniger Aktionär deren Vermögen über‐ 280 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft nimmt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG); dieser mit einem Wechsel der Rechtsform verbundene Vorgang stellt rechtstechnisch keinen Formwechsel, sondern eine Verschmelzung dar. Der in §§ 226, 228 bis 237 UmwG geregelte Formwechsel in eine Personengesellschaft wird hier nicht behandelt. Eine Aktiengesellschaft kann sich an einem grenzüberschreitenden Formwechsel beteiligen, das ist der Wechsel einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründeten Gesellschaft in eine Rechtsform nach dem Recht eines anderen Mitglieds- oder Vertragsstaats, unter Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes in diesen Staat (§ 333 UmwG). Die gesetzlichen Vorschriften regeln sowohl den Hereinformwechsel, bei dem die Gesellschaft ihren Sitz aus dem Ausland nach Deutschland verlegt, als auch die Hinausspaltung; siehe im einzelnen §§ 333 bis 345 UmwG. 13.4 Gründung einer SE Die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, nachfolgend „SE“ genannt) kann in den Ländern gegründet werden, die Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäi‐ schen Wirtschaftsraum sind. Die SE ermöglicht die Gründung und Leitung eines einheitlichen Unternehmens mit grenzüberschreitenden Aktivitäten innerhalb dieser Länder. An die Stelle von Tochtergesellschaften treten Zweigniederlassungen, wodurch die Bestellung von nationalen Geschäfts‐ führern im Ausland überflüssig wird und die Verpflichtung zur Erstellung von Jahresabschlüssen in den jeweiligen ausländischen Staaten entfällt. Die SE kann entstehen durch - Verschmelzung von Aktiengesellschaften aus verschiedenen Mitglied‐ staaten (Art. 2 Abs. 1 SE-VO), - Gründung einer Holding-SE durch Aktiengesellschaften und Gesell‐ schaften mit beschränkter Haftung a. aus verschiedenen Mitgliedstaaten oder b. aus einem einzigen Mitgliedstaat bei Bestehen von Tochtergesell‐ schaften oder Zweigniederlassungen in einem anderen Mitglied‐ staat (Art. 2 Abs. 2 SE-VO), - Gründung einer Tochter-SE durch 13.4 Gründung einer SE 281 a. Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten oder b. Gesellschaften aus einem einzigen Mitgliedstaat bei Bestehen von Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat (Art. 2 Abs. 3 SE-VO), - Formwechselnde Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE, sofern seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft in einem Mitgliedstaat besteht (Art. 2 Abs. 4 SE-VO), - Gründung einer Tochter-SE durch eine SE (Art. 3 Abs. 2 SE-VO). Gemeinsam ist allen diesen Fällen, dass ein Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bestehen muss. Beim Formwechsel muss der Auslandsbezug durch eine seit mindestens zwei Jahren bestehende Tochtergesellschaft hergestellt werden, eine Zweigniederlassung im Aus‐ land reicht nicht. Bei der Gründung einer Holding-SE oder einer Tochter-SE kann der Auslandsbezug sowohl durch Tochtergesellschaften als auch durch Zweigniederlassungen vermittelt werden, die aber jeweils seit mindestens zwei Jahren bestehen müssen. Bei Gründung durch Verschmelzung gibt es keine Mindestfristen hin‐ sichtlich des Bestehens der beteiligten Aktiengesellschaften, deshalb kommt als übertragende ausländische Gesellschaft auch eine Tochtergesellschaft in Betracht, selbst eine erst unmittelbar vor der Verschmelzung gegründete oder gekaufte Gesellschaft ohne unternehmerische Aktivitäten. An der Gründung einer Holding-SE oder einer Tochter-SE kann sich auch eine GmbH beteiligen. Bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung oder Formwechsel muss die GmbH zuvor in eine Aktiengesellschaft umge‐ wandelt und ggf. das gezeichnete Kapital auf 120.000 Euro erhöht werden. Eine Besonderheit der SE besteht darin, dass der im Zeitpunkt der Gründung bestehende Mitbestimmungsstatus „eingefroren“ wird. Unterlag die inländische Kapitalgesellschaft der unternehmerischen Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz, so bleibt es dabei, auch wenn die Zahl der Arbeitnehmer später über 2000 steigt, was sonst das Eingreifen der Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 ausgelöst hätte. Und wenn die Gesellschaft zuvor mitbestimmungsfrei war, weil sie nicht mehr als 500 Arbeitnehmer hatte, so bleibt sie als SE auch bei Überschreiten dieser Grenze mitbestimmungsfrei. Das gilt entsprechend bei Absinken der Arbeitnehmerzahl unter diese Grenzen. Die betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz gilt für die SE genauso wie für andere Betriebe; hier ist zu beachten, dass 282 13 Umwandlungsvorgänge bei der Aktiengesellschaft im Gründungsverfahren mit dem von den Arbeitnehmervertretern gebilde‐ ten Besonderen Verhandlungsgremium (BVG) über die Einrichtung eines SE-Betriebsrats verhandelt werden muss. In Deutschland gibt es mehr als 400 operativ tätige Unternehmen in der Rechtsform der SE, darunter namhafte börsennotierte Unternehmen wie Allianz, BASF, Porsche oder Puma. In zunehmendem Maße wird die SE auch von mittelständischen Unternehmen genutzt, insbesondere um ihrem unternationalen Marktauftritt Rechnung zu tragen. Dazu kommen die Wahlmöglichkeit zwischen einerseits dem klassischen dualistischen Leitungssystem mit Vorstand und Aufsichtsrat und andererseits dem mo‐ nistischen Leitungssystem mit einem Verwaltungsrat, entsprechend dem im anglo-amerikanischen Rechtskreis üblichen Board of Directors, schließlich die größere Freiheit in der Ausgestaltung der unternehmerischen Mitbestim‐ mung. 13.4 Gründung einer SE 283 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) Das Recht der verbundenen Unternehmen (Konzernrecht) zielt ab auf den Schutz der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger einer im Inland ansässigen abhängigen Gesellschaft vor Maßnahmen der herrschenden Gesellschaft. Das Konzernrecht hat nicht nur für börsennotierte Aktien‐ gesellschaften, sondern auch für mittelständischeAktiengesellschaften er‐ hebliche praktische Bedeutung. Folgende Gesetzesvorschriften bilden das Konzernrecht: Begriffsbestimmungen (§§ 15 bis 19 AktG) Das Gesetz verwendet im Konzernrecht den Oberbegriff „Verbundene Un‐ ternehmen“ und fasst darunter: - Mehrheitsbeteiligungen, - abhängige und herrschende Unternehmen, - Konzern und Konzernunternehmen, - wechselseitig beteiligte Unternehmen, - Vertragsteile eines Unternehmensvertrags. Abhängige Unternehmen sind rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) einen beherrschen‐ den Einfluss ausüben kann. Die Abhängigkeit eines Unternehmens wird vermutet, wenn es im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens steht, d. h. wenn dieses die Stimmenmehrheit bei ihm hat (Mehrheitsbeteiligung). Das abhängige und das herrschende Unternehmen bilden einen Konzern, und die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. Mitteilungspflichten (§§ 20 bis 22 AktG) Die Mitteilungspflichten bezwecken die Offenlegung von Beteiligungsver‐ hältnissen und damit die Erkennbarkeit von Konzernbeziehungen. Materielles Konzernrecht (§§ 291 bis 328 AktG) Die Vorschriften über die Entstehung von konzernrechtlichen Verbindungen und über deren Folgen bilden das materielle Konzernrecht. Es ist geregelt in dem mit „Verbundene Unternehmen“ überschriebenen Dritten Buch des Aktiengesetzes, das wie folgt gegliedert ist: - Unternehmensverträge; - Abhängigkeit von Unternehmen; - Eingegliederte Gesellschaften; - die Eingliederung einer Aktiengesellschaft in eine andere Aktiengesell‐ schaft ist für mittelständische Aktiengesellschaften ohne praktische Relevanz und wird hier nicht weiter behandelt; - Ausschluss von Minderheitsaktionären; - wechselseitig beteiligte Unternehmen. Rechnungslegung im Konzern (§§ 290 bis 315e HGB) Die Rechnungslegung im Konzern ist in dem Unterabschnitt „Konzernab‐ schluss und Konzernlagebericht“ im Handelsgesetzbuch geregelt. 14.1 Mitteilungspflichten Die Aktiengesellschaft ist mitteilungspflichtig, wenn sie eine Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft erwirbt; umgekehrt besteht Mitteilungs‐ pflicht eines anderen Unternehmens, welches sich an der Aktiengesellschaft beteiligt. Im Einzelnen sind folgende Vorschriften zu beachten: § 21 AktG Sobald einer Aktiengesellschaft eine Schachtelbeteiligung, also eine Beteili‐ gung von mehr als einem Viertel an einer Kapitalgesellschaft (Aktiengesell‐ schaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung) mit Sitz im Inland gehört, muss sie dies der Kapitalgesellschaft schriftlich mitteilen; mitteilungspflichtig ist ferner der Erwerb einer Mehr‐ heitsbeteiligung, also von mehr als 50 %, an einem inländischen Unternehmen gleich welcher Rechtsform. Für die Zeit, für die die Mitteilungspflichten nicht erfüllt sind, bestehen keine Rechte aus den Anteilen (§ 21 Abs. 4 AktG); die Verwaltungsrechte (Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht, Auskunftsrecht) erlö‐ schen. Hinsichtlich der Vermögensrechte ist zu unterscheiden: das Bezugs‐ recht für junge Aktien bei Kapitalerhöhungen geht verloren, während die 286 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) Ansprüche auf Dividende und Abwicklungserlös bis zur Nachholung der Mitteilung lediglich ruhen. Weist die beteiligte Gesellschaft nach, dass sie die Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen hatte, kann sie die nachträgliche Auszahlung von Dividende bzw. Abwicklungsüberschuss verlangen. Fällt die wesentliche Beteiligung oder die Mehrheitsbeteiligung weg, so ist dies ebenfalls mitzuteilen. Der Adressat der Mitteilungen kann jederzeit den Nachweis über das Bestehen (nicht über den Wegfall) der Beteiligung verlangen. Die Mitteilungspflichten haben den Zweck, die Beachtung der an das Bestehen einer Beteiligung anknüpfenden gesetzlichen Vorschriften sicher‐ zustellen, z. B. § 328 AktG (siehe unten) oder das Verbot der Zeichnung bzw. des Erwerbs von Aktien des beherrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmens. § 20 AktG Während § 21 AktG den Fall betrifft, dass die Aktiengesellschaft sich an ei‐ nem anderen Unternehmen beteiligt, gilt § 20 AktG dann, wenn ein anderes Unternehmen sich an einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland beteiligt. Häufig werden durch ein und denselben Sachverhalt beide Tatbestände erfüllt, nämlich wenn auch das andere Unternehmen die Rechtsform der Aktiengesellschaft hat; in diesem Fall kommt § 20 AktG als die strengere Regelung zur Anwendung. Danach sind die Begründung einer Schachtelbeteiligung und einer Mehr‐ heitsbeteiligung an der Aktiengesellschaft der Aktiengesellschaft von dem Unternehmen schriftlich mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen. Mitzuteilen ist auch, wenn die Beteiligung in der mitteilungspflichtigen Höhe nicht mehr besteht. Mitteilungspflichtig sind in- und ausländische Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform. Der Vorstand der Aktien‐ gesellschaft hat die Begründung ebenso wie den Wegfall dieser Beteiligun‐ gen in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Die Mitteilungs- und Bekanntmachungspflicht gilt auch schon bei der Gründung, sofern ein Un‐ ternehmen dabei eine Schachtelbeteiligung oder eine Mehrheitsbeteiligung oder sämtliche Aktien der Gesellschaft als Gründer übernimmt. Bei Verletzung der Mitteilungspflichten erlöschen bzw. ruhen die Rechte aus den Aktien, vgl. oben zu § 21 AktG. 14.1 Mitteilungspflichten 287 Die Vorschrift des § 20 AktG bezweckt, die Aktionäre und Gläubiger - generell die Öffentlichkeit - über Konzernverbindungen der Aktiengesell‐ schaft zu unterrichten (BGH NJW 1991, 2765, 2767). § 328 AktG Bei wechselseitiger Beteiligung (§ 19 Abs. 1 AktG) einer Aktiengesellschaft und einer anderen Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland von jeweils mehr als einem Viertel erweitern sich die nach §§ 20, 21 AktG bestehenden Mitteilungspflichten dahin, dass beide Unternehmen einander unverzüglich auch die Höhe ihrer Beteiligung und jede Änderung schriftlich mitzuteilen haben (§ 328 Abs. 4 AktG). 14.2 Unternehmensverträge (Vertragskonzern) Ein Vertragskonzern entsteht durch den Abschluss eines Unternehmensver‐ trags. Unternehmensverträge sind nach § 291 AktG: - Beherrschungsvertrag, - Gewinnabführungsvertrag. Andere Unternehmensverträge sind nach § 292 AktG: - Gewinngemeinschaft, - Teilgewinnabführungsvertrag, - Betriebspachtvertrag, Betriebsüberlassungsvertrag. 14.2.1 Abschluss, Änderung und Beendigung von Unternehmensverträgen Die Bestimmungen zu Abschluss, Änderung und Beendigung von Unter‐ nehmensverträgen finden sich in §§ 293 ff. AktG. Der Unternehmensvertrag ist vom Vorstand zu schließen und bedarf der Schriftform. Der Vorstand hat einen Bericht über den Unternehmensvertrag zu erstatten. Sofern sich nicht alle Aktien der abhängigen Gesellschaft in der Hand des herrschenden Unternehmens befinden, ist der Unternehmensvertrag durch einen Wirt‐ schaftsprüfer als Vertragsprüfer zu prüfen; dieser hat einen Prüfungsbericht zu erstellen, der mit der Erklärung abschließt, ob der vorgeschlagene 288 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) Ausgleich (§ 304 AktG) und die vorgeschlagene Abfindung (§ 305 AktG) angemessen sind. Der Bericht und die Prüfung sind nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Unternehmen darauf verzichten; wird eine Prüfung durchgeführt, so kann in gleicher Weise auf den Prüfungsbe‐ richt verzichtet werden. Der Unternehmensvertrag bedarf der Zustimmung der Hauptversamm‐ lung der abhängigen Gesellschaft, ferner der Zustimmung der Hauptver‐ sammlung des herrschenden Unternehmens, falls dieses ebenfalls die Rechtsform der Aktiengesellschaft hat; das gilt entsprechend für seine Änderung. Bei einer Aktiengesellschaft bedarf der Beschluss einer qualifi‐ zierten Mehrheit. Mit seiner Eintragung in das Handelsregister wird der Vertrag wirksam. Der Unternehmensvertrag endet durch Ablauf der verein‐ barten Laufzeit, durch Ausübung eines vertraglich vereinbarten Rechts zur ordentlichen Kündigung, durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde oder durch Aufhebung. 14.2.2 Beherrschungsvertrag; Gewinnabführungsvertrag Durch den Beherrschungsvertrag unterstellt eine Aktiengesellschaft die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen (§ 291 AktG). Das herrschende Unternehmen ist danach berechtigt, dem Vorstand der Untergesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen; zulässig sind auch Weisungen, die für die Untergesellschaft nach‐ teilig sind, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder des Konzerns dienen (§ 308 AktG). Durch das Weisungsrecht wird die eigenverantwortliche Leitung der abhängigen Aktiengesellschaft durch den Vorstand beseitigt. Die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unterneh‐ mens haben bei der Erteilung von Weisungen sorgfältig zu handeln; bei Verstoß sind sie persönlich der Untergesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 309 AktG). Durch den Gewinnabführungsvertrag verpflichtet sich eine Aktiengesell‐ schaft, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (§ 291 AktG); gemeint ist der Bilanzgewinn, wie er sich ergäbe, wenn kein Gewinnabführungsvertrag bestände, nach Abzug des Betrages, der in die gesetzliche Rücklage gem. §-300 Nr.-1 AktG einzustellen ist (§ 301 AktG). Besteht ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag, so hat die Obergesellschaft jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahres‐ fehlbetrag auszugleichen; das gilt nicht, soweit dieser durch Entnahmen aus 14.2 Unternehmensverträge (Vertragskonzern) 289 anderen Gewinnrücklagen, die während der Vertragsdauer gebildet worden sind, ausgeglichen wird (§ 302 AktG). Der Gewinnabführungsvertrag wird im Hinblick auf die Verlustdeckungspflicht auch als Ergebnisabführungs‐ vertrag bezeichnet. Die Gewinnabführung hat zur Folge, dass bei der Untergesellschaft ein Bilanzgewinn nicht mehr entstehen kann, deshalb muss der Vertrag einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine jährlich wiederkehrende Zahlung je Aktie (Ausgleichszahlung) vorsehen (§ 304 AktG). Besteht kein Gewinnabführungsvertrag, wohl aber ein Be‐ herrschungsvertrag, so kann die Untergesellschaft weiterhin einen Bilanz‐ gewinn erwirtschaften und Dividende ausschütten; die Gewinnchancen der Untergesellschaft sind aber durch die Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens beeinträchtigt. Aus diesem Grunde ist auch im Falle eines solchen isolierten Beherrschungsvertrags den außenstehenden Aktionären als angemessener Ausgleich ein bestimmter jährlicher Gewinnanteil zu garantieren, dessen Höhe der Ausgleichszahlung entspricht. Bleibt die Di‐ vidende dahinter zurück, so hat die Obergesellschaft den Unterschiedsbetrag auszugleichen. Ist der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen, so hat auf Antrag eines außenstehenden Aktionärs das zuständige Landgericht den vertraglich geschuldeten Ausgleich zu bestimmen (§ 304 Abs. 3 AktG, § 2 SpruchG). Neben der Ausgleichszahlung hat die Obergesellschaft einem außenste‐ henden Aktionär in dem Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag anzubieten, seine Aktien gegen eine Abfindung zu erwerben; die Abfindung muss in bestimmten Fällen in Aktien, ansonsten in bar gewährt werden (§ 305 AktG). Sieht der Vertrag überhaupt keine Abfindung vor oder ist diese nicht angemessen, so hat auf Antrag eines außenstehenden Aktionärs das zuständige Landgericht im Spruchverfahren die zu gewährende Barab‐ findung zu bestimmen (§-305 Abs. 5 AktG, § 2 SpruchG). Bei Beendigung eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvert‐ rages ist die Obergesellschaft verpflichtet, bestimmten Gläubigern der Untergesellschaft Sicherheit zu leisten (§ 303 AktG). Leistungen der Gesellschaft, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erfolgen, gelten nicht als Verstoß gegen die auf Kapitalerhaltung bzw. auf Gleichbehandlung der Aktionäre abzielenden Vorschriften der §§-57, 58 und 60 AktG. Der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen mit Tochtergesellschaften ist auch bei mittelständischen Unternehmen verbrei‐ 290 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) tet zwecks Herbeiführung einer steuerlichen Organschaft nach §§ 14 ff. KStG. Aufgrund des Gewinnabführungsvertrags ist das positive oder nega‐ tive Ergebnis der Organgesellschaft (Untergesellschaft) dem Organträger (Obergesellschaft) steuerlich zuzurechnen. 14.2.3 Andere Unternehmensverträge Die „anderen Unternehmensverträge“ nach § 292 AktG unterscheiden sich von den in § 291 AktG aufgeführten Unternehmensverträgen (Beherr‐ schungsvertrag, Gewinnabführungsvertrag) dadurch, dass es sich bei ihnen um schuldrechtliche Verträge mit Austausch von Leistung und Gegenleis‐ tung handelt, ferner dass in die eigenverantwortliche Leitung der Gesell‐ schaft durch den Vorstand nicht eingegriffen und die Kapitalbindung (§§ 57, 58, 60 AktG) nicht gelockert wird, so dass die Struktur der Untergesellschaft nicht verändert wird. Wichtigster Anwendungsfall des § 292 AktG ist die Beteiligung eines stillen Gesellschafters nach §§ 230 ff. HGB an der Aktiengesellschaft, da die stille Gesellschaft als Teilgewinnabführungsvertrag gilt (zur stillen Gesell‐ schaft s. Abschn. 11.6). Werden bei der Eingehung einer stillen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft die Vorschriften über den Abschluss von Unter‐ nehmensverträgen nicht beachtet, insbesondere nicht die Zustimmung der Hauptversammlung eingeholt oder die Eintragung in das Handelsregister herbeigeführt, ist der Vertrag über die stille Gesellschaft unwirksam. Der Zustimmung der Hauptversammlung und der Prüfung bedarf es nicht, wenn die Aktiengesellschaft bei dem Vertrag über die Errichtung der stillen Gesell‐ schaft nicht die Stellung des gewinnabführungspflichtigen Unternehmens, sondern die der gewinnberechtigten stillen Gesellschafterin innehat. 14.3 Abhängigkeitsverhältnisse (faktischer Konzern) Die §§ 311 bis 318 AktG regeln im Interesse der Gläubiger und der Min‐ derheitsaktionäre der abhängigen Gesellschaft die Verantwortlichkeit des herrschenden Unternehmens in dem Fall, dass ein Beherrschungsvertrag mit der abhängigen Gesellschaft gerade nicht besteht; sie besagen damit zugleich, dass die Bildung eines faktischen Konzerns mit Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft grundsätzlich zulässig ist. Wird der Einfluss dazu benutzt, die Gesellschaft zu veranlassen, nachteilige Rechtsgeschäfte vorzu‐ 14.3 Abhängigkeitsverhältnisse (faktischer Konzern) 291 nehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen oder zu unterlassen, so ist das nicht verboten, wenn das herrschende Unternehmen die Nachteile ausgleicht, die dem abhängigen Unternehmen dadurch entstehen. Die erhebliche praktische Bedeutung der gesetzlichen Bestimmungen zur Verantwortlichkeit bei Fehlen eines Beherrschungsvertrags ergibt sich daraus, dass ihr Anwendungsbereich zwar groß ist, dabei aber die daraus fol‐ genden Verpflichtungen nicht allgemein bekannt sind. Die Bestimmungen sind zu beachten und zu befolgen, wenn ein Unternehmen an der Aktienge‐ sellschaft eine Mehrheitsbeteiligung, also mehr als 50 % der Stimmrechte hat, denn dann wird das Bestehen der Abhängigkeit gesetzlich vermutet (§ 17 Abs. 2 AktG). Der Begriff des herrschenden Unternehmens ist rechts‐ formneutral, d. h. alle Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen können die Unternehmereigenschaft besitzen. Haben mehrere Gesellschaf‐ ter ihre Aktien zur gemeinsamen Ausübung ihrer Rechte in eine Gesellschaft eingebracht, so sind die Beteiligungen zusammenzurechnen; eine durch Aktionärsvereinbarung herbeigeführte Stimmbindung (s. dazu Abschn. 3.3) hingegen führt nicht zur Zusammenrechnung. Anders als beim Bestehen eines Beherrschungsvertrags ist der Vorstand der abhängigen Aktiengesellschaft im faktischen Konzern nicht verpflich‐ tet, auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens Handlungen zum Nachteil der Aktiengesellschaft vorzunehmen; er darf es auch nicht, wenn kein Ausgleich durch das herrschende Unternehmen zu erwarten ist. Der Nachteilsausgleich steht im Mittelpunkt der §§ 311 bis 318 AktG. Grundsätzlich hat der Ausgleich noch während desselben Geschäftsjahrs zu erfolgen; geschieht das nicht, so hat das herrschende Unternehmen bis zum Ende des Geschäftsjahrs die Höhe und den Zeitpunkt der Ausgleichs‐ zahlung zu bestimmen und einen Vertrag über die Ausgleichung mit der abhängigen Gesellschaft zu schließen, so dass diese einen entsprechenden, die Nachteile kompensierenden Posten in die Bilanz einstellen kann. Die Nachteilsausgleichung wird dadurch abgesichert, dass der Vorstand der abhängigen Aktiengesellschaft einen Bericht über Beziehungen zu verbundenen Unternehmen aufzustellen hat. In dem Abhängigkeitsbericht (§ 312 AktG) sind alle Rechtsgeschäfte, welche die Aktiengesellschaft im vergangenen Geschäftsjahr nicht nur mit dem herrschenden Unternehmen selbst, sondern auch mit einem mit diesem verbundenen Unternehmen oder auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen vorgenom‐ men hat, und alle anderen Maßnahmen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse dieser Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr getroffen 292 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) oder unterlassen hat, aufzuführen. Bei den Rechtsgeschäften sind Leistung und Gegenleistung, bei den Maßnahmen die Gründe der Maßnahmen und deren Vorteile und Nachteile für die Gesellschaft anzugeben. Bei einem Ausgleich von Nachteilen ist im Einzelnen anzugeben, wie der Ausgleich während des Geschäftsjahrs tatsächlich erfolgt ist, oder auf welche Vorteile der Gesellschaft ein Rechtsanspruch gewährt worden ist. Der Abhängigkeitsbericht endet mit einer Schlusserklärung (§ 312 Abs. 3 AktG), die in den Lagebericht der Gesellschaft eingeht. Die Bedeutung des § 312 AktG wird dadurch unterstrichen, dass ein Verstoß gegen die Be‐ richtspflicht, sei es, dass der Bericht gar nicht erst erstellt wird, sei es, dass er unvollständig ist, zur Schadensersatzpflicht der Vorstandsmitglieder führen kann. Vorstände von Aktiengesellschaften sollten angesichts dessen durch ihre rechtlichen Berater das Bestehen von konzernrechtlichen Pflichten, insbesondere zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts, prüfen lassen und sich bei Veränderungen im Aktionärskreis erneut absichern. Der Abhängigkeitsbericht ist durch den Aufsichtsrat zu prüfen, der in seinem Bericht an die Hauptversammlung über das Ergebnis der Prüfung zu berichten hat (§ 314 AktG). Ist der Jahresabschluss durch einen Abschluss‐ prüfer zu prüfen, so unterliegt auch der Abhängigkeitsbericht der Prüfung durch den Abschlussprüfer. Besteht keine Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses, so kommt der Prüfung des Abhängigkeitsberichtes durch den Aufsichtsrat erhöhte Bedeutung zu. Ein Abhängigkeitsbericht ist nicht aufzustellen, wenn zwischen der abhängigen Aktiengesellschaft und dem herrschenden Unternehmen ein Gewinnabführungsvertrag besteht (§ 316 AktG), denn dann wird die abhän‐ gige Gesellschaft schon durch die Pflicht der herrschenden Gesellschaft zur Verlustübernahme gem. § 302 AktG geschützt. Der Anwendungsbereich des § 316 AktG ist klein, denn er kommt nur zur Anwendung bei Bestehen eines isolierten, d. h. nicht mit einem Beherrschungsvertrag zusammentreffenden Gewinnabführungsvertrags. Das herrschende Unternehmen haftet der abhängigen Aktiengesellschaft auf Ersatz des dieser entstehenden Schadens, wenn und soweit ein Nachteilsausgleich unterbleibt. Die Ersatzpflicht kann auch gegenüber den außenstehenden Aktionären der abhängigen Gesellschaft bestehen. Neben dem herrschenden Unternehmen selbst haften dessen gesetzliche Vertreter als Gesamtschuldner, ferner die Vorstandsmitglieder der abhängigen Gesell‐ schaft, wenn sie die Berichtspflicht (§ 312 AktG) verletzt haben, und neben ihnen schließlich die Aufsichtsratsmitglieder der abhängigen Gesellschaft, 14.3 Abhängigkeitsverhältnisse (faktischer Konzern) 293 wenn sie den Abhängigkeitsbericht nicht geprüft haben oder dabei nicht die gebotene Sorgfalt angewandt haben. 14.4 Ausschluss von Minderheitsaktionären Der Ausschluss von Minderheitsaktionären („Squeeze-out“) dient dem Ziel, die Entfaltung der unternehmerischen Initiative des Hauptaktionärs zu stärken. Dieser wird durch den Ausschluss der Minderheitsaktionäre zum Alleinaktionär mit der Folge, dass die Vorschriften des Aktiengesetzes zum Minderheitsschutz gegenstandslos werden und Anfechtungsklagen nicht mehr erhoben werden können. Der „Squeeze-out“ ist bei allen Aktiengesell‐ schaften möglich, also nicht nur bei börsennotierten Gesellschaften. Das Wesen des Ausschlussverfahrens wird zum Ausdruck gebracht in § 327a Abs.-1 AktG. Danach kann - die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft (oder KGaA) - auf Verlangen des Hauptaktionärs - die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptak‐ tionär - gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung durch den Haupt‐ aktionär beschließen. Hauptaktionär ist der Aktionär, dem Aktien der Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % des Grundkapitals gehören. Zum Vergleich: auch die Eingliederung nach § 320 AktG bedarf einer Minderheit von 95-%; die Eingliederung setzt aber voraus, dass die Mehrheitsgesellschafterin, die zukünftige Hauptgesellschaft, eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland ist. Der Ausschluss ist für den Hauptaktionär unabhängig von seiner Rechts‐ form und von seinem Sitz bzw. Wohnsitz zulässig. Der Hauptaktionär muss auch nicht unbedingt eine einzelne natürliche oder juristische Person sein; haben mehrere Gesellschafter ihre Aktien zur gemeinsamen Ausübung ihrer Rechte in eine Gesellschaft eingebracht, so ist diese Gesellschaft Hauptak‐ tionärin, wenn zu ihrem Gesamthandsvermögen Aktien in Höhe von 95 % des Grundkapitals gehören. Bei der Berechnung der Beteiligungsquote des zukünftigen Hauptgesellschafters zählen auch Aktien mit, die dieser im Wege der Wertpapierleihe (Sachdarlehen, §-607 AktG) erworben hat. Die Höhe der Barabfindung ist vom Hauptaktionär unter Berücksichti‐ gung der Verhältnisse der Aktiengesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfas‐ 294 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) sung festzulegen (§ 327b AktG). Der Vorstand darf die Hauptversammlung, in der über den Ausschluss abgestimmt werden soll, erst einberufen, wenn der Hauptaktionär ihm eine Bankbürgschaft übermittelt hat, die die Abfin‐ dungszahlungen abdeckt. Der Hauptaktionär - und nicht der Vorstand - hat der Hauptversamm‐ lung einen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Voraussetzungen für die Übertragung der Aktien dargelegt und die Angemessenheit der Barabfindung erläutert und begründet werden. Die Angemessenheit der Barabfindung ist durch einen auf Antrag des Hauptaktionärs vom Gericht ausgewählten und bestellten Wirtschaftsprüfer zu prüfen (§ 327c AktG). Der Bericht und die Prüfung sind entbehrlich, wenn alle Minderheitsaktionäre durch öffentlich beglaubigte Erklärung darauf verzichten. Der Vorstand hat den Übertragungsbeschluss zur Eintragung in das Handelsregister anzumel‐ den. Mit der Eintragung gehen alle Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär über (§ 327e AktG). Hat der Hauptaktionär eine Barabfindung nicht oder nicht ordnungsge‐ mäß angeboten oder ist die Barabfindung nicht angemessen, so hat auf Antrag eines ausgeschiedenen Minderheitsaktionärs das zuständige Land‐ gericht im Spruchverfahren die angemessene Barabfindung zu bestimmen (§ 327 f AktG, § 2 SpruchG). Der Antrag ist innerhalb von zwei Monaten nach der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister zu stellen. 14.5 Wechselseitig beteiligte Unternehmen Bei Bestehen einer wechselseitigen Beteiligung einer Aktiengesellschaft und einer anderen Kapitalgesellschaft kann ein Unternehmen seine Rechte aus den ihm gehörenden Anteilen an dem anderen Unternehmen nur bis zur Höhe von 25 % ausüben; soweit die Beteiligung ein Viertel übersteigt, besteht eine Ausübungssperre. Diese Beschränkung gilt nach § 328 Abs. 1 S. 2 AktG wiederum nicht für den Bezug neuer Aktien bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Die Ausübungssperre besteht auch dann nicht, wenn eine Kapitalgesellschaft einer Aktiengesellschaft nach § 20 Abs. 3 AktG oder wenn eine Aktiengesellschaft einer anderen Kapitalgesellschaft eine Mittei‐ lung nach § 21 Abs. 1 AktG über die Begründung einer Schachtelbeteiligung gemacht hat, bevor es von dem anderen Unternehmen eine solche Mitteilung erhalten hat oder ihm das Bestehen der wechselseitigen Beteiligung bekannt 14.5 Wechselseitig beteiligte Unternehmen 295 geworden ist (§ 328 Abs. 2 AktG); zu den Mitteilungspflichten nach §§ 20, 21 AktG s. Abschn. 14.1. 14.6 Rechnungslegung Zweck der Konzernrechnungslegungsvorschriften (§§ 290 bis 315e HGB) ist die Information Außenstehender über die wirtschaftliche Lage des Kon‐ zerns, da Einzelabschlüsse bei enger wirtschaftlicher Verflechtung keinen zutreffenden Einblick ermöglichen. Pflicht zur Aufstellung Die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzern‐ lageberichts trifft nur Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland. Die Aufstel‐ lungspflicht besteht, wenn das Mutterunternehmen auf ein Tochterunter‐ nehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Ein beherrschender Einfluss des Mutterunternehmens besteht nach § 290 Abs.2 HGB stets insbesondere dann, wenn ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschaft zusteht oder ein Beherrschungsvertrag geschlossen worden ist. In den Konzernabschluss sind das Mutterunternehmen und grundsätzlich alle Tochterunternehmen ohne Rücksicht auf den Sitz und die Rechtsform der Tochterunternehmen einzubeziehen. Ein Mutterunternehmen ist von der Pflicht, einen Konzernabschluss aufzustellen, befreit, wenn es nur Toch‐ terunternehmen hat, die gemäß § 296 HGB nicht in den Konzernabschluss einzubeziehen sind. Der Konzernabschluss besteht aus der Konzernbilanz, der Konzern-Ge‐ winn- und Verlustrechnung, dem Konzernanhang, der Kapitalflussrechnung und dem Eigenkapitalspiegel; er kann um eine Segmentberichterstattung erweitert werden (§ 297 HGB). Die meisten der für die Aufstellung des Jahresabschlusses geltenden Vorschriften sind auf den Konzernabschluss entsprechend anzuwenden (§-298 HGB). Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards Kapitalmarktorientierte Unternehmen haben einen Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards aufzustellen (§ 315e HGB). 296 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) Befreiung von der Aufstellungspflicht Die Aufstellungspflicht entfällt, wenn das Mutterunternehmen zugleich selbst Tochterunternehmen eines anderen Mutterunternehmens mit Sitz in Deutschland oder in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, und wenn das andere Mutterunternehmen einen Kon‐ zernabschluss nebst Konzernlagebericht in deutscher Sprache offengelegt hat gem. §§ 325 ff. HGB; zu den weiteren Voraussetzungen für die Befrei‐ ung s. § 291 HGB. Konzernabschlüsse aus Drittstaaten können unter den Voraussetzungen des § 292 HGB ebenfalls befreiende Wirkung haben. Die größenabhängigen Befreiungen sind für mittelständische Gesellschaf‐ ten von erheblicher praktischer Bedeutung, siehe dazu § 293 HGB. Konsolidierung Ziel des Konzernabschlusses ist, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der einbezogenen Unternehmen so darzustellen, als ob diese ein einziges Unternehmen seien, sog. Einheitstheorie (vgl. § 297 Abs. 3 HGB). Der Kreis der in den Konzernabschluss einzubeziehenden Unternehmen (Kon‐ solidierungskreis) ergibt sich aus §§ 294 und 296 HGB. Grundsätzlich sind das Mutterunternehmen und alle Tochterunternehmen ohne Rücksicht auf deren Sitz einzubeziehen. Die Darstellung der einbezogenen Unternehmen als Einheit wird erreicht durch die Vollkonsolidierung (§§ 300 bis 307 HGB). Dabei ist im Konzern‐ abschluss der Jahresabschluss des Mutterunternehmens mit den Jahresab‐ schlüssen der Tochterunternehmen zusammenzufassen. Zu diesem Zweck werden zunächst die Posten der Bilanzen aller einbezogenen Unternehmen addiert. In der so entstandenen Summenbilanz sind die Werte der Tochter‐ unternehmen doppelt erfasst, weil zum einen die beim Mutterunternehmen bilanzierte Beteiligung und zum anderen die Vermögensgegenstände und Schulden der Tochterunternehmen enthalten sind. Die Doppelterfassungen werden im Wege der Kapitalkonsolidierung in der Weise beseitigt, dass die Beteiligungsansätze des Mutterunternehmens mit dem auf diese Anteile entfallenden Betrag des Eigenkapitals des Tochterunternehmens verrechnet werden, wodurch die Kapitalverflechtung zwischen Mutter- und Tochter‐ unternehmen eliminiert wird; die Beteiligung wird durch die Aktiv- und Passivposten des Tochterunternehmens ersetzt. 14.6 Rechnungslegung 297 Ausleihungen und andere Forderungen, Rückstellungen und Verbind‐ lichkeiten zwischen den in den Konzernabschluss einbezogenen Unterneh‐ men sowie entsprechende Rechnungsabgrenzungsposten sind wegzulassen (Schuldenkonsolidierung). Vermögensgegenstände, die auf Lieferungen und Leistungen zwischen einbezogenen Unternehmen beruhen, sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des liefernden Konzernunterneh‐ mens gegenüber Dritten anzusetzen, so dass der Gewinn oder Verlust aus der Weiterlieferung an das andere Konzernunternehmen unberücksichtigt bleibt (Zwischenerfolgseliminierung). In der Konzern-Gewinn- und Verlust‐ rechnung sind Erträge aus Lieferungen und Leistungen zwischen den in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen mit den auf sie entfallenden Aufwendungen zu verrechnen (Aufwands- und Ertragskonsolidierung). Sind neben dem Mutterunternehmen andere, nicht konzernzugehörige Gesellschafter an einem Tochterunternehmen beteiligt, so sind die Anteile der anderen Gesellschafter am Eigenkapital und am Jahresergebnis unter entsprechender Bezeichnung gesondert auszuweisen. Prüfung Der Konzernabschluss und Konzernlagebericht sind durch einen Abschluss‐ prüfer zu prüfen; hat keine Prüfung stattgefunden, so kann der Konzern‐ abschluss nicht gebilligt werden. Die Vorschriften über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts gelten für den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht entsprechend (vgl. § 171 AktG, §§ 316 ff. HGB). Offenlegung Der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht sind im Bundesanzeiger offenzulegen (§§ 325 ff. HGB). 298 14 Verbundene Unternehmen (Konzern) 15 Auflösung, Abwicklung, Löschung Die Entstehung der Aktiengesellschaft durch Gründung oder Umwandlung wurde oben eingehend dargestellt. Am Ende der Gesellschaft stehen die Auflösung und die Beendigung durch Löschung. Auflösung (§ 262 AktG) Durch die Auflösung ändert sich der Zweck der Gesellschaft. Dieser war zuvor auf Gewinnerzielung durch Betreiben des Unternehmensgegenstan‐ des gerichtet und zielt nun auf die Abwicklung (Liquidation). Im Rahmen des Abwicklungszwecks besteht die Aktiengesellschaft fort, um ihr Vermögen zu verflüssigen, die Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen und um einen danach etwa verbleibenden Überschuss unter die Aktionäre zu verteilen. Mit der Verteilung des Überschusses ist die Abwicklung beendet, die Gesell‐ schaft ist im Handelsregister zu löschen. Die Auflösung der Gesellschaft tritt insbesondere ein durch - einen mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Auflösungsbeschluss der Hauptversammlung; - die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesell‐ schaft - oder die Ablehnung der Eröffnung mangels Masse; - die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit. Der Vorstand ist verpflichtet, die von der Hauptversammlung beschlossene Auflösung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumel‐ den, wobei die Eintragung nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses ist. Abwicklung (§ 264 AktG) Nach der Auflösung findet die Abwicklung der Gesellschaft statt, wenn nicht das Insolvenzverfahren über das Vermögen eröffnet worden ist. Beruht die Auflösung der Gesellschaft auf der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wird das aktienrechtliche Abwicklungsverfahren durch das Verfahren nach der Insolvenzordnung ersetzt. Ist die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, so findet keine Abwicklung statt; etwas anderes gilt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass verteilbares Vermögen vorhanden ist (Nachtragsabwicklung). Sofern nicht die Satzung oder die Hauptversammlung andere Personen als Abwickler bestellen, werden die Vorstandsmitglieder als Abwickler tätig. Abwickler kann auch eine juristische Person sein. Im Falle der Nachtrags‐ abwicklung werden die Abwickler vom Registergericht ernannt. Die Abwickler haben die Gläubiger unter Hinweis auf die Auflösung der Gesellschaft zur Anmeldung ihrer Ansprüche durch Aufruf im Bundesanzei‐ ger aufzufordern. Die Abwickler haben die laufenden Geschäfte zu beenden, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen. Neue Geschäfte dürfen eingegangen werden, soweit die Abwicklung es erfordert. Stellen die Abwickler bei Übernahme des Amts oder später im Laufe der Abwicklung fest, dass die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist, so sind sie wie die Vorstandsmitglie‐ der einer werbenden Gesellschaft verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen (§-15a InsO; s. Abschn. 5.5.5.2). Die Hauptversammlung kann die Fortsetzung einer durch Auflösungs‐ beschluss aufgelösten Gesellschaft beschließen, falls sie noch nicht im Handelsregister gelöscht ist, das Gesellschaftsvermögen die Schulden deckt und mit der Verteilung des Vermögens unter die Aktionäre noch nicht begonnen worden ist. Die Fortsetzung ist auch zulässig, wenn bei einer durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten Gesellschaft das Insolvenzverfahren später auf Antrag der Gesellschaft eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben wird. Der Fortsetzungsbeschluss bedarf einer qualifi‐ zierten Mehrheit. Die Abwickler haben für den Beginn der Abwicklung eine Eröffnungsbi‐ lanz nebst einem erläuternden Bericht aufzustellen; Stichtag ist der Tag der Auflösung der Gesellschaft. Des Weiteren haben sie für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresabschluss und ggf. einen Lagebericht aufzustellen, wobei das erste Geschäftsjahr am Tag der Auflösung beginnt. Die Feststellungskompetenz liegt bei der Hauptversammlung. Das Gericht kann von der Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses Befreiung erteilen. Nach Begleichung der Verbindlichkeiten erfolgt die Verteilung des ver‐ bleibenden Vermögens unter die Aktionäre, wobei die Zuteilung nach dem Anteil am Grundkapital erfolgt, wenn keine Aktien besonderer Gattung bevorzugt zu bedenken sind. Die Verteilung des Vermögens unter die Ak‐ 300 15 Auflösung, Abwicklung, Löschung tionäre darf allerdings nicht vor Ablauf eines Jahres seit Bekanntmachung des Aufrufs der Gläubiger erfolgen. Nach Beendigung der Abwicklung und Erteilung der Schlussrechnung ist der Schluss der Abwicklung von den Abwicklern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, woraufhin das Registergericht die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister verfügt. Löschung (§ 273 AktG) Die im Anschluss an die Abwicklung der Gesellschaft folgende Löschung durch das Registergericht ist das Gegenstück zur Eintragung. Während die Aktiengesellschaft mit der Eintragung als juristische Person entsteht (§ 41 AktG) und Rechtsfähigkeit erlangt, endet sie mit der Löschung und die juristische Person geht unter, da sie ohne Handelsregistereintragung nicht existieren kann. Der Wegfall der Rechtsfähigkeit bedeutet, dass die Gesellschaft keine Rechte und Pflichten mehr erwerben und nicht mehr klagen oder verklagt werden kann. Eine Gesellschaft ist auch ohne vorangehende Abwicklung im Handels‐ register zu löschen, sofern Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz die Übertragung des gesamten Vermögens an einen anderen Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bewirken. Da in diesem Fall bei der übertragenden Gesellschaft keine Vermögensgegenstände und Verbind‐ lichkeiten verbleiben, erübrigt sich eine Abwicklung. Die Eintragung der Umwandlungsmaßnahme in das Handelsregister bewirkt das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft (§ 20 UmwG), hier fallen Eintragung und Erlöschen zusammen. Bei der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit entfällt die Abwicklung, hier fallen Auflösung und Löschung zusammen. 15 Auflösung, Abwicklung, Löschung 301 16 Mitarbeiterbeteiligung Häufig ist bei mittelständischen Unternehmen die erstrebte Einrichtung einer Mitarbeiterbeteiligung eine wichtiger Grund für die Wahl der Rechts‐ form der Aktiengesellschaft. Die Ausgestaltung einer Mitarbeiterbeteiligung hängt in hohem Maße von den individuellen Gegebenheiten und den Vor‐ stellungen der Unternehmensleitung und der Gesellschafter ab. Angesichts dessen und wegen fehlender gesetzlicher Vorgaben fallen die Modelle in der Praxis sehr unterschiedlich aus. Die schlichte Übernahme von Regelungs‐ werken anderer Unternehmen verbietet sich deshalb. Es haben sich einige Grundtypen von Beteiligungsmodellen herausgebildet, und diese sollen nachstehend dargestellt werden. 16.1 Einführung Die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen des Arbeitgebers fördert die Leistungsmotivation und verstärkt die Bindung an das Unternehmen. Zu unterscheiden sind die Erfolgsbeteiligung und die Kapitalbeteiligung. Bei einer Erfolgsbeteiligung werden zusätzliche Vergütungen für das Erreichen bestimmter Ziele gewährt, z. B. bei dem Jahresüberschuss des Unternehmens, dem Umsatz des Mitarbeiters bzw. seiner Abteilung oder dem Ergebnis des Betriebes. Zu den Erfolgsbeteiligungen zählt auch die Ausgabe von Stock Options (Aktienbezugsrechte). Die Aktienbezugsrechte werden in der Praxis oftmals nicht oder nur teilweise zum Erwerb von dauerhaften Kapitalbeteiligungen genutzt, denn wenn der Kurs der Aktien nach Ablauf der Ausübungsfrist unter dem Ausgabebetrag (Basispreis) liegt, wird der Mitarbeiter die Aktien nicht erwerben und die Optionen verfallen lassen. Liegt der Kurs hingegen darüber, wird er die bezogenen Aktien zumindest zu einem nicht unbeträchtlichen Teil verkaufen müssen, um die ausgelösten Lohnsteuern abzudecken. Bei einer Kapitalbeteiligung wird der Mitarbeiter am Eigenkapital des Unternehmens beteiligt. Beide Beteiligungsarten lassen sich kombinieren, etwa indem die Kapitalbeteiligung von dem Mitarbeiter nicht gegen Zahlung eines Entgelts aus eigenen Mitteln erworben, sondern ihm aufgrund einer Erfolgsbeteiligung vom Arbeitgeber übertragen wird. Gegenstand dieses Kapitels ist allein die Mitarbeiterbeteiligung durch Teilhabe am Eigenkapital, und so wird der Begriff der Mitarbeiterbeteiligung nachfolgend ausschließlich benutzt. Die Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungen im Unternehmen ist Gegenstand der betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung (zu dieser s. Abschn. 6.1.2 und 6.1.3) und wird an dieser Stelle nicht behandelt. 16.2 Formen der Kapitalbeteiligung Die zur Finanzierung der Unternehmenstätigkeit eingesetzten Mittel beste‐ hen aus dem Eigenkapital und dem Fremdkapital. Das Fremdkapital wird gebildet aus den Verbindlichkeiten des Unter‐ nehmens, z. B. gegenüber Lieferanten sowie Banken und anderen Darle‐ hensgebern. Die Begründung einer Mitarbeiterbeteiligung im Wege einer Fremdkapitalüberlassung, z. B. durch Gewährung eines festverzinslichen Darlehens, ist unüblich. Das Eigenkapital steht den Gesellschaftern des Unternehmens zu. Es unterliegt nicht einer Pflicht zur Rückzahlung, nimmt an Gewinnen und Verlusten teil, vermittelt die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten und stellt zugleich das Haftkapital für die Unternehmensverbindlichkeiten dar. Die Teilhabe am Eigenkapital wird bei der Gesellschaft mit beschränk‐ ter Haftung durch Geschäftsanteile und bei der Aktiengesellschaft durch Aktien ausgedrückt. Die Beteiligung von Mitarbeitern am Eigenkapital ist gleichbedeutend mit ihrer Aufnahme als Gesellschafter. Mittelständische Unternehmen sind rechtlich zumeist als Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG oder GmbH & Co. KG) oder als GmbH und in zunehmendem Maße als Aktiengesellschaft organisiert. Die Aufnahme von Arbeitnehmern als Mitgesellschafter ist bei Personengesellschaften nicht üblich und bei der GmbH nur vereinzelt anzutreffen. Dagegen ist die unmittelbare Beteiligung der Arbeitnehmer als Aktionäre bei der Aktiengesellschaft weit verbreitet. Zahlreiche Mitarbeiterbeteiligungsmodelle stellen Mischformen dar, die weder eindeutig Eigenkapitalnoch Fremdkapitalcharakter aufweisen. Bei ihnen werden die Arbeitnehmer zwar nicht Mitgesellschafter, ihre Stellung ist aber in wirtschaftlicher Hinsicht der eines Gesellschafters ähnlich durch die Teilnahme an Gewinn und Verlust der Gesellschaft. Derartige Mischformen sind insbesondere die stille Beteiligung, die Ausgabe von Genussrechten und die indirekte Beteiligung. 304 16 Mitarbeiterbeteiligung Allen Formen der Mitarbeiterbeteiligung ist gemeinsam, dass sich - bei entsprechender Relation zwischen dem Kapitalbeitrag der Arbeitnehmer und dem Gesamtkapital - über die unternehmerische Einbindung der Mitarbeiter hinaus auch ein Finanzierungseffekt einstellt. Mittel, die sonst für private Zwecke der Arbeitnehmer eingesetzt worden wären, stehen bei einer Verwendung im Rahmen einer Mitarbeiterbeteiligung auf Dauer dem Unternehmen zur Finanzierung der Geschäftstätigkeit zur Verfügung und mindern die Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern, insbesondere von Banken. Nachstehend werden die gebräuchlichsten Rechtsgestaltungen darge‐ stellt. 16.3 Stille Gesellschaft Die Mitarbeiterbeteiligung kann durch Einräumung von stillen Beteiligun‐ gen an dem Unternehmen hergestellt werden. Die stille Gesellschaft ist ein‐ gehend dargestellt in Abschn. 11.6. Für eine Mitarbeiterbeteiligung kommt nur die typische stille Gesellschaft in Betracht. Die atypische stille Gesell‐ schaft ist nicht geeignet, da sie dazu führen würde, dass der Arbeitslohn der Mitarbeiter steuerlich in - gewerbesteuerpflichtige - Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert würde. 16.3.1 Ausgestaltung der stillen Beteiligung von Mitarbeitern Bei Verwirklichung einer Mitarbeiterbeteiligung durch - typische - stille Beteiligungen der Arbeitnehmer bedürfen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 230 ff. HGB der Änderung bzw. Ergänzung in den abzuschließenden Verträgen. Üblich ist, auch aus steuerlichen Gründen, eine Mindestvertrags‐ dauer von sechs Jahren. Bei einer Reihe von Mitarbeiterbeteiligungsmodel‐ len nehmen die Stillen an etwaigen Verlusten teil; das daraus resultierende erhöhte Risiko wird gewöhnlich durch eine höhere Gewinnbeteiligung abgegolten. Die Gewinnbeteiligung knüpft an unterschiedliche Faktoren an. Eine gewinnabhängige Mindestverzinsung wird nur bei wenigen Mi‐ tarbeiterbeteiligungsmodellen gewährt. Die Höhe der Gewinnbeteiligung hängt zumeist vom Jahresüberschuss des Unternehmens ab, kann aber auch auf andere Größen bezogen werden, z. B. auf die Umsatzrendite oder das Ergebnis eines bestimmten Betriebes. 16.3 Stille Gesellschaft 305 Für die Einlage kann vereinbart werden, dass sie im Insolvenzfall erst nach Begleichung aller anderen Verbindlichkeiten des Unternehmens auszuzah‐ len ist (Nachrangabrede), wodurch sie eigenkapitalersetzenden Charakter erlangt und dadurch die Kapitalbasis des Unternehmens stärkt und dessen Kreditwürdigkeit erhöht. 16.3.2 Vor- und Nachteile Als Vorteil einer Mitarbeiterbeteiligung durch stille Beteiligungen ist als erstes die große Flexibilität der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften der §§ 230 bis 236 HGB anzuführen, die eine individuelle Ausgestaltung möglich macht. Zudem wird die Geschäftsleitung des Unternehmensträgers durch das Vorhandensein stiller Beteiligungen nicht bzw. nicht nennenswert in ihren gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Für die Einlagen des Stillen sind weder Sicherheiten zu bestellen noch Zinsen zu vergüten; nur bei Erzielung eines Gewinns ist eine Gewinnbeteiligung auszuzahlen. Die an den typischen stillen Gesellschafter auszuzahlende Gewinnbeteiligung mindert den steuerpflichtigen Gewinn des Unternehmensträgers. Die stille Beteiligung bedarf keiner großen For‐ malitäten und ist für Unternehmen aller Rechtsformen geeignet. Aus Sicht des Mitarbeiters ist anzuführen, dass er einen Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage nach Ablauf der Mindestbeteiligungsfrist in voller Höhe besitzt, soweit die Einlage nicht durch Verluste gemindert ist. Wenn nicht Nachrangigkeit vereinbart ist, kann die Einlage bei einer Insolvenz des Arbeitgebers als Insolvenzforderung geltend gemacht werden. Als Nachteile für die Mitarbeiter sind zu nennen die fehlende Teilhabe an Unternehmenswertsteigerungen und der Ausschluss von den gesellschafts‐ rechtlichen Mitwirkungsrechten. Dazu kommt das Risiko des Verlusts der Einlage im Insolvenzfall. Als nachteilig aus der Sicht des Unternehmers kann angeführt werden, dass dem stillen Gesellschafter Informationen zu geben sind (§ 233 HGB i. V. m. § 166 HGB), auf die ein Darlehensgeber keinen Anspruch hätte, ferner dass die Einlage des Stillen - anders als die eines offen Beteiligten - grundsätzlich ähnlich einem Darlehen der Pflicht zur Rückzahlung unterliegt. 306 16 Mitarbeiterbeteiligung 16.4 Genussrechte Zum Begriff und zur Ausgestaltung von Genussrechten s. Abschn. 11.8. Werden Genussrechte im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen begründet, so ist gewöhnlich aus steuerlichen Gründen die Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen und eine Kündigung möglich. Die Vereinbarung einer Nachrangabrede ist zulässig. Im Übrigen gilt entspre‐ chend das, was vorstehend für die stille Gesellschaft ausgeführt wurde, mit Ausnahme dessen, dass den Berechtigten nicht die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters zustehen. 16.5 Indirekte Beteiligung Bei der indirekten Beteiligung tritt der Mitarbeiter nicht in Rechtsbezie‐ hungen zu dem Unternehmen des Arbeitgebers, er erwirbt vielmehr eine Beteiligung an einer Gesellschaft, die ihrerseits an dem Unternehmen als Gesellschafter beteiligt ist. Die Beteiligungsgesellschaft hat in der Regel die Rechtsform der GmbH. Die Mitarbeiter sind an dieser Beteiligungs-GmbH als stille Gesellschafter oder - seltener - über den Erwerb von Geschäftsan‐ teilen direkt als Gesellschafter beteiligt. Durch die Zwischenschaltung der Beteiligungs-GmbH werden die ver‐ traglichen Beziehungen zwischen den beteiligten Arbeitnehmern und dem Unternehmen gebündelt. Rechtsbeziehungen zwischen einem Mitarbeiter und dem Unternehmen bestehen nur aufgrund des Arbeitsvertrages, wäh‐ rend gesellschaftsrechtliche Beziehungen alleine zu der Beteiligungs-GmbH begründet sind. Nur die Geschäftsführung der Beteiligungs-GmbH hat Kontrollrechte in Bezug auf das Unternehmen. Die Beteiligungs-GmbH kann auch an mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen einer Unter‐ nehmensgruppe beteiligt sein. 16.6 Aktien Durch Ausgabe von Aktien an die Mitarbeiter (Belegschaftsaktien) werden diese zu Aktionären mit allen Rechten und Pflichten. Die Pflichten erschöp‐ fen sich in der Leistung der Einlage. Die Vermögens- und Verwaltungsrechte des Aktionärs können von jedem einzelnen Mitarbeiter uneingeschränkt 16.4 Genussrechte 307 selbst ausgeübt werden. Der Arbeitnehmer nimmt mit seinen Aktien an Wertsteigerungen, aber auch an Wertverlusten des Unternehmens teil. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage besteht nicht. Als Vorteil der Mitarbeiterbeteiligung durch Aktien ist in erster Linie deren langfristiges Wertsteigerungspotential anzuführen. Bei zahlreichen börsennotierten und nichtbörsennotierten Unternehmen sind auf Aktiener‐ werb basierende Mitarbeiterbeteiligungsmodelle unter großer Beteiligung der berechtigten Mitarbeiter erfolgreich eingerichtet worden. 16.7 Die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells Der Anstoß zur Einführung einer Mitarbeiterbeteiligung bei einem Unter‐ nehmen geht zumeist von der Geschäftsleitung aus. Der Weg bis hin zur Verwirklichung besteht aus mehreren Schritten, deren nachfolgende Darstellung rechtsformunabhängig ist und deshalb nicht alleine für Aktien‐ gesellschaften gilt. 16.7.1 Modellstruktur Zu Beginn steht die Beschaffung von Informationen über bereits bestehende Beteiligungsmodelle bei anderen Unternehmen, die Anregungen geben oder als Vorbild dienen können, sowie die Teilnahme an Fortbildungsveranstal‐ tungen bzw. die Einholung von Rat bei einschlägig erfahrenen Beratern. Nachdem ein erster Überblick über die unterschiedlichen Gestaltungsfor‐ men geschaffen ist, können die Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle mit den Gesellschaftern erörtert werden. Dabei muss Klarheit bestehen über die mit der Mitarbeiterbeteiligung verfolgten Ziele und über das Ausmaß der Bereitschaft der Gesellschafter, mit den Arbeitnehmern Rechte zu teilen, die bislang ausschließlich ihnen als den Unternehmensinhabern zugestanden haben. Zu klären ist in diesem Stadium insbesondere, ob die Mitarbeiter als Gesellschafter oder aber nur gesellschafterähnlich, z. B. als stille Gesellschafter, beteiligt werden sollen, wie hoch ihre Beteiligungsquote langfristig werden soll, wie stark ihre Informations- und Kontrollrechte sein dürfen und wie das Kapital für die Beteiligungen aufgebracht wird. Wegen der bedeutsamen rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen derartiger Gestaltungen für das Unternehmen und die Gesellschafter wirken 308 16 Mitarbeiterbeteiligung der steuerliche Berater und ein in der Einführung von Mitarbeiterbeteili‐ gungsmodellen erfahrener Rechtsanwalt an der Festlegung der Eckdaten mit. Regelmäßig ist auch betriebswirtschaftliche Beratung in Anspruch zu nehmen im Zusammenhang mit Finanzierungsfragen und bei Erfor‐ derlichkeit einer Unternehmensbewertung. Zu den Aufgaben der Berater gehört es, bei unterschiedlichen Meinungen im Gesellschafterkreis einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, der von allen Beteiligten akzeptiert wird und somit ein einheitliches Auftreten des Gesellschafterkreises bei den erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen und gegenüber den Mitarbeitern ermöglicht. 16.7.2 Beteiligungskonzept Im zweiten Abschnitt ist auf der Grundlage der von den Gesellschaftern gebilligten Eckdaten ein Beteiligungskonzept auszuarbeiten. Diese Aufgabe wird sinnvollerweise einer Projektgruppe übertragen, der ein Mitglied der Geschäftsleitung und die externen Berater angehören. Mit dem Beteili‐ gungskonzept wird die Struktur des Mitarbeiterbeteiligungsmodells festge‐ legt. - 16.7.2.1 Beteiligungsform Aus der Sicht der Altgesellschafter stellt die Beteiligungsform ein bedeutsa‐ mes Element des Beteiligungskonzepts dar, denn von ihr hängt ab, ob und inwieweit sie in ihren unternehmerischen Befugnissen Einschränkungen hinzunehmen haben. Dabei verschafft der Erwerb einer Beteiligung am Eigenkapital dem Mitarbeiter größere Rechte als der Abschluss einer Verein‐ barung, die ihm lediglich eine gesellschafterähnliche Position einräumt, z. B. eine stille Beteiligung. Die Beteiligung am Eigenkapital eines in der Rechts‐ form der GmbH bestehenden Arbeitgebers durch Erwerb eines Geschäfts‐ anteils ist weniger verbreitet, insbesondere wegen des uneingeschränkten Auskunfts- und Einsichtsrechts, das jedem GmbH-Gesellschafter zusteht (§ 51a GmbHG). Demgegenüber ist die Eingehung einer Beteiligung am Eigenkapital einer Aktiengesellschaft durch Erwerb von Aktien sehr häufig anzutreffen. Ein uneingeschränktes Auskunfts- und Einsichtsrecht steht hier nur dem Aufsichtsrat zu, nicht aber dem einzelnen Aktionär; der Aktionär hat über den Anspruch auf Auskunftserteilung in der Hauptversammlung hinaus 16.7 Die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells 309 keine Informationsrechte. Dazu kommt, dass Aktien einfacher zu übertra‐ gen sind als Geschäftsanteile der GmbH. Während die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils nur in notarieller Form möglich ist, bedarf es dazu bei der Aktie keiner besonderen Form, ein schriftlicher Kaufvertrag ist ausreichend. - 16.7.2.2 Kapitalaufbringung Aus der Perspektive des Mitarbeiters kommt der Frage der Kapitalaufbrin‐ gung große Bedeutung zu, also ob er das erforderliche Kapital aus eigenen Mitteln aufzubringen hat oder ob er die Beteiligung durch eine Zuwendung des Arbeitgebers erlangt, z.-B. im Rahmen einer Erfolgsbeteiligung. Soll der Mitarbeiter eigene Mittel einsetzen, so konkurriert das Beteili‐ gungsangebot des Arbeitgebers mit anderen Kapitalanlagemöglichkeiten. Die Entscheidung für oder gegen die Beteiligung wird dann davon abhängig sein, wie günstig der Mitarbeiter das Angebot aufgrund der für ihn geltenden Konditionen unter Berücksichtigung von Risikoerwägungen einschätzt. Für den Erwerb von Genussrechten und zur Eingehung einer stillen Gesellschaft mit Verlustbeteiligung wird ein Arbeitnehmer eigene Mittel nur dann einsetzen, wenn das Risiko der Verminderung des Kapitals in Folge von Verlustzuweisungen durch eine entsprechend hohe Gewinnbeteiligung, ggf. verbunden mit einer Mindestverzinsung, vergütet wird. Entsprechendes gilt, wenn eine lange Festlaufzeit der Beteiligung vereinbart wird. Beim Erwerb von Aktien ist auch die Veräußerbarkeit der Aktien ins Kalkül zu ziehen, denn nur börsennotierte Aktien können nach Ablauf der Sperrfrist jederzeit verkauft und damit zu Geld gemacht werden. Werden die Aktien auch nicht im Freiverkehr gehandelt, so ist die Veräußerbarkeit mangels Zusammenführung von Angebot und Nachfrage eingeschränkt; dazu kommt, dass sich ohne organisierten Handel auch kein Aktienpreis bilden kann. In diesem Fall wird ein Mitarbeiter nur dann aus seinen eigenen Ersparnissen Aktien des Arbeitgebers kaufen, wenn der Einstands‐ preis niedrig und die Wertsteigerungs- und Renditeaussichten sehr günstig erscheinen und wenn schließlich die Weiterveräußerung zu einem fairen Kurs erwartet werden kann, etwa weil vom Arbeitgeber eine innerbetrieb‐ liche Handelsstelle eingerichtet wird oder sich ein Altaktionär oder eine Aktionärsgruppe verpflichtet, unter gewissen Voraussetzungen Aktien von Mitarbeitern anzukaufen. 310 16 Mitarbeiterbeteiligung Bei vielen Mitarbeiterbeteiligungsmodellen erwirbt der Arbeitnehmer die Beteiligung zumindest teilweise ohne eigene Mittel aufwenden zu müssen, z. B. aufgrund von Bonuszahlungen. Ein solches Angebot wird in der Regel umfassend angenommen. - 16.7.2.3 Beteiligungsbedingungen Bei einem Beteiligungsmodell mit Genussrechten bzw. stillen Gesellschaften sind insbesondere folgende Eckdaten regelungsbedürftig: - Höhe des Kapitalbetrags (Mindest-/ Höchstbetrag), - Laufzeit, Kündigungsfristen, - Gewinnbeteiligung; Verlustbeteiligung, - Mindestverzinsung, - Kontrollrechte, - Folgen bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (Kündigung, Ruhe‐ stand), - Veräußerbarkeit; Verpfändbarkeit; Erbfall. Bei einer Mitarbeiterbeteiligung durch Aktienerwerb sind üblicherweise folgende Punkte zu regeln: - Zahl der Aktien, die ein Mitarbeiter erwerben kann (Mindest-/ Höchst‐ zahl), - Aktienpreis, - Sperrfrist, - Aktiengattung (Stamm-/ Vorzugsaktien), - Herkunft der Aktien (reguläre Kapitalerhöhung; eigene Aktien aus dem Bestand der Gesellschaft; Erwerb direkt vom Altgesellschafter; zu Lasten des Jahresüberschusses gem. § 204 AktG, - Finanzierungshilfe des Unternehmens bei Erwerb mit eigenen Mitteln, - Folgen bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (Kündigung, Ruhe‐ stand), - Veräußerbarkeit; Verpfändbarkeit; Erbfall, - Preisfindung bei Veräußerung. Von großer Bedeutung für den nachhaltigen Erfolg eines Mitarbeiterbetei‐ ligungsmodells ist die langfristige Entwicklung sowohl der Unternehmens‐ ergebnisse wie auch des Unternehmenswerts. Bei stillen Beteiligungen und Genussrechten ist die Gewinnbeteiligung und ggf. die Verlustbeteiligung 16.7 Die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells 311 so zu gestalten, dass auch eine starke und nachhaltige Veränderung der Ergebnissituation, ob positiv oder negativ, sich in angemessener und ver‐ tretbarer Weise auswirkt und Nachbesserungen der Beteiligungsformel nicht erforderlich werden. Entsprechendes gilt, wenn die Aktien nicht an einer Börse gehandelt werden, für die Festlegung der Grundlagen für die Ermittlung des Aktienpreises bei der Ausgabe und bei einer späteren Veräußerung. - 16.7.2.4 Teilnahmevoraussetzungen Im Hinblick auf die mit einer Mitarbeiterbeteiligung verfolgten Ziele emp‐ fiehlt es sich, den Kreis der Teilnahmeberechtigten möglichst weit zu ziehen. Damit vereinbar ist es aber, dass in aller Regel bestimmte Voraussetzungen aufgestellt werden, insbesondere eine Mindestbetriebszugehörigkeit und das Bestehen eines im Zeitpunkt der Eingehung der Beteiligung unbefriste‐ ten und ungekündigten Arbeitsverhältnisses. - 16.7.2.5 Steuerliche Förderung In geeigneten Fällen sind die steuerlichen Förderungsmöglichkeiten auszu‐ schöpfen. Durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG) wird die Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch vermögenswirksame Leis‐ tungen des Arbeitgebers mittels Sparzulagen des Staats gefördert. Vermö‐ genswirksame Leistungen sind Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer anlegt, z. B. auch zum Erwerb von Aktien oder von Genuss-Scheinen, die vom Arbeitgeber ausgegeben werden, sowie von (typischen) stillen Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers. Es gilt eine Sperrfrist von sechs Jahren. Die Sparzulage bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Werden die genannten Anlagen dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber unentgeltlich überlassen, so bleibt nach § 3 Nr. 39 EStG der darin liegende Sachbezug in Höhe von bis zu 1.440 Euro des Anlagebetrags im Kalenderjahr steuerfrei. 16.7.3 Realisierung Das von der Projektgruppe ausgearbeitete Beteiligungskonzept wird der Geschäftsleitung und den Gesellschaftern präsentiert und - nach Vor‐ nahme etwaiger Änderungen - verabschiedet. Zielt das Konzept auf eine Mitarbeiterbeteiligung durch Aktienerwerb, so sind spätestens jetzt die 312 16 Mitarbeiterbeteiligung erforderlichen gesellschaftsvertraglichen Umgestaltungen vorzunehmen, insbesondere auch zur Sicherung der Interessen der Altgesellschafter. Als Regelungsgegenstände kommen in Betracht die Stückelung der Aktien, die Vinkulierung, die Umstellung auf Namensaktien, die Mehrheitserfor‐ dernisse für Hauptversammlungsbeschlüsse, Entsendungsrecht in den Auf‐ sichtsrat, eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, die Begründung eines genehmigten Kapitals. Eine bestehende Aktionärsvereinbarung der Altgesellschafter ist im Hinblick auf die sich ändernden Gegebenheiten durchzusehen und ggf. anzupassen; besteht eine solche Vereinbarung nicht, sollte sie spätestens jetzt getroffen werden. In der Realisierungsphase erfolgt die Einbeziehung der Mitarbeiter, wenn dies nicht schon früher geschehen ist. Besteht ein Betriebsrat, so sind dessen Mitwirkungsrechte zu beachten. Der Arbeitgeber ist betriebs‐ verfassungsrechtlich frei in seiner Entscheidung, ob er überhaupt eine Mitarbeiterbeteiligung einführt, ob und in welcher Höhe er dazu Mittel zur Verfügung stellt und für welchen Personenkreis die Leistung bestimmt sein soll. Mitbestimmungsfrei ist also die Frage des „Ob“ der Einführung. Der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen aber nach §-87 Nr.-10 BetrVG die Verteilungsgrundsätze, also das „Wie“ der Leistungsgewährung. Dem Betriebsrat sollte so früh wie möglich Gelegenheit zur Mitgestal‐ tung gegeben werden. Die Arbeitnehmerseite kann auf diese Weise an der endgültigen Ausgestaltung des Beteiligungsmodells und an dessen Einführung mitwirken und sieht sich nicht vor vollendete Tatsachen ge‐ stellt. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat münden in den Abschluss einer Betriebsvereinbarung (§ 88 Nr. 3 BetrVG) des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat über die Einführung des Mitarbeiterbeteiligungsmodells. Die Betriebsvereinbarung enthält die für alle Mitarbeiter geltenden Regelungen des Beteiligungsmodells. Besteht kein Betriebsrat, so haben die Mitarbeiter keinen rechtlichen Anspruch auf Mitwirkung bei der Ausgestaltung des Modells. Es bietet sich dann an, das von den Gesellschaftern verabschiedete Modell im Rah‐ men einer Betriebsversammlung den Mitarbeitern zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Die daraus gezogenen Anregungen werden in die endgültige Fassung eingearbeitet. Bei der Erstellung der Endfassung der erforderlichen Unterlagen kommt der Arbeit der rechtlichen und steuerlichen Berater große Bedeutung zu. Den meisten Aufwand erfordert dabei die Ausformulierung der Betriebs‐ vereinbarung, die das Mitarbeiterbeteiligungsmodell in vollem Umfang 16.7 Die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells 313 rechtlich abzubilden hat. Scheidet der Abschluss einer Betriebsvereinbarung mangels Vorhandenseins eines Betriebsrats aus, so können die Regelungen über die Mitarbeiterbeteiligung entweder durch Abschluss entsprechender Vereinbarungen mit jedem einzelnen Mitarbeiter oder durch ein Beteili‐ gungsangebot im Rahmen einer Gesamtzusage unterbreitet werden. Dabei sollten sowohl individuelle Vereinbarungen als auch eine Gesamtzusage unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit der Leistung gestellt werden. Des Weiteren sind die für jeden Mitarbeiter individuell bestimmten Unterlagen fertigzustellen, das sind Bezugsangebot und Bezugsanmeldung, ggf. der Antrag auf Anlage vermögenswirksamer Leistungen sowie bei Aktienerwerb aus einer Kapitalerhöhung der Zeichnungsschein gem. § 185 AktG. Gleichzeitig sind die Vorbereitungen für die Beschaffung der bei einer Mitarbeiterbeteiligung mit Aktienerwerb benötigten Aktien zu treffen. Im Regelfall entstehen die Aktien durch eine Erhöhung des Grundkapitals, entweder mittels einer regulären Kapitalerhöhung oder aus genehmigtem Kapital. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass die Altgesellschafter ent‐ sprechend auf ihr Bezugsrecht verzichten. Denkbar ist aber auch die Verwendung von bereits bestehenden Aktien. So können die Mitarbeiter die Aktien unmittelbar von den Altgesellschaftern erwerben, aber auch von der Gesellschaft selbst, wenn diese eigene Aktien im Bestand hat. Der Erwerb eigener Aktien ist der Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, insbesondere auch zum Zwecke des Weiterverkaufs an Arbeitnehmer (s. Abschn. 11.4). Stammen die von den Mitarbeitern erworbenen Aktien von den Altgesellschaftern, sei es durch direkten Erwerb von ihnen, sei es indirekt über die Gesellschaft - nachdem diese sie ihrerseits von den Gesellschaftern erworben hat -, so liegt darin ein Kapitaltransfer von den Mitarbeitern an die Altgesellschafter. Bei Erwerb neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung hingegen fließen die Mittel der sich beteiligenden Arbeitnehmer in das Unternehmen und verstärken das Eigenkapital. Nach Abschluss aller Vorbereitungen wird das fertige Mitarbeiterbeteili‐ gungsmodell den Arbeitnehmern auf einer Betriebsversammlung vorgestellt und erläutert. Bei dieser Gelegenheit werden auch die Unterlagen, die zur Eingehung der Beteiligung des einzelnen Arbeitnehmers benötigt werden, ausgehändigt. Den Mitarbeitern wird eine Ansprechperson benannt, die sie individuell beraten und ggf. beim Ausfüllen der Formulare unterstützen kann, und bei der die Bezugsanmeldungen innerhalb der bekannt gegebenen Frist vorzulegen sind. 314 16 Mitarbeiterbeteiligung 16.7.4 Weiterentwicklung des Beteiligungsmodells Bleibt die Zahl der von den Mitarbeitern vorgelegten Bezugsanmeldungen hinter den Erwartungen zurück, so sollten die Gründe dafür analysiert und bei einer späteren Fortführung behoben werden. Die Modellpflege sollte der Projektgruppe übertragen werden, die das Beteiligungskonzept ausgearbeitet hatte. 16.7 Die Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells 315 17 Kommanditgesellschaft auf Aktien Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), geregelt in §§ 278 bis 290 AktG, ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet (persönlich haftender Gesellschafter) und die übrigen Gesellschafter an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (Kommanditaktionä Die herkömmliche KGaA mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist in der Praxis nicht sehr verbreitet. Der Grund dafür ist, dass die Eigenkapitalbeschaffung durch Begebung von Aktien nur bei größeren Unternehmen üblich ist, und dass bei diesen gewöhnlich niemand die persönliche Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten übernehmen will. Diese Rechtsform wird aber auch deshalb selten verwandt, weil die rechtlichen Vorschriften aus zwei unterschiedlichen Gesetzbüchern überaus kompliziert sind. Das Interesse an dieser Rechtsform ist angestiegen, nachdem der Bun‐ desgerichtshof die Übernahme der Rechtsstellung als persönlich haftender Gesellschafter durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zugelassen hatte, sog. GmbH & Co. KGaA. Der Bundesgerichtshof verlangt nur, dass die Firmierung der Gesellschaft erkennen lässt, dass bei ihr keine natürliche Person unbeschränkt als Komplementär haftet; das ist genauso wie bei der im HGB geregelten Kommanditgesellschaft, bei der ebenfalls eine Verdeut‐ lichung erforderlich ist, wenn alleiniger persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft ist (GmbH & Co. KG bzw. AG & Co. KG). Die KGaA kann auch von einer einzigen natürlichen oder juristi‐ schen Person gegründet werden, die die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters innehat und zugleich sämtliche Aktien der Gesellschaft als Kommanditaktionär übernimmt. Die KGaA hat keinen Vorstand. Die Geschäftsführungs- und Vertretungs‐ befugnis liegt bei dem persönlich haftenden Gesellschafter (§§ 161 Abs. 2, 114 HGB). Ist eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft persönlich haf‐ tende Gesellschafterin, so sind deren Geschäftsführer bzw. Vorstand zur Geschäftsführung und Vertretung bei der KGaA berufen. Der persönlich haftende Gesellschafter muss mit seinem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der KGaA einstehen (§ 128 HGB); bei Übernahme der persönlichen Haftung durch eine GmbH bzw. Aktiengesellschaft unterliegt nur deren Vermögen, das sind ggf. nur 25.000 bzw. 50.000 Euro, dem Zugriff der Gläubiger der KGaA. Die Kommanditaktionäre haften den Gläubigern der KGaA nicht persönlich, insofern besteht ein Unterschied zur Kommanditgesellschaft, wo ein Haftungsausschluss nur bei Einzahlung der Haftsumme eintritt und wo die Haftung auch wieder aufleben kann. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden von den Kommanditaktionären gewählt, soweit nicht mitbestimmungsrechtliche Vorschriften zur Anwen‐ dung kommen (dazu Abschn. 6.1). Der persönlich haftende Gesellschafter bzw. der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin kann nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein (§ 287 Abs. 3 AktG). Der Aufsichtsrat hat die Befugnisse gemäß § 90 AktG und § 111 Abs. 1 und Abs. 2 AktG, er kann aber keine Geschäftsordnung erlassen oder Zustimmungserforder‐ nisse gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG begründen. Er hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Gewinnverwendungsvorschlag sowie gegebenenfalls den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht zu prüfen und den Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung zu erstellen, die mit Zustimmung des persönlich haftenden Gesellschafters über die Feststellung des Jahresabschlusses beschließt (§ 286 Abs. 1 AktG). Die Kompetenzen der Hauptversammlung der KGaA entsprechen grund‐ sätzlich denen der Hauptversammlung bei der Aktiengesellschaft. Der Vorteil einer GmbH & Co. KGaA gegenüber der GmbH besteht darin, dass aufgrund der aktienrechtlichen Kapitalstruktur Eigenkapital über den Kapitalmarkt beschafft werden kann. Gegenüber der Aktienge‐ sellschaft gilt die Besonderheit, dass die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH dem von ihr bestellten Geschäftsführer, der zugleich die Geschäfte der GmbH & Co. KGaA leitet, durch Gesellschafterbeschluss nicht nur negativ verbietende, sondern auch positiv gebietende Weisungen zu Geschäftsführungsmaßnahmen erteilen kann, was bei der Aktiengesell‐ schaft wegen § 76 Abs. 1 AktG nicht möglich ist. 318 17 Kommanditgesellschaft auf Aktien 18 Besteuerung der Aktiengesellschaft und der Aktionäre Bei der Wahl der passenden Rechtsform für ein Unternehmen sind auch etwaige Unterschiede in der Besteuerung von Bedeutung. Zwischen der Aktiengesellschaft und der GmbH gibt es keine Unterschiede in der Besteue‐ rung der Gesellschaft selbst einerseits und der Gesellschafter bzw. Aktionäre andererseits. Hingegen sind die Unterschiede zu den Personenunternehmen, zu denen auch die GmbH & Co. KG zählt, beträchtlich. 18.1 Steuern vom Einkommen und Ertrag Laufende Besteuerung der Gesellschaft Die Aktiengesellschaft ist als juristische Person selbst steuerpflichtig Ihr Einkommen wird auf der Grundlage des nach den Vorschriften des Handels‐ gesetzbuches erstellten Jahresabschlusses unter Beachtung der steuerlichen Modifikationen ermittelt. Abweichungen gegenüber den handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften gibt es insbesondere im Bereich der Ansatz- und Bewertungswahlrechte. Auf das Einkommen hat die Gesellschaft Körper‐ schaftsteuer mit einem einheitlichen Satz von 15 % für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne nebst Ergänzungsabgabe (Solidaritätszuschlag) zu entrichten, ferner Gewerbesteuer auf den Gewerbeertrag, welcher aus dem für die Körperschaftsteuer maßgeblichen Einkommen abgeleitet ist. Laufende Besteuerung der Aktionäre Bei dem Aktionär unterliegt die zufließende Dividende als Einnahme aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer (§ 20 Abs. 1 EStG). Von der Dividende hat die Gesellschaft Kapitalertragsteuer (25 %, s. §§ 43, 43a EStG) und Solidaritätszuschlag (5,5 % der Kapitalertragsteuer, s. § 3 SolZG 1995) einzubehalten, womit die von dem Aktionär geschuldete Einkommen‐ steuer abgegolten ist. Werbungskosten sind nicht berücksichtigungsfähig. Auf Antrag des Aktionärs kann die Brutto-Dividende aber auch in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen und dadurch dem allgemeinen Tarif unterworfen werden. Das kommt insbesondere bei Aktionären mit niedrigem Einkommen und einem Spitzensteuersatz von weniger als 25 % in Betracht. Gehören die Aktien zu einem Betriebsvermögen, kommt das Teileinkünf‐ teverfahren zur Anwendung. Danach sind 40 % der Dividende steuerfrei (§ 3 Nr. 40 EStG), die verbleibenden 60 % unterliegen der Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif. Aktionäre, die zu mindestens 25 % an der Gesellschaft beteiligt sind, sowie Aktionäre mit einer Beteiligung von mindestens 1 % und einer beruflichen Tätigkeit für die Gesellschaft können für die Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren optieren (§ 32d Abs. 2 EStG); das kommt insbesondere für Aktionäre in Betracht, die die Beteiligung fremdfinanziert und damit entsprechende Zinsaufwendungen haben. Ist der Aktionär eine juristische Person, so sind Dividenden und Veräußerungsgewinne zu 95 % steuerfrei (§ 8b KStG). Bei der Aktiengesellschaft wird das steuerpflichtige Einkommen der Ge‐ sellschaft gemindert um an Gesellschafter gezahlte Zinsen für Gesellschaf‐ terdarlehen und Entgelte für geleistete Dienste und die Überlassung von Gegenständen und Rechten. Bei der GmbH & Co. KG wird der Gewinnanteil natürlicher Personen auf nicht entnommene Gewinne auf Antrag mit ledig‐ lich 28,25 % (§ 34a EStG) und im Übrigen mit bis zu 45 % besteuert. Der Ge‐ samtsteueraufwand bei Beteiligung an einer GmbH & Co. KG wird dadurch vermindert, dass die Belastung der Gesellschaft mit Gewerbesteuer ganz oder zum Teil ausgeglichen wird durch eine pauschalierte Anrechnung der von der Gesellschaft entrichteten Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer des Gesellschafters (§ 35 EStG). Unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten ist die Kapitalgesellschaft gegenüber einem Personenunternehmen zumeist vorteilhafter, wenn der Gewinn überwiegend nicht ausgeschüttet, sondern einbehalten wird. Veräußerung von Aktien Die steuerliche Behandlung der Veräußerung von zum Privatvermögen gehörenden Aktien richtet sich grundsätzlich nach der Höhe der Beteiligung des veräußernden Aktionärs. Abweichend davon ist der Gewinn aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen (dazu Abschn. 4.3.2) unabhängig von der Beteiligungsquote stets nach § 17 EStG steuerpflichtig. Ist der Veräußerer zu mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt, so sind Veräußerungsgeschäfte nach § 17 EStG zu besteuern. Dabei bleiben 40 % des 320 18 Besteuerung der Aktiengesellschaft und der Aktionäre Veräußerungspreises steuerfrei (§ 3 Nr. 40 EStG). Die weiteren 60 % unter‐ liegen der Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif, und insoweit sind die durch die Veräußerung veranlassten Aufwendungen steuerlich berücksich‐ tigungsfähig (§ 3c EStG). Dementsprechend gehen Veräußerungsverluste zu 60 % in den Gesamtbetrag der Einkünfte ein. Unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 EStG kommt die Gewährung eines Freibetrags in Betracht. Liegt die Beteiligungsquote unter 1 %, so richtet sich die Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Werbungskosten sind nicht berücksichtigungsfähig (§ 20 Abs. 9 EStG). Veräußerungsverluste wirken sich nur eingeschränkt aus (vgl. § 20 Abs. 6 EStG). Veräußerungsgewinne unterliegen der Kapital‐ ertragsteuer (§ 43 Abs. 1 Nr. 9 EStG), die 25 % des Veräußerungsgewinns beträgt (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG) zuzüglich Solidaritätszuschlag, und mit deren Entrichtung die von dem Veräußerer geschuldete Einkommensteuer abgegolten ist (§ 43 Abs. 5 EStG). Die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine an‐ dere Kapitalgesellschaft, also insbesondere der Formwechsel von der GmbH zur Aktiengesellschaft, löst keine Steuern aus. Entsprechendes gilt, wenn bei einer Verschmelzung oder einer Spaltung Vermögen von einer GmbH auf eine andere GmbH oder auf eine Aktiengesellschaft übergeht, genauso umgekehrt, sofern bei dem Finanzamt die Fortführung der Buchwerte beantragt wird (§§ 11 Abs. 2, 15 Abs. 1 UmwStG). Bei der formwechselnden Umwandlung einer GmbH oder Aktiengesellschaft in eine Personengesell‐ schaft ebenso wie bei dem Übergang von Vermögen von einer GmbH oder Aktiengesellschaft auf eine Personengesellschaft infolge Verschmelzung oder Spaltung entsteht keine Körperschaft- oder Gewerbesteuer, sofern die GmbH bzw. Aktiengesellschaft bei dem Finanzamt die Fortführung der Buchwerte beantragt (§ 3 Abs. 2 UmwStG). Zu den steuerlichen Folgen der formwechselnden Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine Aktiengesellschaft s.-Abschn. 4.3.2. 18.2 Erbschaft- und Schenkungsteuer Der Erwerb eines Unternehmens oder eines Anteils daran von Todes we‐ gen oder durch Schenkung unterliegt der Erbschaftsteuer bzw. Schenkung‐ steuer. Generell gilt, dass bei der Besteuerung von Erwerben zunächst alle Vermögensarten gleichermaßen mit dem Verkehrswert bewertet und in 18.2 Erbschaft- und Schenkungsteuer 321 einem zweiten Schritt die aus sachlichen Gründen gebotenen Vergünstigun‐ gen berücksichtigt werden. Die im ersten Schritt durchzuführende Ermittlung des Verkehrswerts der Aktien ist in § 11 BewG geregelt. Danach sind für Aktien, die zum amtlichen Handel an einer deutschen Börse oder zum geregelten Markt zugelassen oder aber in den Freiverkehr einbezogen sind, die dort notierten Kurse maßgebend. Bei Aktien, die nicht darunter fallen, ist der gemeine Wert anzusetzen, der aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, abzuleiten ist. Hat es derartige Verkäufe nicht gegeben, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermit‐ teln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Die Ermittlung des Wertes der Aktien kann unter Anwendung des in den §§ 199 bis 203 BewG geregelten vereinfachten Ertragswertverfahrens erfol‐ gen, wenn dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Mit dem Gebrauch des Wortes „kann“ ist klargestellt, dass der Steuerpflich‐ tige den Nachweis eines geringeren Verkehrswerts auch durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens führen kann. Dies dürfte in der Regel geboten sein, vor allem um der Anwendung des in § 203 BewG vorgeschriebenen Kapitalisierungsfaktors zu entgehen, der sich aus einem aus öffentlichen Anleihen abzuleitenden Basiszinssatz und einem unrealistisch niedrigen Zuschlag von 4,5 % zusammensetzt. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Erwerb steuerlich begünstigt ist. Der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesell‐ schaft ist steuerlich begünstigt, wenn der Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Eine geringere Beteiligung reicht aber aus, wenn der Erblasser oder Schenker und Mitaktionäre, mit denen zusammen er mehr als 25 % hält, eine den steuerlichen Vorgaben genügende Aktionärsvereinbarung geschlossen haben (s. Abschn. 3.3). Die Begünstigung wird durch die Anwendung eines Verschonungsabschlags von 85 % bewirkt; das gilt nicht, wenn der Erwerb begünstigten Vermögens den Wert von 26 Mio. Euro übersteigt, vielmehr schmilzt bei Überschreiten dieser Freigrenze der Verschonungsabschlag stufenweise ab (§ 13c ErbStG). Der Verschonungsabschlag kann nicht oder nicht voll in Anspruch genommen werden, wenn ein die gesetzlichen Grenzen übersteigender Teil des begünstigten Vermögens der Gesellschaft aus Verwaltungsvermö‐ 322 18 Besteuerung der Aktiengesellschaft und der Aktionäre gen besteht (§ 13b Abs. 2 ErbStG). Zum Verwaltungsvermögen zählen insbesondere die Dritten zur Nutzung überlassenen Grundstücke, Anteile an Kapitalgesellschaften bis zu einer Beteiligungsquote von 25 % und Beteiligungen an überwiegend vermögensverwaltenden Personen- oder Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 4 ErbStG). Voraussetzung für die uneingeschränkte Inanspruchnahme der Verscho‐ nung ist, dass die Lohnsumme der Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb bestimmte Betragsgrenzen nicht unterschreitet (§ 13a Abs. 3 ErbStG). Bei kleineren Unternehmen wird die Verschonung ergänzt durch die Gewährung eines Abzugsbetrags in Höhe von bis zu 150.000 Euro. Der Abzugsbetrag wirkt sich voll aus, wenn das vom Verschonungsabschlag nicht erfasste Vermögen nicht mehr als 150.000 Euro beträgt. Wird dieser Betrag überstiegen, schmilzt der Abzugsbetrag ab, bei einem Vermögen von 450.000 Euro ergibt sich kein Abzug mehr (13a Abs. 2 ErbStG). Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist die Beteiligung veräußert oder er zu hohe Ausschüttungen erhält (§ 13a Abs. 6 ErbStG). Der Erwerber kann für einen Verschonungsabschlag von 100 % optieren, wenn das Verwaltungsvermögen nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungs‐ vermögen besteht. Die Behaltensfrist erhöht sich dabei auf sieben Jahre, dementsprechend steigen die Mindestlohnsummen (§ 13a Abs. 10 ErbStG). Beim Erwerb von unternehmerischen Vermögen wird außerdem der für alle steuerpflichtigen Erwerbe geltende persönliche Freibetrag gem. § 16 ErbStG (z. B. 500.000 Euro bei Ehegatten, 400.000 Euro bei Kindern) berücksichtigt. Der persönliche Freibetrag kann nach Ablauf von zehn Jahren seit dem letzten Erwerb in voller Höhe erneut beansprucht werden (§ 14 ErbStG). 18.3 Grunderwerbsteuer Erwirbt eine Aktiengesellschaft ein Grundstück, so hat sie wie jeder andere Erwerber Grunderwerbsteuer zu entrichten, das ist nichts besonderes. Gehört zum Vermögen einer Aktiengesellschaft ein Grundstück, so können auch gesellschaftsrechtliche Vorgänge die Entstehung von Grunderwerb‐ 18.3 Grunderwerbsteuer 323 steuer auslösen, ohne dass sich etwas an den Eigentumsverhältnissen bei dem Grundstück geändert hat. Gehen mindestens 90 % der Aktien innerhalb von zehn Jahren auf neue Aktionäre über, so gilt dies als ein auf die Übereignung der Gesellschaftsim‐ mobilien an eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft mit der Folge, dass Grunderwerbsteuer nach dem steuerlichen Wert der Immobilien entsteht (§ 1 Abs. 2b GrdEStG), zu entrichten von der Aktiengesellschaft (§ 13 Nr.-7 GrEStG). Ein typischer Anwendungsfall ist die Veräußerung der Aktien der Gesellschaft an Dritte bei einem Unternehmenskauf; diese löst nur dann keine Grunderwerbsteuer aus, wenn mehr als 10 % der Aktien nicht mitveräußert werden. Vereinigen sich mindestens 90 % der Aktien in der Hand eines Erwerbers, so wird dadurch Grunderwerbsteuer nach dem steuerlichen Wert der Ge‐ sellschaftsimmobilien ausgelöst (§ 1 Abs. 3 GrdEStG), zu entrichten von dem Erwerber (§ 13 Nr. 5 GrdEStG). Zu einer Anteilsvereinigung kommt es insbesondere dann, wenn ein Aktionär so viele Aktien hinzuerwirbt, dass er dadurch eine Beteiligungsquote von 90 % erreicht. Die Rechtsfolgen der Anteilsvereinigung können auch dadurch ausgelöst werden, dass die Gesell‐ schaft eigene Aktien erwirbt (§ 71 AktG) und der Mehrheitsaktionär auf diese Weise auch ohne Erhöhung der Zahl seiner Aktien die Beteiligungs‐ quote von 90 % erreicht. Maßgeblich ist in diesem Fall das Verhältnis der von dem Mehrheitsaktionär gehaltenen Aktien zu den von allen Aktionären gehaltenen Aktien, wobei die der Gesellschaft gehörenden Aktien nicht mitzählen. Ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang kann sowohl den Steuertatbestand des § 1 Abs. 2b als auch den des § 1 Abs. 3 GrdEStG erfüllen; in dem einen Fall ist Steuerschuldner die Gesellschaft, in dem anderen Fall der Erwerber. Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrdEStG ist jedoch subsidiär, so dass die Steuer in diesen Fällen von der Gesellschaft zu tragen ist. 324 18 Besteuerung der Aktiengesellschaft und der Aktionäre 19 Rechtsformwahl Die Wahl der richtigen Rechtsform ist eine grundlegende unternehmerische Entscheidung. Dabei sind alle in Betracht kommenden Rechtsformen zu prüfen und zu vergleichen, wobei sich schnell zeigt, dass es die richtige Form nicht gibt. Nachstehend wird die Aktiengesellschaft verglichen mit Personenunternehmen, mit der GmbH & Co. KG, mit der GmbH und mit der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). 19.1 Personenunternehmen Personenunternehmen sind der Einzelunternehmer, die Gesellschaft bürger‐ lichen Rechts, die Partnerschaft von Angehörigen Freier Berufe gemäß dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz und die Personenhandelsgesellschaften des Handelsgesetzbuchs (OHG, KG). Im Rahmen dieses Kapitels wird eine Sonderform der KG, die GmbH & Co. KG, in einem eigenen Abschnitt und damit nicht bei den Personenunternehmen betrachtet. Haftung Wesentliches Merkmal der Aktiengesellschaft ist, dass kein einziger Ge‐ sellschafter mit seinem Vermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Demgegenüber haften Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften grundsätzlich persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Unternehmens; von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen: Kommanditisten haften nur mit ihrer Einlage (§ 171 HGB), und Partner einer Partnerschaftsgesellschaft können die Haftung für Schä‐ den aus fehlerhafter Berufsausübung unter Ausschluss der persönlichen Haftung des einzelnen Partners auf das Gesellschaftsvermögen beschränken (§ 8 Abs. 4 PartGG). Rechnungslegung Die Aktiengesellschaft gilt ungeachtet ihres jeweiligen Zwecks und Unter‐ nehmensgegenstands als Handelsgesellschaft, wodurch die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, insbesondere das Dritte Buch „Handelsbücher“, unein‐ geschränkt anwendbar sind. Wird also z. B. eine Freiberuflerpraxis in die Rechtsform der Aktiengesellschaft überführt, so entsteht erstmals die Pflicht zur kaufmännischen Buchführung, zur Erstellung und Offenlegung eines Jahresabschlusses und ggf. eines Lageberichts sowie zur Abschlussprüfung. Bei Personenunternehmen ist zu unterscheiden. Die Gesellschaft bürger‐ lichen Rechts, der Kleingewerbetreibende, die Partnerschaftsgesellschaft und der freiberufliche tätige Einzelunternehmer unterliegen nicht den Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs. Die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und der eingetragene Kaufmann sind zur zwar zur Buchführung und zur Aufstellung von Jah‐ resabschlüssen verpflichtet, aber - mit Ausnahme der GmbH & Co. KG - nur im Umfang der für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 238 bis 261 HGB, deshalb müssen sie den Jahresabschluss nicht um einen Anhang erweitern, haben keinen Lagebericht und keinen Konzernabschluss aufzustellen und unterliegen weder der Pflicht zur Abschlussprüfung noch der Offenlegungspflicht; abweichend davon gelten für sie bei Überschreiten bestimmter Größenmerkmale die schärferen Rechnungslegungsvorschrif‐ ten nach Maßgabe des Publizitätsgesetzes. Insolvenzantrag Ein Personenunternehmen - mit Ausnahme der GmbH & Co. KG - ist bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Unternehmerische Mitbestimmung Solange das Unternehmen nicht als Kapitalgesellschaft verfasst ist, spielt die Mitarbeiterzahl regelmäßig rechtlich keine Rolle; bei mehr als 500 Arbeitnehmern kann die Umwandlung eines Personenunternehmens in eine Kapitalgesellschaft zum Entstehen der Mitbestimmungspflicht nach dem Drittelbeteiligungsgesetz führen. Besteuerung Gravierend sind die Unterschiede zwischen den Personenunternehmen und den Kapitalgesellschaften in der Besteuerung des Einkommens. Die Aktiengesellschaft selbst ist Steuersubjekt, d. h., das Einkommen des Un‐ ternehmens wird von der Gesellschaft selbst versteuert, wohingegen bei 326 19 Rechtsformwahl Personengesellschaften der Gewinn des Unternehmens nur bei den Gesell‐ schaftern der Einkommensbesteuerung unterworfen wird. Nimmt eine Aktiengesellschaft Gewinnausschüttungen vor, so sind diese bei den Aktionären steuerpflichtig. Ob ein Personenunternehmen oder eine Kapitalgesellschaft steuerlich günstiger ist, kann man nicht generell sagen, sondern nur aufgrund eines die Besonderheiten des Unternehmens berücksichtigenden individuellen Steuerbelastungsvergleichs. 19.2 GmbH & Co. KG Hinsichtlich der Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Ge‐ sellschaft gegenüber Dritten unterscheiden sich Aktiengesellschaft und GmbH einerseits und GmbH & Co. KG andererseits in der Praxis kaum. Ebenso wenig gibt es Unterschiede bei der Rechnungslegung einschließlich Abschlussprüfung und Offenlegung und bei der Insolvenzantragspflicht. Gravierend ist die unterschiedliche Behandlung beider Rechtsformen im Mitbestimmungsrecht, denn bei der GmbH & Co. KG ist das Drittel‐ beteiligungsgesetz nicht anwendbar; eine Gleichbehandlung von GmbH & Co. KG und Aktiengesellschaft bzw. GmbH gilt nur im Rahmen des Mitbestimmungsgesetzes 1976, das allerdings erst bei Unternehmen mit mehr als zweitausend Arbeitnehmern gilt, wobei dann bei einer GmbH & Co. KG die Arbeitnehmer der GmbH und der KG zusammengezählt werden. Die Einkünftebesteuerung bei der GmbH & Co. KG folgt den oben kurz beschriebenen Regelungen für Personenunternehmen, die der Aktien‐ gesellschaft den Vorschriften für Kapitalgesellschaften. Beim Übergang von Anteilen aufgrund von Schenkung oder Verfügung von Todes wegen ist unabhängig von der Rechtsform der Verkehrswert anzusetzen, so dass erb‐ schaft- und schenkungsteuerrechtlich keine der beiden Gesellschaftsformen vorteilhafter ist als die andere ist. 19.3 GmbH Die GmbH und die Aktiengesellschaft weisen keine wesentlichen Unter‐ schiede auf bei der Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten. Das gleiche gilt für die Rechnungslegung einschließlich der Abschlussprüfung und der Offenlegung, für die Insolven‐ 19.2 GmbH & Co. KG 327 zantragspflicht, die unternehmerische Mitbestimmung und die Besteuerung der Gesellschaft und der Gesellschafter. Überblick Ein Nachteil der Aktiengesellschaft gegenüber der GmbH ist das höhere Mindestkapital von 50.000 Euro und die Einbindung in das weniger flexible Vorschriftengerüst des Aktiengesetzes. Es entstehen Mehraufwendungen in dem Maße, wie Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gezahlt werden. Die Kapitalschutzbestimmungen sind bei der Aktiengesellschaft strenger als bei der GmbH. Ein wichtiges Merkmal der Aktiengesellschaft ist die Unabhän‐ gigkeit des Vorstandes, der verpflichtet ist, den Unternehmensgegenstand bestmöglich zu verwirklichen. Die Unabhängigkeit der Vorstandsmitglieder kann von ausschlaggebender Bedeutung sein, wenn es um die Verpflichtung von besonders qualifizierten Managern für die Führung des Unternehmens geht. Ausfallhaftung für Einlagen Bei einer GmbH kann es dazu kommen, dass ein Gesellschafter zur Aufbrin‐ gung des Fehlbetrags verpflichtet ist, soweit ein anderer Gesellschafter seine Einlage nicht leistet (§ 24 GmbHG). Bei der Rechtsform der Aktiengesell‐ schaft besteht eine solche Ausfallhaftung nicht. Bestellung des geschäftsführenden Organs Die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft werden, anders als die Geschäftsführer der GmbH, nicht von den Gesellschaftern, sondern vom Aufsichtsrat bestellt. Uneinigkeiten unter den Aktionären können nicht auf die Berufung der Vorstandsmitglieder und deren Geschäftsführung durchschlagen. Störmöglichkeiten einzelner Aktionäre, zum Beispiel eines unternehmerisch nicht begabten Erben, bestehen gegenüber dem Vorstand nicht. Die Besetzung des Aufsichtsrats mit erfahrenen Unternehmerpersönlich‐ keiten wirkt in zwei Richtungen. Zum einen gewinnt der Vorstand ein Beratergremium dazu, d. h., neben die berufsmäßigen Berater (Rechtsan‐ walt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) tritt ein unabhängiges, nicht von eigenen Interessen geleitetes, aus Unternehmerpersönlichkeiten gebildetes Gremium, zum anderen wird die Besetzung des Aufsichtsrats mit qualifi‐ 328 19 Rechtsformwahl zierten Personen auch von Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern der Gesellschaft positiv wahrgenommen. Gewinnverwendung Die Gewinnverwendung ist bei der Aktiengesellschaft nach § 58 AktG zum Teil der Bestimmung der Gesellschafter entzogen, anders als bei der GmbH. Die Satzung kann aber regeln, dass Vorstand und Aufsichtsrat zur Einstellung in Rücklagen nicht befugt sind und dass - wie bei der GmbH - ausschließlich die Aktionäre über die Rücklagendotierung entscheiden. Mitarbeiterbeteiligung Die Mitarbeiter der Aktiengesellschaft können durch Belegschaftsaktien mo‐ tiviert und an das Unternehmen gebunden werden; zudem können durch die Gewährung von Aktienbezugsrechten (Stock Options) an Vorstandsmitglie‐ der und Mitarbeiter Anreize geschaffen werden; zur Mitarbeiterbeteiligung s. Kap.-16. Keine Kündigung Die Gesellschafterstellung bei einer Aktiengesellschaft kann von einem Aktionär nicht gekündigt werden mit dem Ziel, eine Abfindung für seine Beteiligung zu erlangen, er ist auf den Weiterverkauf der Aktien angewiesen. Auskunftsrecht Die Gesellschafter der GmbH haben ein umfassendes Auskunfts- und Ein‐ sichtsrecht, wohingegen dieses Recht bei der Aktiengesellschaft allein dem Aufsichtsrat zusteht. Einzelne Aktionäre haben ein Auskunftsrecht, das sie in der Hauptversammlung ausüben können. Besetzung von Aufsichtsrat und Vorstand Sofern ein Aktionär (über die Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung verfügt, entscheidet er über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit auch mittelbar über die Besetzung der Vorstandspositionen; das gilt entsprechend, wenn mehrere Aktionäre zusammen über die Stimmen‐ mehrheit verfügen und sie sich untereinander verständigen, insbesondere aufgrund einer das Stimmverhalten regelnden Aktionärsvereinbarung. Im 19.3 GmbH 329 Ergebnis unterscheiden sich sich in diesen Fällen die GmbH und die Akti‐ engesellschaft nicht. Annäherung von GmbH und Aktiengesellschaft Einige der in diesem Buch besonders herausgestellten rechtlichen Beson‐ derheitender Aktiengesellschaft können durch entsprechende Gestaltungen auch bei einer GmbH übernommen werden, z. B. indem der Gesellschafts‐ vertrag die Bestellung eines Aufsichtsrats (§ 52 GmbHG) und damit eine Gewaltenteilung mit unabhängigen Geschäftsführern vorsieht, die nur vom Aufsichtsrat und nicht von der Gesellschafterversammlung überwacht wer‐ den. Übertragung von Anteilen Aktien können anders als Geschäftsanteile der GmbH formlos übertragen werden, d. h. es bedarf dazu nicht der notariellen Beurkundung. Die Akti‐ engesellschaft ist deshalb besonders interessant für Unternehmen mit vielen Gesellschaftern bzw. häufigen Gesellschafterwechseln. Kapitalbeschaffung Nur über die Rechtsform der Aktiengesellschaft wird mittel- oder langfristig die Kapitalaufnahme am Kapitalmarkt ermöglicht, wodurch die Abhängig‐ keit von den Banken und den Gesellschaftern als Kreditgebern sinkt. Auch die Mitarbeiterbeteiligung kann zu einem vollgültigen Instrument der Ka‐ pitalbeschaffung ausgebaut werden. Des Weiteren kann die Gesellschaft Kunden oder Lieferanten als Gesellschafter aufnehmen, schließlich auch Kapitalbeteiligungsgesellschaften, wodurch das Unternehmen für einen strategischen Investor interessant werden kann. Anders als bei der GmbH sieht das Gesetz die Ausgabe von Wandelanleihen vor. Durch Unterneh‐ mensplanung, Risikomanagement und Berichtswesen tritt eine Professiona‐ lisierung des Unternehmens ein, die auf die Mitarbeiter und nach außen hin ausstrahlt. Unternehmensnachfolge Die Struktur der Aktiengesellschaft erleichtert zugleich die Generationen‐ folge im mittelständischen Unternehmen, wenn für die Unternehmenslei‐ tung kein Nachfolger bereitsteht. Der bisher als Vorstand aktive Unterneh‐ 330 19 Rechtsformwahl mer kann einen externen Nachfolger suchen und selbst in den Aufsichtsrat eintreten; die Familienangehörigen werden Aktionäre und sie partizipie‐ ren, anders als bei einem Unternehmensverkauf, an Wertsteigerungen des Unternehmens und über die ihnen zufließenden Dividenden an den Unternehmenserträgen. Ansehen Schließlich stellt das nach wie vor höhere Ansehen der Aktiengesellschaft im Wirtschaftsleben, insbesondere im Ausland, wo die GmbH weniger bekannt ist, einen wesentlichen Vorteil der Aktiengesellschaft gegenüber der GmbH dar. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist angesichts der Zahl der bestehenden Gesellschaften nach wie vor exklusiv im Vergleich zur GmbH. 19.4 Europäische Aktiengesellschaft (SE) Eine SE mit Sitz in Deutschland wird gesellschaftsrechtlich wie eine Akti‐ engesellschaft deutschen Rechts behandelt, vgl. Art. 10 SE-VO, muss im Unterschied zu dieser jedoch ein Grundkapital von mindestens 120.000 Euro haben. Die Besonderheiten der Gründung einer SE sind dargestellt in Abschn. 13.4. Die SE kann wie die Aktiengesellschaft einen Vorstand und einen Auf‐ sichtsrat haben (dualistisches System) und unterscheidet sich dann nach ihrer Ingangsetzung kaum von der Aktiengesellschaft. Sie kann aber auch das monistische System wählen, bei dem die Gesellschaft von einem Verwal‐ tungsrat geführt wird (Art. 38 SE-VO). Beim monistischen System leitet der Verwaltungsrat die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung (§ 22 Abs. 1 SEAG). Die Geschäfte der Gesellschaft werden von den geschäftsführenden Direktoren geführt, die vom Verwaltungsrat bestellt werden; er kann sie aus seiner Mitte bestellen, sofern die Mehrheit des Verwaltungsrats weiterhin aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern besteht (§ 40 SEAG). Die Rechtsform der SE ist im Vergleich zur Aktiengesellschaft und zur GmbH vorzuziehen, wenn die Gesellschaft grenzüberschreitend in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragsstaa‐ ten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aktiv ist. Die 19.4 Europäische Aktiengesellschaft (SE) 331 Gründung von Tochtergesellschaften dort wird dadurch entbehrlich, ebenso die Bestellung eigener Geschäftsführer und die Erstellung gesonderter Jahresabschlüsse. Von großer praktischer Bedeutung ist die Festschreibung der im Zeit‐ punkt der Gründung der SE maßgeblichen Mitbestimmungsform bzw. der Mitbestimmungsfreiheit, vgl. Abschn. 13.4. 332 19 Rechtsformwahl Anhang Muster Die nachfolgenden Muster sollen dem an der Rechtsform der Aktiengesellschaft interessierten Unternehmer einen ersten Eindruck über das Regelungswerk geben. Es handelt sich um die anonymisierte Wiedergabe von Unterlagen, die bei von den Verfassern betreuten Gründungen bzw. Umwandlungen verwandt wurden. Angesichts der individuellen Gegebenheiten sind sie zur Weiterverwendung nur bedingt geeignet. Es ist in jedem Fall unumgänglich, eine auf die Besonderheiten des Unternehmens eingehende Beratung durch die entsprechenden Berufsträger in Anspruch zu nehmen. 1 Satzung einer Aktiengesellschaft Satzung der Müller & Schulze AG § 1 Firma, Sitz Die Gesellschaft führt die Firma Müller & Schulze AG und hat ihren Sitz in Köln. § 2 Gegenstand des Unternehmens (1) Gegenstand des Unternehmens ist die Ausführung von Bauarbeiten jeglicher Art für eigene und fremde Rechnung. (2) Die Gesellschaft ist zu allen Handlungen und Maßnahmen berechtigt, die mit dem Gegenstand des Unternehmens zusammenhängen oder ihm zu dienen geeignet sind. Sie kann zu diesem Zweck auch andere Unternehmen gründen, erwerben, veräußern und sich an ihnen beteiligen sowie Unternehmensverträge mit ihnen schließen; sie kann Zweigniederlassungen im In- und Ausland errichten. § 3 Grundkapital und Aktien (1) Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 500.000 Euro und ist eingeteilt in 500.000 Stückaktien, davon 300.000 Stück Stammaktien und 200.000 Stück Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Anhang 335 (2) Den Vorzugsaktien ohne Stimmrecht stehen bei der Verteilung des Bilanzgewinns die in § 7 bestimmten Vorrechte zu. Die Ausgabe weiterer Vorzugsaktien, die bei der Verteilung des Gewinns oder des Gesellschaftsvermögens den jeweils bestehenden Vorzugsaktien ohne Stimmrecht vorgehen oder gleichstehen, bleibt vorbehalten; das gilt entsprechend für den Fall der Umwandlung von Stammaktien in Vorzugsaktien. (3) Die Aktien lauten auf den Namen. Sie sind nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragbar. Über die Zustimmung entscheidet die Hauptversammlung. Trifft im Falle einer Kapitalerhöhung der Erhöhungsbeschluss keine Bestimmung darüber, ob die neuen Aktien auf den Namen oder auf den Inhaber lauten sollen, so lauten sie ebenfalls auf den Namen. (4) Die Form und den Inhalt von Aktienurkunden setzt der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats fest. Ein Anspruch der Aktionäre auf Verbriefung ihrer Aktien und Gewinnanteile ist ausgeschlossen. Die Gesellschaft ist berechtigt, Aktienurkunden auszustellen, die einzelne oder mehrere Aktien verkörpern. (5) Der Vorstand ist für die Dauer von fünf Jahren vom Tag der Eintragung der Gesellschaft an ermächtigt, das Grundkapital mit Zustimmung des Aufsichtsrats durch Ausgabe neuer, auf den Namen der Aktionäre lautender Stückaktien als Stamm- oder Vorzugsaktien gegen Sach- oder Bareinlagen einmal oder mehrmals um bis zu insgesamt 250.000 Euro zu erhöhen (Genehmigtes Kapital). Der Vorstand kann mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre insgesamt ausschließen und den Inhalt der Aktienrechte, die Bedingungen der Aktienausgabe sowie die weiteren Einzelheiten der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung festlegen. § 4 Vorstand (1) Der Vorstand besteht aus einer oder mehreren Personen. Der Vorstand kann auch bei einem den Betrag des § 76 Absatz 2 Satz 2 des Aktiengesetzes übersteigenden Grundkapital aus einer Person bestehen. Der Aufsichtsrat bestimmt die Zahl der Mitglieder des Vorstands, er kann einen Vorsitzenden des Vorstands ernennen. (2) Der Vorstand hat die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und der Geschäftsordnung zu führen. Er fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, sofern der Vorstand aus mehr als zwei Personen besteht. Mit Zustimmung des Aufsichtsrats kann sich der Vorstand durch einstimmi- 336 Anhang gen Beschluss eine Geschäftsordnung geben. Der Aufsichtsrat hat zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. (3) Besteht der Vorstand nur aus einer Person, so vertritt diese die Gesellschaft allein. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird die Gesellschaft durch zwei Mitglieder des Vorstands gemeinsam oder durch ein Mitglied des Vorstands zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Der Aufsichtsrat kann einzelnen Mitgliedern des Vorstands Einzelvertretungsbefugnis erteilen und ihnen gestatten, Rechtsgeschäfte mit sich als Vertreter eines Dritten vorzunehmen. § 5 Aufsichtsrat (1) Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern. Er wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden; im Falle der Wiederwahl als Aufsichtsratsmitglied dauert die Amtszeit als Vorsitzender und als stellvertretender Vorsitzender über die laufende Amtszeit als Aufsichtsratsmitglied hinaus, sofern der Aufsichtsrat nicht andere Personen wählt. Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Aufsichtsrats Willenserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Scheidet der Vorsitzende oder sein Stellvertreter aus, so ist eine Neuwahl für den Rest der Amtszeit vorzunehmen. Der Aufsichtsrat kann sich eine Geschäftsordnung geben. (2) Die Amtsdauer der Aufsichtsratsmitglieder währt längstens bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mitgerechnet. Die Wahl des Nachfolgers eines vor Ablauf der Amtszeit ausgeschiedenen Mitglieds erfolgt für den Rest der Amtszeit des ausgeschiedenen Mitglieds. (3) Die Mitglieder des Aufsichtsrats können ihr Amt durch eine an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder an den Vorstand zu richtende schriftliche Erklärung unter Einhaltung einer Frist von einem Monat niederlegen. (4) Die Sitzungen des Aufsichtsrats werden vom Vorsitzenden mit einer Ladungsfrist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung durch eingeschriebenen Brief einberufen; die Einberufung kann einem Aufsichtsratsmitglied auch an die von ihm der Gesellschaft zuletzt bekanntgegebene Telefaxnummer oder E-Mail-Adresse übermittelt werden. Der Aufsichtsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens drei Mitglieder an der Beschlussfassung teil- Anhang 337 nehmen. Ein Aufsichtsratsmitglied nimmt im Sinne des § 108 des Aktiengesetzes auch dadurch an der Beschlussfassung teil, dass es sich bei der Abstimmung infolge eines Stimmverbots der Stimme enthält. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. An den Sitzungen des Aufsichtsrats können Personen, die dem Aufsichtsrat nicht angehören, anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen, wenn diese sie hierzu in Textform ermächtigt haben. Schriftliche, fernmündliche oder mit Hilfe sonstiger Mittel der Telekommunikation durchgeführte Beschlussfassungen sowie die kombinierte Beschlussfassung sind zulässig, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende dies für den Einzelfall bestimmt. (5) Jedes Mitglied des Aufsichtsrats erhält neben dem Ersatz seiner nachgewiesenen Auslagen eine angemessene Vergütung, die durch Beschluss der Hauptversammlung festgelegt wird, gegebenenfalls zuzüglich Umsatzsteuer. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden in den Versicherungsschutz einer im Interesse und auf Kosten der Gesellschaft in angemessener Höhe unterhaltenen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Organe und bestimmte Führungskräfte einbezogen. (6) Dem Aktionär Ludwig Schulze steht das Recht zu, solange er Aktionär der Gesellschaft ist und er und seine Angehörigen (§ 15 der Abgabenordnung) mit mindestens 25 % am Grundkapital der Gesellschaft beteiligt sind, ein Mitglied in den Aufsichtsrat zu entsenden. § 6 Hauptversammlung (1) Die Hauptversammlung findet statt am Sitz der Gesellschaft oder in einer anderen deutschen Stadt und darf in Bild und Ton übertragen werden. Die Einberufung der Hauptversammlung mit der Tagesordnung und die Bekanntmachung von Minderheitsverlangen kann einem Aktionär auch mittels Einwurfeinschreiben sowie an die von ihm der Gesellschaft zuletzt bekanntgegebene Telefaxnummer oder E-Mail-Adresse übermittelt werden. (2) Der Vorstand ist ermächtigt vorzusehen, dass die Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können, die Aktionäre ihre Stimmen, auch ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen (Briefwahl), die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten am Ort der Hauptversammlung abgehalten wird (virtuelle 338 Anhang Hauptversammlung); diese Ermächtigung ist befristet auf einen Zeitraum von fünf Jahren nach Eintragung der Gesellschaft. (3) Aufsichtsratsmitglieder, die sich weit vom Ort der Versammlung aufhalten, insbesondere im Ausland, dürfen an ihr im Wege der Bild- und Tonübertragung teilnehmen. (4) Zur Teilnahme an der Hauptversammlung sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die im Aktienregister eingetragen und rechtzeitig angemeldet sind. Umschreibungen im Aktienregister finden in den letzten sechs Tagen vor der Hauptversammlung nicht statt. Es genügt, wenn die Aktionäre sich nicht später als am sechsten Tage vor der Versammlung anmelden; der Vorstand kann in der Einladung zur Hauptversammlung eine kürzere Frist bestimmen. Die Einzelheiten der Anmeldung werden zusammen mit der Einberufung der Hauptversammlung bekanntgemacht. (5) Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Aufsichtsrats, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter. Üben sie den Vorsitz nicht aus, wird der Vorsitzende durch die Hauptversammlung gewählt. (6) Jede Stammaktie gewährt in der Hauptversammlung eine Stimme. Die Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz zwingend etwas anderes bestimmt. In den Fällen, in denen das Gesetz eine Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erfordert, genügt, sofern nicht durch Gesetz eine größere Mehrheit zwingend geboten ist, die einfache Mehrheit des vertretenen Grundkapitals. § 7 Jahresabschluss, Verwendung des Bilanzgewinns (1) Der Vorstand hat innerhalb der gesetzlichen Frist den Jahresabschluss (Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang) und, sofern erforderlich, den Lagebericht für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen und diese Unterlagen dem Aufsichtsrat zusammen mit dem Vorschlag, den er der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen will, vorzulegen. (2) Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss fest, sind sie nicht dazu ermächtigt, einen Teil des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einzustellen. Die Entscheidung über die Bildung anderer Gewinnrücklagen bleibt vielmehr allein der Hauptversammlung vorbehalten. Anhang 339 (3) Der Bilanzgewinn wird in nachstehender Reihenfolge verwendet: a) Zur Nachzahlung etwaiger Rückstände von Vorabdividenden auf die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht in der Reihenfolge ihrer Entstehung, b) zur Zahlung einer Vorabdividende von 0,06 Euro auf die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht in der Reihenfolge ihrer Entstehung, c) zur Zahlung einer Dividende von 0,06 Euro auf die Stammaktien, d) zur Zahlung einer weiteren Dividende auf alle Aktien in der Weise, dass auf die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht über die auf die Stammaktien entfallende Dividende hinaus eine nicht nachzahlbare Mehrdividende von 0,08 Euro je Aktie gezahlt wird, soweit die Hauptversammlung nicht eine andere Verwendung beschließt. (4) Bei einer Kapitalerhöhung kann die Gewinnbeteiligung neuer Aktien abweichend von § 60 des Aktiengesetzes bestimmt werden. (5) Der Vorstand ist ermächtigt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach Ablauf des Geschäftsjahrs mit Zustimmung des Aufsichtsrats auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn einen Abschlag an die Aktionäre zu zahlen. § 8 Einziehung (1) Die Zwangseinziehung von Aktien ist gestattet, wenn a) sie Dritten gehören oder wenn Dritte ein Pfandrecht an ihnen erworben haben; Dritter ist, wer nicht Gründer ist bzw. als Gründer gilt oder die Aktien nicht rechtsgeschäftlich mit Zustimmung der Gesellschaft (§ 3 Absatz 2) erworben hat. Als Dritte gelten nicht die Erben eines Aktionärs, wenn sie Mitaktionäre oder leibliche Abkömmlinge des verstorbenen Aktionärs oder eines anderen Aktionärs sind; b) sie einem Aktionär gehören, über dessen Vermögen das gerichtliche Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels einer die Kosten deckenden Masse abgelehnt worden ist oder wenn der Aktionär die Richtigkeit seines Vermögensverzeichnisses an Eides Statt zu versichern hat; c) sie von Dritten gepfändet worden sind und die Maßnahme nicht innerhalb eines Monats aufgehoben worden ist. (2) Gehören Aktien einer Kapitalgesellschaft, so ist die Zwangseinziehung auch dann gestattet, wenn bei der Kapitalgesellschaft ein Mehrheitswechsel eintritt. Ein Mehrheitswechsel liegt vor, wenn ein Dritter unmittelbar oder mittelbar über eine Treuhandschaft eine Mehrheitsbeteiligung erwirbt oder wenn zugunsten eines Dritten ein Stimmbindungsvertrag geschlossen wird, der diesem die Stimmrechtsausübung der Mehrheit der Gesellschafter gemäß seinen Vorgaben sichert, ferner wenn ein Mehrheitsgesellschafter stirbt und sein Erbe oder ein Miterbe ein Dritter ist. 340 Anhang (3) Die Zwangseinziehung ist innerhalb eines Jahres, nachdem der Vorstand Kenntnis vom Eintreten der Voraussetzungen erlangt hat, zu beschließen. Das Einziehungsentgelt entspricht dem auf die eingezogenen Aktien entfallenden anteiligen Wert der Gesellschaft zum Stichtag. Stichtag ist der letzte Tag des Geschäftsjahrs, welches vor dem Tag des Eintretens der Voraussetzungen für die Zwangseinziehung oder am selben Tage abgelaufen ist. An dem nach dem Stichtag von der Gesellschaft erwirtschafteten Ergebnis ist der Berechtigte nicht beteiligt. Der Wert der Gesellschaft ist nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes für die Bewertung von nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften (§§ 199 bis 203 BewG) zu ermitteln; der sich danach ergebende Wert ist zur Hälfte anzusetzen. Ist das zum Stichtag ausgewiesene Eigenkapital (§ 266 Abs. 3 A HGB) höher, so ist dieser Betrag maßgebend. Das Einziehungsentgelt ist ab dem Stichtag mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen und in sechs gleichen Halbjahresraten zu entrichten, deren erste nicht vor Ablauf eines halben Jahres nach der Zwangseinziehung fällig ist. Die Gesellschaft ist zu vorzeitigen Tilgungsleistungen berechtigt. Bei Streit über die Höhe des Einziehungsentgelts soll ein Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter entscheiden. Können sich die Beteiligten nicht auf die Person des Schiedsgutachters einigen, so wird dieser von dem Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V., Düsseldorf, bestimmt. § 9 Schlussbestimmungen (1) Die Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen nur im Bundesanzeiger. (2) Der Aufsichtsrat ist befugt, Änderungen der Satzung, die nur deren Fassung betreffen, zu beschließen. (3) Die Gesellschaft trägt die mit dem Formwechsel und der Gründung verbundenen Kosten (insbesondere Rechtsanwalts-, Prüfungs-, Notar- und Registergerichtsgebühren einschließlich Veröffentlichungskosten) bis zu einem Gesamtbetrag von 20.000 Euro. (4) Das Grundkapital der Gesellschaft gem. § 3 Absatz 1 dieser Satzung wird in voller Höhe durch Formwechsel der Müller & Schulze GmbH mit Sitz in Köln erbracht. Anhang 341 § 10 Weitergeltende Bestimmungen Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung der Gesellschaft und ihrer Eintragung verbundenen Kosten bei Gericht, Notar und Steuerberater sowie die Kosten der Veröffentlichung bis zu einem Betrag von insgesamt DM 2.500,00 (Übernahme der Bestimmung über den Gründungsaufwand aus § 15 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrags der Müller & Schulze GmbH). 2 Formwechselbeschluss Verhandelt zu Köln am 2. August 2022 Vor mir, dem Notar Dr. Josef Schmitz mit dem Amtssitz in Köln erschienen die Herren Karl Müller und Ludwig Schulze, dem Notar von Person bekannt. Sie baten um Beurkundung des nachfolgenden Formwechselbeschlusses: Wir halten jeder einen Geschäftsanteil von 250.000 Euro und damit sämtliche Geschäftsanteile an der im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRB 40131 eingetragenen Müller & Schulze GmbH mit Sitz in Köln. Die Einlagen in Höhe von 500.000 Euro sind voll einbezahlt. Dies vorausgeschickt halten wir unter Verzicht auf alle gesetzlichen und vertraglichen Formen und Fristen der Einberufung und Ankündigung eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Müller & Schulze GmbH ab und fassen folgende Beschlüsse: 1. Die Müller & Schulze GmbH wird durch Formwechsel gem. §§ 190 ff. UmwG in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 2. Die Gesellschaft neuer Rechtsform führt die Firma Müller & Schulze AG. Sitz der Gesellschaft ist weiterhin Köln. Für die Müller & Schulze AG wird die als Anlage dieser Urkunde beigefügte Satzung, die mit verlesen wird, festgestellt. 3. Durch den Formwechsel wird das bisherige Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 500.000 Euro zum Grundkapital der Aktiengesellschaft. An die Stelle der bisherigen Geschäftsanteile der Gesellschafter treten insgesamt 500.000 auf den Namen lautende Stückaktien in der Weise, dass jeder Gesellschafter für jeden Euro seines Geschäftsanteils eine Aktie erhält. Die Gesellschafter der Müller & Schulze GmbH werden entsprechend dem bisherigen Beteiligungsverhältnis mit je 250.000 Stückaktien am Grundkapital der Müller & Schulze AG beteiligt. 342 Anhang 4. Besondere Rechte einzelner Gesellschafter bestehen bei der Müller & Schulze GmbH nicht. Einzelnen Gesellschaftern werden keine Sonderrechte oder Vorzüge in der Müller & Schulze AG gewährt; Maßnahmen dieser Art sind nicht vorgesehen. 5. Eines Formwechselberichts nach § 192 UmwG und eines Abfindungsangebots nach § 207 UmwG bedarf es nicht, da alle Gesellschafter nachstehend darauf verzichten. 6. Auf die Arbeitnehmer und ihre Vertretung wirkt sich der Formwechsel wie folgt aus: a) Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus den bestehenden Anstellungs- und Arbeitsverträgen bleiben unberührt. Die Vorschrift des § 613a BGB ist auf den Formwechsel nicht anzuwenden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wird nach dem Formwechsel von dem Vorstand der Müller & Schulze AG ausgeübt. b) Die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge bleiben nach Maßgabe der jeweiligen Vereinbarungen bestehen. c) Die Betriebsverfassung nach dem Betriebsverfassungsgesetz und die übrigen Organe, Ausschüsse und sonstigen Institutionen des Betriebsverfassungsgesetzes bleiben unberührt, der Betriebsrat bleibt im Amt. d) Die Gesellschaft unterliegt nicht der unternehmerischen Mitbestimmung. 7. Für den Formwechsel stimmen die Gesellschafter Karl Müller und Ludwig Schulze, die damit den Gründern im Sinne des Aktiengesetzes gleichstehen. 8. Es wird festgestellt, dass das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen der formwechselnden Gesellschaft den Nennbetrag des Grundkapitals der Müller & Schulze AG übersteigt. 9. Zu Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats bestellen wir die Herren - Franz Kaspar(Beruf/ Wohnort), - Erich Melchior (Beruf/ Wohnort) und - Georg Balthasar (Beruf/ Wohnort). Ihre Amtszeit endet mit Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt, wobei das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet wird. 10. Wir bestellen die RHEINTREU Audit AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2022. Die Bestellung erfolgt nur vorsorglich für den Fall, dass gem. § 316 HGB Prüfungspflicht eintritt; nach unserer Auffassung wird keine Prüfungspflicht bestehen. 11. Die von der Gesellschaft erteilten Prokuren bleiben grundsätzlich aufrechterhalten, die Gesamtprokuren in der Weise, dass die Prokuristen gemeinsam mit einem Mitglied des Vorstands der Gesellschaft oder einem weiteren Prokuristen vertreten. Anhang 343 12. Die mit dem Formwechsel verbundenen Kosten (insbesondere Rechtsanwalts- , Prüfungs-, Notar- und Registergerichtsgebühren einschließlich Veröffentlichungskosten) trägt die Gesellschaft im Rahmen des satzungsmäßig übernommenen Gründungsaufwands (vgl. § 9 Abs. 3 der Satzung) bis zu einem Gesamtbetrag von 20.000 Euro; darüber hinausgehende Kosten tragen die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligungen. Sodann schlossen die Erschienenen die Gesellschafterversammlung. -------- Verzichtserklärungen Die Erschienenen verzichteten auf die Erstattung eines Formwechselberichts, das Angebot einer Barabfindung gemäß § 207 UmwG und die Klage gegen die Wirksamkeit des Formwechselbeschlusses. Vollmacht an Notariatsangestellte: Der Notar wies die Erschienenen auf folgendes hin: …. Diese Niederschrift nebst Anlage wurde vorgelesen, von den Erschienenen genehmigt und von ihnen sowie dem Notar eigenhändig unterschrieben. 3 Niederschrift der ersten Aufsichtsratssitzung Müller & Schulze AG Köln Niederschrift über die Beschlüsse des Aufsichtsrats am 2. August 2022 Die als Gründer geltenden Gesellschafter der formwechselnd zur Aktiengesellschaft umgewandelten Müller & Schulze GmbH haben heute die Herren Franz Kaspar, Erich Melchior und Georg Balthasar zu Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats der Gesellschaft bestellt. Sie haben die Bestellung als Aufsichtsratsmitglieder angenommen. Mit den Stimmen sämtlicher amtierender Aufsichtsratsmitglieder wurden folgende Beschlüsse gefasst, die hiermit zugleich festgestellt werden: 1. Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats wurde Herr Franz Kaspar, zu seinem Stellvertreter Herr Erich Melchior gewählt. 344 Anhang 2. Zum Vorstand wird Herr Karl Müller (Geburtsdatum/ Anschrift) für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Er ist stets einzelvertretungsbefugt und von den Beschränkungen des § 181 Alt. 2 BGB (Mehrvertretungsverbot) befreit. 3. Der Aufsichtsrat beschloss die ihm im Entwurf vorliegende Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat; der Vorsitzende des Aufsichtsrats wurde ermächtigt, die Geschäftsordnung im Namen des Aufsichtsrats zu unterschreiben. 4. Der Aufsichtsrat beschloss die ihm im Entwurf vorliegende Geschäftsordnung für den Vorstand; der Vorsitzende des Aufsichtsrats wurde ermächtigt, die Geschäftsordnung im Namen des Aufsichtsrats zu unterschreiben. 5. Der dem Aufsichtsrat im Entwurf vorliegende Dienstvertrag der Gesellschaft mit dem Vorstandsmitglied Karl Müller wurde genehmigt. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats wurde ermächtigt, den Vertrag im Namen des Aufsichtsrats zu unterschreiben. 6. Der Aufsichtsrat hält eine Sitzung im Kalenderhalbjahr ab. Die Herren Franz Kaspar und Erich Melchior nahmen die Wahl jeweils an. Das anschließend von dem Aufsichtsratsvorsitzenden befragte Vorstandsmitglied Karl Müller hat erklärt, dass er die Bestellung zum Vorstandsmitglied annehme. Köln, den 2. August 2022 ............................................... (Franz Kaspar) Vorsitzender des Aufsichtsrats 4 Handelsregisteranmeldung Amtsgericht - Handelsregister - HRB 40131; Müller & Schulze GmbH, Köln Formwechsel in Müller & Schulze AG Als alleinige Geschäftsführer der Müller & Schulze GmbH und der unterzeichnende Karl Müller zugleich als Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft, in die die Gesellschaft umgewandelt worden ist, melden wir hiermit zur Eintragung in das Handelsregister an: 1. Die Müller & Schulze GmbH mit Sitz in Köln ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 2. August 2022 gemäß den Vorschriften der §§ 190 ff., 238 ff. UmwG formwechselnd in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Die Gesellschaft führt die Firma Müller & Schulze AG. Anhang 345 2. Das Grundkapital der Aktiengesellschaft beträgt 500.000 Euro und ist eingeteilt in 500.000 Stückaktien. 3. Die Vertretungsbefugnis ist allgemein wie folgt geregelt: Der Vorstand besteht aus einer oder mehreren Personen; besteht der Vorstand nur aus einer Person, so vertritt diese die Gesellschaft allein. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, wird die Gesellschaft durch zwei Mitglieder des Vorstands gemeinsam oder durch ein Mitglied des Vorstands zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Der Aufsichtsrat kann einzelnen Mitglieder des Vorstandes Einzelvertretungsbefugnis erteilen und ihnen gestatten, Rechtsgeschäfte mit sich als Vertreter eines Dritten vorzunehmen. 4. Zum Vorstandsmitglied wurde bestellt Herr Karl Müller (Geburtsdatum/ Anschrift). Er ist stets einzelvertretungsbefugt. Ihm ist gestattet, Rechtsgeschäfte mit sich als Vertreter eines Dritten vorzunehmen. 5. Die inländische Geschäftsanschrift lautet Hohe Str. 11, Köln. Zu Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats bestellt wurden die Herren - Franz Kasper (Beruf/ Wohnort), - Erich Melchior (Beruf/ Wohnort), und - Georg Balthasar (Beruf/ Wohnort). Der Aufsichtsrat hat Herrn Franz Kaspar zum Vorsitzenden und Herrn Erich Melchior zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Die Unterzeichnenden versichern, dass keine Klage die Wirksamkeit des Formwechselbeschlusses erhoben ist und die Gesellschafter auf die Klage gegen die Wirksamkeit des Formwechselbeschlusses verzichtet haben. Ein Formwechselbericht ist nicht zu erstellen, da alle Gesellschafter darauf verzichtet haben. Das neubestellte Vorstandsmitglied versichert, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung entgegenstehen, insbesondere ... Der Notar Dr. Josef Schmitz ist berechtigt, die Anträge aus dieser Registeranmeldung - auch eingeschränkt - dem Registergericht vorzulegen, sie wieder zurückzunehmen sowie Änderungen und Ergänzungen dieser Registeranmeldung vorzunehmen, soweit sie vom Registergericht gefordert werden. Anlagen: (1) Beglaubigte Abschrift des Formwechselbeschlusses vom heutigen Tage (UR- Nr. 4711/ 2022 des Notars Dr. Josef Schmitz in Köln) mit den Verzichtserklärungen und der Satzung der Müller & Schulze AG; 346 Anhang (2) Liste mit Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder des Aufsichtsrats; (3) Berechnung des Aufwands für den Formwechsel; (4) Urschrift des Beschlusses des Aufsichtsrats über die Bestellung des Vorstands; (5) Gründungsbericht; (6) Prüfungsbericht von Vorstand und Aufsichtsrat; (7) Prüfungsbericht des vom Gericht bestellten Prüfers; (8) Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Beschlussentwurfs an den Betriebsrat. Köln, den 2. August 2022 (Karl Müller) (Ludwig Schulze) Geschäftsführer Geschäftsführer 5 Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat Müller & Schulze AG, Köln Der Aufsichtsrat gibt sich folgende G E S C H Ä F T S O R D N U N G : § 1 Allgemeines Der Aufsichtsrat übt seine Tätigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, der Satzung und dieser Geschäftsordnung aus. Seine Mitglieder haben die gleichen Rechte und Pflichten und sind an Weisungen nicht gebunden. § 2 Wahl des Vorsitzenden und des Stellvertreters (1) Der Aufsichtsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter. Die Wahlhandlung leitet das an Lebensjahren älteste Aufsichtsratsmitglied. (2) Die Wahl erfolgt jeweils für die Amtszeit des gewählten Aufsichtsratsmitglieds; im Falle der Wiederwahl als Aufsichtsratsmitglied dauert die Amtszeit als Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender über die laufende Anhang 347 Amtszeit als Aufsichtsratsmitglied hinaus, sofern der Aufsichtsrat nicht andere Personen wählt. Wenn Vorsitzender oder Stellvertreter während ihrer Amtszeit aus dem Aufsichtsrat ausscheiden, ist unverzüglich eine Neuwahl für den Ausgeschiedenen vorzunehmen. § 3 Sitzungen und Beschlussfassungen (1) Der Aufsichtsrat soll einmal im Kalendervierteljahr, er muss einmal im Kalenderhalbjahr zusammentreten. (2) Die Sitzungen des Aufsichtsrats werden vom Vorsitzenden in Textform mit einer Ladungsfrist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung einberufen. (3) Schriftliche, fernmündliche oder mit Hilfe sonstiger Mittel der Telekommunikation durchgeführte Beschlussfassungen sowie die kombinierte Beschlussfassung sind zulässig, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende dies für den Einzelfall bestimmt. (4) Die von Mitgliedern des Aufsichtsrats spätestens eine Woche vor der Sitzung dem Aufsichtsratsvorsitzenden genannten Gegenstände sind auf die Tagesordnung zu setzen. (5) Den Vorsitz führt der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder, im Falle seiner Verhinderung, sein Stellvertreter. (6) Beschlüsse des Aufsichtsrats werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, soweit das Gesetz und die Satzung nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch für Wahlen. Die Art der Abstimmung bestimmt der Vorsitzende. Beantragt jedoch ein Mitglied des Aufsichtsrats geheime Abstimmung, so ist geheim abzustimmen. (7) An den Sitzungen des Aufsichtsrats nehmen die Mitglieder des Vorstandes teil, sofern der Aufsichtsrat im Einzelfall keine abweichende Anordnung trifft. § 4 Verschwiegenheitspflicht (1) Jedes Mitglied des Aufsichtsrats ist verpflichtet, Stillschweigen über alle vertraulichen Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zu bewahren , die ihm durch seine Tätigkeit im Aufsichtsrat bekannt geworden sind, und zwar auch über die Beendigung seines Amtes als Aufsichtsratsmitglied hinaus. Bei Ablauf des 348 Anhang Mandates sind alle vertraulichen Unterlagen an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates zurückzugeben. (2) Will ein Mitglied des Aufsichtsrats irgendwelche Informationen an Dritte weitergeben, die es in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied erlangt hat, so hat es hierüber den Vorsitzenden des Aufsichtsrats vorab zu unterrichten. (3) Schriftliche Berichte des Vorstandes an den Aufsichtsrat werden den Mitgliedern des Aufsichtsrats ausgehändigt, soweit nicht der Aufsichtsrat im Einzelfall etwas anderes beschließt. Jedes Mitglied des Aufsichtsrats ist berechtigt, in Prüfungsberichte der Abschlussprüfer, in Abhängigkeitsberichte und in eventuelle Sonderberichte Einsicht zu nehmen. Eine Aushändigung dieser Berichte an die Aufsichtsratsmitglieder findet nicht statt, soweit nicht der Aufsichtsrat im Einzelfall etwas anderes beschließt. § 5 Niederschrift Über die Sitzungen des Aufsichtsrats ist eine Niederschrift anzufertigen, die von dem Vorsitzenden der betreffenden Sitzung unterzeichnet wird. Entsprechendes gilt für Beschlüsse, die ohne Sitzung gefasst worden sind. Köln, den 2. August 2022 Der Aufsichtsrat (Franz Kaspar) Vorsitzender des Aufsichtsrats 6 Geschäftsordnung für den Vorstand Müller &Schulze AG, Köln Der Aufsichtsrat gibt dem Vorstand folgende G E S C H Ä F T S O R D N U N G : § 1 Allgemeines Der Vorstand führt die Geschäfte der Gesellschaft unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nach den Vorschriften der Gesetze, der Satzung, der Geschäftsordnung und des Dienstvertrages. Anhang 349 § 2 Geschäftsverteilungsplan Besteht der Vorstand aus mehr als einer Person, so kann der Aufsichtsrat dem Vorstand einen Geschäftsverteilungsplan geben. Ein Geschäftsverteilungsplan des Vorstandes bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats. § 3 Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat Die Vorstandsberichte sind in aller Regel schriftlich vorzulegen, wenn nicht im Einzelfall wegen der Dringlichkeit mündliche Berichterstattung genügt oder geboten ist. § 4 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Für Geschäfte von grundlegender Bedeutung bedarf der Vorstand der Zustimmung des Aufsichtsrats. Hierzu gehören Entscheidungen oder Maßnahmen, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens grundlegend verändern. Im Hinblick darauf wird bestimmt, dass die nachstehend aufgeführten Geschäfte und Rechtshandlungen gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen: 1) Der Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, ferner die Verfügung über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte oder dingliche Rechte an solchen. 2) Die Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen. 3) Die Gründung oder Übernahme anderer Unternehmen, der Erwerb, die Veränderung oder Veräußerung von Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen oder (Teil-) Betrieben, der Abschluß von Unternehmensverträgen. 4) Sofern der Betrag im Einzelfall 100.000 Euro übersteigt a) die Aufnahme von Krediten, b) die Übernahme von Bürgschaften und Garantien, c) die Übernahme von fremden Verbindlichkeiten. 5) Neubauten, Umbauten oder Neuanschaffungen von Gegenständen des Anlagevermögens, soweit die Aufwendungen im Einzelfall 50.000 Euro übersteigen. 6) Abschluß oder Änderung von Kauf-, Miet-, Pacht-, Leasing- und sonstigen Verträgen, bei denen die Summe der fest vereinbarten Zahlungen mehr als 50.000 Euro beträgt. Ausgenommen sind Geschäftsbesorgungsverträge. 7) Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern mit Jahresvergütungen von mehr als 120.000 Euro. 8) Aufnahme neuer Geschäftstätigkeiten sowie die teilweise oder vollständige Aufgabe in der Vergangenheit ausgeübter Geschäftstätigkeiten. 350 Anhang 9) Einleitung von Rechtsstreitigkeiten von besonderer Bedeutung, insbesondere mit einem Streitwert von mehr als 50.000 Euro oder gegen Mitbewerber der Gesellschaft oder einen Aktionär. 10) Einrichtung von Pensionswerken und Pensionszusagen. 11) Gewährung von Darlehen und Krediten an Betriebsangehörige und deren Familienangehörige ab einem Betrag von 10.000 Euro. Erteilt der Aufsichtsrat die Zustimmung nicht, so ist der Vorstand gem. § 111 Abs. 4 S. 3 AktG berechtigt, die Entscheidung der Hauptversammlung herbeizuführen. Köln, den 2. August 2022 Der Aufsichtsrat (Franz Kaspar) Vorsitzender des Aufsichtsrats 7 Dienstvertrag Vorstand Zwischen der Müller & Schulze AG, Köln, vertreten durch den Aufsichtsrat, dieser wiederum vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden - nachfolgend „die Gesellschaft“ - und Herrn Karl Müller, Köln, wird nachfolgender Dienstvertrag geschlossen: Vorbemerkung Herr Müller ist durch Beschluss des Aufsichtsrats vom 2. August ember 2022 für die Dauer von fünf Jahren zum Vorstand der Gesellschaft bestellt worden. Für den Zeitraum der Bestellung wird der nachfolgende Dienstvertrag geschlossen: § 1 Aufgaben (1) Bestellt der Aufsichtsrat keine weitere Person zum Vorstand, so führt Herr Müller die Geschäfte der Gesellschaft alleine. Herr Müller hat stets Einzelvertretungsbefugnis und es ist ihm gestattet, Rechtsgeschäfte mit sich als Vertreter Dritter vorzunehmen. Die Rechte und Pflichten von Herrn Müller ergeben sich aus den Gesetzen, der Satzung, der Geschäftsordnung und diesem Vertrag. Anhang 351 (2) Herr Müller hat - gegebenenfalls gemeinschaftlich mit weiteren Vorstandsmitgliedern - die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Er hat die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihm durch seine Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, hat er Stillschweigen zu bewahren. § 2 Bezüge (1) Herr Müller erhält ab Beginn des auf die Eintragung der Gesellschaft als Aktiengesellschaft folgenden Monats einen Festbezug von jährlich 180.000 Euro. Das Gehalt wird in zwölf monatlichen Teilbeträgen von 15.000 Euro am jeweiligen Monatsletzten ausgezahlt. (2) Ferner erhält Herr Müller eine Tantieme in Höhe von 10 % des maßgeblichen Gewinns. Maßgeblicher Gewinn ist der Jahresüberschuss laut Handelsbilanz vor Abzug des Tantiemeaufwandes, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung aus dem Jahresüberschuss in Gewinnrücklagen einzustellen sind. Die Gewinntantieme beträgt höchstens ein Drittel des Festbezugs gem. Abs. 1. Die Gewinntantieme ist zum Ende des Monats, in dem der Jahresabschluss festgestellt worden ist, fällig. (3) In dem Jahr des Beginns und in dem Jahr der Beendigung des Dienstvertrags besteht der Anspruch auf Festgehalt und Tantieme nur anteilig entsprechend der Zeitdauer der Tätigkeit als Vorstand. (4) Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung zur Dienstleistung werden die Bezüge für sechs Monate, längstens bis zur Beendigung des Dienstvertrags, fortgezahlt. (5) Stirbt Herr Müller während der Laufzeit dieses Vertrages, so wird seiner Witwe oder nach deren Tod seinen unterhaltsberechtigten Kindern das Festgehalt gemäß Abs. 1 für den Sterbemonat sowie die drei darauf folgenden Kalendermonate weitergezahlt. Anspruchsberechtigt sind Kinder nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, darüber hinaus für die Dauer der Berufsausbildung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. (6) Soweit die Gesellschaft allen ihren Arbeitnehmern aufgrund von Gesamtzusagen freiwillige soziale Leistungen zukommen lässt, hat auch Herr Müller Anspruch auf diese. 352 Anhang (7) Eine Abtretung oder Verpfändung der Bezüge ist ohne Genehmigung der Gesellschaft unzulässig. § 3 Nebenleistungen (1) Herr Müller hat für die Dauer des Dienstvertrages Anspruch auf Überlassung eines Dienstwagens der gehobenen Mittelklasse (Anschaffungskosten 70.000 Euro per August 2022) zur dienstlichen und uneingeschränkten privaten Nutzung. Betriebs- und Unterhaltskosten trägt die Gesellschaft. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung geht zu Lasten von Herrn Müller. (2) Für Geschäftsreisen, Repräsentation und Bewirtung von Geschäftspartnern, welche im Interesse der Gesellschaft erforderlich sind, hat Herr Müller Anspruch auf Erstattung seiner Spesen und Auslagen. Übersteigen sie steuerliche Pauschalbeträge, so sind sie im Einzelnen zu belegen. (3) Die Gesellschaft schließt zu Gunsten von Herrn Müller für die Dauer des Dienstvertrages eine Unfallversicherung ab, die auch private Risiken deckt, und zwar mit folgenden Mindestdeckungssummen: Für den Todesfall 250.000 Euro Für den Invaliditätsfall 500.000 Euro Die Ansprüche daraus stehen unmittelbar Herrn Müller oder den Erben zu. (4) Die Gesellschaft schließt für ihre Organmitglieder (Vorstände und Aufsichtsräte) eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ab, welche Versicherungsschutz gewährt für den Fall, dass diese wegen einer bei Ausübung ihrer Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden von Dritten oder von der Versicherungsnehmerin auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. § 4 Urlaub Herr Müller hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Der Urlaub ist so festzulegen, dass die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. Anhang 353 § 5 Nebentätigkeit Herr Müller verpflichtet sich, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Eine entgeltliche Nebentätigkeit, Aufsichtsratsämter oder ähnliche Mandate sowie Ehrenämter im Bereich der gewerblichen Wirtschaft darf Herr Müller nur mit schriftlicher Einwilligung des Aufsichtsrats übernehmen. Herr Müller darf ohne schriftliche Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Er darf ohne Einwilligung auch nicht Mitglied des Vorstands oder Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft sein. Entsprechend darf Herr Müller sich weder unmittelbar noch mittelbar an einem Unternehmen beteiligen oder bei diesem tätig werden, das mit der Gesellschaft in irgendeinem Bereich ihres Geschäftsgegenstands in Konkurrenz oder in geschäftlichen Beziehungen steht; das gilt nicht für den Erwerb börsennotierter Aktien. § 6 Vertragsbeendigung Der Vertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf der Bestellung zum Vorstand. Der Vertrag verlängert sich jeweils um die Dauer einer erneuten Bestellung zum Vorstand. Der Aufsichtsrat wird Herrn Müller spätestens sechs Monate vor Ablauf des Vertrags mitteilen, ob die Amtszeit verlängert wird. Sofern im Falle der Verlängerung nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird, gelten die hier festgelegten Vertragsbestimmungen. Im Übrigen ist der Vertrag nur aus wichtigem Grunde kündbar (§ 626 BGB). Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Widerruft der Aufsichtsrat die Bestellung von Herrn Müller zum Vorstandsmitglied aus wichtigem Grund, so gilt der Widerruf als fristlose Kündigung. § 7 Pensionszusage Eine Pensionszusage wird nicht erteilt. § 8 Schiedsvereinbarung Über alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag, über die Wirksamkeit dieses Vertrages sowie etwaiger Nachträge entscheidet ein Schiedsgericht. Hierüber wird ein Schiedsgerichtsvertrag geschlossen. 354 Anhang § 9 Bereitschaft zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes Herr Müller ist bereit, eine Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit angemessenen Konditionen abzuschließen, wenn ein solches auch mit anderen Vorstandsmitgliedern vereinbart wird oder wenn dies wegen grundlegender Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse geboten ist. § 10 Schlussbestimmungen (1) Der Vertrag tritt durch Unterzeichnung mit Wirkung vom Tage der Eintragung der Gesellschaft als Aktiengesellschaft in das Handelsregister in Kraft; zu diesem Zeitpunkt treten alle vorher geltenden Vertragsabsprachen außer Kraft. (2) Die vertraglichen Vereinbarungen der Gesellschaft mit Herrn Müller ergeben sich erschöpfend aus diesem Vertrag. Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform. (3) Die Ungültigkeit einzelner Bestimmungen bedeutet nicht die Rechtswidrigkeit des Vertrags im Ganzen. Die Vertragschließenden sind in diesem Fall verpflichtet, anstelle der unwirksamen Vorschrift oder zur Schließung einer Lücke eine Regelung zu vereinbaren, die der wirtschaftlichen Zwecksetzung der Vertragschließenden am ehesten entspricht. Köln, den 2. August 2022 Der Aufsichtsrat (Kaspar) (Karl Müller) Vorsitzender Vorstandsmitglied für den Aufsichtsrat Anhang 355 Abkürzungsverzeichnis a. a. O. am angegebenen Ort Abs. Absatz Abschn. Abschnitt a. E. am Ende a. F. alte Fassung AG Aktiengesellschaft; Amtsgericht; Die Aktiengesellschaft (Zeit‐ schrift) AktG Aktiengesetz Alt. Alternative AO Abgabenordnung ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz Aufl. Auflage BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAG Bundesarbeitsgericht BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bd. Band BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BewG Bewertungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BMF Bundesminister der Finanzen BStBl. Bundessteuerblatt BZRG Bundeszentralregistergesetz Anhang 357 ca. circa DB Der Betrieb (Zeitschrift) d. h. das heißt DM Deutsche Mark D&O Directors‘ and Officers‘ DrittelbG Drittelbeteiligungsgesetz DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) eGbR eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts ErbStG Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz EStG Einkommensteuergesetz FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angele‐ genheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ff. folgende gem. gemäß ggf. gegebenenfalls GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GNotKG Gerichts- und Notarkostengesetz GrEStG Grunderwerbsteuergesetz Groß‐ komm. Großkommentar HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber HRV Handelsregisterverordnung Hs. Halbsatz i. A. in Abwicklung IAS International Accounting Standards i. d. F. in der Fassung 358 Anhang IdW Institut der Wirtschaftsprüfer i. E. im Einzelnen i. G. in Gründung IFRS International Financial Reporting Standards InsO Insolvenzordnung i. S. d. im Sinne des/ der i. V. m. in Verbindung Kap. Kapitel KG Kommanditgesellschaft KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien Komm. Kommentar KStG Körperschaftsteuergesetz m. E. meines Erachtens Mio. Million(en) MitbestG Mitbestimmungsgesetz MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht OHG Offene Handelsgesellschaft OLG Oberlandesgericht PartGG Partnerschaftsgesellschaftsgesetz R Richtlinie Rz. Randziffer S. Seite; Satz s. siehe Anhang 359 SE Europäische Aktiengesellschaft; Societas Europaea SGB Sozialgesetzbuch sog. sogenannte SpruchG Spruchverfahrensgesetz StaRUG Unternehmensstabilisierungsu. -restrukturierungsgesetz Tz. Textziffer u. a. unter anderem UG Unternehmergesellschaft UmwG Umwandlungsgesetz UmwStG Umwandlungssteuergesetz VermBG Vermögensbildungsgesetz vgl. vergleiche VO Verordnung Vorb. Vorbemerkung wg. wegen z. B. zum Beispiel ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung zit. zitiert z. T. zum Teil 360 Anhang Literaturverzeichnis Beck'scher Bilanz-Kom‐ mentar Handels- und Steuerrecht, 13. Aufl., München 2022 Brandes, Stephan Mitbestimmungsvermeidung mittels grenzüber‐ schreitender Verschmelzung, ZIP 2008, S.-2193 ff. Emmerich/ Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Kommen-tar, 11. Aufl., München 2020 Fritz/ Schneider Erfolgs- und Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter, 9. Aufl., Freiburg 2021 Großkommentar Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage, 1992 ff., Berlin New York Grüneberg Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 81. Aufl., München 2022 Happ/ Groß (Hrsg.) Aktienrecht Handbuch Mustertexte Kommentare, 4. Aufl., Köln 2019 Hopt Handelsgesetzbuch, Kommentar, 41. Aufl., München 2022 Koch, Jens Aktiengesetz, Kommentar, 16. Aufl., München 2022 Kölner Kommentar Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., Köln u.-a., 2004 ff. Lutter, Marcus (Hrsg.) Umwandlungsgesetz, Kommentar, 6. Aufl., Köln 2019 Lutter/ Hommelhoff (Hrsg.) SE-Kommentar, 2. Aufl., Köln 2015 Lutter/ Krieger Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 7. Aufl., Köln 2020 Manz/ Mayer/ Schröder (Hrsg.) Europäische Aktiengesellschaft SE, 3. Aufl., Ba‐ den-Baden 2019 Münchener Handbuch Münchener Handbuch des Gesellschafts-rechts, Bd.-4, Aktiengesellschaft, 6. Aufl., München 2022 Münchener Kommentar Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., München 2020 ff. Anhang 361 Niering/ Hillebrand Wege durch die Unternehmenskrise, 4. Aufl., Köln 2020 Noack/ Servatius/ Haas GmbHG, Kommentar, 23. Aufl., München 2022 Nüsser/ Nacken Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen, Köln 2005 Raguß, Gerd Der Vorstand einer Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Ber‐ lin Heidelberg 2009 Schmidt, Karsten Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Köln 2002 Schmidt, K./ Lutter (Hrsg.) Aktiengesetz, Kommentar, 4. Aufl., Köln 2020. Schmidt, Ludwig (Hrsg.) Einkommensteuergesetz, Kommentar, 41. Aufl., München 2022 Schmitt/ Hörtnagl/ Stratz Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., München 2020 Schwedhelm, Rolf Die Unternehmensumwandlung, 10. Aufl., Köln 2022 Seibert/ Kiem (Hrsg.) Handbuch der kleinen AG, Uhlenbruck Insolvenzordnung, Kommentar, 15. Aufl., München 2020 Verspay, Heinz-Peter GmbH-Handbuch für den Mittelstand, 2. Aufl., Ber‐ lin Heidelberg 2014 Viskorf Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl., München 2022 Widmann/ Mayer (Hrsg.) Umwandlungsrecht, Loseblatt, Bonn 2021 Ziegler/ Gey Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat der Europäischen Gesellschaft (SE), BB 2009, S.-1750 ff. 362 Anhang Register Abhängigkeit-285 Abschlagszahlung-64 Abschlussprüfer-152 Abspaltung-212 Abstimmung-214 Abwicklung-275 Agio-23 Aktie- Abtretung-205 Aktienregister-207 Aktienurkunde-204 Aufgeld-23, 28, 237 Ausgabebetrag-22, 253 Bareinlagen-27, 255 Belegschaftsaktien-254, 260, 307 Bezugsrecht-314 Dividende-233 eigene Aktien-240 Einlagen-27, 33, 254 Einlagenrückgewähr-239 Einziehung-70, 264 Erbfall-208 Form-201 Gattung-202 geringster Ausgabebetrag-23, 40 Inhaberaktie-59, 63, 201, 205 Mehrdividende-202 Mitgliedschaftsrechte-213 Namensaktie-59, 63, 201, 205 Nennbetragsaktie-203 Sachdividende-64 Sacheinlagen-33, 252, 255 Sammelurkunde-59 Stammaktie-202 Stimmrecht-202 Stückaktie-63, 203, 264 Treuhand-209 Überlassungspflicht-219, 244 Übernahme-22 Übertragung-204, 330 Verbriefung-64, 204 Vermögensrechte-213 Verwaltungsrechte-214 Vinkulierung-65, 206 Vorabdividende-202 Vorzugsaktie-64, 202 Zahlungspflichten-217 Aktiengesellschaft- Abwicklung-49, 299 Auflösung-175, 299 Besteuerung-319 Einpersonen-AG-53, 195 Eintragung-46 Errichtung-19 Europäische AG-325 Gründung-331 Kapitalgesellschaft-16 kleine Aktiengesellschaft-17 Kündigung-329 Liquidation-49 Löschung-299, 301 Mitgliedschaft-211 Stadien-48 Vor-Aktiengesellschaft-49 Vor-Gründungsgesellschaft-50 Vorratsgründung-55 Aktienregister-59 Aktionärsrechte-214 Anhang 363 Aktionärsvereinbarung-63, 71, 209, 322 Anhang-326 Arbeitsdirektor-106 Aufgeld-23 Aufsichtsrat- Abberufung-67, 149 Amtszeit-147 Arbeitnehmervertreter-144f Aufgaben-150 Ausschüsse-160 Auswahl-25 Berichte-114, 151 Beschlussfähigkeit-162 Beschlussfassung-67, 162 Beschlussvorschläge-157 Bestellung-23, 146, 148 Bilanzsitzung-226 D&O-Versicherung-165, 170 Drittelbeteiligung-142 Einberufung HV-155 Entlastung-173, 185 Entsendung-67, 146 Ersatzmitglieder-147 Feststellung JA-157, 226, 230 Frauenanteil-144f, 157 Führungslosigkeit-154 Geschäftsordnung-161 Größe-141, 143, 145 Haftung-168 Innere Ordnung-158 Katalog-151 Kompetenzen-150 Kredit-167 Liste der Aufsichtsratsmitglieder-46 Niederschrift-159 paritätische Mitbestimmung-144 persönliche Voraussetzungen-147 Prüfung JA-226 Sitzungen-163 Stimmverbot-162 Teilnahme-67 Überwachung-150 Unvereinbarkeit-148 Vergütung-67, 164, 179 Verschwiegenheitspflicht-168 Versicherung-165, 170 Verträge mit der AG-166 Vorsitzender-158, 160, 184, 188 Wahl-25 Zahl-66, 143 Zusammensetzung-141, 143, 145 Zustimmungsvorbehalte-151 Aufspaltung-274 Ausgliederung-275 Auskunftsrecht-119 Ausschluss-31 Barabfindung-88 Bareinlagen-120 Bedingtes Kapital-259 Beherrschungsvertrag-288 Bekanntmachungen-60 Belegschaftsaktien-254, 260, 307, 329 Berichtspflicht-114 Besteuerung-71, 319, 326, 328 Bevollmächtigte-110, 187 Bezugsrecht-241 Bilanzgewinn-231 Bilanzsitzung-226 Buchführung-326 Bundesanzeiger-61 Cash-Management-29 Corporate Governance-150 D&O-Versicherung-102 364 Anhang Differenzhaftung-123 Dividende-166 Drittelbeteiligung-282 Eigene Aktien-240 Einbringung-36 Einflussnahme-133 Einkommensteuer-319 Einlagen-36 Einlagenrückgewähr-133 Einpersonen-AG-53 Einziehung von Aktien-70, 264 Empfangsberechtigte Person-45 Entlastung-173, 185 Erbschaftsteuer-71, 321 Erfolgsbeteiligung-303 Ergebnisabführungsvertrag-290 Europäische AG-325 Finanzierung- Aufgeld-237 Außenfinanzierung-237 Belegschaftsaktien-307 Eigenkapital-304 Fremdkapital-304 Genussrechte-249, 307 Gesellschafterdarlehen-242 Innenfinanzierung-237 Kapitalaufbringung-238 Kapitalerhaltung-238 Mezzanine-238, 249 Rangrücktritt-243 Schuldverschreibungen-248 stille Gesellschaft-245, 247, 305 Zuzahlung-237 Firma-57 Formwechsel- Aktiengesellschaft-280 GbR-77 GmbH-84, 280 GmbH & Co. KG-83 Partnerschaftsgesellschaft-82 Personenhandelsgesellschaft-78 Frauenanteil-60, 97, 121, 144f Freigabeverfahren-199 Führungslosigkeit-110, 154 Geldwäsche-19 Gemischte Sacheinlage-36 Genehmigtes Kapital-259 Genussrechte-69 Gesamtrechtsnachfolge-49 Geschäftsjahr-64 Gesellschaftsblätter-61, 287 Gesellschaftsvertrag-16 Gesellschaftszweck-58 Gewinn-65 Gewinnabführungsvertrag-101 Gewinnverwendung- Abschlag-64, 233 Beschlussfassung-231 Bilanzgewinn-232 Dividende-210, 233 Fehlerhaftigkeit-235 Mehrdividende-202 Rücklagen-224, 232 Sachdividende-64 Vorabdividende-202 Vorzugsdividende-202 GmbH-327 GmbH & Co. KG-327 Grunderwerbsteuer-323 Grundkapital-331 Gründung- Anmeldung-43 Ausfallhaftung-32, 328 Anhang 365 Bareinlagen-27, 255 Beurkundung-21 Differenzhaftung-38, 47, 252 Einforderung der Einlagen-28 Einlagen-253 Eintragung-46 Errichtung-21 Feststellung der Satzung-21 gemischte Sacheinlage-36 Gerichtliche Prüfung-46 Gründer-22 Gründerhaftung-51 Gründungsaufwand-61, 64 Gründungsbericht-39, 90 Gründungsprüfung-39 Gründungsurkunde-21 Hin- und Herzahlen-28 Nachgründung-51, 252 Rest-Bareinlagen-32 Sacheinlagen-33, 62, 255 Sachübernahme-35, 62 Sonderprüfung-177 Übernahme der Aktien-22 verdeckte Sacheinlage-30 Verjährung Einlage-32, 39 Vorbelastungshaftung-50 Vorratsgründung-55 Handelsregister-43, 48, 60 Handlungsvollmacht-111 Hauptversammlung- Ablauf-187 Abstimmung-193 Anfechtbare Beschlüsse-198 Anmeldung-68 Aufgaben-173 Auskunftserteilung-189, 329 Bericht des Aufsichtsrats-184 Beschlüsse-69, 190 Beschlussvorschläge-182 Beurkundungspflicht-194 Bevollmächtigte-186f Briefwahl-185 Durchführung-189 Einberufung-68, 118, 155, 180 Entlastung-173, 185 Fehlerhafte Beschlüsse-196 Feststellung Beschluss-193 Freigabeverfahren-199 Geschäftsführung-176 Geschäftsordnung-188 Gewinnverwendung-231 Kapitalmehrheit-69, 191 Kompetenzen-173 Mindestpräsenz-69 Mitteilungspflichten-184 Nichtige Beschlüsse-196 Niederschrift-119, 159, 194 Notar-194 Online-Teilnahme-185 Ordentliche Hauptversammlung 184 Organisatorische Gestaltung-187 Ort-68 Satzungsänderung-175, 179, 183 Sonderbeschlüsse-196 Sonderprüfung-177 Stimmbindung-71 Stimmenmehrheit-69, 190 Stimmrecht-186 Strukturentscheidungen-177 Tagesordnung-182 Teilnahme-185 Teilnehmerverzeichnis-188 Übertragung Vermögen-179 Versammlungsleiter-188 Virtuelle Hauptversammlung 68, 185 366 Anhang Vollmacht-70 Vollversammlung-195 Wahlen-69 Hin- und Herzahlen-29 Inhaberaktie-201 Insichgeschäfte-55 Insolvenzantrag-136 Jahresabschluss- Anhang-222 Aufstellung-117, 222 Bilanz-222 Einzelabschluss-225 Fehlerhaftigkeit-234 Feststellung-235 Gewinn- und Verlustrechnung-222 Größenklassen-223 Jahresüberschuss-224, 232 Kapitalgesellschaft-223 Konsolidierung-297 Konzernabschluss-226, 296 Konzernlagebericht-226, 296 Lagebericht-225 Offenlegung-285 Prüfung-289 Rücklagen-224 Sonderprüfung-235 Kaduzierung-32 Kapitalaufbringung-238 Kapitalerhaltung-238 Kapitalerhöhung- Ausgabebetrag-253 Bareinlagen-255 Bedingte Kapitalerhöhung-257 Belegschaftsaktien-260 Bezugsrecht-253, 259 Bezugsrechtsausschluss-254 Differenzhaftung-252 Genehmigtes Kapital-259 Gesellschaftsmittel-261 Nachgründung-252 Reguläre Kapitalerhöhung-251 Sacheinlagen-252, 255, 258, 260 Zeichnungsschein-253 Kapitalgesellschaft-18, 223 Kapitalherabsetzung- Einziehung von Aktien-70, 264 ordentliche-262 vereinfachte-263 Kapitalmehrheit-69 KGaA-317 Kleinbeteiligtenprivileg-244 Kleine Aktiengesellschaft-17 Konzern- Abhängigkeit-292 Ausgleichszahlung-290 Ausschluss-294 Begriffsbestimmungen-285 Beherrschungsvertrag-289 Ergebnisabführungsvertrag-290 faktischer Konzern-291 Gewinnabführungsvertrag-289 Konzernabschluss-226, 296 Konzernlagebericht-226, 296 Mehrheitsbeteiligung-286 Mitteilungspflichten-285f Nachteilsausgleich-292 Organschaft-291 Rechnungslegung-226, 296 Schachtelbeteiligung-286 Squeeze-out-294 stille Gesellschaft-246, 291 Unternehmensverträge-288 Verbundene Unternehmen-285 Anhang 367 Vertragskonzern-288 wechselseitige Beteiligung-288, 295 Kündigung-307 Lagebericht-138 Liquidation-54 Löschung-213 Minderheitsaktionäre-294 Mitarbeiterbeteiligung-303, 329 Mitbestimmung-141, 143f Mitgliedschaftsrechte-213 Mitteilungspflichten-184, 285 Mutterschutz-99 Nachgründung-51, 252 Organisation-84 Organschaft-291 Paritätische Mitbestimmung-144 Personenunternehmen-325 Poolvertrag-63 Prokura-110, 148 Prüfer-153 Publizitätspflichten-233 Rangrücktritt-243 Rechnungslegung- Abschlussprüfer-26, 152, 174, 228 Begriff-221 Bestätigungsvermerk-229 Bilanzgewinn-232 Bilanzsitzung-226 Buchführung-117, 222 Feststellung JA-230 Jahresabschluss-230 Kapitalgesellschaft-18, 223 Offenlegung-222f, 233 Prüfung JA durch AR-226 Prüfung JA durch Prüfer-228 Unternehmensregister-233 Vorstandspflichten-117 Rechtsformwahl-325 Rest-Bareinlagen-32 Rücklagen-224 Sacheinlage, gemischte-36 Sacheinlage, verdeckte-28 Sacheinlagen-238 Sachübernahme-24 Sanierungsprivileg-244 Satzung- Änderung-59 Bekanntmachungen-60 Feststellung-21 Firma-57 Geschäftsjahr-64 Gesellschaftszweck-58 Grundkapital-59 individuelle Gestaltungen-62 notwendiger Inhalt-57 Sitz der Gesellschaft-57 Unternehmensgegenstand-58 Verwaltungssitz-57 Zweck der Gesellschaft-58 Schachtelbeteiligung-286 Schadensersatz-122 Schuldverschreibungen-248 Schutzgemeinschaft-63 SE-281, 331 Selbstkontrahieren-109 Sitz der Gesellschaft-57 Sonderbeschlüsse-196 Sonderprüfung-175, 177, 235 Sonderrechte-216 368 Anhang Spaltung-73 Spruchverfahren-273 Squeeze-out-294 Steuern-28 Stille Gesellschaft-245, 291, 305 Stimmbindung-71, 202 Stimmrecht-202 Stock Options-102, 257 Textform-70, 187 Transparenzregister-19, 125, 210 Treuhand-209 Überlassungspflicht-219, 244 Überschuldung-128 Umwandlung- Ausgliederung-73, 276 Barabfindung-87, 273, 277 Betriebsrat-76 Einbringung-76 Eintragung-92 Einzelunternehmer-73 Formwechsel-78, 84 Gesamtrechtsnachfolge-74, 270, 274 Gesellschaft bürgerlichen Rechts-77 GmbH-84, 280 GmbH & Co. KG-83 Grenzüberschreitende Umw.-274, 280 Partnerschaftsgesellschaft-82 Personenhandelsgesellschaften-78 Spaltung-93, 274 Spruchverfahren-89, 273, 279 Steuerliche Behandlung-80, 92 Stock Options-257 Unternehmergesellschaft-84 Verschmelzung-93, 269 Unterbilanz-50 Unternehmensbewertung-89, 271, 278 Unternehmensgegenstand-52 Unternehmensnachfolge-330 Unternehmensplanung-115 Unternehmensregister-60, 233 Unternehmensvertrag-199 Unternehmergesellschaft-84 Verbundene Unternehmen-285 Verdeckte Sacheinlage-30 Verjährung Einlagen-30 Verlustanzeige-126 Vermögensrechte-213 Verschmelzung-93 Verwaltungsrechte-173 Vinkulierte Namensaktie-178 Vollmacht-21 Vollversammlung-55 Vor-Aktiengesellschaft-49 Vorbelastungshaftung-50 Vor-Gründungsgesellschaft-50 Vorratsgesellschaft-55 Vorstand- Anstellungsverhältnis-100 Arbeitsdirektor-60, 106 Aufgaben-112 Beendigung Vorstandsamt-99 Berichtspflicht-114 Berufsverbot-98 Beschlussfassung-105 Beschlussvorschläge HV-182 Bestellung-26, 96 Bevollmächtigte-110 Bezüge-101 D&O-Versicherung-102, 136 Dienstvertrag-100 Einzelermächtigung-108 Entlastung-173, 185 Anhang 369 Frauenanteil-60, 97, 121 Führungslosigkeit-110 Geschäftsführung-66, 104 Geschäftsordnung-105, 150 Gründungsstadium-114 Haftung-131 Hauptversammlung-118 Insichgeschäfte-66, 108, 153 Insolvenzantrag-126 Katalog-66, 106, 151 Kreditgewährung-106 Kündigung-100 Mehrvertretung-66, 108 Mutterschutz-99 Ordnungswidrigkeit-137 Organisation-117 Passivvertretung-109 Persönliche Voraussetzungen-97 Pflichten-112 Rechnungslegung-117, 130 Selbstkontrahieren-108 Sonderprüfung-177 Sozialversicherungspflicht-103 Stellvertreter-95, 97 Steuern-125, 136 Stock Options-102 Überwachungssystem-117 Unternehmensplanung-115 Verlustanzeige-126 Verschwiegenheitspflicht-122 Versicherungsschutz-102, 136 Vertrauensentzug-99, 178 Vertretung-66, 104, 107 Vorsitzender-97 Wettbewerbsverbot-121 Widerruf Bestellung-99 Zahl-60 Zahlungsverbot-130 Zusammensetzung-60 Wandelschuldverschreibungen-248 Wechselseitige Beteiligung-288 Wettbewerbsverbot Aktionäre-71, 217 Wirtschaftsprüfer-288 Zahlungspflichten Aktionär-217 Zahlungsunfähigkeit-127 Zahlungsverbot-130 Zeichnungsschein-314 Zweck der Gesellschaft-58 370 Anhang Die Autoren Heinz-Peter Verspay Rechtsanwalt in Köln Hecker Werner Himmelreich Rechtsanwälte Partnerschaft mbB www.hwhlaw.de E-Mail: ve@hwhlaw.de Andreas Sattler Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH), Dipl.-Betr.-Päd. Gründer der Sattler & Partner AG, Schorndorf/ Stuttgart www.sattlerundpartner.de E-Mail: andreas.sattler@sattlerundpartner.de Anhang 371 BUCHTIPP Markus Thomas Münter Wettbewerb und Unternehmensstrategie für Management und Consulting 1. Auflage 2022, 317 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-7398-3192-3 eISBN 978-3-7398-8192-8 Wettbewerb richtig analysieren und überlegene Strategien entwickeln! Der immer rasantere Wettbewerb bestimmt Marktanteile und letztlich auch den Erfolg eines jeden Unternehmens. Doch wie wirkt sich dies auf die Strategie von Unternehmen aus? Markus Thomas Münter zeigt, wie sich Markstrukturen durch Wettbewerb konkret verändern und wie Unternehmen ihre spezifischen Fähigkeiten erfolgreich einsetzen können, um im Wettbewerb zu bestehen. Auf Besonderheiten digitaler Geschäftsmodelle geht er ein. Auch spieltheoretische Ansätze zieht er zur Erklärung heran. Ein spannender Einstieg für alle, die ökonomische Zusammenhänge in Management, Consulting und Studium schnell und anwendungsorientiert verstehen wollen. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de BUCHTIPP Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Mehr als die Hälfte der Deutschen arbeiten dort - vom Azubi, über Facharbeiter: innen bis hin zum Akademiker: innen. Doch welche Wege können Mittelständler gehen, um im Wettbewerb um Mitarbeiter: innen attraktiv zu sein? Günther Schanz und Silvia Strack gehen dieser Frage in ihrem Buch auf den Grund. Dabei berücksichtigen sie die gesamte Bandbreite des personalwirtschaftlichen Handelns und Gestaltens - von der Mitarbeiterplanung bis zur Mitarbeiterführung. Sie berücksichtigen auch explizit die Rahmenbedingungen des mittelständischen Personalmanagements. Ferner werden die Besonderheiten des Arbeitsmarkts, des gesellschaftlichen Wertewandels und arbeitsrechtliche Aspekte berücksichtigt. Das Buch richtet sich in erster Linie an Personalverantwortliche, Geschäftsführer: innen und Unternehmer: innen im Mittelstand. Günther Schanz, Silvia Strack Personalmanagement im Mittelstand erfolgreich handeln und gestalten Management und Führung 1. Auflage 2019, 201 Seiten €[D] 29,99 ISBN 978-3-7398-3012-4 eISBN 978-3-7398-8012-9 UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de ISBN 978-3-8169-3413-4 Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist seit einigen Jahren auch im Mittelstand weit verbreitet. Gründe dafür sind insbesondere die Eignung der AG zur Eigenkapitalbeschaffung, zur Mitarbeiterbeteiligung sowie zur Gestaltung der Unternehmensnachfolge mit Trennung von Unternehmensleitung und Gesellschafterstellung. Das Buch ist konsequent am Informationsbedürfnis zur nicht börsennotierten AG ausgerichtet. Es stellt zunächst die Grundzüge der für mittelständische Unternehmen maßgeblichen aktienrechtlichen Vorschriften dar. Dabei zeigt es auf, wie die AG durch Neugründung oder Umwandlung bestehender Unternehmen errichtet wird. Die Funktionen und die Rechte und Pflichten von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung werden ausführlich erläutert. Der Inhalt Gründung - Satzung - Vorstand - Aufsichtsrat - Hauptversammlung - Aktie - Rechnungslegung, Gewinnverwendung - Finanzierung - Kapitalerhöhung und -herabsetzung - Umwandlungsvorgänge - Konzern - Auflösung, Abwicklung, Löschung - Mitarbeiterbeteiligung - Besteuerung - Rechtsformwahl Die Zielgruppe Personen, die den Bestand ihres Unternehmens durch die Umwandlung in eine AG langfristig sichern wollen, und Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bereits bestehender Aktiengesellschaften Die Autoren Heinz-Peter Verspay ist als Rechtsanwalt in Köln tätig, insbesondere auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts mit den Schwerpunkten Aktienrecht, GmbH-Recht, Recht der SE und Umwandlungsrecht. Andreas Sattler gründete 1983 in Schorndorf/ Stuttgart die heutige Sattler & Partner AG; diese ist für mittelständische Unternehmen tätig. Er hat sich auf die Beratungsschwerpunkte Nachfolgeregelung, Unternehmenskauf und -verkauf sowie Unternehmensstrategie spezialisiert.