Schmierstoff + Schmierung
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2025
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Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen – quo vadis?
0331
2025
Rüdiger Krethe
Baumaschinen stehen für den stetigen Wandel der Welt, in der wir leben. Ob nun ein Haus, Fabrikgebäude, ein ganzes Areal, eine Straße oder Brücke: Altes muss Neuem weichen, Bestehendes wird instand gesetzt, modernisiert oder erweitert. Baumaschinen sind also auch morgen aus unserem Leben nicht wegzudenken.
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Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 10 FacHartikEl FacHartikEl Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen - quo vadis? Rüdiger Krethe, OilDoc GmbH Baumaschinen stehen für den stetigen Wandel der Welt, in der wir leben. Ob nun ein Haus, Fabrikgebäude, ein ganzes Areal, eine Straße oder Brücke: Altes muss Neuem weichen, Bestehendes wird instand gesetzt, modernisiert oder erweitert. Baumaschinen sind also auch morgen aus unserem Leben nicht wegzudenken. Auch für die Baumaschinen selbst bleibt die Zeit nicht stehen. Herausforderungen wie Automatisierung, Digitalisierung, Vernetzung bis hin zur autonom arbeitenden Baumaschine, deren Einsatz im modernen Flottenmanagement ebenso smart organisiert ist wie die Arbeit der Maschine selbst, finden sich unter dem Schlagwort „Baumaschine 4.0“ wieder. Dazu kommen Kostendruck, Forderungen nach hoher Energieeffizienz, niedrigen Emissionen und das Ganze noch so nachhaltig wie möglich. Hydraulische Systeme, seit Jahrzehnten fest mit der Welt der Baumaschinen verbunden, können sich diesen Rahmenbedingungen ebenso wenig entziehen wie die in ihnen eingesetzten Hydraulikflüssigkeiten. In diesem Artikel sollen zunächst die generellen Anforderungen an Hydraulikflüssigkeiten in Baumaschinen betrachtet werden. Anschließend wird aufgezeigt, welche Konsequenzen der technische Fortschritt für die Hydraulikflüssigkeit und den smarten Umgang mit ihr ergeben. Die beschriebenen Anforderungen und Rahmenbedingungen lassen sich auch auf andere mobile Maschinen und Arbeitsgeräte, beispielsweise Land- und Forstmaschinen, übertragen. Allgemeine Anforderungen Hydraulikflüssigkeiten dienen primär zur Kraftübertragung und sind damit ein untrennbarer Teil des Systems, wie beispielsweise die Wälzlager und Zahnräder eines Getriebes. Hydraulikflüssigkeiten unter- Rüdiger Krethe Rüdiger Krethe ist Geschäftsführer der OilDoc GmbH, der Akademie für Weiterbildung rund um Schmierstoffanwendung, Ölanalysen und proaktive Instandhaltung. Nach seinem Studium des Maschinenbaus und der Tribotechnik war er im Produktmanagement für Industrieöle einer Mineralölgesellschaft tätig. Anschließend leitete er 15 Jahre das Diagnose-Team von OELCHECK. Seit mehr als 30 Jahren gibt Rüdiger Krethe als IHK-zertifizierter Trainer in Seminaren sein Know-how zu Tribologie, Schmierstoffen und Ölanalysen erfolgreich weiter. Außerdem ist er seit der ersten Ausgabe aktives Mitglied des Redaktionsteams der Schmierstoff+Schmierung. 11 Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 Fachartikel-|-Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen - quo vadis stützen zudem die Steuerung des Systems und sind zugleich auch Schmierstoffe, zu deren Aufgaben die Kontrolle von Reibung und Verschleiß gehören sowie der Korrosionsschutz der ölbenetzten Teile, die Wärmeabfuhr und der Partikeltransport. Die sich für ein konkretes Hydrauliksystem beziehungsweise eine konkrete Maschine aus den technischen Parametern, eingesetzten Komponenten und Einsatzbedingungen ergebenden Anforderungen können sehr unterschiedlich sein. Sie werden vom Hersteller spezifiziert, zum Beispiel durch > einen genormten Hydrauliköltyp und eine dazugehörige Viskositätsklasse, > wenn erforderlich, gepaart mit einer Freigabe des Anlagenbeziehungsweise Geräteherstellers. Die Viskosität Der wichtigste physikalische Kennwert eines Hydraulikfluids ist die Viskosität. Sie hat entscheidenden Einfluss auf die Effizienz der Kraftübertragung und auf die Schmierfähigkeit des Öls. Eine zu hohe Viskosität beeinträchtigt durch die zunehmende innere Reibung und Förderverluste den Wirkungsgrad der Kraftübertragung. Ist die Viskosität zu niedrig, sinkt der volumetrische Wirkungsgrad, zugleich verringert sich die Schmierfähigkeit. Zusätzlich zur Viskosität hat auch die Dichte einen Einfluss auf die Energieeffizienz. Je niedriger die Dichte, umso weniger Energieaufwand ist notwendig, um die Ölmenge durch das System zu bewegen. Der großen Bedeutung der Viskosität zufolge ist diese Kenngröße anhand internationaler Normen in ein System von Viskositätsklassen eingeteilt. Für Hydraulikflüssigkeiten, die hauptsächlich dem Bereich der Industrieschmierstoffe zugerechnet werden, hat sich das System der ISO-Viskositätsklassen durchgesetzt (englisch: ISO VG = ISO Viscosity Group). Tabelle 1 zeigt die Viskositätsklassifikation gemäß ISO 3448. Die Einteilung erfolgt anhand der kinematischen Viskosität bei 40 °C. Ein- oder Mehrbereichsöl Die Viskosität von Hydraulikflüssigkeiten und Schmierölen ist temperaturabhängig. Mit zunehmender Temperatur nimmt die Viskosität ab, bis bei entsprechend hohen Temperaturen das Öl unzureichend schmierfähig ist. Mit fallender Temperatur steigt die Viskosität an, bis das Öl seine Fließfähigkeit verliert ISO Viskositätsklasse Mittelpunkts- Viskosität bei 40 °C [mm²/ s] Kin. Viskosität [mm²/ s bei 40 °C] Min. Max. ISO VG 2 2,2 1,98 2,42 ISO VG 3 3,2 2,88 3,52 ISO VG 5 4,6 1,14 5,06 ISO VG 7 6,8 6,12 7,48 ISO VG 10 10 9,00 11,0 ISO VG 15 15 13,5 16,5 ISO VG 22 22 19,8 24,2 ISO VG 32 32 28,8 35,2 ISO VG 46 46 41,4 50,6 ISO VG 68 68 61,2 74,8 ISO VG 100 100 90,0 110 ISO VG 150 150 135 165 ISO VG 220 220 198 242 ISO VG 320 320 288 352 ISO VG 460 460 414 506 ISO VG 680 680 612 748 ISO VG 1000 1000 900 1100 ISO VG 1500 1500 1350 1650 ISO VG 2200 2200 1980 2420 ISO VG 3200 3200 2880 3520 Tab. 1: Viskositätsklassifikation gemäß ISO 3448 Anzeige ZUVERLÄSSIG & EFFIZIENT - SCHMIERFETTE FÜR BAUMASCHINEN HÖCHSTE PERFORMANCE AUCH UNTER WIDRIGSTEN BEDINGUNGEN. SIEBERT - IHR PRIVATE LABEL PARTNER FÜR SCHMIERSTOFFE www.siebert-lubricants.com SIEBERT KOMPETENZ PROGRAMM Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 12 Fachartikel | Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen - quo vadis und damit die Fähigkeit zur hydraulischen Kraftübertragung. Mineralische Grundöle weisen eine starke Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur auf und sind nur in einem begrenzten Temperaturfenster einsetzbar. Schmieröle und Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis mineralischer Grundöle werden deshalb auch Einbereichsöle genannt (Bild 1). Kommen synthetische Grundöle zum Einsatz, deren Viskositätsabhängigkeit von der Temperatur geringer ist, oder wird das V-T-Verhalten mineralischer Grundöle mit Additiven (VI-Verbesserern) optimiert, werden diese Flüssigkeiten Mehrbereichsöle genannt, das heißt, diese Flüssigkeiten decken, wie im Bild 1 dargestellt, einen breiteren Temperaturbereich ab, der sich durchaus über den mehrerer klassischer Einbereichsöle erstrecken kann. Standardisierte Hydrauliköltypen Den vielfältigen Anforderungen verschiedener Systeme folgend, haben sich in DIN- oder ISO-Standards spezifizierte Hydrauliköltypen herausgebildet (Tabelle 2). Die Anforderungen moderner Hydrauliksysteme sind durch reine Grundöle, das heißt ohne die Zugabe spezieller, ihre Eigenschaften verbessernder Wirkstoffe (Additive), nicht zu erfüllen. Auch Hydraulikf lüssigkeiten vom Typ HL, deren Korrosionsschutzeigenschaften und Oxidationsstabilität durch Additivzugabe verbessert sind, kommen in heutigen Hydrauliksystemen mangels ausreichender Schmierfähigkeit kaum noch zum Einsatz. Den Minimalanforderungen heutiger Hydrauliksysteme Rechnung tragend, haben sich Hydrauliköle vom Typ HLP als Quasi-Standard etabliert. Dabei ist zu beachten, dass die DIN 51524 nur die Mindestanforderungen an Hydraulikf lüssigkeiten definiert. Mit anderen Worten: > Je nach Hydrauliksystem, den Einsatz- und Umgebungsbedingungen, aber auch den Wartungserfordernissen Rechnung tragend, können die Mindestanforderungen gemäß HLP ausreichend sein oder auch nicht. > Verschiedene Hydrauliköle vom HLP-Typ können ein Leistungsniveau abdecken, das deutlich über die Mindestanforderungen der DIN 51524 hinausgeht, und sind deshalb selten wirklich gleich beziehungsweise von gleicher Performance. Die über die Mindestanforderungen der DIN hinausgehenden Anforderungen sind deshalb in den Betriebsvorschriften oder Spezifikationen der Anlagenhersteller definiert. Mehrbereichshydrauliköle beginnen gemäß DIN mit der Buchstabenkombination HV, Hydraulikflüssigkeiten mit detergierenden Eigenschaften wird am Ende der Buchstabenkombination ein D nachgestellt. Abb. 1: Ein- und Mehrbereichsöle im Vergleich 13 Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 Fachartikel-|-Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen - quo vadis Neben den in der Tabelle genannten Additivtypen werden Hydraulikflüssigkeiten gegebenenfalls weitere zugegeben, zum Beispiel zur Unterdrückung der Schaumbildung (Anti-Schaum-Additive) oder zur Verbesserung der Fließfähigkeit bei tiefen Temperaturen (Fließverbesserer). Bio-Hydraulikflüssigkeiten In Baumaschinen und anderen mobilen Arbeitsmaschinen, zum Beispiel der Forst- und Landwirtschaft, kommen bereits seit einigen Jahrzehnten neben den klassischen Hydraulikölen umweltverträgliche Hydraulikflüssigkeiten zum Einsatz. Diese vereinfacht Bio-Öle genannten Hydraulikflüssigkeiten müssen neben den technischen auch besondere Umweltanforderungen erfüllen, zum Beispiel an die biologische Abbaubarkeit, Ökotoxizität und Nachhaltigkeit. Die an umweltverträgliche Druckflüssigkeiten gestellten Anforderungen sind in der DIN ISO 15380 in vier verschiedenen Kategorien spezifiziert (Tabelle 3). Umweltverträgliche Hydraulikflüssigkeiten aller oben genannten Kategorien sind Mehrbereichsöle und diesbezüglich den klassischen Mineralölen überlegen. In der Herstellung heutiger Bio-Hydrauliköle hat sich der Einsatz einer zinkfreien Additivtechnologie durchgesetzt. Flüssigkeiten der Kategorien HETG und HEES müssen gemäß der aktuellen Ausgabe der DIN ISO 15380 (2024) einen Mindestgehalt an Kohlenwasserstoffen biologischer Herkunft von 25 Prozent aufweisen. Hydraulikflüssigkeiten der Kategorie HETG (TG = Triglyzeride) werden auf der Basis natürlicher (nativer) Esterflüssigkeiten hergestellt, zum Beispiel Raps- oder Sonnenblumenöl. Die Oxidationsstabilität der nativen, ungesättigten Flüssigkeiten kann durch geeignete Herstellungsverfahren (Hydrieren) verbessert werden. Die Druckflüssigkeiten der Kategorie HEES (ES = synthetische Ester), besonders die gesättigten Ester, sind den Triglyzeriden hinsichtlich der Oxidationsstabilität und des Tieftemperaturverhaltens weit überlegen und finden heute im Bereich der umwelt- DIN-Typ (iSo) kurzbeschreibung Typische Anwendung H(H) Unlegiert (keine Additive) (Praktisch nicht mehr in Anwendung) HL (HL) Enthält Alterungs- und Korrosionsschutz-Additive Nur sehr selten in Anwendung HLP (HM) Wie HL, enthält zusätzlich Verschleißschutz-Additive Mindestanforderung für stationäre und mobile Anwendungen HVLP (HV) Wie HLP, zusätzlich hoher Viskositätsindex, meistens durch VI-Verbesserer realisiert Wenn weiter Temperatur-Einsatzbereich erforderlich, z. B. in mobilen Geräten HLP-D* (HM) Wie HLP, enthält zusätzlich detergierende/ dispergierende Additive Bei Temperaturschwankungen oder Aussetzbetrieb, z. B. um Feuchtigkeit besser zu binden HVLP-D* (HV) Wie HVLP, enthält zusätzlich detergierende/ dispergierende Additive Wenn weiter Temperatureinsatzbereich und Aussetzbetrieb, z. B. um Feuchtigkeit besser zu binden *) Nach DIN 51524 können HLPbzw. HVLP-Öle zusätzlich mit detergierenden/ dispergierenden Zusätzen versehen sein. Im deutschen Raum hat sich im Allgemeinen durch in Anlehnung an die DIN 51502 das Anhängen des Zusatzbuchstabens „D“ an die DIN-Typbezeichnung durchgesetzt. Tab. 2: Konventionelle Hydraulikflüssigkeitstypen gemäß DIN 51524 und ISO 11158 typ Beschreibung Typische Anwendung HETG TG = Triglyceride Pflanzenöle (Ester) z. B. Rapsöl, Sonnenblumenöl Mobile Hydrauliken, bei niedriger bis moderater thermischer Beanspruchung HEES ES = Ester, synthetisch (gesättigt oder ungesättigt) Mobile Hydrauliken, auch bei hoher thermischer Beanspruchung HEPG PG = Polyglykole (z. B. Polyethylenglykol, wasserlöslich) Sonderanwendungen, z. B. Schleusen- Hydrauliken HEPR PR = PAO und andere synthetische Kohlenwasserstoffe (z. B. Poly-Alpha-Olefinen) Stationäre und mobile Anwendungen, auch bei hoher thermischer Beanspruchung Tab. 3: Bio-Hydraulikflüssigkeiten nach DIN ISO 15380 Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 14 Fachartikel | Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen - quo vadis verträglichen Druckflüssigkeiten breite Anwendung. Bei entsprechender Ölpflege sind sehr lange Öleinsatzzeiten möglich. Hydraulikflüssigkeiten der Kategorie HEPG (PG = Polygykole), meist wasserlöslich, weisen als echte Mehrbereichsöle einen sehr hohen Viskositätsindex und eine exzellente Alterungsstabilität auf. Der Nicht- Mischbarkeit mit anderen Flüssigkeitstypen und besonderen Anforderungen an die Auswahl der Dichtungsmaterialien, Schläuche und Farbanstriche zufolge kommen sie in Sonderanwendungen zum Einsatz, in der Mobilhydraulik selten. Öle der Kategorie HEPR (PR = Polyalphaolefine und [related] andere synthetische Kohlenwasserstoffe) kommen zunehmend zum Einsatz. Die zur Herstellung verwendeten, speziellen vollsynthetischen Flüssigkeiten zeichnen sich durch ihre Hydrolysestabilität, sehr gute Oxidationsstabilität und ein hervorragendes Tieftemperaturverhalten aus. Ihre Materialverträglichkeit ist im Vergleich zu den Flüssigkeiten der anderen Kategorien den Mineralölen am ähnlichsten. Während die ISO 15380 die Kategorisierung, die technischen und umweltbezogenen Mindestanforderungen definiert, ist das 1992 eingeführte EU-Ecolabel (Symbol ist die Euro-Margerite) der europaweit anerkannte Nachweis dafür, dass es sich um ein zertifiziertes, umweltverträgliches Produkt handelt. In Deutschland wird dafür auch der Blaue Engel vergeben (DE-ZU 178). Herausforderung mobiler Einsatz Im klassischen Erdbewegungsbereich sind Baumaschinen oft nicht mehr als 1.000 Stunden pro Jahr im Einsatz, dafür jedoch bei Sonne oder Regen, wechselnden Temperaturen und in staubiger Umgebung. Daraus ergeben sich im Vergleich zu stationären Hydraulikanlagen, die im Inneren eines Fabrikgebäudes betrieben werden, hauptsächlich folgende besondere Anforderungen: > Abdecken eines weiten Temperatureinsatzbereiches > Erhöhte Anforderungen an den Korrosionsschutz Deshalb kommen im mobilen Einsatz zunehmend Mehrbereichshydrauliköle mit detergierenden Eigenschaften zum Einsatz. Die Viskosität des Hydraulikfluids stellt die Fähigkeit zur Kraftübertragung sicher und ist zugleich für die Schmierfähigkeit entscheidend. Sie muss im gesamten Temperatureinsatzbereich in einem definierten Bereich liegen. Mehrbereichsöle erlauben es, wie bei Motorenölen bereits Standard, sowohl bei niedrigen als auch höheren Außentemperaturen zu arbeiten, weil ihre Viskosität nicht so stark von der Temperatur abhängig ist wie die der Einbereichsöle. Die Viskosität von Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen liegt üblicherweise im Bereich der ISO VG 32 bis ISO VG 68, Hydrauliköle für Lastkraftwagen gegebenenfalls auch etwas darunter (zum Beispiel Kipperhydrauliköle). Auf Besonderheiten elektrifizierter Hydrauliksysteme wird weiter unten eingegangen. Der Wechsel zwischen Betriebs- und Stillstandszeiten ist mit deutlichen Schwankungen der Öltemperatur verbunden, dazu noch unter freiem Himmel. Um der steigenden Gefahr von Kondensatbildung und nachfolgend Korrosion zu begegnen, werden detergierende Öle eingesetzt, die eingedrungenes Kondensat feinstverteilt in Schwebe halten, um damit deren Kontakt zur Metalloberfläche zu verhindern. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein erhöhter Wassergehalt in detergierenden Ölen keine Kavitationsschäden zum Beispiel an Axialkolbenpumpen hervorrufen kann. Auch detergierende Hydrauliköle sollten deshalb einen maximalen Wassergehalt von 0,1 Prozent möglichst nicht überschreiten. In einigen Fällen werden Motorenöle als Hydraulikflüssigkeit verwendet. Diese sind ebenfalls detergierend und sowohl als Mehrbereichs- oder Einbereichsöl verfügbar. Die Viskosität von Motorenölen und Getriebeölen für Kraftfahrzeuge wird in SAE-Klassen eingeteilt, üblich sind in Mobilhydrauliken die SAE-Klassen 10W, 20W-20, 30 oder auch 10W-30. Der Mining-Bereich unterscheidet sich hinsichtlich seines Betriebs erheblich von klassischen Erdbewegungsmaschinen. Ein typischer Mining-Bagger arbeitet 23 Stunden pro Tag, gefolgt von einer Stunde Wartung, sieben Tage pro Woche im ganzen Jahr. Dadurch ergeben sich zum Beispiel andere Wartungserfordernisse, zu garantierende Maschinenverfügbarkeiten sowie höhere Standzeiten der eingesetzten Komponenten und Öle. In einer der späteren Ausgaben wird in einem gesonderten Fachartikel detaillierter auf diesen Bereich eingegangen. Abb. 2: Emissionsfrei unterwegs mit dem LIEBHERR- Radlader L 507 E (Bild: LIEBHERR) 15 Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 Herausforderung Elektrifizierung Im Straßenverkehr gehören sowohl hybridals auch vollelektrisch angetriebene Fahrzeuge inzwischen zum Alltag. Im Baumaschinenbereich hat diese Technologie ebenfalls Einzug gehalten. In Bezug auf die Elektrifizierung hydraulischer Systeme und der dafür eingesetzten Hydraulikflüssigkeiten sind einige Besonderheiten zu beachten. In der klassischen Mobilhydraulik hat sich zur Regelung der Anlage das Load-Sensing-Prinzip (LS) bewährt, wodurch der Druck und/ oder der Volumenstrom der Pumpe an die Erfordernisse der gerade im Einsatz befindlichen Verbraucher angepasst wird. Diese Art der Regelung kann auch elektrohydraulisch erfolgen. Alternativ kommen anstelle der LS-geregelten Systeme zunehmend drehzahlgeregelte Elektromotoren in Verbindung mit einer Konstantpumpe zum Einsatz. Das erlaubt nicht nur eine smarte, einfache Regelung des Systems. Durch die in diesen Systemen wegfallenden Regelverluste eines klassischen LS-Systems erhöht sich der Wirkungsgrad des Systems erheblich. Die elektrische Lösung erfordert eine deutlich niedrigere Starkviskosität des Hydraulikfluids und eine möglichst flache Viskositätstemperaturabhängigkeit, da die jetzt entfallenden LS-Regelungsverluste in klassischen Hydrauliksystemen im Nebeneffekt zu einer schnellen Erhöhung der Öltemperatur des beim Start noch kalten Hydraulikfluids führten. In elektrifizierten Baumaschinen ist deshalb besonderes Augenmerk auf den vom Hersteller einzusetzenden Hydraulikflüssigkeitstyp und die richtige Viskosität zu legen. Welche Art und welcher Grad der Elektrifizierung zum Einsatz kommen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Im mobilen Einsatz zum Beispiel davon, wie lange die Baumaschine unter Hochleistung betrieben wird und ob eine stationäre oder mobile zusätzliche Energieversorgung, beispielsweise durch fahrbare Akku-Packs, möglich ist. Gerade dann sind, wie auch bei mobilen Fahrzeugen, die Batteriekapazität und Lademöglichkeiten zu berücksichtigen oder auch hybride Lösungen einzusetzen. Nachhaltiger Betrieb Nachhaltigkeit und CO 2 -Fußabdruck sind heute in aller Munde. Nachhaltiger Betrieb soll Ressourcen schonen. Nachhaltiger Betrieb beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Einsatz eines nachhaltig hergestellten Öls oder eines Bio-Öls. Das ist allenfalls der halbe Weg und auch nicht immer zielführend. Der professionelle Einsatz von Hydraulikflüssigkeiten bietet viele Möglichkeiten, nicht nur nachhaltig, sondern zugleich wirtschaftlich vorteilhaft unterwegs zu sein: > Das richtige Hydraulikfluid: energieeffizient und langlebig Salvo, Taurus, Trebor drei geschützte Marken überzeugen beim Schleifen und Zerspanen von Kunststoff, Keramik, Composite, Stahl, Alu und Buntmetall Natürlich gibt es auch andere, aber wer will das schon wenn er haben kann. Think different! Think different! www.gogreen.co.at 0043 664/ 1644217 office@gogreen.co.at Nur wo „unser“ drauf steht ist auch „unser“ drin! Kühlschmierstoffe von GoGreen die Problemlöser bei Hautreaktionen. Anzeige Schmierstoff + Schmierung · 6. Jahrgang · 1/ 2025 16 Fachartikel | Hydraulikflüssigkeiten für Baumaschinen - quo vadis > Das richtige Überwachungskonzept: professionelle Ölüberwachung > Das richtige Wartungskonzept: zielgerichtete Ölpflege Die genannten Maßnahmen arbeiten dabei Hand in Hand. Sie als Einzelbaustelle zu betrachten oder gar gegeneinander auszuspielen, ist weder nachhaltig noch ökonomisch. Das richtige Öl ist selbst langlebig und schützt die mit dem Öl benetzten Bauteile bestmöglich vor Verschleiß, Korrosion und Fehlfunktionen. Wenn ein Einsatz eines Bio-Öls technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, sollte das auch so umgesetzt werden. Wechselnde Anbaugeräte können zu Vermischung unterschiedlicher Öltypen führen. Die eindeutige Kennzeichnung von Ölgebinden und Transportgefäßen, geschultes Personal und die Verringerung der Anzahl der eingesetzten Hydraulikflüssigkeiten verringern dieses Risiko. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn umweltverträgliche Öle und Mineralöle gleichzeitig zum Einsatz kommen. Die richtige Überwachung erkennt Unregelmäßigkeiten so früh wie möglich, das heißt, lange bevor es zum Ausfall der Komponente oder des Öls kommen muss. So können rechtzeitig Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden, um unnötige Komponentenausfälle, Ölwechsel und daraus resultierende Folgekosten ebenso zu minimieren wie auch die zur Neubeschaffung einzusetzenden Ressourcen zu sparen. Im Zeitalter von Industrie 4.0 hat sich die Kombination von Online-Sensoren mit der Offline-Überwachung durch Ölanalysen im Labor bewährt. Die Online-Überwachung meldet Unregelmäßigkeiten sofort, die Laboranalyse klärt die notwendigen Details, um Symptomreparaturen zu vermeiden. Die richtige Ölpflege beginnt bereits beim neuen Öl, mit dem Eingang ins Lager. Eine professionelle Lagerung und richtiges Handling sorgen dafür, dass das Öl nicht bereits auf dem Weg zur Maschine verunreinigt oder vermischt wird. Beim Befüllen sensibler Hydraulikanlagen sollte die Filtration des verwendeten Öls ins Auge gefasst werden. Ist die Anlage, zum Beispiel betriebsbedingt durch Alterungsprodukte oder nach einem Schaden durch Verschleißpartikel, verunreinigt, kann eine Nebenstromfiltration teure Folgeschäden vermeiden. Nicht nur beim Einsatz von Bio-Hydraulikflüssigkeiten entfernt die Nebenstromfiltration zuverlässig Partikel, Wasser und Ölalterungsprodukte praktisch umgehend nach ihrer Entstehung aus dem Öl und lässt so die Komponenten und das Öl länger leben. Erfahrungen zeigen, dass sich dadurch die Standzeiten von Öl und Maschine erheblich verlängern lassen. Hydraulikflüssigkeiten als Maschinenelement Es ist nicht mehr zeitgemäß, Hydraulikflüssigkeiten und Schmieröle als Hilfsstoffe zu bezeichnen und sie auch so zu behandeln: Ein Hydrauliksystem funktioniert ohne das Öl nicht eine Sekunde. Obwohl die Kosten für diese Öle in der Regel nur einen Bruchteil der Gesamtkosten einer Maschine ausmachen, führt ein unprofessioneller Umgang mit ihnen zu Schäden, die ihren eigenen Wert um ein Vielfaches übersteigen. Im Erdbewegungsbereich ist das Erreichen der Lebensdauerfüllung für die eingesetzten Hydraulikflüssigkeiten bei der Umsetzung des optimalen Servicekonzepts durchaus eine realistische Zielsetzung. Das lohnt sich nicht nur für den Geldbeutel, sondern auch im Sinne unserer Umwelt. »« Eingangsabbildung: © Chatchanan - stock.adobe.com Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Der wissenschaftliche Charakter der BWL wurde in der Vergangenheit oft in Frage gestellt und die BWL teils als Pro tlehre verspottet. Lars Wächter beleuchtet die junge Wissenschaft: Zentrale Begriffe sowie Konzepte erläutert er und geht konkret auf die großen Namen der Disziplin und deren Bedeutung ein. Jedes Kapitel endet mit einer hilfreichen Zusammenfassung. Lars Wächter Betriebswirtschaftliches Denken von der Antike bis zur Gegenwart 1. Au age 2024, 387 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-8252-6291-4 eISBN 978-3-8385-6291-9 Anzeige
