eJournals Schmierstoff + Schmierung 5/2

Schmierstoff + Schmierung
sus
2699-3244
expert verlag Tübingen
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Nachhaltige Kühlschmierstoffanwendungen - Bedeutung und Relevanz für den zerspanenden Betrieb

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2024
Stefan Joksch
sus520026
Schmierstoff + Schmierung · 5. Jahrgang · 2/ 2024 26 adVErtorial adVErtorial Nachhaltige Kühlschmierstoffanwendung - Bedeutung und Relevanz für den zerspanenden Betrieb Stefan Joksch Kühlschmierstoffe (KSS) oder Bearbeitungsmedien gemäß DIN 51385 sind aus der industriellen, zerspanenden Bauteilfertigung nach wie vor nicht wegzudenken. Vor allem, wenn es um eine Serienproduktion und hohe Stückzahlen geht, tragen Bearbeitungsmedien entscheidend dazu bei, mit hoher Qualität effizient produzieren zu können. Da Bearbeitungsmedien Verbrauchsstoffe sind, welche unter Umständen auch Inhaltsstoffe mit Gefährdungspotenzial enthalten, stellt sich jedoch die Frage nach dem Einfluss auf Nachhaltigkeitsfaktoren wie der Humanverträglichkeit, Ressourcenschonung und dem Klimaschutz. Welche Anforderungen stellt der Gesetzgeber heute und zukünftig an die Nachhaltigkeitsbewertung von Produktionsprozessen im Zusammenhang mit Kühlschmierstoffen? Welche Nachhaltigkeitsattribute des KSS können und müssen in der Bewertung berücksichtigt werden? Trendthema Nachhaltigkeit Seit einigen Jahren ist der Begriff Nachhaltigkeit in aller Munde. Vor allem das wachsende Bewusstsein über den globalen Klimawandel und die entsprechenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Reaktionen machen nachhaltiges Handeln heutzutage unabdingbar, auch im industriellen Kontext. 2015 wurde die Agenda 2030 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Das Herzstück der Agenda stellen die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung dar (Sustainable Development Goals, SDGs). Um diesen Zielen zu folgen, gibt der Gesetzgeber in der EU mit dem Green Deal - bzw. den zugehörigen gesetzlichen Initiativen - neue Regeln vor, z. B. die Taxonomieverordnung, bei denen u. a. der wirtschaftliche Erfolg mit nachhaltigem Agieren verknüpft wird. In Anbetracht dessen, dass insbesondere die ökologische Auswirkung eines Produkts mehr oder weniger stark vom Herstellungsprozess abhängt, wird das produzierende Gewerbe zunehmend Nachhaltigkeitsaspekte in die Produktionsprozesse einbeziehen. Wesentliche Nachhaltigkeitsthemen für den Kühlschmierstoffanwender Betrachtet man die Prozesskette der Zerspanung, kommt dem Bearbeitungsmedium oder Kühlschmierstoff eine ziemlich große Bedeutung hinsichtlich Umweltauswirkungen und Arbeitssicherheit zu. So ist der Product Carbon Footprint (PCF) - also die Menge CO 2, die bei der Herstellung des Kühlschmierstoffs freigesetzt wird - nicht viel geringer als bspw. der PCF einer mit regenerativem Strom hergestellten Aluminiumlegierung. Wird hauptsächlich Kohlestrom bei der Herstellung von Aluminium-Guss-Halbzeugen verwendet, steigt der PCF auf deutlich höhere Werte. Studien zeigen, dass Kühlschmierstoffe tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zu den CO 2 -Emissionen bei der zerspanenden Herstellung von Bauteilen haben können. Darüber hinaus können Kühlschmierstoffe weitere Umweltauswirkungen mit sich bringen 27 Schmierstoff + Schmierung · 5. Jahrgang · 2/ 2024 Advertorial-|-Nachhaltige Kühlschmierstoffanwendung (z. B. Wassergefährdung und Abfallentstehung) und eine gesundheitsgefährdende Wirkung am Arbeitsplatz ausüben. In Kontext der 17 UN-Ziele sind Kühlschmierstoffe in der Anwendung wesentlich für die SDGs „13: Maßnahmen zum Klimaschutz“, „12: Nachhaltiger Konsum und Produktion“, „6: Sauberes Wasser“ und „3: Gesundheit und Wohlergehen“. Nachhaltigkeitsattribute von Kühlschmierstoffen Um das vom Gesetzgeber formulierte Ziel „Nachhaltigkeit in der industriellen Produktion“ quantifizierbar zu machen, sind umfangreiche Datenerhebungen und Auswertungen in der Prozesskette notwendig. Sieht man sich den Kühlschmierstoff und dessen Wesentlichkeit und Wirkung in der Bauteilproduktion genauer an, kann man eine Reihe von relevanten Nachhaltigkeitsattributen identifizieren: > Anteil fossiler Rohstoffe > Biogener Anteil > Recyclingfähigkeit > Anteil von recycelten Rohstoffen (z. B. Reraffinate) > Umwelt- und Humanverträglichkeit (Gefahrstoffrechtliche Einstufung, Wassergefährdungsklasse) > Product Carbon Footprint Teilweise liegen diese Daten heute schon vor (Gefahrstoffrechtliche Einstufung, Wassergefährdungsklasse), teilweise stehen wir noch am Anfang, z. B. bei den Emissionsdaten, die für die Berechnung von Product Carbon Footprints benötigt werden. Der Anwender von Kühlschmierstoffen kann mit diesen produktspezifischen Daten eine Nachhaltigkeitsbeurteilung der Nutzungsphase durchführen bzw. die Wirkungen in seinen Produktionsprozessen bewerten. In der Metallbearbeitung wird es aufgrund der Vielfalt in der Anwendung sehr schwierig sein, generische Anwendungsfälle mit den Produkten mitzuliefern, um dem Kunden diese Aufgabe abzunehmen. Blick in die Zukunft Die Anforderungen an den Datenaustausch bzw. die Kommunikation in der Lieferkette hinsichtlich Nachhaltigkeits- oder ESG-Themen werden weiter zunehmen. Neben der Taxonomieverordnung, die das Unternehmenscontrolling verändern wird und die Finanzströme in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken soll, wird die Nachhaltigkeitsberichtspflicht gemäß CSRD und die Ökodesign-Verordnung zu beachten sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Schmierstoffindustrie in naher Zukunft digitale Produktpässe gemäß Ökodesign-Verordnung erstellen muss, in denen Nachhaltigkeitsattribute - ähnlich den oben genannten - aufgeführt werden müssen. Es wird eine große Herausforderung für alle Beteiligten sein, die Forderungen der gesetzlichen Regelungen des Green Deals zu erfüllen, daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten, die die wirtschaftlichen Aktivitäten wirklich nachhaltiger machen. Das alles mit einem Aufwand, der dauerhaft tragbar ist und die europäischen Unternehmen nicht weit hinter ihre globalen Wettbewerber zurückfallen lässt. »« Eingangsabbildung: © Oemeta