Schmierstoff + Schmierung
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expert verlag Tübingen
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Grundöle - Rückgrat moderner Schmierstoffe
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Rüdiger Krethe
Schmierstoffe werden für einen bestimmten Zweck entwickelt und produziert. Die Aufgaben des Schmierstoffs in den verschiedenen zu schmierenden Systemen können sehr unterschiedlich sein. Dazu kommt, dass selbst technisch ähnliche Systeme unter verschiedensten Einsatzbedingungen und Wartungsanforderungen arbeiten und demzufolge auch die notwendigen Eigenschaften des Schmierstoffs individuell darauf abgestimmt werden müssen.
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Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 3/ 2022 8 FacHartiKEl FacHartiKEl Grundöle - Rückgrat moderner Schmierstoffe Rüdiger Krethe, OilDoc GmbH Schmierstoffe werden für einen bestimmten Zweck entwickelt und produziert. Die Aufgaben des Schmierstoffs in den verschiedenen zu schmierenden Systemen können sehr unterschiedlich sein. Dazu kommt, dass selbst technisch ähnliche Systeme unter verschiedensten Einsatzbedingungen und Wartungsanforderungen arbeiten und demzufolge auch die notwendigen Eigenschaften des Schmierstoffs individuell darauf abgestimmt werden müssen. Mehr oder weniger alle Schmierstoffe müssen > schmieren, > Wärme abführen, > vor Korrosion schützen, > Partikel aus der Kontaktzone abtransportieren. Schon hier können die Art der eingesetzten Maschinenelemente, die Geschwindigkeiten, Temperaturen oder Medieneinflüsse stark variieren. Dazu kommt, dass die Schmierstoffe je nach System zusätzlich sehr spezielle Aufgaben zu erfüllen haben, was folgende Beispiele verdeutlichen: > Motorenöle arbeiten unter dem Einfluss des Verbrennungsprozesses, müssen extremen Temperaturen standhalten, Säuren neutralisieren und den Schmierölkreislauf von Verbrennungs- und Alterungsrückständen säubern. Rüdiger Krethe Rüdiger Krethe ist Geschäftsführer der OilDoc GmbH, der Akademie für Weiterbildung rund um Schmierstoffanwendung, Ölanalysen und proaktive Instandhaltung. Nach seinem Studium des Maschinenbaus und der Tribotechnik war er im Produktmanagement für Industrieöle einer Mineralölgesellschaft tätig. Anschließend leitete er 15 Jahre das Diagnose-Team von OEL- CHECK. Seit mehr als 30 Jahren gibt Rüdiger Krethe als IHK-zertifizierter Trainer in Seminaren sein Know-how zu Tribologie, Schmierstoffen und Ölanalysen erfolgreich weiter. Außerdem ist er seit der ersten Ausgabe aktives Mitglied des Redaktionsteams der Schmierstoff+Schmierung. 9 Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 3/ 2022 Fachartikel-|-Grundöle - Rückgrat moderner Schmierstoffe > Getriebeöle müssen unter sehr hohen Flächenpressungen in rollenden und gleitenden Kontakten die Bauteile zuverlässig vor Verschleiß schützen, in einigen Fällen auch reibwert-sensitive, im Ölbad laufende Kupplungen oder Bremsen schmieren. > Hydrauliköle sind in allererster Linie Kraftübertragungs- und Steuerflüssigkeiten, in zweiter Linie Schmierstoffe und arbeiten in stationären oder mobilen Anlagen, teilweise mit erhöhten Anforderungen an den Umweltschutz oder die Schwerentflammbarkeit. > Kältemaschinenöle müssen in allen Temperaturbereichen des Systems mit dem Kältemittel verträglich sein und bestimmte Löseeigenschaften mitbringen. > Gleitbahnöle müssen gute Hafteigenschaften aufweisen, Ruckgleiten (Stick-Slip) bestmöglich verhindern und kompatibel zu Kühlschmierstoffen sein. Diesen allgemeinen und spezifischen Aufgaben werden Schmierstoffe gerecht, wenn Grundöle und Additive zielgerichtet hinsichtlich des Einsatzzwecks und unter Berücksichtigung der untereinander auftretenden Wechselwirkungen ausgewählt werden. Die Grundöle liefern das „Grundgerüst“ des Schmierstoffs und werden gezielt mit Additiven versehen, um bestimmte Eigenscha ften zu verstärken, abzumildern oder dem Schmierstoff gar Eigenscha ften zu verleihen, die das Grundöl nicht mitbringt. Tabelle 1 gibt eine Übersicht zu den Grundöl- und Additiva nteilen typischer Schmierstoffe in verschiedenen Anwendungsbereichen. API-Klassifizierung von Grundölen Das API (American Petroleum Institute) teilt Grundöle je nach Ihrer Zusammensetzung in folgende Gruppen ein (Tabelle 2): Tab. 1: Typische Grundölbzw. Additivanteile von Schmierstoffen Tab. 2: Grundöl-Gruppen nach der Klassifizierung des American Petroleum Institute (API) Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 3/ 2022 10 Fachartikel | Grundöle - Rückgrat moderner Schmierstoffe Auf diese Tabelle wird von Fachleuten Bezug genommen, um Grundöle anhand grundlegender Eigenschaften zu klassifizieren. Heute werden Schmierstoffe überwiegend auf der Basis von Grundölen der API-Gruppen I bis IV hergestellt. Grundöle der Gruppe V kommen in Anwendungen zum Einsatz, die sehr spezielle Grundöleigenschaften erfordern oder auch als zweite Grundölkomponente, um anderen Grundölen, z. B. denen der Gruppe III und IV, diese speziellen Eigenschaften unterstützend zur Verfügung zu stellen. Grundöl-Typen kurz erklärt Tabelle 3 liefert eine Übersicht der hauptsächlich in Schmierstoffen zur Anwendung kommenden Grundöltypen. Nachfolgend werden diese kurz charakterisiert. Mineralöle der API-Gruppe I Mineralöle sind Stoffgemische und bestehen hauptsächlich aus paraffinischen, naphtenischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen. Die Eigenschaften dieser Grundöl-Bestandteile sind sehr unterschiedlich. Während n-Paraffine ein gutes Viskositäts-Temperatur-Verhalten aufweisen und aufgrund ihres hohen Viskositäts-Index bei hohen Temperaturen eine gute Schmierwirkung aufweisen, neigen sie bei tiefen Temperaturen zur Wachsbildung. Naphtene haben dagegen bei tiefen Temperaturen exzellente Schmierfähigkeiten, die jedoch bei hohen Temperaturen, ob ihres niedrigen Viskositätsindex, begrenzt sind. Aromaten bringen durch ihre höhere Polarität gute Löseeigenschaften mit, weisen jedoch ebenfalls nur moderate Schmiereigenschaften bei hohen Temperaturen auf. Die Eigenschaften des Mineralöls ergeben sich aus der Mischung der Eigenschaften der in ihm enthaltenen Bestandteile. Dazu kommt, dass die prozentualen Anteile dieser Komponenten je nach der Zusammensetzung (Provenienz) des eingesetzten Rohöls variieren. Die Eigenschaften von Grundölen der Gruppe 1 schwanken nicht nur je nach Provenienz, sondern auch durch die in den verschiedenen Raffinerien zum Einsatz kommenden, unterschiedlichen Destillations- und Raffinationsmethoden. So schwanken verschiedene Grundöle der Gruppe 1 beispielsweise auch hinsichtlich ihrer Flüchtigkeit, des Schwefelgehalts, dem Anteil von wachsartigen Komponenten, Aromaten und Stickstoff- Verbindungen. Tab. 3: Übersicht der hauptsächlich in Schmierstoffen zum Einsatz kommenden Grundöl-Typen ERGON RBD VEGETABLE OILS provide a fully renewable solution for your lubricant needs, while enhancing performance through chemistry and our EcoGold base oils provide a renewable oil that more closely mirrors incumbent petroleum base oil properties for easier incorporation into your raw material solutions. Founded in 1954, Ergon provides solutions for customers in more than 90 countries around the world. Call us today to learn more. 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Mineralöle der API-Gruppe II („Hydrotreated“) Durch eine intensive Wasserstoff behandlung bei erhöhten Temperaturen und Drücken wird der Gehalt an Leichtsiedern, Aromaten, schwefelhaltigen Verbindungen und anderen Verunreinigungen stark reduziert. Durch die „Wärmebehandlung“ werden schwefel- und aromatenarme Grundöle hergestellt. Je nach Grad des Hydrotreatments werden Werte für den Viskositätsindex von etwa 100 bis ca. 115 erreicht. Grundöle der Gruppe II sind durch ihre niedrigen Verdampfungsverluste, hohen Reinheits- und höheren Sättigungsgrad und ein verbessertes Luft- und Wasserabscheidevermögen eine gute Basis für verschiedene Gruppen von Schmierölen und Hydraulikflüssigkeiten. In vielen Anwendungen haben sie Mineralöle der Gruppe I bereits verdrängt. Durch ihren niedrigen Aromaten-Gehalt weisen sie jedoch auch eine etwas niedrigere Lösefähigkeit als Mineralöle der Gruppe I auf. HC-Grundöle der API-Gruppe III („Hydrocracked“) Das Verfahren „Hydrotreating“ wird oft auch als milde Form des „Hydrocracking“ bezeichnet. Die Grenze der Verwendung beider Bezeichnungen geht nicht selten ineinander über. In der API-Klassifizierung ist die Grenze durch den Schwefelgehalt und den Viskositätsindex gegeben. Das katalytische Hydrocracken findet bei höheren Temperaturen und Drücken statt. Hauptziel ist in der Regel die Gewinnung kurzkettiger Kohlenwasserstoffe, die für Kraft- und Brennstoffe Einsatz finden. Nach dem Hydrocrack-Verfahren hergestellte Grundöle sind deutlich verdampfungsstabiler als Mineralöle der Gruppe I (und II), wasserhell, aromaten- und schwefelfrei. Sie weisen einen Viskositätsindex im Bereich von 120- 135 auf. Die Verfahren wurden in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. So gibt es auch in dieser Grundöl-Gruppe Unterschiede in den Eigenschaften. Grundöle der API-Gruppe III weisen ein exzellentes Luft- und Wasserabscheidevermögen auf. Diese im Markt oft als teilsynthetisch bezeichneten, gesättigten Grundöle sind eine sehr gute Basis für eine ganze Reihe verschiedener Schmieröle, angefangen bei Motorenölen, Getriebeölen, Turbinenölen sowie Hydraulikflüssigkeiten. Ihr Viskositätsbereich ist auf niedrigbis mittelviskose Flüssigkeiten begrenzt und kann durch entsprechende Additive erweitert werden. Zur Kompensation der Unpolarität werden Grundöle der Gruppe III nicht selten mit einem geringen Anteil an Grundölen höherer Polarität versehen, z. B. mit esterbasischen oder aromatischen Flüssigkeiten. Polyalphaolefine (API-Gruppe IV) Ausgangsstoff zur Herstellung von PAO ist Ethylen. In einem mehrstufigen Syntheseprozess und anschließender Hydrierung entstehen vollsynthetische, gesättigte Kohlenwasserstoffmoleküle auf der Basis von ISO-Paraffinen. Wie alle gesättigten Kohlenwasserstoffe lassen sie sich durch Additive erheblich besser gegen oxidative Angriffe schützen und weisen eine deutlich höhere Verdampfungsstabilität auf als Mineralöle (und Grundöle der Gruppen II und III). Wie auch HC-Öle sind sie von wasserheller Farbe, frei von Aromaten und Schwefel. PAO-Grundöle zeichnen sich durch ein exzellentes Luft- und Wasserabscheidevermögen aus. Sie sind frei von n-Paraffinen und weisen dadurch ein deutlich besseres Tieftemperaturverhalten auf. PAO- Grundöle sind auch in hohen Viskositätslagen verfügbar und erreichen je nach Herstellungsprozess und Viskositätslage einen Viskositätsindex von ca. 135- 180. Ein Nachteil ist die geringe Additivlöslichkeit, deshalb werden auch sie meist mit einem geringen Anteil von Grundölen wie Estern oder Aromaten kombiniert. Polyalphaolefine sind die am häufigsten verwendeten Arten von Kohlenwasserstoffen zur Herstellung vollsynthetischer Grundöle, z. B. zur Verwendung in Motorenölen, Getriebe-, Umlaufschmierölen, Turbinenölen oder speziellen Hydraulikflüssigkeiten. Gas-to-Liquid (API-Gruppe III+) Aus Erdgas wird durch Zugabe von Sauerstoff und Wasserdampf ein Synthesegas gewonnen. Dieses wird im Fischer-Tropsch-Verfahren und anschließender Fraktionierung und Hydrocracken zu synthetischen, flüssigen Kohlenwasserstoffen verarbeitet. Diese in ihren wesentlichen Eigenschaften etwa zwischen den teilsynthetischen Hydrocrack-Ölen und vollsynthetischen Polyalphaolefinen liegenden Quaker Houghton Sales BV Deutsche Zweigniederlassung Giselherstraße 57 44319 Dortmund Telefon: 49-231 29298045 quakerhoughton.com Um den Anforderungen eines nachhaltigen Einsatzes von Schneid- und Schleifölen gerecht zu werden, setzt Quaker Houghton schon seit vielen Jahren hochqualitative Recyclingöle ein. Nachweislich tragen unsere Kunden damit zur Verringerung von CO²-Emissionen bei. Unsere neue Schleiföltechnologie QH CUT-MAX ® 3350 M10 definiert die Ansprüche an nachhaltige Metallbearbeitungsflüssigkeiten neu. Kontaktieren Sie unseren Kundenservice, Ihren Quaker Houghton Ansprechpartner vor Ort oder unsere Partner Distributoren. Wir arbeiten gerne mit Ihnen zusammen, um eine CO²-Neutralität zum Wohle der nachfolgenden Generationen zu erreichen: Forward Together™ Time to change. Time to change. Forward Forward Together. Quaker Houghton Sales BV Deutsche Zweigniederlassung Giselherstraße 57 44319 Dortmund Telefon: 49-231 29298045 quakerhoughton.com Um den Anforderungen eines nachhaltigen Einsatzes von Schneid- und Schleifölen gerecht zu werden, setzt Quaker Houghton schon seit vielen Jahren hochqualitative Recyclingöle ein. Nachweislich tragen unsere Kunden damit zur Verringerung von CO²-Emissionen bei. Unsere neue Schleiföltechnologie QH CUT-MAX ® 3350 M10 definiert die Ansprüche an nachhaltige Metallbearbeitungsflüssigkeiten neu. 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Wir arbeiten gerne mit Ihnen zusammen, um eine CO²-Neutralität zum Wohle der nachfolgenden Generationen zu erreichen: Forward Together™ Time to change. Time to change. Forward Forward Together. Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 3/ 2022 14 Fachartikel | Grundöle - Rückgrat moderner Schmierstoffe Grundöle werden zu Kraftstoffen und niedrigviskosen Schmierölen verarbeitet, z. B. Isolieröle, Turbinenöle oder Hydraulikflüssigkeiten, aber auch in Motorenölen oder in Kombination mit anderen Grundölen. Ester (API-Gruppe V) Esterflüssigkeiten entstehen durch die Synthese von Alkoholen mit Säuren. In der Natur kommen Esterflüssigkeiten z. B. in Form von Pflanzenölen vor. So zahlreich die Anzahl verschiedener Ausgangsprodukte zur Herstellung von Estern ist, so vielfältig und variabel sind die gewonnenen Produkte und deren Eigenschaften. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, diese Gruppe detailliert zu betrachten.Ester sind Grundöle, die eine höhere Polarität als die Grundöle der Gruppen I bis IV aufweisen. Damit besitzen sie eine höhere Benetzungsfähigkeit klassischer Metallflächen und eine intrinsisch höhere Schmierfähigkeit als unpolare Flüssigkeiten. Esterverbindungen werden deshalb auch als Additive zur Erhöhung der Schmierfähigkeit eingesetzt. Einige Ester weisen eine deutlich bessere biologische Abbaubarkeit auf als Grundöle der Gruppen I bis IV. Andere Ester haben Vorteile im Bereich der Schwerentflammbarkeit. Deshalb finden diese Grundöle oft bei der Herstellung von Bio-Schmierbzw. Hydraulikflüssigkeiten oder schwer entflammbaren Hydraulikflüssigkeiten Anwendung. Insbesondere gesättigte Esterflüssigkeiten weisen eine erheblich bessere Oxidationsstabilität als Mineralöle auf. Ihre hohe Polarität und die damit verbundene Lösefähigkeit von Alterungsprodukten ist in vielen Hochtemperaturanwendungen von Vorteil. Die Welt der Ester geht weit über die Welt der klassischen Kohlenwasserstoffe hinaus. So finden spezielle Phosphorsäure-Ester Anwendung als schwer entflammbare Flüssigkeit zur Steuerung von Dampfturbinen und Schmierung von Flugzeugtriebwerken. Ein erhöhter Wassergehalt führt in Estern oft zur hydrolytischen Spaltung. Deshalb empfiehlt sich in vielen Anwendungen, beispielsweise als Bio-Hydrauliköl, eine entsprechende Ölpflege. Die hohe Polarität führt zu einem veränderten Verhalten gegenüber Materialien, beispielsweise Elastomer-Dichtungen, Farbanstrichen oder Schläuchen. Polyglykole (API-Gruppe V) Polyglykole sind mehrwertige Alkohole. Die zur Gruppe der Polyäther gehörenden Polymere werden aus Ethylen oder Propylen, in einigen Fällen Butylen gewonnen. Ihre Eigenschaften können aufgrund der vielfaltigen Möglichkeiten der Ausgangsprodukte und der Nachbehandlung ebenfalls sehr unterschiedlich sein. Als Schmierstoffe kommen z. B. oft Polyethylenglykole zum Einsatz, die eine gute Wasserlöslichkeit aufweisen oder aber Polypropylenglykole, die eine abnehmende Wasser-, dafür aber eine gewisse Mineralöllöslichkeit mitbringen. Wird zur Herstellung beispielsweise Butylen als „Startermolekül“ verwendet, steigt die Mineralöllöslichkeit weiter, die Wasserlöslichkeit nimmt ab. Polyglykole zeichnen sich durch ein hervorragendes Viskositäts-Temperatur-Verhalten und durch ihre auf einer höheren Polarität basierenden sehr guten Schmiereigenschaften aus. Anders als Grundöle der Gruppen I bis IV neigen sie bei thermischer Zersetzung nur wenig zur Bildung koksartiger Rückstände. Polyglykole werden beispielsweise zur Herstellung von Industriegetriebebzw. Umlaufschmierölen, wässrigen und nichtwässrigen schwer entflammbaren oder biologisch schneller abbaubarenHydraulikflüssigkeiten verwendet. Öllösliche Polyglykole werden in einigen Fällen auch als zusätzliche Grundölkomponente höherer Polarität eingesetzt. Ihre hohe Polarität führt zu einem veränderten Verhalten gegenüber Materialien, beispielsweise Elastomer-Dichtungen, Farbanstrichen oder Schläuchen. Silikonflüssigkeiten (API-Gruppe V) Silikonflüssigkeiten kommen in Sonderfällen zur Anwendung, z. B. als Grundöl zur Herstellung von speziellen Schmierfetten, als Schmieröl bei höheren Temperaturen oder als schwer entflammbare Isolierflüssigkeit. Von Vorteil sind beispielsweise der sehr hohe Viskositätsindex (je nach Typ bis zu ca. 400) und die hohe Alterungsstabilität. Von Nachteil sind dagegen ihr ausgesprochenes Kriechvermögen und die im Vergleich zu klassischen Schmierflüssigkeiten niedrige Erhöhung der Viskosität unter hohem Druck. Auch Silikonflüssigkeiten können je nach Typ deutlich abweichende Eigenschaften haben. Aufgrund ihrer geringen Bedeutung soll hier nicht näher auf sie eingegangen werden. Perfluorierte Polyether (API-Gruppe V) Noch exotischer als Silikonöle sind perfluorierte Polyether. Sie kommen beispielsweise für Sonderschmierstoffe in Hochtemperaturanwendungen, zur Schmierung von Sauerstoff-Armaturen oder als Grundöl für Spezial-Schmierfette zur Hochtemperatur- oder Lebensdauer-Schmierung zum Einsatz. Sie sind frei von Kohlenwasserstoffen und sind in ihrer Anwendung auch frei von ihnen zu halten. 15 Schmierstoff + Schmierung · 3. Jahrgang · 3/ 2022 Fachartikel-|-Grundöle - Rückgrat moderner Schmierstoffe Mischbarkeit und Verträglichkeit Zur Mischbarkeit und Verträglichkeit ist in Artikeln dieser Zeitschrift bereits mehrfach berichtet worden. Deshalb soll an dieser Stelle nur kurz darauf hingewiesen werden. Grundöle der API-Gruppen I bis IV sind miteinander mischbar. Kommen Grundöle der API-Gruppe V dazu, ist diese oft nicht gegeben und sollte besonders sorgfältig geprüft werden. Mischbarkeit ist jedoch nur die erste Hürde zur Kompatibilität: > Nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten sind auch nicht miteinander verträglich. > Miteinander mischbare Flüssigkeiten können aufgrund ihrer unterschiedlichen Additivierung trotzdem nicht miteinander verträglich sein. > Eine Unverträglichkeit kann sich je nach Flüssigkeitstyp und Anwendung in schnell und deutlich eintretenden Störungen äußern. Diese können jedoch auch erst mittel- oder langfristig offenbar werden. Synthetisch oder nicht? Grundöle der Gruppen II und III werden durch spezielle Verfahren der Wasserstoff behandlung erzeugt. Sie werden, wenn auch in ihrer Leistungsfähigkeit deutlich verbessert, im engeren Sinne den mineralölartigen Grundölen zugerechnet. Im Markt werden sie ob der optimierten Eigenschaften oft auch als „teilsynthetisch“ oder gar „synthetisch“ bezeichnet. Tabelle 4 stellt die typischen Verfahren der Wasserstoff behandlung kurz gegenüber. Nachhaltigkeit Die Nachhaltigkeit von Schmierstoffen wird nicht selten auf deren biologische Abbaubarkeit und die Verwendung erneuerbarer Rohstoffe reduziert. Insbesondere synthetische Grundöle weisen eine ganze Reihe positiver Eigenschaften auf, die trotz des zur Herstellung notwendigen höheren Energieeinsatzes einen nachhaltigeren Schmierstoffeinsatz erlauben. Folgende Beispiele sollen das verdeutlichen: > Ihr natürlich hoher Viskositätsindex erhöht die Schmierwirkung bei hohen Temperaturen und damit die Lebensdauer der geschmierten Komponenten. > Gleichzeitig wird die Energieeffizienz durch den hohen Viskositätsindex und bei einigen Syntheseölen (z. B. PAO und HC-Öle) zusätzlich durch die niedrige Dichte oder die intrinsisch bessere Schmierfähigkeit (z. B. Ester, Polyglykole) erhöht. > Insbesondere gesättigte Syntheseöle erlauben eine deutliche Verlängerung der Ölwechselintervalle und verringern dadurch den Ressourcenverbrauch. Die höheren Herstellungskosten werden relativiert, nicht selten sogar mehr als kompensiert. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit lassen sich auf diese Weise sinnvoll miteinander verbinden. »« Eingangsabbildung: © Andrey VP - stock.adobe.com Tab. 4: Typische Verfahren zur Wasserstoffbehandlung von Grundölen WENN LEISTUNG UND NACHHALTIGKEIT ZÄHLEN OKS Spezialschmierstoffe GmbH www.oks-germany.com Spezialschmierstoffe und Chemisch-Technische Produkte für die industrielle Wartung und Instandhaltung Anzeige
