Schmierstoff + Schmierung
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expert verlag Tübingen
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Extrem dünn - und in der Praxis fit? Die Automotorenöle der Generation OW-X
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Christoph Rohbogner
Motoröle für Pkw, beinahe so dünnflüssig wie Dieselkraftstoff! Vor wenigen Jahren noch unvorstellbar, hat sie heute nahezu jeder Schmierstoffhersteller im Programm.
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19 Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 FacHartiKEl Extrem dünn - und in der Praxis fit? Die Automotoröle der Generation 0W-X Dr. Christoph Rohbogner, OELCHECK GmbH Motoröle für Pkw, beinahe so dünnflüssig wie Dieselkraftstoff! Vor wenigen Jahren noch unvorstellbar, hat sie heute nahezu jeder Schmierstoffhersteller im Programm. Motoröle der SAE-Klassen 0W-16, 0W-12 oder 0W-8 liegen voll im Trend. Nur mit ihrer Hilfe können viele der modernen Verbrennungsmotoren und hybridisierten Antriebskonzepte die immer strikteren Abgasvorschriften einhalten. Die niedrigviskosen Öle sorgen für eine reduzierte innere Reibung in den Motoren, steigern deren Effizienz, reduzieren den Kraftstoffverbrauch und damit den Ausstoß von CO 2 . Allerdings müssen sie die Motoren auch auf Dauer zuverlässig schmieren und vor Verschleiß schützen. Bei der Vielzahl der zu bewältigenden Aufgaben sind jedoch Zielkonflikte unvermeidbar. OELCHECK weiß, worauf es dabei ankommt und beleuchtet die kritischen Parameter. Der Straßenverkehr ist für etwa 25 % der gesamten CO 2 -Emissionen in Europa verantwortlich. Um die ambitionierten Ziele zur CO 2 -Reduktion im Verkehrssektor in die Realität umzusetzen, sollen ab 2035 in Europa nurmehr Pkw mit Elektroantrieb vom Band rollen. Doch dies allein reicht nicht aus. Die Effizienz der Motoren der neuesten Verbrennergeneration muss, auch im Hinblick auf deren Einsatz in Hybridfahrzeugen, weiter erhöht werden. Für Fahrzeuge (klassische Verbrenner und Hybrid) gilt gemäß der Abgasvorschrift der EU seit 2021 eine Grenze von maximal 95 Gramm Kohlendioxid (CO 2 ) pro Kilometer. Darüber hinaus sind die Hersteller intensiv bemüht, die Gesamteffizienz ihrer Fahrzeuge zu steigern. Bei Verbrennungsmotoren spielt dabei die innermotorische Reibung die entscheidende Rolle. Immerhin können im Teilleistbetrieb bis zu 25 % der im Kraftstoff enthaltenen Energie durch Verluste über Dr. Christoph Rohbogner, OELCHECK GmbH Dr. Christoph Rohbogner ist Leiter Tribologie im Bereich Technik, Service und Vertrieb bei OEL- CHECK, dem führenden Labor für Schmierfettanalysen in Deutschland. Er ist promovierter Chemiker und verfügt über langjährige Erfahrung als Betriebsstoffspezialist bei unterschiedlichen OEMs im Bereich Automotive und Maschinenbau. Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 20 Fachartikel | Extrem dünn - und in der Praxis fit? Die Automotoröle der Generation 0W-X die innere Reibung im Motor nicht in Bewegungsenergie umgesetzt werden. Um diese Verluste zu minimieren, werden bei der Entwicklung der Motoren nicht nur die Werkstoffe, Belastungen und die Baugeometrie, sondern immer auch das Motoröl als Konstruktionselement mit einbezogen. Dabei können die extrem dünnflüssigen Leichtlauföle an vielen Reibstellen im Motor dessen Verlustleistung noch wesentlich deutlicher senken als zum Beispiel Mehrbereichsöle der SAE-Klassen 10W-40 oder 5W-30. Damit die Öle der Generation 0W-X ihre Wirkung aber voll entfalten können, werden wiederum viele Komponenten im Motor, wie zum Beispiel Gleitlager und deren Auslegung, Kolbenringe, Ölabstreifringe und die Übersetzung der Ölpumpen, an die Eigenschaften der niedrigviskosen Schmierstoffe angepasst. Hohe Erwartungen an ein Multitalent Die Motoröle der neuen Generation 0W-X sollen die Reibung im Motor minimieren, dessen bewegte Teile zuverlässig schmieren und vor Verschleiß schützen, sparsam sein und selbst bei extremen Temperaturen über viele Kilometer voll leistungsfähig bleiben. Doch dies ist einfacher gesagt als getan! Diese Schmierstoffe arbeiten immerhin unter besonders schwierigen Bedingungen. Das Downsizing der Motoren mit weniger Hubraum und Zylindern, die Direkteinspritzung sowie die gleichzeitige Aufladung der Motoren führen neben den geringeren Ölvolumina zu höheren Temperaturbelastungen. Dies alles hat zur Folge, dass der Verbrennungsprozess in Ottomotoren dem in Dieselmotoren immer ähnlicher wird. An die niedrigviskosen Motoröle der Generation 0W-X werden nie dagewesene Erwartungen gestellt. Die Formulierung dieser Schmierstoffe ist ein Balanceakt, Zielkonflikte sind dabei vorprogrammiert! Zeit für neue Ölspezifikationen Die europäische ACEA, die amerikanische API und die japanische JAMA sowie die ILSAC, als Zusammenschluss von API und JAMA, sind die Vereinigungen, die international gültige Spezifikationen für Automotoröle veröffentlichen. Die in ihren Spezifikationen definierten Grenzwerte beruhen u. a. auf umfangreichen Schmierstofftests auf Motorenprüfständen. Diese erfolgten über viele Jahre hinweg auf unveränderten Testständen. Aufgrund der dynamischen Entwicklungen im Motorendesign war es allerhöchste Zeit, einige Aggregate durch Typen auf dem neuesten Stand der Motorenentwicklung zu ersetzen und mit ihrer Hilfe die Werte für die aktualisierten Ölspezifikationen zu bestimmen. Dabei wurde auch der Trend zu immer dünneren Motorölen berücksichtigt. Für den Einsatz in Benzinmotoren unterscheidet die ILSAC nun erstmals mit den neuen Vorgaben GF-6A und GF-6B zwischen Motorölen unterschiedlicher Viskositäten. Die ILSAC GF-6A betrifft Motoröle SAE 0W-20 und höher, die GF-6B Motoröle SAE 0W-16 und darunter. Diese Unterscheidung ist für die Praxis besonders wichtig, da extrem niedrigviskose Motoröle wesentlich dünnere Schmierfilme auf bauen als ihre dickflüssigen Kollegen. Damit können sie ältere acEa aPi ilSac Association des Constructeurs Européens d‘Automobiles American Petroleum Institute International Lubricant Standardization and Approval Committee Herausgeber Verband der europäischen Auto-, Lkw- und Bushersteller mit Produktion in Europa Vereinigung von etwa 600 Unternehmen der Mineralöl- und Gasindustrie Vertreter der amerikanischen und japanischen Fahrzeugherstellerverbände in enger Zusammenarbeit mit API Systematik Unterscheidet 4 Schmierstoffklassen: A = Pkw-Ottomotoren, Benziner B = Dieselmotoren für Pkw, Vans, Transporter C = Pkw-Otto- und Pkw-Dieselmotoren mit Abgasnachbehandlung E = Lkw-Dieselmotoren Erster Buchstabe steht für den Motortyp: S (Service Station) = Ottomotoren C (Commercial) = Dieselmotoren Nfz Spezifikationen eng angelehnt an die der API mit Schwerpunkt Ottomotoren Aktuelle Spezifikationen A3/ B4 - A5/ B5 - A7/ B7 C2, C3, C4, C5, C 6 (C8 in Vorbereitung) E6, E7, E9 (E11 in Vorbereitung) SJ, SL, SM, SN SP CH-4, CI-4, CJ-4, CK-4 / FA-4 GF-6A, GF-6B Die aktuellen Motoröl-Spezifikationen im Überblick Nachhaltige BASISÖLE für nachhaltige SCHMIERSTOFFE Biologisch abbaubare, synthetische Ester mit ausgezeichneten Performanceeigenschaften. www.peter-greven.de Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 22 Fachartikel | Extrem dünn - und in der Praxis fit? Die Automotoröle der Generation 0W-X Motoren jedoch nicht ausreichend vor Verschleiß schützen und durchaus kapitale Motorschäden verursachen. Um Verwechslungen zwischen Ölen gemäß GF-6A und GF-6B zu vermeiden, haben ILSAC und API die Symbole „Starburst“ und „Shield“ entwickelt. Das „Shield-Symbol“ auf dem Gebinde eines Motoröls gemäß ILSAC GF-6B warnt vor dem Einsatz in ungeeigneten älteren Motoren. „Starburst“ signalisiert, dass das Produkt im Gebinde die Spezifikation ILSAC GF-6A für Motoröle SAE 0W-16 und dünner erfüllt. links: Shield-Symbol, rechts: Starburst Im ersten Halbjahr 2021 hat auch die ACEA ihre Motorölspezifikationen für leichte Nutzfahrzeuge (u. a. Pkw) überarbeitet. Neu wurden die Spezifikationen A7/ B7 für Öle veröffentlicht, die in Pkw-Ottomotoren bzw. Dieselmotoren in Pkw, Vans und Transportern eingesetzt werden. Diese Vorgaben der ACEA sowie die Spezifikation SP der API berücksichtigen auch die schon lange bekannte Problematik der LSPI (Low- Speed Pre Ignition), der frühzeitigen Zündung bei niedrigen Drehzahlen. Davon betroffen sind hoch aufgeladene, stark verdichtende Ottomotoren mit Direkteinspritzung wie bei einem Dieselmotor. Die Einspritzdüsen fördern den Kraftstoff unter hohem Druck direkt in den Brennraum. Hat der Motor seine Betriebstemperatur noch nicht erreicht, können Kraftstoffanteile an den noch kalten Zylinderwänden kondensieren. Durch die hohe Aufladung und Verdichtung entstehen hohe Brennraumdrücke, die die kondensierten Kraftstofftropfen, ähnlich wie beim Dieselmotor, frühzeitig und unkontrolliert zünden. Dies wird durch Situationen, in denen hohe Last bei niedriger Drehzahl abgerufen wird, oftmals verstärkt. Ascheartige Ablagerungen auf dem Kolben, die beispielsweise durch die Additivierung des Motoröls beeinflusst werden, können bei heißem Motor glühen und diese Frühzündungen verstärken. Dabei kommt es zu einer stark klopfenden Verbrennung („Superklopfen“). Die dadurch entstehenden Druckstöße können im Extremfall den Kolben und Pleuel zerstören. Viele Schmierstoff-Hersteller ändern die Additivzusammensetzung ihrer Motoröle, um diesen Effekten, hauptsächlich durch eine niedrigere Ablagerungsneigung, entgegenzuwirken. Die Anzahl der international gültigen Spezifikationen für Automotoröle wird definitiv nicht weniger. Außerdem kommen explizite Freigaben einiger Automobilhersteller für einzelne Schmierstoffe hinzu. Für die Werkstätten wird es immer schwieriger, den Überblick zu bewahren, welches Produkt für welches Fahrzeug verwendet werden darf. Auch wenn die extrem dünnflüssigen Motoröle aktuell noch überwiegend für asiatische und amerikanische Fahrzeuge sowie Autos mit Hybridantrieb eingesetzt werden, weicht die ursprünglich angestrebte Sortenreduzierung zunehmend einer Sortenvielfalt im Schmierstofflager. Fit für die Praxis? Die Spezifikationen der ACEA, API, JAMA und ILSAC geben auch für die Motoröle der Generation 0W-X nur die Mindestanforderungen an. Welche Performance ein Motoröl aber wirklich hat, muss von Fall zu Fall bewertet werden. Dabei sind einige Parameter besonders kritisch zu betrachten. Die Viskosität Die Viskosität ist von entscheidender Bedeutung für die Fähigkeit eines Schmierstoffs, einen stabilen Schmierfilm aufzubauen. Sie hängt aber stark von der Temperatur ab. Um dieses Temperaturverhalten beurteilen zu können, wird aus den bei 40 °C und 100 °C gemessenen Viskositäten der Viskositätsindex „VI“ errechnet. Je höher der Viskositätsindex ist, desto geringer verändert sich seine Viskosität bei unterschiedlichen Temperaturen. Für jedes Mehrbereichs- Motoröl, und damit auch für die Motoröle der Generation 0W-X, ist ein hoher VI also ein absolutes Muss. Dieser wird durch den gezielten Einsatz von Grundölen auf Ester- und PAO-Basis (Polyalphaolefine) erreicht. Ausgesuchte Additive leisten einen weiteren Beitrag. So verfügt z. B. ein Motoröl SAE 0W-16 über einen typischen Viskositätsindex zwischen 160 und 168. © OELCHECK GmbH Mit einem niedrigviskosen Öl läuft ein Motor grundsätzlich reibungsärmer und sparsamer. Unter diesem Aspekt muss zwangsläufig auch die HTHS-Viskosität 23 Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 Fachartikel-|-Extrem dünn - und in der Praxis fit? Die Automotoröle der Generation 0W-X (High Temperature High Shear) eines Motoröls betrachtet werden. Sie gibt die dynamische Viskosität an, die unter Einfluss hoher Scherkräfte bei 150 °C in Millipascalsekunden (mPas) gemessen wird. Durch Absenkung der HTHS-Viskosität kann mittels geringerer „innerer Reibung“ des Öls nochmals eine Reduzierung der Verlustleistung und damit eine Kraftstoffeinsparung erzielt werden. Die HTHS-Viskosität darf jedoch nicht zu sehr abgesenkt werden. Denn: je dünner ein Öl ist, desto schwerer baut es einen hydrodynamischen, stabilen Ölfilm auf. Mit einer Stärke von etwa 2 µm ist der Schmierfilm eines Motoröls der Generation 0W-X nur ungefähr halb so stark wie der eines klassischen 10W-40 Mehrbereichsöls. Trotzdem muss das Öl den mechanischen Kontakt zwischen den sich bewegenden Komponenten weitestgehend verhindern und deren Kontaktflächen vor Verschleiß schützen. Wird die HTHS-Viskosität zu stark reduziert und der Ölfilm zu dünn, ist die Verschleißfestigkeit gefährdet. Daher sind in einigen Motoröl-Spezifikationen untere Grenzwerte der HTHS definiert. Gemäß der ACEA A7/ B7 z. B. muss die HTHS-Viskosität zwischen 2,9 und 3,5 mPas bei 150 °C liegen, die gemäß der ACEA C6 zwischen 2,6 und 2,9 mPas. Damit soll sichergestellt werden, dass die Motoröle selbst in Pleuellagern mit ihren großen Scherkräften und hohen Öltemperaturen die notwendige Schmiersicherheit gewährleisten. Die Additive © totojang1977 - stock.adobe.com Motoröle enthalten eine Vielzahl von Additiven. Diese können die Charakteristika des Grundöls verändern, die positiven Eigenschaften eines Schmierstoffs optimieren und seine unerwünschten reduzieren oder gar eliminieren. Auch die niedrigviskosen Motoröle der Generation 0W-X sind erst durch den gezielten Einsatz von Additiven überhaupt darstellbar. Einige der enthaltenen Wirkstoffe spielen dabei eine besondere Rolle. > Viskositätsindex-Verbesserer (VI-Improver) erhöhen den Viskositätsindex der Öle. Damit wird das Viskositätsverhalten wesentlich temperaturstabiler. Vor allem bei hohen Temperaturen werden die Motoröle nicht noch dünnflüssiger. > Friction Modifier sind reibungsmindernde Additive, die meist auf molybdänorganischer Basis beruhen. Dünnflüssige Motoröle bauen weniger starke Schmierfilme auf. Besonders bei hohen Motortemperaturen besteht daher die Gefahr, dass der Schmierfilm reißt. Friction Modifier bilden selber auf den Reibflächen eine feine Schutzschicht aus. So ist eine zuverlässige Schmierung durchgehend gesichert. Selbst beim Stop-and-go und dem häufigen Einsatz der Start-Stopp-Automatik im Stadtverkehr wird der schützende Schmierfilm nicht unterbrochen. > Detergentien und Dispergentien sind in unterschiedlichem Ausmaß in jedem Motoröl enthalten. Im Zusammenhang mit den Motorölen der Generation 0W-X und der LSPI-Problematik in Ottomotoren sind sie für die Schmierstoff-Hersteller aktuell besonders interessant. Detergentien lösen Verschmutzungen in feine Partikel auf. Diese Verunreinigungen entstehen vor allem durch den Alterungsprozess des Öls, beim Verbrennungsprozess im Motor oder eben auch in Ottomotoren mit Direkteinspritzung durch unverbrannten Kraftstoff. Die Dispergentien sind das unverzichtbare Gegenstück zu den Detergentien. Sie halten die abgelösten Verschmutzungen in Schwebe und sorgen dafür, dass sie keine neuen Ablagerungen bilden können. Dabei hüllen sie die Schmutzpartikel förmlich ein und ermöglichen ihren Transport zum Ölfilter. Bei ihrer Aufgabe, in einem Ottomotor mit Direkteinspritzung Ablagerungen von unverbranntem Kraftstoff unschädlich zu machen und damit einer vorzeitigen Entzündung entgegenzuwirken, stoßen manche Detergentien aber an ihre Grenzen. Hier sind qualitativ hochwertige oder auch vollkommen neu formulierte Wirkstoffe gefragt. Die Sulfatasche © OELCHECK GmbH Die Einhaltung strengerer Emissionsnormen kann nur durch den Einbau von Katalysatoren oder Partikelfiltern realisiert werden. Diese Komponenten setzen für ihre störungsfreie Funktion allerdings Mo- Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 24 Fachartikel | Extrem dünn - und in der Praxis fit? Die Automotoröle der Generation 0W-X toröle voraus, die eine geringe Neigung zur Bildung von Ascheablagerungen haben. Somit darf ein sogenanntes „Low-SAPS Motoröl“ (Sulphated Ash, Phosphorus, Sulphur) kaum zur Aschebildung tendieren und nur vergleichsweise niedrige Anteile an Phosphor und Schwefel enthalten. Beeinflusst werden diese Werte durch die Additivierung, die meist auf kalzium-, zink-, phosphor- und schwefelhaltigen Verbindungen aufgebaut ist. Diese stellen allerdings eine Gefahr für Katalysatoren und Partikelfilter (DPF und OPF) dar. Enthält nämlich ein Motoröl zu viel „aschebildende Verbindungen“, die überwiegend auf Kalzium, Magnesium, Zink, Phosphor, Schwefel, teilweise auch auf Molybdän und Barium basieren, bilden sich daraus beim Verbrennen des Öls feine Partikel. Diese verstopfen schnell die feinen Poren der Partikelfilter und deaktivieren die Katalysatoren, deren Lebensdauer dann rasch abnimmt. Daher sind in den internationalen Spezifikationen und den Vorgaben der Fahrzeug-Hersteller wesentlich reduzierte Anteile an aschebildenden Stoffen im Motoröl festgeschrieben. Die ACEA A7/ B7 fordert: Sulfatasche < 1,6 % m/ m; die ACEA C6: Schwefel < 0,3 % m/ m, Phosphor zwischen 0,07 und 0,09 % m/ m und maximal 0,8 % m/ m Sulfatasche. Ob ein Motoröl wirklich nur geringe Mengen an aschebildenden Substanzen enthält, wird im OELCHECK-Labor mit der Bestimmung der Sulfatasche ermittelt. Dafür wird eine Ölprobe bei 775 °C ausgeglüht. Bei dieser Temperatur verbrennen alle organischen Bestandteile der Probe. Es bleibt nur Asche zurück, die aus Metalloxiden und Verunreinigungen besteht. Durch Abrauchen mit konzentrierter Schwefelsäure werden die Oxide der Asche in entsprechende Sulfate umgewandelt. Bestimmt wird dann die Gewichtsdifferenz der zurückbleibenden Menge, bei der es sich um die „potenziell“ zur Ablagerungsbildung zur Verfügung stehenden Anteile im Öl handelt. Der Verdampfungsverlust © OELCHECK GmbH Die niedrigviskosen Motoröle der Generation 0W-X wirken Reibungsverlusten im Motor entgegen und tragen zur Reduzierung von Emissionen bei. Doch bei ihrer Arbeit geht es heiß her. Einige Bestandteile der Öle sind flüchtiger als andere und verdampfen bei hohen Temperaturen schneller. Damit kann nicht nur der Ölverbrauch ansteigen, sondern außerdem eine Verschlechterung der Mehrbereichs-Charakteristik und der Tieftemperatureigenschaften eintreten. Daher ist der Verdampfungsverlust ein wichtiges Kriterium für die Viskositätsstabilität eines Motoröls. Je geringer der Verdampfungsverlust eines Öles ist, desto stabiler sind seine Viskositätseigenschaften. Der Verdampfungsverlust, der mit dem Noack-Test in 60 Minuten bei 250 °C ermittelt wird, ist in den aktuellen Vorgaben der ACEA A7/ B7 und C6 auf einen Wert von ≤ 13 % limitiert. Dieser Wert wird von manchen hochwertigen Mehrbereichsölen, wie zum Beispiel einigen der SAE-Klassen 5W-30 oder 10W-40, sogar noch unterboten. Bei Motorölen der Generation 0W-X ist dies nicht so einfach. Der Trend zu weiter abgesenkten Viskositäten führt bei diesen Ölen eher zu leicht ansteigenden Verdampfungsverlusten, da einzelne Komponenten der Motoröle bereits dem Siedebereich von Dieselkraftstoff sehr nahekommen. Dadurch kann auch das LSPI-Phänomen verstärkt auftreten. Bei der Formulierung der Motoröle der Generation 0W-X ergibt sich also auch ein Zielkonflikt zwischen extrem niedriger Viskosität, Verdampfungsverlust und Siedebereich. »« Fazit Die EU hat den klassischen Verbrennern in Personenkraftwagen mit 2035 de facto ein Enddatum gesetzt. Spätestens dann sollen nur noch E-Mobile zugelassen werden. Ob dies umsetzbar ist, wird sich in naher Zukunft zeigen. Auf jeden Fall werden uns Verbrennungsmotoren für Pkw und Lkw noch einige Jahre und in anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Schifffahrt, noch wesentlich länger begleiten. Doch unabhängig davon, ob die Verbrennungsmotoren dann mit Benzin, Diesel oder mit synthetischen Kraftstoffen, wie Wasserstoff, e-fuels, Methanol oder Ammoniak, betrieben werden: Motoröle werden sie immer benötigen - und deren Entwicklung ist und bleibt spannend. Eingangsabbildung: © RS-Studios - stock.adobe.com