Schmierstoff + Schmierung
sus
2699-3244
expert verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/71
2020
11
In Zeiten von Industrie 4.0 erst recht: Gute Schmierung will gelernt sein
71
2020
Jens Beck
Im Zuge der Digitalisierung werden immer mehr Prozesse miteinander vernetzt – vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Vertrieb. Ziel ist die maximale Betriebseffizient durch eine möglichst umfassende Automatisierung. Wer dazu zwar die Daten fließen lässt, aber in der Fertigung seine Schmiermedien und -techniken vernachlässigt, riskiert kostenintensive Produktionsstillstände. Ergo darf das Schmierungsmanagement auch in Zeiten von „Industrie 4.0“ nicht außer Acht gelassen werden. Wie sich moderne Schmierungsstrategien in der betrieblichen Praxis umsetzen lassen, soll im Folgenden erörtert werden.
sus110010
Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 10 FacHartiKEl In Zeiten von Industrie 4.0 erst recht: Gute Schmierung will gelernt sein Jens Beck * Einleitung Im Zuge der Digitalisierung werden immer mehr Prozesse miteinander vernetzt - vom Einkauf über die Produktion bin hin zum Vertrieb. Ziel ist die maximale Betriebseffizienz durch eine möglichst umfassende Automatisierung. Wer dazu zwar die Daten fließen lässt, aber in der Fertigung seine Schmiermedien und -techniken vernachlässigt, riskiert kostenintensive Produktionsstillstände. Ergo darf das Schmierungsmanagement auch in Zeiten von „Industrie 4.0“ nicht außer Acht gelassen werden. Wie sich moderne Schmierungsstrategien in die betrieblichen Praxis umsetzen lassen, soll im Folgenden erörtert werden. Ausgangssituation Wälzlager aller Art stellen quasi das „Herz“ unzähliger Produktionsanlagen dar. Fallen sie überraschend aus, kann dies den Stillstand der Fertigung zur Folge haben. Als Hauptursachen für vorzeitige Lagerdefekte kristallisieren sich - neben einem nicht ordnungsgemäßen Einbau der Lager bzw. Materialermüdung - immer wieder unsachgemäße Schmierung und verunreinigte Schmierstoffe heraus: Erfahrungsgemäß sorgen allein diese beiden Faktoren für rund die Hälfte aller verfrühten Lagerausfälle (Abb. 1). Daraus lässt sich ablesen, dass die richtige Art der Schmierung sowie die Wahl des richtigen Schmiermediums für einen möglichst reibungslosen Betrieb von entscheidender Bedeutung sind. Angesichts der maßgeblichen Rolle, die die Schmierstoffe in punkto „funktionstüchtige Fertigung“ spielen, gestalten sich ihre Beschaffungskosten vergleichsweise gering: Im Schnitt machen sie kaum drei Prozent der gesamten Wartungsbzw. Instandhaltungsaufwendungen aus. Betrachtet man jedoch das Volumen, das aus dem praxisüblichen Umgang mit Schmierstoffen bzw. aus ihrer Verwendung resultiert, ergibt sich ein ganz anderes Bild: Beispielsweise * Jens Beck ist nach STLE und ICML zertifizierter und gelisteter Schmierungsspezialist im Technology Business Management von SKF in Schweinfurt. Abb. 1: Erfahrungsgemäß sind rund 50 Prozent aller vorzeitigen Lagerausfälle auf unsachgemäße Schmierung und Verunreinigung zurückzuführen. 11 Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 Fachartikel-|-In Zeiten von Industrie 4.0 erst recht: Gute Schmierung will gelernt sein wird in vielen Betrieben etwa die Hälfte aller Komponenten manuell nachgeschmiert. Das verursacht einen beträchtlichen Arbeitsaufwand. Dieser steigt durch Schmierungsfehler noch weiter, weil beispielweise Überstunden zur Behebung von Maschinenstillständen gefahren werden müssen. Zusammen mit sonstigen Tätigkeiten rund um die Schmierung wächst der entsprechende Kostenblock oft auf rund 40 Prozent des gesamten Wartungs- und Instandhaltungsetats an (Abb. 2). Auch dadurch kann ein nachlässiges „Schmierungs-Handling“ die Unternehmen teuer zu stehen kommen. Dessen ungeachtet sind die meisten maschinellen Störungen nach wie vor auf verunreinigte, überalterte oder falsche Schmierstoffe zurückzuführen (Abb. 3). Überspitzt formuliert ließe sich somit konstatieren, dass sich die Schmiermedien und -techniken in vielen Betrieben offenbar noch in einem Zustand wie zu Zeiten der ersten industriellen Revolution befinden. Dabei gibt es mittlerweile genügend Möglichkeiten, um auch den Schmierungssektor für das „Industrie 4.0“-Zeitalter fit zu machen. Die beste Grundlage dafür bietet ein gut strukturierter Optimierungsprozess. Von der Schmierung zum Schmierungsmanagement Den ersten Schritt auf dem Weg zum Schmierungsmanagement stellt naturgemäß eine intensive Analyse des Ist-Zustandes dar (Abb. 4). Dazu gehört - neben einer „Experten-Visite“ vor Ort - insbesondere ein Gespräch mit dem Wartungsteam, das für die Schmierung verantwortlich ist. Im Rahmen dieses Gesprächs lässt sich anhand eines standardisierten Fragebogens u. a. das gegenwärtige „Reifestadium“ in Bezug auf Schmierungs-Planung, -Stellenwert, -Steuerung und -Ausführung ermitteln. Die gemessene Leistung kann zudem mit Hilfe eines Stufen-Abweichungsdiagramms am Branchen-Durchschnitt gespiegelt werden. Darüber hinaus liefert die Analyse auch Hinweise auf erste Optimierungspotenziale. Oberstes Gebot dabei: den richtigen Schmierstoff in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Stelle mit dem richtigen Schmierverfahren zu bringen (Abb. 5). Mit diesem Ziel vor Augen erfolgt in einem zweiten Schritt ein umfassendes Audit aller schmierungs- Abb. 3: Unterschiedliche Probleme mit dem Schmierstoff verursachen mit Abstand die häufigsten Störungen in Industriewerken. Abb. 2 Die Kosten für die Schmierstoffe machen lediglich ein bis drei Prozent der gesamten Wartungs- und Instandhaltungskosten aus. Wer diesen kleinen Bereich vernachlässigt, geht das Risiko unkalkulierbarer Extrakosten ein. Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 12 Fachartikel | In Zeiten von Industrie 4.0 erst recht: Gute Schmierung will gelernt sein relevanten Faktoren. Das entsprechende Spektrum umfasst Aspekte wie die Auswahl der Lieferanten, die Lagerung und Handhabung der Schmierstoffe, deren Auswahlprozess und anwendungsspezifische Nutzung, die Schmierstoffanalyse und -zustandsüberwachung, die Schulung der Mitarbeiter sowie die Erfassung ihrer Schmierungspraktiken, die Einhaltung von Umwelt- und Gesundheitsschutz-Vorschriften sowie Möglichkeiten zur Automatisierung von Schmierungsaufgaben. Auch hier werden die einzelnen Gegebenheiten vor Ort an ihren jeweiligen Idealzuständen gespiegelt. Erfahrungsgemäß ist dieser Vergleich deshalb so wichtig, weil sich viele Mitarbeiter im betrieblichen Alltag an gewisse Wälzlager-Lebenszyklen „gewöhnen“ und diese somit irgendwann für „normal“ halten. Oft stellt sich jedoch heraus, dass der häufige Austausch der Lager beispielsweise auf eine so banale Ursache wie die weit verbreitete Verwendung von ein und demselben Behälter für unterschiedliche Öle zurückzuführen ist (Abb. 6). Dadurch wird die Performance des Schmiermediums natürlich beeinträchtigt, sodass es seiner eigentlichen Aufgabe - also für eine maximale Gebrauchsdauer der Maschinenbauteile zu sorgen - gar nicht mehr gerecht werden kann. Dieses typische Beispiel aus der Praxis lässt bereits erahnen, dass die Standzeiten der Wälzlager durch ideale Schmierstoffe bzw. -techniken zum Teil drastisch verlängert werden können. Abb. 4: Mit Hilfe eines Fünf-Stufen-Programms lässt sich das Schmierungsmanagement in jedem Betrieb optimieren. Das Programm kann - gemäß Baukastenprinzip - individuell zusammengestellt werden. Abb. 5: Zur professionellen Schmierung von Wälzlagern in unterschiedlichsten Industrieanlagen bieten sich u. a. Zentralschmiersysteme an. Abb. 6: Eine Ölstation trägt dazu bei, die Qualität bzw. Reinheit und damit die Performance des Schmierstoffs zu erhalten, was letztlich der Gebrauchsdauer der Maschinenbauteile zugutekommt. Die globale Industrie voranbringen. Gemeinsam. Als Weltmarktführer industrieller Prozessflüssigkeiten arbeiten wir kontinuierlich an Verbesserungen und Innovationen, damit unsere Kunden in einer sich wandelnden Welt immer einen Schritt voraus sind. Wenn es aus Metall besteht, gewalzt, zerspant, umgeformt oder gegossen wird, ist Quaker Houghton da, um Prozesse zu optimieren, Kosten zu senken, Sicherheit und Nachhaltigkeit zu fördern ... und Fortschritt voranzutreiben. Wir nehmen die Herausforderungen unserer Kunden als unsere eigenen an und bringen die richtige Kombination aus Forschung, Technik und Geschäftssinn mit. Dadurch können unsere Kunden voller Zuversicht in die Zukunft blicken, in der Sicherheit, dass ihre Prozesse noch effizienter und noch effektiver laufen werden ... was auch immer als Nächstes kommt. Unsere Fluid-Lösungen sorgen für Spitzenleistung, senken Ihre Gesamtbetriebskosten und steigern die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. HOUGHTON Deutschland GmbH Giselherstraße 57 D-44319 Dortmund Telefon: 49-(0)800-7435562 quakerhoughton.com/ de ©2020 Quaker Houghton. All rights reserved. Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 14 Verbesserungen abstimmen, umsetzen und „tunen“ In einem dritten Schritt werden die eruierten Verbesserungspotenziale gemeinsam besprochen und konkrete Änderungsvorschläge erarbeitet. Dazu kann bspw. die Auswahl und Konsolidierung der Schmierstoffe gehören, der Entwurf von Schmierungsroutinen und / oder -Lagerräumen, die Umsetzung einer Farbcodierung, der Entwurf eines Ölanalysebzw. -verunreinigungskontrollprogramms, die Erstellung von Standardabläufen samt Schulungen, die Einführung von Zentralschmiersystemen oder Programmen zur bedienergestützten Zuverlässigkeit, usw. Im vierten Schritt können dann die (bspw. in budgetärer oder zeitlicher Hinsicht) priorisierten Maßnahmen in die Praxis umgesetzt werden. Wie die Erfahrung zeigt, ist es dabei von entscheidender Bedeutung, alle involvierten Mitarbeiter ins Boot zu holen - etwa, indem man ihnen nicht nur den Mehrwert des Audits für das Unternehmen, sondern ihren persönlichen Nutzen daraus vor Augen führt (bspw. weniger „schmutzige“ Arbeit, weniger Instandhaltungsaufwand, etc.). In einem fünften Schritt sollten schließlich einige Leistungskennzahlen erfasst werden, die einen Einblick in den Erfolg der bislang umgesetzten Maßnahmen vermitteln. Die entsprechenden Erkenntnisse können zugleich Ansatzpunkte für ein womöglich erforderliches „Feintuning“ der bisherigen Maßnahmen liefern. Darüber hinaus lässt sich auf Basis regelmäßiger Neubewertungen eine Art „Rangliste“ mit weiteren sinnvollen Maßnahmen erstellen. Das versetzt die Unternehmen in die Lage, die entdeckten Optimierungspotenziale nach und nach in die Praxis umzusetzen. Lohnende Investition Wenn die Wertschätzung für Schmierung steigt, profitieren die „professionell schmierenden“ Betriebe von zahlreichen Vorteilen (Abb. 7) - und zwar bei ver- Abb. 7: Ein professionelles Schmierungsmanagement bietet zahlreiche Vorteile und macht sich rasch in vielen Facetten positiv bemerkbar. Das SRV ® 5 steht für herausragende Ergebnispräzision. Basierend auf 25 internationalen Normen liefert es Ihnen fundiertes Wissen über Ihre Produkte, beispielsweise für: > Optimierung Ihrer Entwicklungsprodukte > Screenings für Prüfstands- und Praxistests > Qualitätssicherung > Condition monitoring Wir freuen uns auf Ihren Anruf! Optimol Instruments Prüftechnik GmbH www.optimol-instruments.de Dr. Ameneh Schneider ameneh.schneider@optimol-instruments.de Tel.: +49 89/ 4509 124 Optimol SRV® ist ein eingetragenes Warenzeichen der Optimol Instruments Prüftechnik GmbH SRV ® 5: Der weltweite Industriestandard für tribologische Untersuchungen an Schmierstoffen, Additiven und Beschichtungen opt2001_Anzeige Schmierstoff.indd 1 opt2001_Anzeige Schmierstoff.indd 1 16.01.20 10: 46 16.01.20 10: 46 15 Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 Fachartikel-|-In Zeiten von Industrie 4.0 erst recht: Gute Schmierung will gelernt sein gleichsweise geringen Anlaufkosten: Gemäß dem Tribology Action Handbook der britischen Ingenieursgesellschaft IMechE (ähnlich dem VDI) bietet die Investition in ein gutes Schmierungsprogramm eine Kapitalrendite von bis zu 400 Prozent. Hinzu kommt, dass sich mit einem solchen Programm auch künftige Leistungssteigerungen der Produktionsanlagen schmiertechnisch vorbereiten lassen - damit auch in Zeiten von „Industrie 4.0“ wirklich alles „wie geschmiert“ läuft (Abb. 8). Nähere Informationen zum Thema stehen u. a. hier zur Verfügung (Abb. 9): http: / / www.skf.com/ de/ services/ lubrication-services/ lubrication-management-services/ index.html »« Eingangsabbildung ©Olivier Le Moal-stock.adobe.com SKF strebt danach, unangefochtener Marktführer im Wälzlagergeschäft zu sein. Die Unternehmensgruppe bietet Lösungen rund um rotierende Anwendungen - einschließlich Wälzlagern, Dichtungen, Schmiersystemen sowie Zustandsüberwachungs- und Instandhaltungsservices. SKF ist in mehr als 130 Ländern präsent und kooperiert weltweit mit rund 17.000 Vertriebspartnern. Im Jahr 2018 erwirtschaftete die Unternehmensgruppe einen Umsatz in Höhe von ca. 8,1 Mrd. Euro und beschäftigte 44.428 Mitarbeiter. www.skf.com In Deutschland zählt SKF rund 6.600 Beschäftigte. Davon arbeiten ca. 4.100 in Schweinfurt, Hauptsitz der SKF GmbH und größter Produktionsstandort der Gruppe. www.skf.de ® SKF ist eine eingetragene Marke der SKF Gruppe. Abb. 8: Auch hoch automatisierte Öl-Umlaufschmiersysteme (inkl. Betriebsdatenerfassung / Filter / Heizung / Kühlung / Reinigung) können den Weg in Richtung „Industrie 4.0“ ebnen. Abb. 9: Direkter Draht zu mehr Informationen über die Schmierungsmanagement-Beratung von SKF. Zwei starke Marken aus dem Hause Finke Finke Mineralölwerk GmbH Rudolf-Diesel-Straße 1 • 27374 Visselhövede Tel. 0 42 62 - 7 98 • info@finke-oil.de • www.finke-oil.de AVIATICON AVIATICON Lebensmittelschmierstoffe - der Verantwortung bewusst Lubriplate ® Schmierstoffe - Made in Germany - - halten Technik in Bewegung