Schmierstoff + Schmierung
sus
2699-3244
expert verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/111
2023
44
Die obere Temperaturbelastungsgrenze von Schmierstoffen
111
2023
Jin Zhiliang
Lei Allian
Mathias Woydt
Die PetroChina Lubricant Company hat ein neues, tribometrisches Verfahren zur Bestimmung der oberen Temperaturgrenze für den Betrieb von Schmierölen entwickelt und validiert. Es handelt sich dabei um einen Temperatursteigerungstest.
sus440006
Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 4/ 2023 6 FacHartiKEl FacHartiKEl Die obere Temperaturbelastungsgrenze von Schmierstoffen Jin Zhiliang, Lei Allian, Petrochina Lubricant Company Mathias Woydt, MATRILUB Die PetroChina Lubricant Company hat ein neues, tribometrisches Verfahren zur Bestimmung der oberen Temperaturgrenze für den Betrieb von Schmierölen entwickelt und validiert. Es handelt sich dabei um einen Temperatursteigerungstest. ASTM D8503-23 bestimmt die Fähigkeit von Schmierölen, mit ansteigender Öltemperatur vor dem adhäsiven Versagen (Fressen) zu schützen. Aus dem Verlauf der Reibungszahl über der Temperatur von Schmierstoffen ergeben sich für Formulierer und Anwender neue Einblicke in die Stabilität der Reibungszahl über die Betriebstemperatur sowie Aufschluss über die Bildung und Stabilität von schützenden Tribofilmen über die Temperatur. Die Kombination etwaiger temperaturbedingten Sprüngen in der Reibungszahl mit dem elektrischen Kontaktwiderstand gibt neue Einblicke in das „Leben“ von Tribofilmen. Das Prüfkonzept ASTM D8503-23 ist ein brandneuer tribometrischer Fressversuch, bei dem das adhäsive Versagen (Fressen) durch Temperaturerhöhungen und nicht durch Laststufenerhöhungen, wie bei FZG (ISO 14635), 4-Kugel (ISO 20623), Timken bzw. Block-on-Ring (ASTM D2782), SRV (ISO 19291) usw., ausgelöst wird. Es besteht funktional die Notwendigkeit, die obere Temperaturgrenze von Schmierstoffen zu bestimmen. Die Prüfverfahren ASTM D3336 und FAG FE9 (DIN 51821, bis 250°C), die beide mit Kugellagern arbeiten, bestimmen z. B. die obere Temperaturgrenze von Fetten. Die grundsätzliche Prüfmethodologie von D8503 wurde bereits Ende der fünfziger Jahre von R.M. Matveesky für den 4-Kugel-Apparat veröffentlicht [1,2]. Die chinesische, SRV-basierte Prüfnorm Q/ SY 1495-2012 [3] nimmt Grundelemente auf, in dem die Öltemperatur stufenweise um 10K angehoben wird. Allerdings zielt Q/ SY 1495-2012 auf Motorenöle ab, weswegen die untere Prüfscheibe aus einem hochgekohlten, lamellaren Grauguß besteht. Die Mercedes-Benz-Norm MBN 10474 ist ein weiterer tribometrischer Test auf SRV-Basis [4] zur Ermittlung der Fressgrenze von Motorenölen in Wechselwirkung mit Werkstoffen/ Beschichtungen unter BUCHTIPP expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Dieter Brendt, Olaf Mackowiak Führung in der Technik 1. Auflage 2021, 177 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8169-3467-7 eISBN 978-3-8169-8467-2 Mitarbeitende zielgerichtet und effektiv führen zu können, ist ein Schlüssel für nachhaltigen Unternehmenserfolg. In diesem Buch werden den Leser: innen durch die direkte Ansprache und die Praxisbeispiele von Kolleg: innen in vergleichbaren Situationen Denkanstöße und Tipps geboten, um ihren Führungsstil zu analysieren und darauf aufbauend zu optimieren. Es werden bewährte Maßnahmen und Techniken zur effizienten Gestaltung und Beherrschung der vielfältigen Anforderungen im sich schnell verändernden technischen wie gesellschaftlichen Umfeld vorgeschlagen, die praxisgerecht im Führungsalltag eingesetzt werden können. Dieter Brendt: Vielseitige Berufserfahrungen als Techniker in leitenden Positionen, Studium der Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie, Supervisor BDP, seit 1989 freiberuflicher Trainer, Berater und Coach Olaf Mackowiak: Betriebsleitung in der Metallverarbeitenden Industrie, Führungsverantwortung für 170 Mitarbeiter: innen, 25 Jahre Führungserfahrung auf unterschiedlichen Hierarchieebenen Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 4/ 2023 8 Fachartikel | Die obere Temperaturbelastungsgrenze von Schmierstoffen Verwendung einer Testmatrix mit bis zu 31 verschiedenen Testbedingungen. Die Prüfkörper werden aus realen Motoren gefertigt. Die tribometrischen Versuche unter Steigerung der Temperatur wurden in einem SRV-Prüfgerät (Optimol Instruments GmbH, München) unter Verwendung einer Rolle-Scheiben-Geometrie durchgeführt unter einer konstanten Oszillationsfrequenz von 50 Hz, einem Hub von 2,0 mm und einer konstanten Last (F N ) von 500 N (P 0Mittel = 210 MPa). Die oszillierenden Rollen aus 100Cr6 (vergütet auf 60±2HRC (720-775 HV0.2)) haben einen Durchmesser von 15 mm und eine Breite von 22 mm mit einem Randabfall, sodass die Kontaktlänge zu Versuchsbeginn 21 mm beträgt. Die Scheiben bestehen aus lamellarem Grauguss mit hohem Kohlenstoffgehalt zwischen 3,65-3,85 Gew.-% Kohlenstoff und perlitischer Matrix (Graphitform IA4-5). Lamellarer Grauguss mit hohem Kohlenstoffgehalt wird häufig als Zylinderlauf buchsen in Dieselmotoren verwendet. 100 µL des zu prüfenden Schmieröls werden auf die gereinigte Scheibe dort gegeben, wo der Kontakt mit der Rolle erfolgt. Die Temperatur des Empfangsblocks wird entsprechend dem voreingestellten Temperaturprofil schrittweise erhöht. Folgendes Temperaturprofil ist in D8503 vorgegeben und beginnt bei 40 °C, > 10K-Schritte alle sieben Minuten bis 120 °C, > 10K-Schritte alle zehn Minuten bis 180 °C, > 10K-Schritte alle zwölf Minuten bis 240 °C und > 10K-Schritte alle fünfzehn Minuten bis 300 °C erreicht sind oder ein Versagen auftrat. Die Einblicke in das Temperaturverhalten Das dynamische Temperaturprofil kann für spezifische Anwendungen in den Temperaturschritten angepasst und/ oder auch werkstofftechnisch modifiziert werden. Abbildung 1 stellt völlig entgegensetzte Verläufe der Reibungszahlen für zwei Schmierstoffe mit dem Temperaturprofil dar. Solche Erkenntnisse sind wichtig, um Fehlinterpretationen zum funktionalen Verhaltens von Schmierstoffen in Bezug auf die typische Betriebstemperatur zu vermeiden. Das Hydrauliköl weist zunächst recht hohe Reibungszahlen auf, die bei etwa 110 °C abfallen, wohingegen das Motoröl zunächst sehr niedrige Reibungseigenschaften aufweist, die ab etwa 100 °C verloren gehen. In beiden Verläufen trat das adhäsive Versagen erst später bei ca. 260 °C auf. Erfolgen vergleichende tribologische Prüfung nur bei einer Temperatur, z. B. 50°C, so wird das Motorenöl überbewertet, weil es bei hohen Betriebstemperaturen nicht reibungsarm ist. Ebenso würde man das Hydrauliköl aus einem Versuch bei nur 50°C nicht in Betracht ziehen, obwohl es bei hohen Öltemperaturen reibungsarm ist. Die Versuchsaufzeichnung kann um die Schwingungsweite (Hub) und den elektrischen Kontaktwiderstand ergänzt werden. Im Beispiel in Abbildung 2 nimmt der elektrische Kontaktwiderstand bis ca. 210°C zwei Maxima und ein Minimum ein. Der Anstieg in der Reibungszahl geht parallel einher mit dem Zusammenbruch des Kontaktwiderstandes, ohne das es zum adhäsiven Versagen (Fressen) kommt, Abb. 1: Verlauf der Reibungszahl mit ansteigender Temperatur in Temperaturschritten von 10 K 9 Schmierstoff + Schmierung · 4. Jahrgang · 4/ 2023 Fachartikel-|-Die obere Temperaturbelastungsgrenze von Schmierstoffen da der Verlauf der Schwingungsweite ruhig und gleichmäßig ist. Die verschiedenen Änderungen im elektrischen Kontaktwiderstand sollten strukturell durch Oberflächenanalytik vom Tribofilm aufgeklärt werden. Neben eines von der Temperatur invarianten Verlaufs der Reibungszahl betrifft dies in elektrifizierten Antriebssträngen auch den elektrischen Kontaktwiderstand. Literaturangaben [1] R. M. Matweevsky, Influence of low temperatures on the lubricating capacity of mineral oils, WEAR, Vol. 2, (1958/ 59), p. 315-317. [2] R. M. Matveevsky, The critical temperature of oil with point and line contact machines, Transactions of ASME, Journal of Basic Engineering, September 1965, p. 754-761 [3] Standard test method for determining the scuffing resistance properties of gasoline engine oils by using the SRV test machine, Q/ SY 1495-2012 [4] P. T. Obert; T. Müller, H.-J. Füßer and D. Bartel, The influence of oil supply and cylinder liner temperature on friction, wear and scuffing behavior of piston ring cylinder liner contacts - A new model test, Tribology International 94 (2016) 306-314 »« Eingangsabbildung: © photoschmidt - stock.adobe.com Abb. 2: Gegenüberstellung der parallelen Verläufe der Reibungszahl (oben), des elektrischen Kontaktwiderstands (unten) sowie der Schwingungsweite (oben) während des Temperaturstufentests (5W-30, SM/ GF-4, Gr. III) Interesse? www.narr.de Anzeige
