eJournals Schmierstoff + Schmierung 2/1

Schmierstoff + Schmierung
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Nachgefragt Luft im Öl

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Ein Kollege hat mir erzählt, dass in meinem Hydrauliköl Luft enthalten ist. Wie kommt die Luft eigentlich in das Öl hinein und hat das irgendeine Bedeutung für unsere Hydraulikanlage?
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Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 1/ 2021 28 FAQS Nachgefragt Luft im Öl Ein Kollege hat mir erzählt, dass in meinem Hydrauliköl Luft enthalten ist. Wie kommt die Luft eigentlich in das Öl hinein und hat das irgendeine Bedeutung für unsere Hydraulikanlage? Dass Flüssigkeiten Gase aus ihrer Umgebung aufnehmen, ist normal. Nach dem Daltonschen Gesetz kann ein übliches Mineralöl bei normalem Umgebungsdruck bis zu 9 % Luft aufnehmen. Der Bunsen-Koeffizient beschreibt, wie hoch die Aufnahmefähigkeit der Flüssigkeit für bestimmte Gase ist. Frei oder gelöst - das ist hier die Frage Nicht zu verwechseln ist dieser Anteil der gelösten Luft mit Luftblasen, die während des Betriebes in das Öl eingetragen werden, beispielsweise durch das Eintauchen von Maschinenelementen. Im Idealfall ist die Verweilzeit des aus dem System zurückkehrenden Öls im Vorratsbehälter bis zum erneuten Ansaugen durch die Hydraulikpumpe lang genug, um die in Form von Luftblasen vorliegenden, ungelösten Luftanteile wieder abzuscheiden. Die im Öl gelöste Luft hingegen ist vollständig in die Molekülstruktur des Öls integriert. Sie liegt nicht in Form von Luftblasen vor und kann deshalb im Behälter nicht wieder abgeschieden werden. Gelöste Luftanteile stellen für das Hydrauliksystem eigentlich keine Herausforderung dar. Jetzt kommt das „Aber“: Die Gas-Aufnahmefähigkeit der Flüssigkeit ist in erheblichem Maße vom Druck abhängig: > Ein Druckanstieg erhöht die Gas-Aufnahmefähigkeit > Ein Druckabfall senkt die Gas-Aufnahmefähigkeit. Was Autofahrer und Hydrauliker gemeinsam haben Die Hydraulikpumpe erzeugt keinen Druck, sondern einen Volumenstrom. Der Druck ergibt sich aus dem Widerstand, der diesem Förderstrom entgegenwirkt. Das können zu bewegende Lasten sein, den Ölstrom steuernde Ventile oder, einfach gesagt, starke Veränderungen des Leitungsquerschnitts. Deshalb kann der Druck, dem das Hydraulikfluid ausgesetzt ist, an verschiedenen Orten und bei unterschiedlichen Betriebszuständen stark differieren. Ein kleines Gedanken-Experiment soll das verdeutlichen (Bild 1). Der Einfachheit halber soll dieses Experiment in den Alltag eines Autofahrers übertragen werden. Der Volumenstrom des Öls, d. h., wie viele Liter die Leitung an einem bestimmten Punkt pro Minute passieren, wird auf die Anzahl der Fahrzeuge übertragen, die die 3-spurige Autobahn pro Zeiteinheit passieren. Alle drei Spuren sind belegt, doch es geht zügig voran. Dann kommt eine Baustelle, nur eine Fahrspur ist befahrbar: Ein Stau entsteht, weil nur sehr wenige Fahrzeuge pro Minute die enge Stelle passieren kön- Bild 1: Leitungsquerschnitt, Volumenstrom und Druck (vereinfacht, OilDoc) 29 Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 1/ 2021 nen. Auf das Öl übertragen, sinkt der Volumenstrom deutlich, dafür steigt der Druck an. Nach der engen Stelle haben alle wieder freie Fahrt, der Stau löst sich auf. Für das Öl bedeutet das: Der Volumenstrom nimmt deutlich zu, der Druck fällt. Der Druckabfall führt zum Freiwerden der im Öl gelösten Luft. Das Öl, vor der Staustelle noch völlig frei von ungelöster Luft, ist nun voller kleiner Luftbläschen. Gelöst oder ungelöst: Wo ist das Problem? Sollen diese Luftanteile doch fröhlich in Druckabhängigkeit gelöst oder ungelöst bleiben, je nach Druck eben mehr oder weniger. Ist doch kein Problem, oder? Weit gefehlt: 1. Luftbzw. Gasblasen sind komprimierbar, Flüssigkeiten nicht. 2. Die Geschwindigkeit, mit der die bei einem Druckabfall freiwerdenden Gasanteile zu Blasen werden, ist sehr hoch. 3. Das Wieder-Hineinlösen der Blasen in die Flüssigkeit bei ansteigendem Druck braucht dagegen deutlich mehr Zeit! 4. Werden die Gasblasen schnell, d. h. adiabatisch verdichtet, steigt die Gastemperatur rasant an. Daraus resultieren hauptsächlich folgende Probleme: > Freie Luftbzw. Gasanteile führen zu einer erhöhten Kompressibilität der Druckflüssigkeit und einer beeinträchtigten Steuerbarkeit des Systems. > In Pumpen reduzieren freie Luftanteile deren Förderleistung. > Eine erhöhte Anzahl freier Luftblasen im Öl beschleunigt die Öloxidation. Ganz besonders, wenn die Blasen auch noch verdichtet und damit heißer werden. > Bei ausreichender Blasengröße und hoher Druckanstiegs-Geschwindigkeit erhitzen sich die Luftblasen bis zur Selbstzündung. Dieser „Dieseleffekt“ („Microdieseling“) kann das Öl in kurzer Zeit unbrauchbar machen. Oft fällt dem Betreiber eine ungewöhnliche Graubzw. Schwarzfärbung des Öls auf, verbunden mit einem verbrannten Geruch. > Durch Gaskavitation, eine Form von Erosionsverschleiß durch implodierende Gasblasen, können Bauteile beschädigt werden. (Wasseranteile im Öl können durch Dampf blasenbildung ähnlich wirken.) Nachstehende Tabelle stellt die Sachlage zusammenfassend dar / 1/ : Eine Frage der Auslegung Ein gewisser Anteil gelöster Luft im Öl lässt sich demzufolge nicht vermeiden. Selbst ein Evakuieren des Öls mittels einer Vakuumpumpe hätte nur temporär Erfolg: Hat das Öl wieder Kontakt zur Umgebungsluft, nimmt es wiederum Luft auf. Hydraulik- Konstrukteure wissen deshalb, wie Hydrauliksysteme auszulegen sind, um die negativen Auswirkungen zu vermeiden. Dieses Wechselspiel zwischen Volumenstrom und Druck wird umso intensiver, je dynamischer die Hydraulikanlage betrieben wird. Zu den Querschnittsänderungen gesellen sich stark wechselnde Lasten, kurz aufeinanderfolgende Richtungswechsel etc. Immer kürzere Taktzeiten, damit verbundene Steuerzyklen, kleinere Ölfüllungen, höhere Systemdrücke etc. verstärken die Effekte erheblich. Hydaulik-Konstrukteure stoßen dann zunehmend an die Grenzen des Machbaren. Das Öl als Konstruktionselement Basisöltyp, Viskosität und Additivierung haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie schnell ein Öl die in Blasenform eingeschleppte Luft wieder abgibt. Diese Kenngröße des Öls wird als Luftabscheidevermögen in standardisierten Prüfverfahren bestimmt und von den Anlagenherstellern bei der Auslegung von Hydrauliköl-Systemen berücksichtigt. Dabei können sie beispielsweise die in Hydrauliköl-Anforderungsnormen (z. B. DIN 51524) definierten Mindest- Steigern Sie Ihre Prozesssicherheit Prozesssicherheit Prozesssicherheit • Die skalierbare Lösung im Fluidmanagement • Vom innovativen digitalen Emulsionsmischer bis zum vollautomatischen Messsystem • Modular erweiterbar bis zur Vollautomatisierung • Automatisierung der manuellen Arbeitsschritte • Erhebliche Kostenreduktion im Fluidmanagement • Visualisierung der Verbrauchswerte im Analyseportal • Prozesssicherheit erhöhen und Betriebskosten senken • Werkzeugu. 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Starke Ölalterung, Vermischung unterschiedlicher Hydrauliköltypen oder ein hoher Grad an Verunreinigungen sind hingegen oft die Ursache für ein schlechtes Luftabscheidevermögen, eine erhöhte Schaumbildung und daraus resultierende Systemstörungen. Spätestens dann wird dem Betreiber klar, dass das Öl eben kein Hilfsstoff ist, sondern Konstruktionselement. Literaturhinweise: / 1/ Krethe, Rüdiger: Handbuch Ölanalysen. expert-Verlag, 2020, ISBN 978-3816934998 / 2/ Leichnitz, Julia: Verschäumtes Hydrauliköl - Verfahren zur Messung des Ölverhaltens. Shaker-Verlag, 2007, ISBN 978-3-8322-6779-7 / 3/ HAWE-Hydraulik, Fluidlexikon (online, Zugriff 11.02. 2021) https: / / www.hawe.com/ de-de/ fluidlexikon/ luftim-oel/ »« Eingangsabbildung © Warakorn - stock.adobe.com Finke Mineralölwerk GmbH Rudolf-Diesel-Straße 1 • 27374 Visselhövede Tel. 0 42 62 - 7 98 • info@finke-oil.de • www.finke-oil.de Lebensmittelschmierstoffe - der Verantwortung bewusst Lubriplate ® Anzeige