eJournals Schmierstoff + Schmierung 1/3

Schmierstoff + Schmierung
sus
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expert verlag Tübingen
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Nachgefragt

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Auf dem Technischen Datenblatt eines Gleitbahnöls habe ich gelesen, dass das Öl spezielle Zusätze zur Vermeidung von „Stick-slip“ enthält. Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Stick-Slip“ und was bewirken diese Additive?
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FAQS Nachgefragt Auf dem Technischen Datenblatt eines Gleitbahnöls habe ich gelesen, dass das Öl spezielle Zusätze zur Vermeidung von „Stick-slip“ enthält. Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Stick-Slip“ und was bewirken diese Additive? Gleitet ein Teil auf dem anderen, kommt es bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten nicht selten zu einer ungleichförmigen Bewegung, die mit Geräuschen verbunden sein kann. Dieses „Ruckgleiten“, im Englischen „Stick-Slip“ genannte Phänomen begegnet uns im Alltag öfter als viele vermuten. Ob nun in Form einer knarrenden Tür, als knarzendes Armaturenbrett im Auto, oder als quietschendes Stück Kreide beim Schreiben an der Tafel - eins haben sie gemeinsam: Eine hohe Reibung beim Haften („Stick“ = Haften) steht einer deutlich niedrigeren Reibung bei Bewegung („Slip“ = Gleiten) gegenüber. Das folgende Bild soll helfen, das Phänomen zu erläutern: Bild 1: Prinzip-Skizze zum Ruckgleiten (Stick-Slip) Die hohe Haftreibung wird spürbar, wenn versucht wird, das im Stillstand befindliche Teil durch Ziehen an der Feder in Bewegung zu versetzen. Zunächst bewegt sich das Teil nicht, lediglich die Feder wird gespannt. Überwindet die in der Feder gespeicherte Energie den Widerstand der Haftreibung, setzt sich das Teil in Bewegung („Slip“ = Gleiten). Ist die Geschwindigkeit der Bewegung niedrig genug, kommt es anschließend wieder zu einem Stillstand, da die nun entspannte Feder nicht mehr zum Antrieb beiträgt. Die wiederum einsetzende Haftreibung widersetzt sich erneut der Bewegung, die Feder wird wieder gespannt, bis die nächste Phase der Bewegung einsetzt und sofort. Auf der Gleitbahn einer Werkzeugmaschine bewegt sich der das Werkstück (oder verfahrensabhängig das Werkzeug) tragende Schlitten während der Bearbeitung mit relativ niedriger Vorschubgeschwindigkeit. Bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten besteht die Gefahr des Ruckgleitens, verbunden beispielsweise mit Geräuschen oder „Rattermarken“ auf den Werkstückoberflächen. www.dls-schmiersysteme.de 29 Schmierstoff + Schmierung · 1. Jahrgang · 3/ 2020 FAQs-|-Nachgefragt Ähnliches passiert, wenn der Schlitten zum Anfahren einer bestimmten Position sich zunächst, weil unproduktiv nicht im Span stehend, mit hoher Geschwindigkeit bewegt und anschließend bis zum Stillstand abgebremst werden muss. Bei präzisen Positioniervorgängen muss der Schlitten die letzten Millimeter mit sehr niedriger Geschwindigkeit bewegt werden: Sozusagen ideale Voraussetzungen für Stick-Slip, was das genaue Positionieren jedoch erschwert. Haupteinflussfaktor ist die Höhe der Haftreibung. Diese ist hauptsächlich abhängig von der Werkstoffpaarung (oder Beschichtung), der Beanspruchung, der Oberflächengüte und der Dauer des Stillstandes. Neben den genannten Einflussfaktoren lässt sich Stick-Slip auch durch den Einsatz von Wälzführungen vermeiden, was jedoch aufgrund anderer Nachteile nicht in jedem Fall sinnvoll ist. Die Schmierung bietet zwei prinzipielle Möglichkeiten, die Haftreibung zu minimieren oder praktisch zu vermeiden und damit das Auftreten von Stick-Slip wirkungsvoll zu bekämpfen. Allein die Anhebung der Viskosität des Schmieröls ist in der Regel nicht ausreichend. Auf der einen Seite kann durch den Einsatz von reibwertverändernden Additiven (Friction modifier) die Haftreibung stark herabgesetzt werden. Die Angaben auf dem angeführten Technischen Datenblatt des Gleitbahnöls weisen auf diesen Fall hin. Die zweite Möglichkeit ist eine hydrostatische Schmierung, bei der schon während des Stillstands ein Schmieröl in den Schmierspalt gefördert wird und durch den entstehenden hydrostatischen Druck der Gleitpartner völlig von dem Gegenkörper getrennt wird, bevor die Bewegung eingeleitet wird. Auch hoch beanspruchte Kolbenstangen von Hydraulikzylindern können von Stick-Slip betroffen sein. Einfachste Einflussmöglichkeit bietet hier in der Regel die Additivierung des eingesetzten Hydraulikfluids. Selbst Räder von Schienenfahrzeugen können bei Kurvenfahrt durch Stick-Slip lautstark auf sich aufmerksam machen. Hier wird in der Regel die an der Schiene reibende seitliche Flanke des Rades geschmiert, z. B. ausgelöst durch einen Impuls kurz vor der Kurvenfahrt. Übrigens kann Stick-Slip auch sehr angenehme Folgen haben. Das Gleiten des Bogens über die Saite(n) einer Geige erzeugt deren Schwingungen, die je nach Können des Geigers Liebhaber der klassischen Musik in wahre Verzückung versetzen können. »« Eingangsabbildung © RS-Studios - stock.adobe.com Die PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL ist eine der führenden Fachpublikationen im Projektmanagement im deutschsprachigen Raum. Organ der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. unter Mitwirkung der Schweizerischen Gesellschaft für Projektmanagement (spm) und Projekt Management Austria (pma) Das Themenspektrum der Zeitschrift reicht von wissenschaftlichen Fachbeiträgen zu Methoden und Techniken des Projektmanagements bis hin zu Praxis- und Erfahrungsberichten aus dem Projektalltag! www.projektmanagement.digital