eJournals Schmierstoff + Schmierung 1/1

Schmierstoff + Schmierung
sus
2699-3244
expert verlag Tübingen
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2020
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Schmierstoffe und Schmierung - auf die Perspektive kommt es an

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Rüdiger Krethe
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Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 6 ScHWErPUnKttHEma Schmierstoffe und Schmierung - auf die Perspektive kommt es an Rüdiger Krethe In der jüngsten Vergangenheit wurden Begriffe wie „Pro-aktives Schmierungsprogramm“, „World Class Lubrication“ oder „Lubrication Excellence“ benutzt, um eine optimale Schmierung der Maschinen und Anlagen zu erreichen. Im Mittelpunkt standen meist Grundregeln für den professionellen Umgang mit Schmierstoffen, wie beispielsweise diese: > Der richtige Schmierstoff > Zur rechten Zeit > Am rechten Ort > In der richtigen Menge > Mit der richtigen Schmiermethode > In der richtigen Qualität Diese Regeln machen auf einfache Art und Weise deutlich, dass es eben nicht nur auf den richtigen Schmierstoff ankommt, sondern auch auf Lagerung, Handling, Kennzeichnung, Schmiergeräte usw. Viele Unternehmen haben mit Hilfe dieser Regeln erfolgreich daran gearbeitet, Maschinen zuverlässiger und sicherer zu schmieren. Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen dann am erfolgreichsten sind, wenn > Die oberste Leitungsebene des Unternehmens den Prozess aktiv führt > Verantwortungsbewusste Menschen die Schmierung zu ihrem persönlichen Anliegen machen > Alle relevanten Fachabteilungen konstruktiv und kontinuierlich zusammenarbeiten Ist einer dieser Faktoren nicht gegeben, ist das System in seiner Effektivität begrenzt. Die Mehrzahl heutiger Seminare, Tagungen und Fachbücher zum Thema Instandhaltung behandeln das Thema Schmierung gar nicht oder nur am Rande. In der Praxis findet sich dieser Eindruck nicht selten derart wieder, dass die Instandhaltung professionell Tabelle 1: Grundregeln einer professionellen Schmierung ScHWErPUnKttHEma 7 Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 Schwerpunktthema-|-Schmierstoffe und Schmierung - auf die Perspektive kommt es an „gemanaged“ wird, die Schmierung dabei jedoch nicht systematisch berücksichtigt wird. Andererseits gibt es eine Vielzahl an Fachliteratur zu Schmierstoffen und zur Maschinenschmierung, die die Schnittstellen zur Instandhaltung nicht oder nur unzureichend erwähnen oder abbilden. Auch in der Praxis entsteht nicht selten der Eindruck, dass zwischen der Maschinenbau-Welt der Instandhaltung und der Schmierung ein gewisser Abstand besteht. Möglicherweise hat sich dieser daraus entwickelt, dass der Maschinenbauer mit den Schmierstoffen auf eine ihm mehr oder weniger unbekannte Welt trifft, während Schmierstoffspezialisten über wenig Kenntnisse zu den Maschinen und ihrer Wartung verfügen. Daher ist nur logisch, dass die Möglichkeiten, die ein effektives Schmierungsmanagement für den Unternehmenserfolg bietet, indem es beide Welten miteinander verbindet, ebenfalls größtenteils unbekannt bleiben. Die neue Perspektive Moderne Methoden des Asset Management betrachten den gesamten Lebenszyklus einer Anlage, um die gesetzten Unternehmensziele langfristig zu sichern. Wird diese Herangehensweise auf das Schmierungsmanagement übertragen, bekommt es einen übergeordneten, professionellen Rahmen und beide Welten kommen zusammen. Das geschieht jedoch nicht von allein, da die einschlägigen Normenwerke für das Asset Management (wie beispielsweise die Normen- Reihe DIN ISO 5500x), da allgemeingültig für alle möglichen Asset-Formen, nichts über Schmierung enthalten. Das Internationale Institut für Maschinenschmierung (ICML = International Council for Machinery Lubrication) hat aus diesem Grund eine Richtlinien- Reihe entwickelt (ICML 55.x), die eine professionelle Integration des Schmierungsmanagements in das Asset Management erleichtert. Die neue Perspektive besteht darin, beide Prozesse ganzheitlich und in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung zu sehen. Die letztendliche Klammer um beides kann nur die Wirtschaftlichkeit des Gesamtunternehmens als optimale Balance zwischen Produktivität, Verfügbarkeit, Instandhaltung, Sicherheit und Umweltschutz sein. Mit den wichtigen und richtigen Grundregeln für die Schmierung allein fehlte jedoch ein Aspekt, der mit der Verbindung zum Asset Management geschlossen wird: Die Erfolge der professionellen Schmierung werden messbar gemacht. Nur, Bild 1: Asset Management und schmierungsbezogene Aktivitäten WIR BIETEN INDIVIDUELLE LÖSUNGEN! Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 8 Schwerpunktthema | Schmierstoffe und Schmierung - auf die Perspektive kommt es an was messbar ist, kann letztendlich überprüft und weiter optimiert werden. Evolution statt Revolution Eine neue Perspektive, also ein neuer Standpunkt und eine neue Blickrichtung ist nicht gleichbedeutend damit, dass alles neu und anders gemacht werden muss. Mit anderen Worten verlieren die Grundregeln der Schmierung durch die neue Perspektive nicht an genereller Bedeutung. Durch die ganzheitliche Betrachtung wird der Einfluss jeder der Regeln auf das Gesamtsystem transparent gemacht. Auf diese Weise gewinnt die Schmierung eher an Bedeutung als sie verliert. Die professionelle Schmierung wird nicht neu erfunden werden müssen, sie wird durch die neue Perspektive jedoch systematischer, transparenter, anlagenspezifischer und damit auch nachhaltiger. Fehler werden systematischer erkannt, deren Ursachen professionell ermittelt und notwendige Maßnahmen zu deren Beseitigung eingeleitet. Es ist also eher ein schrittweiser Prozess der Optimierung als etwas völlig Neues. Wie geht es weiter In der nächsten Ausgabe geben wir einen Überblick zu den einzelnen Elementen eines Schmierungs-Management-Systems und den dazugehörigen Prozessen. Ausgehend von dieser Übersicht und den gegebenen Erläuterungen zu den einzelnen Prozessen und deren Zusammenwirken werden wir in den nachfolgenden Ausgaben jedes einzelne Element detaillierter darstellen und praktische Hinweise zu deren Umsetzung geben. »« Eingangsabbildung ©Happy Art-stock.adobe.com/ peshkoval-stock.adobe.com Rüdiger Krethe Rüdiger Krethe ist diplomierter Maschinenbauer und Tribotechniker. Er befasst sich seit mehr als 25 Jahren intensiv mit der Schmierung von Maschinen, angefangen von der Produktauswahl, der innerbetrieblichen Organisation bis hin zur Überwachung von Schmierölen und Hydraulikflüssigkeiten während des Einsatzes. Seine Erfahrungen aus der Arbeit im Produktmanagement für Industrieöle einer Mineralölgesellschaft und der langjährigen Leitung des Diagnose-Teams eines renommierten deutschen Schmierstoff-Labors gibt Rüdiger Krethe heute in Seminaren rund um die Themen Schmierstoffe und Schmierung sowie als neutraler Berater und Gutachter weiter. Seit 2010 ist er einer der Geschäftsführer von OilDoc GmbH und Mit-Organisator nationaler und internationaler Fachkonferenzen. Er ist „Certified Lubrication Specialist“ (CLS) und „Oil Monitoring Analyst“ (OMA I) der STLE sowie “Machine Lubrication Engineer“ (MLE) und “Machine Lubricant Analyst II” (MLA II) des ICML. Bild 2: Schmierungsmanagement als Prozess einer schrittweisen Optimierung