Schmierstoff + Schmierung
sus
2699-3244
expert verlag Tübingen
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In einer Diskussion über das Thema Alterung von Schmierölen wurde neben der Öloxidation auch die thermische Zersetzung angeführt. Worin besteht der Unterschied?
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Rüdiger Krethe
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Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 3/ 2023 36 nAchgefrAgt nAchgefrAgt In einer Diskussion über das Thema Alterung von Schmierölen wurde neben der Öloxidation auch die thermische Zersetzung angeführt. Worin besteht der Unterschied? Rüdiger Krethe, OilDoc GmbH Kleiner Temperatur-Wegweiser Der folgende Temperatur-Wegweiser zeigt, was bei welchen Temperaturen in Schmieröl üblicherweise geschieht. Zum besseren Verständnis wird in diesem Artikel nur auf die wesentlichen Einflüsse eingegangen. < 50 °C - Normale Umgebungstemperaturen Normale Umgebungstemperaturen schaden dem Öl praktisch nicht. Wenn beispielweise ein Schmieröl im Fass ungeöffnet innerhalb eines geschlossenen Gebäudes bei etwa 20-30 °C gelagert wird, ist es über einige Jahre hinweg haltbar. Starke Temperaturschwankungen, die zum Eintrag von Kondensat führen können, sollten jedoch vermieden werden. Vor allem Fässer, die außerhalb von Gebäuden gelagert werden, sind davon betroffen. Diese sollten dann auf jeden Fall abgedeckt und liegend aufbewahrt werden, die Öffnungen positioniert auf die Position „3 bzw. 9 Uhr“. 50-100 °C - Normale bis leicht erhöhte Betriebstemperaturen Temperaturen über 50 °C führen zu einer zunehmenden Oxidation des Schmieröls. Der Gleichung des berühmten Physikers Savante Arrhenius folgend, hat die Temperatur einen enormen Einfluss auf die Oxidationsgeschwindigkeit, wie die davon abgeleitete Faustformel zeigt: > Pro 10 °C Temperaturerhöhung verdoppelt sich die Oxidationsgeschwindigkeit (und halbiert sich das Ölwechselintervall) Es ist also ein sehr großer Unterschied, ob die Tanktemperatur 50, 70 oder gar 90 °C beträgt! Abbildung 1 zeigt den Mechanismus der Autooxidation (nach Korcek). Auf eine Detailerläuterung der Abbildung wird in diesem Artikel verzichtet. Mit „Energie“ wird der Einfluss der Temperatur deutlich. Am Ende der Grafik werden die Ergebnisse des Oxidationsprozesses sichtbar: > Die Beanspruchung führt zu einem Verbrauch der Antioxidantien. > Die Bildung von Polymeren führt zu einer Dunkelfärbung des Öles und oft zu einem Anstieg der Viskosität. > Die zunehmende Oxidation generiert Säuren. > 100 °C - Stark erhöhte Betriebstemperaturen Liegen die Betriebstemperaturen über 100 °C, wird die weiter stark beschleunigte Öloxidation zunächst nAchgefrAgt Abb. 1: Mechanismus der Autooxidation 37 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 3/ 2023 Nachgefragt-|-Alterung von Schmierölen langsam, und mit dem weiteren Anstieg der Temperatur zunehmend von der thermischen Zersetzung des Schmieröls überlagert. Thermische Zersetzung führt zu einer Zerstörung der Bindungen zwischen den Grundbausteinen unserer durch Kohlenwasserstoff-Moleküle dominierten Schmieröle. Das Besondere an der thermischen Zersetzung: > Es wird kein Sauerstoff benötigt. > Thermische Zersetzung führt zu kleineren Molekülen und lässt die Viskosität des Öles damit sinken. > Während Öloxidation eher zu einer mehr oder weniger starken Braunfärbung des Öls führt, hat die thermische Zersetzung eher eine Graubis Schwarzfärbung und ggf. einen brandigen Geruch zur Folge. Die thermische Zersetzung läuft im Gegensatz zur klassischen Öloxidation relativ schnell ab. So genügen die kurzen Zeiten, die das Öl an einem so genannten „Hotspot“ den dort vorliegenden sehr hohen Spitzentemperaturen ausgesetzt ist, das Öl zu schädigen. In einigen Systemen sind sehr hohe Temperaturen normal. Für Wärmeträgerflüssigkeiten, die oft mit Vorlauftemperaturen von 200-300 °C oder mehr betrieben werden, ist thermische Zersetzung normal. In einem Verbrennungsmotor mit lokalen Temperaturspitzen von deutlich mehr als 150-250 °C ist neben der Oxidation auch die thermische Zersetzung von großer Bedeutung. Eine anomale thermische Zersetzung kann durch Fehler im System, beispielsweise einen Dieseleffekt („Microdieseling“), Stromdurchgang, oder elektrostatische Entladungen (ESD = Electro Static Discharge) hervorgerufen werden. Oft ist das Öl plötzlich grau oder schwarz gefärbt, obwohl es bisher eher die typischen bräunlichen Verfärbungen zeigte. Eine thermische Zersetzung, oft gepaart mit starker Öloxidation, führt zu einer intensiven Bildung von ölunlöslichen Ablagerungen wie z. B. Verharzungen, Ruß- oder Lackbildung. Neben der thermischen Zersetzung neigen Schmieröle bei sehr hoher Temperatur zu einer Verdampfung. Das führt überwiegend zu einem auszugleichenden Ölverlust und gasförmigen Emissionen. Die thermische Zersetzung führt zu kurzkettigen Verbindungen, die leichter verdampfen und den Flammpunkt absenken. Starke gasförmige Emissionen können zu einer leichten Entzündbarkeit führen. Außerdem sollten sie auch aus gesundheitlichen Gründen nicht unbedacht in die Umwelt entweichen. Obige Tabelle gibt eine kurze Zusammenfassung. »« Eingangsabbildung: © OELCHECK GmbH Abb. 2: Schmieröle mit Grau- oder Schwarzfärbung
