Schmierstoff + Schmierung
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Nie wieder Ölwechsel - ist das wirklich möglich?
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Stephan Baumgärtel
Motoröl ist nicht nur für Schmierung und Kühlung des Motors wichtig, sondern erfüllt auch andere wichtige Aufgaben, die für ein langes Motorleben wichtig sind, wie Korrosionsschutz, Abdichten des Motors und Reibungsreduktion. Dies hat natürlich Auswirkungen auf den Ölzustand und damit auf die Lebensdauer des Öles.
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35 Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 FaQs FaQs Nie wieder Ölwechsel - ist das wirklich möglich? Dr. Stephan Baumgärtel Motoröl ist nicht nur für Schmierung und Kühlung des Motors wichtig, sondern erfüllt auch andere wichtige Aufgaben, die für ein langes Motorleben wichtig sind, wie Korrosionsschutz, Abdichten des Motors und Reibungsreduktion. Dies hat natürlich Auswirkungen auf den Ölzustand und damit auf die Lebensdauer des Öles. Im Lauf der Zeit und durch die Belastung des Öls im Motor lassen die Schmierfähigkeit und die Kühleigenschaften nach, das Öl altert und Additive bauen sich ab. Verbrennungsrückstände und mechanischer Abrieb haben ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Qualität des Motoröls. Das gilt ganz besonders für Autos, die nur im Kurzstreckenverkehr gefahren und kaum richtig warm werden. Der regelmäßige Ölwechsel erhöht die Lebensdauer von Motor und Getriebe. Das Motoröl verbraucht und veruneinigt sich mit der Zeit selbst, zum Beispiel durch Verdünnung mit Kraftstoff oder Kondenswasser, natürliche Ölalterung und mechanischen Abrieb. Früher gab es seitens des Herstellers feste Vorgaben für den Ölwechsel: Das Öl wurde entweder nach einer bestimmten Kilometerzahl oder nach Motorlaufleistung (in Monaten) gewechselt. Bei modernen Fahrzeugen wird der Termin für den Ölwechsel gebrauchsabhängig ermittelt und im Fahrzeug entsprechend angezeigt. Jeder Motor ist unterschiedlich und hat daher spezifische Anforderungen an das Öl. Allgemein wird empfohlen, bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von ca. 15.000 Kilometern im Jahr, das Motoröl jährlich zu wechseln, bei geringer Fahrleistung circa alle 1,5 bis zwei Jahre. Wird das Auto stärker beansprucht, etwa durch den ständigen Kurzstreckenbetrieb oder durch intensivere Ausnutzung der Motorleistung ist das ein Grund für kürzere Wechselintervalle. Bei Oldtimern, die sehr wenig gefahren werden, ist der jährliche Wechsel die Regel. „Longlife“-Motoröl: kein Wechsel mehr? Eine Alternative zu konventionellen Ölen sind die Longlife-Motoröle. Dabei handelt es sich um Leichtlauföle, die besonders dünnflüssig sind. Wie der Name „Longlife“ schon andeutet, sind sie auf längere Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 1/ 2022 36 FAQs | Nie wieder Ölwechsel - ist das wirklich möglich? Einsatzzeiten ausgelegt. Entsprechend verlängert sich bei ihrer Verwendung auch das Ölwechselintervall. Longlife-Öle werden mit speziellen Additiven angereichert, die die Schmierfähigkeit verbessern. Die niedrigviskosen Motoröle der Generation 0W-X sind erst durch den gezielten Einsatz von Additiven überhaupt darstellbar. Longlife-Motoröle sind für Fahrzeuge jener Hersteller konzipiert, für die ein Longlife-Service vorgesehen ist, das heißt nicht automatisch ein Ölwechsel pro Jahr. Moderne Motoren sammeln mithilfe von Sensoren Daten wie Kraftstoffverbrauch, Ölstand oder auch Bremsverschleiß. Anhand dieser Daten werden die Belastung des Motors und der nächste Servicetermin berechnet, der oft erst nach 30.000 (Benzinmotor) oder 50.000 (Dieselmotor) Kilometern liegt. Longlife-Öle dürfen nicht mit anderen Ölen gemischt werden, die Angaben zu Marke, Viskosität und Qualität müssen eingehalten werden, um Motorschäden zu vermeiden. Da sie nicht überall erhältlich sind, empfiehlt sich, stets einen Liter Longlife-Öl in Reserve zu haben. Feinstfilter und die Ölalterung Moderne Motoren haben serienmäßig einen Ölfilter, der üblicherweise beim Ölwechsel gewechselt wird. Dieser Filter hält Verunreinigungen, wie z. B. Partikel aus Abrieb und Additivabbau, aus dem Motoröl zurück, welche sonst zusätzlich Reibverschleiß verursachen würden. Durch den Einfluss von Wärme, Sauerstoff, aggressiver Gase, Ölabbauprodukte etc. entstehen aus den Kohlenwasserstoffen des Motoröls hochreaktive Moleküle, die große Einheiten, sogenannte Polymere, bilden, die sich schließlich als Schlamm absetzen. Mit unterschiedlichen Additiven wird dieser Vorgang hinausgezögert bzw. weitgehend unschädlich gemacht. Antioxidantien verzögern die Bildung der Polymere, Metalldesaktivatoren und Korrosionsinhibitoren unterdrücken den Einfluss von Metallen, die diese Alterung beschleunigen. Andere Additive halten die schon gebildeten Polymere in einem quasi gelösten Zustand im Öl zurück oder reinigen Metalloberflächen von abgesetztem Schlamm. Natürlich könnte man diese Polymere auch durch Filterung mehr oder weniger entfernen. Jedoch agieren Restbestände dieser Ablagerungen als Katalysator und die Ölalterung findet nun im verbleibenden Motoröl mit größerer Geschwindigkeit statt, da immer weniger Additive im Öl vorhanden sind, die ihre Arbeit verrichten. Man könnte nun annehmen, dass dieser Vorgang durch weitere Additivzugabe beherrschbar ist, weil das Grundöl sich insgesamt verändert und die Ölmoleküle ebenfalls reagieren. Mit dem Alterungsprozess werden aber auch Säuren gebildet, die nicht ausfiltrierbar sind. Neutralisation wäre nur durch Zugabe großer Mengen basischer Stoffe möglich, was die Wartung eines gebrauchten Öles weiter verkompliziert. Die gebildeten Neutralisationsprodukte würden darüber hinaus zusammen mit den Polymeren jedes Filtersystem immer schneller zusetzen, d. h. die Filter müssten in einem immer kürzeren Intervall ersetzt werden. Zu beachten ist auch, dass immer eine gewisse Menge Kraftstoff in das Motoröl übergeht. Betreibt man sein Kraftfahrzeug mit Biodiesel oder auch mit normalem Diesel (bis zu 5 % Biokraftstoff darf enthalten sein), so reichert sich das Motoröl langsam mit Biokraftstoff an. Normaler Diesel verdampft bei den üblichen Öltemperaturen. Durch den niedrigeren Dampfdruck von Biodiesel findet das aber nur ungenügend statt. Kein Filtersystem kann flüssige Bestandteile aus dem Öl entfernen. Aus diesen und anderen Überlegungen kann also die Filterung von Motoröl kein dauerhafter Ersatz für einen Ölwechsel sein. Eine Nachadditivierung würde bedeuten, dass man immer größere Mengen unterschiedlichster Additive zusetzen müsste, so dass nach einiger Zeit das Motoröl nicht mehr in einem Zustand ist, den die Ölspezifikation verlangt, und damit unkontrollierte Schäden aufkommen könnten. Zu wenig, falsches, aber auch zu altes Motoröl kann den Motor ruinieren. Regelmäßiger Motorölwechsel ist daher wichtig. »« Eingangsabbildung: © Nikolay - stock.adobe.com