Schmierstoff + Schmierung
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expert verlag Tübingen
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Energieeffizienz - Verbesserung der Energieeffizienz von Elektromotoren
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Stefan Daegling
Angesichts der Herausforderung eines sich verändernden Klimas, hat sich die Schmierstoffindustrie als erstes auf die energetische Verbesserung des Transport-Sektors konzentriert. Allerdings gibt es viele andere Bereiche der Industrie, die von energetischen Verbesserungen profitieren könnten. Auch die deutsche Regierung, wie viele andere Regierungen in Europa und weltweit, hat sich Reduktionsziele für das klimarelevante Kohlendioxydgas und den Energieverbrauch gesetzt. Aus dieser Motivation heraus sollten alle Bereiche der industriellen Fertigung auf energetische Verbesserungen untersucht werden. Wir wollen uns hier exemplarisch mit der Effizienz im Bereich der Elektromotoren in industriellen Anwendungen beschäftigen.
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Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 3/ 2021 6 FacHartiKEl FacHartiKEl Energieeffizienz - Verbesserung der Energieeffizienz von Elektromotoren Dipl.-Ing. Stefan Daegling, Shell Global Solutions (Deutschland) GmbH Angesichts der Herausforderung eines sich verändernden Klimas, hat sich die Schmierstoffindustrie als erstes auf die energetische Verbesserung des Transport-Sektors konzentriert. Allerdings gibt es viele andere Bereiche der Industrie, die von energetischen Verbesserungen profitieren könnten. Auch die deutsche Regierung, wie viele andere Regierungen in Europa und weltweit, hat sich Reduktionsziele für das klimarelevante Kohlendioxydgas und den Energieverbrauch gesetzt. Aus dieser Motivation heraus sollten alle Bereiche der industriellen Fertigung auf energetische Verbesserungen untersucht werden. Wir wollen uns hier exemplarisch mit der Effizienz im Bereich der Elektromotoren in industriellen Anwendungen beschäftigen. Energieverbrauch von Elektromotoren Wo immer Sie sich in Gebäuden befinden, ist möglicherweise ein Elektromotor sehr nah. Es könnte ein kleiner Motor sein, z. B. eine Pumpe für ein Heizungssystem oder ein größerer Motor, der eine Rolltreppe oder einen Lift antreibt. Es könnten aber auch noch größere Elektromotoren sein, die millionenfach in allen industriellen Bereichen weltweit eingesetzt werden (Abb. 1). Es wird geschätzt, dass in allen industriellen Bereichen zusammen 50 % des Energieverbrauchs auf den Gebrauch von elektrischen Motoren zurückzuführen sind. Somit wird deutlich, welches Potenzial an Energieeinsparung bei der Effizienzsteigerung Abb. 1: Industrie-Elektromotor [1] 7 Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 3/ 2021 dieser Motoren erschlossen werden kann. Es wird geschätzt, dass etwa 30 % dieses Energieverbrauchs neutral eingespart werden können, wenn geringe Investitionen zur Verbesserung eingesetzt werden, die durch einen geringeren Energieverbrauch amortisiert werden könnten. In Deutschland allein könnte ein signifikanter Anteil an Energie und an CO 2 eingespart werden, wenn man auf eine simple Veränderung bei der Schmierung von Elektromotoren einwirken würde. Die Effizienz von Elektromotoren wird definiert durch den Verbrauch von elektrischer Energie und durch die gewonnene mechanische Leistung, die abgeführt wird (Abb. 2). Es gibt viele Bereiche, die für den Energieverlust eines elektrischen Motors verantwortlich sind, z. B. Stator-, Rotor-, Magnetische Verluste, Verluste durch Ventilatoren zur Kühlung und Verluste durch Reibung. Wir wollen uns hier speziell auf die Reibungsverluste konzentrieren. Abb. 2: Effizienz - Energieverlust eines Elektromotors [2] Fast alle Elektromotoren verfügen über Wälzlager. Die meisten dieser Wälzlager werden durch Schmierfette geschmiert. Das mechanische Bauteil des Wälzlagers verfügt über Kontaktflächen, in denen Reibung entsteht. Diese Kontaktflächen werden durch das Schmierfett beeinflusst. Die Höhe der Reibungsverluste werden maßgeblich durch die Anwendungsbedingungen, sowie durch das Schmierfett selbst bestimmt. Wenn wir nun verstehen, wie der Reibungsverlust von dem Wälzlager durch das Fett beeinflusst wird, können wir den Reibungsverlusten entgegenwirken und somit die Energieeffizienz des Motors steigern. Selbst kleine Verbesserungen können bei der riesigen Anzahl von elektrischen Motoren in der Industrie einen signifikanten Beitrag für den Energieverbrauch leisten. Wir sollten uns jetzt einmal die Gesamtkosten über das Jahr eines elektrischen Motors in Abhängigkeit von der Laufzeit anschauen. Folgende Kosten sind hier zu nennen: Investitionskosten, Wartungskosten und Energieverbrauch. Exemplarisch wollen wir dazu einen typischen Industriemotor 11 kW (Abb. 3) betrachten. So liegen bei diesem Motortyp die Investitionskosten zwischen 3,8 bis 1,3 %, die Wartungskosten fallen mit 1 % Prozent ins Gewicht und je nach Laufzeit fallen Energiekosten zwischen 95 % und 97 % an. Hier wird deutlich, dass je nach Betriebszeit der Elektromotoren die Energiekosten umso größer ausfallen. Wir sollten diesen Aspekt bei den weiteren Betrachtungen im Hinterkopf behalten. Abb. 3: Lebenszykluskosten eines 11 kW-Motors [3] Anzeige Lubricants for your success Zeller+Gmelin GmbH & Co. KG Schlossstraße 20 · 73054 Eislingen/ Fils · Germany info@zeller-gmelin.de · www.zeller-gmelin.de EXPERTLY DONE. + Wassermischbare und nicht-wassermischbare Kühlschmierstoffe + Schmierstoffe für die Umformung + Industrieöle + Hochleistungsindustriefette + Korrosionsschutzmittel Entwurf.indd 1 08.06.20 11: 20 Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 3/ 2021 8 Fachartikel | Energieeffizienz - Verbesserung der Energieeffizienz von Elektromotoren Natürlich ist die Industrie nicht stehengeblieben und hat die Elektromotoren über die Jahre stetig verbessert. Dazu haben auch die EU-Richtlinien beigetragen, die eine immer schärfere Energieeffizienz vorschreiben (Abb. 4). Ein heutiger Elektromotor (110 kw) mit der Effizienzklasse IE 4 sollte einen phänomenalen Effizienzwert von 97 % erzielen. Kleinere Motoren haben eine geringere Effizienz, weil ihre Verluste größer ausfallen. Aus diesem Grund ist die Effizienzverbesserung bei kleineren Elektromotoren größer als bei großen Elektromotoren. Man sollte allerdings nicht außer Acht lassen, dass ein kleiner Prozentsatz Effizienz- Verbesserung bei größeren Motoren multipliziert werden muss mit einem viel höheren Energieverbrauch. Damit könnte auch bei größeren Motoren ungleich mehr Energie eingespart werden. Somit macht es Sinn alle Elektromotoren zu betrachten, um die maximale Energiereduktion herauszuholen. Kommen wir nun wieder auf unsere Betrachtung der Effizienz-Verbesserung durch die Reduzierung von Reibung zurück. Wie können wir entscheiden, welcher Schmierstoff bessere oder schlechtere Eigenschaft hat? Bewährte Standard-Schmierstoffteste aus der Industrie, wie z. B. der Wälzlager-Drehmoment- Test oder die scheinbare Viskositätsmessung bei Schmierfetten, können nur einen unzureichenden Beitrag dazu leisten, die Effizienz zu beurteilen, da sie nur ein Aspekt des Schmierstoffes untersuchen. Die Effizienz im Wälzlager ist aber von vielen Variablen abhängig. Deshalb bietet sich ein Test an, der im Wälzlager durchgeführt wird und alle komplexen Schmierungszustände abbildet. Hierbei stellt sich die Frage der Genauigkeit und der Präzision dieser Messung, um möglichst kleine Unterschiede anzeigen zu können. Ein neuer Wälzlager-Effizienz-Test In Zusammenarbeit mit der Universität Magdeburg haben wir einen neuen sensitiven Wälzlagertest entwickelt, der auch kleine Reibwertunterschiede im gesamten Drehzahlbereich aufzeigen kann (Abb. 5). In der Theorie haben sich Wissenschaftler schon lange an Simulationsmodellen versucht, diesen Schmierungszustand zu beschreiben. So gehen alle Simulationsmodelle davon aus, dass mit steigender Drehzahl auch das Drehmoment linear ansteigt (Abb. 6). Dabei scheint der Schmierstoff keinen Einfluss zu nehmen. Bei der Betrachtung der real gewonnen Messungen von dem neuen Prüfstand stellen wir fest, dass der lineare Drehmomentanstieg nur in einem kleinen Drehzahlbereich annähernd vergleichbar ist. Wir konnten bei Messungen mit dem neuen Prüfstand aufzeigen, dass bei einem bestimmtem Dreh- Abb. 4: EU-Energie Effizienzklassen [2] Abb. 5: Prüfstand der Universität Magdeburg in Shell STCHa 9 Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 3/ 2021 zahlgrenzwert, der abhängig vom Schmierstoff ist, die Linearität in eine viel stärkere Steigung übergeht (Abb. 7). Dieser spezielle Anstieg wurde bei den gegenwärtigen Simulationsmodellen nicht vorhergesagt. Vor allem ist bei dieser Betrachtung bemerkenswert, dass sich bei Schmierstoffen mit gleicher Viskositätslage, gleichem Verdicker und vergleichbarem Verdickeranteil, große Unterschiede auftun. Diese Erkenntnis regt zum Nachdenken an. Was bedeutet diese Erkenntnis für die industriellen Elektromotoren? Wie vergleichbar ist dieser neue Test zu einem Elektromotor? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir in einem weiteren Universitätsprojekt mit der Universität Gent eigene Messung an Elektromotoren durchgeführt (Abb. 8). Abb. 8: Wälzlager in einem Elektromotor mit Schmierfettfüllung [4] Hierbei haben wir die Messungen von Schmierstoffen auf unserem neuen Prüfstand mit Langzeitmessungen an Elektromotoren mit den gleichen Schmierstoffen durchgeführt. Es zeigte sich, dass die besten Schmierstoffe zu den schlechtesten Schmierstoffen einen > 40 % Unterschied in der Effizienz aufwiesen (Abb. 9). Abb. 9: Langzeit Energieverbrauchsmessung von großen Elektromotoren [4] In Abb. 9 sind die Graphen des schlechtesten Schmierstoffes (rote Kurve) und des besten Schmierstoffes Abb. 6: Typische Resultate von theoretischen Simulationsmodellen [3] Abb. 7: Drehmoment bei unterschiedlichen Drehzahlen mit diversen Schmierfetten [3] DER ZUKUNFT VERPFLICHTET bantleon.de Hermann Bantleon GmbH . 89077 Ulm . Tel. 0731. 39 90-0 . info@bantleon.de Werte schaffen - Werte leben Innovative und langlebige Technologien Mitwirken im sozialen Umfeld WIR ÜBERNEHMEN VERANTWORTUNG! Wissen vermitteln und Dialog fördern Artenvielfalt und Biodiversität erhalten Nachhaltige Initiativen und Standards entwickeln Vielseitig im Klimaschutz Anzeige Schmierstoff + Schmierung · 2. Jahrgang · 3/ 2021 10 Fachartikel | Energieeffizienz - Verbesserung der Energieeffizienz von Elektromotoren (grüne Kurve) mit einem dritten Schmierstoff einer mittleren Effizienz (blaue Kurve) dargestellt. Alle Schmierfette in dem Diagramm basieren auf einem Lithiumkomplexfett der NLGI Klasse 2 mit einer ISO VG Viskositätsklasse 100 auf Mineralöl Basis. Basierend auf den bisherigen Erkenntnissen hätten alle 3 Schmierstoffe eigentlich in der Effizienzbeurteilung als gleichwertig bewertet werden sollen. Fazit Der Shell/ Magdeburg Testprüfstand konnte aufzeigen, dass Schmierstoffe die Energieeffizienz von Elektromotoren signifikant verbessern können. Darüber hinaus stellt der Testprüfstand ein wichtiges Tool da, um Schmierstoffe noch effizienter zu entwickeln und auszulegen. Im Bereich der Elektromotoren kann ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um die Effizienz dieser Motoren und deren Energiebedarf zu reduzieren. Damit besteht die Möglichkeit durch geringe Investitionskosten in verbesserte Schmierstoffe einen signifikanten Beitrag zur Energieeffizienz zu erreichen. Bei der schieren Menge an Elektromotoren in der deutschen Industrie könnten große Mengen an Energie eingespart werden. Auch weiteres Optimierungspotenzial besteht in der Auslegung und Adaption von Schmierstoffen an die jeweiligen Anwendungsbedingungen des Elektromotors - hierbei könnten noch weitere Energieeinsparungen realisiert werden. Über all diese Möglichkeiten sollten Anwender die Möglichkeit nutzen ihre Energiebilanz zu verbessern. Quellen [1] © Evija - stock.adobe.com [2] © Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), aus: „Ratgeber. Elektrische Motoren in Industrie und Gewerbe: Energieeffizienz und Ökodesign-Richtlinie“. [3] Universität Magdeburg, Energie-Effizienz-Projekt, Internal report on work with Shell. [4] Universität Ghent, Study on the influence of Lubricants on bearing efficiency, Internal report on work with Shell. »« Eingangsabbildung © hramovnick - stock.adobe.com Max L. J. Wolf Projektarbeit bei kleineren und mittleren Vorhaben Orientierung schaffen für die Praxis mit dem Projektmanagement-Kompass! expertverlag.de Anzeige
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