eJournals Schmierstoff + Schmierung 1/1

Schmierstoff + Schmierung
sus
2699-3244
expert verlag Tübingen
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2020
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Online- und On-Site-Ölzustandssensorik zur effizienten Anlagenüberwachung

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2020
Carsten Giebeler
Schmieröle und Fette werden teils in sehr komplexen und teuren Maschinen und Anlagen eingesetzt, bei deren unplanmäßigem Ausfall nicht nur enorme Reparaturkosten, sondern auch häufig indirekte Kosten wie Produktionsausfall und/oder Konventionalstrafen entstehen. Gasturbinen, Stromerzeuger, Schiffsmotoren und Windkraftanlagen sind typische Beispiele.
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Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 34 FacHartiKEl FacHartiKEl Online- und On-Site-Ölzustandssensorik zur effizienten Anlagenüberwachun g Carsten Giebeler Schmieröle und Fette werden teils in sehr komplexen und teuren Maschinen und Anlagen eingesetzt, bei deren unplanmäßigem Ausfall nicht nur enorme Reparaturkosten, sondern auch häufig indirekte Kosten wie Produktionsausfall und / oder Konventionalstrafen entstehen. Gasturbinen, Stromerzeuger, Schiffsmotoren und Windkraftanlagen sind typische Beispiele. Schmieröle unterliegen während des Betriebes dem sogenannten chemischen Verschleiß - verschiedenen Veränderungen auf molekularer Ebene, die das Schmiervermögen nach und nach herabsetzen. Im Kontakt mit heißen Teilen und bei Anwesenheit von Sauerstoff beginnt allmählich die Zersetzung durch Oxidation, Additive werden abgebaut, Fremdstoffe werden eingetragen und in Einzelfällen kann zum Beispiel durch kleinere Leckagen Kühlmittel aus dem Kühlsystem in das Öl gelangen. Deshalb sind Kontroll-Intervalle und regelmäßige Schmierölanalysen wichtig, um das Risiko eines Schadenfalles und dessen Auswirkungen zu minimieren. Bild 1: Schematische Schritte eines Kontrollbesuches zur Schmierstoffanalyse. Top: Status Quo, Mitte: At-line Oelanalyse, Unten: Real Time Oelanalyse 35 Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 Fachartikel-|-Online- und On-Site-Ölzustandssensorik zur effizienten Anlagenüberwachung Die Schritte einer Kontrolluntersuchung sind an einem typischen Beispiel in Bild 1 dargestellt. Dieser Prozess ist nicht nur mit erheblichen Personal- und Reisekosten verbunden, sondern auch ineffizient, da der Laborbericht oftmals erst nach 3-5 Tagen verfügbar ist und bei Auffälligkeiten einen weiteren Besuch vor Ort notwendig macht. Dieser Prozess kann, wie die aktuelle COVID19 Situation zeigt, zu erheblichen Problemen führen, da Reisetätigkeiten und Vor-Ort-Besuche oftmals ausgeschlossen oder sehr erschwert sind. Die miniaturisierten und robusten Ölanalysegeräte der Firma Spectrolytic ermöglichen enorme Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen. Ölanalysen können entweder direkt vor Ort (5 Minuten) oder Inline durchgeführt werden, wobei die Ergebnisse über verschiedenste Schnittstellen (Ethernet, LTE, Satellit) an eine Cloud/ Kontrollzentrum übermittelt werden können. Unsere Messgeräte basieren auf der etablierten Technologie der Mittelinfrarotspektroskopie (MIR). Damit kann der Ölzustand innerhalb von Sekunden bestimmt werden. Dieses Verfahren arbeitet nach dem Prinzip der Licht-Absorption in einem Medium, in diesem Fall Schmieröl. Das transmittierte infrarote Licht verfügt über ein charakteristisches Spektrum, aus welchem aussagekräftige Ölzustandsparameter, wie zum Beispiel die Oxidation, TAN, TBN oder die Additivkonzentration berechnet werden können. Solche Analysen sind bereits seit Jahren ein etabliertes Messverfahren in Laboranalysen. Spectrolytic hat diese Technologie aus dem Labor in robuste, miniaturisierte und dennoch sehr präzise Ölanalysegeräte überführt, die quasi wartungsfrei in Maschinen und Anlagen integriert werden können. Die Produktfamilie „IRSphinx“ basiert auf einem Mittelinfrarot-Spektrometer mit 128 Abtastpunkten, welches den Zustand der Schmierstoffe aus den Absorptionsspektren der Ölproben berechnet. Diese Systeme sind nicht probenspezifisch was bedeutet, dass verschiedenste Öle / Parameter mit demselben Gerät analysiert werden können. Die Konfiguration des Geräts geschieht mittels Kalibration in Software. Eine Beispielanwendung ist die Messung des Wassergehalts in Getriebeölen. Die Wasserkonzentration der Ölproben wurden parallel in einem Öllabor bestimmt und dazu die Absorptionsspektren der Proben mit dem Ölanalysegeräte vermessen (links) und der Wassergehalt aus den Spektren berechnet (rechts). Die berechneten Werte des Ölanalysegerätes zeigen eine exzellente Übereinstimmung mit den Laborresultaten, (R2 = 0.99). Applikationsspezifische Ölanalysegeräte sind genau auf die Anwendung und den Öltyp der jeweiligen Anwendung zugeschnitten und ermöglichen die Bestimmung von bis zu sechs verschieden Ölzustandsparametern. Diese Ölanalysegeräte basieren auf der MIRS8-Plattform und sind für Anwendungen mit höheren Stückzahlen ausgelegt bei gleichzeitig reduzierten Kosten im Vergleich zur IRSphinx-Baureihe. Die relevanten Schmierstoffparameter werden direkt auf dem Mikroprozessor der MIRS8 basierten Öl- Bild 2: IRSphinx- Produktfamilie ATR (links) und Transmission (rechts) Bild 3: Infrarotabsorptionspektren eines Getriebeöls, das mit Wasser (250ppm-5000ppm) verunreinigt war (Oben). Vergleich der Laborresultate mit den berechneten Resultaten aus den Infrarotspektren (Unten) Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 1/ 2020 36 Fachartikel | Online- und On-Site-Ölzustandssensorik zur effizienten Anlagenüberwachung analysesystemen berechnet und die Ergebnisse über CANOpen, J1939, RS232/ 485 oder Ethernet an ein übergelagertes Kontrollsystem übergeben. Das Arbeitsprinzip und die Berechnungsvorschrift der MIRS8 Plattform reflektiert für viele Schmierstoffparameter (Oxidation, Nitration etc.) die relevanten DIN- oder ASTM-Normen. Auch neuere Methoden, wie die von Ölcheck vorgeschlagenen „O-range“ Methode kann direkt im Sensor berechnet werden. Abbildung 5 zeigt unterschiedliche Sensorkonfigurationen zur Bestimmung der Oxidation basierend auf unterschiedlichen Standards. Die Kundenanforderungen zur Integration unserer Sensoren sind oftmals so vielfältig, dass weit über den eigentlichen Sensor hinweg Anpassungen notwendig sind. Neben der kundenspezifischen Anpassung der MIRS8 Sensoren selbst verfügen wir über weitreichende Integrations- und Fertigungs-Fähigkeiten. So werden zum Beispiel Sensorboxen, sogenannte „Fieldkits“ kundenspezifisch gefertigt, welche unter anderem folgende Anforderungen abdecken können: > ATEX Umgebungen > Spezielle Schutzvorrichtung für autonome Sensoreinsätze in entlegenen/ schwer zugänglichen Bereichen mit erhöhten Sicherheitsanforderungen. > Unterschiedlichste Maschineninterfaces und Übertragungsoptionen (CAN, RS232, USB, Ethernet, LTE, Satellite, M2M, Cloudanbindungen, Smartphone-Apps, etc.) > Automatisierte Probennahme und Reinigung > Integration weiterführender Sensoriken, zum Beispiel Partikelzähler, XRF, et cetera. > … Spectrolytics Kompetenzen ermöglichen es schnell und effizient auf Kundenanforderungen sowohl Hardwarewie auch Softwareseitig zu reagieren und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Dabei produzieren wir in einer ISO 9001: 2015 zertifizierten Produktionsumgebung in Deutschland und betreuen Projekte weltweit von unseren Standorten in Edinburgh, Schottland und Wackersdorf, Deutschland. »« Bild 5: Bestimmung der Oxidation mittels MIRS8 Sensoren welche für unterschiedliche Standards ausgelegt wurden Bild 4: MIRS8 Plattform für die Ölanalyse in Echtzeit Carsten Giebeler Carsten Giebeler ist promovierter Physiker und hat sich in den letzten 20 Jahren mit der Entwicklung von Dünnfilmsensorik für unterschiedlichste Anwendungen beschäftigt. Im Jahre 2008 gründete er eine Firma zur Herstellung von pyroelektrischen Dünnfilmsensoren, die in Gassensoren, Bewegunsgmeldern und auch zur Ölanalyse eingesetzt werden können. Seit 2016 leitet er, zusammen mit Dr. Benjamin Wiesent, die Geschicke der Firma Spectrolytic. Eingangsabbildung ©Spectrolytic