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Schmierstoff + Schmierung
2699-3244
expert verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/061
2023
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Eine Zeitschrift des Verband Schmierstoff-Industrie e. V. SCHMIERSTOFF SCHMIERUNG 2 23 Schwerpunktthemen: Schmierfette / Wälzlager / Verdickersysteme / Nachhaltigkeit ERGON RBD vegetable oils provide a fully renewable solution for your lubricant needs, while enhancing performance through chemistry and our EcoGold base oils provide a renewable oil that more closely mirrors incumbent petroleum base oil properties for easier incorporation into your raw material solutions. Founded in 1954, Ergon provides solutions for customers in more than 90 countries around the world. Call us today to learn more. 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Jahrgang · 2/ 2023 JUNI 2023 4. JAHRGANG Rubriken  5 Editorial 29 FAQs 32 Termine 33 Neues aus dem Verband 35 Neues aus der Branche Inhalt INHALT 5 Schmierstoff UND Schmierung 6 PFAS - Verwendungsbeschränkung von Schmierstoffen mit Fluorchemie 10 ELGI gründet Nachhaltigkeitskonsortium 13 Ein Schmierfett für alle Lager: Wunschtraum oder Realität? 18 Herausforderungen bei der Schmierung von Anlagen in der Stahlindustrie 22 Fettauswahl für Wälzlager 27 Lithiumfette und ihre Zukunft 29 Was ist eigentlich … Ruhpentration und Scherviskosität 32 Termine 33 Neues aus dem Verband 35 Neues aus der Branche 24 th International Colloquium Tribology Industrial and Automotive Lubrication at TAE - Ostfildern/ Stuttgart, Germany Join the leading event on tribology, additives and sustainable lubrication in Europe: Expect 3 intense days with 150 lectures from research, industry and practice in up-to 6 parallel sessions. Benefit from international business networking and career development. Ostfildern/ Stuttgart, Germany 23 rd - 25 th January 2024 Submission of abstract until 14th of July 2023 Submission of abstract and registration: www.tae.de/ go/ tribology Wir bilden weiter! TAE-Zertifikatslehrgänge Einstieg jederzeit möglich Einstieg jederzeit möglich Oberflächen Spezialist (TAE) Lehrgang (60163) 11. Jul. - 09. Nov. 2023 4 Module à 1 Tag Tribologie Experte (TAE) Lehrgang (60160) 21. Jun. - 13. Dez. 2023 10 Module à 1 Tag 5 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Editorial Schmierstoff UND Schmierung Sehr geehrte Leserinnen und Leser, diesmal ist unser Titelthema ein eher unscheinbares Produkt der Schmierstoffindustrie, welches aber mehr als alle anderen Produkte Reibung und Verschleiß kontrolliert: das Schmierfett. Diese meist sehr komplexen Produkte sind in sehr großer Vielfalt in Anwendung und Zusammensetzung im Markt. Wir wollen hier einige Aspekte beleuchten, was es alles gibt und wo die Probleme und Herausforderungen der Schmierfette in Gegenwart und Zukunft liegen. Neue Anwendungen, z. B. in der Produktion und der E-Moblität sowie bei der Verfügbarkeit von Rohstoffen, konfrontieren die Anwender und Formulierer mit immer neuen Herausforderungen, denen sich die Hersteller von Fetten gerne stellen. Daneben gibt es in dieser Ausgabe wie immer einen Blick in die Verbandsarbeit. Wir hoffen auf eine spannende und erhellende Lektüre! Ihre Redaktion © Ivan Uralsky - stock.adobe.com / Olivier Le Moal - stock.adobe.com Herausgeber: Verband Schmierstoff-Industrie e. V. Süderstraße 73A, 20097 Hamburg redaktion: Stephan Baumgärtel Petra Bots Inga Herrmann Manfred Jungk Rüdiger Krethe Ulrich Sandten-Ma © 2023 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Verlag: expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.expertverlag.de Geschäftsführer: Robert Narr Koordination: Ulrich Sandten-Ma Telefon: +49 (0)7071 9 75 56 56 eMail: sandten@verlag.expert anzeigenverwaltung: Cora Schikora Telefon: +49 (0)7071 97 97 10 eMail: schikora@narr.de anzeigenverkauf: Stefanie Richter Telefon: +49 (0)89 120 224 12 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 4 Hefte pro Jahr druck: Elanders Waiblingen GmbH Anton-Schmidt-Str. 15 71332 Waiblingen titelfoto: © Countrypixel - stock.adobe.com Bildrechte Inhaltsverzeichnis: © artegorov3@gmail - stock.adobe.com ▪ 78art - stock.adobe.com ▪ © adobedesigner - stock.adobe.com ▪ © ABCDstock - stock.adobe.com ▪ © manassanant - stock.adobe.com 4. Jahrgang 2023, Heft 2 ISBN 978-3-381-10441-3 ISSN 2699-3244 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 6 FacHartiKEl FacHartiKEl PFAS - Verwendungsbeschränkung von Schmierstoffen mit Fluorchemie Setral Chemie GmbH Das Beschränkungsvorhaben Das vor Jahren seitens der ECHA 1 vor dem Hintergrund des Green Deals 2 begonnene Beschränkungsvorhaben von PFAS 3 hat am 7. Februar 2023 mit der Veröffentlichung des vorläufigen Beschränkungsdossiers sehr konkrete Züge angenommen. Erstellt wurde es durch die federführenden Behörden aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Norwegen. Beschränkt werden soll erstmalig in der Geschichte der EU eine so umfassende Stoffgruppe. Exakt definiert umfasst diese Stoffgruppe alle Substanzen mit mindestens einem vollständig fluorierten Methyl- (-CF 3 ) oder Methylenkohlenstoffatom (-CF 2 ) ohne H/ Cl/ Br/ I. Diese Definition wurde von der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) übernommen 4 und umfasst mehr als 10 000 Chemikalien - auch hypothetische, also noch nicht hergestellt und erforschte Substanzen. 1 European Chemicals Agency 2 Europäische Nachhaltigkeitsinitiative mit dem Ziel, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu sein 3 aus dem Englischen: per- und polyfluoroalkyl substances 4 OECD (2021), Reconciling Terminology of the Universe of Perand Polyfluoroalkyl Substances: Recommendations and Practical Guidance, OECD Series on Risk Management, No. 61, OECD Publishing, Paris. Betroffene Schmierstoffe Betroffen sind im Schmierstoffbereich Festschmierstoffe und Öle auf fluorierter Basis wie Polytetrafluorethylen (PTFE) sowie Perfluorpolyether (PFPE) teils auch benannt als Perfluoralkylether (PFAE) oder Perfluorpolyalkylether (PFPAE). Tritt das Beschränkungsdossier in Kraft, so wie es aktuell formuliert ist, ist die Produktion, Verwendung und Inverkehrbringung aller genannten Schmierstoffe früher oder später verboten. Für Schmierstoffe, nur sofern diese im Einsatz unter „rauen Bedingungen“ (original Englisch: „harsh conditions“) sind oder diese zur sicheren Funktion und Gerätesicherheit dienen, gilt eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung von 13,5 Jahren nach Inkrafttreten des Beschränkungsdossiers. Dieses wird zum Jahresende 2025 oder Anfang 2026 erwartet. Schmierstoffverwendungen, die nicht unter die genannten Ausnahmen fallen, wären voraussichtlich direkt nach 18 Monaten verboten. Zudem ist geplant, dass für erlaubte Abweichungen jährlich ein Report vorgelegt werden muss, der Angaben macht zur Identität der Substanz und dem verwendeten Produkt, deren Gebrauch rechtfertigt, den Betriebsbedingungen und deren sichere Entsorgung. 500 0 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500 5.000 EP-Performance Messung im Vierkugel-Apparat Verschleißlast [N] Dosierung (Gewichtsanteil im Fett) 1% 3% 5% besser! Basisfett MC Mecyrat® P MoS 2 PTFE Graphit Kontakt, weitere Informationen und Muster: Metall-Chemie GmbH & Co. KG Herrengraben 30 / 20459 Hamburg Tel.: +49 (0)40 471002-0 Mail: info@mc-chemie.com Web: www.mc-chemie.com Wirtschaftlich Exzellente EP-Performance Kennzeichnungsfrei Ersatz für PTFE, MoS 2 und Graphit Helle Farbe MC Mecyrat® P Festschmierstoff für Fette Wussten Sie schon: PFAS sollen in der EU gebannt werden, darunter fällt auch PTFE. Die Einspruchsfrist bei der ECHA läuft bis 25.Sep 2023. Die Entscheidung, ob es Ausnahmen geben wird oder nicht, ist ungewiss. MC Mecyrat® P ist schon jetzt eine mögliche Alternative als Ersatz für PTFE, MoS 2 oder Graphit. Festschmierstoffe verbessern die Schmierleistung und verlängern die Lebensdauer von mechanischen Komponenten. Jeder Schmierstoff hat Vor- und Nachteile, die bei der Auswahl für bestimmte Anwendungen berücksichtigt werden müssen. PTFE ist ein synthetisches Polymer mit hervorragenden Antihafteigenschaften und wird aufgrund seines niedrigen Reibungskoeffizienten eingesetzt. PTFE ist chemisch inert und hitzebeständig, was es für raue Umgebungen geeignet macht. Es hat jedoch eine geringe Tragfähigkeit und verformt sich unter hoher Belastung. Zudem droht ein Verbot aufgrund der europäischer PFAS-Verordnungen. MoS 2 , oder Molybdändisulfid, ist ein schwarzer Festschmierstoff mit hoher Tragfähigkeit. Er ist temperatur- und chemikalienbeständig, kann jedoch zu Verschleiß führen und ist möglicherweise nicht mit allen Materialien kompatibel. MoS 2 ist aufgrund der starken Nachfrage in anderen Sektoren teuer und preislich unbeständig. Graphit ist eine kristalline Form von Kohlenstoff mit hoher Temperaturbeständigkeit. Es ist chemisch inert und widerstandsfähig gegen raue Umgebungen, ist jedoch für Hochgeschwindigkeitsanwendungen ungeeignet. Feuchtigkeit ist erforderlich, damit Graphit wirkt, und es beeinträchtigt die Verschleißschutzeigenschaften negativ. MC Mecyrat® P ist ein helles Polymer (Melamin-Polyphosphat) ohne Kennzeichnungspflicht. Es zeigt bereits bei niedrigen Behandlungsraten eine sehr gute EP-Leistung und stabile Verschleißschutzeigenschaften. Es ist wirtschaftlich gesehen günstiger als PTFE oder MoS 2 , zudem kann die Dosierung potenziell reduziert werden. Daher ist MC Mecyrat® P eine kluge Wahl sowohl in Bezug auf Leistung als auch Kosten. Kundenrückmeldungen besagen, dass es seine Funktion erfüllt, ohne andere Eigenschaften zu beeinträchtigen. Jetzt schon PTFE-frei formulieren! Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 8 Fachartikel | PFAS - Verwendungsbeschränkung von Schmierstoffen mit Fluorchemie Grundlage für das PFAS-Verbot Die ECHA legt den Hauptgrund für ein Verbot aller PFAS in deren Persistenz, die alle PFAS gemeinsam haben. Je nach PFAS-Substanz kommen teils noch weitere Gefahren wie z. B. Mobilität, Bioakkumulation, (Öko-)Toxizität hinzu. Für eine Beschränkung gefährlicher Chemikalien Es ist wichtig, dass Chemikalien, die nachgewiesenerweise gefährlich für Mensch und Umwelt sind, reguliert oder beschränkt werden. Für PFOA (Perfluoroktansäure) ist dies beispielsweise 2014 schon zu Recht in die Wege geleitet worden. 5 Gleichzeitig wird gerade diese Substanz häufig als Paradebeispiel für die pauschale Beschränkung der gesamten PFAS-Stoffgruppe herangezogen, obwohl es sich hierbei um eine konkrete Substanz handelt, deren Gefahren nachgewiesen sind. Dies basiert ausschließlich aufgrund der Anwesenheit von -CF 2 und -CF 3 in der papiergeschriebenen chemischen Struktur. Dieser regulatorische Wechsel 5 ANNEX XV PROPOSAL FOR A RESTRICTION - Perfluorooctanoic acid (PFOA), PFOA salts and PFOA-related substances, ECHA 2014 im System sollte nicht anhand eines Exempels, wie aktuell mit der pauschalen Betrachtung der umfassenden PFAS-Gruppe versucht, statuiert werden. Eine Metapher dazu könnte die unreife Tomate sein, die giftig ist und ein Gemüse. Sollte daher die gesamte Gruppe der Gemüse verboten werden? In gleicher Weise, wie oben genannte PFOA-Beschränkung anhand der vorliegenden Daten den regulatorischen Weg gegangen ist, sollte auch jede einzelne Substanz in der PFAS- Gruppe betrachtet, und wenn nötig, reguliert oder beschränkt werden. Selbst hypothetische Substanzen wären von der Regulierung betroffen, was die Forschung beschränkt - z. B. auch mit möglichen Lösungsansätzen für den Green Deal. Da die Gruppe der pauschal betrachteten Substanzen so vielfältig ist, ergeben sich auch große Abweichungen in deren Gefährdungsbeurteilung. Gerade für Polymere unter den PFAS liegt bereits eine Gefährdungseinschätzung der OECD vor: die „Polymers of Low Concern“ Polymers of Low Concern Die OECD, also die Organisation, dessen PFAS-Definition die ECHA übernommen hat, beschäftigte sich bereits ausführlich mit der Gefährlichkeit von Polymeren. Demnach sind die allermeisten Polymere mit einem durchschnittlichen Molekulargewicht (Zahlenmittel) größer oder gleich 1000 Dalton unkritisch für Mensch und Umwelt. Die OECD nennt diese hochmolekularen Polymere Polymers of Low Concern (PLCs), was im Deutschen in etwa „Polymere mit geringer Besorgnis“ bedeutet. 6 Darin wird kein Bezug auf die Zusammensetzung dieser Polymere genommen, d. h., diese Einstufung ist davon unabhängig. PFPE und PTFE fallen unter die Definition von PLCs. 6 OECD (2009) Data Analysis of the Identification of Correlations between Polymer Characteristics and Potential for Health or Ecotoxicological Concern: Recommendations and Practical Guidance, OECD Environment, Health and Safety Publications. 9 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Einzigartige Eigenschaften ohne Alternative Die beschriebenen Schmierstoffkomponenten PFPE und PTFE haben einzigartige Eigenschaften. Gerade deren Langlebigkeit resultiert in Vorteilen bei der Anwendung bis hin zur Lebensdauerschmierung. Besonders deren chemische Inertheit bewirkt, dass sie sich in aggressiver chemischer Umgebung nicht zersetzen und somit in zahlreichen herausfordernden Anwendungen alternativlos sind. Darunter fällt z. B. der Einsatz mit direktem Sauerstoffkontakt, wie er in Beatmungsgeräten erforderlich ist. Die extreme Temperaturbeständigkeit sowie die Eigenschaften nicht brennbar, nicht giftig und kompatibel mit viele Materialien zu sein, machen diese Schmierstoffe in weiteren Spezialanwendungen unverzichtbar. Alternativen sind für die genannten Bereiche nicht verfügbar. Wohl kaum ein Anwender würde sonst den viel höheren Preis gegenüber anderen Schmierstoffen für diese Art von Produkten zahlen. Auswirkungen auf unzählige Branchen Einige der Anwendungen, in denen PFAS-haltige Schmierstoffe eingesetzt werden, dienen dazu, die Ziele des Green Deals zu erreichen. Beispielsweise der Einsatz im Energiesektor reicht von Übertragungs- und Verbindungssystemen bis hin zur Energieerzeugung und -speicherung. Im Kontakt mit reaktiven Medien ist hierbei der Einsatz als Dichtungsbzw. Arbeitsflüssigkeit essenziell. Vor allem bei Hochtemperaturanwendungen zur Lagerschmierung spielen PFPE-Schmierstoffe eine zentrale Rolle. Dieser Einsatz findet sich branchenübergreifend in zahlreichen Industrien, u. a. im Lebensmittelbereich. Auf diese und viele weitere Industrien in denen PFPE und PTFE unverzichtbar sind, wie z. B. Automobilindustrie, Halbleiterindustrie oder bei Ventilen, würde deren Verbot enorme Auswirkungen haben. Teilnahme an der öffentlichen Konsultation Betroffene Schmierstoffanwender, -hersteller oder Rohstoffproduzenten sind aktuell und noch bis zum 25. September 2023 dazu aufgerufen (siehe Zeitachse), ihre Kommentare zum veröffentlichten Beschränkungsvorhaben direkt bei der ECHA einzureichen. Dies ist der einzige Weg, um der ECHA die Folgen auch im sozio-ökonomischen Sinn aufzuzeigen. Direktlink zur Eingabe der Kommentare: https: / / comments.echa.europa.eu/ comments_cms/ Annex- X V Restriction Dossier.a spx? RObjectId=0b0236e- 1885e69de »« Eingangsabbildung: © artegorov3@gmail - stock.adobe.com ▪ 78art - stock.adobe.com Jetzt beraten lassen: +49 (0)171 30 97 246 | Ihr persönlicher Ansprechpartner: Michael. M. Cornelius CJC® Ölpflegesysteme und Condition Monitoring Systeme Ölwechsel-Intervalle maximieren | Wartungskosten minimieren | Maschinenzuverlässigkeit erhöhen • Hydraulik- und Schmierölfilter • Varnish-Filter • Wasserabscheider • Kraftstoffreinigungsanlagen • Kühlschmierstoff-Filter • Härteöl- und Thermalölfilter Das Synonym für Ölpflege Proaktiv Instandhalten Mehr erfahren: www.cjc.de/ oelpflegesysteme www.cjc.de | oel@cjc.de | Karberg & Hennemann GmbH & Co. KG | Marlowring 5 | 22525 Hamburg Anzeige Interesse? www.narr.de Anzeige Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 10 FacHartiKEl FacHartiKEl ELGI gründet Nachhaltigkeitskonsortium Manfred Jungk, ELGI Direktor und ELGISTC Executive Committe Das European Lubricating und Grease Institute gründete schon 2008 ein Konsortium, um seine Mitglieder bei der REACH Anmeldung von Verdickern zur Schmierfettherstellung zu unterstützen. Das European Reach Grease Thickeners Consortium (ERGTC) besteht aus Mitgliedern einer Vielzahl von Unternehmen, die diese Verdicker entweder herstellen und/ oder in die Europäische Union importieren. Es wurden Untergruppen (Task Forces) gebildet, denen bestimmte Unternehmen angehören, die an der Registrierung von Stoffen innerhalb einer bestimmten Kategorie interessiert sind. Die Task Forces beaufsichtigen die Vorbereitung der REACH-Dossiers für die spezifischen Stoffe innerhalb der Kategorie, wobei die Stoffe basierend auf ihrer gemeinsamen Chemie in Kategorien eingeteilt werden. Die Methode, Daten gemeinsam anzumelden, schont die Budgets der Mitgliedsfirmen ebenso wie die Umwelt. Die Europäische Union treibt die Schonung der Umwelt nach der Implementierung von Reach nun weiter durch den „Green Deal“ voran. Dieser schreibt vor bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr auszustoßen, ihr Wachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln und niemanden, weder Mensch noch Region, im Stich zu lassen. Auf dem Weg dorthin sollen die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Die Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeitsinitiative Schmierstoffindustrie“ (NaSch) des VSI hat das Ziel, die Nachhaltigkeitsaspekte bei der Schmierstoffproduktion und -anwendung zu ermitteln und zu dokumentieren. Diese unterstützt die Aktivitäten auf Europäischer Ebene. Die Vereinigung der Europäischen Schmierstoffindustrie (UEIL) und der Technische Verband der Europäischen Schmierstoffindustrie (ATIEL) setzten Ende 2022 eine Arbeitsgruppe zusammen, um eine Methode zur Berechnung und Berichterstattung von Product Carbon Footprints (PCFs) für Schmierstoffe und Fette zu entwickeln. Mit Beteiligung von VSI und ELGI wird seit Januar 2023 unter der Leitung eines Beraters an einer harmonisierten Cradle-to-Gate- PCF-Methodik (Blender/ Vermarkter Exit Gate) gearbeitet. Das Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, einen gemeinsamen Standard zu entwickeln, der von der gesamten Schmierstoffindustrie verwendet werden 11 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Fachartikel-|-ELGI gründet Nachhaltigkeitskonsortium kann und Konsistenz und Transparenz in der gesamten Lieferkette gewährleistet. An der Gesamtmenge der jährlich produzierten Schmierstoffe von ca. 35 Millionen Tonnen haben Schmierfette nur einen Anteil von 3 %. Wie schon bei der Reach Registrierung von Verdickern haben Schmierfette eine Sonderstellung innerhalb der gesamten Schmierstoffpalette, welcher sich ELGI mit Hinblick auf Nachhaltigkeit annimmt. Neben den bei Schmierölen nicht vorhandenen Verdickern sind viele Schmierfettanwendungen auf Lebensdauer des Bauteiles ausgelegt. Um sich dieser Problematik zu stellen hat ELGI am Rande seiner Jahrestagung im Mai 2022 in Hamburg ein erstes „Town Hall“ Treffen organisiert. Die sehr interessierten Teilnehmer bereiteten im September 2022 während einer Telekonferenz die Tagesordnung der im Oktober 2022 durchgeführten konstituierenden Sitzung vor. Das ELGI Technisches Nachhaltigkeitskonsortium (ELGISTC) beruht auf der Absicht, Leitlinien zur Definition, Entwicklung und Messung von Nachhaltigkeit in der europäischen Schmierstoffindustrie bereitzustellen, Missverständnisse über die Nachhaltigkeitskapazitäten der Industrie zu beseitigen und sich an den laufenden Diskussionen über Nachhaltigkeit auf EU- und internationaler Ebene zu beteiligen. Mit einer klareren Nachhaltigkeitsstrategie kann ELGI die Reputation des Verbandes und deren Position proaktiver verteidigen, den Wert aufzeigen, den er für die Umwelt, die Gesellschaft und die Unternehmensführung bringt, und die gesamte Schmierstoff-Wertschöpfungskette dazu bringen, nachhaltiger zu werden. Als Zielsetzung des Konsortiums wurden folgende Punkte definiert: > Die Darstellung der Einzigartigkeit von Schmierfett im Vergleich zu anderen Schmierstoffen in Bezug auf Nachhaltigkeit, insbesondere CO 2 -Fußabdruck in der Produktions- und Nutzungsphase sowie Aspekte der Entsorgung. > Der Europäischen Kommission - als Vorreiterin in der Nachhaltigkeitsgesetzgebung - und den Regulierungsbehörden weltweit eine solide und robuste Stimme der Branche zu bieten. > Einen positiven Einfluss auf das Klima über die gesamte Wertschöpfungskette zu haben. > Kombination des Wissens und der Erfahrung von ELGI und NLGI (Nordamerikanischer Schmierfettverband). > Zusammenarbeit mit anderen Organisationen UEIL, ATIEL, VSΙ und ATC (Additive Technical Committee) zur Vermeidung von Mehr- und Doppelaufwand. > Eine gemeinsame Vision. Vertreten durch eine essenzielle Industrie mit weltweiter Mitgliedschaft vom Ein-Mann-Unternehmen bis zu weltweit operierenden Großunternehmen. > Von einem breiten Mitgliederspektrum profitieren. Schmierfetthersteller, Rohstofflieferanten, Endverbraucher, Gerätehersteller mit einem weltweiten Wissens- und Erfahrungsschatz. > Zugang zu relevanten und aktualisierten Gesetzen und Regulierungsverfahren. > Nutzung der Erfahrung von ELGI bei der Leitung und Verwaltung von Konsortien, z. B. ERGTC (REACh-Konsortium) > Unternehmen das Wissen und die Werkzeuge zur Verfügung stellen, um die Verantwortung für alle Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 12 Fachartikel | ELGI gründet Nachhaltigkeitskonsortium Aspekte ihrer Branche sicherzustellen und Umweltschäden oder schädliche Emissionen zu vermeiden, die aus Produktionsverfahren und der Verwendung ihrer Produkte begrenzt oder entfernt werden könnten. Zurzeit sind etwa 30 Firmen und Verbände als ELGISTC-Mitglied registriert und werden von ELGI mittels eines Exekutivkomitee koordiniert. Darunter sind fünf Task Forces etabliert: 1. Task Force Regulierung & Kommunikation Verantwortlichkeiten: > Überprüfen aktueller Vorschriften > Rückmeldungen zu neuen Vorschriften (EGD, Globale Nachhaltigkeitsvorschriften) > Risiko- und Folgenabschätzung > Bezugspunkt zu den Aufsichtsbehörden > Berichterstattung auf den Jahresversammlungen > Kommunikation mit den Interessengruppen > Ausrichtung an den SDGs der Vereinten Nationen (Aufsichtsbehörden, Industriepartner) > Entwicklung von Terminologie/ Glossar > Vermittlung der Vorteile der Schmierstoffindustrie an die Endverbraucher > Konsortium: Feststellung und Koordinierung unterschiedlicher Interessen der ELGISTC-Mitglieder 2. Task Force CO 2 -Fußabdruck Verantwortlichkeiten: > Entwickelung von Schmierfettfallstudien und Abgleich mit der Methodik basierend auf dem UEIL- Modell > Von der Wiege bis zum Tor > Tor zu Tor > Feststellung von Art und Weise, wie Daten geteilt werden > Bestimmung der entscheidenden Parameter für unsere(n) Prozess(e) > Entwicklung eines Benutzerhandbuches für das Modell und die Datenerfassung 3. Task Force Lebensabschnittanalyse Verantwortlichkeiten: > Fallstudie/ spezielle Anwendungsbewertung > Ende des Lebens, Entsorgung > Definition spezifischer Nutzungskategorien > Verifizierung, z. B. durch unabhängige Dritte 4. Task Force Endanwender Verantwortlichkeiten: > Feststellung von OEM-Anforderungen > Feststellung von Anforderungen der Endbenutzer > CO 2 -Emissionsausgleich > Bestimmung des Nutzens des Schmierfetts für den Endverbraucher. > Vergleichsmaßstab definieren > Schmierfetthandhabung (Verpackung/ Liefersysteme) > Optimalen Ablauf definieren (Nachschmierintervalle, Lagerung) > Zustandsüberwachung … 5. Task Force Lebensende Entsorgung Verantwortlichkeiten > Mögliche Wiederverwendung finden > Industrielle Symbiose > Feststellung, was mit dem Schmierfett nach Gebrauch passiert > Alternative Methoden für das Schicksal des Schmierfettes vorschlagen > Kriterien für Verlustniveaus erarbeiten > Definition des Lebensendes des Schmierfetts Die einzelnen Task Forces habe Ihre Arbeit in virtuellen Sitzungen aufgenommen und treffen sich im Rahmen der Generalversammlung zweimal im Jahr. »« Eingangsabbildung: © stockpics - stock.adobe.com 13 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 FacHartiKEl Ein Schmierfett für alle Lager: Wunschtraum oder Realität? Rüdiger Krethe, OilDoc GmbH Leonardo da Vinci, Alexander von Humboldt und Gottfried Wilhelm Leibnitz hatten eins gemeinsam: Sie gelten als Universalgenie und Visionäre ihrer Zeit, weil sie auf einer ganzen Reihe unterschiedlichster Wissensgebiete erfolgreich und bahnbrechend tätig waren. Einer von Leibnitz’ Biografen rühmte ihn als „den intelligentesten Menschen seiner Epoche“. Einige Herrscher seiner Zeit, die im regelmäßigen Austausch mit ihm standen, mögen ihn einerseits als überaus gelehrt und inspirierend empfunden haben, andererseits als verträumt und weltfremd. Vom Forscherdrang beseelte, visionäre Menschen gibt es auch heute, gesellschafts- und bildungsbedingt wohl eher mehr als vor 300 Jahren. Der Wissensexplosion der vergangenen Jahrhunderte und der damit verbundenen Spezialisierung Rechnung tragend, wird es in der heutigen Zeit als jedoch unmöglich angesehen, derart viele Wissensdisziplinen in ihrer Tiefe zu beherrschen. Moderne Maschinen: Wahre Spezialisten Die ersten Maschinen waren durch niedrige Geschwindigkeiten, moderate Beanspruchungen und großzügig (über)dimensionierte Bauteile gekennzeichnet. Dazu wurden sie überwiegend nur wenige Rüdiger Krethe Rüdiger Krethe ist Geschäftsführer der OilDoc GmbH, der Akademie für Weiterbildung rund um Schmierstoffanwendung, Ölanalysen und proaktive Instandhaltung. Nach seinem Studium des Maschinenbaus und der Tribotechnik war er im Produktmanagement für Industrieöle einer Mineralölgesellschaft tätig. Anschließend leitete er 15 Jahre das Diagnose-Team von OEL- CHECK. Seit mehr als 30 Jahren gibt Rüdiger Krethe als IHK-zertifizierter Trainer in Seminaren sein Know-how zu Tribologie, Schmierstoffen und Ölanalysen erfolgreich weiter. Außerdem ist er seit der ersten Ausgabe aktives Mitglied des Redaktionsteams der Schmierstoff+Schmierung. Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 14 Fachartikel | Ein Schmierfett für alle Lager: Wunschtraum oder Realität Stunden am Tag genutzt. Der Wissenszuwachs durch Forschergeist und Erfahrungen aus dem maschinellen Betrieb brachten schneller laufende Maschinen hervor, die in derselben Zeitspanne ein Vielfaches ihrer „Vorfahren“ produzierten, intensiver genutzt wurden und in jüngerer Zeit auch immer stärker auf die effiziente Nutzung der Materialien getrimmt wurden. Damit gingen höhere Beanspruchungen der Komponenten, aber auch ein gestiegener Spezialisierungsgrad einher. Schmierstoff-Anforderungen folgen dem Trend Schmierstoffe von heute sind, den Anforderungen folgend, ebenfalls leistungsfähiger geworden. Sie werden den speziellen Anforderungen moderner Maschinen zunehmend „auf den Leib geschneidert“. Ein Blick in das Schmierstoff-Lager eines Industriebetriebes offenbart, dass zur Schmierung des kompletten Maschinen- und Anlagenparks je nach Unternehmensgröße und Mechanisierung oft mehr als 50 oder gar 100 verschiedene Schmierstoffe zum Einsatz kommen. Nicht selten sind allein 10 oder mehr verschiedene Schmierfette im Einsatz, obwohl diese überwiegend zur Schmierung von Wälzlagerungen dienen. Werden deshalb wirklich so viele verschiedene Schmierfette benötigt, wenn diese am Ende - laienhaft gesagt - „alle fest das Gleiche machen“? Daher rückt die folgende Frage folgerichtig immer wieder in den Mittelpunkt: > Gibt es ein Universal-Schmierfett, das gleichermaßen für möglichst viele der verschiedenen Schmierstellen der Maschine geeignet ist oder einen (genialen) „Super-Schmierstoff “, der die Anforderungen aller Schmierstellen optimal abdeckt oder gar übertrifft? Das würde die Schmierung vereinfachen und zugleich sicherer machen: > Unkomplizierte Lagerhaltung > Keine Verwechslungsgefahr einzelner Spezial- Fette > Weniger Werkzeuge und Hilfsmittel zur Schmierung > Versorgung über zentral gesteuerte Schmiersysteme > Höhere Einkaufsmengen und größere Gebinde Demgegenüber steht die Frage, ob der Einsatz spezieller, auf die Anforderungen einzelner Lager abgestimmter Schmierfette notwendig ist, um sehr verschiedene Schmieranforderungen zu bedienen, oder deutlich höhere finanzielle Vorteile bietet als die zuvor genannten Einspareffekte: > Längere Lagerstandzeiten > Optimale Nachschmierfristen > Ein minimiertes Reibungsniveau > Höhere Zuverlässigkeit und Maschinenverfügbarkeit Schmierfette für Wälzlager Zur Auswahl des optimal geeigneten Schmierfetts für ein Wälzlager muss eine ganze Reihe von Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Die wichtigsten sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Die in Tabelle 1 aufgeführten Kriterien erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen einen Überblick geben und die Komplexität der Schmierfett- Auswahl aufzeigen. Nachstehend kurze Erläuterungen und Grundregeln zu einzelnen der angeführten Kriterien. Lager mit Linienkontakt (Rollen-, Tonnen- oder Nadellager) beanspruchen eine größere Fettmenge im Schmierkontakt und stellen generell höhere Anforderungen an die Schmierfähigkeit als Kugellager. Insbesondere in bordgeführten Lagern treten erhöhte Gleitanteile auf, die die Anforderungen weiter ansteigen lassen. Aus der Geschwindigkeit, charakterisiert durch die Drehzahl und dem mittleren Lagerdurchmesser, werden die grundlegenden Anforderungen an die für die (elasto-)hydrodynamische Schmierfähigkeit verantwortliche Grundölviskostät ermittelt. Prinzipiell gilt: > Je höher die Geschwindigkeit, um so niedriger die Viskosität > Je niedriger die Geschwindigkeit, um so höher die Viskosität Die Viskosität des Grundöles ändert sich mit der Temperatur. Deshalb ist die ermittelte Viskosität anhand der Betriebstemperaturen im Lager und dem Viskositäts-Temperatur-Verhalten des Grundöls auf die zur Ölauswahl übliche „Norm-Viskosität“ (Industrieschmieröle: 40 °C = ISO VG) umzurechnen. Hier gilt: > Je höher die Betriebstemperatur im Lager, um so höher die ISO VG des Grundöles Eine hohe mechanische Beanspruchung des Lagers, auch durch Stöße, führt ebenso zu höheren Viskositäten und dem verstärkten Einsatz von Verschleißschutz-Additiven. Hohe Temperaturen führen zur beschleunigten Öloxidation und damit verkürzten Fettlebensdauer. Die meisten Verdicker erweichen bei erhöhten Temperaturen, die Ölabgabe steigt, bis hin zur Auflösung des Verdickers selbst. Daher ist der Temperatureinsatzbereich eines Schmierfettes nicht nur für die Sicherstellung der Schmierung wichtig, sondern auch von hoher Bedutung für die Auswahl von Verdicker- und Grundöltyp. Wasser kann in Form von Kondensat als auch durch Spitzwasser oder durch Leckagen in das Schmierfett gelangen. Ein erhöhter Wassernteil kann nicht nur zu Korrosion oder vorzeitiger Wälzlagerer- 15 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Faktor Bedeutung Lagertyp Schmierung: Kontaktgeometrie (z. B. Punkt, Linie), Gleitanteile, Bordreibung Geschwindigkeit (n ⋅ d M ) EHD-Schmierfilmbildung (Grundölviskosität), mechanische Fett-Stabilität Temperatur Betriebsviskosität des Grundöles (Schmierung) Startviskosität, oxidative und thermische Beständigkeit Belastung (auch Stoßhaftigkeit, Schwingungen) Schmierung: Grundölviskosität, Verschleißschutz-Additive, Schmierfettstabilität (Ölabgabeverhalten) Umgebungs-/ Medieneinflüsse Wasser/ Medien: Korrosionsschutz, chemische und physikalische Fett-Beständigkeit Einbaulage, Besonderheiten Waagerecht/ senkrecht: Konsistenz, Innen-/ Außenring drehend: Ölabgabeverhalten Umweltschutz, Hygiene, Gesundheit Religion „Bio“: Eco-Label Lebensmittelkontakt/ Pharma: NSF-Zulassung, kosher, halal Wartungsanforderungen Nachschmierfrist, Lebensdauerschmierung: Oxidationsstabilität, Fett-Stabilität, Konsistenz Schmierung Design interne Fettversorgung, Extern: Schmierstoffgeber, Schmiersysteme Förderbarkeit, Ausblutverhalten Tabelle 1: Wichtige Auswahlkriterien für ein Wälzlager-Schmierfett müdung führen. Einige Verdickersysteme weisen eine hohe Wasserbeständigkeit auf, andere reagieren ausgesprochen empfindlich darauf. Esterbasische Grundöle unterliegen der Gefahr der Hydrolyse. Aggressive Medien, Säuren oder Basen erhöhen nicht nur die Korrosionsgefahr. Sie können die Verdickerstruktur und auch das Grundöl nachhaltig schädigen.  Anzeige Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 16 Fachartikel | Ein Schmierfett für alle Lager: Wunschtraum oder Realität Spezialist oder Universalgenie Je allgemeiner das Anforderungsprofil verschiedener Wälzlagerungen hinsichtlich des einzusetzenden Schmierfetts ist, um so eher kann die Verwendung eines „höherwertiges Schmierfettes“ bzw. eines „Universalgenies“ zu einer signifikanten Sortenreduktion führen. Die Vielzahl der bei der Schmierfettauswahl zu berücksichtigen Faktoren und damit die mögliche Verschiedenartigkeit wurde in der Tabelle 1 aufgezeigt. Das macht deutlich, dass die Anforderungen an einzelne Fettschmierstellen nicht in jedem Fall diese „Ähnlichkeit“ aufweisen und nicht immer pauschal als „niedrig“ oder „hoch“ bezeichnet werden können. Je spezieller die Anforderungen sind, um so mehr sind die Schmieranforderungen einzelner Wälzlagerungen „anders“, was die Sortenvereinfachung erschwert oder wirtschaftlich wenig sinnvoll werden lässt, da die Spezialfette den einzelnen Lagern auf den Laib geschneidert sind und eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit aufweisen. Am Beispiel einzelner fettgeschmierter Wälzlager einer Windkraftanlage soll nachfolgend aufgezeigt werden, wie speziell die Schmieranforderungen in der Realität tatsächlich sein können. Rotorlager Herzstück einer teilintegrierten Rotorlagerung einer Windkraftanlage ist oft ein Pendelrollenlager. Der Lagerdurchmesser erreicht in modernen Großanlagen durchaus 4 Meter, in sehr großen Anlagen bis zu 7 Meter / 1/ . Die Drehzahl liegt je nach Wind zwischen ca. 1 min -1 im Trudel-Betrieb und etwa 20-25 min -1 . Rotornabe und Rotorblätter bringen es leicht auf ein Gewicht von 70 Tonnen und mehr. Die Lagerbeanspruchung ist - typisch Wind - sehr dynamisch. Die Umgebungstemperaturen schwanken jahreszeitlich bedingt deutlich. Schmierfette für Rotorlager enthalten meist synthetische, teilweise auch mineralölbasische Grundöle, deren Viskosität typisch bei ca. 400 mm²/ s bei 40 °C liegt, in Einzelfällen auch darunter. Die EP-legierten Schmierfette werden in der Regel mit Lithium- oder Lithiumkomplex-Seifen eingedickt. Die hohe Grundölviskosität ist den niedrigen Drehzahlen und der hohen Beanspruchung geschuldet. Blatt- und Azimutlager Die Blattlager stehen den Rotorlagern in ihrer Größe kaum etwas nach. Ein Rotorblatt bringt es je nach Größe auf ca. 20 Tonnen und mehr, die Blattlänge beträgt ca. 50-75 Meter. Der auch „Pitchantrieb“ genannte Mechanismus dient dazu, die Rotorblätter mehr oder weniger in den Wind zu stellen. Daher stehen die Lager größtenteils still, sind dabei erheblichen Schwingungen ausgesetzt und führen je nach Bedarf die notwendigen Stellbewegungen aus. Oft kommen zweireihige Kugel- oder Rollenlager zum Einsatz. Die Lager sind mit einer Innenverzahnung versehen, in die ein Antrieb eingreift, vergleichbar mit dem Schwenkantrieb eines Baggers. Im Gegensatz zu Rotorlagern kann nicht von einem rotierenden Lagern gesprochen werden. Deshalb sind die Schmieranforderungen auch sehr speziell. Zur Bildung eines hydrodynamischen Schmierfilms kommt es praktisch nicht. Der Haupt-Schädigungsmechanismus ist die Bildung von Stillstands-Riffeln („False Brinelling)“, was durch geeignete Festschmierstoff-Additive bekämpft wird. Daher ist die Grundölviskosität der eingesetzten Schmierfette eher sehr niedrig, um das Rotorblattlager einer Windenergieanlage ohne montierte Rotorblätter (Quelle: Wikipedia-- Paul Anderson-/ -Hub secured to Turbine Tower No 11) 17 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Fachartikel-|-Ein Schmierfett für alle Lager: Wunschtraum oder Realität Nachfließen des Öls (und der Additive) in die Lastzone bei den Mikrobewegungen bestmöglich zu unterstützen. Die Lagerung der Gondel (Azimut-Lager) führt die Gondel bei sich ändernder Windrichtung nach und ist ähnlich dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt wie die Blattlager. Angesicht des Gesamtgewichts einer Gondel (Nascelle) von mehr als 100 Tonnen, einer Länge von ca. 20 Metern und einer Breite von 6 Metern muss die Lagerung jedoch deutlich massiver ausgeführt werden. Zum Einsatz kommen in kleineren Anlagen ein- oder zweireihige Vierpunktlager mit Innen- oder Außenverzahnung, in Großanlagen eher dreireihige Rollenlager. Generatorlager Die Generatorlager einer Windturbine mit Hauptgetriebe ist in seinen Dimensionen deutlich bescheidener (mittlerer Lagerdurchmesser ca. 200-400 mm). Zum Einsatz kommen oft Zylinderrollenlager, ggf. kombiniert mit Kugellagern. Die Drehzahl liegt je nach Wind und Generatortyp bei etwa 1000 min -1 . Die Lagertemperaturen sind angesichts der Drehzahl und der Anordnung im Inneren der Gondel deutlich höher als bei den anderen Lagerungen. Zum Einsatz kommen oft Lithiumkomplex-verseife Schmierfette mit mineralischen oder synthetischen Grundölen einer Viskosität von ca. 100 mm²/ s bei 40 °C. Wie beim Rotorlager handelt es sich um tatsächlich rotierendes Lager, welches jedoch deutlich schneller läuft. Tabelle 2 fasst die wichtigsten Kennwerte der typischerweise eingesetzten Schmierfette zusammen. Interessant ist, dass seit langem Universalfette verfügbar sind, die in allen Lagern einsatzbar sind und auch die entsprechenden OEM-Freigaben haben. Eine breite Marktakzeptanz haben diese Fette jedoch bisher nicht gefunden. Schwachstelle sind möglicherweise die sehr spezifischen Anforderungen der Blattlager, die sich nur schwer mit den anderen Anforderungen in Einklang bringen lassen. Oder - spezielle Blattlagerfette zeigen in der Praxis die bessere Performance. Fazit Die zunehmende Sortenvielfalt gerade im Bereich der fettgeschmierten Komponenten stellt das Wartungspersonal vor Herausforderungen. Der Aufwand für die Lagerhaltung, die Schmiergeräte und Hilfsmittel steigt mit der Sortenvielfalt signifikant an. Dazu können Verwechslungen kostenintensive Schäden nach sich ziehen, deren Wahrscheinlichkeit bei einer reduzierten Sortenanzahl und einem professionellen Schmierungsmanagement deutlich sinkt. Demgegenüber steht die zunehmende Spezialisierung und Leistungssteigerung im Maschinenbau, die zu spezifischen Lagerungen und gestiegenen Schmieranforderungen führt. Bei der Sortenvereinfachung ist deshalb besondere Vorsicht geboten. Gut geschultes Personal / 2/ kann diese Herausforderung mit professioneller Unterstützung trotzdem zuverlässig meistern. Literaturangaben / 1/ Rothe Erde GmbH: Windkraftanlagen: Unsere Schlüsselkomponenten. Quelle: https: / / www.thyssenkrupp. com/ de/ stories/ nachhaltigkeit-und-klimaschutz/ diebig-3-fuer-die-windkraft, Zugriff am 17.04.2023 / 2/ OilDoc GmbH, Skript zum Seminar „Schmierfette und Schmierfettüberwachung“, OilDoc GmbH, 2022, www. oildoc.de »« Eingangsabbildung: © adobedesigner - stock.adobe.com Produkt NLGI- Klasse Verdickertyp Grundöltyp GVis@40 [mm 2 / s] rotor Blatt azim. Gen. Rotorlagerfett 1 2 Mix Mineral 400 X Rotorlagerfett 2 1-2 LiX PAO 460 X Blattlagerfett 1 2 Li PAO 50 X Generatorfett 1 2 LiX PAO 100 X Generatorfett 2 2 Urea Min/ Ester 150 X Universalfett 1 1-2 LiX PAO 460 X X X X Universalfett 2 2 LiX PAO 120 X X X X Tabelle 2: Typische Schmierfette in Windturbinen Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 18 FacHartiKEl FacHartiKEl Herausforderungen bei der Schmierung von Anlagen in der Stahlindustrie Dipl.-Ing. (FH) Tim-Oliver Mattern (VDI) Viele Anwendungen in der Stahlindustrie sind äußerst anspruchsvoll in Bezug auf Schmierung und Versorgung mit geeigneten Schmierstoffen. Wälzlager, eines der am häufigsten verwendeten Konstruktionselemente, stehen dabei unter hohen Beaufschlagungen mit Wasser- und Staubverunreinigungen sowie Strahlungswärme, Vibrationen und Stoßbelastungen. Im Folgenden werden drei typische Beispiele der Wälzlagerschmierung in der Stahlindustrie diskutiert. Diese sind: 1.1 Lagerung von Walzgerüsten in Warm- und Kaltwalzwerken 1.2 Lager von Strangführungsrollen von Stranggießanlagen 1.3 Nicht kontinuierlich betriebene Lager wie z. B. in Kranen oder Konvertern 1.1 Lagerung von Rollgängen in Warm- und Kaltwalzwerken Rollgänge sind Transporteinheiten für massive Stahlprodukte oder Halbzeuge. Sie sind Kaskaden paralleler Rollen senkrecht zur Transportrichtung der darauf liegenden Güter. In Walzwerken sind sie über die gesamte Länge vorhanden. Da dies zu einem gewissen Abstand und einer beachtlichen Anzahl von Lagern führt, werden diese meist über Zentralschmieranlagen geschmiert. Daher ist die erste Anforderung an den ausgewählten Schmierstoff die Förderbarkeit Tim-Oliver Mattern Head of global lubricants business - Steel Industry Head of global steel team beim ersten deutschen Schmierstoffhersteller BECHEM Tim-Oliver Mattern hat mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Metallindustrie, von denen er mehr als 22 Jahre bei internationalen Schmierstoffunternehmen in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Geschäftsentwicklung tätig war. Aktuell leitet Herr Mattern bei BECHEM den Core Market Steel und das Globale Steel. 19 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Fachartikel-|-Herausforderungen bei der Schmierung von Anlagen in der Stahlindustrie Vinkocide BB WM - Effektive Nachkonservierung für Kühlschmierstoffe Vinkocide BB WM ist eine innovative Konservierungslösung auf Basis des bioziden Wirkstoffs BBIT und wurde speziell für die Nachkonservierung von Kühlschmierstoffen in der metallbearbeitenden Industrie entwickelt. Es ist hochwirksam gegen Schimmelpilze, Hefen sowie Bakterien, und das über einen langen Zeitraum. Egal ob synthetische, halb-synthetische oder mineralölbasierte Kühlschmierstoffe: Vinkocide BB WM ist in allen Arten von Kühlschmierstoffen einsetzbar. Weitere Vorteile sind: Sehr gute Wassermischbarkeit (keine Bildung von BBIT-Agglomeraten) Stabilität auch bei hohen Temperaturen und pH-Werten Sehr geringe Schaumbildungsneigung Niedrige Einsatzkonzentration (150 - 1500 ppm) Keine Kennzeichnung (EUH208 and EUH210) in der empfohlenen Anwendungskonzentration Sprechen Sie uns an und erfahren Sie mehr über Vinkocide BB WM und viele weitere anwendungsspezifische Konservierungslösungen! Unsere Empfehlungen bezüglich unserer Produkte beruhen auf bestem Wissen und Gewissen, umfassen jedoch keine entsprechende Haftung. Die in unserem Portfolio gezeigten Produkte implizieren keine Registrierung von Biozidprodukten in spezifischen Ländern. Vink Chemicals oder deren Vertriebspartner informieren Sie auf Anfrage gerne über den regulatorischen Status der einzelnen Produkte. Biozide sicher verwenden. Lesen Sie vor Gebrauch stets das Etikett und die Produktinformation. Vink Chemicals GmbH & Co. KG | Eichenhöhe 29, 21255 Kakenstorf, Germany www.vink-chemicals.com durch die Zentralschmieranlage. Darüber hinaus treten bei jedem Durchlauf des Stahls Stoßbelastungen auf. Üblicherweise haben sich für diese Zwecke Fette mit ausreichender Grundölviskosität bewährt, um ein Viskositätsverhältnis von κ > 1 zu gewährleisten. Bei Ölschmierung sollte das Viskositätsverhältnis um ein Vielfaches höher sein, etwa κ≈ 4. Es besteht immer ein gewisses Risiko der Verschmutzung durch Staub und Wasser. Dies bezieht sich insbesondere auf die Kühlzone in Warmwalzwerken, wo der Stahl und der Walztisch mit enormen Wassermengen gespült werden. Dieses Wasser wäscht die Oxide des Walzzunders vom Stahl und ein Eindringen dieses kontaminierten Wassers gefährdet die Lagerlebensdauer. Daher ist die ordnungsgemäße Abdichtung der Lager von entscheidender Bedeutung. Im üblichen Fall der Fettschmierung über Zentralschmieranlage sorgt die kontinuierliche Nachschmierung für ausreichende Dichteigenschaften. Das setzt auch voraus, dass der Schmierstoff geeignet ist, ohne zu großen Druckverlust durch die engen Rohrleitungen von Zentralschmieranlagen zu fließen, um die maximale Pumpenleistung nicht zu überschreiten. Ein Verfahren zur Beurteilung dieser Eignung und zur Berechnung des erforderlichen Drucks der Pumpe wurde mit der Bechem-Rheometerkurve vorgestellt. Um eine übermäßige Nachschmierung zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Abdichtung aufrechtzuerhalten, sollte das Fett eine ausreichende Wasserbeständigkeit aufweisen. Eine gängige Methode zur Beurteilung des Wasserauswaschverhaltens von Schmierfetten aus Lagern ist die Prüfung nach DIN ISO 11009. In dem Abb. 1: Schematische Darstellung einer Stranggießanlage mit Strangführungsrollen (Quelle: CARL BECHEM GMBH) Anzeige Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 20 Fachartikel | Herausforderungen bei der Schmierung von Anlagen in der Stahlindustrie entsprechenden Prüfstand wird Wasser auf ein laufendes Lager gesprüht und die Wasserauswaschung des Fettes nach anschließender Wägung des getrockneten Lagers mit dem Restfett bestimmt. In Warmwalzwerken sind die ersten Walzgerüste nach dem Ofenausgang nicht Wasser, sondern starker Strahlungswärme ausgesetzt. Dabei besteht die Gefahr, dass die Temperaturbeständigkeit des Fettes überschritten wird, was in manchen Fällen zu einer Erweichung mit daraus resultierenden Undichtigkeiten oder in anderen Fällen zu einer Verhärtung mit daraus resultierenden Verstopfungen des Lagers oder mehr noch der Rohrleitungen der Zentralschmieranlage führen kann. In beiden Fällen leidet das Lager unter Mangelschmierung. Daher muss für die Bereiche der Rollgänge ein Schmierstoff mit ausreichender Hitzebeständigkeit gewählt werden. Zur Schmierung von Rollgängen werden meist Fette über Zentralschmieranlagen zugeführt. Eine weitere bewährte Option sind Öl-Luft-Schmiersysteme. In diesen Systemen sind die Lager mit Rohrleitungen verbunden, die einen konstanten Luftstrom zu den Lagern liefern, der sie auf einem höheren Druckniveau hält, das sie vor dem Eindringen von Wasser und anderen Verunreinigungen schützt. Zusätzlich wird eine kleine Menge Öl in das System dosiert und durch den Luftstrom zu den Lagern befördert. Mittlerweile sind solche Systeme in der Stahlindustrie recht häufig anzutreffen, da sie sich als zuverlässig erwiesen haben. Im Vergleich zur Fettschmierung sind die Investitionskosten von Öl-Luft-Systemen jedoch höher. Hinsichtlich der Betriebskosten wurden widersprüchliche Erfahrungen gemacht. 1.2 Lager von Strangführungsrollen von Stranggießanlagen Bei der Lagerung von Strangführungsrollen in Stranggießanlagen, insbesondere Brammengießanlagen, wird der Strang von einer Vielzahl von Rollen mit jeweils zwei oder mehr Wälzlagern geführt wie in Abb. 1 dargestellt. Die Schmierung dieser Strangführungsrollen in Stranggießanlagen ist ein zentrales Instandhaltungsproblem in der Stahlindustrie. Alles, was in Abschnitt 1.1 zur Rollgangsschmierung besprochen wurde, bezieht sich auch auf die Schmierung von Strangführungsrollen in Stranggießanlagen. Die Anforderung ist jedoch noch anspruchsvoller da zu den bereits beschriebenen Problemen des Kühlwassers und Schmutz, einschließlich abrasiver Partikel, noch Wärmestrahlung des Strangs auftritt. Je nach Betrieb der Gießanlage kann es vorkommen, dass das Lager einmal mit hohen Wassermengen gespült wird und es ein anderes Mal zu Kühlwassermangel und extremer Strahlungswärmebelastung kommt. Auch bei ausreichender Lagerkühlung kann der Schmierstoff in den Rohrleitungen der Zentralschmieranlagen unter Strahlungswärme leiden. Abb. 2 zeigt Strangführungsrollen einer Knüppelgießanlage im Betrieb und gibt einen Eindruck von den harten Betriebsbedingungen. Ebenso wie Lager von Rolltischen sind auch die Lager von Strangführungsrollen in Zentralschmieranlagen meist an Zentralschmieranlagen angeschlossen. Auch hier kommen meist Fettschmiersysteme zum Einsatz, aber auch Öl-Luft-Schmiersysteme sind heutzutage häufig anzutreffen. Eine weitere besondere Herausforderung an die Schmierung von Strangführungsrollen ergibt sich aus deren extrem niedrigen Drehzahlen von meist n < 10 min -1 . Der mittlere Lagerdurchmesser wird üblicherweise dm < 200 mm betragen. Daraus Abb. 2: Blick auf Strangführungsrollen einer Knüppelgießanlage im Betrieb (Bildquelle: Industrieblick) 21 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Fachartikel-|-Herausforderungen bei der Schmierung von Anlagen in der Stahlindustrie lässt sich nach bekannten Berechnungsverfahren eine Nennviskosität > 470 mm²/ s errechnen, die für minimalen Verschleiß sorgt. Unter Berücksichtigung einer realistischen Temperatur ϑ > 80 °C des Lagers ergibt selbst ein extrem hochviskoses Mineralöl von ν = 1200 mm²/ s, bei ϑ = 40 °C ein Viskositätsverhältnis von κ< 0,28. Normalerweise werden solche hochviskosen Schmiermittel nicht verwendet, da sie ernsthafte Probleme bei der Nachschmierung verursachen. In der Praxis von Strangführungsrollen werden typischerweise Grundölviskositäten von 100 < ν < 500 mm²/ s bei 40 °C angewendet und das Viskositätsverhältnis ist im Bereich von 0,02 < κ < 0,2 zu erwarten. Nach den bekannten Berechnungsverfahren ist in diesem Anwendungsfall die Drehzahl zu gering einen hydrodynamischen Schmierfilm zu bilden. Das bedeutet die Kontaktflächen werden nur unzureichend getrennt und es kommt zu Metall auf Metall Kontakten, was letztendlich zu Verschleiß führt. Unter solchen Bedingungen reduziert sich die Lebensdauer der Lager üblicherweise auf 10 oder max. 20 % der nominellen Lebensdauer L10. Da die nominelle Lebensdauer L10 jedoch in Millionen Umdrehungen angegeben wird und die Drehzahl n extrem niedrig ist, ergibt sich dennoch eine ausreichende Lebensdauer in Betriebsstunden bezogen auf Ermüdungsschäden. Es werden überwiegend Wälzlager eingesetzt und Aufgrund des extrem dünnen Schmierfilms sind die Wälzlager sehr anfällig für Verschmutzungen. Selbst kleine Partikel, die kaum aus dem Linienkontakt der Rollen entweichen, können sehr hohe lokale Belastungen verursachen und möglicherweise zu Schäden führen. Daher ist das Abdichten der Lager vor Verunreinigungen mit harten und abrasiven Partikeln das wichtigste Thema bei der Schmierung der Lager von Strangführungsrollen in Stranggießanlagen. 1.3 Nicht kontinuierlich betriebene Lager wie z. B. in Kränen oder Konvertern Neben den bereits erwähnten Lagern mit extrem niedrigen Drehzahlen gibt es auch einige Lager, die nicht kontinuierlich betrieben werden. Typische Beispiele in der Stahlindustrie sind Kranlager oder Konverterhauptlager. Wie bereits erwähnt, basiert der Schmierfilm von Ölen und Fetten auf der Bewegung der Oberflächen. Wenn nicht kontinuierlich betriebene Lager die Drehung stoppen, kommt es unweigerlich bei den Oberflächen zu Metallauf Metall-Kontakt. Ohne weitere Bewegung des Lagers entsteht theoretisch keine Schubspannung und damit kein Verschleiß. Aber auch im Stillstand können Vibrationen zu einer Mikroschwingung des Lagers führen. Diese Bewegungen können unter Umständen zu Schäden führen. Das oben beschriebene Phänomen wird unter dem Stichwort False Brinelling diskutiert. Diese Formulierung ist ziemlich gebräuchlich, aber gleichzeitig verwirrend. Diese Schäden resultieren nicht nur aus einer Einkerbung, sondern vielmehr aus Scherspannungen, die durch Mikrobewegungen verursacht werden, die das Nachfüllen von Schmiermittel behindern. Bisher wurde keine gemeinsame Theorie gefunden, wie die sogenannten False-Brinelling-Schäden vermieden werden können. Je nach Anwendung haben sich unterschiedliche Strategien durchgesetzt. Im Allgemeinen hat sich herausgestellt, dass Öle oder Fette mit niedriger Konsistenz und hoher Ölabscheidung vorteilhaft sind. Weiterhin haben sich Festschmierstoffpartikel als Zusatz von Fetten und in seltenen Fällen von Ölen als hilfreich erwiesen. Schließlich haben spezielle Additive oder Verdickungsmittel, die für Triboschichten sorgen, positive Wirkungen gezeigt. Die Herausforderungen bei der Schmierung von Anlagen in der Stahlindustrie haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht nur aufgrund der gestiegenen Produktionskapazität der Anlagen aber auch durch die genauere Berechnung und Auslegung der einzelnen Komponenten erhöht. Ein Mehrzweck- oder Universalschmierstoff, wie er in den 1980er Jahren noch bei Neubauten von Gießanlagen und Walzwerken zur Vereinheitlichung und Reduzierung der einzusetzenden Schmierstoffe, insbesondere Schmierfette, geplant und umgesetzt wurde, konnte sich nicht durchsetzen. Zu unterschiedlich und zu speziell sind die einzelnen Anforderungen, von denen in diesem Artikel lediglich drei Beispiele exemplarisch betrachtet wurden, um alle Anwendungen mit einem Universalschmierstoff zu betreiben. Quellenangabe: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte volume 167, pages 207-214 (2022) Lubrication of Rolling Bearings by Frank Reichmann »« Eingangsabbildung: © ABCDstock - stock.adobe.com Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 22 FacHartiKEl FacHartiKEl Fettauswahl für Wälzlager Christian Specht, Schaeffler Technologies AG & Co. KG Wälzlager sind stark beanspruchte Maschinenelemente, deren zuverlässige Funktion ohne eine entsprechende Schmierung nicht möglich ist. Für die Konstruktion, Berechnung und Fertigung von leistungsfähigen Wälzlagern wird ein hoher technischer Aufwand getrieben. Die gleiche Sorgfalt muss demnach auch dem Schmierstoff zukommen. Denn er ist ebenso ein Konstruktionselement wie die Lauf bahnen, die Wälzkörper oder der Käfig eines Lagers. Die richtige Wahl des Schmierstoffs entscheidet maßgeblich über die Lebensdauer des Lagers und die zuverlässige Funktion der Maschine oder Anlage, in die es integriert ist. Die wichtigste Aufgabe des Schmierstoffs ist es, Reibung und Verschleiß im Lager durch einen die Oberflächen trennenden Schmierfilm zu reduzieren. Im Idealfall werden sich dabei die Oberflächen der Wälzkörper und die Lauf bahnen nicht metallisch berühren. Anschaulich vergleichbar ist dieser Effekt mit dem beim Autofahren gefürchteten „Aquaplaning“. Hier verliert der Reifen ab einer gewissen Geschwindigkeit die Haftung zur Straße durch den Wasserfilm. Dieser beim Autofahren höchst unerwünschte Effekt ist bei der Schmierung der Idealfall, wird so doch zuverlässig Reibung minimiert und Verschleiß verhindert. Allerdings sind für diesen trennenden Schmierfilm gewisse Mindestdrehzahlen im Lager erforderlich, die bei wechselnden Betriebsbedingungen nicht immer erreicht werden. Damit auch im Falle metallischer Berührung zwischen Wälzkörpern und Lauf bahnen kein Verschleiß entsteht, werden Schmierstoffen Verschleißschutz- Christian Specht Christian Specht ist Expert Schmierstofftechnik im Zentralbereich Lubricant Technology der Schaeffler AG in Schweinfurt. Er studierte Maschinenbau an der TU Braunschweig und kam im Jahr 2000 zur Fachabteilung Tribologie bei FAG Kugelfischer, später Schaeffler. Seit mehr als 20 Jahren gehört neben der Kundenberatung zur Wälzlagerschmierung die Prüfung und Optimierung von Wälzlagerfetten sowie die Qualitätssicherung zu seinen Kernthemen. Zusätzlich ist er seit Jahren in der Verbandsarbeit der FVA und der GfT aktiv. 23 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Fachartikel-|-Fettauswahl für Wälzlager Additive zugesetzt. Diese Zusätze bilden auf Laufbahn- und Wälzkörperoberflächen harte chemische Reaktionsschichten, die im Idealfall zuverlässig vor Verschleiß schützen. Die Wirksamkeit dieser Additive kann zum Beispiel in FE8-Prüfungen nach DIN 51819 nachgewiesen werden. Datenblätter von Fetten sollten entsprechende Ergebnisse ausweisen. Entstehen in einer Maschine oder Anlage höhere Temperaturen, trägt eine Ölschmierung zusätzlich zur Kühlung bei, was in vielen Fällen sogar ein funktionsentscheidender Effekt ist. Zusätzlich bietet die Ölschmierung die Möglichkeit, auftretende Verunreinigungen über eine Filterung aus der Anlage zu entfernen. Im Falle einer Fettschmierung, die hier vor allem betrachtet werden soll, besteht diese Möglichkeit einer Kühlung durch den Schmierstoff selbst nicht. Das Fett muss die entstehenden Temperaturen über längere Betriebszeiträume ohne deutlichen Funktionsverlust ertragen können. Diese Temperatureignung ist ein wesentliches Auswahlkriterium für Fette! Trotz des Nachteils fehlender Kühlwirkung, bietet die Fettschmierung Vorteile: kein oder kaum besonderer konstruktiver Aufwand erforderlich, oft lange Fettgebrauchsdauer und in der Regel gute Nachschmierbarkeit, zusätzliche Dichtwirkung gegen Verschmutzung von außen. Aufgaben der Schmierung > Reibung reduzieren > Vermeidung von Verschleiß > Dichten: Unterstützung der mechanischen Dichtungen, Fernhalten von Fremdpartikeln > Schützen: Schutz der Oberflächen vor Korrosion oder anderen chemischen Einflüssen Durch falsche Schmierung können unterschiedliche Verschleißerscheinungen an Wälzkörpern und Lagerlaufbahnen auftreten. Was muss bei der Fettauswahl beachtet werden? Die Auswahl eines Wälzlagerfettes ist stets ein Kompromiss, denn es gibt eine Vielzahl sich zum Teil entgegenstehender Ansprüche an ein Fett. Die Liste rechts gibt bereits einen Überblick der zu berücksichtigenden Kriterien. Dabei ist die Betrachtung des Lagertyps besonders wichtig. Kugellager etwa sind grundsätzlich anspruchsloser hinsichtlich Verschleißschutz als Linienkontaktlager, wie Kegel- oder Pendelrollenlager. Die zu erwartenden Betriebsbedingungen sollten ebenfalls bekannt sein, um so das geeignete Fett bestimmen zu können. Drehzahl, Betriebs- und Umgebungstemperaturbereich und Belastung sind wichtige Entscheidungskriterien bei der Fettauswahl. Die zusätzlichen Kritierien, siehe Kasten oben rechts, machen deutlich, dass es ein wirklich in jeder Hinsicht ideales Fett manchmal nicht gibt. Hinzu kommt noch eine mögliche preisliche Einschränkung. Die Neuauswahl eines Fettes für eine Lageranwendung sollte daher, wenn möglich, mit dem Wälzlagerhersteller abgestimmt sein, da dieser die Leistungsfähigkeit seiner Lager und die Anorderungen an den Schmierstoff in aller Regel gut kennt. Soll ein vorhandenes Fett ersetzt werden, vielleicht sogar durch ein Fett eines anderen Herstellers, sollten die technischen Datenblätter von Fetten eine erste Orientierung sein. Sie helfen, die wichtigsten Kennwerte zu vergleichen (siehe Datenblatt, Seite 22). Weist das neue Fett gleichen Verdicker- und Grundöltyp, gleiche Grundölviskosität, Konsistenzklasse (NLGI-Klasse) und Temperatureignung (wichtig! ) auf, sind bereits einige wichtige Auswahlkriterien erfüllt. Gute technische Datenblätter geben Aufschluss über weitere Eigenschaften, Kriterien und Prüfwerte, wie z. B. den Korrosionsschutz, die Beständigkeit gegen Wasser oder die Kupferkorrosion. Diese Kriterien sollten ebenfalls weitgehend mit dem vorher eingesetzen Fett übereinstimmen. Gibt es Vorgaben bei der Fettauswahl, sollte bei Abweichungen dieser technischen Grundangaben im Zweifel Expertenrat beim Lagerhersteller eingeholt werden! Schwieriger stellt sich die Situation dar, wenn bei der Fettauswahl nicht auf bewährte Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Zeigte das bisher eingesetzte Fett Schwächen in der Gebrauchsdauer, „alterte“ es zu schnell, war evtl. seine Eignung für hohe Temperaturen nicht optimal auf die Betriebsbedingungen hin ausgewählt. So kommen beispielsweise die meisten Kriterien für die Fettauswahl > Lagertyp > Drehzahl > Temperatur > Belastung > Schwingungen, Stöße & Vibrationen > Wasser, Feuchtigkeit > radioaktive Strahlung > Vakuum > Dichtungen > Einbaulage & Umgebungsbauteile > Gesetzliche Vorgaben > Umweltbedingte Vorgaben > Vorgaben der Lebensmittelindustrie Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 24 Fachartikel | Fettauswahl für Wälzlager Metallseifenfette mit mineralischen Grundölen mit Betriebstemperaturen bis zu dauerhaft 80 °C gut zurecht. Auch kurzzeitige Temperaturspitzen bis zur oberen Gebrauchstemperatur sind dabei vertretbar. Aber dauernde Temperaturüberschreitungen der hier genannten 80 °C können zu einer deutlichen Reduzierung der Fettgebrauchsdauer führen. Das neu auszuwählende Fett sollte dann in dieser Hinsicht bessere Leistungen aufweisen. Bei Linienkontaktlagern oder bei hohen Lastbeanspruchungen könnte es auch erforderlich sein, beispielsweise von einem normalen Lithium-Verdicker auf einen Lithium-Komplex-Verdicker zu wechseln. Bei Betriebstemperaturen von deutlich über 100 °C wird man um die Auswahl eines Harnstoffverdickers wahrscheinlich nicht herum kommen, auch wenn solche Fette deutlich teurer sind als die „normalen“ Metallseifenfette. Auch die Unterschiede zwischen mineralischen und synthetischen Grundölen liegen nicht nur in der besseren Hoch- und Tieftemperatureignung der Syntheseöle, sondern auch in deren höherem Preis. Bei festgestellten Verschleißerscheinungen muss geprüft werden, ob das alte Fett wirklich über eine ausreichende Verschleißschutzadditivierung verfügt. Das neue Fett sollte dementsprechende Anforderungen erfüllen (siehe FE8-Prüfung, Seite 23). Wie kann ein Fettwechsel erfolgen? Nachdem ein neues Fett ausgewählt wurde, muss entschieden werden, wie der Wechsel vom alten auf das neue Fett erfolgen soll. Grundsätzlich gibt es drei bewährte Methoden: 1. Fettwechsel nach Reinigung In Fällen, in denen das neue Fett chemisch nicht mit dem alten verträglich ist, muss angestrebt werden, das Lager so gut wie möglich vom alten Fett zu reinigen und danach das neue Fett einzufüllen. Dieser Vorgang ist bei kleinen und gut demontierbaren Lagern in der Regel empfehlenswert. 2. Fettwechsel durch manuelle Nachschmierung Voraussetzung für diese Methode ist, dass altes und neues Fett chemisch grundsätzlich verträglich sind. Wenn das Lager zudem im eingebauten Zustand nachschmierbar ist, kann der Wechsel auf das neue Fett auch durch eine sehr reichliche Nachschmierung mit dem neuen Fett erfolgen. Hierbei sollte solange neues Fett zugeführt werden, bis an den Fettauslässen erkennbar ist, dass auch hier neues Fett erscheint. Das alte Fett wird dann zum allergrößten Teil aus dem Lager entfernt sein. Zu beachten ist bei dieser Methode, dass das Lager danach komplett mit Fett gefüllt ist. Das Lager muss sich beim ersten Betrieb danach erst wieder von dieser zu großen Fettmenge „freiarbeiten“. Hierbei entsteht mehr Reibung im Lager, die zu höheren Betriebstemperaturen führt! Es muss also zwingend nach diesem Fettwechsel ein langsamer Fettverteilungslauf stattfinden, der je nach Fett durchaus mehrere Minuten, in einigen Fällen aber auch deutlich länger dauern kann. Beim ersten Regelbetrieb nach Fettwechsel sollte also immer noch die Betriebstemperatur des Lagers bzw. der Anlage beobachtet werden. Erforderlichenfalls sollte die Drehzahl reduziert werden. 3. Fettwechsel durch kontinuierliche Nachschmierung Auch hier gilt als Voraussetzung, dass altes und neues Fett chemisch verträglich sein müssen. Ist bei einem Lager eine kontinuierliche Nachschmierung vorgesehen, manuell oder besser durch entsprechende Schmiersysteme, kann der Fettwechsel besonders einfach erfolgen, indem ab dem gewünschten Zeitpunkt der Umstellung nur noch mit dem neuen Fett nachgeschmiert wird. Das alte Fett wird so mit jedem Schmierintervall mehr und mehr aus dem Lager verdrängt. Der Vorteil dieser Methode besteht in der jederzeit gleichmäßigen Füllmenge im Lager. Eine zeitweilige Überschmierung, wie bei Methode 2, wird hier vermieden. Bezeichnung von Fetten und wichtige Leistungskenngrößen Die Auswahl eines geeigneten Wälzlagerfettes ist nur mit genauer Kenntnis der zu erwartenden Betriebsbedingungen möglich. Diesen Angaben von Drehzahl, Last, Betriebstemperatur und vielleicht weiteren Umgebungsbedingungen müssen dann die Kennwerten möglicher Fette gegenübergestellt werden. Diese Der Schaeffler Katalog HR1 hält technische Grundlagen und Produktdaten zur Gestaltung von Wälzlagerungen bereit. 25 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 Fachartikel-|-Fettauswahl für Wälzlager Kennwerte sind in den technischen Datenblättern enthalten, die Hersteller für jedes ihrer Fette zur Verfügung stellen sollten. Unten ein Beispiel eines technisches Datenblattes. Nach der Fettbezeichnung enthalten die meisten technischen Datenblätter eine Beschreibung der Anwendungsbereiche, für die das Fett entwickelt wurde bzw. für die bereits Praxiserfahrungen vorliegen. Es folgen die technischen Kennwerte und entsprechenden Normungen. In den folgenden Teilen werden dann spezielle Kennwerte zur Leistung des Fettes in Wälzlagerprüfungen aufgeführt. Leider sind gerade diese wichtigen Angaben nicht auf allen technischen Datenblättern zu finden. Nachfolgend werden Kennwerte und Prüfungen erklärt. Es gilt die Regel Soll ein Fett zuverlässig in Wälzlagern funktionieren, muss es auch unter entsprechenden Bedingungen in Wälzlagern geprüft worden sein! Kennwerte & Prüfverfahren verstehen Beispiel Arcanol MULTITOP Gebrauchs-Temperaturbereich nach DIN 51825: hier „-50 bis +140 °C“ Untere Temperaturgrenze: Die Temperatur, bei der das Fett in einem kleinen Kugellager noch anläuft. Bei Schaeffler wurde dieser Wert im FE8-Wälzlagerprüfstand auch in einem Kegelrollenlager geprüft. Obere Gebrauchstemperatur: Hier wird die Spitzentemperatur angegeben, die das Fett kurzfristig (! ) ertragen kann. Keinesfalls kann das Fett in diesem Beispiel also dauerhaft bei 140 °C betrieben werden! Dauergrenztemperatur: hier „80 °C“ Dies ist, nach interner Schaeffler-Prüfung, die Betriebstemperatur, die das Fett dauerhaft ertragen kann, ohne dadurch in seiner Gebrauchsdauer gemindert zu sein. Zur Ermittlung der Fettgebrauchsdauer, siehe z. B. den aktuellen Schaeffler Hauptkatalog HR1, die Schaeffler Druckschrift „Schmierung von Wälzlagern“ (TPI176) oder andere Schaeffler Veröffentlichungen zur Schmierung. Grundöl: hier „Mineralöl + PAO“ Das Grundöl macht etwa 80-90 % des gesamten Fettvolumens aus. Seine Eigenschaften sind daher auch wesentlich für viele technische Leistungsmerkmale eines Fettes. Etwa 90 % aller Fette haben ein Mineralöl als Grundöl. In diesem Beispiel enthält das Grundöl einen synthetischen Anteil (ein PAO = Poly-Alpha-Olefin), der sowohl die Tiefals auch die Hochtemperatureignung verbessert. Verdicker: hier „Lithium“ Der Verdicker eines Fettes ist wesentlich verantwortlich für dessen „cremeartige“ Beschaffenheit. Je höher der Verdickeranteil, desto fester die Beschaffenheit. Übliche Verdickeranteile liegen bei 10- 20 %. Lithium-Seifen stellen heute den gebräuchlichsten Verdickertyp dar. Grundöl-Viskosität: hier „bei 40 °C: 82 mm²/ s, bei 100 °C: 12,5 mm²/ s“ Die „Fließfähigkeit“ eines Öles wird als Viskosität bezeichnet. Sie ist ein Maß für die innere Reibung einer Flüssigkeit und damit ein wichtiger Kennwert für Öle. Je höher der Zahlenwert, desto „zäher“ die Flüssigkeit. Da die Viskosität Beispiel: Datenblatt Arcanol MULTITOP (Schaeffler) Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 26 Fachartikel | Fettauswahl für Wälzlager vor allem auch temperaturabhängig ist und sich dementsprechend bei unterschiedlichen Betriebstemperaturen ändert, wird sie in Datenblättern oft bei 40 und bei 100°C angegeben. Verhalten gegenüber Wasser: hier „1-90“. Prüfung zum Haftverhalten eines Fettes auf einer Glasprobe gegenüber umspülendem Wasser. Hier: Bewertungsgrad 1 (gut) bei 90 °C Prüftemperatur. FE8-Prüfungen zum Wälzlagerverschleiß Der FE8-Prüfstand kann mit unterschiedlichen Lagertypen und unterschiedlichen Last-/ Drehzahlkombinationen die Verschleißschutzleistung von Ölen und Fetten in Wälzlagern prüfen. Der Prüfstand und einige Prüf bedingungen sind nach DIN 51819 genormt, sodass entsprechende Werte vergleichbar sind. Bereits seit Jahren prüfen viele Schmierstoffhersteller ihre Produkte nach diesem Verfahren. Um die Norm zu erfüllen, dürfen die Wälzkörper der Prüflager nach dem Prüflauf nur einen Materialverschleiß von höchstens 35 mg aufweisen. Bereits seit Jahren schaffen gute Verschleißschutz-Additivierungen aber Werte ≤ 10 mg, sehr gute Fette verhindern messbaren Verschleiß vollständig. NLGI-Klasse: hier: „2“ Wie schon bei der Walkpenetration erläutert, fassen die NLGI-Klassen die Messwerte der Penetrationsprüfungen zusammen. Diese Normung wurde ursprünglich vom „National Lubrication and Grease Institute“ in den USA initiiert, woraus sich die Bezeichnung ableitet. Wälzlagerfette haben üblicherweise eine Beschaffenheit, die der NLGI-Klasse 2 entspricht. Wenige Fette werden aber auch in den Klassen 1 (etwas weicher) oder 3 (etwas fester) für die Wälzlagerschmierung genutzt. Tropfpunkt: hier „≥ 190 °C“ Verbreiteter Kennwert, der allerdings keine dominante Bedeutung bei der Fettauswahl für Wälzlager hat. FE9-Prüfungen zur Hochtemperatureignung von Fetten Der FE9-Prüfstand nach DIN 51821 dient der Ermittlung der Hochtemperatureignung von Fetten. Gemessen wird die Laufzeit von befetteten Schrägkugellagern unter definierten Bedingungen (in diesem Beispiel: Einbau A, 1500 N Axiallast, 6000 U/ min bei vorgewählten 140 °C). Um für eine Einsatztemperatur geeignet zu sein, werden in der Regel Laufzeiten von mindestens 100 Stunden für jedes der fünf Prüflager gefordert. Die statistische (Weibull-) Auswertung fordert, dass 50 % aller Prüflager 200 Laufstunden oder mehr erreichen. Korrosionsschutz (Emcor): hier „≤ 0/ 0“ Prüfung, inwieweit das Fett in der Lage ist, die benetzten Metalloberflächen eines Lagers vor Korrosion zu schützen. Im Standardtest wird als Medium destilliertes Wasser verwendet. Die Bewertungsgrade 0 sind die bestmöglichen und geben an, dass nach der Prüfdauer keine Korrosionsmarken auf den Prüflagern gefunden werden konnten. Kupferkorrosion nach 24h/ 140 °C: hier „≤ 2“ Hier wird geprüft, ob das Fett Kupferwerkstoffe chemisch angreift. Dieser Kennwert ist von Bedeutung, wenn das Fett auch Wälzlager mit Messingkäfigen schmieren soll. Der Bewertungsgrad 2 ist noch gut. Drehzahlgrenze Hier wird die Drehzahlgrenze des Fettes in Drehzahl n multipliziert mit dem mittleren Lagerdurchmesser dm angegeben. In Prüfstandsversuchen hat das Fett gezeigt, bis zu diesen Drehzahlgrenzen die entsprechenden Lagertypen noch zuverlässig schmieren zu können. Achtung: Die in den Katalogen der Wälzlagerhersteller angegebenen Drehzahlgrenzen der Lager beziehen sich nur auf das kinematische und thermische Verhalten der Lager selbst. Die Drehzahlgrenze des Fettes kann im Einzelfall darunter liegen. Es ist natürlich der jeweils niedrigste Wert bei der Auslegung zu berücksichtigen! Die obige Darstellung zeigt, dass bei der Auswahl eines optimalen Schmierfettes für eine anspruchsvolle Anwendung viele Einflußfaktoren zu berücksichtigen und auch in ihrer Bedeutung zu gewichten sind. Diese Mühe wird aber damit belohnt, die Leistungsfähigkeit des Lagers vollumfäglich nutzen zu können und die Anwendung letztlich vor vorzeitigem Ausfall zu schützen. Beides muss bedacht werden, bevor womöglich am Schmierstoff gespart werden soll! »« Eingangsabbildung: © Schaeffler Technologies AG & Co. KG 27 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 FacHartiKEl Lithiumfette und ihre Zukunft Naomi Pells, Technical Manager, Ironsides Lubricants Lithium- und Lithiumkomplexfette machen immer noch mehr als 70 % des Weltmarktes für Schmierfette aus, was nicht verwunderlich ist, da so viele Maschinenhersteller (OEMs) diese Art von Fetten für ihre Geräte vorschreiben. Aber warum sind Schmierfette auf Lithiumbasis so beliebt? Sie sind eine gute Mischung aus inhärenten Eigenschaften, die sie für zahlreiche Anwendungen - von Mehrzweckbis zu Schwerlastanwendungen - geeignet machen und galten bis vor kurzem als Schmierfette mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Anwendung in der Automobilindustrie Die Automobilindustrie ist ein bedeutender Verbraucher von Lithiumfett; sie verwendet es in verschiedenen Anwendungen, vom Fahrgestell über Radlager bis zu Gelenken und darüber hinaus. Diese Branche ist daher einer der Haupteinflussfaktoren für den Lithiumfettmarkt. Während der weltweiten Pandemie ging der Automobilabsatz zwar etwas zurück, doch in Schwellenländern wie China und Brasilien hat der Bevölkerungszuwachs dennoch zu einem Anstieg der Nachfrage nach Automobilen geführt. Obwohl der Verbrennungsmotor (internal combustion engine, ICE) der häufigste Motorentyp auf unseren Straßen ist, wirken sich neue Faktoren auf den Fahrzeugmarkt aus, insbesondere in der EU. Einer dieser wichtigen Faktoren ist der europäische „Green Deal“, der darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % zu senken, indem er die Elektrifizierung vorantreibt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Automobilindustrie, die in letzter Zeit eine steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen verzeichnet. So wie sich die Automobilindustrie verändert, verändern und entwickeln sich auch die Anforderungen an die Schmierung der beteiligten Anwendungen und Fahrzeugkomponenten. Leider sind die Kosten für Lithium in den letzten zwölf Monaten exponentiell gestiegen, und die begrenzte Verfügbarkeit hat die Preise für Lithium auf ein noch nie dagewesenes Niveau getrieben. Der Konflikt in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland haben auch die Verarbeitungskapazität und die Verfügbarkeit von Lithium verringert. Darüber hinaus gab es in vielen Bereichen der petrochemischen Industrie (und sogar auf den Verbrauchermärkten) weit verbreitete Probleme mit der Verfügbarkeit sowie Preissteigerungen bei zahlreichen Rohstoffen. Der wichtigste Faktor, der den Lithiummarkt antreibt, ist jedoch der Vorstoß zur Elektrifizierung von Fahrzeugen, für die nach heutigem Stand der Technik große Mengen an Lithium zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien benötigt werden. Während die Automobilindustrie den größten Teil des verfügbaren Lithiums erwirbt, bleibt den Schmierfettherstellern kaum eine andere Wahl, als sich dem teuren Rohstoff zu beugen, um die Produktion aufrechtzuerhalten und die lebenswichtige Versorgung mit Schmierstoffen hinter den Kulissen zu gewährleisten. Obwohl Lithium in großen Mengen gefördert wird, reicht es noch immer nicht aus, um die prognos- Naomi Pells Technical Manager, Ironsides Lubricants Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 28 Fachartikel | Lithiumfette und ihre Zukunft tizierte weltweiten Nachfrage in den kommenden Jahren zu decken. Während die Beliebtheit von Elektrofahrzeugen weiter steigt, wird die Nachhaltigkeit von Lithiumfetten als Schmiermittel weiterhin in Frage gestellt, so dass die Endverbraucher von Lithiumfetten über Alternativen nachdenken (müssen). Wie geht es weiter? Es gibt natürlich reichlich verfügbare Alternativen zu Fetten auf Lithiumbasis, wie etwa Aluminiumkomplex-, organische Polymer-, Silica-, Polyharnstoff-, Kalziumsulfonat- und einfache Kalziumfette, doch müssen Leistungsmerkmale, Kosten, Kompatibilität, Konformität und Anwendungseignung bei der Auswahl berücksichtigt werden. Der wahrscheinlichste der alternativen Fetttypen, der die Vorherrschaft von Lithiumkomplexfetten angreifen wird, sind die Kalziumsulfonatkomplexfette (CSX). CSX ist keine neue Technologie, sondern gibt es bereits seit seit geraumer Zeit, aber erst seit kurzem wird es häufiger verwendet. Der Grund dafür ist seit seiner Markteinführung schlicht und einfach der Preis, der trotz der zusätzlichen Leistungsvorteile gegenüber Lithiumkomplexfett immer unattraktiv war. Der Verdickeranteil ist bei CSX im Vergleich zu Lithiumkomplexfett in der Regel etwa viermal höher. Da jedoch der Rohstoffpreis für Lithium in die Höhe geschnellt ist, hat sich die Preisparität zwischen Lithiumkomplex- und CSX-Fett verringert, so dass das leistungsfähigere Kalziumsulfonatkomplex-Fett auf dem heutigen Markt relativ wettbewerbsfähig ist. Dank der Art und Menge des Verdickers sind CSX- Schmierfette von Natur aus wasserabweisend, hoch belastbar und weisen eine ausgezeichnete Oxidationsbeständigkeit auf, welche die Notwendigkeit, spezielle (und teure) Additive zur Leistungssteigerung zu verwenden, verringert (siehe Abbildung 1). Abb. 1: Leistungsvergleich Lithium Complex vs. Calcium Sulfonate Complex Leider werden die überbasischen Kalziumsulfonate (overbases calcium sulfonates, OBCS), die häufig zur Herstellung von CSX-Verdickern verwendet werden, auch in anderen metallverarbeitenden und industriellen Anwendungen eingesetzt und sind ein wichtiger Bestandteil von Kfz-Motorölen für ICEs. Die Nachfrage ist hoch und die Hersteller von OBCS-Detergenzien sind ausgelastet, was bedeutet, dass das Angebot an Kalziumsulfonat begrenzt ist - dies wiederum trägt zu den steigenden Kosten von CSX-Schmierfetten bei (hoher Verdickergehalt! ), und diese Faktoren werden weiterhin einen erheblichen Einfluss haben, insbesondere so lange ICEs bei den Zulassungen vorherrschen. Alle oben genannten Fettetypen bieten unterschiedliche Leistungseigenschaften, wobei einige eher mit Lithiumkomplex vergleichbar sind als andere. Für ein reines Lithiumfett sind CSX-Fette jedoch immer noch zu teuer und bieten eine „überhöhte“ Leistung. Was bleibt also als Alternative für ein reines Lithiumfett übrig? Abb. 2: Leistungsvergleich Lithium EP vs. Calcium EP Vielleicht „einfaches“ Kalziumfett (nicht: Kalziumkomplexfett! )? Obwohl die obere Betriebstemperatur niedriger ist als die eines Lithiumfetts, haben Kalziumfette viele Vorteile und sollten aufgrund ihres Tropfpunkts (die Temperatur im Labortest, bei dem Schmierfett erhitzt wird, bis sich ein Tropfen des Materials ablöst) nicht als minderwertig angesehen werden. Kalziumfette sind bekannt für ihre Wasserbeständigkeit und ihre biologische Abbaubarkeit. Durch den Zusatz spezieller Additive kann die Leistung bei Bedarf gesteigert werden, so dass Calciumfette die Mehrzweckleistung eines Lithiumfetts erreichen (siehe Abbildung 2). Alles in allem ist Kalziumfett eine kostengünstige Alternative zu Lithium für Anwendungen bei niedrigeren Temperaturen. Schlussfolgerung Obwohl es potenzielle Alternativen gibt, die Schmierfette auf Lithiumbasis ersetzen könnten, sollte man nicht vergessen, dass sich Lithiumfette in vielen Anwendungen bewährt haben und die entsprechenden OEM-Zulassungen besitzen. Es kann noch einige Zeit dauern, bis sich die Erstausrüster mit den Alternativen befassen, und dies wird nicht über Nacht geschehen. Es wird erhebliche Investitionen an Zeit und Geld erfordern, um den Ball ins Rollen zu bringen! Referenzen (1) (https: / / ec.europa.eu/ info/ strategy/ priorities-2019-2024 / european-green-deal_de) »« Übersetzung mit freundlicher Genehmigung des Lube Magazine. Eingangsabbildung: © manassanant - stock.adobe.com 29 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 FaQs Was ist eigentlich … Ruhpentration und Scherviskosität Dr. Thomas Fischer, OELCHECK GmbH Ruhpenetration und Konsistenz Jedes Schmierfett verändert sich während seines Gebrauchs. Es wird, je nach Beanspruchung und Verdicker, weicher oder härter. Ein fester oder weicher gewordenes Gebrauchtfett kann für das geschmierte Element aber gefährlich werden. Daher ermitteln professionelle Schmierstoff-Analyselabore die Penetration. Sie liefert Angaben über diese Veränderung und ermöglicht zudem eine Zuordnung des Fettes zur NLGI-Konsistenzklasse. Eine Veränderung im Vergleich zum Frischfett informiert unter anderem darüber, ob sich das Fett noch gut in einer Lagerstelle verteilen kann oder ob es etwa so weich geworden ist, dass es ausblutet. Zur Bestimmung der Ruhpenetration werden 3 ml Gebrauchtfett in ein Töpfchen gefüllt. Auf dessen Oberfläche wird ein spezieller Konus gesetzt. Dessen Eindringtiefe in das Fett wird nach 5 Sekunden in 0,1 mm gemessen und als Penetration angegeben. Scherviskosität - ein praxisnaher Test Für eine umfassende und aussagekräftige Analyse von gebrauchten Schmierfetten, benötigen Analyselabore ca. 9 ml Fett für alle Tests. Doch vor allem bei Lagerstellen mit geringer Fettfüllung steht manchmal die für die Penetrationsmessung benötigte Menge nicht zur Verfügung, weil das Fett bereits für die übrigen Untersuchungen verbraucht wurde. In diesen Fällen kommt ein Rheometer (Rotationsviskosimeter) zum Einsatz. Es misst auf der Basis von 1,5 ml Fett die Veränderung der „dynamischen Viskosität“ bzw. der Scherviskosität. Damit lassen sich Informationen über die Veränderung der Penetration indirekt gewinnen. Bei der Untersuchung wird ein Fettklecks auf eine untere Platte von ca. 3 cm Durchmesser aufgebracht. Eine obere, gleich große Platte wird bis auf 1 mm Abstand zur unteren Platte abgesenkt und danach in Rotation versetzt. So wird das Verhalten des Fettes im Schmierspalt praxisnah simuliert. Der Widerstand zwischen oberer und unterer Platte kann als dynamische Viskosität in Pa·s (Pascalsekunden) gemessen und für Schmierfette als Scherviskosität angegeben werden. Das Geschwindigkeitsgefälle zwischen den Platten wird als Scherrate in 1/ s angegeben. Die prozentuale Veränderung wird bei bekanntem Frischfett als „relative Viskositätsveränderung“ der Scherviskosität errechnet. Die Veränderungen erlauben Rückschlüsse, wie stark sich das Fett im Frischfettvergleich noch dem Einwirken von Scherkräften widersetzen kann. Dr. Thomas Fischer Dr. Fischer ist wissenschaftlicher Leiter der OELCHECK GmbH. Er ist für die Überwachung und Neuentwicklung von Analyseverfahren für derzeit über 100 Laborgeräte sowie die permanente Erweiterung verantwortlich. Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 30 FAQs | Was ist eigentlich … Ruhpentration und Scherviskosität Der Tribologe, der eine Fettprobe bei OELCHECK beurteilt, kann aus dem absoluten Wert der Scherviskosität sowie dem prozentualen Viskositätsverlust ableiten, ob der Verdicker unter Belastung noch ausreichend Schmieröl an die Reibstelle abführen kann. Auch Nachschmierintervalle lassen sich definieren, indem beurteilt wird, ob das Fett durch Zerscheren des Fettgerüstes schon so „dünn“ geworden ist, dass es aus der Lagerstelle läuft und häufiger ergänzt werden sollte. Zur Beurteilung der Probe werden aber nicht nur die Frischfettwerte herangezogen. Auch ein Vergleich mit den Ergebnissen von vorherigen Trendanalysen findet statt, wobei die individuelle Charakteristik des Fettes sowie etwaige Nachschmiermengen berücksichtigt werden. Ein Anstieg der scheinbaren Viskosität kann bedeuten, dass das Fett nicht mehr genügend Öl an die Schmierstelle abgibt. Dafür sind mehrere Ursachen möglich: > es wurde überhaupt nicht oder nicht ausreichend nachgeschmiert. > das Fett ist u. a. durch eine hohe Temperaturbelastung oxidiert. > das Verdickergerüst ist zerschert und es ist zu wenig Öl im Rheometer, weil das Fett bereits ausgeblutet ist. > Als grobe Faustregel gilt: Ab einem relativen Viskositätsverlust von 7,5 % muss in Kürze, ab 10 % sofort, nachgeschmiert werden. Fettauswahl und Nachschmierintervalle Scherviskosität und Relativer Viskositätsverlust hängen von den Eigenschaften des Schmierfetts ab. Es besteht zu etwa 90 % aus Grundöl und Additiven sowie zu etwa 10 % Verdicker. Dieser hält mit seiner schwammartigen Struktur Grundöl und Additive fest und gibt sie im Einsatz langsam an die Schmierstelle ab. Moderne Komplex- (mit Komplexseifen-Verdicker auf Lithium-, Calcium-, Aluminium-Basis) und Gelfette (mit Nichtseifen-Verdicker) verhalten sich dabei etwas anders als herkömmliche Mehrzweckfette mit ihrem einfachen Seifengerüst. Die modernen Fetttypen verfügen über eine besonders feinporige Verdickerstruktur, die Ölabgabe verläuft so feiner und gleichmäßiger. Die Viskositätsänderung dieser Fette liegt im Frischzustand bei etwa 1 %. Die von herkömmlichen Mehrzweckfetten mit einfacher Seifenstruktur dagegen bei etwa 4 %. Im Einsatz verhält sich jedes Fett individuell. Wenn für eine spezielle Anwendung ein neues Produkt ausgewählt und/ oder seine Nachschmierintervalle optimiert werden müssen, sollten daher besonders bei Komplex- und Gelfetten Scherviskosität und Relativer Viskositätsverlust praxisnah mit Hilfe von Trendanalysen im Labor bestimmt werden. Dabei vergleichen Tribologen die Gebrauchtfettwerte mit denen des Frischfetts. In der großen OELCHECK-Frischfett-Datenbank sind für nahezu alle verfügbaren Schmierfette die Angaben aus Datenblättern sowie die bereits ermittelten technischen Daten erfasst. Nur in Ausnahmefällen wir zur Beurteilung der Scherviskosität auch eine Probe des Frischfetts benötigt. »« Eingangsabbildung: © OELCHECK GmbH Markus Thomas Münter Wettbewerb und Unternehmensstrategie für Management und Consulting 1., Auflage 2022, 317 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-7398-3192-3 eISBN 978-3-7398-8192-8 Wettbewerb richtig analysieren und überlegene Strategien entwickeln! Wettbewerb verändert Marktanteile und Erfolg von Unternehmen immer schneller. Welche Auswirkungen hat das auf die Unternehmensstrategie? Strategie findet jenseits der Powerpoint-Folien statt - Markus Thomas Münter zeigt, wie sich die Markstrukturen durch Wettbewerb verändern und wie Unternehmen ihre spezifischen Fähigkeiten erfolgreich einsetzen können. Ein spannender Einstieg für alle, die ökonomische Zusammenhänge in Studium und Beruf schnell und anwendungsorientiert verstehen wollen. Anzeige Erleben Sie nach dem Seminar die Freitzeitmöglichkeiten im bayerischen Voralpenland! Egal ob Wandern, Mountainbiken, Skifahren, Biergarten - wir kennen uns hier aus und beraten Sie gern! Sie können nicht zu uns nach Brannenburg kommen? Kein Problem! Sie können trotzdem live beim Seminar dabei sein - auch kurzfristig! Die Kamera läuft die ganze Zeit während des Seminars mit und Sie sind von Ihrem Arbeitsplatz oder Home-Office live dabei! 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Schwerpunkte: Schmierung · Tribologie · proaktive Wartung · Öl- und Zustandsüberwachung · Verschleißkontrolle · Schadensfrüherkennung · Optimierung von Ölwechselintervallen · Ölanalytik & vieles mehr Schwerpunkte: Schmierung · Tribologie · proaktive Wartung · Öl- und Zustandsüberwachung · Verschleiß- 28.-30.06.23 Schmierung und Ölüberwachung für Hydrauliken 19.-22.06.23 Expertenwissen für Schmierstoff-Profis *CLS-Zertifikatskurs in Englisch* 28.-30.06.23 Schmierung und Ölüberwachung für Hydrauliken 11.-13.07.23 Grundlagen der Schmierstoffanwendung I 21.-22.09.23 Schäden an Lagern, Getrieben und Motoren 26.-27.09.23 Schmierfette - Eigenschaften, Auswahl und Überwachung 10.-11.10.23 Schmierung und Ölüberwachung für Papiermaschinen 17.-18.10.23 Schmierung und Ölüberwachung für stationäre Gasmotoren 19.-20.10.23 Online-Ölsensoren - Ein Praxisseminar 07.-09.11.23 Schmierung und Ölüberwachung für Turbinen/ Turbokompressoren 14.-16.11.23 Schmierung und Ölüberwachung für Getriebe 28.29.11.23 Schmierung und Ölüberwachung für Baumaschinen 04.-07.12.23 Maschinenüberwachung durch Ölanalysen *MLA-Zertifikatskurs* Alle aktuellen Termine und ausführliche Informationen zu den konkreten Seminarinhalten, den Zielen und Zielgruppen finden Sie auf unserer Website www.oildoc.de. Gerne können Sie uns auch persönlich kontaktieren unter Tel. +49 8034-9047-700. Alle Fortbildungen als Präsenzseminar in der OilDoc Akademie in Brannenburg oder zum SONDERPREIS als Live-Video-Stream. Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 32 tErminE datum ort Veranstaltung 13.-16.06.2023 Berlin Zertifizierte Fachkraft für Schmierstofftechnologie Gemeinsame Qualifizierungsinitiative von VSI und UNITI https: / / www.uniti.de/ akademie/ fachkraft-schmierstofftechnologie 16.06.2023 Leipzig 76. Ordentliche Mitgliederversammlung des VSI https: / / www.vsi-schmierstoffe.de/ news-termine/ termine/ mitgliederversammlung-des-vsi 20.06.2023 Ostfildern Nachhaltige Schmierstoffe und Bioschmierstoffe https: / / www.tae.de/ seminar/ seminar-nachhaltige-schmierstoffe-und-bioschmierstoffe-35855/ 21.06.2023 Ostfildern Schmierung hochbelasteter, tribologischer Kontakte https: / / www.tae.de/ seminar/ seminar-schmierung-hochbelasteter-tribologischer-kontakte-35829/ 04.-05.07.2023 Stuttgart UNITI Mineralöl Technologie Forum https: / / www.umtf.de/ 11.-13.07.2023 Brannenburg + Online Grundlagen der Schmierstoffanwendung I https: / / de.oildoc.com/ seminare/ grundlagen-der-schmierstoffanwendung/ 20.-21.09.23 Brannenburg + Online Schäden an Lagern, Getrieben und Motoren - Ursachen & Lösungen https: / / de.oildoc.com/ seminare/ schaeden-vermeiden/ 20.09.2023 Ostfildern Tribologische Analytik und Schadenskunde https: / / www.tae.de/ seminar/ seminar-tribologische-analytikund-schadenskunde-35830/ 26.-28.09.2023 Essen Lubricant Expo https: / / lubricantexpo.com/ 26.-27.09.2023 Brannenburg + Online Schmierfette - Eigenschaften, Auswahl und Überwachung https: / / de.oildoc.com/ schmierfette-ueberwachen/ 26.-28.09.2023 Berlin Zertifizierte Fachkraft für Schmierstofftechnologie Gemeinsame Qualifizierungsinitiative von VSI und UNITI https: / / www.uniti.de/ akademie/ fachkraft-schmierstofftechnologie 09.-10.10.2023 Ulm VSI-Fachkundeseminar „Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen nach DGUV-Regel 109-003“ https: / / www.vsi-schmierstoffe.de/ news-termine/ termine/ dguv-109-003 11.-12.10.2023 Aachen 7. Aachener Kühlschmierstofftagung des WZL-Forums der RWTH Aachen https: / / www.wzlforum.de/ veranstaltungen/ veranstaltung/ event_id/ 221214-30705-DG-99998%3A30705/ 19.-20.10.23 Brannenburg + Online Online-Ölsensoren - Ein Praxisseminar https: / / de.oildoc.com/ oelsensoren/ 24.-25.10.23 Brannenburg + Online Grundlagen der Schmierstoffanwendung II https: / / de.oildoc.com/ seminare/ grundlagen-der-schmierstoffanwendung/ 24.-27.10.2023 Berlin Zertifizierte Fachkraft für Schmierstofftechnologie Gemeinsame Qualifizierungsinitiative von VSI und UNITI https: / / www.uniti.de/ akademie/ fachkraft-schmierstofftechnologie 27.10.2023 Ostfildern Tribologie der Kunststoffe https: / / www.tae.de/ seminar/ seminar-tribologie-der-kunststoffe-35902/ 28.-29.11.2023 Brannenburg + Online Schmierung und Ölüberwachung für Baumaschinen https: / / de.oildoc.com/ baumaschinen/ 04.-07.12.2023 Brannenburg + Online MLA-Zertifikatskurs: Maschinenüberwachung durch Ölanalysen https: / / de.oildoc.com/ mla-zertifikatskurs/ 33 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 NEuEs aus dEm VERBaNd Schmierstoffe auf Basis von Fluorverbindungen Behörden der EU Mitgliedsstaaten haben ein Dossier zur Beschränkung der Stoffgruppe per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (engl.: perand polyfluoroalkyl substances; Abkürzung: PFAS) erstellt. Durch die Umsetzung soll die Verwendung dieser Stoffe insgesamt verboten werden. Die Stoffgruppe umfasst sehr viele verschiedene Fluorverbindungen, von denen einige bekanntermaßen gefährlich für Mensch und Umwelt sind (z. B. Perflourhexansäure), bei anderen jedoch trotz intensiver und jahrzehntelanger Nutzung kein negativer Effekt bekannt ist (z. B. Teflon/ PTFE). Der VSI unterstützt klar eine Beschränkung von PFAS, die nachweislich gefährlich für Mensch und Umwelt sind. Auch in bestimmten Schmierstoffen für spezielle Anwendungen werden PFAS verwendet. Dabei handelt es sich i. d .R. um die polymeren Perfluorpolyether (PFPE) und Polytetrafluorethylen (PTFE). Für Schmierstoffe, die unter „schwierigen Bedingungen“ (engl. „harsh conditions“) verwendet werden oder wo die Verwendung für die zuverlässige Funktion und den gefahrlosen Betrieb von Geräten/ Anlagen erforderlich ist gilt eine Übergangsfrist von 13,5 Jahren ab in Kraft treten der Beschränkung (voraussichtlich 2025/ 26). Innerhalb dieser Übergangsfrist sind Hersteller und Anwender aufgefordert, Alternativen zu finden. PFPE- und PTFE-basierte Schmierstoffe gelten als langlebig, physiologisch unbedenklich, nicht giftig, extrem reaktionsträge und nicht brennbar. Wir halten das Verbot daher für unverhältnismäßig und fordern eine Differenzierung nach chemischen und physikalischen und toxikologischen Merkmalen sowie eine unbefristete Ausnahme für Fluorpolymere und Perfluorpolyether. PFPE- und PTFE-basierte Schmierstoffe liegen preislich deutlich oberhalb konventioneller Schmierstoffe; daher wird i. d. R. vor dem Einsatz sorgfältig abgewogen, ob die Verwendung wirklich notwendig ist. Hersteller und Anwender sind aufgefordert, Verwendungen von PFAS in der aktuell laufenden Konsultation mitzuteilen und zu dokumentieren. Dadurch soll aufgezeigt werden, wo und wie diese Produkte verwendet werden, um das Ziel einer dauerhaften Ausnahmeregelung zu erreichen. Die Beratungen sind jedermann für Kommentare zugänglich: https: / / echa.europa.eu/ de/ registry-of-restrictionintentions/ -/ dislist/ details/ 0b0236e18663449b Lithiumfette Bei den Schmierfetten auf Lithiumbasis gibt es zunächst Entspannung. Einige Lithiumverbindungen, welche für die Produktion von Fetten gebraucht werden, wurden nicht wie geplant für die Einstufung als „Reproduktionstoxisch“ vorgesehen, sondern stattdessen von der Europäischen Kommission zur Neubewertung an den RAC (Risk Assessment Committee) zurückgegeben. Basierend auf den zuvor vom Lithiumkonsortium (Vereinigung der Lithiumproduzenten) bereitgestellten Informationen sind die erwarteten Zeitpläne 2023-2024 für die Überprüfung der Lithiumsalzklassifizierung durch den RAC, wobei über eine mögliche Aufnahme in die neue Klassifizierungsliste in den Jahren 2024-2025 diskutiert wird. In der Zwischenzeit bereitet das Lithium-Konsortium eine Industrie-RMOA (Risk Management Option Analysis) vor, die die Fett- und Schmierstoffindustrie unterstützen wird. Bericht aus dem TSA Die Frühjahrstagung des technischen Sachverständigenausschusses fand diesmal auf Einladung der Fa. Oildoc in Brannenburg statt. Nach der Pandemie ist die Veranstaltung wieder sehr gut besucht, mit jeweils ca. 40 Teilnehmern aus Entwicklung und Anwendungstechnik vor Ort und 40 online. Themen waren diesmal Geräuschverhalten von Schmierfetten, Regulatorik (REACH, CLP etc.), Nachhaltigkeit sowie Bauteilsauberkeit und Korrosion.. Wie üblich, gab es zu diesen Themen Fachvorträge und Diskussionen der Experten. Die Vorträge können im Mitgliederbereich der VSI Webseite abgerufen werden. Zum Thema Bauteilsauberkeit wird ein Arbeitskreis gegründet, für den noch Mitarbeiter gesucht werden. Am 5. Mai haben wir ein Webinar zum Thema „Nachhaltigkeitsaspekte bei der Vermarktung und Anwendung von Kühlschmierstoffen“ durchgeführt mit dem Referenten Stefan Joksch, Fa. Oemeta. Herr Joksch gab darin einen umfassenden Überblick zu Nachhaltigkeit im Spannungsfeld von OEM-Anforderungen und Bearbeitungsprozessen. Diesen Beitrag wollen wir zum Nachsehen ebenfalls online stellen. Nachhaltigkeitsinitiative der Schmierstoffindustrie Zu Beginn dieses Jahres gaben der europäische Dachverband der europäischen Schmierstoffindustrie, UEIL 1 und ATIEL 2 , Technischer Verband der großen Schmierstoffhersteller, die Zusammenarbeit zur Entwicklung einer Methodik zur Berechnung und Berichterstattung von Product Carbon Footprint (PCFs) für Schmierstoffe und Fette bekannt. Im Januar 2023 wurde die Arbeitsgruppe unter der Leitung eines externen Beraters gegründet, um eine harmonisierte PCF-Methodik von der Wiege bis zur Pforte (Blender/ Vermarkter - cradle to gate) zu entwickeln. Teilnehmer dieser Gruppe bestehen aus allen Teilen der Schmierstoff- Wertschöpfungskette. Der VSI arbeitet hier aktiv neben den anderen Verbänden ATIEL, UEIL, ELGI, GEIR auch als gemeinsamer Vertreter für VSI/ UNITI mit. Das Ziel der PCF-Arbeitsgruppe ist es, einen gemeinsamen Standard zu entwickeln, der von der gesamten Schmierstoffindustrie verwendet werden kann, um Konsis- 1 Union of the European Lubricants Industry) vertritt die Interessen der Schmierstoffindustrie in Europa, mit besonderem Augenmerk auf KMU und unabhängige Unternehmen, die Schmierstoffe und Metallbearbeitungsflüssigkeiten herstellen, die für den Automobil- und Industriesektor unerlässlich sind. 2 ATIEL ist das technische und innovative Zentrum der Hersteller, Entwickler und Vermarkter in der europäischen Schmierstoffindustrie. NEuEs aus dEm VERBaNd Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 2/ 2023 34 Neues aus dem Verband tenz und Transparenz in der gesamten Lieferkette sicherzustellen. Es wird erwartet, dass die PCF-Methode für die Schmierstoff- und Fettindustrie in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 veröffentlicht wird. Ordentliche Mitgliederversammlung des VSI Der VSI veranstaltet seine nächste ordentliche Mitgliederversammlung (OMV) am 15./ 16. Juni 2023 in Leipzig. Alle Mitgliedsunternehmen werden eingeladen, einen Vertreter zu entsenden. Nach dem gemeinsamen Abendessen im „Panorama Tower“ am Donnerstagabend geht es am Freitag zur OMV im Marriott Hotel Leipzig. Hier gibt es Vorträge zu aktuellen Themen aus Verband und Wirtschaft sowie dem Gastvortrag von Ralf Diemer, Geschäftsführer der „eFuel-Alliance“, zu den Perspektiven alternativer, nahezu emissionsfreier Treibstoffe für Verbrennungsmotoren aller Art. »« Eine Zeitschrift des Verband Schmierstoff-Industrie e. V. JETZT ONLINE LESEN! www.sus.expert SCHMIERSTOFF SCHMIERUNG Anzeige Interesse? www.narr.de Anzeige 35 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 1/ 2023 NEuEs aus dER BRaNchE Einfache Verwendung, langanhaltende Wirkung Vinkocide BB WM - effektive Nachkonservierung für Kühlschmierstoffe Mit Vinkocide BB WM hat Vink Chemicals eine Biozid-Formulierung entwickelt, mit der Kühlschmierstoffe für Werkzeugmaschinen über lange Zeit frei von Pilz- und Bakterienbefall bleiben. Vinkocide BB WM ist einfach in der Handhabung und erfüllt die strengen Biozid-Richtlinien. In der industriellen Fertigung sind flüssige Kühlschmierstoffe unverzichtbar für den Betrieb moderner Werkzeugmaschinen wie beispielsweise CNC-Fräsen. Damit die Kühlschmierstoffe, sogenannte Emulsionen, in den Anwendungen ihre Eigenschaften behalten, müssen sie vor Schimmelpilz-, Hefe- und Bakterienbefall geschützt werden. Vinkocide BB WM ist ein neu entwickeltes Biozidprodukt für die Nachkonservierung von Kühlschmierstoffen, wie sie in der metallbearbeitenden Industrie verwendet werden. Vinkocide BB WM ist hochwirksam gegen Schimmelpilze und Hefen und zeigt dank einer innovativen Formulierung eine ausgezeichnete Wassermischbarkeit und Selbstemulgierung. Kühlschmierstoffe für Werkzeugmaschinen bleiben mit Vinkocide BB WM von Vink Chemicals frei von Bakterien- und Pilzbefall (Bild: © oyoo - stock.adobe.com) Effektive Nachkonservierung wird immer wichtiger Vor allem in der EU haben sich in jüngster Zeit die Anforderungen an Konservierungsmittel stark gewandelt, auch im Bereich der Nachkonservierung von Kühlschmierstoffen in der metallbearbeitenden Industrie (Tankside Treatment). Die aktuellen EU-Verordnungen und Richtlinien schränken die Auswahl an bioziden Wirkstoffen stark ein, denn im Mittelpunkt steht der Schutz für Mensch und Umwelt. Inzwischen verzichten viele Hersteller von Kühlschmierstoffkonzentraten auf den Einsatz von Bioziden, um ein Labeling ihrer Konzentrate zu vermeiden. Daher ist eine effektive Nachkonservierung umso wichtiger. Um die potenzielle Bandbreite an Mikroorganismen möglichst gering zu halten, hat es sich bewährt, den pH- Wert des gesamten Kühlschmierstoffkreislaufes zu erhöhen. Das jetzt alkalische System begünstigt weniger, dafür allerdings neue Varianten einer mikrobiologischen Kontamination, vor allem durch Schimmelpilze und Hefen. Zudem reduziert der hohe pH-Wert die sinnvollen Optionen der noch zugelassenen bioziden Wirkstoffe. Mit der speziellen Formulierung von Vinkocide BB WM ist es Vink Chemicals gelungen, die typischen Nachteile zu umgehen, welche bei der Verwendung der drei gängigen Wirkstoffe (Natriumpyrithion, IPBC oder BBIT) entstehen. Die neue Formulierung nutzt den Wirkstoff BBIT, ist nicht-reaktiv mit Metallen und bleibt bei pH-Werten von 7-12 sowie hohen Temperaturen lange Zeit anwendungsstabil. Vinkocide BB WM besitzt eine ausgezeichnete Wassermischbarkeit und ist einfach in der Handhabung durch direktes tankseitiges Beimischen. In der empfohlenen Einsatzkonzentration besteht keine Kennzeichnungspflicht. Weitere Vorteile von Vinkocide BB WM > Geeignet für alle gängigen Kühlschmierstoffe (synthetisch, halb-synthetisch und mineralölbasierend) > Keine Bildung von BBIT- Agglomerat > Anwendungsstabil bei pH-Werten von 7-12 > Temperaturbeständig, hohe Langzeitwirkung > Geringe Schaumbildungsneigung > Erfüllt die EU-Richtlinien zum PT13-Gebrauch Vorteile der Bluetooth-Technologie in der Instandhaltung In der Instandhaltung sind automatische Schmiersysteme von perma ein unverzichtbares Hilfsmittel, wenn es um eine regelmäßige und präzise Schmierung von Maschinen und Anlagen geht. Mit den neuen perma Schmiersystemen, die über eine Bluetooth-Funktion verfügen, können Instandhaltungsarbeiten noch effizienter gestaltet werden. Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 1/ 2023 36 Neues aus der Branche Schmierstellenverwaltung leicht gemacht - perma CONNECT Für den Einsatz dieser Schmiersysteme hat perma eine spezielle App entwickelt - die perma CONNECT App. Mit dieser App lassen sich alle Schmiersysteme an jeder Anwendung ganz einfach konfigurieren, warten und steuern. Das funktioniert in Echtzeit und von jedem Endgerät aus. Optimierung Ihrer Instandhaltungsarbeiten Dank der Bluetooth-Funktion werden alle Schmiersysteme aus der Ferne überwacht. Aufenthaltszeiten in schwer zugänglichen Arbeits- oder sogar Gefahrenbereichen werden reduziert, was aktiv die Arbeitssicherheit erhöht. Mit der perma CONNECT App können jederzeit Spendezeiten angepasst, Sonderspenden veranlasst oder das Schmiersystem ein- und ausgeschaltet werden. Bei Überdruck oder einer leeren LC gibt es sofort eine Fehlermeldung. Es ist jederzeit nachvollziehbar, dass die korrekte Menge an frischem Schmierstoff zum richtigen Zeitpunkt in die gewünschte Anwendung abgegeben wird. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten, denn mit einer optimierten Schmierung erhöht sich die Lebensdauer von Maschinen und Anlagen, was zu einer höheren Gesamtproduktivität führt. Die Bluetooth-Technologie lässt sich leicht in bestehende Prozesse integrieren. In Verbindung mit der Webanwendung stehen alle Informationen zu Schmierstellen und Anwendungen auch an Ihrem Arbeitsplatz bereit. Genaue Informationen gibt es hier: https: / / www.perma-tec. com/ service/ perma-connect-app/ . Nachhaltigkeits-Check wird für produzierende Unternehmen unumgänglich sein Wenn ein Unternehmen, das „Chemische Werke“ im Namen führt, sich der Nachhaltigkeit verschreibt, dann tauchen Fragen auf. Die hat sich der Kühlschmierstoffhersteller Oemeta Chemische Werke GmbH aus Uetersen auch gestellt. Was zunächst mit einem Gedanken beginnt, wird schnell zu einem strukturierten Herzensprojekt, das die Verantwortlichen mit großer Akribie und Sorgfalt verfolgen. Heute ist Nachhaltigkeit in den strategischen Zielen des Unternehmens fest verankert und wird von Geschäftsführung bis hin zum Empfangsbereich tagtäglich gelebt. Wir fragen die Mitinitiatorin Andrea Rave, wie das gelingen kann. ? ? Frau Rave, Sie sind als Chemie-Ingenieurin und langjährige Leiterin des Anwendungslabors bei Oemeta inzwischen für Business Vision zuständig und damit mitverantwortlich für das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen. Wie ist es gelungen, das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich im Alltag des Unternehmens zu implementieren? Nun als wir uns dem Thema widmeten, war sehr schnell klar, dass wir uns nicht nur ein Etikett zu Marketingzwecken umhängen dürfen. Von Anfang an wollten wir das Thema Nachhaltigkeit sehr breit und ganzheitlich betrachten und als strategisches Ziel im Unternehmen verankern. Der Gedanke an Nachhaltigkeit soll als geistige Haltung das gesamte Unternehmen mit allen Beschäftigten durchdringen. Wir wollen als nachhaltiger Unternehmer und Arbeitgeber wahrgenommen werden. Dazu haben wir ein Team gegründet, zu dem der Produktionsleiter, der technische Leiter, Einkäufer und Anwendungsberater gehören. Ich habe vor allem meine berufliche Erfahrung aus der analytischen Arbeit im Anwendungslabor und Impulse aus der Außenwelt eingebracht sowie das Team koordinierend unterstützt. ? ? Wie sieht die Arbeit dieses Teams aus? Nachhaltigkeit ist der wichtigste Megatrend dieser Dekade. Damit Nachhaltigkeit eines unserer vier strategischen Ziele werden konnte, war uns von Beginn an bewusst, dass wir auch Dinge berücksichtigen müssen die nichts mit der Produktion und dem Produkt zu tun haben. So haben wir uns die Frage gestellt, wo unsere Hebel sind. Drei wichtige Felder wurden identifiziert: Erstens Energie und Umwelt zweitens soziale Nachhaltigkeit und drittens ökonomische Nachhaltigkeit. Diese drei Felder adressieren direkt drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, die die UN in ihren 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, die so genannten Sustainable Development Goals (SDG), (siehe Infokasten) definiert hat, nämlich Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit. Heruntergebrochen 37 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 1/ 2023 Neues aus der Branche auf einen produzierenden Betrieb stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit folglich nicht nur im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten, sondern beispielsweise auch mit der Beschaffung und Logistik von Rohstoffen, der Bewertung durch Märkte, Lieferanten, Banken, Versicherungen und Behörden sowie der direkten Nachbarschaft unseres Betriebs. Und schließlich geht es um die Sicherung der Arbeitsplätze. Die Schmierstoffindustrie geht diesen Weg mit der „Initiative für nachhaltige Schmierstoffe“. Dabei sollen alle Stakeholder in der Lieferkette, sowie Industrieverbände, wie der Verband Schmierstoffindustrie (VSI), Politik und NGOs bei der Lösungsfindung integriert werden, um maximale Akzeptanz zu erreichen, denn es ist davon auszugehen, dass über kurz oder lang die Planung und Durchführung von Produktionsprozessen ohne Nachhaltigkeits-Check nicht mehr möglich sein wird. ? ? Aber als Chemisches Werk und Hersteller von Kühlschmierstoffen spielen Produkte und Produktion doch sicher eine zentrale Rolle? Ja, selbstverständlich spielen Produkte, Prozesse und Produktion eine wichtige Rolle. Das ist aber für uns nichts Neues. Wir haben uns schon immer um die Umweltverträglichkeit unserer Produkte Gedanken gemacht. So haben wir bereits in den 1980iger Jahren einen mineralölfreien esterbasierten Hochleistungs-Bearbeitungsschmierstoff entwickelt und Nachhaltigkeitsaspekte beim Einsatz von Bearbeitungsmedien für das Umformen oder die zerspanende Bearbeitung definiert und berücksichtigt. Schon immer haben wir Prozesse im Auge gehabt: die Prozesse für die Herstellung unserer Produkte, darüber hinaus aber auch schon immer die Prozesse bei unseren Kunden in denen unsere Produkte eingesetzt werden. Das ist bei Oemeta also schon immer eine ganzheitliche Betrachtung des kompletten Produktlebenszyklus. ? ? Sie erwähnten, dass Produkte und Prozesse nur einen Teil der Anstrengungen erfordern. Was kommt darüber hinaus noch dazu? Genau, heute geht es weit über Produkte und Prozesse hinaus und erfordert einen strategischen Ansatz in der Unternehmensführung. Denn der Druck auf produzierende Unternehmen, „nachhaltig“ zu sein, wird auch ausgehend vom direkten und indirekten Umfeld stetig größer. Da sind wir erst am Anfang. So kommt Druck von unseren Geschäftspartnern, den Lieferanten und Kunden, also dem Markt im weitesten Sinne, wir werden bewertet und müssen uns regelmäßig entsprechenden Audits stellen. Relativ neu kommt jetzt auch Druck von Banken, Versicherungen und Behörden, die ebenfalls Nachhaltigkeits-Bewertungen erstellen. Wir haben uns früh darum gekümmert, auf alle Fragen dieses Umfelds auch entsprechende glaubwürdige Antworten zu haben. Dazu beziehen wir im Unternehmen zunehmend auch das Personalwesen und das Controlling mit ein. Speziell beim Controlling ist es wichtig, für nicht monetarisierbare Ereignisse entsprechende Kennzahlen zu entwickeln und diese mit in die Unternehmensbewertung und bestenfalls sogar in die Bilanz einzubeziehen. Also beispielsweise Kennzahlen dafür, was ein Image-Verlust durch einen die Umwelt schädigenden Unfall im Unternehmen kosten könnte. Des Weiteren befinden wir uns in Schleswig-Holstein in einem Netzwerk regionaler Unternehmen, die sich regelmäßig austauschen. Bundesweit unterstützen Initiativen wie der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) den Auf bau einer Nachhaltigkeitsstrategie und bieten einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die regelmäßige Berichterstattung macht dann die Entwicklung des Unternehmens im Zeitverlauf sichtbar. Um den DNK zu erfüllen, erstellen Anwender in der Datenbank eine Erklärung zu zwanzig DNK-Kriterien und den ergänzenden nicht finanziellen Leistungsindikatoren. ? ? Das klingt nach viel mehr Anstrengungen, als nur eine Solaranlage aufs Dach zu installieren. Eben. Und wir sind dabei schon viel tiefer eingestiegen als nur, um die einfachen Fragen nach Nachhaltigkeit beantworten zu können. Dazu zählt zum Beispiel die Frage nach einer Solaranlage auf dem Dach. Ich glaube jedoch, dass Erfassung der gesamtheitlichen Bedeutung von Nachhaltigkeit eines Unternehmens in der Öffentlichkeit erst am Anfang steht. Das stellt auch unser Personalwesen fest, wenn junge Leute im Bewerbungsgespräch die Frage nach Nachhaltigkeit im Unternehmen stellen. Wenn wir dann zurückfragen, was sie unter Nachhaltigkeit verstehen, kommt beispielsweise genau diese Frage nach einer Solaranlage. Wir betreiben Energiemanagement und kaufen unseren Strom ausschließlich aus regenerativen Quellen. Wir achten auf Ressourcenschonung, wir pflanzen Apfelbäume und wir haben natürlich die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien im Fokus. ? ? Und wie bringen Sie dann die Strategie tatsächlich in jeden Bereich des Unternehmens? Um als nachhaltiger Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, was unser Ziel ist, werden diese augenscheinlichen Dinge in Zukunft nicht mehr genügen. Auch ökonomische Nachhaltigkeit wird zur Sicherung von Arbeitsplätzen immer wichtiger. Deshalb haben wir das Thema Nachhaltigkeit als tragende Säule in die Unternehmens-Strategie hineingenommen und nicht nur in einzelne Bereiche. Und das unabhängig von gesetzlichen Vorschriften wie z. B. das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, welches für uns zwar noch nicht gilt, aber das ist ja nur eine Frage der Zeit. Von der Rohstoffauswahl bis zur Endauslieferung greifen wir überall da ein, wo wir das können, und zwar global in allen Werken. Heruntergebrochen auf die einzelnen Abteilungen heißt das, dass jede Abteilung innerhalb ihrer Road-Map etwas zur Nachhaltigkeit zu sagen hat. So muss zum Beispiel das Labor intensiv über den Einsatz der Chemikalien nachdenken. Die Marketingabteilung kann über den Einsatz und den Verbrauch von Papier nachdenken. Selbst bei reinen Büroarbeitsplätzen sind die Beschäftigten aufgefordert, sich über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. Das kann bei einem Einkäufer zum Beispiel sein, dass er nachhaltige Lieferanten auswählt. Jede Abteilung muss darüber nachdenken, was sie zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit beitragen kann. Zur sozialen Nachhaltigkeit gehört beispielsweise die Frage, wie wir die Belastung durch Lkw-Fahrten in unserer Umgebung reduzieren können. Und das obwohl das Wohngebiet mit Kindergärten, Schulen und Kirchen zu uns gekommen ist. Als Oemeta sich hier ansiedelte, gab es weit und breit nichts dergleichen. Dennoch sehen wir es als unsere Pflicht an, uns im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeit darum zu kümmern. Und dann ist schließlich noch ganz wichtig, dass alles auch untereinander kommuniziert wird. ? ? Aber dennoch sind und bleiben Sie ja ein produzierendes Unternehmen? Ganz genau. Deshalb müssen wir uns im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensführung stets darum kümmern, wo die Hebel sind, mit denen wir Nachhaltigkeit leben können. Und wenn diese Hebel, wie in unserem Fall, definiert sind, dann lassen Sie sich auch auf jeden Bereich Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 1/ 2023 38 Neues aus der Branche des Unternehmens herunterbrechen. Und so bleiben wir ein produzierendes Unternehmen, das nachhaltig arbeitet und dies auch belegen kann. ? ? Herzlichen Dank, Frau Rave, für diese ausführlichen Informationen. Neue Generation lithiumfreier Schmierfette Zeller+Gmelin lanciert calciumbasiertes Mehrzweckfett Durch den weltweiten Trend hin zu Elektroantrieben und E-Mobilität wird der begrenzte Rohstoff Lithium zukünftig weniger verfügbar sein. Der Schmierstoffhersteller Zeller+Gmelin sieht sich deshalb in der Verantwortung, den Anteil an nachhaltigen, ressourcenschonenden Schmierfetten zu erhöhen. Mit Divinol Multipurpose Grease Ca 2 erreicht nun ein lithiumfreies Schmierfett den Markt, das komplett auf Calcium-Seifenbasis entwickelt wurde. Künftig dient das Produkt als leistungsfähige Alternative zum bewährten Divinol Mehrzweckfett 2. Viele Unternehmen verwenden Lithiumhydroxid als Rohstoff für die Verdickung ihrer Schmierfette. Die Zusammensetzung eignet sich hervorragend für die unterschiedlichsten Temperatur- und Belastungsbedingungen und kann deshalb in vielen technischen Anwendungen eingesetzt werden. Mit einem Anteil von fast 70 % beherrscht diese Verdickungstechnologie deshalb seit Jahrzehnten den Weltmarkt für Schmierfette. Durch die erhöhte Nachfrage nach Lithium-Ionen-Akkumulatoren wird der Rohstoff auch für andere Industriezweige wie etwa die Elektro- oder Automobilbranche attraktiv. Der Trend E-Mobilität sorgt für einen regelrechten Hype um Lithiumhydroxid, sodass starke Preisanstiege und erschöpfte Lieferketten zu erwarten sind. „Diese Marktveränderung ist uns natürlich nicht verborgen geblieben“, sagt Christian Stapper, Produktmanager Schmierfette bei Zeller+Gmelin. „Als nachhaltigkeitsorientiertes Unternehmen sehen wir jetzt den richtigen Zeitpunkt, dem Markt lithiumfreie Schmierfette anzubieten.“ Neue Basis für Divinol-Produkte Weltweit setzen Kunden erfolgreich Schmierfette der Marke Divinol ein. Ob in Automobilen oder Industrieanlagen - die Schmierfette sorgen für den reibungsarmen Rundlauf von Wälzlagern, Gleitlagern, Getrieben und sonstigen Aggregaten. „Unser Laborteam forscht permanent an alternativen Verdickungstechnologien, aktuell wird dort der Einsatz von Calciumseife weiter optimiert“, führt Christian Stapper weiter aus. „Auf Basis dieses lithiumfreien Verdickers entwickeln wir neue, hochwertige Schmierfette, die sich unter anderem für anspruchsvolle Wälzlager-Anwendungen eignen.“ Jüngster Beleg hierfür ist nun Divinol Multipurpose Grease Ca 2, das als lithiumfreie Alternative zum Divinol Mehrzweckfett 2 gesehen werden kann. Das Mehrzweckschmierfett bietet einen Temperatureinsatzbereich von -30 bis +120 °C und ist für die Schmierung von thermisch und mechanisch normal belasteten Wälz- und Gleitlagern in Maschinen aller Art, Gebläsen, Pumpen, Pressen, Kalandern etc. konzipiert. Christian Stapper betont abschließend: „Unser neues lithiumfreies Produkt hat sich in der Praxis bereits vielfach bewährt. Als walkstabiles Calciumseifenfett bietet es einen zuverlässigen Verschleiß- und Korrosionsschutz und ist zudem wasser- und oxidationsbeständig. Wir sind deshalb überzeugt, unseren Anwendern hier eine echte Alternative zu bieten und freuen uns auf das weltweite Feedback.“ »« Dietmar Zobel Von der Idee über die Erfindung zum Patent 1. Auflage 2022, 380 Seiten €[D] 39,90 ISBN 978-3-8252-5895-5 eISBN 978-3-8385-5895-0 Wie entkomme ich der Routine? Wo tummeln sich die guten Ideen und wie setze ich sie um? Wie schütze ich meine Innovationen vor Nachahmer: innen und verdiene damit Geld? Der Autor liefert konstruktive Handlungsempfehlungen: Intuition ist wichtig, aber nicht alles - kreatives Denken und Arbeiten ist erlernbar! Dr. rer. nat. Dietmar Zobel ist Industriechemiker, Erfinder, Fachautor, Methodiker und TRIZ-Trainer. Er war in leitenden Funktionen in der Industrie tätig und ist Inhaber zahlreicher Patente. Anzeige \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft BUCHTIPP Rüdiger Krethe Handbuch Ölanalysen 1. Auflage 2020, 284 Seiten €[D] 148,00 ISBN 978-3-8169-3499-8 eISBN 978-3-8169-8499-3 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Das Buch bietet eine praxisorientierte Einführung in das Thema Ölanalysen. Es vermittelt das nötige Hintergrundwissen, von der sachgerechten Probenentnahme, den Prüfverfahren bis zum Verstehen der Analysenergebnisse. Hierdurch unterstützt es den Anwender dabei, kostspielige Ausfallzeiten der Maschinen zu verhindern. Rüdiger Krethe ist diplomierter Maschinenbauer und Tribotechniker. Er befasst sich seit mehr als 25 Jahren intensiv mit der Schmierung von Maschinen, angefangen von der Produktauswahl, der innerbetrieblichen Organisation bis hin zur Überwachung von Schmierölen und Hydraulikflüssigkeiten während des Einsatzes. Bei der Nynas arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen, entwickeln zuverlässige Lösungen und helfen dabei, ihre Ziele zu erreichen. 95 Jahre Erfahrung in Hydrier-Technologien ermöglichen uns, klassische aber auch individuelle naphthenische Grundöle für einen stetig wachsenden globalen Markt zu fertigen. Dank unserem starken Fokus auf R&D sowie unserem vertrauensvollen Verhältnis zu unseren Kunden, ist unser technologisches Knowhow konkurrenzlos. Mit dem umfangreichsten Produktportfolio im Markt bieten wir auch für Ihre Anwendung die passenden naphthenischen Grundöle an. We take oil further - Wir machen mehr aus Öl, um nachhaltige Werte für unsere Kunden und unsere Umwelt zu schaffen. Besuchen Sie uns auf den folgenden Events: UNITI Mineralöltechnologie-Forum, Stuttgart, 04./ 05. Juli 2023 Lubricant Expo, Essen, 26.-28. September 2023 Telefon: +49 (0)2173 596 940 E-Mail: grundoele@nynas.com www.nynas.com Nynas - Ihr verlässlicher Partner - auch in Zukunft!