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Transforming cities
tc
2366-7281
2366-3723
expert verlag Tübingen
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2016
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Lebensmittel und Naturelement Daseinsvorsorge | Hochwasserschutz | Smarte Infrastrukturen | Regenwassermanagement 2 · 2016 Wasser in der Stadt ISSN 2366-7281 Transforming Cities 2·2016 URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Crossmediale Publikation für Fachleute und interessierte urbane Menschen • Online-Wissensplattform • Regelmäßiger Newsletter • E-Paper / Print-Ausgabe mit Fachartikeln für Abonnenten Die Online-Plattform informiert über Städte im Wandel, über die Herausforderungen von Urbanisierung und Genderisierung, über Auswirkungen und Lösungen. Das Fachmagazin „Transforming Cities“ nimmt diese Themen auf und vertieft sie in Form fundierter Fach- und Wissenschafts-Beiträge. Als Leser angesprochen sind gleichermaßen Kommunen und Unternehmen, Planer und Ingenieure, Wissenschaftler und Studierende. Urbane Systeme im Wandel Lesen Sie selbst! T RIALOG P UBLISHERS | www.trialog.de Städtisches Grün Erlebnisraum oder Ort zum Anbau von Obst und Gemüse Am 7. September 2016 erscheint die nächste Ausgabe von Transforming Cities mit dem Themenschwerpunkt  Dach- und Fassadenbegrünung  Urban Gardening  Grünzonen und Stadtklima  Öffentliches Grün als Naherholungsgebiet, Erlebnisraum und Allmende ... sowie weitere Beiträge zu Energie, Stadtplanung, Infrastruktur, Mobilität,... 1 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, mit der wachsenden Wahrnehmung, dass der Mensch mit seinen Handlungen das Klima beeinflusst, wird manchem auch bewusst, in welch ein komplexes System eingegriffen wurde. Der Klimawandel, hervorgerufen durch den sogenannten Treibhauseffekt, lässt nicht nur die Temperaturen steigen. Er verändert das Wetter ganz grundlegend: Winter werden milder, Sommer trockener, und damit ist auch der natürliche Wasserkreislauf erheblichen Veränderungen unterworfen. Mit dem Anstieg der Durchschnittstemperatur nehmen extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen und Starkregen zu - mit deutlichen Konsequenzen für die Natur, aber auch für bestehende Supra- und Infrastrukturen und damit für den gesamten Lebensraum des Menschen. Besonders in Städten besteht Handlungsbedarf. Denn inzwischen lebt über die Hälfte der Menschheit in Ballungszentren und bis zum Jahr 2050 sollen es laut Schätzung der Vereinten Nationen rund drei Viertel sein. Die bestehenden Versorgungs- und Entsorgungssysteme sind auf einen solchen Zustrom nicht ausgelegt. Was also tun, um einer wachsenden Stadtbevölkerung künftig sauberes Trinkwasser in ausreichender Menge zur Verfügung stellen zu können - auch in sehr trockenen Sommern? Wie handeln, wenn nach langer Trockenheit heftige Regengüsse fallen, die versiegelte Flächen und das vorhandene Kanalnetz in kurzer Zeit mit gewaltigen Wassermengen überfluten? So viel ist sicher: Die klimatischen Veränderungen haben bereits begonnen. Bleibt nur, Maßnahmen zur Daseinsvorsorge und zum Schutz der Bevölkerung diesem Wandel anzupassen. Doch mit welchen Anpassungsstrategien kann es gelingen, flexibel auf die vielschichtigen Problemstellungen zu reagieren und das „Wasser in der Stadt“ im Gleichgewicht von richtiger Menge und Qualität zu halten? In der vorliegenden Ausgabe von Transforming Cities stellen sich Experten verschiedener Disziplinen diesem Themenkomplex. Lesen Sie selbst. Ihre Christine Ziegler Redaktionsleitung „Transforming Cities“ Wasser in der Stadt - Lebensmittel und Naturelement 2 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES INHALT 2 · 2016 PRAXIS + PROJEKTE 4 Modernisierung des grenzüberschreitenden Hochwasserschutzes Sinkende Engineering- Kosten bei steigender Anlagenverfügbarkeit Joel Stratemann 8 Alter Stadthafen Oldenburg Wärmerückgewinnung aus dem Abwasserkanal Barbara Rockstroh 12 Urbane Evolution in einer alpinen Stadtlandschaft Beiträge zur Analyse der Transformation am Beispiel Innsbruck-Nordwest - Teil 2 Heinz Dörr, Gerhard Fritz, Regina Hatheier-Stampfl, Yvonne Toifl 16 Neue Technik sichert Augsburger Trinkwasserqualität Lochbach-Wasserwerk für 1,4 Millionen Euro erneuert Jürgen Fergg THEMA Wasser in der Stadt 17 Wie Phönix aus der Asche Wasser als Gemeingut - Wasser im Lichte der Daseinsvorsorge Christa Hecht 22 Kommunale Daseinsvorsorge zeitgemäß begründen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gilt als Kernbestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge Jens Libbe 28 Zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Botschaften an Praxis und Politik Darla Nickel, Margarethe Langer 32 Wasserwirtschaftliche Nachhaltigkeit in Metropolen am Beispiel Hamburgs Niels-Peter Bertram, Katarina Lange 36 Kreislaufwirtschaft in der Abwasserbehandlung Die großtechnische Umsetzung des Hamburg Water Cycle ® in der Jenfelder Au in Hamburg Maika Wuttke, Malina Meier 40 Das Projekt RISA Strategien zur Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg Niels-Peter Bertram, Axel Waldhoff, Gerrit Bischoff 45 Regenwassermanagement Verknüpfung von Natur und Technik Klaus W. König 50 Smart Cities brauchen smarte Infrastrukturen Förderprojekt KOMMUNAL 4.0 digitalisiert die kommunale Wasserwirtschaft Günter Müller-Czygan, Keno Strömer Seite 4 Seite 17 Seite 22 © Phoenix Contact © AÖW © pixabay 3 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES INHALT 2 · 2016 FOKUS 58 Studieren an der Fakultät Architektur und Urbanistik, Bauhaus-Universität Weimar Starke internationale Ausrichtung und enge Verzahnung zwischen Architektur und Urbanistik 62 Die Verkehrswende kommt in Schwung, vielleicht auch in Deutschland Mobilität und Stadtumbau im europäischen Vergleich Steffen de Rudder 65 Elke Kruse: Integriertes Regenwassermanagement für den wassersensiblen Umbau von Städten Rezension von Klaus W. König 66 Veranstaltungen PRODUKTE + LÖSUNGEN 68 Trinkwasser aus dem Meer Neue Rohrsysteme beim Wasserversorger Poseidon Water 70 Wasser und Abwasser effizient transportieren und smart aufbereiten Water Utilities für effizientes Wassermanagement 72 Exzellente Wasserqualität Keimschutz mit Adsorber- Hygienetechnologie 73 Neues intelligentes System für die Rohrnetze der Zukunft Neue Standards beim Wassermanagement 74 Dynamische Lösungen für dynamische Probleme Bestmögliche Abwasserreinigung erfordert mehr Flexibilität 76 Intelligentes Kühlwassermanagement zur wirksamen Legionellenprävention Gesundheit der Bevölkerung im Fokus 79 CSB, Nitrat und Nitrit Reagenzienfreie photometrische Messung Mehr drin, mehr dran Spezialist für Ultrafiltration (UF) erweitert Portfolio 80 Gewässerschutz mit Rundum-Service Komplettangebot auf der IFAT 2016 80 Impressum Diese Ausgabe enthält die Beilage Watervision der Firma HST Systemtechnik Seite 36 Seite 45 Seite 58 © HAMBURG WASSER © Klaus W. König © Bauhaus-Universität Weimar. Foto: Thomas Müller 4 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Kommunikation In der Vergangenheit versorgten Flüsse nicht nur Menschen und Tiere mit dem lebensnotwendigen Wasser, sondern bildeten auch die Grundlage für überregionalen Handel. Die steigenden Bevölkerungszahlen und die daraus resultierende fortschreitende Urbanisierung bedingen heute eine stetig wachsende städtische Infrastruktur. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen für den Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde. Dabei reicht es nicht aus, lediglich lokale Anforderungen und Ereignisse zu berücksichtigen. Denn die Schneeschmelze in der Schweiz, starker Regen in Frankreich oder ein heftiges Gewitter in Deutschland wirken sich auf den Pegelstand der durch die Länder fließenden Flüsse aus. Vor diesem Hintergrund ist eine Modernisierung des grenzüberschreitenden Hochwasserschutzes Sinkende Engineering-Kosten bei steigender Anlagenverfügbarkeit Hochwasserschutz, Wasserwirtschaft, Automatisierungstechnik Joel Stratemann Im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen hat die niederländische Wasserbehörde Rivierenland veraltete Technik durch innovative Automatisierungskomponenten von Phoenix Contact ersetzt. Johan van IJmeren, Senior Project Manager bei Waterschap Rivierenland, war an der praktischen Umsetzung beteiligt. Die neuen Geräte tragen zum grenzüberschreitenden Hochwasserschutz bei und reduzieren zudem den Engineering-Aufwand bei gleichzeitig höherer Anlagenverfügbarkeit deutlich. 5 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Kommunikation grenzüberschreitende Wasserregulierung notwendig, um Städte und Gemeinden vor Hochwasser und Überflutungen abzusichern. Das Schöpfwerk in Nimwegen ist ein Beispiel für die Zusammenarbeit verschiedener Länder, da es sich um ein Kooperationsprojekt zwischen den Niederlanden und Deutschland handelt (Bild 1). Durch die Regelung des Wasserpegels in den Flüssen sorgt das Bauwerk dafür, dass die Bürger in Ooijpolders und der Düffelt sowie die niederrheinischen Poldergebiete dauerhaft vor Hochwasser geschützt sind und so für die Landwirtschaft nutzbar bleiben. Darüber hinaus muss der Wasserstand in diesen Gebieten auch in trockenen Zeiten reguliert und die Wasserversorgung sichergestellt werden. Schnelle Verarbeitung und Ausgabe der Signale Im Rahmen eines Projekts der International Water Association (IWA) werden insgesamt 165 Wehre und 135 Kanalschöpfwerke auf moderne Technologien umgerüstet. Das betrifft ebenfalls das 1932 erbaute denkmalgeschützte Schöpfwerk in Nimwegen, das von der in Tiel ansässigen Wasserbehörde Rivierenland betrieben wird. Die Behörde ist für den Wasserhaushalt eines Gebiets verantwortlich, das grob umschrieben zwischen Rhein/ Lek und der Maas liegt und sich von der deutschen Grenze bis zum Kinderdijk 15 Kilometer südöstlich von Rotterdam erstreckt. 194 Polderschöpfwerke halten den Wasserstand in den Gräben des Flussgebiets auf dem gewünschten Niveau. Die größeren Schöpfwerke können bis zu 60 000 Liter Wasser pro Sekunde von einem tieferen in einen höher gelegenen Wasserlauf pumpen. Auf diese Weise lässt sich der Wasserbedarf der einzelnen Gebiete genau auf den jeweils benötigten Verbrauch abstimmen (Bild 2). Im Pumpschöpfwerk in Nimwegen wurde die bisher verwendete Relais-Technologie gegen moderne Automatisierungstechnik von Phoenix Contact ausgetauscht. Eine zentral installierte leistungsfähige Steuerung vom Typ RFC 470 PN 3TX regelt nun bis zu drei große Pumpen, die eine Gesamtförderleistung von maximal 16 Kubikmeter Wasser pro Minute aufweisen (Bild 3). Das bedeutet, dass pro Sekunde etwa 80 gefüllte Badewannen abgepumpt werden. Die zentrale Steuerung liest die großen Frequenzumrichter der unterschiedlichen Pumpen über das Profinet-Protokoll aus, sodass die Aggregate ständig überwacht werden können. In der Anlage verteilte Profinet-Buskoppler IL PN BK DI8 DO4 2TX ermöglichen die Anbindung verschiedener Sensoren und Aktoren über digitale und analoge Signale (Bild 4). Aufgrund des eingesetzten Bussystems lassen sich Bild 3: Die im Schöpfwerk in Nimwegen installierten Pumpen werden von einer Hochleistungs- Steuerung RFC 470 PN 3T X geregelt. Bild 1: Das 1932 erbaute Schöpfwerk in Nimwegen wird ebenfalls auf moderne Automatisierungstechnik umgerüstet. Bild 2: Die größeren Schöpfwerke können bis zu 60 000 Liter Wasser pro Sekunde von einem tieferen in einen höher gelegenen Wasserlauf pumpen. 6 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Kommunikation alle in der Anlage anfallenden Signale schnell einlesen, verarbeiten und wieder ausgeben. Einfache Diagnosemöglichkeiten unterstützen die Mitarbeiter während einer Störung bei der Fehlersuche, was die Verfügbarkeit des Schöpfwerks deutlich erhöht. Komfortable Visualisierung und Bedienung per Touch Panel Neben einer schnellen Diagnose müssen die Mitarbeiter während des Betriebs komfortabel in den Prozess eingreifen können. Dazu ist ein Panel mit Touch-Funktionen in die Schaltschranktür eingebaut worden, das die kontinuierliche Bedienung und Überwachung des Bauwerks und der Aggregate direkt vor Ort erlaubt (Bild 5). Sämtliche Mess- und Betriebsdaten werden jederzeit auf dem gut ablesbaren Display angezeigt und bei Bedarf manuell durch die Mitarbeiter verändert. Wegen der hohen Investitions- und Service-Kosten, die bei Nutzung eines SCADA-Systems für Updates und regelmäßige Wartungen anfallen, haben sich die Verantwortlichen der Wasserbehörde Rivierenland für die web basier te V isualisierung s- Software WebVisit von Phoenix Contact entschieden. Die Lösung zeichnet sich durch niedrige Kosten über die gesamte Lebensdauer aus. Außerdem eröffnet sie im Vergleich zu anderen Technologien eine hohe Flexibilität bei der Erstellung betreiberspezifischer Visualisierungs-Oberflächen. Die vor Ort im Schöpfwerk befindliche Visualisierungs-Lösung kommuniziert über eine Ethernet-Verbindung direkt mit der zentralen Steuerung RFC 470 PN 3TX und stellt den aktuellen Zustand der Aggregate sowie Messwerte und Betriebsdaten über Web-Seiten auf dem Panel dar. Mit dem Zugang zum Internet können die Mitarbeiter jetzt über einen gesicherten VPN-Tunnel (Virtual Private Network) die derzeitigen Werte aller Schöpfwerke und Wehre abrufen, was im Fall einer Störung zu einer schnellen Reaktion und dem sofortigen Einleiten geeigneter Maßnahmen führt. Ein weiterer Vorteil für die Mitarbeiter ergibt sich aus dem einheitlichen Design der einzelnen Web-Seiten, das eine intuitive Bedienung ermöglicht. Für die Programmierung der Steuerungen und die Dokumentation wurde ebenfalls ein ähnlicher Standard entwickelt. Aufgrund dieser Vereinheitlichung lassen Bild 4: In der Anlage verteilte Profinet-Buskoppler ermöglichen die Anbindung verschiedener Sensoren und Aktoren. Bild 6: Die im Schöpfwerk installierte zentrale Steuerung RFC 470 PN 3T X arbeitet die Steuerbefehle ab und sendet aktuelle Betriebsdaten über die VPN-Verbindung an die Leitwarte. Bild 7: Die konfigurierbaren Tablet-PCs sind sowohl für den Einsatz im Innenwie Außenbereich geeignet. © Phoenix Contact (für sämtliche Bilder des Beitrags) Bild 5: Der in den Schaltschrank eingebaute Panel-PC mit Touch-Funktionen erlaubt die kontinuierliche Bedienung und Überwachung des Schöpfwerks vor Ort. 7 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Kommunikation INFORMATION Tablet-PCs für den mobilen Einsatz im Innen- und Außenbereich Phoenix Contact hat die Industrie-Tablet-PCs für den mobilen Einsatz weiterentwickelt: Der neue Industrial Tablet Computer (ITC) 8113 mit verbesserter Prozessorleistung und brillantem Full-HD-Display überzeugt sowohl im Innenals auch im Außeneinsatz (Bild 7). Die Wasserbehörde Rivierenland in Zahlen  rund 950.000 Einwohner  38 Kommunen  39 Kläranlagen  3992 km Gräben und Bäche  1070 km Deiche  538 km Druckleitungen  140 km Wasserstraßen  1617 Wehre  194 Polderschöpfwerke  170 Kanalschöpfwerke INFORMATION sich die Engineering-Kosten für die Wasserbehörde Rivierenland erheblich reduzieren sowie entsprechende Ressourcen einsparen. Zuverlässige Datenübertragung über das Fernwirk- Protokoll IEC 60870-104 Zur dauerhaften Überwachung der räumlich weit verteilten Außenanlagen ist die Ankopplung an ein übergeordnetes Leitsystem zwingend erforderlich. Deshalb wurde in der Zentrale der Wasserbehörde Rivierenland eine ständig besetzte Leitwarte eingerichtet. Die wichtigsten Mess- und Betriebsdaten werden nun über ein spezielles Fernwirk-Protokoll ausfallsicher und zuverlässig ausgetauscht. Die Kommunikation zwischen den dezentralen Bauwerken und der Leitwarte erfolgt dabei über gesicherte ADSL-Internetverbindungen. Mit IEC 60870-104 verwendet die Wasserbehörde einen auf fernwirktechnische Anforderungen spezialisierten Standard, der einen sicheren und verlustfreien Datenaustausch zwischen den einzelnen Stationen und dem zentralen Leitsystem erlaubt. Die im Schöpfwerk installierte zentrale Steuerung arbeitet die von den Mitarbeitern der Leitwarte veranlassten Steuerbefehle ab und sendet aktuelle Betriebsdaten über die VPN-Verbindung an die Leitwarte. Sollte die Datenübertragung unterbrochen sein, werden sämtliche Informationen mit einem Zeitstempel versehen und im Speicher des RFC 470 PN 3TX abgelegt. Sobald die Kommunikation wiederhergestellt ist, übermittelt die Steuerung die Daten in der richtigen Reihenfolge an die Leitwarte. Somit geht kein in den dezentralen Stationen auftretendes Ereignis verloren und die Mitarbeiter können alle Betriebsdaten einsehen (Bild 6). Joel Stratemann Mitarbeiter im Bereich Water and Wastewater Treatment des Geschäftsbereichs Industry Management Infrastructure, Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont Kontakt: info@phoenixcontact.de AUTOR Ressourcenschonende Versorgung kleinerer Außenbauwerke Neben der Modernisierung der bislang in den Schöpfwerken und Wehren verbauten Relais- Technologie strebt die Wasserbehörde Rivierenland bis 2030 eine neutrale Energiebilanz an. Um dieses Ziel zu erreichen, werden unter anderem an kleineren Wehren erneuerbare Energiequellen genutzt. Solar-Panels und kleine Windkraftanlagen erzeugen die für die Versorgung der Außenbauwerke notwendige Energie lokal, sodass sie nicht aufwändig zur Verfügung gestellt werden muss. Damit die regenerativ produzierte Energie zum Betrieb der jeweiligen Anlage ausreicht, ist der Einsatz von elektrischen Komponenten mit geringem Stromverbrauch zwingend erforderlich. Vorhandene ineffiziente Geräte werden daher durch sparsame Automatisierungsprodukte von Phoenix Contact ersetzt. Dieser Tausch ermöglicht einen ressourcenschonenden Betrieb sämtlicher Wehre und leistet folglich einen Beitrag zum Schutz der Umwelt. ansprechendes Design und umfassendes Zubehör, sondern ist auch für den Einsatz im Service- Umfeld optimiert. Durch sein reduziertes Gewicht von 1800 g lässt sich er leicht transportieren. Die Geräte in Schutzart IP54, frontseitig in IP65, sind für den Einsatz im In- und Outdoorbereich geeignet. Ein Zehn-Finger-Multi-Touch- Display und Windows 7 respektive Windows 8 mit aktueller Intel- Prozessorarchitektur der vierten Generation sorgen für eine einfache Bedienung und hohe Leistung. Zur drahtlosen Verbindung in das vorhandene Netzwerk stehen wahlweise eine Funkkommunikation über WLAN 802.11 a/ g/ n, Bluetooth 2.0 Class 1 und Class 2 sowie ein UMTS/ LTE- Datenkommunikationsmodul zur Verfügung. Moderne industrielle Netzwerke erfordern zunehmend mobile Arbeitsschritte und ferngesteuerte Prozesse. Der konfigurierbare Tablet-PC verfügt nicht nur über ein 8 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Energie Das erste Gebäude mit 52 Wohneinheiten ging im September 2015 an das Versorgungsnetz der zentralen Wärmequelle aus dem Abwasserkanal. Eine Wärmepumpe erzeugt die erforderliche Heiztemperatur aus der kontinuierlich gelieferten Wärme des Kanals. Insofern gibt es Ähnlichkeit mit der Nutzung von Erdwärme, allerdings ist die Abwasserwärmenutzung etwa 25 % effektiver durch eine höhere durchschnittliche Jahrestemperatur und die längere Verfügbarkeit. Drei weitere Gebäude folgten in der Zeit von Dezember 2015 bis Januar 2016. Nach Abschluss der gesamten Baumaßnahme, voraussichtlich Ende 2018, werden ungefähr 20 000 m² Wohnfläche auf diese Umwelt schonende Art mit Wärme versorgt - durch Recycling einer bereits vorhandenen Energie. Sie fließt Tag und Nacht am Standort der neuen Siedlung vorbei. Oldenburgs durchflussstärkster Mischwasserkanal mit 1,5 m Durchmesser ist die Voraussetzung dafür. Alter Stadthafen Oldenburg Wärmerückgewinnung aus dem Abwasserkanal Abwasser, Wärmerückgewinnung, Heizung, Warmwasserbereitung Barbara Rockstroh Die Abwärme aus der Kanalisation kann mit Wärmeübertragern und Wärmepumpen ohne weiteres für die Versorgung der Heizung und Warmwasserbereitung in Gebäuden nutzbar gemacht werden. Wie immer wächst die Wirtschaftlichkeit mit der Anlagendimension. Deshalb schaut die Branche derzeit auf das bundesweit größte Projekt dieser Art, das neue Wohnviertel am Alten Stadthafen in Oldenburg. Er bietet ganzjährig im Mittel 12 °C Abwassertemperatur. Der Trockenwetterabfluss liegt bei 300-400 l/ s. Bei Regenereignissen können auch bis 1400 l/ s fließen. Abschnittsweise Im ersten Bauabschnitt wurden 86 m Wärmeübertrager auf die Kanalsohle montiert. Damit lassen sich 100 Wohneinheiten bzw. 7500 m² Wohnfläche versorgen. Die Wärme aus dem Abwasserkanal wird über ein Rohrnetz unter den Straßen an zwölf Wär- Bild 1: Bebauung Alter Stadthafen Oldenburg, Realisierung 2015 - 2018. Bis zu 20 000 m² Wohnfläche werden mit Abwasserwärme beheizt. © Kubus Immobilien 9 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Energie mepumpen in den acht angeschlossenen Gebäuden verteilt. Ihnen stehen 293 kW Eingangswärme zur Verfügung. Bei angenommenen 2000 Betriebsstunden im Jahr werden dem Kanal so 586 MWh entzogen. Die Investitionskosten zum Gewinnen und Verteilen der Wärme im ersten Bauabschnitt betragen rund 275 000 Euro. Die Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant. Jedes Gebäude hat seine eigene Heizzentrale mit einer Wärmepumpe. Bei den größeren Einheiten werden zwei Wärmepumpen gekoppelt mit einem BHKW. Das BHKW übernimmt dabei die Warmwasser-Bereitung, der höheren Temperatur wegen. Die Wärmepumpen sorgen für die Raumwärme der Flächenheizungen. Bei Wartungsarbeiten springt eine Gastherme ein und hält die Grundversorgung aufrecht. Die Jahresarbeitszahlen ( JAZ) sind bei diesen Systemen unterschiedlich. Wärmepumpen, die nur für die Raumwärme genutzt werden, sollen eine JAZ von 5,0 oder mehr erreichen können. Das würde bedeuten, dass sie mit einem Teil elektrischer Energie mindestens fünf Teile thermische Energie erzeugen. Die Größe des zweiten Bauabschnittes kann sich noch ändern, da die Planungen und Verhandlungen für die Gebäude nicht abgeschlossen sind. Hier ist eine weitere Wärmeübertrager-Strecke im nächsten Kanalabschnitt vorgesehen, ausreichend für zusätzliche 350 - 400 Wohneinheiten bzw. maximal 19 000 m² Wohnfläche. Doch damit nicht genug. Oldenburg plant bereits das nächste Bauvorhaben, das „Wechloyer Tor“ mit 100 Wohneinheiten an der Ammerländer Heerstraße. Laut Fachdienst Umweltmanagement der Stadt Oldenburg werden Messungen im Kanalnetz durchgeführt, um weitere Objekte entwickeln zu können. Nach Aussage der Stadtbaurätin Gabriele Nießen sind Vorzeigeprojekte dieser Art wichtig, damit die Energiewende in Oldenburg weiter an Fahrt gewinnt. Gemeinsam Im Jahr 2010 begann die Zusammenarbeit des Fachdienstes Umweltmanagement der Stadt Oldenburg mit dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV) und dem Institut für Rohrleitungsbau (iro) der Jadehochschule als strategische Partnerschaft, initiiert durch die Stadtverwaltung. Abwasserpotentiale in der Stadt zu eruieren und Projekte konkret umzusetzen sind die Ziele. Beim Wohnquartier Alter Stadthafen ist der Auftraggeber für die Abwasserwärmenutzung die Projektentwicklungsgesellschaft Kubus Immobilien GmbH. Sowohl deren Geschäftsführer Dirk Onnen als auch Gerd Dinklage, Geschäftsführer der HLS-Planungsgesellschaft Energie-Haus-Halt mbH, sind sehr zufrieden mit der Allianz der Beteiligten. „Für ein Pilotprojekt dieser Art ist die konstruktive Zusammenarbeit unabdingbar. Wir freuen uns, dass unsere Projektpartner von der Stadt Oldenburg, vom OOWV als Kanalnetzbe- Alter Stadthafen Kanal-Wärme-Nutzung 1 + 2. BA Wärmetauscher 1. BA (A-B) Hauptverteiler Verteilltg. DN 125 Verteilltg. DN 100. A B C Verteilltg. DN 80. Verteilltg. DN 65. Kontrollschacht Verteilltg. DN 140 Wärmetauscher 2. BA (B-C) Stand: 26.05.2015 treiber und vom wissenschaftlichen Institut iro die technischen Möglichkeiten und Erfordernisse geklärt und unterstützt haben“, meint Dinklage und fügt hinzu: „Neben der Wirtschaftlichkeit ist uns der sinnvolle Beitrag zur Energiewende ein besonderes Anliegen.“ Betreiber des Wärmeübertragers im Kanal sowie der „Verteilleitungen“ in öffentlichen und privaten Grundstücken ist die SAT-ON GmbH. Betriebswirtschaftlich Es ist kein Geheimnis, dass die hier notwendigen Wärmepumpen auch elektrischen Strom benötigen und die Wirtschaftlichkeit vom Verhältnis dieser investierten elektrischen Energie zur gewonnenen thermischen Energie abhängt. „Um ein ökonomisch und ökologisch gutes Konzept Bild 3: Der Alte Stadthafen in Oldenburg, ein neues Siedlungsprojekt mit ca. 20 000 m² Wohnfläche nach Abschluss voraussichtlich Ende 2018. Die Wärmeversorgung kommt aus dem Abwasserkanal. © Uhrig Kanaltechnik Bild 2: Wohnquartier Alter Stadthafen Oldenburg, Lageplan 1. und 2. Bauabschnitt mit dem System zum Gewinnen und Verteilen der Abwasserwärme. © Energie-Haus- Halt 10 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Energie mit relativ wenig Strombedarf zu realisieren, müssen mehrere Parameter stimmen“, erläutert der HLS-Fachingenieur und Energieberater Volker Schwarting. „Je höher die Wärmemenge aus dem Kanal, je niedriger die Energieverluste auf dem Weg zur Wärmepumpe und je effektiver die Betriebsweise der Heizzentrale, desto preiswerter und umweltschonender ist diese Technik.“ In der derzeitigen Heizperiode wird im Interesse des Bauherrn festgestellt, ob die errechneten Jahresarbeitszahlen in der Realität erreicht werden können. Volkswirtschaftlich Nicht vergessen werden soll der Beitrag der Abwärmenutzung zum Klimaschutz. Abwasser ist eine ganzjährig zuverlässige, lokal vorhandene Energiequelle mit einem konstanten Temperaturniveau. Abwasserkanäle, als emissionsarme Energiequellen bislang weitgehend ungenutzt, bergen ein ständig an zahlreichen Standorten verfügbares Potential. Entsprechende Rahmenbedingungen vorausgesetzt, sind Anlagen zur Abwasserwärmenutzung im Vergleich zu fossilen Heizanlagen schon heute betriebswirtschaftlich wettbewerbsfähig. Bei richtiger Planung und Ausführung entstehen weder für das Entwässerungssystem noch für die Abwasserreinigung Nachteile. Politiker des Bundes und der Länder betonen den volkswirtschaftlichen Vorteil der regenerativen Energie. Für die Wärme aus Abwasser gilt sinngemäß dasselbe: Weniger Kapital für Energieimporte fließt aus der Region ab, sichere neue Arbeitsplätze entstehen, zusätzliche Steuereinnahmen stärken die Kommunen. Bild 4: Abwärme aus Abwasser wird hier durch Wärmeübertrager auf der Kanalsohle gewonnen. Elemente von 1 m Länge werden zu einem System verbunden. Entzugsleistung 2,03 kW/ m² am unteren Auslegungspunkt. © Uhrig Kanaltechnik Bild 5 bis 7: Nachträglicher Einbau des Wärmeübertragersystems, Fabrikat Therm-Liner Bauform B. Elemente von 1 m Länge werden durch die Firma Werner Vollert im Kanal zu einem System verbunden. © Stadt Oldenburg 11 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur · Energie Abwasserwärmenutzung Vorhaben zum Merkblatt DWA-M 114 Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) wird das Merkblatt DWA-M 114 „Wärme- und Lageenergie aus Abwasser“ bis Mitte 2016 überarbeiten und in „Abwasserwärmenutzung“ umbenennen. Das Merkblatt, das sich mit Planung, Bau und Unterhalt von Anlagen zur Abwasserwärmenutzung befasst, wird in folgenden Punkten ergänzt bzw. aktualisiert:  Aufnahme neuer Grundlagen zur Berechnung der freien Wärmekapazitäten von Kläranlagen in Form eines Kontingentes, welches auf der Basis der Ammoniumelimination als temperaturabhängiger Reinigungswert errechnet wird. Bagatellgrenzen für die Entnahme von Wärme aus Abwasser werden präzisiert.  Aufnahme der neuesten Entwicklungen bei Wärmetauschern.  Integration neuer Forschungsergebnisse und aktueller Studien zur Abwasserwärmenutzung.  Darlegen der rechtlichen Schnittstellen im Bereich der Liegenschaftsentwässerung bzw. zwischen der Grundstückentwässerung und der öffentlichen Kanalisation.  Integration des Themas Leistungsmessung und Garantieüberwachung.  Streichen des Abschnitts „Lageenergie“ (Stromgewinnung durch Abwasserturbinierung), da diese Technik in Deutschland bisher kaum angewendet wird. Quelle: DWA Pressemitteilung 25/ 2014 Projektdaten  Adresse: Alter Stadthafen, Oldenburg  Auftraggeber: Kubus Projektentwicklungsgesellschaft, Oldenburg  Kanalnetzbetreiber: Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband (OOWV), Oldenburg  HLS-Planer: Energie-Haus-Halt GmbH, Volker Schwarting, Oldenburg  Wissenschaftliche Begleitung: Institut für Rohrleitungsbau (iro), Oldenburg Wärmeübertrager im Kanal  Betreiber: SAT-ON GmbH, Oldenburg  Ausführung: Werner Vollert, Büdelsdorf  Fabrikat: Therm-Liner Bauform B  Hersteller: Uhrig Kanaltechnik, Geisingen  Leistung: 2,03 kW/ m² am unteren Auslegungspunkt 1. Bauabschnitt  Installierte Heizleistung: 293 kW  Mögliche Kühlleistung: 124 kW  Länge / Fläche Wärmeübertragerstrecke: 86 m / 144 m²  Inbetriebnahme 1. Gebäude: September 2015  Nutzer: 8 Gebäude mit 12 Wärmepumpen  Wohneinheiten / Wohnfläche: 100 / 7500 m² Bild 8: Die 86 m lange Wärmeübertragerstrecke im Mischwasserkanal mit 1,5 m Durchmesser liefert die Wärme für den 1. Bauabschnitt des neuen Wohnquartiers Alter Stadthafen. © Uhrig Kanaltechnik Bild 10: Revisionsschacht mit Vor- und Rücklauf des Wärmeübertrager- Systems zwischen Kanal und Wärmepumpen. © Dommel Barbara Rockstroh Sachverständigen- und Fachpressebüro König Kontakt: mail@klauswkoenig.com AUTORIN Bild 9: Wird im Sommer Kühlleistung benötigt, dann wird aus der Wärmepumpe eine Kältemaschine und aus dem Abwasser eine „Kältequelle“. © Uhrig Kanaltechnik 12 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Siedlungsstruktureller Entwicklungsstand Die Urbanisierung des Nordwestens von einem Agrarland zur Versorgung der Stadt nach dem Muster der Thünen´schen Ringe wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeleitet durch die siedlungsgenossenschaftliche Erschließung „nasser“ Wiesen am unteren Lohbach. Charakteristisch sind das gartenstädtische Wegenetz und die schmalen, tiefen Parzellen bebaut mit dem einfachen Standardhaus dieser Zeit, die Zubauten erlauben, aber für die zunehmende Motorisierung nicht konzipiert wurden (Bilder 11-12). So behilft man sich heute mit Mischverkehrslösungen. In künftigen Mobilitätslösungen könnten emissionsfreie, automatisiert fahrende Kleinfahrzeuge bis zur nächsten Schienenbahn eingesetzt werden. Die Ausbaudynamik ist offensichtlich. Auf vielen Einzelhausparzellen sind durch Aus-, Um- oder Ersatzbauten Mehrfamilienhäuser oder kleine Wohnanlagen entstanden, die der gesellschaftlichen Vielfalt förderlich sind, weil darunter leistbares Wohnen ermöglicht wird. (Bild 13: grün, gelb, rot, violett Urbane Evolution in einer alpinen Stadtlandschaft Beiträge zur Analyse der Transformation am Beispiel Innsbruck-Nordwest - Teil 2 Landschaftswerte, Naturgefahren, Siedlungsmuster, Zentralitäten, Anknüpfungen, Mobilitätsmilieus Heinz Dörr, Gerhard Fritz, Regina Hatheier-Stampfl, Yvonne Toifl Die nordwestliche Stadtlandschaft der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck bietet eine einmalige Annäherung von alpiner Bergumrahmung und hochurbaner Siedlungsentwicklung, noch dazu im Umfeld des internationalen Flughafens. Diese Voraussetzungen stellten von Anbeginn der dortigen Stadtentwicklung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Nachfolge der landwirtschaftlichen Nutzungen die Raumplanung vor vielfältige Herausforderungen für einen gedeihlichen Transformationsprozess. Genug Gründe, um im Rahmen der strategischen Stadtentwicklungsplanung die Ausformungen der urbanen Anreicherungen in ihren Effekten und ihrem Handlungsbedarf mit zeitgemäßen Mitteln zu erfassen. Bilder 11-12: Pionieraufschließung am Lohbachweg zeitgemäß transformiert und nachverdichtet. © Y. Toifl 13 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum für Ein-, Zwei-, Mehrfamilienhaus und Mehrparteien-Wohnanlage). Mit der Ansiedlung der technisch-natur wissenschaftlichen Fakultäten der Universität wurde eine Anreicherung mit höchsten zentralörtlichen Funktionen vorgenommen, zu denen auch das Landesberufsschulzentrum und mehrere Studentenheime zählen, die der städtebaulichen Erweiterung zum autogenen Stadtteil mit Großwohnanlagen ab den 1970er bis zu den 2000er Jahren voranlief. Die disziplinierte Höhensilhouette des Bebauungsplanes bringt Ruhe in das wilde natürliche Relief (Bilder 14-15). Mobilitätsorganisation und -milieus Während die Transformation in den Einzelhausgebieten einer vermehrten Automobilität in die Hände gespielt hat, gewährleisten die Baublöcke mit Geschoßwohnanlagen, wiewohl mit ausreichend Garagenplätzen ausgestattet, dem öffentlichen Verkehr den Zuspruch an Fahrgästen, die eine Kapazitätserweiterung rechtfertigen. Die in Bau befindliche Straßen-/ Regionalbahn als ÖV-Rückgrat rückt die Bedingungen der komfortablen Zugänglichkeit in den Mittelpunkt. Aufgrund der Topographie einerseits und der unterschiedlichen Wegerechte privater, genossenschaftlicher und öffentlicher Betreiber andererseits ergibt sich ein äußerst buntes Bild der funktionalen Verkehrsflächenorganisation sowie der Benutzbarkeit (Bild 16). Es wird ersichtlich, dass die fußläufige ungefährdete Erreichbarkeit (braune, grüne und blaue Wege), insbesondere zu den zentralen Diensten im Stadtteil, einen dominanten Stellenwert bekommen hat. In den Sammelstraßen werden aktuell die Straßenbahnschienen bis in das Herz der Wohnquartiere verlegt. Freiraum und öffentlicher Raum im Siedlungsgebiet Der wohnnahe Freiraum, seien es proprietäre (also beschränkt oder gar nicht zugängliche) oder öffentliche Flächen, verdient in Gebieten dynamischer Stadtentwicklung eine besondere Betrachtung in seiner sozialen Nebenfunktion als identitätsstiftendes und gemeinschaftsbildendes Element im Siedlungsgefüge. Gerade in einer topographisch beengten Stadtanlage, die nach innen verdichtet und nach außen erweitert wird, braucht es neben gestalteten öffentlichen Grünanlagen auch informelle Erholungsräume, wie es hier extensive Offenlandschaften, das Innufer und die Schutzwälder darstellen. Die Physis der Bodennutzung sagt oft noch wenig über die Benutzbarkeit, z.B. von extensiven Offenflächen, und diese noch nicht alles über die tatsächliche Benutzung bzw. Aneignung durch die Bewohnerschaft aus. Erst aus einer solchen Beobachtung ergibt sich eine treffende Kategorisierung der Realnutzung; diese bedeutet also mehr als bloßes „Land Cover“. Eine solche Blickweise auf einen Planungsraum erlaubt, eine (dritte) Werteskalierung jenseits der land- und forstwirtschaftlichen Bodenwerte und Verwertbarkeit einerseits, der planungsrechtlichen Beschränkungen (wie u.a. Gefahrenzonen und Hinweisbereiche) aber auch jenseits der Naturschutz-Würdigkeit andererseits vorzunehmen. Da eine solche humanökologische Skalierung schwerer fassbar ist, wird sie manchmal im Planungsprozess städtebaulich unterschätzt. Augenfällig ist der Bedeutungswandel der Freiraumfunktionen im proprietären Nutzungsbereich von Einzelbauplätzen. Das ist der Tatsache geschuldet, dass Baugrund immer intensiver in Wert gesetzt und die bauliche Ausnutzung maximiert wird, Bild 13: Ausschnitt Wohngebäudetypologie am Lohbachweg: Transformation von der homogenen zur vielfältigen Einzelhaussiedlung. Quelle: Bestandsaufnahme 2013 im Auftrag der Stadt Innsbruck / PRISMA (Bearbeitung arp: Y. Toifl) 14 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum wobei immer mehr in extremen Hanglagen gebaut worden ist. Im Zuge dessen wird dann rund um die bzw. über den aufwändig schaffbaren Auto-Stellplätzen ein singulärer Wohnbau hochgezogen. Somit verliert der verbleibende Freiraum weitgehend seine Nutzbarkeit als wohnzugeordnete private Grünfläche und wird zur Hausbetriebsfläche. Dieser Aspekt ist auch bei Nachverdichtungen im Talbodenbereich zu bedenken. Autochthon entwickelte Flächensystematik Die vor Ort aufgenommenen Nutzungsgegebenheiten wurden in Hinblick auf einen ordnungso d e r g e s t a l t u n g s p o l i t i s c h e n Handlungsbedarf bzw. auf standortpolitisch mögliche Handlungsoptionen für den hoheitlichen Planungsträger interpretiert. Die inhaltliche Ausdifferenzierung der Nutzungskategorien baut auf den vorgefundenen Realnutzungen auf und ist additiv mit zunehmender Flächendeckung um neue Kategorien horizontal erweitert bzw. vertikal vertieft worden (Bild 17). Damit nicht nur ein Atlas mit einer Vielzahl von Themenblättern entsteht, ist dabei die funktionelle Wechselwirkung zwischen den Gestaltungsaufgaben, wie von Baudynamik und Freiraumentwicklung, Wohnformen und Mobilität oder die bauliche Repräsentation und der öffentliche Raum, Gegenstand einer verschränkten Bearbeitung gewesen, um die Siedlungstypologie in Hinblick auf die Entwicklungsoptionen zu erfassen. Prospektive Gebietstypologie als Synthese-Ergebnisse Die Erstellung der GIS-gestützten Bestandsaufnahme speziell für diesen Stadtteil war ein zweifacher Syntheseprozess. Zum Ersten hat die Realnutzungs- Bilder 14-15: Urbane Schwerpunktsetzungen mit der Peerhofsiedlung am Bergfuß (1980er Jahre) und an der Technikerstraße (1990er Jahre). © H. Dörr Bild 16: Ausschnitt Mobilitätsorganisation: Funktionale Verkehrsflächenkartierung für Hötting West. Quelle: Bestandsaufnahme 2013 im Auftrag der Stadt Innsbruck / PRISMA (Bearbeitung arp: A. Romstorfer) 15 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum AUTOR I NNEN Dr. Dipl.-Ing. Heinz Dörr Ingenieurkonsulent für Raumplanung und Raumordnung arp-planning.consulting.research Kontakt: heinz.doerr@arp.co.at Mag. Gerhard Fritz Amtsführender Stadtrat für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Integration der Landeshauptstadt Innsbruck Kontakt: gerhard.fritz@magibk.at Mag. Regina Hatheier-Stampfl Universität Salzburg Interfakultärer Fachbereich Geoinformatik - Z_GIS Kontakt: regina.hatheier-stampfl@sbg.ac.at Yvonne Toifl Raumplanerin arp-planning.consulting.research Kontakt: yvonne.toifl@arp.co.at kartierung der Qualifizierung des momentanen Standes der urbanen Transformation gedient und zum Zweiten wurden darauf verschiedene prospektive Optionen, die die einzelnen, als typisch identifizierten Siedlungsteile anbieten, herausgearbeitet, noch ohne diese mit den übergeordneten Entwicklungszielen der Stadt abzugleichen (Bild 18). Das beinhaltet natürlich auch restringierende oder abzuwägende Rahmenbedingungen für die Stadtentwicklung. So stellten sich verschiedene Typen von Siedlungsteilen heraus, wie solchen, deren Wachstumsentwicklung aus heutiger Sicht als abgeschlossen gelten kann mit dem Schwerpunkt auf Ersatz- und Erneuerungsdynamiken, des Weiteren Gebiete, in denen bauliche Verdichtungen und zentralörtliche Anreicherungen im Vordergrund stehen könnten und schließlich Gebiete, an die ins angrenzende Freiland Siedlungserweiterungen in Verbindung mit einer hochwertigen ÖV- Infrastruktur sinnvoll anknüpfen könnten. Nach Abschluss dieser Bestandsaufnahme wurden im Jahr 2014 die potenziellen kurz-, mittel- und langfristigen Möglichkeiten für Siedlungserweiterungen im Rahmen eines nachfolgenden Auftrages (Potenzialanalyse „Entwicklungsmöglichkeiten Hötting-West - Kranebitten - Harterhofplateau“, Kuëss Riepl Riepl Architekten / Rosinak & Partner Ziviltechniker GmbH / DND Landschaftsplanung ZT KG) gesamthaft untersucht und mit den langfristigen strategischen Entwicklungsvorstellungen der Stadt abgeglichen. Als erste Umsetzungsetappe hat sich dabei eine dichte urbane Weiterentwicklung am Talboden im Umfeld der geplanten Straßen-/ Regionalbahn und auf dem angrenzenden Bild 17: Ausschnitt der Realnutzungskartierung als Momentaufnahme der Siedlungstransformation Quelle: Bestandsaufnahme 2013 im Auftrag der Stadt Innsbruck / PRISMA (Bearbeitung arp: R. Hatheier-Stampfl, R. Kals) Bild 18: Ausschnitt Urbanistische Synthesekarte Quelle: Bestandsaufnahme 2013 im Auftrag der Stadt Innsbruck / PRISMA (Bearbeitung arp: H. Dörr) Harterhofplateau herausgestellt. Die weitere Konkretisierung der Planungen (Städtebau, Verkehrsplanung, Grün- und Freiraumplanung, Umwelt) für dieses Teilgebiet erfolgte 2015 in einem dritten Auftrag („Innsbruck Hötting West - Entwicklungsraum 1“) an dasselbe, um einen Kulturbautechniker erweiterte ExpertInnenteam. Im Frühjahr 2016 soll eine entsprechende städtebauliche Masterplanung beschlussreif gemacht werden. Damit soll die konkrete Grundlage für eine gedeihliche, urban qualitätsvolle Entwicklung vorliegen. Erster Teil des Artikels in Transforming Cities · Ausgabe 1/ 2016 16 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Ressourcen · Infrastruktur „Das Augsburger Trinkwasser ist ein Schatz, den wir wie unseren Augapfel hüten“, sagt der Chef der swa-Wassersparte, Dr. Franz Otillinger. „Damit das in den Wasserschutzgebieten vor den Toren der Stadt geförderte Grundwasser auch in bester Qualität am Wasserhahn ankommt, ist eine hochwertige Verpackung nötig“, so Otillinger. Das rund 1000 Kilometer lange Leitungsnetz wird von den swa deshalb in optimalem Zustand gehalten und auch die technischen Anlagen müssen stets kontrolliert, überholt und auf den neuesten Standgebracht werden. Das Lochbach-Wasserwerk, eines von sieben Wasserwerken der swa, liefert im Normalbetrieb etwa ein Viertel des Augsburger Wasserbedarfs: 15 000 Kubikmeter und damit rund 100 000 volle Badewannen werden Tag für Tag vom Lochbach-Wasserwerk in die Stadt gepumpt. Wenn nötig, könnte die Kapazität sogar verdoppelt werden. Im Zuge der Erneuerung wurden für rund 200 000 Euro neue Kreiselpumpen eingebaut. Die alten Pumpen waren über 60 Jahre im Einsatz und haben nicht mehr den Anforderungen an Energieeffizienz und Stromverbrauch entsprochen. Aber schon bevor das Wasser auf seine Reise Richtung Neue Technik sichert Augsburger Trinkwasserqualität Lochbach-Wasserwerk für 1,4 Millionen Euro erneuert Jürgen Fergg Das Trinkwasser der Stadtwerke Augsburg (swa) ist reines, naturbelassenes Grundwasser, eines der besten in Europa und sogar für die Zubereitung von Babynahrung geeignet. Damit die Qualität so bleibt, investieren die swa allein in diesem Jahr rund zehn Millionen Euro in das Leitungsnetz, aber auch in die Gewinnung. Für 1,4 Millionen Euro ist jetzt das Lochbach-Wasserwerk technisch auf den neuesten Stand gebracht worden. Immerhin versorgen die swa rund 350 000 Menschen in Augsburg und umliegenden Städten und Gemeinden mit dem immer frischen Lebensmittel. Stadt geschickt wird, wird es auf Herz und Nieren geprüft, mit ständigen Qualitätskontrollen. Im Notfall kann dann etwa mit einer hochmodernen UV-Anlage ohne chemische Aufbereitung gegen Keime vorgegangen werden. Durch ultraviolettes (UV) Licht werden die Keime abgetötet. Vorbeugend wird die Anlage eingesetzt, wenn etwa wegen Starkregens im Süden der Stadt bis Landsberg das Frühwarnsystem der swa anschlägt und die Gefahr besteht, dass Keime ins Grundwasser gelangen könnten. Rund 400 000 Euro hat die neue Anlage gekostet, die mit langlebigeren UV-Röhren und geringerem Stromverbrauch deutlich wirtschaftlicher arbeitet als die bisherige Anlage. Aber auch die gesamte Elektroversorgung und Steuerung im Wasserwerk wurde erneuert - Kosten rund 400 000 Euro. „Damit halten wir die Versorgungssicherheit auf höchstem Niveau“, so Otillinger. Eine neue, wesentlich sparsamere und wirtschaftlichere Lüftungsanlage hilft die Stromkosten der bisherigen Lüftung von rund 50 000 Euro jährlich erheblich zu senken. Sie verhindert, dass sich an den kalten Wasserrohren im dem Werk Kondenswasser bildet und Rost an den Leitungen entstehen kann. Wasser für vier Stunden: 40 Meter lang, 20 Meter breit, fünf Meter tief und voll mit frischem Grundwasser ist jeder der beiden Wasserspeicher im Lochbach-Wasserwerk. Bilder: © swa / Thomas Hosemann Trinkwasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel. Anhand einer Schautafel erklärt der Chef der Wassersparte der Stadtwerke Augsburg, Dr. Franz Otillinger, das automatische Labor zur ständigen Qualitätskontrolle im Lochbach Wasserwerk. Für rund 400 000 Euro wurde die UV-Anlage im Wasserwerk erneuert. Robert Hörmann, Leiter der Wassergewinnung, erläutert, wie mit ultraviolettem Licht Keime im Notfall abgetötet werden können. 17 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Wie Phönix aus der Asche Wasser als Gemeingut - Wasser im Lichte der Daseinsvorsorge Gemeingut, Daseinsvorsorge, hoheitliche Aufgabe, öffentliche Hand, Marktversagen, Ostrom Christa Hecht Reichstag in Berlin. © AÖW Über Jahre als ineffizient und leistungsschwach verpönt, stellt sich nach der Finanzkrise und den Skandalen in der Privatwirtschaft heraus, dass öffentliche Daseinsvorsorge und Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand dem Gemeinwohl, der Sicherung des Zugangs für alle B e v ö l k e r u n g s schichten, der B e w a h r u n g der Ressourcen und dem Schutz der Umwelt und der Natur am besten gerecht werden. Die Abkehr von Privatisierung im Wassersektor wird weltweit vollzogen. Das Sozialstaatsprinzip und die kommunale Selbstverwaltung nach dem Grundgesetz in Deutschland sind gute Rahmenbedingungen dafür. 18 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Unter Daseinsvorsorge werden die Tätigkeiten des Staates verstanden, die der Versorgung der Bevölkerung dienen, um deren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Anders ausgedrückt, es sind Leistungen zur Existenzsicherung oder zur zivilisatorischen Grundversorgung. Das Verständnis darüber, welche Güter und Dienstleistungen dazu gerechnet werden, unterliegt dem gesellschaftlichen Wandel. Eingeführt hat der deutsche Staatsrechtler Ernst Forsthoff (1902-1974) den Begriff in den 30er Jahren in „Die Verwaltung als Leistungsträger“ [1]. Zitat aus Ernst Forsthoff - Der Staat der Industriegesellschaft[2]: „Mit der Zusammenbringung großer Bevölkerungsmassen auf engsten Raum in den Großstädten, wie sie die industrielle Emanzipation im 19. und 20. Jahrhundert mit sich brachte, ergaben sich für die individuelle Daseinsführung neue Bedingungen und Erfordernis. […] Nun war er auf Vorkehrungen angewiesen, die seiner sozialen Bedürftigkeit zur Hilfe kommen und die Daseinsführung ohne beherrschten Lebensraum erst möglich machen: Gas, Wasser, elektrische Energie, Abwasserableitung, Verkehrsmittel usw. […] Dieser Bedürftigkeit zu Hilfe zu kommen, ist staatliche Aufgabe geworden, wobei Staat im weiteren, auch die Gemeinden umfassenden Sinne verstanden sein soll. Was in Erfüllung dieser Aufgabe geschieht, ist Daseinsfürsorge.“ Rechtlich eingebettet ist die Daseinsvorsorge im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG, sie wird in den Gemeindeordnungen einiger Bundesländer erwähnt und ergänzt durch das Recht auf kommunale Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG. Mit dieser Verfassungsgarantie hat sie in Deutschland eine gesicherte und starke Stellung. Die Wasserversorgung ist der klassische Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge per se. Die Abwasserentsorgung hat als hoheitliche Aufgabe noch eine weitere Bedeutung, da sie auch der Seuchenvermeidung und dem Gewässer- und Umweltschutz dient. Flankiert werden diese beiden Aufgaben durch die Gewässerunterhaltung. Seit den 1990er Jahren wurden die Aufgaben der Daseinsvorsorge kritisch hinterfragt durch Liberalisierungs- und Deregulierungsbestrebungen, das grenzüberschreitende Wettbewerbsverständnis der EU (Verwirklichung des Binnenmarkts in allen Bereichen) sowie durch die Finanzierungsprobleme der Kommunen. Privatunternehmen traten als Anbieter neben öffentlichen Betrieben und Unternehmen auf und schließlich wurde sogar von einem Wassermarkt gesprochen. Wasser ist keine Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss! So steht es im Erwägungsgrund 1 der Wasserrahmenrichtlinie RL 2000/ 60/ EG (WRRL). Das ist Anspruch und Verpflichtung zugleich für die Europäische Politik, aber auch für die Politik der Mitgliedsstaaten. Dieser Erwägungsgrund macht bereits die Besonderheit von Wasser deutlich. Wer diesen Satz etwas weiter hinterfragt, erkennt jedoch auch die Vielschichtigkeit. Wasser ist Leben. Die Bedeutung findet sich auch in allen Religionen. Wasser ist lebensnotwendig für die lebende und alle künftigen Generationen. Die Verfügbarkeit von Wasser ist eine entscheidende Basis für die Entwicklung und Prosperität von menschlichen Siedlungen und wirtschaftlichen Tätigkeiten. Dies wird gerade bei der Bewerbung der Historischen Wasserwirtschaft Augsburgs als UNESCO-Welterbe aufgearbeitet. Wasser kann durch seine besondere Dichte in Gestein eindringen, sogar Felsen zerbersten lassen, und wirkt so landschaftsbildend. Verschmutztes Trinkwasser kann zu todbringenden Krankheiten führen. Wasser kann als Naturgewalt vernichtend sein. Wasser muss ganzheitlich betrachtet werden, weil es in seinem geschlossenen System im kleinen und großen Wasserkreislauf verbleibt. Wird Wasser verschmutzt, ohne dass die Selbst- oder Bodenreinigungskräfte die Schadstoffe abbauen können, fallen die Auswirkungen auf die Menschen und alle Lebewesen zurück. Steigende Wassernutzungen belasten die verfügbaren Wasserressourcen. All das steckt in diesem Satz. Welchen politischen Sprengstoff der Erwägungsgrund jedoch enthält, wurde erst deutlich als Interessenverbände wie die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW) und Bürgerbewegungen diese Formulierung gegen die europäische Politik einer Kommerzialisierung und gegen die Liberalisierung des Wassersektors ins Feld geführt haben. Denn er beinhaltet auch, die Wasserressourcen als Gemeingut zu behandeln. Wasser als Gemeingut Im deutschen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist im § 4 Abs. 2 geregelt: „Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers und Grundwasser ist nicht eigentumsfähig“. Daraus ergibt sich weiterhin, dass Wasser nur genutzt werden darf und die Benutzung einer Erlaubnis bedarf (§ 8 WHG), als juristischer Begriff ist dies ein „repressives Verbot mit Eigentumsvorbehalt“. In seinem Urteil vom 15.07.1981 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 58, S. 300, 340; 10, 89, 113 (Erftverband, Naßauskiesung) schon festgestellt, Wasser stelle eine der „wichtigsten Grundlagen des menschlichen, tierischen und pflanzlichen 19 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Lebens“ dar, so dass die „geordnete Wasserwirtschaft“ für die Bevölkerung wie für die Gesamtwirtschaft als lebensnotwendig zu betrachten sei. Im Urteil wurde eine Güterzuordnung vorgenommen und das Grundwasser wegen seiner existenziellen Bedeutung allein der Allgemeinheit zugeordnet, das demnach ein der gesamten Bevölkerung gleichermaßen zustehendes öffentliches Gut ist. Die Bewirtschaftung dieses Gutes dürfe nicht durch private Eigentumsinteressen, sondern müsse durch das Allgemeinwohlinteresse aller an einer quantitativ und qualitativ angemessenen Wasserversorgung geprägt sein. Eine Definition von Gemeingut ist: „Öffentliche Güter und Allmendegüter sind Gemeingüter mit der Eigenschaft der Nicht-Ausschließbarkeit“ (Lawrence Lessing, US-amerikanischer Professor für Rechtswissenschaften an der Harvard Law School, [3]). Gemeingüter ermöglichen es allen gesellschaftlichen Schichten, vom Nutzen zu profitieren. Eine ökonomisch-juristische Erklärung liefert Christof Gramm [4], indem er als charakteristisches Merkmal „staatlicher öffentlicher Güter“ beschreibt, dass ihre Bereitstellung bzw. ihre Bewirtschaftung, die den Zugang für potentielle Nutzer und Nutzerinnen ermöglicht, durch staatliches Recht bzw. durch rechtlich geprägte Verteilungsmaßstäbe reguliert wird, und nicht über den Marktpreis. Und weiter schreibt er, mit öffentlichen Gütern sei die verbindliche Sicherung eines bestimmten Versorgungsstandards für alle verbunden und die Kriterien und Verfahren, die den Zugang, die Nutzung und die Verteilung von öffentlichen Gütern regeln, müssten im demokratischen Prozess ausgehandelt und entschieden werden, insbesondere wenn knappe Güter betroffen sind (dazu auch S. R. Laskowski, Das Menschenrecht auf Wasser, S. 518, [5]). Einen politischen und ökonomischen Hintergrund dazu hat Prof. Elinor Ostrom erbracht. Elinor Ostrom (gest. 12.06.2012, die erste mit einem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnete Frau) erhielt den Preis für ihre Forschung zur Nutzerorganisation von gemeinschaftlichem Eigentum und der Umweltökonomie. Die Zusammenfassung ihrer Forschung in „Governing the Commons“ ist inzwischen ein weltweites Standardwerk geworden, in dem sie aufräumt mit der von Hume verbreiteten Theorie, der „Tragik der Allmende“, der Übernutzung und der Trittbrettfahrer. Sie erforschte, wie sich Menschen organisieren, wenn sie gemeinschaftlich komplexe Probleme lösen müssen. Schon in ihrer Doktorarbeit hatte sie die Managementstrategien von öffentlichen Unternehmen zur Lösung der Probleme der Salzwasserkontamination des Grundwassers in Los Angeles untersucht. Später beschäftigte sie sich mit Wald- und Weidewirtschaft, Fischereiwirtschaft und Bewässerungssystemen. Sie wies nach, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung von lokalen Ressourcen durch institutionalisierte lokale Kooperation der Betroffenen (Nutzer jeglicher Art) in vielen Fällen sowohl staatlicher Kontrolle als auch Privatisierungen überlegen ist [6]. Viele Aspekte erfolgreicher Strategien, die Ostrom für kollektives Handeln im Umgang mit knappen Ressourcen herausgearbeitet hat, finden wir auch in unseren Regelungen für die Wassernutzung wie dem Örtlichkeitsprinzip (§ 50 WHG), der Festlegung auf einen sorgsamen Umgang mit Wasser (u.a. §§ 4,5,6, § 47 WHG, § 87, § 100 WHG), z. B. auch der Aushandlung von Ausgleichsleistungen zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft, der Verpflichtung zur Anwendung des Verursacherprinzips sowie einer starken kommunalen Selbstverwaltung und korrespondierend damit der Gewässeraufsicht. Das ist in Deutschland historisch über Jahrhunderte gewachsen. Bei Wasserverbänden oder Deich- und Sielverbänden im Norden reicht der Ursprung sogar über tausend Jahre zurück. Die deutsche Wasserwirtschaft ist meiner Auffassung nach so erfolgreich in Bezug auf Qualität und Kundenzufriedenheit, weil alle Beteiligten es geschafft haben, in dem Zusammenspiel einer schnellen Umsetzung technisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis mit politisch ausgehandelten Regelungen ideale Rahmenbedingungen für eine sichere und kostengünstige Ver- und Entsorgung zu schaffen. Der deutschen Wasserwirtschaft ähnlich ist der Sektor in Österreich, der Schweiz und Schweden. In den Niederlanden ist die Wasserwirtschaft eine staatliche Aufgabe und 2004 ausdrücklich vom Wettbewerb ausgenommen worden - ja Privatisie- Öffentliche Wasserversorgung. © AÖW 20 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement rung ist sogar verboten. Die Regelungen genießen Verfassungsrang. Die Niederlande haben große Organisationseinheiten gebildet, die Aktiengesellschaften sind zu 100 % in öffentlicher Hand gehalten. Eine institutionalisierte Beteiligung der Öffentlichkeit ist dazu entwickelt worden, in der gewählte Räte und die Bevölkerung bei der wasserwirtschaftlichen Planung und den betrieblichen Entscheidungen mitreden. In den neueren europäischen Regelungen wird im Erwägungsgrund 40 der Richtlinie über Konzessionen (RL 2014/ 23/ EU vom 26.02.2014) die Ausnahme für die Wasserwirtschaft damit begründet, „da Wasser als öffentliches Gut für alle Bürger der Union von grundlegendem Wert ist.“ Diese Aussagen sind dem Einfluss des Europäischen Parlaments und großem öffentlichen Druck durch die Europäische Bürgerinitiative „right2water“ geschuldet. Denn in den Entwürfen für die Konzessionsrichtlinie hieß es noch 2011 (KOM(2011) 897), dass eine wirkliche Marktöffnung […] und ein angemessener Rechtsrahmen für die Konzessionsvergabe für öffentliche und private Investitionen in Infrastrukturen und für strategische Dienstleistungen angestrebt wird. Ob die EU-Kommission sich in fünf Jahren, wenn die Überprüfung der Ausnahme aus der Konzessionsrichtlinie überprüft werden soll, an ihre Antwort auf „right2water“ erinnert, an den grundlegenden Wert und daran „dass die lokalen Behörden den Bürgern und deren Belangen am nächsten stehen und dies im Allgemeinen in der EU für die Bereitstellung von Wasserdienstleistungen das vorherrschende Organisationsprinzip sei“, wird sich zeigen. Wasser zurück in die Hände der Kommunen - ein weltweiter Trend Jahrelang haben insbesondere die Weltbank, der IWF und das von internationalen privaten Konzernen dominierte Weltwasser Forum die Beteiligung privaten Kapitals und privater Investitionen gepriesen. Manche Kredite für Infrastrukturmaßnahmen im Wasserbereich wurden sogar von der Einbeziehung Privater abhängig gemacht. Begründet wurde das mit der Behauptung, dass die Privatwirtschaft per se effektiver handeln würde und damit die Versorgung und der Service weit besser seien als aus öffentlicher Hand. Weltweit haben einige Staaten und Großstädte diesen Behauptungen geglaubt oder waren aus Finanznöten und weil sie dem rasanten Bevölkerungswachstum mit ihren Infrastrukturmaßnahmen nicht mehr nachkamen, gezwungen, sich auf die Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung einzulassen. Mittlerweile ist die Euphorie gründlich verflogen. Es stellte sich heraus, dass die Versprechen der Privatisierung nicht gehalten wurden. Stattdessen waren die Leistungen schlecht (Dar es Salam, Accra, Maputo), die zugesagten Investitionen wurden unterlassen (Buenos Aires), es kam zu immensen Preissteigerungen (Berlin, Kuala Lumpur), es gab Schwierigkeiten bei der Überwachung privater Betriebsführer (Atlanta), das Finanzgebaren der privaten Konzerne war undurchsichtig (Grenoble, Paris) und Personal wurde abgebaut, statt stabile Beschäftigung zu erhalten. Nun wurden auch Studien für die Weltbank bekannt, in denen „überrascht“ festgestellt wird, dass kein Unterschied in der Leistungsfähigkeit zwischen privaten und öffentlichen wasserwirtschaftlichen Unternehmen oder Betrieben festzustellen ist [7]. Dr. Eva Lieberherr hat 2014 in einer Vergleichsstudie zur Leistungsfähigkeit der Siedlungswasserwirtschaft in Zürich, Berlin und Leeds herausgefunden, dass, gerade wenn es um die besonderen Versorgungsaufgaben der Wasserwirtschaft sowie Transparenz und Partizipation geht, „Öffentlich-private Mischformen und erst recht rein private Unternehmen mitnichten leistungsfähiger sind als öffentliche Betriebe“ [8]. Das „Buch der Wasserprivatisierung“ wurde in den vergangenen 15 Jahren in 35 Staaten und in Our public water future © [9] 21 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement über 235 Fällen geschlossen. Nachzulesen ist dies in dem Buch „Our public water future“, in dem die globalen Entwicklungen detailliert herausgearbeitet werden [9]. Erkennbar ist in diesem Trend auch, dass, in vielen Fällen der Rekommunalisierung, Bürgerbewegungen der Auslöser und Katalysator für die Entscheidungen der Staaten oder der Städte sind, die Verantwortung für die Wasserwirtschaft wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Meist entwickelt sich dabei auch eine stärkere Beteiligung der Bürger an den Entscheidungen (Paris, Neapel) oder die Initiativen kämpfen weiter für eine Einbeziehung (Berlin). Für die wachsende Weltbevölkerung, die überwiegend in Städten leben wird, sind die Daseinsvorsorge und die Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand die Zukunft, flankiert von ernstgemachter Bürgerbeteiligung und Transparenz. LITERATUR [1] Forsthoff, E.: Die Verwaltung als Leistungsträger. Kohlhammer, Stuttgart, 1938. [2] Forsthoff, E.: Der Staat der Industriegesellschaft. Dargestellt am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland. Beck, München, 1971, S. 75f. [3] Lessig, L.: The Future of Ideas. The Fate of the Commons in a Connected World. Random House, New York, 2001. [4] Gramm, C: Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben. Duncker & Humboldt GmbH, Berlin, 2001. [5] Laskowski, S. R.: Das Menschenrecht auf Wasser. Die rechtlichen Vorgaben zur Sicherung der Grundversorgung mit Wasser und Sanitärleistungen im Rahmen einer ökologisch-nachhaltigen Wasserwirtschaftsordnung. (Habilitationsschrift Universität Hamburg) Tübingen, 2010. [6] Elinor Ostrom, E.: Die Verfassung der Allmende, Mohr Siebeck, Tübingen, 1990. [7] Estache, A., Perelman, S., Trujillo, L.: World Bank Policy Research Working Paper 3514, Febr. 2005). [8] Lieberherr, E.: Organisationsformen im Vergleich. Leistungsfähigkeit der Siedlungswasserwirtschaft in Zürich, Berlin und Leeds. Aqua & Gas, 2, 2013, S. 48-52. [9] Kishimoto, S., Lobima, E., Petitjean, O.: Our Public Water Future: The global experience with remunicipalisation. TNI, PSIRU, MSP, EPSU, Amsterdam, London. Paris, Cape Town, Brussels, 2015. Download: http: / / www.psiru.org/ sites/ default/ files/ 2015-04-W-Our- PublicWaterFutureFINAL.pdf AUTORIN Christa Hecht Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW) Kontakt: hecht@aoew.de Studierende lesen Transforming Cities als ePaper ein Jahr lang kostenlos. Anschließend zum Vorzugspreis. www.transforming-cities.de/ magazin-abonnieren/ Wer´s früher liest, ist länger schlau. TranCit StudiAbo 22 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Kommunale Daseinsvorsorge zeitgemäß begründen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gilt als Kernbestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge Abwasserentsorgung, Daseinsvorsorge, Transformation, Wasserinfrastruktur, Wasserversorgung Jens Libbe Die Bevölkerung wird mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser versorgt und die Abwasserbehandlung sichert die Stadthygiene. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch diese Systeme in Hinblick auf Umbauerfordernisse kritisch hinterfragt würden. Benötigt wird ein Verständigungsprozess darüber, wie die kommunale Daseinsvorsorge zeitgemäß zu interpretieren ist und welche Bedeutung die Wasserinfrastrukturen für energie- und ressourceneffiziente sowie klimaangepasste Städte besitzen. Bild 1: Das Versprechen allumfassender Daseinsvorsorge erscheint gerade im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung voll erfüllt. © pixabay 23 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Die Siedlungswasserwirtschaft in Deutschland hat mehrere Aufgaben zu erfüllen. Es gilt, den Bürgerinnen und Bürgern eine qualitativ einwandfreie und zugleich quantitativ ausreichende Versorgung mit Trinkwasser sicherzustellen. Das anfallende Abwasser ist so zu behandeln, dass es entweder weiter genutzt oder schadlos an die Umwelt abgegeben werden kann. Zudem sind die Siedlungen vor Überschwemmungen zu schützen und die vorhandenen Ressourcen in ihrer Qualität und, soweit als möglich, Quantität zu erhalten. Die Leistungen der Siedlungswasserwirtschaft werden heute in hoher Qualität angeboten. Dies wiederum findet seine Entsprechung in der großen Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger als Kunden und ihrem Vertrauen in die (kommunalen) Unternehmen [1]. Das Versprechen allumfassender Daseinsvorsorge erscheint gerade im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung voll erfüllt. Alle Bürgerinnen und Bürger profitieren von einer dauerhaft zugänglichen, preiswürdigen und auch demokratisch kontrollierten Dienstleistung. Historische Entwicklung Die technischen Einrichtungen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, wie wir sie heute kennen, sind im Verlauf der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Sie stellten damals einen enormen Qualitätssprung gegenüber vorhandenen Anlagen in Form von Hausbrunnen oder Abzugsgräben dar. Wichtige Impulse erwuchsen aus dem Entstehen einer öffentlichen Gesundheitsfürsorge sowie aus den Erkenntnissen über die Prävention von Krankheiten. Im Zuge der von England kommenden so genannten Hygienebewegung wurde der Versorgung mit unschädlichem Trinkwasser sowie der Beseitigung von Unrat und Abwässern in den Städten große Bedeutung zugemessen [2]. 1842 wurde in New York erstmals ein System von Aquädukten, Röhren und Speichern zur Versorgung von öffentlichen Brunnen, Haushalten und der Feuerwehr eingeweiht. In Deutschland waren es nicht zuletzt große Brandkatastrophen (z.B. Hamburg 1842), die die Notwendigkeit einer zentralen Wasserversorgung offenbarten. Bald begann in zahlreichen europäischen Großstädten der Bau von Wasserversorgungssystemen (Hamburg 1848, Paris 1853, London 1852, Berlin 1853, Dresden 1875). Mit der zunehmenden Verbreitung einer leitungsgebundenen Wasserversorgung wurde auch die Notwendigkeit einer Abwasserentsorgung offensichtlich, da die Ableitung der steigenden Abwassermengen über Rinnsteine, Gräben oder unbefestigte Straßen zu Unannehmlichkeiten und auch zu hygienischen Problemen führte. In Mitteleuropa setzte sich die Idee einer Schwemmkanalisation in Form eines Mischsystems, in dem gleichermaßen häusliche Abwässer, Fabrikabwässer und Regenwasser transportiert werden, im Laufe der Jahre durch (Hamburg 1843, Paris 1850, London 1857, Berlin 1877 und Dresden 1890). Allerdings bedeutete dies noch nicht, dass damit das Abwasser auch geklärt wurde. Entweder wurde es direkt in die Flüsse eingeleitet oder im Umfeld der Städte (etwa in Berlin) auf sogenannten Rieselfeldern versickert. Die wachsenden Belastungen der Flüsse führten dazu, dass flussabwärts gelegene Anrainer zunehmend Probleme hatten, den Flüssen Wasser in ausreichender Güte zu entnehmen. Infolge dieser Entwicklung setzten sich erste, zunächst noch sehr einfache Kläranlagen durch. Als 1892 aufgrund von verschmutztem Trinkwasser in Hamburg eine Choleraepidemie mit zahlreichen Toten ausbrach, lieferte das den Beweis, dass es einer Aufbereitung des Flusswassers bedarf, bevor dieses als Trinkwasser genutzt werden kann. Insbesondere das Abwasser aus der Industrie und aus Kokereien, etwa im Ruhrgebiet, warf weiterhin Probleme auf, und erst 1960 wurde das Wasserhaushaltsgesetz verabschiedet, in dessen Folge Abwasserbehandlungsanlagen der Siedlungswasserwirtschaft sukzessive ausgebaut wurden und Abwasser nicht nur einer mechanischen, sondern auch einer biologischen und chemischen Bild 2: Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die technischen Einrichtungen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, wie wir sie heute kennen. © pixabay 24 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Behandlung unterzogen wurde. So wurde eine „End of the Pipe“-Technologie realisiert, die jederzeit erweiterbar war und den Endpunkt des „Durchflussreaktors“ [3] Stadt bildete. Aktuelle Herausforderungen Mit der Installierung netzgebundener lokaler und regionaler Wasserversorgungsnetze ebenso wie mit der Etablierung der Schwemmkanalisation und der Abwasserreinigung in Abwasserbehandlungsanlagen wurden Systeme mit hoher Pfadabhängigkeit kreiert. Der Ausbau der Netze und Anlagen ist nach Jahrzehnten der kontinuierlichen Erweiterung weitgehend abgeschlossen. Sowohl auf der Trinkwasserseite als auch beim Abwasser liegen die Anschlussgrade an die öffentlichen Netze bei etwa 99 % der Bevölkerung. Leistungsunterbrechungen finden kaum statt. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch diese Systeme in Hinblick auf Umbauerfordernisse kritisch diskutiert würden. Handlungsbedarfe zeigen sich in verschiedener Hinsicht. Der Klimawandel führt in Deutschland dazu, dass es zukünftig vermehrt milde, feuchte Winter gefolgt von trockenen Sommermonaten, unterbrochen von häufigeren Extremwetterlagen mit Regen, Hagel und Starkwinden, aber auch extremen Hitzetagen geben wird. Dabei nehmen die regionalen Unterschiede dieser Ausprägungen zu. In wasserärmeren Regionen (etwa Teile Frankens) zeichnen sich bereits heute Phänomene der Wasserknappheit ab. Wenngleich bisher nur zeitlich begrenzt, ist nicht auszuschließen, dass diese den Ausbau von teuren Fernversorgungssystemen befördern könnten. Gravierender sind überlastete Kanäle in Folge von Starkregen mit innerstädtischen Überflutungen und gewässerschädigenden Mischwasserüberläufen. Die Lösungen dieser Herausforderungen liegen in einem sehr komplexen Bereich. Erforderlich sind Verbesserungen bei der Überwachung des Trinkwassers, um kurzfristige Schwankungen schneller zu erfassen. Versorgungsstrategien müssen potentiellen Auswirkungen des Klimas auf die Verfügbarkeit und Qualität von Wasserressourcen stärker als zuvor Rechnung tragen. Neben der Nutzung oder Schaffung von Retentionsräumen und der Optimierung der Kanalnetzsteuerung geht es darum, die Kanalnetze stärker zu entlasten. Es gilt, die Abwassersysteme so umzubauen, dass Niederschläge von versiegelten Flächen rasch abfließen können, ohne die Kanäle zu überlasten. Dies bedeutet eine möglichst umfassende Entflechtung von Schmutz- und Regenwasser und ein Regenwassermanagement mit entsprechenden Versickerungsmöglichkeiten. Der Wassergebrauch in Deutschland ist in den letzten Jahren erheblich gesunken. Regionale Rückgänge von 50 Prozent sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Ursächlich hierfür sind u.a. abnehmende Bevölkerungszahlen und sinkende gewerbliche Wasserbedarfe, aber auch effizientes Wasserrecycling im industriellen und gewerblichen Sektor. Dies führt mancherorts zu Unterauslastungen der siedlungswasserwirtschaftlichen Anlagen und Netze. Wo Überkapazitäten auftreten, sind sie mit betriebstechnischen Problemen verbunden. Die Anpassung der Kapazitäten ist dann der einzig erfolgversprechende Weg, um auch künftig Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Wasserqualität bei weiter bezahlbaren Preisen zu sichern. Die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der spezifische Prokopf-Energiebedarf für Trinkwasserbereitstellung liegt bei rund 29 Kilowattstunden je Einwohner und Jahr, der durchschnittliche, spezifischer Stromverbrauch für Abwasserreinigung in einer ähnlichen Größenordnung bei 34 Kilowattstunden pro Einwohner und Jahr. Dies entspricht zusammen genommen einem prozentualen Anteil von 6,3 % des privaten Stromverbrauchs. Vor diesem Hintergrund ist auch die Siedlungswasserwirtschaft gefordert, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten. Abwasser enthält viel Energie. Diese „zurückzuholen“, kann ein Baustein einer klima- und ressourcenschonenden Stadttechnik sein. Hier geht es gleichermaßen um eine Steigerung der Energieeffizienz von Abwasseranlagen und um die Nutzung biogener Wasserinhaltsstoffe. Insbesondere Kläranlagen weisen ein hohes Energieeinsparpotenzial auf. Energie wird je nach Verfahrenstechnik in unterschiedlich großen Anteilen für Wärme und elektrische Energie Bild 3: Es gilt, die Abwassersysteme so umzubauen, dass Niederschläge von versiegelten Flächen rasch abfließen können, ohne die Kanäle zu überlasten. © pixabay 25 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement benötigt. Den Energieverbrauch bei der Abwasserentsorgung zu reduzieren, kann also den CO 2 -Ausstoß wirksam verringern. Kläranlagen sind jedoch nicht nur bedeutsame Energieverbraucher, sie können auch Energie liefern. Faulgase aus der Schlammbehandlung und durch Mitvergärung organischer Abfällen lassen sich für die Stromproduktion in Blockheizkraftwerken nutzen. Bei der Klärschlammverbrennung wird durch den Einsatz von Dampfturbinen Strom erzeugt. Die Überschusswärme aus den gewählten Prozessen der Abwasserreinigung und Schlammbehandlung eignet sich zum Beispiel für die Beheizung und Klimatisierung umliegender Gebäude. Im Abwasser enthaltene thermische Energie ist dort nutzbar, wo diese über entsprechende Wärmetauscher für die Wärmeversorgung genutzt werden kann. Die Rückgewinnung von Wärmeenergie aus Abwasser im Kanalnetz oder im Haus ist insofern interessant, als durch die verbesserte Wärmedämmung von Gebäuden in Zukunft kaum noch nennenswerte Heizwärmeverluste auftreten dürften und das einzig bedeutsame „Wärmeleck“ von Gebäuden das Abwasserrohr sein wird. Die Möglichkeiten der Abwasserwärmerückgewinnung hängen dabei stark von örtlichen Gegebenheiten ab. Im Abwasser sind zudem eine Reihe wichtiger Ressourcen enthalten, so etwa die Nährstoffe Phosphat, Nitrat und Kalium. Ihre Rückgewinnung in pflanzenverfügbarer Form kann einen wichtigen Beitrag zur Schließung von Stoffkreisläufen, insbesondere in der Landwirtschaft leisten. Phosphat und Kalium gelten in globaler Perspektive als Mangelressource und auch Nitrat könnte aufgrund seiner energieintensiven Herstellung bei steigenden Energiepreisen ein knappes Gut werden. Die Abwasserbehandlung sollte daher nicht allein dem Gewässerschutz unterworfen sein, sondern zur Verwertung von Nährstoffen beitragen. Organische Nano- und Mikroverunreinigungen sowie resistente Keime werden zunehmend in Grund- und insbesondere in Oberflächengewässern gemessen. Ihre Herkunftsbereiche sind mannigfaltig. u.a. Haushalte (Arzneimittel, Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel), Landwirtschaft (Biozide und Pestizide, Veterinärpharmaka), Gesundheitseinrichtungen, Produktionsstätten, Flamm- und Korrosionsschutz aus dem Baubereich, Straßenabwässer. Neben den diffusen Einträgen von Mikroschadstoffen (Landwirtschaft) gelangt ein Großteil dieser Stoffe über punktuelle Einträge aus der Kanalisation in die Oberflächengewässer. Ebenfalls zu nennen sind Einträge aus defekten Kanälen aus dem privaten wie öffentlichen Bereich ins Grundwasser. Investitionsbedarfe und Finanzierung Investitionsbedarfe und Finanzierung kommunaler Infrastrukturen sind ein politischer Dauerbrenner. Dies gilt nicht zuletzt für die Systeme der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Die vorhandenen Investitionen in Netze und Anlage sind nach Ansicht vieler Experten nicht auskömmlich, um den Wertbestand zu erhalten. Wenngleich die Angaben je nach Quelle variieren, wird doch regelmäßig der drohende Substanzverlust thematisiert. Einem jährlichen Erneuerungsbedarf von 8,75 Mrd. Euro bei 80 Jahren Nutzungsdauer standen 2014 beispielsweise reale Investitionen von 4,8 Mrd. Euro gegenüber. Zugleich ist eine immer wieder aufflammende Debatte um Wasserpreise und Missbrauchsverfahren gegenüber einzelnen Versorgern zu konstatieren. Die Wasserbranche wiederum verweist mit Stolz darauf, dass die Abwassergebühren seit Jahren unter der Investitionsrate liegen. Die Gründe unzureichender Investitionstätigkeit sind unterschiedlich. Zu diesen zählen die knappe Finanzlage in vielen öffentlichen Kassen, das Politikversagen wenn es darum geht, die Bürgerinnen und Bürger mit finanziellen Beiträgen für die Daseinsvorsorge zu belasten, eine fehlende Priorisierung von Sanierungsmaßnahmen oder auch ein nicht zielgerichteter Einsatz von Finanzmitteln und damit mangelhaftes Management. Neuartige Systemlösungen Investitionsbedarfsschätzungen orientieren sich regelmäßig am notwendigen Werterhalt der vorhandenen Netze und Anlagen. Zugleich wird aber auch grundsätzlicherer Transformationsbedarf angemeldet. Sogenannte neuartige Systemlösungen zeichnen sich dadurch aus, dass Wasser bzw. Abwasser nicht mehr einheitlich behandelt werden, sondern verschiedene Teilströme unterschieden Bild 4: Der Klimawandel sorgt in Deutschland künftig für milde, feuchte Winter gefolgt von trockenen Sommermonaten mit häufigen Extremwetterlagen. © pixabay 26 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement werden. Abwasser wird dabei zur Ressource, stofflich oder energetisch. Dies umgesetzt entstünde ein differenziertes System, in dem parallel unterschiedliche Wasserqualitäten zur Versorgung bereitgestellt (Trinkwasser, Betriebswasser, Regenwasser) bzw. unterschiedliche Abwasserströme getrennt erfasst, abgeleitet und behandelt werden. Eine solche Differenzierung von Teilströmen wird als Ansatz gesehen, um in den Städten und Gemeinden vielfältigen Herausforderungen, wie demographische Veränderungen, Klimawandel, Energiewende und Ressourcenknappheit zu begegnen und das Wasserversorgungs- und Abwasserbehandlungssystem nachhaltiger zu gestalten. Integrierte Konzepte für Wasser, Abwasser und Energie sowie neuartige Sanitärsysteme werden derzeit im Rahmen verschiedener Modellvorhaben erprobt [4] und Räume für eine solche Transformation werden identifiziert [5]. Bei einer stärkeren Verbreitung solcher Lösungen würden die vorhandenen zentralen Abwasserentsorgungssysteme durch dezentralere Anlagen ergänzt. Im Ergebnis würde sich die Nutzung der natürlichen Wasserressourcen reduzieren, das Niederschlagswasser in die Nutzung einbezogen sein und die Energie- und Wertstoffpotenziale des Abwassers würden genutzt. Wieweit damit letztlich auch die Belastung der natürlichen Ressourcen Gewässer, Boden und Luft reduziert würde, bedarf weiterer Forschung. Derzeit jedenfalls ist eine solch umfassende Transformation allenfalls für ausgewählte Teilräume realistisch. Eine solche Transformation wäre weit mehr als der Erhalt und die Optimierung der Infrastruktur. Sie würde nicht nur Ersatzsondern zunächst einmal auch Erweiterungs- und Neubedarf mit sich bringen. Der Aufbau eines „Zweiten Netzes“ wird daher von Kritikern mit Blick auf damit verbundene Kostenverläufe in Abrede gestellt. Doch auch der teilräumliche Einsatz dieser Lösungen bedarf einer kommunal- und regionalwirtschaftlichen Betrachtung. Anders formuliert: im Sinne einer sparsamen Ressourcenbewirtschaftung sollte der Einsatz neuer Systemlösungen aus ökonomischer Perspektive gut begründet sein. Notwendigkeit kommunaler Leitbilder zur Zukunft von Wasserinfrastruktur und Daseinsvorsorge Das zentrale Merkmal von Leistungen der sogenannten Daseinsvorsorge ist es, dass ihre Bereitstellung in erster Linie dazu dient, die Bevölkerung und die Wirtschaft mit essentiellen beziehungsweise existenziellen Gütern und Dienstleistungen durch das Gemeinwesen zu versorgen. Grundlegend dabei sind der gleichberechtigte Zugang zu diesen Leistungen, akzeptable Preise, die Kontinuität und Universalität der Dienstleistung sowie die politische Steuerung und Kontrolle bzw. der Verbraucherschutz. Verfassungsrechtlich lässt sich die Daseinsvorsorge in dem als Staatsziel ausgestalteten Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes verorten. Ihre Konkretisierung erfährt sie in den Gemeindeordnungen der Bundesländer. Wie die Entwicklung der Wasserinfrastrukturen zeigt, hängt die Art und Weise der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge stark von technisch-historischen Gegebenheiten und daraus erwachsenen Pfadabhängigkeiten ab. Daseinsvorsorge ist dabei aber nichts Statisches, sondern bedarf stets aufs Neue ihrer Begründung. Dies betrifft im Fall der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung weniger das „Ob? “, sondern primär das „Wie? “. Wasserinfrastrukturen waren historisch durchaus prägend für die Entwicklung der Städte in Deutschland. Gleichwohl sind sie in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend aus dem Blickfeld des öffentlichen Interesses geraten. Die relativ problemlosen Möglichkeiten des Ausbaus der Systeme im Einklang mit der siedlungsstrukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung gaben wenig Anlass, vorhandene Strukturen zu hinterfragen. Technologische Alternativen in Verbindung mit klima- und energiepolitischen oder auch demografischen Herausforderungen lassen es heute jedoch angezeigt erscheinen, wieder genauer hinzuschauen, welche Beiträge eine zeitgemäße Wasserinfrastruktur für Wirtschaft und Gesellschaft jenseits rein angebotsorientierter Leistungsbereitstellung leisten kann. Bild 5: Daseinsvorsorge heißt, Bevölkerung und Wirtschaft mit essentiellen beziehungsweise existenziellen Gütern und Dienstleistungen durch das Gemeinwesen zu versorgen. © pixabay 27 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement An Infrastrukturen werden heute nicht mehr allein Ansprüche einer umfassenden Daseinsvorsorge gerichtet. Vielmehr sollen Infrastrukturen vermehrt dazu beitragen, auf Konsummuster einzuwirken und zu einer sparsamen Verwendung von Energie- und Ressourcen beizutragen. Mehr noch: in Anbetracht des wohl nicht mehr aufzuhaltenden Klimawandels bedarf es der vermehrten systemischen Integration nicht nur von Energie- und Wasserinfrastrukturen, sondern ebenso der Kopplung von grauer technischer mit grüner (z.B. Grünanlagen, Gründächer) und blauer (Wasserkörper, Gewässer), um Starkniederschläge oder Hitzeperioden zu mindern. Insofern erscheint es lohnenswert, in den Kommunen Dialogprozesse zur Verständigung über die zukunftsfähige Ausgestaltung der Wasserinfrastrukturen anzustoßen. Dieses ist dann weniger eine ingenieurtechnische als vielmehr eine stadt- und raumentwicklungspolitische Aufgabe. Im Zentrum sollten grundlegende Leitlinien der künftigen Wasserinfrastrukturentwicklung und der Integration von Stadt- und Infrastrukturplanung stehen. Die skizzierten Optionen neuartiger Systemlösungen können in diesem Zusammenhang in städtischen Teilräumen erprobt werden. LITERATUR [1] ATT (Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e. V.), BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V.), DBVW (Deutscher Bund der verbandlichen Wasserwirtschaft e. V.), DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. - Technisch-wissenschaftlicher Verein), DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.), VKU (Verband kommunaler Unternehmen e. V.) (Hrsg.) (2015): Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft. Bonn. (abrufbar unter: https: / / w w w.bdew.de/ internet.nsf/ res/ 1EF08743 E7477878C1257E1200438C17/ $file/ Branchenbild_ Wasserwirtschaft_2015.pdf). [2] Schott, D.: Wege zur vernetzten Stadt - technische Infrastruktur in der Stadt aus historischer Perspektive, in: Informationen zur Raumentwicklung (IzR), H. 5: Zukunft städtischer Infrastruktur, 2006, S. 249-257. [3] Kluge, T., Schramm, E.: Geschichtlicher Exkurs zur Genese der bestehenden Systeme, in: Kluge, T., Libbe, J. (Hrsg.) (2006): Transformation netzgebundener Infrastruktur: Strategien für Kommunen am Beispiel Wasser, Berlin (Difu-Beiträge zur Stadtforschung, Bd. 45), 2010, S. 33-36. [4] Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förd.) (2016), Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Ergebnisse aus den INIS- Projekten, Berlin (http: / / www.bmbf.nawam-inis.de/ de/ publikationen). [5] siehe netWORKS3: Intelligentewasserwirtschaftliche Systemlösungen in Frankfurt am Main und Hamburg; http: / / www.networks-group.de/ de Dr. Jens Libbe Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) Bereichsleiter Infrastruktur und Umwelt Kontakt: libbe@difu.de AUTOR Bild 6: Die Broschüre zur BMBF-Fördermaßnahme „Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung“ steht auf der Seite www.bmbf.nawam-inis.de zum Download bereit. © BMBF 28 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Veränderungsdruck Die Wasserwirtschaft ist in einem hoch urbanisierten und industrialisierten Land wie Deutschland ein essenzieller Teil der Daseinsvorsorge. Die Infrastrukturen der Wasserwirtschaft sorgen im Spannungsfeld zwischen Umwelteinflüssen und Zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Botschaften an Praxis und Politik Wasserinfrastrukturen, Klimawandel, Transition Darla Nickel, Margarethe Langer In Deutschland stehen die Infrastrukturen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung vor erheblichen Herausforderungen. Die Folgen des Klimawandels, demografische Veränderungen und steigende Energiepreise erfordern eine innovative Anpassung der zum Teil veralteten Systeme und die Entwicklung von neuen und flexibleren Lösungen. Hier setzt die BMBF-Fördermaßnahme „Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung (INIS)“ an, um die Entwicklung von innovativen und umsetzbaren Lösungen für die Wasserwirtschaft in Deutschland voranzutreiben. anthropogenen Eingriffen für die sichere Versorgung mit Trinkwasser, für hygienische Verhältnisse in Siedlungen, für Überflutungsschutz und für den Schutz der Umwelt. Sie ermöglichen erst eine Vielzahl von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten und sind dadurch eine Säule unseres Wohlstands. © pixabay 29 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Forschung für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung von morgen Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Fördermaßnahme „Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung“ (INIS) aufgelegt und mit einem Fördervolumen von rund 33 Mio. Euro ausgestattet. Verankert ist die Fördermaßnahme im Förderschwerpunkt „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM), der Bestandteil des BMBF-Programms „Forschung für nachhaltige Entwicklung“ (FONA) ist. Seit 2013 haben Universitäten, Unternehmen und Kommunen innovative und umsetzbare Lösungen für aktuelle und zukünftige Probleme in 13 Forschungsprojekten erarbeitet. Bild 1 zeigt eine Übersicht über die Modellgebiete der einzelnen INIS-Projekte, unter denen sich sowohl Quartiere städtische Ballungsräume als auch Gemeinden in ländliche Gebiete befinden. Die deutsche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung befinden sich europa- und weltweit im Vergleich aktuell auf einem hohen Stand. Die dazugehörigen Infrastrukturen stellen ein großes Anlagenvermögen dar, deren Erhalt und Erneuerung erheblicher Aufwendungen bedarf. Laut den Aussagen der großen Fachverbände der Wasserwirtschaft werden jährlich 6 bis 7 Milliarden Euro in Anlagen und Netze investiert. Mit Blick auf die aktuellen Netzerneuerungsraten wird vielfach argumentiert, dass der eigentliche Investitionsbedarf rund zweimal so hoch liegt. Parallelen zum Investitionsstau bei Straßen, Brücken und Schienennetzen liegen auf der Hand, sind allerdings nur selten sichtbar, denn die Infrastrukturen liegen größtenteils wortwörtlich im Sand vergraben. Zum hohen Investitionsbedarf hinzu kommt ein wachsender Veränderungsdruck auf die Infrastrukturen der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Einige der zentralen Stichworte sind hier: Klimawandel, demografische Veränderungen, Spurenstoffe und Energiewende. Innerstädtische Überflutungen und gewässerschädliche Mischwasserüberläufe infolge von überlasteten Kanälen bei Starkregen sind heute bereits weitverbreitete und ernsthafte Probleme. Wasserarme Regionen hingegen kämpfen mit saisonalen Knappheitsproblemen und Qualitätsbeeinträchtigungen und suchen die Lösung etwa im Ausbau teurer Regional- und Fernversorgungssysteme. Andernorts führt eine sinkende Wassernachfrage, zum Beispiel aufgrund abnehmender Bevölkerungszahlen, zu Unterauslastungen von Netzen und Anlagen. Die zunehmende und flächendeckende Belastung von Gewässern mit anthropogenen Spurenstoffen wie Arzneimitteln, Industriechemikalien oder Pflanzenschutzmitteln stellt gesteigerte Anforderungen an die Behandlungsverfahren für Trinkwasser und Abwasser zugleich. Und nicht zuletzt ist die ressourcenintensive Wasserwirtschaft dazu aufgefordert, ihren Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten. Die Anpassung der Wasserver- und Abwasserentsorgungssysteme an diese sich überlagernden und zum Teil widerstreitenden Herausforderungen erfordern Innovationen und Umdenken auf allen Ebenen: von neuen technischen Lösungen und ihrer Integration in der Stadtentwicklung über Management- und Finanzierungsansätze bis hin zum regulativen Rahmen und Verbraucherverhalten. Nur so können die hohen Leistungen der Wasserwirtschaft bei weiterhin bezahlbaren Preisen in Zukunft gesichert werden. Bild 1: Übersicht über die Modellgebiete der einzelnen INIS- Verbundprojekte ©INISnet 30 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Botschaften an Praxis und Politik Technische Systeme: Anlagen und Betrieb optimieren Der Weg in die Zukunft führt über eine Optimierung des Bestands. Herkömmliche Planungsprozesse mit langen Zeithorizonten haben statische Lösungen und vielfach überdimensionierte Anlagen hervorgebracht. Die Systeme verursachen hohe Fixkosten für Unterhalt und Betrieb und weisen deshalb große Optimierungspotentiale auf. Die Herausforderung liegt darin, die Leistungsfähigkeit des Systems unter verschiedenen Belastungssituationen zu sichern. Robuste und flexible Lösungen ermöglichen eine zukunftsfähige Gestaltung des urbanen Wasserhaushalts. Vor dem Hintergrund zu erwartender Prognoseunsicherheiten werden robuste Systeme benötigt, die auch bei unerwarteten Extremereignissen nicht vollständig versagen und zugleich kosteneffizient sowie rückbau- und erweiterungsfähig konstruiert sind. Dezentrale Komponenten können die Anpassungsfähigkeit der Systeme erhöhen. Flexible Planungsprozesse und Betriebsweisen sind erforderlich, um kurz- und mittelfristig bzw. stufenweise auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren zu können. Ein Schlüssel für die Optimierung liegt im intelligenten Betrieb. Während in allen wesentlichen Infrastrukturbereichen die intelligente, IT-basierte Steuerung bereits Standard ist, sind die städtischen Wasserinfrastrukturen größtenteils immer noch auf dem Stand der Technik des 19. und 20. Jahrhunderts. Durch den Einsatz von Mess-, Steuer- und Datentechnik lassen sich Kontaminationen schneller erkennen und erhebliche Reserven in den bestehenden Entwässerungssystemen aktivieren. Sektorübergreifende Lösungen: Erschließung ungenutzter Potenziale Abwasser ist eine Ressource, kein Abfall. Technologien und Konzepte zur energetischen und stofflichen Wiederverwendung bzw. Nutzung von Abwasser sind erarbeitet und können umgesetzt werden. Mehr noch: Alternative dezentrale Wasseraufbereitungstechnologien können zu innovativen Lebensmittelanbaumethoden beitragen, bedürfen in dieser Hinsicht allerdings noch der Weiterentwicklung. „Energieeffizienz“ der Wasserinfrastrukturen muss begrifflich weiterentwickelt werden. Die Erweiterung der Wasserinfrastruktursysteme um Funktionen der Energieerzeugung als Beitrag zur Energiewende schlägt sich bislang nicht in der Bewertung der „Energieeffizienz“ solcher Anlagen nieder. Eine alleinige Quantifizierung über den Bedarf an Jahreskilowattstunden (kWh/ a) pro Leistungs- Bei der Abschlusskonferenz zur Fördermaßnahme INIS am 20./ 21. April 2016 in Berlin (Bilder 2 und 3) stellten die INIS-Projekte ihre vielfältigen Ergebnisse vor einer breiten Fachöffentlichkeit aus Wasserwirtschaft, Stadtentwicklung, Politik und Forschung vor und gaben Impulse für eine zukunftsfähige Gestaltung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Eine umfassende Abschlusspublikation über die zentralen Inhalte und Ergebnisse der Projekte wird Ende 2016 bereitgestellt werden (www.bmbf. nawam-inis.de). Aus der Gesamtschau der INIS-Ergebnisse lassen sich vorab schon die folgende zehn Botschaften ableiten. Bild 2 und 3: Impressionen von der INIS-Abschlusskonferenz. © David Ausserhofer 31 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement einheit (m 3 Trinkwasserversorgung bzw. gereinigtes Abwasser) erfasst den Beitrag der Wasserinfrastrukturen zur Energiewende nicht sachgerecht. Wasser in der Stadt: Integration von Stadt- und Infrastrukturentwicklung Wassersensitive Stadtentwicklung setzt integrierende Planungsprozesse voraus. Die Hauptaufgaben der Siedlungsentwässerung, der Schutz von Menschen und deren Eigentum einerseits und der Gewässerschutz andererseits, lassen sich allein durch konventionelle unterirdische Systeme nur begrenzt erfüllen. Optimale Lösungen, die z.B. auch einen positiven Beitrag zur Stadtklima- oder Freiraumqualität leisten können, lassen sich nur durch eine verbesserte räumliche Organisation der Stadt erzielen. Dazu müssen verstärkt multifunktionale Flächennutzungen für den Rückhalt, die Versickerung und die Verdunstung von Niederschlagswasser in den Stadtraum integriert werden. Entscheiden und Kommunizieren: zum Umgang mit Komplexität Eine Unsicherheitsbetrachtung muss zum Standardwerkzeug der Planer werden. Das Konzept der Unsicherheitsbetrachtung muss fest in den Köpfen von Planern, Betreibern und Entscheidungsträgern verankert werden. Die Auswirkungen der erheblichen Ungewissheiten zukünftiger Entwicklungen können über die fundierte Erstellung von Szenarien und deren Bewertung, z.B. durch Simulationsmodelle, aufgezeigt und so die Komplexität und Ungewissheit reduziert werden. Nur über eine interdisziplinäre und ressortübergreifende Bearbeitung können Wasserinfrastrukturen sicher und zukunftsfähig geplant werden. Multifunktionelle Infrastrukturen erfordern eine ganzheitliche Bewertung. Die angestrebte Multifunktionalität neuartiger Infrastrukturen, aber auch die vielfältigen Wechselwirkungen von Teilsystemen und -prozessen, erfordern zwingend eine integrierte Bewertung der Ziele und Wirkungen von Maßnahmen und Entscheidungen. Auch die indirekten Wirkungen von Infrastruktursystemen sind entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu berücksichtigen. Transformation: Akteure, Strategien und Institutionen Es liegt im Interesse der Kommunen, den Transformationsprozess zu koordinieren. Bei der Implementierung von multifunktionellen und differenzierten Systemlösungen für Wasser-, Energie- und Ressourcenmanagement auf Stadt-, Quartiers- und Dr.-Ing. Darla Nickel Wissenschaftliche Mitarbeiterin Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Berlin Kontakt: nickel@difu.de Dipl.-Ing. Margarethe Langer Wissenschaftliche Mitarbeiterin DVGW-Forschungsstelle TUHH, Hamburg Kontakt: margarethe.langer@tuhh.de AUTORINNEN Gebäudeebene werden Leistungen und Anlagen teilweise dezentralisiert oder in den privaten Raum verlagert. Es bedarf neuer Kooperationsformen zwischen Ver- und Entsorgungsträgern und mit den Bürgern. Der Kommune obliegt die kommunale Daseinsvorsorge. Sie ist dem örtlichen Gemeinwohl verpflichtet und prädestiniert, diesen Transformationsprozess im Gemeinwohlinteresse zu koordinieren. In der operativen Umsetzung und im Betrieb können dabei vielfältige unternehmerische Strategieoptionen sinnvoll sein. Demonstrationsprojekte sind der notwendige nächste Schritt, um Umsetzungshemmnisse zu erkennen und abzubauen. Die Transformation bestehender Wasserinfrastrukturen auf Gebäudewie auch Quartiersebene ist technisch und organisatorisch möglich und wird zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit bestehender Systeme als sinnvoll und erforderlich erachtet. In Hinblick auf rechtliche Regulierungsrahmen und finanzielle Anreizsysteme sind derzeit viele Fragen offen. Diese wirken sich als Umsetzungshemmnisse aus. Vor diesem Hintergrund sollten Demonstrationsprojekte forciert werden. Fazit In der vom BMBF angestoßenen Forschung in der Fördermaßnahme INIS sind relevante Impulse für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung entwickelt worden. Allerdings reicht der Erkenntnisgewinn allein nicht aus, um die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen. Der Abstand zwischen vorliegenden Erkenntnissen und tatsächlicher Umsetzung muss deutlich verringert werden. Gesellschaft, Medien und insbesondere die Politik sind gefordert, das Umsetzungsproblem beherzt anzugehen. 32 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Bild 1: Die Alster im Zentrum von Hamburg © HAMBURG WASSER Wasserwirtschaftliche Nachhaltigkeit in Metropolen am Beispiel Hamburgs Wasserwirtschaft, Klimawandel, Anpassungsstrategien, Hochwasserschutz, Hamburg Niels-Peter Bertram, Katarina Lange Die heutige urbane Wasserwirtschaft ist starken Veränderungsprozessen unterworfen: Zunehmend limitierte (Trink-)Wasserressourcen, fortschreitende Versiegelung und Wasserverschmutzung durch Wachstum, Überschwemmungsrisiken sowie der Klimawandel sind nur einige der Herausforderungen, die nach neuen Lösungen und Antworten verlangen. Trotz erheblicher Anstrengungen in der Vergangenheit steht die Freie und Hansestadt Hamburg hier vor großen Herausforderungen. 2011 wurde Hamburg der Titel „European Green Capital“ von der EU-Kommission auf Grund der besonderen Anstrengungen und Ziele der Stadt hinsichtlich Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz verliehen. Auch beim Blue City Index 2013 [1], einer Vergleichsstudie mehrerer europäischer Metropolen, schnitt Hamburg mit sehr gutem Ergebnis ab. Doch Stillstand bedeutet heute Rückschritt. Dieser Artikel beschreibt aktuelle Aktivitäten in Hamburg zur Erreichung einer nachhaltigen und resilienten, d.h. klimaangepassten Wasserwirtschaft. 33 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Die Stadt Hamburg Die Freie und Hansestadt Hamburg ist die zweitgrößte Stadt Deutschlands mit etwa 2,05 Mio. Einwohnern inklusive versorgten Umlandgemeinden. Die Jahresniederschlagsmenge beträgt 773 mm, die durchschnittliche Tagestemperatur im Juli 18 °C und 2 °C im Januar. Hamburg betreibt den drittgrößten Hafen Europas, der eine große wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt hat. Die Bevölkerungszahl ist leicht zunehmend [2]. HAMBURG WASSER (HW) ist das kommunale Trinkwasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsunternehmen in Hamburg. 100 % der Bevölkerung sind an das Trinkwassernetz angeschlossen, in das rund 118 Mio. m 3 Trinkwasser pro Jahr eingespeist werden. Das Trinkwasser stammt zu 100 % aus Grundwasser (siehe Bild 2), hiervon kommen 40 % aus Flach- und 60 % aus Tiefbrunnen. Insgesamt betreibt HW 16 Wasserwerke und ein Versorgungsnetz mit einer Gesamtlänge von 5412 km. Aktuell ist der Schutz der Trinkwasserbrunnen vor einer Versalzung aus unterirdischen Salzstöcken eine große Herausforderung. 99 % der Bevölkerung sind an die zentrale Kanalisation mit anschließender Abwasserreinigung Hamburg in Zahlen Bevölkerung mit versorgtem Umland (Mio) 2.05 Durchschnittliche Regenmenge (mm) 773 Jahresdurchschnittstemperatur °C) 9 Bevölkerungsdichte (Einwohner/ km 2 ) 230 Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in Hamburg Trinkwasser Abwasser Versorgungsgebiet (Trinkwasser) km 2 1200 Einzugsbereich (Abwasser) km 2 1400 Versorgungen (Anschlüsse) 677 000 Entsorgte Grundstücke 700 000 Angeschlossene Bevölkerung (%) 100 Angeschlossene Bevölkerung (%) 99 Verbrauch (m 3 ) pro Person und Jahr 52,6 Erfasstes Abwasser (m 3 / Einwohner und Jahr) 75 Netzeinspeisemenge (Millionen m 3 / Jahr) 118 Behandelte Abwassermenge (Millionen m 3 ) 141 Wasserverluste (m 3 ) pro Anschluss und Jahr 7,2 Gesamter Klärschlammanfall (t. TS pro Jahr) 46 900 Wasserverluste (%) 4,4 Thermisch behandelte Klärschlammmenge (t. TS pro Jahr) 46 900 Durchschnittliches Netzalter (a) 43 Durchschnittsalter des Abwassersystems (a) 46 Anzahl der Wasserwerke 16 Anzahl der Kläranlagen 4 Wasserpreis (€/ m 3 ), netto (ab 01.01.2016) 1,71 Abwassergebühr (€/ m 3 ) 2,09 Niederschlagswassergebühr (€/ m 2 versiegelte Fläche) pro Jahr 0,73 Netzlänge (km) 5412 Länge von Mischwasserkanälen (km) 1216 Trinkwasseranteil aus Flachbrunnen (%) 40 Länge von Regenwasserkanälen (km) 1710 Trinkwasseranteil aus Tiefbrunnen (%) 60 Länge von Schmutzwasserkanälen (km) 2224 Tabelle 2: Kennzahlen zur Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in Hamburg [2] Tabelle 1: Hamburger Basisdaten [2, 3] angeschlossen. Es fallen dabei rund 75 m 3 Abwasser pro Person und Jahr an. HAMBURG WASSER betreibt vier Kläranlagen in denen etwas mehr als 140 Mio. m 3 Abwasser jährlich behandelt werden [3]. Der gesamte anfallende Klärschlamm wird thermisch verwertet. Das Ableitungssystem besteht aus Misch-, Schmutzwasser- und Regenwasserkanälen mit einer Gesamtlänge von rund 5620 km. Aufgrund des zum Teil recht hohen Alters einiger Kanäle liegt ein Aufgabenschwerpunkt in der Erneuerung und Sanierung der Kanalisation. HW ist für die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung in Hamburg verantwortlich. Weitere wichtige wasserwirtschaftliche Institutionen in der Stadt sind die Behörde für Umwelt und Energie (BUE), der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), die Hamburg Port Authority (HPA) und die Bezirksämter als Untere Wasserbehörden. Bild 2: Rohwasserförderung und Einwohnerzahlen © HAMBURG WASSER 34 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Aktuelle wasserwirtschaftliche Herausforderungen HAMBURG WASSER und seine Partner stellen sich folgenden besonderen wasserwirtschaftlichen Herausforderungen: Zunehmende Flächenversiegelung: Nach aktuellen Klimavorhersagen wird es in Hamburg zukünftig insbesondere im Hochsommer zu intensiveren Starkregenereignissen kommen. In Verbindung mit der fortschreitenden Versiegelung bisheriger Freiflächen könnte die Kanalisation häufiger überlastet werden und infolge dessen beispielsweise Keller und Straßen überfluten. Zusätzlich trägt die Flächenversiegelung auch zur Aufheizung der Innenstädte im Sommer bei. Abwasser: Um den zukünftigen Bedarf an Nährstoffen wie Phosphor und Stickstoff nachhaltig und umweltverträglich sicher zu stellen, ist es wichtig, die Rückgewinnung der im Abwasser enthaltenen Nährstoffe zu steigern. In der aktuellen Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung von 2013 ist die Steigerung der Phosphorrückgewinnung aus Abwasser ausdrücklich festgehalten [5]. Mit dem Projekt HAMBURG WASSER Cycle ® in der Jenfelder Au (siehe Seite 36) sowie einer Pilotanlage zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche stellt sich HW dieser Herausforderung. Ein allgemeines Problem der Großstädte ist die Einhaltung der Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Die meisten Gewässer haben keinen guten ökologischen Zustand und nur ein geringes ökologisches Potenzial. Sie sind oft anthropogen überformt, begradigt oder befestigt. Bei Trockenwetter dominieren Einleitungen von gereinigten Abwässern und Drainagen. Bei Regenwetter sind insbesondere die Abflüsse von Hauptverkehrsstraßen stofflich und hydraulisch sehr belastend für die Gewässer. Demographie: Nicht nur die Infrastruktur in der Stadt wird immer älter, sondern auch die Bevölkerung. Dies bedeutet, dass bei der Erneuerung der Infrastruktur auch die Bedürfnisse der älter werdenden Bevölkerung berücksichtigt werden müssen, wie zum Beispiel ein sinkender Pro-Kopf-Wasserverbrauch oder eine Steigerung des Medikamentenkonsums. Trinkwasser: Die in einigen Gebieten Hamburgs vorkommenden Salzstöcke führen zu einer Versalzung der sie umgebenden Grundwasservorkommen. Wenn in der Nähe dieser Salzstöcke liegende Brunnen viel Grundwasser fördern, muss der Salzgehalt im Untergrund kontinuierlich beobachtet werden, um einen Anstieg des Salzgehaltes und eine Ausbreitung des versalzten Grundwassers zu verhindern. Moderne Computermodelle geben für eine nachhaltige Betriebsführung wichtige Hinweise: Bevor neue Brunnen in Betrieb gehen, werden diese auf ihren Einfluss auf mögliche Versalzungseffekte hin überprüft. Nichtsdestotrotz ist es in einer hochverdichteten Stadt wie Hamburg sehr schwierig geworden, Grundstücke an geeigneten Standorten für neue Trinkwasserbrunnen zu finden. Energie: Energieeffizienz, Energierückgewinnung und die Steigerung der Energieproduktion sind insbesondere bei einem energieintensiven Prozess wie der Abwasserreinigung in den Klärwerken von großer Bedeutung. Neue Technologien werden von HAMBURG WASSER in einem kontinuierlichen Ver- Bild 4: Windenergiegewinnung auf dem Hamburger Klärwerk Köhlbrandhöft. © HAMBURG WASSER 1800 1860 1200 1600 35 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement besserungsprozess entwickelt und umgesetzt. 2011 wurde Hamburgs zentrale Abwasserbehandlungsanlage „Köhlbrandhöft-Dradenau“ (2,7 Mio. Einwohnergleichwerte) kohlenstoffneutral. Viele Projekte waren über die klassische Klärgasnutzung hinaus notwendig, um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen. Unter anderem: Abwärme vom Klärschlammverbrennungsprozess wird genutzt, um ein nahe gelegenes Containerterminal mit Wärme zu versorgen. Drei Windturbinen (zwei mit 2.5 MW, eine mit 3 MW, je 140 m hoch, 100 bis 117 m Rotordurchmesser) auf den Kläranlagen Dradenau und Köhlbrandhöft produzieren 24 000 MWh p.a. elektrische Energie. Überschüssiges Faulgas wird gereinigt, in Biomethan umgewandelt und in das örtliche Gasnetz eingespeist. Mehr als 120 Betriebsfahrzeuge werden mit Gas betrieben, das Motto von HAMBURG WASSER lautet „Ihr Abwasser ist unser Antrieb“. Integriertes Regenwassermanagement (IRWM): Das IRWM verfolgt das Ziel, einen möglichst naturnahen lokalen Wasserhaushalt in der Stadt durch eine stärkere Fokussierung auf die ortsnahe Versickerung und Verdunstung gegenüber der direkten Ableitung von Niederschlägen zu ermöglichen und so zum Gewässerschutz und Überflutungsschutz beizutragen. Hier fließen zusätzlich Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung des Eintrages von Schmutzstoffen in Gewässer und Maßnahmen der Überflutungsvorsorge mit ein. Zur Erreichung dieser und weiterer Ziele haben HAMBURG WAS- SER und die Behörde für Umwelt und Energie das Projekt RISA (RegenInfraStrukturAnpassung) - siehe Seite 40 - ins Leben gerufen. SYNOPSE: Ziel des Forschungsprojektes SYNOP- SE ist eine Verbesserung der Datengrundlage für die Planung und den Betrieb von Stadtentwässerungssystemen. Zur optimalen Dimensionierung der Abwasserkanäle sind gute Daten entscheidend. Gerade Niederschlagsdaten, die als zentrale Belastungsgröße bedeutenden Einfluss auf das Planungsergebnis haben, stehen aber oft nur lückenhaft zur Verfügung. Das Projekt SYNOPSE entwickelt künstliche Regenzeitreihen in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung, welche die Charakteristik natürlichen Regens widerspiegeln. Das Kanalnetzmodell der Stadt Hamburg dient dabei, neben den Modellen weiterer Großstädte Deutschlands, als Teststrecke für künstlichen Regen. LITERATUR [1] Van Leeuwen, C.J.: City Blueprints: baseline assessment for water management in 11 cities of the future. Water Resources Management 27: 5191-5206 DOI 10.1007/ s11269-013-0462-5, 2013. [2] Van Leeuwen, C.J., Bertram, N.-P.: Wasserwirtschaftliche Grundlagenuntersuchung europäischer Metropolen und Regionen - Ergebnisse für Hamburg. DVGW Jahresrevue Dezember 2013. [3] HAMBURG WASSER; HAMBURG ENERGIE 2014. Geschäftsbericht. [4] Kruse, E.: Integriertes Regenwassermanagement für den wassersensiblen Umbau von Städten. Fraunhofer IRB Verlag. Stuttgart, 2015. [5] CDU; CSU; SPD. 2013. Koalitionsvertrag: Deutschlands Zukunft gestalten. [6] BMBF 2013. INIS: Intelligente und multifunktionelle Infrastruktursysteme für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Bild 3: Städtebauliche Entwicklung in Hamburg, © Elke Kruse [4] Dipl.-Ing. Niels-Peter Bertram Projektleiter Wasserwirtschaftliche Kooperationen HAMBURG WASSER Kontakt: niels-peter.bertram@hamburgwasser.de M.Sc. Katarina Lange Technische Trainee HAMBURG WASSER Kontakt: katarina.lange@hamburgwasser.de AUTOREN 1910 1955 2008 36 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Kreislaufwirtschaft in der Abwasserbehandlung Die großtechnische Umsetzung des Hamburg Water Cycle ® in der Jenfelder Au in Hamburg Abwasserbehandlung, Kreislaufwirtschaft, Trennkanalisation, Unterdrucktechnik, Hamburg Maika Wuttke, Malina Meier Der Bedarf an integrierten und nachhaltigen Gestaltungskonzepten urbaner Lebensräume ist in den letzten Jahren gestiegen. Stadtentwicklungsprojekte bieten eine Plattform zur Erprobung zukunftsfähiger Konzepte. Während der Fokus schon lange auf energieautarken Quartieren liegt, steht die Abwasserbehandlung selten im Mittelpunkt der Projekte, obwohl sich schon jetzt abzeichnet, dass langfristig Alternativen zum bestehenden System aus Mischkanalisation und Freispiegelkanälen vorteilhafter sein können. Wie ist es möglich, die Abwasserbehandlung der Zukunft mit den Anforderungen Nährstoffrückgewinnung, Entfernung von Medikamentenrückständen und verminderter Energieaufwand zu gestalten? Eine innovative und integrierte Lösung auf Quartiersebene stellt das Hamburg Water Cycle ® (HWC) Konzept dar. Im Stadtentwicklungsprojekt Jenfelder Au in Hamburg wird das HWC Konzept derzeit großtechnisch umgesetzt. Bei diesem Pilotprojekt werden Möglichkeiten, Relevanz und Nachhaltigkeit teilstrombasierter und ressourcenorientierter Abwasserbehandlung unter sich wandelnden klimatischen und demographischen Rahmenbedingungen demonstriert und bearbeitet. Bild 1: Kreisläufe im Hamburg Water Cycle ® . © HAMBURG WASSER 37 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Das HWC-Konzept Das HWC-Konzept baut auf zwei Leitgedanken auf: Kreislaufwirtschaft und Stoffstromtrennung greifen ineinander, um die Ressourcen im Abwasser bestmöglich zu nutzen. Die getrennte Erfassung von Schwarzwasser, Grauwasser und Regenwasser macht eine individuelle Behandlung der Abwasserströme je nach Verschmutzungsgrad möglich, wie in Bild 1 dargestellt. So entsteht im HWC-Anschlussgebiet ein Wasser-Energie-Nährstoff-Nexus. Abwasser aus Toiletten, das sogenannte Schwarzwasser, ist der am stärksten verschmutzte Abwasserstrom. Etwa 75-90 % des im Haushaltsabwasser vorkommenden Phosphors sind im Schwarzwasser enthalten - zudem organisches Material und Mikroorganismen. Beim HWC-Konzept wird Schwarzwasser zu Biogas vergoren. Dieses Biogas wird zur Produktion von elektrischer Energie und Heizenergie genutzt, während die Nährstoffe aus dem flüssigen Gärrest beispielsweise in Form von Flüssigdünger zurückgewonnen werden können. Grauwasser ist das übrige anfallende Haushaltsabwasser - zum Beispiel aus Duschen und Waschmaschinen. Mit CSB-Gehalten von etwa 630 mg/ L ist Grauwasser weniger verschmutzt als Schwarzwasser. Daher kann es mit weniger Aufwand gereinigt werden als gemischtes Abwasser. Eine dezentrale Wiederverwendung des Grauwassers ist ebenfalls möglich. Die Energieeinsparungen der Grauwasserbehandlung im Vergleich zur Behandlung gemischten Abwassers wirken sich wesentlich auf die positive Energiebilanz des HWC-Konzeptes aus. Regenwasser wird beim HWC in naturnahen Kreisläufen geführt. Dadurch kann das Mikroklima von Quartieren verbessert werden und eine aufwändige Behandlung entfällt. Die großtechnische Umsetzung des HWC in der Jenfelder Au Das Projektgebiet „Jenfelder Au“ umfasst ein ehemaliges Kasernengelände. Auf 35 ha wird dort das HWC-Konzept für etwa 2500 zukünftige Einwohner umgesetzt. Die ambitionierten Klimaziele der Stadt Hamburg und das soziale Konzept dieses Stadtentwicklungsgebiets bieten einen idealen Rahmen, um erstmals das innovative HWC-Konzept im großtechnischen Maßstab umzusetzen. Für die Implementierung in der Jenfelder Au wurde das HWC-Konzept optimiert und an die örtlichen Gegebenheiten angepasst. Die Umsetzung wurde durch die Forschungsvorhaben KREIS (BMBF), En: Eff Stadt (BMWI) gefördert und wird baulich durch die Förderungsmaßnahme Life+ (EU) begleitet. Das wichtigste Merkmal der Optimierung des HWC für das Projekt Jenfelder Au ist die Schwarzwassererfassung über Unterdrucktoiletten und -leitungen. Weil Unterdrucktoiletten nur etwa einen Liter Wasser pro Spülvorgang verbrauchen, enthält das Schwarzwasser CSB-Konzentrationen von bis zu 9000 mg/ L und Trockensubstanzgehalte von etwa 7000 mg/ L. Erwartet wird, dass pro Person und Tag etwa 6-8 L Schwarzwasser anfallen, das sich optimal für die Vergärung im Biogasreaktor eignet. Das Unterdrucknetz in der Jenfelder Au wurde von HAMBURG WASSER optimiert, um einen verlässlichen Betrieb und gute Wartungsmöglichkeiten zu garantieren. In der zentralen Unterdruckstation auf dem Betriebshof wird in zwei Tanks der notwendige Unterdruck erzeugt. Aufgrund der Höhenunterschiede in der Jenfelder Au werden diese mit unterschiedlichen Betriebsdrücken betrieben - dadurch ist eine Energieeinsparung von etwa 30 % möglich [1]. Im Störungs- oder Wartungsfall ist die Bereitstellung des Unterdruckes außerdem durch nur einen der beiden Unterdrucktanks realisierbar. Auch die Unterdrucknetze wurden teilweise redundant konzipiert - etwa 20 % Redundanz im Netz sowie im Abstand von 20-50 m installierte Absperrventile garantieren eine gute Wartbarkeit der Netze und die Begrenzung des betroffenen Gebietes im Störfall. Die Verbindungen zwischen den Hauptleitungen ermöglichen einen flexiblen Betrieb der Unterdrucknetze. Die Unterteilung des Unterdrucknetzes in Stränge erleichtert darüber hinaus die Überwachung des Netzes. Bild 2 zeigt das Unterdrucknetzwerk in der Jenfelder Au. Bild 2: Unterdrucknetz Jenfelder Au. © HAMBURG WASSER 38 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Auf dem Betriebshof der Jenfelder Au befindet sich neben der zentralen Unterdruckstation auch der Fermenter zur anaeroben Schwarzwasservergärung. Dort sollen neben dem Schwarzwasser aus dem Quartier auch urbane Co-Substrate, wie Fettabscheiderrückstände aus der lokalen Gastronomie, vergoren werden. Ein Blockheizkraftwerk auf dem Betriebshof erzeugt aus dem Biogas elektrische Energie und Heizenergie. Die dezentrale Schwarzwasserbehandlung ermöglicht kurze Transportdistanzen - sowohl für das Abwasser im Unterdrucknetz, als auch für die Heizenergie aus dem Biogas, die nach Möglichkeit direkt im Quartier eingesetzt werden soll. Das Grauwasser wird in der Jenfelder Au über konventionelle Freispiegelkanäle transportiert. Für die dezentrale, energieeffiziente Grauwasserbehandlung kommen beispielsweise Tropfkörper in Frage. Die optimale Ausführung der Grauwasserbehandlung für die Jenfelder Au soll im Rahmen der weiteren Forschungsarbeiten am Projekt erarbeitet werden, sobald die ersten Einwohner im Quartier leben. Das Regenwasser bekommt in der Jenfelder Au neben dem Kreislaufgedanken eine gestalterische Bedeutung. Der Bebauungsentwurf des Architekturbüros West8, der den städteplanerischen Wettbewerb für die Jenfelder Au gewonnen hat, bindet das Wasser explizit in den urbanen Lebensraum mit ein. Offene Gewässer lockern das urbane Erscheinungsbild der Jenfelder Au auf und schaffen attraktive Erholungsflächen. Dafür wird das Regenwasser in offenen, geschwungenen Wasserläufen, der „Kühnbachkaskade“ in das zentrale Rückhaltebecken „Kühnbachteich“ geleitet. Eine Vision, wie das Leben am Wasser in der Jenfelder Au aussehen könnte, ist in Bild 3 dargestellt. Ausblick Der Spatenstich für den Baubeginn in der Jenfelder Au hat im September 2013 stattgefunden. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden die gesamten Unterdrucknetze und Grauwassersiele fertiggestellt und die Vakuumtanks geliefert und eingebaut. Bild 4 zeigt einen Abschnitt der verlegten Leitungen. In Bild 5 sind die Vakuumtanks in der entstehenden Unterdruckstation zu sehen. Die Unterdruckstation auf dem Betriebshof wird im April 2016 fertiggestellt, so dass das Entwässerungssystem ab diesem Zeitpunkt betriebsbereit ist. Parallel dazu finden die ersten Hochbauarbeiten statt, sodass ab Anfang 2017 die ersten Bewohner einziehen können. Durch den Pilotprojektcharakter der Jenfelder Au mussten einige Herausforderungen gemeistert werden, die eine zukünftige Realisierung von HWC Pro- Bild 3: Vision Jenfelder Au (© West8) Bild 4: Verlegung der Vakuumleitungen (Februar 2015). © HAMBURG WASSER Bild 5: Vakuumtank in der Unterdruckstation (März 2016). © HAMBURG WASSER 39 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement jekten erleichtern werden: Ein laufendes Verfahren zur Änderung des Hamburgischen Abwassergesetzes soll die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Unterdrucktoiletten schaffen. Informations- und Schulungsmaterial zum HWC für die beteiligten Gewerke und für interessierte Anwohner sorgt für eine gute Akzeptanz der Unterdrucktechnik und schafft technisches Know-How, das für zukünftige Umsetzungen dieser Technik wichtig ist. LITERATUR [1] Giese, T., Kuck, W., Li, Z., Schoenfelder, W.: Intelligente Überwachung im Vakuumnetz - Stadtquartier erzeugt Hälfte des Energiebedarfs selbst. Deutsches Ingenieurblatt, 9, 2014. Dipl.-Ing. Maika Wuttke Projektingenieurin Projekt Jenfelder Au HAMBURG WASSER Kontakt: maika.wuttke@hamburgwasser.de Malina Meier Qualitäts- und Energiemanagement HAMBURG WASSER Kontakt: malina.meier@hamburgwasser.de AUTORINNEN Especially for you - for free. Stand-alone English-language editions of Internationales Verkehrswesen appear under the title of International Transportation. These special issues should provide a new momentum and stimulate a worldwide interdisciplinary discussion of the challenges currently facing transport and logistics. The publications bring together practical and professional views and different perspectives presented by authors from business and industry, science and politics. These articles will be complemented by interviews, commentaries, surveys and analyses. International Transportation is targeted at planners and decision makers in municipalities, communities, public authorities and other institutions, municipal and commercial transport providers, planning groups, engineers, scientists and students. PDF / e-book: cost-free download from the website of Internationales Verkehrswesen and additionally by e-mail to the target groups at partnering institutions across the world. Internationales Verkehrswesen and International Transportation are publications of TRIALOG: PUBLISHERS, Munich Download: www.internationalesverkehrswesen.de/ english Anzeige 40 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Das Projekt RISA Strategien zur Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg Regenwasserbewirtschaftung, Überflutungs- und Binnenhochwasserschutz, Gewässerschutz, naturnaher lokaler Wasserhaushalt, Entwässerungsinfrastrukturen, Hamburg Niels-Peter Bertram, Axel Waldhoff, Gerrit Bischoff Hamburg als wachsende Metropole steht vor neuen Herausforderungen. Mit dem „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ von 2011 (forcierter Bau von 6000 neuen Wohnungen pro Jahr, aktuell sind es sogar 10 000 pro Jahr) sowie der Erschließung von Gewerbeflächen und ganz aktuell Flüchtlingsunterkünften geht eine zunehmende bauliche Verdichtung und damit Versiegelung von Flächen einher. Der Regenabfluss von diesen Flächen belastet zunehmend die Entwässerungssysteme der Stadt (Sielnetz, Gräben, Gewässer). Zudem besteht die Gefahr, dass es infolge des Klimawandels zukünftig zu einer weiteren Belastung der Entwässerungsinfrastrukturen durch die Zunahme von Starkregen kommt. Mit diesen Herausforderungen befasst sich das Projekt RegenInfraStrukturAnpassung (RISA), ein Gemeinschaftsprojekt der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) und HAMBURG WASSER (HW). Das Projekt wurde 2009 gestartet, um auf die zunehmenden Zielkonflikte zwischen weitergehenden Versiegelungstendenzen, potentiellen Folgen des Klimawandels, Ansprüchen an Umwelt- und Lebensqualität sowie infrastrukturellen Anforderungen zu reagieren [1] . Bild 1: Regenwassereinzugsgebiete in Hamburg. © HAMBURG WASSER 41 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement potentialkarte (FPK) Auskunft gibt. VPK und FPK werden zur sogenannten Abkopplungspotentialkarte (APK) verschnitten. So erhält der planende Ingenieur auf einen Blick umfängliche wasserwirtschaftlich wichtige Informationen. Auch zum Erkennen und Reduzieren von Gefahren durch Überflutungen wurden in einem Pilotgebiet GIS-basierte Kartenwerke erstellt: die Gefährdungs- und die Schadenspotentialkarte, die zur Risikopotentialkarte (RPK) verschnitten werden, um für Infrastrukturobjekte das Überflutungsrisiko abschätzen zu können. Dieser Informationsbaustein soll zukünftig dazu beitragen, dass Verwaltung, Planer und vor allem auch Grundstückseigentümer verbesserte Überflutungsvorsorge gemeinschaftlich betreiben können. Weiterhin ist es durch die verbesserte Analyse großräumiger Gefährdungspotentiale möglich, dem Nutzen von Maßnahmen der Überflutungsvorsorge die entsprechenden Kosten gegenüber zu stellen, um entsprechenden politischen Entscheidungen eine (volkswirtschaftliche) Basis zu geben. Zum Gewässerschutz wurde die sogenannte Emissionspotentialkarte (EPK) erarbeitet. Diese basiert auf mittleren Schadstoff-Jahresabtragfrachten von Siedlungsflächen und ermöglicht die verbesserte Detektion von Hauptverschmutzungsanteilen im Mit RISA sollen die Grundlagen zur Umsetzung des sogenannten Integrierten Regenwassermanagements (IRWM) entwickelt werden, um die langfristige Annäherung an die drei übergeordneten RISA Handlungsziele  naturnaher lokaler Wasserhaushalt,  weitergehender Gewässerschutz,  angemessener Überflutungs- und Binnenhochwasserschutz zu gewährleisten. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind im „RISA Strukturplan Regenwasser 2030“ [vgl. 1] zusammengefasst, der für die kommenden Jahre ein Orientierungsrahmen für ein zukunftsfähiges Regenwassermanagement in Hamburg darstellt. Damit leistet das Projekt RISA auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutzkonzept und zur Anpassungsstrategie an den Klimawandel des Hamburger Senats. Der „RISA Strukturplan Regenwasser 2030“ mit weiteren Begleitdokumenten steht unter www.risahamburg.de zum Download bereit. RISA dient als ein Wegbereiter einer wassersensiblen Stadtentwicklung in Hamburg. Es werden Aktionskorridore für die Stadtentwicklung im Kontext wasserwirtschaftlicher Erfordernisse aufgezeigt, in denen die Maßnahmen des Regenwassermanagements als fester gestalterischer Bestandteil der Stadtentwicklung etabliert werden. Wasserwirtschaftliche Maßnahmen sollen in die Stadt-, Raum- und Verkehrsplanung integriert sowie organisatorische und rechtlich-normative Rahmenbedingungen hierzu angepasst werden. Städtisches Wachstum wird vor diesem Hintergrund nicht als generelles Problem, sondern als gestalterische Chance verstanden [1]. Informationssystem und Planungsgrundlagen Um geeignete Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten gezielt planen und umsetzen zu können, wird für Hamburg derzeit ein flächendeckendes GIS-basiertes Analyse-, Planungs- und Informationssystem für die Regenwasserbewirtschaftung auf Flurstückebene erarbeitet (Bild 2). Ein wichtiges Arbeitstool ist die sogenannte Versickerungspotentialkarte (VPK), die auf Basis von hydrologischen, geologischen und topographischen Daten in RISA erarbeitet wurde. Sie gibt Auskunft über die lokale Versickerungseignung des Untergrundes (Bild 3). Darüber hinaus ist die Kenntnis über das sogenannte Flächenpotential (Anteil der Freiflächen an den Gesamtflächen) wichtig, über die die Flächen- Bild 2: Beispielhafte Darstellung von „Datenebenen“ wesentlicher Grundlagendaten zum Informations- und Planungssystem für das IRWM in Hamburg. © HAMBURG WASSER Bild 3: Interpolation der Punktkarte der versickerungsfähigen Tiefe in die Fläche mit ArcGIS (IDW - Methode) am Beispielausschnitt Hamburg-Harburg. (Ausschnitt VPK 2012, © RISA) Versickerungsfähige Tiefe [m] o 0 - 1 m o 1 - 2 m o 2 - 5 m o > 5 m Versickerungspotential 0 - 1 m, unwahrscheinlich 1 - 2 m, eingeschränkt 2 - 5 m, wahrscheinlich > 5 m, möglich Bebauungsstruktur Topografie* Kanalnetz Versickerungspotential Baugrundgeologie** Grundwasser-Flurabstand** *Basis der Darstellung: DGM 2 Vervielfältigt mit Zustimmung der Freien und Hansestadt Hamburg. Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, www,geoinfo,hamburg.de ** Datenquelle: Geologisches Landesamt & Amt für Umweltschutz, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Freie und Hansestadt Hamburg 42 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Siedlungsraum. Die EPK ist die Basis für die Aufstellung eines Gesamtkonzeptes für ganz Hamburg, in dem Notwendigkeiten, Umfang und Aufwand für Regenwasserbehandlungsmaßnahmen sowie der (emissionsorientierte) Nutzen dargestellt werden. Durch die flächendeckende Betrachtung werden auch an dieser Stelle wirtschaftliche Betrachtungen für den Schadstoffrückhalt und die Vermeidung des Schadstoffeintrages in Oberflächengewässer für die gesamte Fläche Hamburgs möglich. Aus der EPK können emissionsorientierte Mindestanforderungen abgeleitet werden. Die Frachtbetrachtungen bilden darüberhinaus die Basis für kombinierte Emissions-/ Immissions-Nachweisführungen. Die Kartenwerke und Grundlagendaten (z.B. ALKIS ® , ATKIS ® , digitales Geländemodell, Baumkataster, Biotoptypen, Wasserbuch, Grundwasserstände, Baugrundgeologie, Sielkataster, Versiegelungskataster, Grundstücksentwässerungsdaten) werden letztlich zum umfassenden Informationssystem für das Regenwassermanagement zusammengefasst und bedarfsweise aktualisiert und ausgebaut (vgl. Bild 2) [1]. Neue Planungsinstrumente für das IRWM Eine in RISA durchgeführte Befragung der städtischen Planungsakteure aller Planungsebenen ergab folgende Optimierungsvorschläge [2]: Die derzeitige Planungspraxis der Erarbeitung von oft sehr kleinteiligen wasserwirtschaftlichen Konzepten und Lösungen sollte in eine Planungskultur umgewandelt werden, in der Entwässerungskonzepte auf B-Planebene und auf der Vorhabenebene auf der Grundlage einer mit den anderen räumlichen Planungen (Stadt-, Verkehrs- und Landschaftsplanung) abgestimmten wasserwirtschaftlichen Gesamtkonzeption erstellt werden können [2]. Zudem sollten wasserwirtschaftliche Aussagen und Konzepte für die flächenmäßig sehr großen Bestandsgebiete erarbeitet werden, die über die Bebauungsplanung in deutlich zu geringen Teilen erfasst werden. Für diese Flächen liegen nur selten wasserwirtschaftliche Konzeptionen vor. Eine Ausnahme stellen hier z.B. die Gewässerschutzkonzepte für einzelne Fließgewässer dar. Aufgrund dieser erkannten Optimierungsoptionen werden in RISA zwei „neue“ Planungsinstrumente entwickelt, die wichtige Bausteine des IRWM in Hamburg zur Einführung und Umsetzung einer wassersensiblen Stadtentwicklung darstellen und zukünftig weiter ausgearbeitet und eingeführt werden sollten [3]:  der „Wasserplan Hamburg“ (Maßstabebene Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm)  der „Wasserwirtschaftliche Begleitplan“ (Maßstabebene verbindliche Bauleitplanung bzw. im Rahmen informeller Vorplanungen wie Wettbewerbe, Rahmenpläne etc.). Die technische planerische Basis für diese Instrumente stellen u.a. die vorigen Kapitel „Informationssystem und Planungsgrundlagen“ für das IRWM dar. Darüber hinaus wird auf Ebene der Baugenehmigung die Einführung eines sogenannten „Wasser- Passes“ diskutiert, mit welchem eine „wassersensible“ Bauausführung unterstützt werden soll, um insbesondere auch bei Einzelobjekten die wasserwirtschaftlichen Aspekte des IRWM verstärkt zu berücksichtigen. Hier bleibt jedoch zu prüfen, welcher verwaltungsinterne Aufwand dem erhofften Nutzen gegenübersteht. In Tabelle 1 wird die Verortung der angedachten Planungsinstrumente in den unterschiedlichen Planungsebenen dargestellt. Planungsebenen Vorhandene Planungsinstrumente „Neue“ Planungsinstrumente Informelle Planung Räumliches Leitbild Qualitätsoffensive Freiraum Umweltprogramm 2012-2015 Wasserplan Hamburg Vorbereitende Bauleitplanung Flächennutzungsplan Landschaftsprogramm Informelle Planung Wettbewerbe Städtebauliche Rahmenpläne Masterpläne 1 Funktionspläne 2 Wasserwirtschaftlicher Begleitplan W BP Verbindliche Bauleitplanung Bebauungspläne Wasserwirtschaftlicher Begleitplan W BP Baugenehmigungsebene Genehmigungsplanung Bauanträge Wasserpass 1 z.B. als Ergebnis von Ideen- und Realisierungswettbewerben (z.B. Masterplan Hafencity) 2 z.B. Städtebaulicher Funktionsplan Campus Bundesstraße Elmsbüttel Tabelle 1: Neue Planungsinstrumente in den unterschiedlichen Planungsebenen [1, 3] . 43 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement IRWM in straßenbautechnischen Regelwerken Hamburgs In RISA wird ein besonderer Fokus auf Straßen und Plätze als eine Hauptquelle stofflicher Gewässerbelastungen im Trennsystem gelegt. Insbesondere ist es das Ziel, Hauptbelastungsquellen festzustellen und für diese effektive und angepasste Regenwasserbehandlungskonzepte nach Kosten-Nutzen-Kriterien aufzustellen. Damit kann auch der Bau von dezentralen Regenwasserbehandlungsanlagen im Straßenraum verbunden sein. Zur frühzeitigen Berücksichtigung dieser Maßnahmen in die Straßenplanung ist die verstärkte Einbindung geeigneter Lösungen in das straßenbautechnische Regelwerk zu empfehlen. Hierzu hat RISA mit der „wassersensiblen Straßenraumgestaltung“ die Grundlagenarbeit geleistet. Die wassersensible Straßenraumgestaltung hat zum Ziel, Verkehrsflächen durch Maßnahmen des IRWM in „offenen“ Systemen - d.h. nicht zwangsläufig rohrgebunden - zu entwässern. Überflutungen infolge von Starkregen werden trotz optimierter Entwässerungsanlagen und der in RISA entwickelten weiteren Lösungen auch zukünftig nicht immer zu vermeiden sein. Die Überlegungen zielen daher darauf ab, den Straßenraum so zu gestalten, dass dieser auch zum Transport und als temporärer Speicherraum für überflutendes Regenwasser genutzt werden kann [1]. In diesem Gesamtkontext wurde das Wissensdokument „Hinweise für eine wassersensible Straßenraumgestaltung“ für unterschiedliche Typen von Stadtstraßen in Hamburg erstellt, welches aktuell im Hamburger Regelwerk für Planung und Entwurf von Stadtstraßen (ReStra) veröffentlicht wurde [4]. Dies ist ein erster Schritt, um das IRWM stärker in die straßenbautechnischen Regelwerken Hamburgs zu implementieren bzw. langfristig zur gängigen Praxis im Straßenbau werden zu lassen. In Bild 4 wird beispielhaft eine Möglichkeit zur wassersensiblen Straßenraumgestaltung illustriert. RISA Weichenstellungen und Ausblick Aus RISA liegen zahlreiche Ergebnisse und Empfehlungen zu Anpassungs- und Verbesserungspotentialen für die Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg vor. Verschiedene Pilotprojekte zur Umsetzung von RISA-Maßnahmen konnten erfolgreich realisiert werden oder befinden sich aktuell in der Umsetzungsphase. Die Etablierung der entwickelten Planungsgrundlagen und die weitere Erarbeitung neuer Planungsinstrumente sind wichtige Arbeitsschritte. Zudem sind im Bereich der Zuständigkeits- und Ablauforganisation sowie im Bereich Finanzierung noch erhebliche Anstrengungen erforderlich, um den langfristigen Erfolg von RISA zu sichern. Das Projekt geht somit in einen dauerhaften „RISA-Prozess“ über. Hierzu wurden die folgenden „Weichenstellungen“ bzw. grundsätzlichen Empfehlungen formuliert, die durch politische Verankerung langfristig Wirkung in Hamburg zeigen sollen [1]:  Schaffung des Rechts- und Verwaltungsrahmens, der zusätzliche Regenwasser-Ableitungen in Siele zukünftig nur noch im Ausnahmefall vorsieht,  Weiterentwicklung und Einführung der RISA- Planungsinstrumente „Wasserplan Hamburg“ und „Wasserwirtschaftlicher Begleitplan“ für das IRWM in Hamburg,  Weiterentwicklung und Einführung von Grundsätzen der Überflutungsvorsorge im Rahmen des integralen Risikomanagements für Hamburg,  Einführung einheitlicher Leitlinien zur Priorisierung und Aufstellung von Regenwasserbehandlungskonzepten für Hamburg,  Erarbeitung und Einführung eines nachhaltigen Finanzierungs- und Betriebskonzepts für offene Oberflächenentwässerungsanlagen in Hamburg,  Verankerung des Gewässer- und Überflutungsschutzes in den straßenbautechnischen Regelwerken Hamburgs,  Etablierung eines langfristigen Kommunikations- und Schulungskonzepts für das IRWM in Hamburg. Bild 4: Entwurfssituation Verbindungsstraße (li.), wassersensible Straßenraumgestaltung über speicherfähige Straßenbaumscheiben (re.) [3]. © HAMBURG WASSER 44 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Letztendlich wird im Stadtstaat Hamburg die Überführung der bisherigen Erkenntnisse und Empfehlungen in gleiches, konkretes und kontinuierliches Handeln nur durch Beschluss des Hamburger Senats und ggf. der Befassung durch die Hamburger Bürgerschaft möglich. Dazu befindet sich derzeit eine Senatsdrucksache in Vorbereitung, deren fachliche Basis der beschriebene RISA-Strukturplan Regenwasser 2030 darstellt. Alle Projektergebnisse, Berichte und weiterführende Literatur sind auf www.risa-hamburg.de zum Download veröffentlicht. LITERATUR [1] HSE/ BUE: RISA Strukturplan Regenwasser 2030 - Ergebnisbericht des Projektes RISA (RegenInfraStrukturAnpassung). Hamburger Stadtentwässerung AÖR (HSE) und Behörde für Umwelt und Energie (BUE), Hamburg 2015. [2] Andresen, S., Dickhaut, W.: Integration der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in die Hamburger Bebauungs- und Genehmigungsplanung. Analyse und Handlungsschwerpunkte. Zwischenbericht vom August 2011 im Rahmen des Forschungsprojektes RISA, AG Stadt- und Landschaftsplanung, August 2011. [3] Andresen, S., Dickhaut, W.: Integriertes Regenwassermanagement in Hamburg. Veränderungsnotwendigkeiten und Handlungsoptionen für Planung und Verwaltung. Abschlussbericht der HCU Hamburg und der RISA-AG Stadt- und Landschaftsplanung, Juni 2013. [4] FHH: Wissensdokument „Hinweise für eine wassersensible Straßenraumgestaltung“ im Hamburger Regelwerk für Planung und Entwurf von Stadtstraßen (ReStra). Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Ausgabe 2014, finanziert durch RISA. Dipl.-Ing. Niels-Peter Bertram Projektleiter Wasserwirtschaftliche Kooperationen HAMBURG WASSER Kontakt: niels-peter.bertram@hamburgwasser.de Dr.-Ing. Axel Waldhoff Referent der Geschäftsführung HAMBURG WASSER Kontakt: axel.waldhoff@hamburgwasser.de Dipl.-Ing. Gerrit Bischoff Projektleiter Wasserwirtschaftliche Kooperationen HAMBURG WASSER Kontakt: gerrit.bischoff@hamburgwasser.de AUTOREN URBANE S YS TEME IM WANDEL Branchenübergreifende Informationen zur aktiven Gestaltung der Stadt von morgen Ein Projekt von T RIALOG P UBLISHERS Online-Wissensplattform Newsletter Fachmagazin als E-Paper und Print-Ausgabe Das neue Medium für Fach- und Führungskräfte w w w . t r a n s f o r m i n g c i t i e s . d e 45 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Regenwassermanagement Verknüpfung von Natur und Technik Regenwasserbewirtschaftung, Wasserhaushaltsgesetz, Versickerung Klaus W. König Niederschlagsgebühren und Baugenehmigungen nötigen Haus- und Grundstücksbesitzer zunehmend, das anfallende Regenwasser vor Ort zu bewirtschaften. Ziel ist, von den natürlichen Verhältnissen, wie sie vor der Bebauung waren, nicht mehr als 10 % abzuweichen. Als Voraussetzung gehört dazu, dass die in Frage kommenden Maßnahmen technisch und finanziell angemessen sind. Verfahren, Produkte und technische Regeln sind ausreichend vorhanden. Bild 2: Die Verdunstung des Regenwassers von einem begrünten Dach beträgt im Durchschnitt mindestens 50 % des auftreffenden Niederschlags. Nebengebäude der Kapelle von Ronchamp/ Frankreich. © König Dieses im Wasserhaushaltsgesetz 2009 definierte Ziel zu erreichen und den natürlichen Verhältnissen weitgehend zu entsprechen, setzt Kenntnis der Situation am jeweiligen Ort voraus. In der Regel kümmern sich die Verantwortlichen von Bebauungsplänen darum und machen Vorgaben - sogenannte Festsetzungen. Alternativ gibt es für Bund, Länder und Gemeinden auch die Möglichkeit, Zwang durch Belohnung zu ersetzen. Das heißt aber, finanzielle Mittel bereitzustellen und ein Förderprogramm mit klaren Bedingungen aufzulegen. Aktuell gibt es solche Programme zwar nicht auf Bundesebene, aber von einzelnen Ländern und Kommunen. Als indirekte Förderung gilt die Ermäßigung von örtlichen Niederschlagsgebühren - wenn bestimmte, in der jeweiligen Gemeinde erwünschte Maßnahmen des Regenwassermanagements realisiert werden. Auskunft dazu gibt die örtliche Abwassersatzung. Ein Ziel - viele Möglichkeiten Alle Komponenten des Regenwassermanagements, in der Summe auch Regenwasserbewirtschaftung genannt, lassen sich grob strukturiert in die folgenden drei Gruppen einteilen:  Die Verdunstung: Regenwasser bewegt sich bei Änderung seines Aggregatzustandes nach oben und bildet Luftfeuchtigkeit, Kondensat, Verdunstungskühlung, Wolken, Niederschläge. Beispiel einer solchen Verdunstungsmaßnahme ist das begrünte Dach. In der extensiven Version, pflegeleicht mit 8-10 cm Substrat, werden durchschnittlich 50 % der auftreffenden Niederschläge verdunstet. In der intensiven Version mit mehr als 10 cm Substrat sind es sogar 70-95 %.  Der verzögerte Oberflächenabfluss: Regenwasser bewegt sich in Richtung von Rinnsalen, Bild 1: Kombination aus Regenwassernutzung für Viehtränke und Versickerung des Überlaufs in der Gemeinde Nebel auf der nordfriesischen Insel Amrum. © König 46 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Bächen und Flüssen. Dies sollte mit zeitlicher Verzögerung erfolgen, um Hochwasser zu vermeiden. Beispiel einer solchen Verzögerungsmaßnahme ist die Regenwassernutzung im Haus, also das Sammeln in Regenspeichern und Nutzen für Toilettenspülung oder Waschmaschine. Das Regenwasser nimmt dann den Umweg über Speicher, Abwasserkanalisation und Kläranlage zum Fluss (auch Vorfluter genannt).  Die Versickerung: Regenwasser wird vom Boden aufgenommen und fließt in Richtung Grundwasser. Oder es speist eine Quelle bzw. bildet unterirdische Rinnsale, die gelegentlich in Baugruben zutage treten und als Schichtenwasser bekannt sind. Beispiel einer solchen Versickerungsmaßnahme ist die bewachsene Sickermulde mit 20 bis 30 cm Mutterboden. Eine Variante mit weniger Fähigkeit, im Regenwasser mitgeführte Schadstoffe zurückzuhalten, ist die unterirdische Sickerrigole. Ortstypische Einschränkungen Die Realität besteht aus Mischformen dieser drei Gruppen. Jede Landschaft, jede Region hat andere klimatische, geografische und geologische Besonderheiten, so dass die angemessene Form des Regenwassermanagements von Ort zu Ort unterschiedlich sein muss. In Deutschland wurden in den letzten 25 Jahren viele Möglichkeiten entwickelt und erfolgreich erprobt. So kann festgestellt werden, dass es kaum einen Landstrich oder ein Siedlungsgebiet gibt, in dem Regenwasserbewirtschaftung nicht möglich ist. Innerhalb einer Region müssen allerdings Kompromisse bei der Auswahl der angemessenen Methoden gemacht werden - je nach Art der Topografie, Flächengröße und Grundstücksnutzung. Um dies zu verdeutlichen, seien folgende Beispiele aus einer Vielzahl von Möglichkeiten herausgegriffen:  Wohnbebauung in Hanglage: Hier scheidet die Versickerung im Privatgarten aus, wenn Gefahr besteht, dass das Wasser bei Unterliegern wieder zutage treten könnte. Dachbegrünung und/ oder Regenwassernutzung sind machbar.  Bestandsgebäude in historischer Altstadt: Hier scheidet die Dachbegrünung wegen Denkmalschutz bzw. zu steilen Dachneigungen aus. Die Kombination Regenwassernutzung und Versickerung des Speicherüberlaufs kann im Zuge einer Modernisierung unter Umständen ermöglicht werden.  Verkehrs- und Gewerbeflächen mit Potential an wassergefährdenden Stoffen: Hier muss vor der Versickerung die Oberflächenentwässerung mit einer technischen Regenwasserbehandlung Bild 3: Regenwassernutzung im Haus: Speicher für die Gartenbewässerung, Toilettenspülung oder Waschmaschine. © Mall Bild 6: Bei großen Liegenschaften kann eine automatische Bewässerung mit Regenwasser helfen, viel Trinkwasser und Gebühren zu sparen. © König Bild 5: Versickerung über eine große bewachsene Sickermulde, hier für Regenabflüsse eines Industriegebiets am Bodensee. © König Bild 4: Versickerung über eine kleine bewachsene Sickermulde, hier für Regenabflüsse einer Wohnbebauung in Berlin. © König 47 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement kombiniert werden. Unabhängig davon sind an Gebäuden Dachbegrünung und Regenwassernutzung möglich. Das Los großer Liegenschaften Der Paradigmenwechsel, weg vom Kanalanschluss, hin zu einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung, also Regenwassermanagement auf den Grundstücken oder in unmittelbarer Nähe davon, kam für viele überraschend. Industrie- und Gewerbebetriebe sowie Kirchengemeinden und Vereine mit großen Liegenschaften gehören zu den am stärksten Betroffenen. Sie gelten neben den Kommunen mit ihren großen öffentlichen Flächen und Gebäuden als hauptsächliche Verursacher der Regenabflüsse in die Kanalisation, jedoch zugleich auch als Leidtragende der in den letzten Jahren eingeführten Niederschlagsgebühr. Die Gebühr ist aber keine Zusatzeinnahme für die Kommunen, denn die Schmutzwassergebühr wurde als Ausgleich gesenkt. Wie viel kassiert werden darf, bestimmt das Kommunalabgabengesetz. Tatsächliche Kosten müssen regelmäßig festgestellt und durch die insgesamt vorhandenen versiegelten Flächen geteilt werden, sofern diese am Kanal angeschlossen sind. Es geht hier um Gerechtigkeit - eine Forderung, resultierend aus Urteilen der Verwaltungsgerichtshöfe bzw. Oberverwaltungsgerichte der Bundesländer. Wer Regenwasser ableitet, bezahlt nun verursachergerecht - wie bei Schmutzwasser auch. Und bei Neubauvorhaben wird die Ableitung von Regenwasser ohnehin per Baugenehmigung untersagt oder eingeschränkt. Grundlage dafür sind die novellierten Landeswassergesetze, auf Basis des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes (WHG 2009). Alle Haus- und Grundbesitzer haben durch diese Änderungen also über kurz oder lang Anlass, ihr Regenwasser vor Ort zu bewirtschaften. Aktuelle Regelwerke Wie gelingt nun dezentrales Regenwassermanagement? Das Ziel muss sein, 100 % Niederschlagswasser auf den Grundstücken zu bewirtschaften. In der Praxis wird oftmals voreilig behauptet, es funktioniere im speziellen Fall nicht. Doch selbst in schwierigen Situationen können in bestimmtem Umfang „maßgeschneiderte“ Kombinationen aus Verdunstung, Nutzung und Versickerung realisiert werden. Die Regeln der Technik dazu sind vorhanden und aufeinander abgestimmt. Für die hier genannten Segmente der Regenwasserbewirtschaftung sind unter anderem folgende allgemein anerkannte Regeln der Technik (Stand Januar 2016) vorhanden: Bild 9 (links): Mehrmals im Jahr sollte der Filter inspiziert und bei Bedarf gereinigt werden. Blick in die unterirdische Regenwasserzisterne mit Filter an der Mündung des Zulaufrohres. © Mall Bild 10 (rechts): Unterwassermotorpumpe mit Drucksensor, der bei Wasserentnahme am Gartenventil automatisch die Pumpe einschaltet. Seitlich der im Regenwasser schwimmende Ansaugfilter. © Mall Bild 7: Prinzip der Verwendung gesammelter Niederschläge zur Bewässerung - eine Kombination aus Regenwassernutzung und Versickerung. © König Bild 8: Installation einer Entnahme-Stele im Garten, von der Hauswand entfernt. Sobald das Ventil geöffnet wird, geht die Regenwasserpumpe automatisch in Betrieb. © Mall 48 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement  Verdunstung: FLL-Dachbegrünungs-Richtlinie, März 2008  Nutzung: DIN 1989-1, April 2002  Versickerung: DWA-A 138, April 2005 (außerhalb von Verkehrsflächen) und FGSV MVV R2, 2013 (innerhalb von Verkehrsflächen)  Behandlung: DWA-M 153, August 2012 Synergie bei Photovoltaik und Verdunstung Wer auf Dachflächen durch Photovoltaik Strom erzeugen möchte, sollte wissen, dass die Stromausbeute sich erhöht, wenn die Umgebung bei gleicher Einstrahlung möglichst kühl ist. Man wird also den Verdunstungsprozess des Gründachs nutzen, wenn nicht gar optimieren. Allerdings sind besondere Vorrichtungen notwendig, um Solarpaneele in der Dachbegrünung zu verankern und um Regenwasser, auch unter der Photovoltaik-Fläche, den Pflanzen zuzuführen. Eine Variante ist die Kühlung der Photovoltaik in einer Fassade durch Regenwasser, das aus offener Wasserfläche verdunstet, gespeist aus einem unterirdischen Regenspeicher. Bei der ehemaligen Solar- Fabrik in Freiburg im Breisgau wirkt das Wasser zusätzlich als Spiegel und erhöht so die Intensität der Einstrahlung. Kombiniert verdunsten, Gründach und offene Wasserfläche Wenn sich der Untergrund für Versickerung nicht eignet, wie so oft bei Gebäuden in der City, kann der Abfluss durch begrünte Dachflächen minimiert und der gelegentliche Überlauf des Daches in attraktiv gestalteten offenen Wasserflächen verdunstet werden. Beispiele sind das Debis-Areal am Potsdamer Platz in Berlin und das Bürohausquartier der Nürnberger Versicherung in Nürnberg. Beim Institut für Physik der Humboldt Universität zu Berlin auf dem Campus Adlershof wird der Dachabfluss im Regenspeicher gesammelt und daraus die (das Gebäude im Sommer beschattende und durch Verdunstung kühlende) Fassadenbegrünung bewässert. Kombiniert nutzen und versickern Der Regenabfluss von Verkehrsflächen darf bei geringer Belastung, z. B. bei Wohnstraßen, über Geländemulden mit bewachsenem Oberboden versickert werden. Ob und wie dies zulässig ist, kann mit einem Merkblatt aus dem DWA-Regelwerk festgestellt werden (DWA-M 153). Für Wohnstraßen im Zuge der Erschließung hat sich der Einbau vorgefertigter Mulden-Rigolen-Elemente, Typ Innodrain, bewährt. Die Lieferung erfolgt inklusive Substrat und Bepflanzung. Die anschließbare Fläche entspricht herkömmlichen Entwässerungsabschnitten. Im Straßenraum platziert, wirken die Elemente zusätzlich als Verkehrsberuhigung - eine sinnvolle Doppelnutzung der Fläche. Die Funktionen Rückhaltung, Behandlung und Versickerung wurden im Jahr 2004 beim Baugebiet Lehenbrunnen, Gemeinde Schömberg-Schörzingen, von der zuständigen Behörde „Eingriffsminimierung in den Wasserhaushalt“ genannt, so dass in diesem Fall weniger Ausgleichsmaßnahmen gemäß §21 Bundesnaturschutzgesetz, als sonst üblich, gefordert wurden. Bild 11 (links): Synergie Photovoltaik und Verdunstung an der ehemaligen Solar-Fabrik in Freiburg i. Br. © König Bild 12 (rechts): Kombiniert verdunsten mit Gründach und offener Wasserfläche im Bürohausquartier der Nürnberger Versicherung in Nürnberg. © König Bild 13: Innodrain, ein Mulden-Rigolen- System mit Bewuchs, wird aus vorgefertigten Elementen am Straßenrand eingebaut. Innerhalb der Fahrbahn platziert, wirkt es zusätzlich als Verkehrsberuhigung. © Mall 49 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Gleichzeitig wurden die 40 Baugrundstücke im Zuge der Erschließung mit Betonfertigteilspeichern bestückt, die Regenwassernutzung ermöglichen und als oberen Abschluss einen Erdfilterkopf haben. Das zufließende Regenwasser von den Gebäudedächern ist dadurch soweit gereinigt, wie dies sonst in Sickermulden geschehen würde. Deshalb darf der Überlauf der unterirdischen Speicher direkt im Untergrund versickert werden. Ein weiterer großer Vorteil ist die Betriebsbereitschaft dieser Kombispeicher. Sie funktionieren als Entwässerungseinrichtung, noch bevor die ersten Häuser erstellt werden. So ergeben sich keine Versickerungs-Provisorien, wie sie üblicherweise nach Fertigstellung des Rohbaus in Gebäudenähe angelegt werden. Und die regelmäßige Wartung des Erdfilters ist nicht in dem Maße erforderlich, wie dies bei mechanisch wirkenden Filtern normaler Regenspeicher notwendig ist. Fazit Durch die Verknüpfung modularer Bautechnik mit naturnahen Verfahren wird das Regenwassermanagement selbstverständliche Komponente unserer gebauten Umwelt - in der Verkehrs- und Siedlungsplanung ebenso wie auf dem privaten Grundstück. Literatur [1] fbr-top: Loseblatt-Reihe zu grundsätzlichen Themen der Regenwasserbewirtschaftung. Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V., fbr-Dialog GmbH, Darmstadt. Laufend aktualisierte Ausgaben unter www.fbr.de/ fbrpublikationen.html [2] König, K. W.: Ratgeber Regenwasser, für Kommunen und Planungsbüros. Rückhalten, Nutzen, Versickern und Behandeln von Regenwasser. Hrsg.: Mall GmbH Donaueschingen, 6. Auflage, 2016. [3] König, K. W.: Kühlen mit Regenwasser. In: IKZ Haustechnik 10/ 14, Strobel Verlag Arnsberg, 2014. [4] Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung. Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung. Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und Wartung. Broschüre, 1. Auflage. Hrsg.: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, 2010. [5] Regenwasserbewirtschaftung und Niederschlagswasserbehandlung, Planerhandbuch. Hrsg.: Mall GmbH Donaueschingen, aktualisierte Auflage, 2016. Dipl.-Ing. Klaus W. König Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Fachjournalist. Kontakt: kwkoenig@koenig-regenwasser.de AUTOR Ein Jahr lang Transforming Cities zum halben Preis lesen, als Printausgabe oder ePaper, anschließend zum Normalpreis. www.transforming-cities.de/ starterabo/ TranCit StarterAbo Aller Anfang ist leicht. 50 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Smart Cities brauchen smarte Infrastrukturen Förderprojekt KOMMUNAL 4.0 digitalisiert die kommunale Wasserwirtschaft Infrastruktur, Wasserversorgung, Abwasserbehandlung, Digitalisierung Günter Müller-Czygan, Keno Strömer Ein großer Teil des Vermögens von Kommunen und Städten - die Wasser- und Abwasserinfrastruktur - ist für die Bürger nicht sichtbar in der Erde vergraben. Die kommunalen Ver- und Entsorgungsanlagen wurden in der Vergangenheit für lange Zeithorizonte geplant und bemessen - entsprechend der erwarteten Bevölkerungsentwicklung, Annahmen zu Industrialisierung und zu Niederschlagseinflüssen. Allerdings zeigt sich, dass die spürbaren Folgen des Klimawandels, verändertes Konsumentenverhalten oder die demografische Entwicklung schon jetzt neue Anforderungen stellen, denen die bestehenden Systeme nicht mehr gerecht werden. Die Lösung: Versorgungssysteme müssen schnell und flexibel an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden. Dazu bedarf es einer guten Datengrundlage, um bei Zukunftsinvestitionen auf der sicheren Seite zu sein. Bild 1: KOMMUNAL 4.0 - Vernetzung in smarten Infrastrukturen. © HST 51 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Hilfe der Digitalisierung entgegen gewirkt werden. Basierend auf der Entwicklung einer webbasierten Daten- und Serviceplattform werden intelligente Algorithmen zur Datenanalyse unterschiedlicher Quellen entstehen. So wird eine optimierte, automatisierte und ganzheitliche Erfassung und teilweise Steuerung der Betriebsführung von Kanalnetz, Regenbecken und Kläranlagen ermöglicht. Ergänzend werden innovative Anwendungstools und Geschäftsmodelle entwickelt und diskutierte Anwendungsmöglichkeiten von Industrie 4.0 in den kommunalen Bereich übertragen. Moderne Automationstechnologien, die Basis von Industrie 4.0-Lösungen, werden in der Wasserwirtschaft schon viele Jahre erfolgreich eingesetzt. Elemente wie echtzeitbasierte Steuerungs- oder Monitoringlösungen sind ebenso im Einsatz wie zahlreiche intelligente Sensortechnologien für technisch abgegrenzte Maschinen und Anlagen. Sie bilden ein wichtiges Grundgerüst für zukünftige Digitalisierungsstrategien. Eine durchgängige Vernetzung zwischen Maschinen, Objekten und Organisationseinheiten im Sinne von Industrie 4.0 wurde in der Wasserwirtschaft bislang noch nicht realisiert, obwohl Behörden, Kommunen, Ingenieurdienstleister und Technologieanbieter bereits heute über umfangreiche Datenbestände ihrer Infrastruktursystemen verfügen. Die Nutzung solcher Daten beschränkt sich aktuell auf enge, lokale Betrachtungen. Hier fehlt eine zentrale Datenverarbeitung und -analyse, um analog zum Bild von Industrie 4.0 die gesamte technische und organisatorische Prozess-/ Wertschöpfungskette in einem Infrastruktursystem mit all ihren Informationen und Abhängigkeiten zu erfassen, abzubilden und den Betrieb darauf einzustellen. Erst wenn Datenerfassung, Analyse und Steuerung technischer Einheiten hochautomatisiert ablaufen, kann eine smarte und damit flexible Infrastruktur realisiert werden. Nach wie vor werden in Deutschland jedes Jahr bis zu 7 Milliarden Euro in die kommunale Wasser- und Abwasserinfrastruktur investiert [1]. Die über Jahrzehnte gewachsenen Systeme stellen in den meisten Fällen das größte Infrastrukturvermögen von Kommunen und Städten dar, welches zu einem wesentlichen Teil unsichtbar unter der Erde steckt. Es gewährleistet heutzutage eine flächendeckende sowie sichere Ver- und Entsorgung mit einer extrem langen technischen und ökonomischen Lebensdauer. Bis zu 70 % entfallen auf die Kanalisation mit ihren Sonderbauwerken und auf Kläranlagen [2], daher kommt der Abwasserinfrastruktur eine besondere Bedeutung zu. In der Vergangenheit bezogen sich Planungen und Bemessungen von Verbzw. Entsorgungsnetzen mit zugehörigen technischen Anlagen auf lange Zeithorizonte unter der Annahme erwarteter Bevölkerungsentwicklung, Industrialisierung und Niederschlagseinflüsse. Allerdings zeichnet sich deutlich ab, dass die bisherigen Datenannahmen oft unzureichend sind und die Realität ungenau widerspiegeln. Dadurch stehen Betreiber wasserwirtschaftlicher Infrastruktureinrichtungen nun vor großen Herausforderungen. Extremwetterereignisse als Folge des Klimawandels, verändertes Konsumentenverhalten oder die Folgen des demografischen Wandels sind nur einige Themen, bei denen sich eine mangelnde Betriebsflexibilität von Rohrleitungs- und Kanalnetzen, zugehörigen Sonderbauwerken, wie z.B. Regenbecken, Pumpwerke, Hochbehälter, Wasserwerke, Hochwasser-Schutzanlagen und Kläranlagen, immer deutlicher zeigt. Gefragt sind daher Lösungen, die eine zeitnahe und flexible Anpassung bestehender Systeme an vorhandene und sich verändernde Rahmenbedingungen ermöglichen. Außerdem müssen bessere Datengrundlagen geschaffen werden, um sichere Zukunftsinvestitionen vornehmen zu können. Mehr Flexibilität durch Digitalisierung Vielversprechend erscheinen die aktuellen Entwicklungen zur webbasierten Digitalisierung in Industrie, Gewerbe und Gesellschaft, die zusammenfassend z.B. unter den Schlagworten Industrie 4.0 und Smart Cities zunehmend in den Medien präsentiert werden. Auch wenn das Gros der vorgestellten Ideen und Produkte für Anwendungen „über der Erde“ konzipiert sind, liegt es nahe, deren Potential auch „unter die Erde“ zu bringen, um also eine bessere, smarte und damit flexiblere Wasser-/ Abwasserinfrastruktur zu erhalten. Dieses Ziel verfolgt das Förderprojekt KOMMUNAL 4.0. Hier soll der systemimmanenten mangelnden Flexibilität kommunaler Infrastrukturen der Ver- und Entsorgung mit Bild 2: IntelliGrid - Smart Machines für die Regenbeckenreinigung. © HST 52 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Das Projekt KOMMUNAL 4.0 Das vom BMWi geförderte und von der DLR betreute Kooperationsvorhaben KOMMUNAL 4.0 startete am 1. April 2016 und widmet sich in den kommenden drei Jahren in besonderer Weise den zuvor beschriebenen Herausforderungen. Aktuelle sowie erwartete Zukunftsentwicklungen aus den Bereichen Industrie 4.0 und Smart Cities werden auf Anwendbarkeit in der kommunalen Wasserwirtschaft geprüft, weiter entwickelt und auch eigene Lösungen hervorgebracht. Angesichts des hohen, aber bisher nicht systematisch genutzten Digitalisierungspotentials im Bereich der Wasserwirtschaft und dem dafür zugeschnittenen holistischen Projektlösungsansatz überrascht es nicht, das KOMMUNAL 4.0 in einem reinen Industriewettbewerb aus 130 Bewerbern als einer der 16 Sieger ausgewählt wurde [3]. Werden die Projektentwicklungen richtig eingesetzt, führt dies zu einer höheren Effizienz, Sicherheit und Kontrolle im Betrieb wasserwirtschaftlicher Anlagen und Systeme. Insbesondere die auf internationalen IT-Standards basierenden Plattformlösungen können auch in anderen Infrastruktursektoren zum Einsatz kommen. KOMMUNAL 4.0 (Projektteilnehmer siehe S. 56) strebt folgende wesentliche Ziele an:  Vereinheitlichung der Datenerfassung- und -übertragung aus heterogenen CPS (cyberphysischen Systemen)  Entwicklung einer webbasierten Datenplattform zur Sammlung, Strukturierung und Konvertierung unterschiedlicher Daten/ Datenformate  Entwicklung einer flexiblen Plattformarchitektur zur wahlweisen Nutzung als Intra- oder Internetanwendung  Entwicklung von Anwendungstools aus den Bereichen Design-/ Engineering, Benchmarking, Objekt-/ Netzmonitoring, Datenfusion, Beschaffung, durchgängige Prozesskette und Betriebsoptimierung  Erarbeitung erforderlicher IT-Sicherheitskonzepte  Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle als Basis zur Nutzung und Verbreitung der entwickelten Lösungen  Analyse von Rechtsaspekten zum Thema Cloud Computing Modulare und stufenorientierte Lösungen stehen im Fokus der Projektentwicklungen. Angefangen bei einzelnen intelligenten Aggregaten, sogenannten Smart Machines, ist die Verknüpfung mehrerer Objekte untereinander bis hin zu komplett vernetzten Infrastruktursystemen vorgesehen. Die Überprüfung der Anwendsfähigkeit und Finanzierbarkeit der Projektideen erfolgt in sogenannten Pilotprojekten. Aus einer Vielzahl von Anwendungsideen werden nach erfolgter Analyse und Bewertung die in Frage kommenden Lösungen ausgewählt und in Infrastruktureinrichtungen von Partnerkommunen bis zu ein Jahr lang erprobt. Neben einer Überprüfung der technischen Einsatzfähigkeit ist auch die erfolgreiche Verbreitung bzw. der wirtschaftliche Erfolg der im Rahmen von KOMMUNAL 4.0 entwickelten Produkte sicherzustellen. Hierzu werden geeignete und auf die kommunale Welt zugeschnittene digitale Geschäftsmodelle entwickelt. KOMMU- NAL 4.0 soll als Leuchtturmprojekt die Basis für eine erfolgreiche und sichere digitale Transformation in geeigneten Bereichen der kommunalen Wasserwirtschaft sein. Um dies zu erreichen, muss der Sprung von einzelnen Smart Machines zu einer smarten Infrastruktur gelingen. Die Projektpartner laden Städte und Kommunen dazu ein, Partner von KOMMUNAL 4.0 zu werden, auch Bild 3 (oben): NiRA.web - digitaler Regenschreiber. © HST Bild 4 (unten): Echtzeitüberwachung von Pumpenkennlinien mit IntelliPump. © HST 53 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement gerne mit weiteren Anwendungsideen (siehe www. kommunal4null.de). Als Teil der kritischen Infrastruktur hat die kommunale Wasser-/ Abwasserwirtschaft einen besonderen Stellenwert innerhalb der öffentlichen Ver- und Entsorgung. Deshalb spielt die IT-Sicherheit neben technologischen Entwicklungen eine entscheidende Rolle. Ausgehend von aktuell verfügbaren Sicherheitsmaßnahmen und -lösungen beschäftigen sich die Konsortialpartner des Förderprojektes mit Möglichkeiten, die IT-Strukturen einer Kommune oder Stadt ausreichend zu schützen. Ein wichtiges Ziel bei der Entwicklung geeigneter Datenplattformen ist die Möglichkeit, die vorgesehenen Technologien wahlweise als Internet- und Intranetlösung einsetzen zu können. Kommunale Anwender erhalten so die freie Wahl, die Datenverarbeitung und -kommunikation zu öffnen oder in einem geschlossenen System zu betreiben. Entsprechend müssen auch die Anwendungslösungen auf beide Optionen abgestimmt werden. Wo die Wasserwirtschaft Industrie 4.0 schon lebt Der Einsatz mechanischer Aggregate mit Automationstechnik ist seit vielen Jahren Stand der Technik in der Wasserwirtschaft. Als embedded, also eingebettete Systeme, leisten solche Aggregate zuverlässig ihren Dienst, da Überwachungs-, Steuerungs- und Regelfunktionen mit verschiedene Zustands- und Umgebungsinformationen (zumeist von Messsensoren) versorgt werden. Zudem dient die Automationstechnik auch der Datenerfassung und -übertragung an übergeordnete Einheiten wie z.B. SCADA-Systemen. Bislang sind hierfür eindeutige und z.T. starre Steuer- und Regelvorgaben definiert, Änderungen an den Vorgaben erfolgen durch den Bediener per Sollwertveränderungen oder direkt auf der SPS-Ebene durch einen Programmierer. Eine Datenverknüpfung erfolgt nur lokal und zumeist kabelgebunden. Die große Frage ist nun: Wie müssen solche Aggregate aussehen, um Smart Machines zu werden, aus deren Vernetzung untereinander dann eine smarte Infrastruktur entstehen kann? KOMMU- NAL 4.0 wird diese Frage für den Bereich der Wasserwirtschaft fundiert beantworten. Dank der Verfügbarkeit rasant steigender webbasierter Anwendungsoptionen im Umfeld von Industrie 4.0 braucht eine Überwachung, Steuerung und Regelung von Maschinen nicht mehr isoliert mit lokal erfassten Daten und lokal eingesetzter Automationstechnik erfolgen. KOMMUNAL 4.0 wird sich dieser und eigens entwickelter Lösungen bedienen und neuartige smarte Applikationen entstehen lassen. Hierzu erhält die Steuerung weiterhin die bisherigen lokalen Maschinen- und die lokalen Sensordaten und bekommt zum Beispiel mit aktuellen lokalen Niederschlagsdaten oder Zustandsinformationen aus einem Rohrleitungssystem von einer zentralen Datenbank zusätzliche Daten mit hohem Mehrwert. In Echtzeit werden alle Daten mit entsprechenden Algorithmen analysiert und die Steuerungsvorgaben (Sollwerte) selbständig an veränderte Umgebungsbedingungen angepasst. Dies ist der wesentliche Unterschied zu den heutigen vernetzten, aber nicht smarten Einzelsystemen. Am Beispiel eines intelligent vernetzten Pumpwerks soll dies verdeutlicht werden. Die Auslegung von Pumpen erfolgt im Regelfall für einen einzigen erwarteten Betriebszustand, dem maximalen Belastungsfall inkl. Sicherheitszuschlägen. Betriebsänderungen oder gar verschiedene Betriebsszenarien spielen dabei keine Rolle. Schwankende Wassermengen sind in nahezu allen Kanal- und Rohrnetzsystemen Normalität. Zudem entstehen Verluste durch ungünstige Rohrleitungsführungen und führen neben anderen Betriebsbedingungen dazu, dass Pumpen außerhalb ihrer ausgewählten optimalen Kennlinie betrieben werden. Auch deshalb, weil in Unkenntnis der tatsächlichen Förderspitzen entsprechende Reserven bei der Dimensionierung der Pumpen vorgesehen werden. Dies hat eine höhere Energieaufnahme und einen schlechteren Wirkungsgrad des Gesamtsystems zur Folge und reduziert damit auch die Standzeit der Aggregate. Neuartige Pumpencontroller (Softwarelösungen wie z.B. das System IntelliPump) nehmen eine permanente Auswertung SMART MACHINES SMART OBJECTS SMART INFRASTRUCTURE SMART CITY CLOUD SERVICE CONTROL- LING DEVICE Bild 5: Die digitale Evolution der Wasserwirtschft. © HST Bild 6: Ganzheitliche Digitalisierung der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung. © HST 54 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement der gesamten Betriebssituationen vor und ermöglichen durch Einsatz einer Frequenzregelung Betriebsverläufe, die mehrere optimale Betriebspunkte je nach Anforderung zulassen. Dies garantiert dauerhaft die vorgesehene Fördersicherheit und reduziert damit den Verschleiß sowie den Energieverbrauch der Pumpe. Einen weiteren Vorteil bietet die kontinuierliche Überwachung des Anlagenbetriebs. Damit können Störungen eher erkannt und der Zustand der Maschine besser beurteilt werden, wodurch die Betriebssicherheit insgesamt ansteigt. Ähnliche Anwendungen, wie z.B. die intelligente Beckenreinigung IntelliGrid, die selbstregulierende Belegungskontrolle IntelliScreen zur Erhöhung des Stoffrückhalts bei Horizontalstabrechen oder das EMA-Ablaufmengenerfassungssystem an Regenüberläufen, werden in der Wasserwirtschaft zunehmend eingesetzt. Niederschlag ist die wichtigste Eingangsgröße Niederschlag spielt in der Wasserwirtschaft als Eingangsgröße die wichtigste Rolle für Planung und Betrieb vieler Infrastruktursysteme. Welchen Einfluss unerwartete Niederschlagsmengen haben können, die nicht ordnungsgemäß über vorhandene Kanalsysteme abgeführt werden, sieht man immer wieder bei kritischen Hochwassersituationen. Während an vielen Orten in einem Wasser-/ Abwassersystem unzählige Sensoren einzelne Daten exakt messen, geht der Niederschlag vielfach immer noch als statistischer Wert ohne Beachtung lokaler Besonderheiten in Planungen ein oder wird für Betriebszwecke mit ungenauen Methoden nur an einer einzigen Stelle erfasst. Die Wetterdienste verfügen über große Mengen an historischen und aktuellen Daten sowie Prognosen für die nächsten 72 Stunden, die sich lokal sehr genau zuordnen lassen. Bild 7: Regenbecken - Bewirtschaftung und Reinigung mit prozesstechnisch vernetzter Ausrüstung. © HST Drei Fragen Frage 1: Welche Bedeutung hat das Förderprojekt Kommunal 4.0 für Ihr Institut? Frage 2: Welchen Stellenwert räumen Sie dem Förderprojekt Kommunal 4.0 ein im Zusammenhang mit der digitalen Transformation in der kommunalen Wasserwirtschaft? Frage 3: Auf welchem Entwicklungsniveau sehen Sie die angestrebten Entwicklungsideen im Vergleich zu den Ihnen bekannten Vorhaben in der Wasserbranche?  55 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Antwort 1: Das ifak ist als anwendungsorientiertes Forschungsinstitut sowohl mit mehreren Geschäftsfeldern in der Industrie als auch im Bereich der Wasserwirtschaft tätig. Die Verknüpfung unserer Expertise zur industriellen Automation mit unserem speziellen Branchenwissen im Wasser-/ Abwassersektor im Vorhaben KOMMUNAL 4.0 ist daher eine logische Konsequenz unserer Forschungsaktivitäten. Antwort 2: Wenn es den Partnern gelingt, das Projekt in den folgenden Jahren gemeinsam erfolgreich zu entwickeln, wird eine Referenz für die Nutzung der Konzepte von Industrie 4.0 in der Wasserwirtschaft geschaffen. Schließlich ist der Gedanke der IT- Vernetzung auch - und vielleicht sogar besonders ausgeprägt - für die Wasserwirtschaft relevant. Man denke nur an die vielen dezentralen Pumpstationen, Regenbecken und Messstationen. Antwort 3: Die Zusammenführung bisheriger Insellösungen und die damit einhergehende Datenintegration befinden sich gemäß der Bewertungssystematik TRL (Technology Readiness Level) auf einem Reifegrad der Stufe 2. Für die Modellierung und Simulation haben wir in der Wasserwirtschaft bereits die höchste Stufe 9 erreicht. Für die Ebene der Steuerung liegen wir zwischen Stufe 5 und 8, neue Aspekte wie Sicherheitsfunktionen oder die virtuelle Inbetriebnahme befinden sich noch am Anfang auf Stufe 3. Antwort 1: Ein Beweggrund für die Teilnahme an Kommunal 4.0 ist, den Schritt der digitalen Transformation auch in der kommunalen Wasserwirtschaft durchzuführen und dabei Optimierungspotentiale ausfindig zu machen und umzusetzen. Hierdurch könnte der Energieverbrauch weiter optimiert werden oder auch Arbeitserleichterungen für die Betreiber und Mitarbeiter entstehen, wie zum Beispiel durch optimierte Fehlererkennung, Früherkennung von Auffälligkeiten durch die Vernetzung verschiedenster Sensoren - und das bedeutet Fehlervermeidung. Antwort 2: Das Projekt wird viele Prozesse in der Wasserwirtschaft verbessern. Wir wissen aus Erfahrung, wie viel unnötiger Aufwand eigentlich heute noch erforderlich ist, da zwischen einzelnen Prozessen oder Arbeitsschritten die durchgängigen Daten- Schnittstellen noch fehlen. Antwort 3: Es werden neue Konzepte aus dem Bereich Industrie 4.0 in die Wasserwirtschaft übertragen. Dies ist in diesem Bereich bisher noch nicht erfolgt. Antwort 1: In der Wassertechnik gibt es in Deutschland kaum Wachstum, die Musik spielt in den Schwellenländern und in Industrieländern mit hohem Nachholbedarf. Für uns kommt es darauf an, die Kompetenz „am Heimatmarkt“ zu erhalten. Gleichzeitig erkennen wir bei Kommunen einen riesigen Bedarf, ihre Infrastrukturleistungen bei stetig steigenden Anforderungen intelligent zu rationalisieren. Antwort 2: Dank des holistischen, also ganzheitlichen Ansatzes im Bereich der Digitalisierung kommt dem Projekt eine Pionierrolle mit sehr hohem Stellenwert zu. Unser Ziel muss es sein, mit diesem Projekt eine gute Basis für eine erfolgreiche und sichere digitale Transformation der Wasserver- und -entsorgung als Teil der kritischen Infrastruktur in Deutschland zu schaffen, die im besten Falle eine Leuchtturmwirkung besitzt. Antwort 3: Obwohl fast alles, was mit dem Kürzel „4.0“ agiert, auf prinzipiell bereits Erfundenes zurückgreift, ist die Umsetzung in der Praxis noch von vielen Schwierigkeiten geprägt. Wenig ist genormt, noch weniger passt zusammen. Um das zu ändern, muss man kommunal und wasserfachlich verstehen, „wie es wirklich läuft“ - technisch, wirtschaftlich und institutionell. Eines ist klar: 4.0 ist dem Bisherigen so überlegen, wie seinerzeit der Motorwagen dem Pferdewagen. Das Potenzial ist riesig. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Prof. Dr. mult. Karl-Ulrich Rudolph IEEM (Witten) Prof. Dr. Ulrich Jumar ifak (Magdeburg) Prof. Dr. Michael Bongards GECOC (Gummersbach) Drei Antworten 56 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement Obwohl diese Daten digital vorliegen und mit Branchenportalen wie z.B. NiRA.web auch der Wasserwirtschaft bereitgestellt werden, setzen Infrastrukturbetreiber in Unkenntnis neuerer Technologien nach wie vor herkömmliche Regenschreiber ein. Als Vorbild zur intelligenten Nutzung der Wetterdaten kann die Landwirtschaft dienen. Hier wird teilweise die Felderbewirtschaftung nahezu automatisch betrieben. Die Bewässerung wird neben dem von Sensoren ermittelten Feuchtegehalt des Bodens auch mit Niederschlagsdaten der nächsten Tage aus dem Web gesteuert [4]. KOMMUNAL 4.0 wird auch in Sachen Niederschlagsdatenverarbeitung eine Vorreiterrolle in der Wasserwirtschaft einnehmen. Durch Einbindung lokaler Niederschlagsdaten, insbesondere von 72-Stunden-Prognosen, werden wasserwirtschaftliche Einrichtungen effizienter gesteuert. Objekte, wie beispielsweise Regenbecken, Pumpwerke, Hochwasserrückhaltebecken, Kläranlagen etc. werden ihre Daten untereinander austauschen und den Betrieb unter Einbezug des Niederschlags automatisch aufeinander abstimmen. Die zugehörige zentrale Datenauswertung setzt hierbei die Prioritäten und entscheidet, wann welches Regenbecken entleert wird. Dies erfolgt, um z.B. für ein nächstes Starkregen- oder Hochwasserereignis ausreichend Speicherkapazitäten frei zu haben, die Kapazitäten optimal zu nutzen und damit auch Überschwemmungen zu vermeiden. Oder die Entlastungsereignisse aus Regenbecken werden im Sinne eines optimalen Gewässerschutzes unter Einbezug lokaler Niederschlagsdaten gezielt gesteuert. Je mehr quantitative und qualitative Daten pro Bauwerk/ Objekt vorliegen und diese mit lokalen Niederschlagsdaten verknüpft werden, desto besser und effizienter kann jede einzelne Maschine, jedes Objekt und auch das gesamte Infrastruktursystem betrieben werden. Smart werden Schritt für Schritt KOMMUNAL 4.0 steht für die Entwicklung smarter Maschinen bis hin zur smarten Infrastruktur mit dem Ziel, dies mit einem holistischen Ansatz zur smarten Vernetzung in der Wasserwirtschaft zu erreichen. Die Lösungen werden dabei unter realen Einsatzszenarien entwickelt und erprobt. Diese Vorgehensweise berücksichtigt dabei aktuelle Entwicklungen zu Industrie 4.0 oder Smart City bezüglich steigender Komplexität im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Dies ist weniger in den technischen Herausforderungen begründet, sondern viel mehr in der Notwendigkeit, verschiedene Gruppen und Interessen aufeinander abzustimmen und eine gemeinsame und längerfristig gültige Strategie der Digitalisierung aufzustellen [5]. Dies gilt sowohl für die Abstimmung innerhalb einer kommunalen Organisationseinheit (z.B. Kanalnetz- und Abwasserbetrieb) als auch übergeordnet für eine komplette Stadt oder Kommune. Für die Belange der kommunalen Wasserwirtschaft empfehlen sich daher zehn Schritte (Bild 8), um erfolgreich eine smarte Infrastruktur zu schaffen [6]. Diese Vorgehensweise lässt sich auch auf andere Bereiche einer Smart City / Kommune übertragen oder als Grundlage bei der Bearbeitung einer übergeordneten Digitalstrategie verwenden. Damit wird ein intelligent vernetztes Regierungs- und Verwaltungshandeln unterstützt, was die Möglichkeiten intelligent vernetzter Objekte und cyberphysischer Systeme zur effizienten wie effektiven Erfüllung öffentlicher Aufgaben nutzt [7]. In KOMMUNAL 4.0 werden zudem die Erwartungen und Hoffnungen an eine moderne Verwaltung 4.0 berücksichtigt, um eine „Balance zwischen innovativer Zukunftsgestaltung, der Beachtung finanzieller Rahmenbedingungen und den zukünftig eingeschränkten Personalressourcen“ herzustellen [8]. 3 . S C H R I T T : D I E D I G I T A L E S T R A T E G I E 4 . S C H R I T T : H A N D L U N G S E L D E R B E S T I M M E N 2 . S C H R I T T : B E S T A N D S A N A L Y S E 8 . S C H R I T T : E I N Z E L M A S S N A H M E N R E A L I S I E R E N 8 . S C H R I T T : I N T E G R A T I O N I N P L A T T F O R M E B E N E 7 . S C H R I T T : E I N Z E L M A S S N A H M E N F E S T L E G E N SCHRITT: ELDEFINITION P L A N U N G S P H A S E R E A L I S I E R U N G S P H A S E 10. SCHRITT: KOMMUNAL 4 LEBEN 6. SCHRITT: IT-SICHERHEITSKONZEPT UND ISMS ERSTELLEN 5. SCHRITT: KOMMUNAL 4.0-BEAUF- TRAGTEN ERNENNEN ERGEBNISVALIDIERUNG Bild 8: 10 Schritte zu KOMMUNAL 4.0 [6] © HST PROJEKTTEILNEHMER HST Systemtechnik GmbH & Co. KG, Meschede - Projektkoordination (Ansprechpartner: Günter Müller-Czygan, www.hst.de) Pegasys GmbH & Co. KG, Meschede (Ansprechpartner: Uwe Frigger, www.pegasyssoftware.de) Südwasser GmbH, Erlangen (Ansprechpartner: Arne Nath, www.suedwasser.com) Ifak Institut für Automation und Kommunikation e.V., Magdeburg (Ansprechpartner: Prof. Dr. Ulrich Jumar, Dr. Jens Alex, Nico Suchold, www.ifak.eu) Institut GECOC, Cologne Univerity of Applied Science, Gummersbach (Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Michael Bongards, Andreas Conrath, www.gecoc.de) IEEM Institut für Umwelttechnik und Management an der Universität Witten/ Herdecke gGmbH, Witten (Ansprechpartner: Prof. Dr. mult. Karl-Ulrich Rudolph, Keno Strömer, www.uni-wh-ieem.de) 57 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES THEMA Wasser - Lebensmittel und Naturelement für verschiedene kommunale Dienstleistungen vorhanden ist und den technischen Infrastrukturen einen vergleichbar hohen Stellenwert beizumessen ist, wie Energie, Mobilität, Gesundheit etc. Und dort, wo die Digitalisierung erfolgreich eingeführt wurde, konnte sowohl für die Bürger als auch für die Kommunalverwaltung und ihre Infrastruktureinheiten ein erheblicher Mehrwert geschaffen werden. Literatur- und Quellennachweis [1] UBA „Wasserwirtschaft in Deutschland, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Stand April 2014, Zahlen für 2010. [2] Stefan Hattenbach, Markus Vogel „Das verborgene Vermögen der Kommunen: Entwicklung einer Strategie zum Werterhalt in einer Dorfgemeinde“, Tagungsband DWA Landesverbandstagung 2015. [3] http: / / www.bmwi.de/ DE/ Presse/ pressemitteilungen,did=720380.html [4] http: / / www.kreiszeitung-wochenblatt. de/ rosengarten/ panorama/ farming-40die-landwirtschaft-stehtvor-der-viertenrevolution-d72195.html [5] Michael Jaekel: „Smart City wird Realität: Wegweiser für neue Urbanitäten in der Digitalmoderne“, Springer-Verlag 2015. [6] http: / / www.hst.de/ kommunal4null/ viernull/ artikel/ 10-schritte-zu-kommunal-40/ [7] Prof. Dr. Jörn von Lucke: „Smart Government Intelligent vernetztes Regierungs- und Verwaltungshandeln“, Open Government Tage der Landeshauptstadt München Werkstattbericht, München, 10.09.2015 [8] http: / / www.behoerden-spiegel.de/ icc/ Internet/ nav/ 1f7/ 1f75009d-e07d-f011-4e64- 494f59a5fb42%26uCon%3Df8a033bf-f28e-3102a6d6-847b988f2ee2%26uTem%3Daaaaaaaaaaaaaaaa-bbbb-000000000003 Dipl.-Ing. Günter Müller-Czygan Bereichsleiter Verfahrenstechnik, Maschinen und Anlagen HST Systemtechnik GmbH & Co. KG, Meschede Kontakt: guenter.mueller-czygan@hst.de M.Sc. Keno Strömer IEEM gGmbH - Institut für Umwelttechnik und Management an der Universität Witten/ Herdecke, Witten Kontakt: stroemer@uni-wh-ieem.de AUTOREN KOMMUNAL 4.0 als Fundament einer Smart City/ Kommune Nicht nur, weil sie am tiefsten Punkt liegt, bildet die wasserwirtschaftliche Infrastruktur das tragende Fundament einer Stadt oder einer Kommune. Als größtes kommunales Vermögen ist hier im Zuge einer digitalen Transformation ein enormes Effizienzpotential vorhanden. Natürlich sind Apps zur Kanalreinigung oder zur Erfassung von Pumpendaten weniger attraktiv für die Bevölkerung als die Meldung eines freien Parkplatzes auf dem Smartphone. Betrachtet man jedoch die heutigen erforderlichen Aufwendungen, die eine wasserwirtschaftliche Infrastruktur in einem Kommunalhaushalt bedeuten, können Einsparungen in diesem Bereich so manche smarte Bürgerlösung zusätzlich ermöglichen. Projekte wie Kommunal 4.0 werden zur Steigerung der Effizienz beitragen und damit Ressourcen schonen (z.B. Stromverbrauch und ein verminderter Einsatz von Chemikalien zur Abwasserreinigung durch eine intelligente Steuerung), sowie die Sicherheit der Stadt verbessern (z.B. durch die Auswertung lokaler Wetterdaten und Korrelationsvergleiche mit bereits vorliegenden Überflutungsereignissen). In einem öffentlichen Sektor, der unter anderem immer mehr unter Preisdruck steht, neuen strikteren gesetzlichen Anforderungen, z.B. an die Reinigungsqualität, ausgesetzt ist und politisch gewollt einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten soll, sind Betriebsoptimierungen mit „real-time, online, 4.0“ von kritischer Bedeutung. Mit einem Engagement in KOMMUNAL 4.0 und der aufgezeigten möglichen Vorteile kann die komplexe Rolle der Wasserver- und Entsorger in Deutschland auch in Zukunft erfolgreich von Städten und Kommunen ausgefüllt und zusätzlich eine internationale Vorreiterstellung geschafft werden. KOMMUNAL 4.0 ist eine wesentliche Voraussetzung zur technischen Integration von cyberphysischen Systemen in urbane Systeme. Es ermöglicht die Anwendung des Internet der Dinge und des Internet der Dienste im kommunalen und städtischen Kontext zu sich selbststeuernden Lösungen und Ökosystemen, insbesondere bei technischen Infrastrukturen [7]. Aus diesen Gründen ist bei fast allen Städten und Kommunen die Bereitschaft vorhanden, die Chancen der Digitalisierung nicht nur auf klassischer Verwaltungsebene (smart government), sondern auch in der Wasserwirtschaft zu nutzen. Dies lässt sich anhand bisheriger Reaktionen zum Thema Kommunal 4.0 klar erkennen. Generell haben die Verantwortlichen in deutschen Städten und Kommunen erkannt, dass ein hoher Bedarf an Digitalisierung 58 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Lehre Studieren an der Fakultät Architektur und Urbanistik, Bauhaus-Universität Weimar Starke internationale Ausrichtung und enge Verzahnung zwischen Architektur und Urbanistik Ein Blick in die Geschichte der Universität Die heutige Bauhaus-Universität Weimar steht auf dem Boden bedeutender Traditionen; wichtige Kapitel der Kunst- und Baugeschichte in den vergangenen 150 Jahren wurden in Weimar entlang zahlreicher Brüche mitgeschrieben. 1860 als Kunstschule gegründet, führte Walter Gropius 1919 Kunsthochschule und Kunstgewerbeschule im Staatlichen Bauhaus zusammen. Obwohl es im Weimarer Bauhaus noch keine Architektenausbildung gab, inspirierte es doch mit seiner Didaktik zahlreiche Kunst- und Architekturschulen weltweit. In nahezu allen methodischen Konzepten von gestalterischen Studiengängen sind Facetten der Bauhauspädagogik präsent. Nach der Vertreibung des Bauhauses nach Dessau etablierten Otto Bartning und Ernst Neufert 1926 in Weimar erstmals eine Architektenausbildung mit einer moderaten Moderne. Der konservative Architekt Paul Schultze-Naumburg prägte die Schule in der nationalsozialistischen Periode. Hermann Henselmann steht nach dem zweiten Weltkrieg für einen Neuanfang im Sinne des Bauhauses. In der Periode der DDR entwickelte sich daraus die Hochschule für Architektur und Bauwesen. In der politischen Wende nach 1989 wurde hier die Wiedereinführung der Kunst- und Designausbildung initiiert, erst seit 1995 trägt die Schule selbstbewusst den Namen Bauhaus-Universität Weimar. Im Kontext dieser Tradition definiert die heutige Bauhaus- Universität Weimar ihr Profil mit zukunftsorientierten Forschungs- und Lehrformaten. Die vier Fakultäten der Bauhaus-Universität Weimar bieten in ihren Fachdiskursen der Architektur und Urbanistik, des Bauingenieurwesens, der Kunst und Gestaltung sowie der Medien die Ankerpunkte für diese Vernetzung. Profil der Fakultät Architektur und Urbanistik Die Fakultät ermöglicht in den beiden Studienrichtungen Architektur und Urbanistik eine universelle universitäre Ausbildung. Dabei erzeugt die enge Verbindung zwischen Architektur und Stadtplanung das besondere und zeitgemäße Profil, in welchem der architektonische und städtebauliche Entwurf sowie gesellschaftswissenschaftliche Inhalte im Zentrum ganzheitlicher Betrachtungen von gebauter und gestalteter Umwelt stehen. Im Bereich der insgesamt sieben Studiengänge verzahnen sich die 22 Professuren in drei Instituten zugunsten einer interdisziplinären Studienkultur. Die beiden Bachelor-Studiengänge Architektur und Urbanistik liefern das grundständige Bild 1: Das Hauptgebäude der Bauhaus- Universität Weimar, UNESCO- Weltkulturerbe, gebaut von Henry van de Velde, ist zugleich Sitz der Fakultät Architektur und Urbanistik. © Bauhaus-Universität Weimar. Foto: Tobias Adam 59 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Lehre Rüstzeug für den Einstieg in den Beruf. Fünf Masterstudiengänge mit den Schwerpunkten in den aktuellen Arbeitsfeldern von Architektur und Planung runden die Ausbildung mit einem wachsenden Komplexitätsgrad ab. Schwerpunkt der Lehre in der Architekturausbildung ist das forschungsorientierte Entwurfs- und Projektstudium - reale Entwurfsaufgaben wie auch interdisziplinäre Experimente bilden darin die elementare Grundlage. Kern der praxisorientierten, interdisziplinären und wissenschaftlichen Studiengänge im Bereich der Urbanistik sind neben der theoretischen Reflexion Planungsprojekte, in denen Fragen der Stadtplanung bis zu den Planungsebenen von Region, Land, Nationalstaat und der supranationalen Planung behandelt werden. Die Fakultät bedient mit drei Lehr- und Forschungsinstituten - Institut für Europäische Urbanistik (IfEU), Bauhaus-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Planung (Bauhaus-Institut) und bauhausinstitut für experimentelle architektur (bauhaus.ifex) - und derzeit sieben Studiengängen (siehe Übersicht am Ende) zentrale Aspekte aktueller Forschungsschwerpunkte und trägt so zur Profilbildung und internationalen Vernetzung der Universität bei. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Fragen nach der zukunftsfähigen Entwicklung von Architektur, Stadt und Landschaft. Forschend befragt die Fakultät hier nicht nur Bedeutung von und Umgang mit dem Erbe vorangegangener Planungs- und Baukulturen und die Bedingungen der Produktion und Nutzung räumlicher Strukturen, sondern entwickelt vor diesem Hintergrund auch entwerferische, technische oder strukturelle Innovationen, Experimente um Lebensräume zukunftsfähig weiter zu bauen. Dies geschieht nicht nur interdisziplinär, sondern stets auch im Kontext der Internationalität, in der in der Fakultät gelehrt, gelernt und geforscht wird. Ebenso aktiv ist die Fakultät in der Entwicklung neuer Bau- und Planungskonzepte. So begleitet sie beispielsweise aktiv die Bautätigkeit in der Stadt Weimar, von studentischen Beiträgen zur Entscheidungsfindung in konkreten Planungsaufgaben über die Entwicklung einer durch das Bauhaus inspirierten Mustersiedlung bis hin zu zahlreichen Prof. Dipl.-Ing. Dipl.-Des. Bernd Rudolf Professur Bauformenlehre, Dekan der Fakultät Architektur und Urbanistik „Unter dem Dach der Bauhaus-Universität Weimar versteht sich die Fakultät Architektur und Urbanistik als universeller Denk- und Experimentierraum. Mit experimentellen Bauten verwirklicht die Fakultät den Anspruch einer ganzheitlichen Entwurfslehre, die in prototypischen Realisierungen im Maßstab 1: 1 mündet. An unserer Fakultät treten der Geist der historischen Avantgarde und die schöpferische Unruhe einer universellen Bildungsstätte in einen produktiven Dialog. Wir vermitteln Architektur und Urbanistik als komplexes Beziehungsgefüge zwischen historischer Erfahrung und Theoriebildung, zwischen Entwurf und wissenschaftlicher Reflexion, zwischen Experiment und Evaluation sowie zwischen Handwerk und dem Gebrauch digitaler Werkzeuge.“ Bild 2: In den Werkstätten im Kubus gegenüber dem Hauptgebäude finden Studierende optimale Arbeitsbedingungen. © Bauhaus- Universität Weimar. Foto: Thomas Müller Bild 3: Zur summaery, der Jahresausstellung der Universität, verwandeln die Studierenden den Campus und die Stadt Weimar vier Tage lang in eine lebendige Bühne für ihre besten Arbeiten aus dem aktuellen Studienjahr. © Bauhaus-Universität Weimar. Foto: Thomas Müller hervorragenden Bauten von Professorinnen und Professoren sowie Absolventinnen und Absolventen. Daneben wird mit experimentellem Bauen auf dem Campus der Universität der Anspruch einer ganzheitlichen Entwurfs- 60 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Lehre Prof. Dr.-Ing. Dirk Donath Professor für Informatik in der Architektur/ Koordinator des Emerging City Labs, Addis Abeba „Weimar und Addis Abeba kooperieren seit vielen Jahren in den Themen Architektur, Baukonstruktion und städtische Planung. Die Ergebnisse des experimentellen Arbeitens waren in der Vergangenheit vor allem auf die Optimierung von Bautypologien und Baukonstruktionen bezogen. Künftig wird das Forschungslabor urbane, soziale, baukonstruktive, technische und infrastrukturelle Aspekte einbinden. Die Kooperation zwischen Weimar und Addis Abeba steht damit auf einer breiten, interdisziplinären Basis. Kern ist gemeinsame Forschung mit integrierter Ausbildung im Master- und Doktorandenstudium. Hinzu kommen dann Exkursionen und Industriekooperationen sowie der Austausch von Studierenden, Lehrenden und Doktoranden.“ lehre verwirklicht, die in prototypischen Realisierungen im Maßstab 1: 1 mündet. Hierzu zählt das „green: house“, das 2009 auf dem Universitätscampus in Weimar mit dem hybriden Baumaterial Holz-Zement errichtet wurde. Ausgeprägte Internationalität Eine Besonderheit der Fakultät ist der hohe Internationalisierungsgrad. Die Fakultät hat ein Netz mit etwa 80 Partnerhochschulen weltweit aufgebaut. In diesem Zusammenhang wurde die Bauhaus-Universität Weimar vom DAAD als „Internationale Hochschule 2011“ gewürdigt. Zu den internationalen Aktivitäten zählen beispielsweise internationale Studienprogramme, wie Doppelabschlussprogramme mit der Tongji University in Shanghai oder mit der University at Buffalo. Strategische Partnerschaften verbinden Weimar außer mit Shanghai auch mit der Moskauer Staatlichen Bauuniversität und der University of California, San Diego. Mit der Veranstaltung „Bauhaus.Open“ verfügt die Fakultät über ein internationales Format der Entwurfszusammenarbeit. Bauhaus.Open findet in der Regel alle drei Jahre statt mit Partnern des University College Dublin, der Mackintosh School of Architecture in Glasgow, der Universita degli Studi di Napoli Federico II in Neapel, der Universität der Künste in Berlin, der Universität Stuttgart und der TU Wien und renommierten Architekten aus der ganzen Welt. Das Format verbindet in idealer Weise Forschung und Lehre, denn es ermöglicht Studierenden der Fakultät den Einblick in international bedeutende Forschung und Entwurfspraxis. Eine mehrjährige Partnerschaft mit dem Ethiopian Institute of Architecture, Building Construction & City Development (EiABC) an der Universität von Addis Abeba, die auch durch den DAAD im Rahmen des Programms „Welcome to Africa“ unterstützt wurde, entwickelte und erprobte unter anderem innovative und ressourcenschonende Konstruktionsmethoden. Dadurch entstanden exemplarisch drei Bauten für unterschiedliche Nutzungsszenarien und Bauprojekte in der stark wachsenden Metropole Addis Abeba. 2015 hat die Zusammenarbeit zur Gründung eines gemeinsamen „Emerging City Labs“ geführt. Bild 4: Das Eröffnungsfest der summaery auf dem Universitätscampus. © Bauhaus-Universität Weimar. Foto: Thomas Müller 61 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Lehre Prof. Dr.-Ing. Barbara Schönig Direktorin IfEU und Professorin für Stadtplanung „Das Institut für Europäische Urbanistik bildet an der Bauhaus-Universität Weimar in seinen internationalen Studienprogrammen lokal und international agierende Experten für den urbanen Raum aus. Die Raumkompetenz planender und gestaltender Berufe wird hier in umfassenden Fragestellungen zur gegenwärtigen Stadtentwicklung interdisziplinär behandelt. Der Stadt- und Baukultur europäischer Regionen sowie deren lokalen Perspektiven gilt dabei die besondere Aufmerksamkeit im internationalen Kontext. Die acht Professoren der Europäischen Urbanistik beziehen hierzu aus unterschiedlichen und sich ergänzenden Perspektiven Stellung.“ Das Institut für Europäische Urbanistik Das Institut für Europäische Urbanistik (IfEU) versteht sich als ein Zentrum der urbanistischen Lehre und interdisziplinären Stadtforschung an der Bauhaus- Universität Weimar. Der Name ist Programm: Stadtentwicklung und Stadt in Europa bezeichnen den wesentlichen Gegenstand und Ausgangspunkt der international ausgerichteten Arbeit am Institut. Innerhalb der bundesdeutschen Stadtforschung sticht das IfEU durch eine intensive Integration baulich-räumlicher, gesellschafts- und geisteswissenschaftlicher sowie ingenieurwissenschaftlicher Perspektiven hervor. Durch die enge Verzahnung gestalterischer und wissenschaftlicher Disziplinen in Lehre und Forschung, durch die Internationalität der am IfEU angebotenen Studiengänge und Forschungsperspektiven sowie die gelebte Interdisziplinarität repräsentiert das IfEU daher in besonderer Weise das Profil der Bauhaus-Universität Weimar im Bereich der Stadtforschung und Urbanistik. Die fachlichen Schwerpunkte des Studiums bilden die Lehrgebiete der im IfEU vertretenen Professuren „Baumanagement und Bauwirtschaft“, „Denkmalpflege und Baugeschichte“, „Entwerfen und StadtArchitektur“, „Landschaftsarchitektur und -planung“, „Raumplanung und Raumforschung“, „Sozialwissenschaftliche Stadtforschung“, „Stadtplanung“ und „Entwerfen und Städtebau“. Neben einem umfangreichen Lehrangebot werden am Institut zahlreiche Forschungsprojekte aus dem Bereich der Urbanistik initiiert und begleitet. Übersicht Studiengänge an der Fakultät Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar Studiengang | Studienprogramm Regelstudienzeit Bewerbungsverfahren und Bewerbungsfristen Fristen für die Immatrikulation Architektur B.Sc. 6 Semester Eignungsfeststellungsverfahren Bewerbung für WiSe bis 15.7. WiSe bis 30.9. Architektur M.Sc. 4 Semester Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für SoSe bis 28.2. Bewerbung für WiSe bis 15.7. SoSe bis 31.3. WiSe bis 30.9. Urbanistik B.Sc. 8 Semester Eignungsfeststellungsverfahren Bewerbung für WiSe bis 15.7. WiSe bis 30.9. Urbanistik M.Sc. 2 Semester Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für WiSe bis 15.7. WiSe bis 30.9. MediaArchitecture M.Sc. (deutsch- und englischsprachig) 4 Semester Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für WiSe bis 31.8. WiSe bis 30.9. Interactions and Interfaces for Digital Environments Master of Science M.Sc. (englischsprachig) 4 Semester Double Degree (Kooperation mit der Tonji Universtiy Shanghai) Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für WiSe bis 15.7. WiSe bis 30.9. International MediaArchitecture Master Studies M.S. (englischsprachig) 4 Semester Double Degree (Kooperation mit der University at Buffalo) Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für WiSe bis 15.7. WiSe bis 30.9. European Urban Studies M.Sc. (englischsprachig) 4 Semester Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für WiSe bis 25.6. WiSe bis 30.9. Advanced Urbanism M.Sc. (englischsprachig) 4 Semester Double Degree (Kooperation mit der Tonji Universtiy Shanghai) Prüfung der Bewerbungsunterlagen Bewerbung für WiSe bis 25.6. WiSe bis 30.9. Internationales Promotionsprogramm Europäische Urbanistik Dr. Ing. , Dr. phil. (deutsch- und englischsprachig) 6 Semester Auswahlverfahren WiSe bis 31.3. WiSe bis 30.9. Dekanat der Fakultät Architektur und Urbanistik · Geschwister-Scholl-Straße 8, 99423 Weimar · Tel: +49 (0) 03643 / 58 31 12 · E-Mail: dekanat@archit.uni-weimar.de Weitere Informationen und Kontakte: www.uni-weimar.de/ architektur 62 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Mobilität Der Umbau städtischer Mobilität bedeutet einen tiefgreifenden Umbau der gesamten Stadt. Nicht nur die Verkehrswege sind betroffen, sondern auch die Struktur der Stadt, die Standort- und Wohnungspolitik, die Beziehung von Stadt und Vororten, der Umbau und Neubau von Brücken, Plätzen, Bahnhöfen, Parkhäusern und U-Bahnstationen. Es handelt sich um einen Stadtumbau, der den Namen verdient hat, und um Investitionen in die Infrastruktur, die nicht alle Tage beschlossen werden. Die autogerechte Stadt war lange Zeit ein perfekt funktionierendes System, leistungsfähig, verbunden mit einer kaum zu überbietenden Bequemlichkeit - und dabei sehr, sehr einfach. Zu den Subsystemen, die sich nach und nach ausgebildet haben, gehört der Bereich von Konsum und Einzelhandel. Das Auto kommt hier in seiner charak- Die Verkehrswende kommt in Schwung, vielleicht auch in Deutschland Mobilität und Stadtumbau im europäischen Vergleich Steffen de Rudder Als in Kopenhagen der Umbau zur Fahrradstadt begann, fiel das zunächst gar nicht auf. Die dänische Hauptstadt war wie alle Städte vom Autoverkehr bestimmt. Einen landestypisch erhöhten Fahrradanteil hatte es immer gegeben, darum fielen eine paar neue Radwege nicht besonders ins Gewicht. Die dänische Fahrradrevolution der frühen Neunziger verlief ziemlich lautlos; fünfundzwanzig Jahre später ist der Ruf Kopenhagens als cycle capital of the world unüberhörbar geworden. Das liegt auch am professionellen Marketing, ist vor allem aber Ergebnis eines radikalen Richtungswechsels, ohne den solche Erfolge in der Stadtentwicklung nicht zu haben sind. Das Fahrrad wird dabei fast zur Nebensache, geht es doch um einen Wechsel städtebaulicher Leitbilder, wie er nur alle paar Jahrzehnte zu erleben ist. teristischen Multifunktionalität als großer Einkaufswagen zum Einsatz, mit geräumigem Kofferraum und niedriger Ladekante. Die zugehörige Infrastruktur besteht aus den ausgedehnten Parkplätzen der Einkaufszentren, der privaten Stellfläche vor der Haustür und einem leistungsfähigen Straßennetz, das beide Orte miteinander verbindet. Zum System gehören außerdem passende Packungsgrößen, Kühltru- 63 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Mobilität hen, die soziale Praxis des großen Wochenendeinkaufs und ein komplementäres Baurecht und Verordnungswesen. Diese Subsysteme sind bewährt und kaum noch zu verbessern, sie gehören zum Alltag, aus dem sie eigentlich nicht wegzudenken sind. Den Städten, die den Umbau wagen wollen, steht eine Herkulesaufgabe bevor. Geht es doch um die Abkehr von der autogerechten Stadt - einem Leitbild, dessen Wurzeln bis in die Zehnerjahre des letzten Jahrhunderts reichen und das ab den Sechzigerjahren zur vollen Blüte gelangte. Dabei geht es, besonders in Deutschland, der Heimat von Mercedes, Volkswagen und Porsche, um mehr als nur Stadtplanung, nämlich um eine reiche und lebendige Kultur des Autos, des Autofahrens und der Autoproduktion. Damit verbinden sich Lebensstile, Gewohnheiten und Mobilitätsmuster, die sich nur langsam ändern. Tatsächlich aber wünschen sich laut einer aktuellen Studie des Bundesumweltministeriums über 80 Prozent der Befragten, dass die Städte „sich vom Autoverkehr abwenden und kurzen Fußwegen, Fahrrad- und öffentlichem Nahverkehr zuwenden“ sollten. In der Planungsrealität der deutschen Städte ist dies, von einigen Ausnahmen abgesehen, bisher kaum angekommen. So ergibt sich eine riesige Kluft zwischen der Situation in Deutschland und dem inzwischen weit fortgeschrittenen Stadtumbau in Ländern wie Holland oder Dänemark. Schon wegen ihrer Größe sind diese Länder nicht mit der Bundesrepublik zu vergleichen, und es ist klar, dass auf ein hochindustrialisiertes Land mit hohem Güter- und Personenverkehr die bestehenden Modelle nicht einfach zu übertragen sind. Um sich des eigenen Stands zu vergewissern und um zu sehen, was woanders möglich ist, lohnt der Vergleich aber doch, auch wenn er schlecht ausfällt: Deutschland liegt zwanzig Jahre oder mehr zurück. Eine Bestandsaufnahme im Jahr 2016 zeigt, dass immer mehr Städte mit neuen Mobilitätskonzepten experimentieren. Dabei sind besonders die hoffnungslosen Fälle interessant, wie zum Beispiel Sevilla, eine Stadt, in der Fahrradfahren praktisch unbekannt war und deren Fahrradanteil mit 0,5 Prozent eigentlich unter der Nachweisgrenze lag. Es brauchte eine neue Koalition im Rathaus, einen neuen Stadtplaner und ein vergleichsweise bescheidenes, aber in einem Zug realisiertes Radnetz von siebzig Kilometern Länge um diese Zahl in wenigen Jahren um das Elffache zu steigern. Damit liegt Sevilla zwar immer noch bei nur sechs Prozent, zeigt aber, dass auch ohne bereits bestehende Radfahrkultur der Umbau gelingen oder zumindest begonnen werden kann. Der britische „Guardian“ nannte Sevilla „an unlikely poster city for sustainable transport”. Paris ist ein ähnlicher Fall: eine Stadt, die für alles steht, was urbane Kultur ausmacht, aber bestimmt nicht fürs Radfahren. Bertrand Delanoë, der sozialistische Bürgermeister, brachte dieses Bild mit einem Schlag ins Wanken, als er am 15. Juli 2007 mit dem öffentlichen Radverleihsystem Vélib‘ sein persönliches grand projet startete. Von heute auf morgen stand den Parisern eine Flotte von 7500 Fahrrädern zu Verfügung, verbunden mit einem Netz von 750 voll ausgebauten Verleihstationen und einem zu dieser Zeit völlig neuen elektronischen Buchungssystem. Die Leihräder waren ein unmittelbarer Erfolg und sie haben das Straßenbild nachhaltig verändert. Plötzlich gibt es Fahrräder auf der Straße, plötzlich ist Radfahren in Paris denkbar. Bis Januar 2013 in China Hangzhou Public Bicycle mit 66 000 Fahrrädern startete, war Paris die Stadt mit dem größten Radverleihsystem der Welt. © pixabay 64 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Mobilität Es ist heute auf über 20 000 Räder angewachsen und wird um den sehr ehrgeizigen Plan Vélo ergänzt, in dessen Rahmen in fünf Jahren ein Radnetz von 1400 Kilometer Länge entstehen soll. Vélib‘ ist ein Radverleih und ein Zeichen, es hat eine zweite Phase ausgelöst - Plan Vélo - und es zieht Kreise, bis nach China und bis nach London. London hat Paris kopiert und ebenfalls Kopenhagen. Aus Paris kommt das Radverleihsystem, das hier nach dem Werbepartner Santander-Cycles heißt, in London aber unter der Bezeichnung Boris Bikes besser bekannt ist, weil es vom konservativen Bürgermeister Boris Johnson ausgebaut und beworben wurde. Es besteht seit 2010 und hat nach fünf Jahren fast das Niveau erreicht, mit dem Vélib‘ begonnen hatte. Aus Kopenhagen kommt die Idee der cycle super highways, die in der britischen Ausführung zunächst weder super noch highway waren, weil sie aus nichts weiter als farbigen Streifen auf der Fahrbahn bestanden, die an beliebigen Stellen in der Stadt einfach abbrachen. Das dänische Original ist gut ausgebaut, verläuft auf einer separaten Trasse, die über eigens gebaute Brücken führt und schnelle Verbindungen von der Innenstadt in die Vorstädte ermöglichen soll. Die ersten cycle super highways in London waren nicht ernst zu nehmen, die im letzten Jahr begonnene Nord-Süd-Route und die in diesem Jahr begonnene, achtzehn Meilen lange Ost-West-Route jedoch versprechen dem Fahrradverkehr wirklich Raum zugeben. Es handelt sich um aufwendig geplante Projekte, die mit seriösen Tiefbauarbeiten verbunden sind und die sich im Bild der Londoner City deutlich bemerkbar machen werden. Leicht in Vergessenheit gerät, dass London nicht nur kopiert, sondern durchaus zu den Pionieren des Verkehrsumbaus gehört. Mit der Einführung der Congestion Charge im Jahr 2003 durch den Bürgermeister Ken Livingstone war London die bis dahin erste Großstadt, die für die Innenstadt eine Straßengebühr erhob. Der Betreiber, Transport for London, ansonsten zuständig für Busse, Bahnen und Boote, verwendet nach eigenen Angaben die Einnahmen zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Über eine solche Konstruktion verfügen nicht einmal die Musterschüler Amsterdam und Kopenhagen. In den Niederlanden allerdings wird deutlich, wie weit der Musterschüler sich schon vom europäischen Durchschnitt entfernt hat. In Städten wie Groningen beträgt der Fahrradanteil mittlerweile über 60 Prozent, es gibt in dem kleinen Land etwa 35 000 Kilometer Radwege - zum Vergleich: die Gesamtlänge des deutschen Autobahnnetzes beträgt rund 11 000 Kilometer. Das erste große Fahrradparkhaus, ein damals gefeierter Bau am Amsterdamer Hauptbahnhof aus dem Jahr 2001 für 2500 Fahrräder, ist nach holländischen Maßstäben längst überholt. Zur Zeit wird das „größte Fahrradparkhaus der Welt“ am neuen Hauptbahnhof von Utrecht gebaut, das in diesem Jahr eröffnet werden soll und Platz für 12 500 Fahrräder umfassen wird. Die Niederlande sind - wie auch Dänemark - in eine zweite Phase der Entwicklung getreten: In der Pionierzeit des Verkehrsumbaus ging es darum, dass etwas geschieht; nach zwanzig Jahren geht es darum, wie etwas geschieht. Die gebrauchsgerechte wie die formale Gestaltung spielen eine immer größere Rolle. Aus dem rohen Funktionalismus der ersten Tage hat sich so eine eigene Kultur der Planung und Realisierung entwickelt, auf die Phase der Erfindungen folgt die Phase ihrer Ästhetisierung. Neue Aufgaben für Planer, Ingenieure und Architekten führen zu neuen Qualifikationen und Spezialisierungen, neue Funktionen bringen neue Ausdrucksformen in Architektur und Städtebau hervor. Hier bildet sich ein neues kulturelles System, das sich der Komplexität und Ausgereiftheit des alten Systems, dem der autogerechten Stadt, langsam annähert. Wie sich in Deutschland die Verkehrswende vollziehen könnte, ist noch völlig unklar. In Berlin versucht gerade eine Initative, den Senat per Bürgerbegehren zum Ausbau von Radwegen zu zwingen. Und schon jetzt wird als künftiges Vorzeigeprojekt des Verkehrsumbaus der sogenannte Radschnellweg Ruhr gepriesen, der einmal von Duisburg bis Hamm das gesamte Ruhrgebiet durchqueren soll; die ersten fünf Kilometer sind bereits fertig. Dr. Steffen de Rudder Vertr.-Prof. Entwerfen und Städtebau Kontakt: steffen.de-rudder@uni-weimar.de AUTOR © pixabay 65 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Fachliteratur „Innerstädtische Quartiere sind aufgrund ihrer hohen Bebauungsdichte sowie ihres hohen Versiegelungsgrades von Starkregenereignissen und daraus resultierenden Überflutungen besonders betroffen. Sie sollten deshalb zukünftig wassersensibel umgebaut werden. Dies bedarf einer engen Zusammenarbeit zwischen der Wasserwirtschaft und der Stadt-, Freiraum- und Verkehrsplanung“, so die Quintessenz von Dr.-Ing. Elke Kruse. Ihre Kurzfassung auf zwei Seiten stellt für die Leser gleich zu Beginn der Lektüre den Zusammenhang her zwischen Klimawandel, Starkregen und Überflutungen einerseits sowie Folgekosten andererseits. Leider nutzen nur wenige Kommunalverwaltungen die anstehende Transformation ihres Entwässerungssystems gleichzeitig als Chance zur Aufwertung bestehender Quartiere. Im Gegensatz dazu, so meint die Autorin, erstellen New York, Rotterdam und Singapur auf gesamtstädtischer Ebene integrierte Konzepte für ihr Regenwassermanagement unter Berücksichtigung des öffentlichen Raumes. Schlüsselbegriffe (Keywords) und ein englisches Abstract zeigen den hohen wissenschaftlichen Anspruch des Buches. Im Vorwort erfährt man einiges zu den Beweggründen und dem Werdegang der Autorin. Elke Kruse ist selbstständige Landschaftsarchitektin und seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Umweltgerechte Stadt- und Infrastrukturplanung von Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut, Hafen City Universität Hamburg (HCU). Sie erhielt als erste das von Hamburg Wasser verliehene Wilhelm-Lindley-Stipendium und nutzte dies als Vorbereitung für ihre Promotion. Zwischenergebnis war 2011 die Publikation „Integriertes Regenwassermanagement großräumig planen, Potentiale und Entwicklungsmöglichkeiten für Hamburg“. Das nun vorliegende Fachbuch gilt weit über Hamburg hinaus. Es gibt den Inhalt der im Oktober 2014 an der HCU vorgelegten Promotion wieder. Die Methodik dieser Analyse und Empfehlung wird im 1. Kapitel auf 25 Seiten der Einführung vermittelt. Ausgangssituation, Thesen sowie Fragen Elke Kruse: Integriertes Regenwassermanagement für den wassersensiblen Umbau von Städten Rezension von Klaus W. König und Ziele der Untersuchung sind dort formuliert, zentrale Begriffe wie „Integriertes Regenwassermanagement“ und „Großräumige Gestaltungsstrategie“ definiert - bevor in Kapitel 2 die Referenzbeispiele New York City, Rotterdam und Singapur vorgestellt werden. Die Autorin fragte jeweils Beteiligte vor Ort: Wer war die treibende Kraft? Wieviel Wagemut steckte in den Pilotprojekten? Wurden Öffentlichkeit und Sicherheitsaspekte einbezogen? Welche ökonomischen Aspekte standen im Vordergrund? Fazit: Die Akteure waren nicht allein auf rein technisch orientierte Lösungen fokussiert, sondern sahen gleichzeitig die gestalterischen Möglichkeiten, die der Umbau bot und haben diese strategisch für ihre Stadt- und Freiraumentwicklung genutzt. Schließlich wird in Kapitel 3 von Elke Kruse geprüft, ob und wie derartige Lösungen auf Hamburg übertragbar sind. In Kapitel 4 folgt eine pragmatische Anleitung für die Wasserwirtschaft sowie die Stadt- und Freiraumplanung anderer Städte. Die erforderlichen Planungsinstrumente werden aufgelistet, das notwendige Vorgehen in einem Katalog mit 13 Arbeitsschritten praxistauglich strukturiert. Bemerkenswert hier sind die 12 Illustrationen - markante Varianten eines isometrisch dargestellten Innenstadtquartiers. Man bekommt beim Betrachten Lust, die Straßenzüge weiterzuziehen und die angedeuteten Ideen fortzuführen. Diese Illustrationen wirken wie Puzzleteile, wie Elemente eines Stadtmodells, mit denen man Zug um Zug den Charakter bestehender Quartiere auswechselt. Sie tragen blaue und grüne Signaturen, passend zu den drei großräumigen Gestaltungsstrategien, die Elke Kruse je nach Standort empfiehlt: Das grüne Netzwerk für Städte, deren Bodenbedingungen eine Versickerung ermöglichen. Das temporäre blaue Netzwerk als Alternative dazu für Städte, deren innere Quartiere keinen Platz für Versickerungsflächen aufweisen oder die über größere, ehemals industriell genutzte Bereiche verfügen. Und das blau-grüne Netzwerk für die Öffnung bisher verrohrter Gewässerabschnitte. www.klauswkoenig.com 66 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Veranstaltungen Mehr als 20 Konferenzen zu Smart Cities an einem Ort - dies lässt die Metropolitan Solutions in Berlin zu einem der weltweit größten Treffpunkte für urbane Themen werden. Vom 31. Mai bis zum 2. Juni bringt die Konferenzmesse bereits zum zweiten Mal Entscheider aus aller Welt zu den aktuellen und kommenden Aufgaben innovativer Stadtentwicklung im Berlin City Cube zusammen. Ergänzt wird das umfangreiche Konferenz- und Workshop-Programm durch eine begleitende Ausstellung von Unternehmen, die Technologien und Lösungen für die urbanen Herausforderungen zeigen. Ein Highlight im Programm ist das Deutsche Habitat Forum, mit dem unter dem Dach der Metropolitan Solutions ein Kernstück des deutschen Beitrags zum internationalen HABITAT-III-Prozess stattfinden wird. „Metropolen sind die Orte, an denen technologische Lösungen für die Städte von morgen entwickelt werden, um die Wertschöpfung zu erhöhen, Ressourcen effektiver zu nutzen, das Leben für die Menschen in unserer Gesellschaft lebenswerter zu gestalten und die demokratische Beteiligung auszubauen“, sagt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. „Unser Ziel ist es, Berlin zu einer führenden Smart City in Europa werden zu lassen. Das Umfeld einer Stadt, in der zahlreiche Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik an Ideen und Produkten für die Stadt von morgen arbeiten, ist ideal für eine Messe wie die Metropolitan Solutions 2016. Ich freue mich, dass sie auch mit zahlreichen anderen internationalen Konferenzen wie dem Deutschen Habitat Forum, das sich mit der Zukunft der Städte weltweit beschäftigt, zusammenarbeitet.“ Organisiert werden die einzelnen Konferenzen während der Metropolitan Solutions von unabhängigen Veranstaltern. So auch das Deutsche Habitat Forum, das am 1. und 2. Juni vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Land Berlin in Kooperation mit weiteren Bundesressorts als Diskussionsplattform für nachhaltige urbane Lösungen für die Städte der Zukunft angeboten wird. Das internationale Dialogforum bietet Möglichkeiten zum Austausch und setzt Impulse auf dem Weg zur Weltkonferenz Habitat III - der dritten Vereinte-Nationen- Konferenz zu Wohnraum und nachhaltiger Stadtentwicklung, die vom 17. bis 20. Oktober 2016 in Quito in Ecuador stattfinden wird. Auch wenn das Deutsche Habitat Forum zu jenen Konferenzen gehört, an denen man nur auf Einladung teilnehmen kann, so ergibt sich auch für diese Gäste die Möglichkeit, sich mit den Teilnehmern anderer Konferenzen oder mit den Fachbesuchern der Ausstellung zu vernetzen. Bei den Besuchern handelt es sich um Entscheider aus Städten, um Investoren, Zulieferer, Nichtregierungsorganisationen, Energieversorger, Planer, Entwickler, Experten aus dem Forschungssektor, Politiker und Vertreter der gesamten Technologieindustrie. Weitere Konferenzen während der Metropolitan Solutions befassen sich etwa mit „Smart CITIES 2.0“ (organisiert von ICLEI - Local Government for Sustain- Mehr als 20 Konferenzen zur urbanen Zukunft Metropolitan Solutions 2016 vom 31. Mai bis zum 2. Juni Wie werden Städte lebenswerter? Was können Städte zum Erreichen der globalen Klimaziele beitragen? Und wie lassen sich Städte in Sachen Mobilität oder Energieversorgung sinnvoll weiterentwickeln? Fragen wie diese stehen im Mittelpunkt der Metropolitan Solutions 2016. © Deutsche Messe 67 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES FOKUS Veranstaltungen ability), „BLUE CITY“ (Drees & Sommer), „Smart Country“ (Bertelsmann Stiftung), „European Second Cities“ (EPSON Netzwerk der Europäischen Union), „Municipal Financing“ (ICLEI), „Smart Options 2016: Energy Efficiency Yield“ (green with IT) oder „sauber, leise, E-Bus“ (trolley: motion). Städte aus Europa, Amerika, Asien oder dem arabischen Raum stehen im Fokus. Themen sind urbane Energiesysteme, Mobilität in Städten, Architektur, Stadtplanung im öffentlichen Raum oder Stadtmanagement. Weitere Informationen zu den einzelnen Konferenzen und zu den Teilnahme-Bedingungen zur Metropolitan Solutions stehen im Internet unter: www.metropolitansolutions.de Das ganztägige Seminar, das sich an Planer, Städte, Bauherren und Stadtplaner richtet, vermittelt sowohl bauals auch vegetationstechnische Grundlagen, Aktuelles und Innovatives zur Fassadenbegrünung. Das FBB- Fassadensymposium versteht 9. FBB- Fassadenbegrünungssymposium Veranstaltung der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB) am 9. Juni 2016 in München Am 9. Juni findet in München das mittlerweile 9. FBB-Fassadenbegrünungssymposium statt. Die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB), die das Symposium organisiert, und die als Mitveranstalter geführten Verbände Green City e.V., Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL), Fachverband Baustoffe und Bauteile für vorgehängte hinterlüftete Fassaden e.V. (FVHF) und Bund Deutscher Landschaftsarchitekten e.V. (BDLA) freuen sich auf zahlreiche Teilnehmer. sich als Informations-Plattform für aktuelle Forschungsergebnisse, neue Richtlinien und Normen sowie besondere Entwicklungen. Es ist wieder in bewährter Manier in verschiedene Themenblöcke unterteilt, unter anderem mit:  Aktueller Forschung am Praxisobjekt zu den Wirkungen von vertikalem Grün: Verdunstung sleitung , CO 2 - B indung , Lärmschutz  Förderung von Fassadenbegrünungen. Erste Ergebnisse der Städte-Umfrage 2016  Urban Heat Islands-Strategieplan der Stadt Wien  Ganzheitliches Wasserkonzept. Grauwasser zur Bewässerung von Dach- und Fassadenbegrünungen  Begrünte Wände als Lebensraum für Tiere  Green City München e.V. - Was ein Bürger-Büro in Sachen Stadtgrün bewirken kann Mit Spannung werden zudem die praxisnahen Kurzvorträge von FBB-Mitgliedern zu besonderen Projekten erwartet, die schon bei den letzten Fassadenbegrünungssymposien großen Anklang gefunden haben. Die Teilnahmegebühr für das ganztägige Symposium beträgt 99 Euro. Im Preis inbegriffen ist das „Jahrbuch Bauwerksbegrünung 2016“, das es im September zur Messe GaLaBau Nürnberg geben wird, mit den Kurzfassungen der Vorträge des FBB-Gründach- und Fassadenbegrünungssymposiums 2016. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung: www.gebaeudegruen.info © FBB 68 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Die Westküste der USA ist seit mehr als 20 Jahren - und insbesondere seit 2011 - mit anhaltenden Dürreperioden konfrontiert, die zu einer signifikanten Verknappung der natürlichen Wasserressourcen geführt haben. Aus diesem Grund hatte sich der Wasserversorger Poseidon Water bereits im Jahr 2013 zum Bau der modernsten und größten US-amerikanischen Wasserentsalzungsanlage, der Carlsbad Desalination Plant, entschlossen. SIMONA war mit ihrem langjährigen Partner Alexandrovitz über den Auftragnehmer IDE maßgeblich an der Realisierung dieser Anlage beteiligt. Eingesetzt wurden SIMONA ® Rohre und Formteile in d 32 mm bis 450 mm in SDR 11. Neben den Standardprodukten konnte die SIMONA AG dem Kunden auch individuelle Lösungen aus der eigenen Kunststoffwerkstatt bieten. Beim Neubau der Meerwasserentsalzungsanlage zur Trinkwassergewinnung wurden besonders hohe Ansprüche an die eingesetzten Produkte und an das Material gestellt. Neben der ausgezeichneten Korrosionsbeständigkeit, die bei Anwendungen mit Trinkwasser unabdingbar ist, sollte das Rohrsystem auch eine hervorragende Widerstandsfähigkeit gegenüber salzhaltigem Wasser aufweisen. Da zur Gewinnung von Trinkwasser das Verfahren der Umkehrosmose genutzt wird, muss- Trinkwasser aus dem Meer SIMONA ® PP-H AlphaPlus ® Rohrsysteme bei Wasserversorger Poseidon Water in der größten Wasserentsalzungsanlage in den USA Der Klimawandel und die damit einhergehende Wasserknappheit sind gemäß einer aktuellen OECD- Studie in vielen Regionen dieser Welt eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen. SIMONA leistet mit korrosionsbeständigen Rohrleitungssystemen einen aktiven Betrag, um diesen Mangel zu bekämpfen. te das eingesetzte Rohrsystem auch druckbelastbar sein. Beim Umkehrosmoseprinzip wird das Rohwasser mit Hilfe eines festgelegten Drucks und speziell dafür entwickelten Osmosemembranen zu Trinkwasser gefiltert. Besonders wichtig war außerdem, dass die Produkte gegenüber Inkrustationen resistent sind. Diesem Anspruch wurde das eingesetzte SIMONA ® PP-H AlphaPlus ® Material ebenfalls gerecht. Mit dem eigens nukleierten Werkstoff konnte ein Material zur Verfügung gestellt werden, das als homopolymeres Polypropylen (PP-H) zahlreiche Produkt- und Verarbeitungsvorteile bündelt. © pixabay 69 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur PP-H AlphaPlus ® - der SIMONA Werkstoff Als Produzent von thermoplastischen Kunststoffprodukten verfügt die SIMONA AG über eine allgemeine, bauaufsichtliche Zulassung beim DIBt für die Formmasse PP-H AlphaPlus ® (Zulassungsbescheid Z.40.25-424). Durch die begleitende Fremdüberwachung kann ein durchgehend hohes Qualitätsniveau in der Fertigung garantiert werden. Für den Bau der Meerwasserentsalzungsanlage konnten die Produkte auch die wichtige nationale NSF-Trinkwasserzulassung nachweisen. Die eingesetzte Alpha-Nukleierung, von der das von SIMO- NA entwickelte Material seinen Namen hat, bewirkt eine stabile Kristallitstruktur mit extrem feiner Struktur im PP-Materialgefüge. Seine ausgezeichnete Widerstandsfähigkeit gegenüber wässrigen Lösungen von Salzen, Säuren, Alkalien, Alkoholika und Lösungsmitteln behält der Werkstoff auch bei hohen Temperaturen. Das Homopolymer zeigt erhöhte Kerbschlagzähigkeit bei verbesserter Steifigkeit und dabei eine gute Spannungsrissbeständigkeit aufgrund der thermischen Nachbehandlung im Fertigungsprozess. Durch die äußerst geringe Wandrauigkeit ergeben sich außerdem hervorragende hydraulische Eigenschaften, die eine hohe Energieeffizienz garantieren (z.B. Beschleunigung der Durchflussgeschwindigkeit). Nicht zuletzt sind die SIMONA ® PP-H AlphaPlus ® Rohrsysteme einfach zu verarbeiten. Im Vergleich zu anderen Werkstoffen wie Edelstahl, ist ein nachträgliches Bearbeiten der Schweißstellen nicht mehr nötig, um einen optimalen Korrosionsschutz zu bieten. Seit 2015 produziert die gigantische Meerwasserentsalzungsanlage in Kalifornien fast 200 Millionen Liter Trinkwasser pro Tag und versorgt damit rund eine halbe Million Einwohner. Die SIMONA AG kann hier mit einem zuverlässigen Rohrsystem, das exakt auf die anspruchsvollen Projektanforderungen zugeschnitten wurde, Teil dieses wichtigen Projektes sein. Bild 1: SIMONA ® gespritzte Bögen (bis d 500 mm) haben sehr gute hydraulische Eigenschaften und sind wenig anfällig für Inkrustationen. © SIMONA Bild 2: Blick auf das Verteilersystem - individuelle Konstruktion aus Rohren, Formteilen und Flanschen in druckklassengerechter Ausführung. © SIMONA SIMONA ® PP-H AlphaPlus ® Eigenschaften:  hohe chemische Widerstandsfähigkeit  höchste Spannungsrissbeständigkeit  hohe Zähigkeit  zuverlässige Korrosionsbeständigkeit  feines Gefüge und stabile Kristallitstruktur  gutes hydraulisches Verhalten durch  glatte Rohrinnenflächen SIMONA AG Teichweg 16 55606 Kirn mail@simona.de www.simona.de IFAT: Halle B6, Stand 319/ 420 Einfach In Kontakt bleiben ...  Redaktion  christine.ziegler@transforming-cities.de  089 889518.72  Anzeigen  hellfried.zippan@trialog.de  089 889518.74 70 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Das beflügelt auch die Hersteller von Pumpen, Rührwerken und zugeordneten Systemen: Stand bislang das robuste Design mit der primären Zielsetzung einer hohen Verfügbarkeit im Mittelpunkt, sind heute verstärkt intelligent vernetzte Systeme gefragt. Und wie in allen Branchen wächst das Interesse an energieeffizienten Lösungen. Denn abwassertechnische Anlagen zählen zu den elektrischen Großverbrauchern. Die knapp 10 000 kommunalen Kläranlagen in Deutschland verbrauchen jährlich etwa 4400 GWh Wasser und Abwasser effizient transportieren und smart aufbereiten Water Utilities von Grundfos für effizientes Wassermanagement Strom. Energieeffizienz hat deshalb einen hohen Stellenwert. Entsprechende Sparpotenziale sind beispielsweise durch eine effizientere Belüftung, den Einsatz von Motoren, Pumpen und Rührwerken der höchsten Energieeffizienzklasse und den intelligenten Betrieb der Aggregate zu realisieren. Water Utilities: Wassermanagement 4.0 Mit diesen Fragen und deren Beantwortung beschäftigt sich Grundfos im Geschäftsfeld „Water Utilities“. Neben der energieeffizienten Wassergewinnung (mit Unterwasserpumpen), der Wasseraufbereitung (unter anderem mit Dosierpumpen und Desinfektionslösungen) und der Wasserverteilung (unter anderem mit Druckerhöhungsanlagen und Netzpumpen, inklusive der sicheren Steuerung und Überwachung der Infrastruktur) beschäftigen sich die Mitarbeiter hier mit dem Abwassertransport und der Abwasseraufbereitung in Klärwerken mit Hilfe robuster Pumpen, Rührwerken und Strömungsbeschleunigern. Kurz: „Water Utilities“ befasst sich mit allen Facetten rund um Wasser und Abwasser - Wassermanagement 4.0! So unterschiedlich die Lösungen im Detail auch sind, als roter Faden verbindet das von Grundfos entwickelte iSolutions-Konzept die Produkte zu Systemen. iSolutions sind integrierte Lösungen und flexible modulare Systeme, bestehend aus Pumpen und deren Antriebstechnik, Steuerungs- und Sicherungsmodulen sowie Mess- und Datenüber tragung seinheiten. Zusammen mit in Mikroprozessoren des Antriebs hinterlegten spezifischen Algorithmen bieten iSolutions dem Anwender die gewünschte Funktionalität. Wichtig ist, dass der Fokus nicht allein auf der einzelnen Pumpe und deren Antrieb liegt, sondern auf dem kompletten System unter Einbeziehung der gesamten Peripherie. Nur so ist eine hohe Verfügbarkeit zu optimierten Kosten erreichbar. Teil der iSolutions sind auch Dienstleistungen wie ein Pump Audit. Die Beschäftigung mit Abwässern und Kläranlagen war bis vor wenigen Jahren noch ein Geschäft mit einem gewissen „Igitt“-Charakter. Welch ein Wandel: Heute arbeiten Hochschulen und die Industrie daran, das Abwasser als wertvolle Ressource zu nutzen - als Stichworte mögen Wärmegewinnung aus Abwasser, Biogas-Verwertung und Phosphor-Recycling genügen. Seit sich hier ein attraktiver Markt entwickelt, ist aus dem abwertenden „Igitt“ ein respektvolles „Oha“ geworden. Bild 1: Water Ultilities - alles, was für effizientes Wassermanagement gebraucht wird. © Grundfos 71 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Wassermanagement 4.0: Das ist die Kombination aus Wasser- und Energieeffizienz auf Basis einer intelligenten Verknüpfung von Betriebsdaten mit vorhandenem Praxis-Know-how. Unterwasserpumpen: Effiziente 4“-SP-Unterwasserpumpen: Der hydraulische Wirkungsgrad der Medium SP-Baugrößen (vier 4“-Unterwasserpumpen in vier Materialvarianten, Fördervolumen max. 17 m 3 / h, Förderhöhe max. 500 m) konnte auf über 70 % angehoben werden - das ist in dieser Leistungsklasse einer der höchsten Wirkungsgrade am Markt. Somit übertreffen die Medium SP klar den EU-weit aktuell gültigen Grenzwert MEI ≥ 0,4. Die Pumpen besitzen standardmäßig LSR-Lager für Sandgehalte bis 150 g/ m 3 . Abwasserpumpen: Hocheffiziente Abwasserpumpen: Zur Reduzierung der Betriebskosten eines Abwassernetzes empfiehlt Grundfos den Einsatz von SE/ SL-Abwasserpumpen (verfügbar mit Leistungen zwischen 9 und 30 kW). Beide Pumpen bieten dank der IE3-Motorenkomponenten und der speziellen Hydraulikausführung einen bemerkenswert guten Gesamtwirkungsgrad. Dank des S-tube-Einkanal-Laufrads muss kein Kompromiss zwischen großem freien Kugeldurchgang und hohem Wirkungsgrad mehr eingegangen werden. Das Ergebnis: geringe Verzopfungsneigung und geringe Wartungskosten bei gleichzeitig niedrigen Stromkosten. Ist das Eindringen von explosionsgefährlichen Medien oder das Entstehen von Faulgasen nicht auszuschließen, muss eine Ex-geschützte Pumpe eingesetzt werden. Abwasserpumpen der Baureihen SE und SL stehen deshalb in einer ATEX-Ausführung bereit. Bleibt die Frage: Wann die SL-Baureihe wählen, wann die SE- Baureihe? Bei einem eingetauchten Dauerbetrieb oder Aussetzbetrieb ist die SL-Baureihe die richtige Wahl. Muss eine Dauerlauffähigkeit auch bei Trockenaufstellung gegeben sein, ist die SE-Baureihe zu empfehlen. Hintergrund: Bei SE-Abwasserpumpen wird die Motorwärme über ein geschlossenes Kühlsystem abgeführt (Glykol-Füllung); somit ist ein ausgetauchter Dauerbetrieb möglich. Steuerungen: Dedicated Controls & Remote Management: Dedicated Controls ist eine intelligente Steuerung für die Regelung und Überwachung von bis zu sechs Abwasserpumpen in einer Pumpstation. Die Steuerung kann in das Grundfos R em ote M a n a ge m e nt- Sy s te m (GRM) oder in jedes andere SCA- DA-System eingebunden werden, mit dem Pumpeninstallationen fernüberwacht und verwaltet werden können. Dank des Remote Management-Systems können die Kosten für Vor-Ort-Einsätze erheblich reduziert werden. Bei einer Störung werden die entsprechenden Personen direkt informiert. Mischen, Rühren, Umwälzen In der biologischen Reinigungsstufe von Klärwerken spielen Misch-, Rühr- und Umwälzprozesse eine wichtige Rolle. Grundfos hat dazu SMG-Rührwerke (0,9 bis 18,0 kW), SFG-Strömungsbeschleuniger (0,7 bis 8,0 kW) und SRG-Rezirkulationspumpen im Programm, die sich durch einen niedrigen Energieverbrauch und Flexibilität auch unter beengten Raumverhältnissen auszeichnen. Die langsam drehenden Rührwerke sorgen für eine Homogenisierung der Schlämme, bevor diese abgepumpt und entwässert/ getrocknet werden. Die schneller drehenden Strömungsbeschleuniger helfen, Ablagerungen zu vermeiden und verbessern den Stoffaustausch (Nitrifikation). Rezirkulationspumpen basieren auf einem modularen Aufbau und den Funktionsprinzipien der Rührwerke und Strömungsbeschleuniger; sie fördern Belebtschlamm und Rücklaufschlamm mit großem Volumenstrom bei kleiner Förderhöhe (in Nitrifikations- und Denitrifikationszonen). Vollständig untergetaucht ist Dauerbetrieb möglich; der Aussetzbetrieb ist auf maximal 20 Einschaltungen je Stunde begrenzt. Klärtechnik: Optimale Beckengestaltung für eine höhere Effizienz: Für die optimale Anordnung von Tauchmotorpumpen, Tauchrührwerken, S t r ö m u n g s b e s c h l e u n i g e r n , Strahlreinigern und Belüftern setzt Grundfos computergestützte Strömungssimulationsprogramme (CFD) ein, welche die Strömungsverhältnisse im gesamten Becken abbilden. Auf diese Weise können alle Engpässe und V e r w i r b e l u n g s zonen sowie Bereiche mit besonders niedrigen und hohen Strömungsgeschwindigkeiten im Becken aufgezeigt und entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden. Werden die im Rahmen eines von Grundfos durchgeführten Energieaudits vorgeschlagenen Bild 2: Abwasserpumpen der Baureihen SE und SL stehen auch in einer ATEX- Ausführung zur Verfügung. © Grundfos 72 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Empfehlungen umgesetzt, sind Stromkosteneinsparungen von bis zu 50 % möglich. Anthropogene Stoffe können in Kläranlagen auf herkömmliche Art und Weise nicht abgebaut werden. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist in Kläranlagen eine vierte Reinigungsstufe auf Basis Membrantechnologie, Ozonbehandlung und/ oder Aktivkohleverfahren erforderlich. Als Systemanbieter, der auch Dosiersysteme und Desinfektions- Technologien im Programm hat, ist Grundfos auf die Anforderungen zukünftiger Hightech-Kläranlagen vorbereitet. Cost of Ownership: Regelmäßig überprüfen Betreiber von leistungsstarken, häufig arbeitenden Abwasserpumpen sollten von Zeit zu Zeit überprüfen, ob die vor Jahren installierten Aggregate noch wirtschaftlich arbeiten. Denn dank Fortschritten u.a. in der Motortechnik bieten moderne Pumpensysteme regelmäßig höhere Wirkungsgrade und versprechen somit eine geringere Energieaufnahme. Oft „rechnet“ sich deshalb auch der Austausch einer an sich noch funktionstüchtigen Technik. Als Entscheidungsgrundlage offeriert Grundfos die Dienstleistung ‚Analyse der Lebenszykluskosten’ inklusive einem Energie- Verbrauchs-Check (Pump Audit). Aufgrund der Messergebnisse können dann Aussagen über die Wirtschaftlichkeit der Abwasserpumpe getroffen werden. Insbesondere ist der Vergleich mit einem neuen Pumpensystem möglich - und entsprechend der individuellen Systemanforderungen kann das für den Betreiber effizienteste System ausgewählt werden. Fazit: Grundfos offeriert das komplette Spektrum von Water- Utilit y-Sy s temlösungen für kommunale wie industrielle Wasserversorgungs- und Abwass erent s or g ung sunternehmen inklusive Energieeffizienz-Dienstleistungen wie das Pump Audit. Bild 3: Medium SP- Pumpe mit hohem Wirkungsgrad. © Grundfos GRUNDFOS GMBH Schlüterstraße 33 40699 Erkrath infoservice@grundfos.com www.grundfos.de IFAT: Halle A6, Stand 239/ 338 Mit der neuen Keimschutz- Produktserie safeliQ: EA30 und softliQ: PA20 hat Grünbeck ein revolutionäres Verfahren entwi- Grünbeck-typisch weiches Wasser. Der neue softliQ: PA20 kann in Einbis Zweifamilienhäusern eingesetzt werden. Darüber hinaus entwickelt Grünbeck Systemlösungen zum hygienischen Schutz von Prozesswässern und bietet interessierten Kunden und Partnern einen offenen Innovationsprozess an. Somit können Kunden gemeinsam mit Grünbeck innovative Trends setzen. Bei der Etablierung dieser Anwendungstechniken begleitet Grünbeck den Entwicklungsprozess zu hundert Prozent. Keimschutz für exzellente Wasserqualität Absolute Weltneuheit mit Adsorber-Hygienetechnologie von Grünbeck Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH Josef-Grünbeck-Straße 1 89420 Höchstädt a. d. Donau info@gruenbeck.de www.gruenbeck.de IFAT: Halle A2, Stand 335/ 434 © Grünbeck ckelt, welches gesundheitsschädliche Erreger (beispielsweise Legionellen, E.coli-Bakterien oder Pseudomonaden) einfach und effektiv physisch aus dem Trinkwasser entfernt. Kompromisslos sicher ist die Adsorptionsanlage safeliQ: EA30, sie sorgt für 99,999-%igen Keimschutz im Trinkwasser. Gerade in sensiblen Bereichen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen oder öffentlichen Einrichtungen bieten die Grünbeck-Adsorber zuverlässigen Schutz vor Keimen und Bakterien. In der Enthärtungsanlage softliQ: PA20 wird die intelligente Technik der bewährten Grünbeck- Enthärtungsanlagen mit dem zuverlässigen Keimschutz durch Adsorption verbunden. Die Enthärtung arbeitet dabei nach dem Ionenaustauschverfahren für 73 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Es ist abzusehen, dass sauberes Trinkwasser auch in vielen Gegenden Europas knapp wird. Hinzu kommt, dass die Infrastrukturen der Versorgungswerke oft veraltet sind. Es sind auch zunehmende Schadstoffbelastungen zu verzeichnen, die heute mehr denn je durch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein in den Fokus der Diskussionen rücken. Die neue Sensibilität rund um die Ressource Wasser spiegelt sich in einer zunehmenden Regulierungsdichte wider, die den Rohstoff schützen soll. Wurden früher Qualitätsparameter im Trinkwasser lediglich beim Rohwasser und im Wasserwerk sowie nach der Aufbereitung gemessen, so sind heute die Daten der kompletten Infrastruktur bis zum Hausanschluss von Interesse und Bedeutung. Rohre, Armaturen, Hydranten und Baugusskomponenten werden deshalb zu intelligenten Schnittstellen für Datenerfassungen und Steuerungen. Mit den neuen und hochinnovativen SMARTNET-Produkten und -Dienstleistungen bringt vonRoll hydro Intelligenz ins Versorgungsnetz. Heutige und künftige Anforderungen an Ressourcenschutz, Sicherheit und Qualität werden auf überzeugend einfache und kostengünstige Art perfekt abgedeckt. SMARTNET Komponenten können leicht in die heutigen Versorgungswerke eingebaut werden. Durch modernste Sensorik, Datenübermittlungstechnologien und Visualisierungstools entsteht Versorgungssicherheit mit Zukunft. Bestens vernetzt Das modular konzipierte und voll integrierte System macht mit der Visualisierungs- und Kontrollsoftware HYDROPORT 3.0 aus Rohrnetzen das SMARTNET der Zukunft. HYDROPORT basiert auf Google Maps oder anderen Kartensystemen und verschafft den Verantwortlichen auf einfachste Weise einen jederzeit aktuellen Überblick des Zustands ihrer Infrastruktur. Nachhaltig und wirtschaftlich zugleich SMARTNET ist nicht nur eine Grundlage für die sichere Wasserversorgung der Zukunft, sondern auch ein zentrales Element für die Optimierung eines wirtschaftlichen Betriebes. Interventionen können zielgerichtet geplant und überwacht werden, weil SMARTNET die dafür benötigten Informationen erfasst. Alle SMARTNET-Komponenten sind SWISS ENGINEERED - für höchste Qualität und bestes Preis-Leistungs-Verhältnis. Jahrelange Erfahrung und eine Zukunftsvision, auf die man bauen kann Mit SMARTNET hat vonRoll hydro eine Grundlage für künftige Anforderungen der Wasserversorgung geschaffen. Das Unternehmen entwickelt und fertigt Produkte und Dienstleistungen, um seinen Kunden nachhaltige und praxisorientierte Lösungen anzubieten. Dabei können die Schweizer auf einen enormen Erfahrungsschatz zurückgreifen. SMARTNET ist ab dem zweiten Halbjahr 2016 erhältlich. Auf der IFAT in München wird das System anschaulich durch eine Erlebnis- Simulation „in Echtzeit“ präsentiert. Neues intelligentes System für die Rohrnetze der Zukunft vonRoll hydro setzt neue nachhaltige Standards im Bereich Wassermanagement Wasser ist ein Rohstoff von fundamentaler Bedeutung, Wasser muss mit Umsicht und Sorgfalt behandelt werden. Wasserversorgungen sind in erster Linie angesprochen, wenn es um Fragen der nachhaltigen Nutzung von Wasser geht. vonRoll Hydro (Suisse) AG von Roll-Str. 24 CH-4702 Oensingen info@vonroll-hydro.ch www.vonroll-hydro.ch IFAT: Halle A4, Stand 245/ 344 Bild: Modulares System für nachhaltiges Wassermanagement. © vonRoll 74 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Kläranlagen reinigen das Abwasser von Industrie und Kommunen in einem mechanisch-biologischen Prozess, dem sogenannten Belebtschlammverfahren. Als „belebter Schlamm“ werden die Mikroorganismen bezeichnet, welche die gelösten organischen Verunreinigungen des Abwassers entfernen, indem sie sich von ihnen ernähren. Dazu benötigen die Mikroorganismen Sauerstoff. Dieser wird als Bestandteil der Luft mit Gebläsen in große, langsam durchströmte Becken eingeleitet, die Turbulenz der aufsteigenden Luftblasen hält den Belebtschlamm in Schwebe. Nebenbei bemerkt sind diese Gebläse nicht selten die größten oder zumindest unter den größten Einzel-Stromverbrauchern der gesamten städtischen Infrastruktur. Ist das Abwasser gereinigt, muss nur noch der Belebt- Dynamische Lösungen für dynamische Probleme Nichts für Starrköpfe: Bestmögliche Abwasserreinigung erfordert mehr Flexibilität Benötigen Smarte Cities auch smarte Kläranlagen? In den meisten Städten wird Regenwasser in der gleichen Kanalisation abgeleitet wie das häusliche und gewerbliche Schmutzwasser. Bei starken Niederschlägen übersteigt die Wassermenge jedoch schnell die hydraulische Kapazität der Kläranlage. Was zu viel ist, gelangt direkt ins Gewässer, im besten Fall noch über eine Grobreinigung im Regenüberlaufbecken. Um jedoch zu verstehen, wie flexible Lösungen zum Gewässerschutz beitragen können, muss man die Prozesse auf der Kläranlage kennen. schlamm vom Abwasser getrennt werden. Dazu werden wieder große Becken eingesetzt, die Nachklärbecken. Diese werden besonders ruhig und langsam durchströmt, außerdem wird das Gemisch aus gereinigtem Abwasser und belebtem Schlamm möglichst geschickt so eingeleitet, dass der Belebtschlamm mit den wertvollen Mikroorganismen absinkt, das gereinigte Abwasser aber aufsteigt und oberflächig abläuft. Das Abwasser kann nun gereinigt dem Gewässer zugeführt werden. Allenfalls bei weitergehenden Anforderungen, wie z.B. der Forderung nach Badewasserqualität, können noch weitere Reinigungsschritte folgen. Der belebte Schlamm, der sich am Boden der Nachklärbecken abgesetzt hat, dickt ein, wird über einen Trichter abgezogen und in die Belebungsbecken zurückgeführt, wo er auf frisches Abwasser trifft und seine Arbeit von Neuem beginnt. Das Nachklärbecken stellt somit die Schnittstelle zwischen der Kläranlage und der Umwelt dar. In den meisten Fällen gelangt das Abwasser von hier direkt wieder in ein natürliches Gewässer. Gelangen durch Funktionsstörung oder Überlastung der Nachklärung aber größere Mengen Belebtschlamm in ein solches Gewässer, führen sie dort zur Sauerstoffzehrung. Im schlimmsten Fall führt dies bis zum Absterben der aquatischen Tierwelt, dem sogenannten „Fischsterben“. Wie sicher ist also der Betrieb von Nachklärbecken? Ihr einwandfreies Funktionieren hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ganz entscheidend ist dabei die momentane hydraulische Last - das ist die Zulaufmenge des Bild 1: Ein Querschnitt durchs Nachklärbecken bei Trockenwetterzufluss (links) und bei maximalem Regenwetterzufluss (rechts). Während sich bei Trockenwetter so gut wie gar kein Belebtschlamm im Becken befindet, droht er im rechten Fall bereits, den Klarwasserablauf zu erreichen. Diese Darstellungen lassen sich durch Strömungssimulationen berechnen. © hydrograv 75 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Abwassers zur Kläranlage sowie Menge und aktuelle Absetzeigenschaften des belebten Schlammes. Mit steigender Zulaufmenge, beispielsweise infolge eines starken oder lang anhaltenden Regens, verlagert sich zunehmend Belebtschlamm aus dem Belebungsbecken in das Nachklärbecken. Der Schlammspiegel steigt (Bild 1). Erreicht der Schlammspiegel die Ablaufoberkante des Nachklärbeckens, ist Gefahr im Verzug, man spricht von „Schlammabtrieb“. Dies geschieht umso schneller, je mehr Belebtschlamm sich im System befindet und je schlechter der Schlamm eindickt. Um solche kritischen Situationen zu vermeiden, kommt es besonders darauf an, den belebten Schlamm möglichst in der idealen Höhe ins Nachklärbecken einzuleiten. Mittels Computersimulationen der Strömungsverhältnisse im Nachklärbecken fand Dr. Martin Armbruster (hydrograv GmbH) heraus, dass sich die optimale Einlaufhöhe für den Belebtschlamm immer kurz unter dem aktuellen Schlammspiegel befindet. Dieser Anforderung werden herkömmliche, starre Einlaufbauwerke nicht gerecht. Bei ihnen ändert sich die Einlaufhöhe nicht - der Schlammspiegel steigt und fällt dagegen dynamisch mit der jeweils aktuellen Zulaufmenge ins Nachklärbecken. Um seine Erkenntnis in die Praxis umzusetzen, entwickelte Dr. Armbruster das adaptive Einlaufbauwerk „hydrograv adapt“ der Firma hydrograv (Bild 2). Strömungssimulationen (CFD) bilden die Grundlage für die maßgeschneiderten Anlagen. Dazu wird die Geometrie bestehender Nachklärbecken am Computer nachgebildet; dann wird virtueller Belebtschlamm in diese Modelle eingeleitet und das dynamische Verhalten des Schlammspiegels in Abhängigkeit von Zulaufmenge und Schlammeigenschaften analysiert. Anhand der Ergebnisse wird die Geometrie für das adaptive Einlaufbauwerk ausgelegt. Aber auch für herkömmliche Nachklärbecken bieten Strömungssimulationen einen Vorteil. Bei Regenereignissen sind die Kläranlagen lediglich verpflichtet, einen bestimmten Teil des zufließenden „Mischwassers“ - dem Gemisch aus Abwasser und Regenwasser, das sich in unseren Kanalisationen bildet - zu übernehmen. Manche Kläranlagen sind mit der vorgeschriebenen Mischwassermenge überfordert (siehe Bild 1 rechts), andere wiederum hätten noch freie Kapazitäten. Mit ihrem Know-how im Bereich der Strömungssimulation hat die Firma hydrograv ein Überwachungssystem entwickelt, das per CFD permanent die aktuelle Leistungsfähigkeit von Nachklärbecken bewertet. Dazu werden Menge und Absetzeigenschaften des Belebtschlammes erfasst und mittels stündlich wiederholter Strömungssimulationen die aktuelle maximal mögliche Zulaufmenge an Abwasser bestimmt. Die Kläranlage bekommt eine Warnmeldung, falls die behördlich vorgeschriebene Zulaufmenge an Mischwasser zu einer Überlastung führen würde. Der höchste Nutzen für die Entwässerung der Stadt ergibt sich natürlich in Kombination dieser beiden computergestützten Optimierungen. Um jedoch das volle Potential des Schlammmanagementsystems „proload.sms“ und der adapt-Technologie der Firma hydrograv zu nutzen, wären flexible Höchstgrenzen der Mischwasserübernahme erforderlich. Dann könnten viele Kläranlagen sogar mehr Mischwasser übernehmen, als es ihnen bisher erlaubt ist. Stadt, Kläranlage und Gewässer verschmelzen zu einem cyberphysischen System, mit dem Ziel der optimalen Ableitung und Reinigung des anfallenden Schmutz- und Regenwassers. Zum Wohle des Menschen und der Natur. Dass die Transformation von Abwasser-Infrastruktur zu dynamischen Systemen hohen Nutzen bringt, ist durch erfolgreiche Beispiele belegt. Bild 2: Bei Trockenwetter leitet das adaptive Einlaufbauwerk der Firma hydrograv den Belebtschlamm weit unten, nahe der Beckensohle ein (links). Bei Regenwetter öffnet sich der Einlaufschlitz und fährt gleichzeitig mit steigendem Schlammspiegel nach oben (rechts). hydrograv GMBH Eisenstuckstraße 46 01069 Dresden info@hydrograv.com www.hydrograv.de IFAT: Halle A3, Stand 443 76 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Infrastruktur Vertriebsleiter Michael Weber: „Die neue VDI 2047 Blatt 2 hat Klarheit gebracht. Sie definiert die Anforderungen an die Planung, den Bau und vor allem den Betrieb von offenen Kühlkreisläufen. Dies war ein Schritt in die absolut richtige Richtung.“ Dennoch beschäftigt viele Kühlturmbetreiber seitdem die Frage, was diese Anforderungen im Einzelnen vorschreiben, wie sie in die Praxis umgesetzt und mit welchen technischen und betrieblichen Voraussetzungen die Anforderungen dauerhaft erfüllt werden. Wichtigste Erkenntnis sei, so betont Weber, dass letztlich die Betreiber der Kühltürme die Verantwortung für den Betrieb tragen und für eventuelle Schäden haften. Dies bedeutet, der Betreiber Intelligentes Kühlwassermanagement zur wirksamen Legionellenprävention Gesundheit der Bevölkerung im Fokus muss sich die Sachkunde und die Mittel aneignen, um für den einwandfreien Betrieb zu sorgen.“ So müsse sichergestellt werden, dass von der Abluft mitgerissene Tröpfchen keine schädlichen Mikroorganismen wie etwa Legionellen, Bakterien, Algen, Protozoen oder Schimmelpilze enthalten. Ohne geeignete Maßnahmen zur Kontrolle von mikrobiellem Nach den Legionellen-Fällen in Bremen in diesem Jahr bewegt die Öffentlichkeit wieder die Frage: Was ist die Ursache für die Verbreitung dieser Bakterien, die schwer verlaufende Lungenentzündungen auslösen können und wie lässt sich dieses Problem in den Griff bekommen? In Bremen wie vorher schon in Warstein, Ulm und an anderen Orten wurden immer wieder Rückkühlanlagen als Quelle vermutet. Gesundheitsämter drängen nach den Ausbrüchen auf eine Registrierung aller Kühlanlagen. Für Sicherheit sorgen soll auch die seit Januar 2015 geltende neue VDI 2047 Blatt 2, deren zentrale Vorschriften noch in diesem Jahr in eine Verordnung im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (42. BImSchV) einmünden sollen, um eine rechtlich eindeutig verbindliche Wirkung zu entfalten. Auf der IFH in Nürnberg erläuterten die Wasserexperten von Veolia - bekannt in Deutschland durch die Wassertechnikmarke Berkefeld - ihre Erfahrungen mit diesem Thema. Bild 1: Hohe Anforderungen an die Betreiber sollen die einwandfreie Hygiene von Kühltürmen sicherstellen. © CAOWEI/ Fotolia 77 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Infrastruktur Wachstum im Kühlwasser steigt das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung von Personal und dritten Personen im Umfeld der Kühlanlage. Gefährdungs- und Risikobeurteilung Timo Strotbek, Fachmann für Spezialchemikalien und Anlagentechnik bei Veolia, meint: „Eine Präzisierung der Anforderungen an einen verantwortungsvollen Betrieb von Kühltürmen, verbunden mit praktikabel umsetz- und kontrollierbaren Auflagen war überfällig.“ So ist nach VDI 2047- 2 eine Gefährdungs- und Risikobeurteilung vorzunehmen. Dazu gehören eine vollständige Dokumentation des Systems, seines Betriebs einschließlich der eingesetzten Wirkstoffe und aller eventuellen Änderungen. Geregelt sind in der Norm die relevanten Grenzwerte hinsichtlich der Koloniezahlen, Pseudomonas aeruginosa und Legionella spp. Breiten Raum nehmen außerdem die Hygieneanforderungen an die Konstruktion und die verwendeten Materialien sowie implementierte Kontrollroutinen ein. Mängel, die festgestellt werden, müssen dokumentiert, entsprechende Maßnahmen definiert werden. Häufig festgestellte Defizite sind unter anderem eine mangelhafte Absalzung bzw. Leitfähigkeitsüberwachung, Probleme bei der Zusatzwasseraufbereitung, der Konditionierung oder infolge von Produktionsumstellungen und Leckagen an Wärmeüberträgern. Empfohlene Lösungen: Kühlturm-Audit, Technik, Schulungen Ein umfassendes Bild vom Zustand des Kühlturms liefert ein Kühlturm-Audit. Zu empfehlen ist eine gründliche wirtschaftliche, technische und rechtliche Bestandsaufnahme des Gesamtsystems. Damit erhält der Betreiber qualifizierte Antworten auf Fragen nach der optimalen Qualität des Kühlturmzusatzwassers, der Wirkung der eingesetzten Dosierchemikalien, der Wirtschaftlichkeit des Systems und der Konformität mit der VDI 2047-2 und anderen relevanten Richtlinien. Zur Aus- und Weiterbildung des Betreiberpersonals eignen sich VDI-zertifizierte Schulungen, die Anbieter wie Veolia Berkefeld als Tagesseminar durchführen. Biozide nachhaltig einsetzen „Noch immer bekommt die Konditionierung von Kühlkreisläufen von Betreibern oftmals nicht die kontinuierliche Beachtung, die sie verdient“, meint Timo Strotbek. Dabei spielt die klassische Bekämpfung von Mikroorganismen mit Bioziden nach wie vor die Hauptrolle in der Kühlturmhygiene. In allen Verdunstungskühlsystemen finden Mikroorganismen wie Bakterien, aber auch Algen und Pilze aufgrund der Temperatur und des reichhaltigen Nahrungsangebots ideale Wachstumsbedingungen vor. Über die Verrieselung können die Mikroorganismen an die Umgebungsluft abgegeben und so verbreitet werden. Um das Bakterienwachstum zu verhindern und nachhaltig zu vermeiden, ist der Einsatz von Bioziden in den meisten Fällen nicht zu umgehen. Allerdings sind Biozide wegen ihrer gesundheits- und umweltgefährdenden Wirkungen kritisch zu beurteilen. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes im Sinne der Mitarbeiter und Nachbarn sowie des Umweltschutzes verlangt die VDI 2047-2, den Biozid-Einsatz zu minimieren und wo immer möglich ganz zu vermeiden. „Der Königsweg“, so Strotbek, „ist ein intelligentes Biozid-Management entsprechend den Anforderungen der VDI 2047-2 und unter Berücksichtigung von Sondereinflüssen, etwa saisonal bedingten Einträgen von Pollen oder der Qualität der Umgebungsluft. Ein effizientes Biozid-Management wird begleitet von professioneller Regelungs- und Steuerungstechnik sowie regelmäßiger mikrobiologischer Überwachung.“ Technische Lösungen: Regelungs- und Steuerungstechnik Letztlich stehen auch die Technik des Kühlturms und vor allem dessen Überwachung im Fokus. Verlässliche Steuerung und Überwachung für diese Anwendung bieten speziell konzipierte Systeme wie AquaVista. Dieses sorgt Bild 2: Laut Hochrechnungen erkranken in Deutschland jährlich rund 15 000 bis 30 000 Menschen an Legionellenpneumonie. Die VDI 2047 Blatt 2 soll die Vorsorge verstärken. © Dr. Kateryna / Fotolia 78 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Infrastruktur Empfehlungen für die Sicherheit von Kühltürmen: Risiken reduzieren, Effizienz verbessern, Sicherheit gewährleisten 1. Sachkunde aufbauen: Dabei helfen VDI-zertifizierte Seminar 2. Kompetente und bewährte Partner suchen für Planung, Bau und vor allem den Betrieb von Kühltürmen 3. Audit und Risikoanalyse des Gesamtsystems und seiner Betriebsweise gemäß VDI 2047-2 erstellen, um Gesamtbild von der Anlage zu bekommen 4. Intelligentes Biozid-Management gemäß VDI 2047-2 sicherstellen unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen 5. Mikrobiologische Überwachung mit professioneller Analytik 6. Kühlturm und Kühlkreislauf nicht aus dem Auge lassen; regelmäßig Aufmerksamkeit schenken und optimieren 7. Ausführliche Dokumentation im Anlagenbuch oder auf elektronischen Datenträgern 8. Bewusstsein schärfen für Verantwortung und Haftung letztlich durch den Betreiber Quelle: Veolia Berkefeld, 2016 Bild 3: Der Einsatz von Bioziden lässt sich durch BerkeMOL Katalysatoren vermeiden. © Veolia. Bild 4: Wichtig ist die kontinuierliche Überwachung und Steuerung der Kühlwasserdosierung, etwa durch das Mess- und Regelsystem AquaVista. © Veolia für die kontinuierliche und zuverlässige Messung und Dokumentation der chemisch-physikalischen Schlüsselparameter wie pH-Wert, Leitfähigkeit, Redoxspannung, Produktgehalt und Korrosionsrate. Angesteuert werden die Absalzung, Dosierpumpen für Inhibitoren und Dispergatoren, pH- und Biozidregelung. AquaVista verfügt auch über eine Datenvisualisierung zur Trendanalyse. Das System sorgt für die notwendige Datendokumentation und ermöglicht die Speicherung historischer Daten bis zu einem Jahr sowie die Steuerung vor Ort oder aus der Ferne über alle gängigen Endgeräte wie Tablets oder Smartphones. Alternativen für eine biozidarme Bekämpfung von Biofilmen Die VDI 2047-2 schreibt vor, dass auf den Einsatz von Bioziden soweit wie möglich zu verzichten sei bzw. deren Verwendung minimiert werden sollte. Um diese Herausforderung zu meistern und gleichzeitig eine einwandfreie Hygiene zu gewährleisten, bietet sich die BerkeMOL-Technologie an, die sich bei der Bekämpfung von Biofilmen, dem bevorzugten Lebensraum von Mikroorganismen, in vielen Fälle als sehr effektiv bewährt hat. Als Nebeneffekt werden die mikrobiell induzierte Korrosion vermindert und Wärmeübergangsverluste in Folge der Biofilme reduziert. Der BerkeMOL Hochleistungs-Vollmetallkatalysator nutzt Keimfragmente im Kühlwasser zur Produktion von Biotensiden, welche die Biofilme abbauen und deren Neuaufbau nachhaltig verhindern. Fazit: Wir brauchen ein schlaues Kühlturm-Management „Insgesamt stellt uns die VDI 2047-2 vor anspruchsvolle Aufgaben“, fasst Fred Stenzel zusammen, „aber die Erfüllung ist notwendig und realisierbar. Die Anforderungen sollten ernst genommen werden.“ Dies gelte insbesondere, weil der Gesetzgeber plane, die wesentlichen Inhalte dieser VDI-Norm im Rahmen einer Verordnung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz zu regeln. Noch in diesem Jahr werden somit diese rechtlichen Anforderungen an Verbindlichkeit gewinnen und sich deutlich auf die betriebliche Praxis auswirken. In jedem Fall empfiehlt es sich, diese Herausforderung mit Augenmaß - ständig unter der Abwägung von Sicherheit und Gesundheitsschutz - und der nötigen Kompetenz zu bewältigen. Mehr zum Thema Kühlturmhygiene: http: / / www.berkefeld. com/ de/ lieferprogramm/ hygiene-in-kuehltuermen-vorgabeneinhaltung-der-vdi-2047-blatt-2. htm Veolia Water Technologies Deutschland GmbH Berkefeld|ELGA Lückenweg 5 29227 Celle www.berkefeld.de IFAT: Halle A3, Stand 151/ 250 79 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Mit dem neuen Verfahren der optischen reagenzienfreie Messung (OptRF) können CSB, Nitrat und Nitrit im Ablauf von kommunalen Kläranlagen photometrisch ohne Reagenzienzugabe gemessen werden. Das optische Verfahren hat sich in der Online- Messung schon seit vielen Jahre bewährt und wurde nun von WTW für die Labormessung mit dem Spektralphotometer photo- Lab ® 7600 UV-VIS adaptiert. Bei dieser Messmethode wird die Probe direkt in eine 10-mm- Quarzküvette pipettiert. Nach Auswahl der entsprechenden OptRF-Methode wird ein Spektrum der Probe im UV-Bereich gemessen. Durch komplexe Auswertemodelle über das gesamte Spektrum lässt sich die Konzentration des jeweils gewählten Parameters berechnen und direkt als Konzentration in mg/ L anzeigen. Die Auswertemodelle sind ma- CSB, Nitrat und Nitrit Reagenzienfreie photometrische Messung trix-, also probenabhängig. Da jede Kläranlage eine spezifische Probenzusammensetzung (Matrix) aufweist, kann die OptRF- Methode für die jeweilige Kläranlage angepaßt und optimiert werden. Dies geschieht über eine Referenzmessung mit üblichen normgerechten Verfahren wie z.B. dem CSB-Küvettentest, die als Eigenkontrolle zugelassen sind. Der CSB-Küvettentest ist zwar kleinvolumiger als das DIN-Verfahren, hat aber immer noch den Nachteil, daß er zeitaufwendig und analog zur DIN- Methode die gesundheitsgefährdenden Stoffe Kaliumdichromat und Quecksilbersulfat enthält. Die Ergebnisse von Reagenzienverfahren, Online-Messungen und OptRF-Messungen zeigen eine hervorragende Übereinstimmung, insbesondere wenn man die Toleranzbereiche beim CSB-Küvettentest und den CSB- Standards berücksichtigt. Damit eignet sich die reagenzienfreie Messung im Labor z.B. zur schnellen Kontrolle oder zur Vorprüfung des zu erwartenden Messbereiches für Testsätze. Hardwarevoraussetzung für die optische reagenzienfreie Messung ist das Photometer photoLab ® 7600 UV-VIS von WTW. Die angebotenen OptRF-Methoden sind derzeit für die Messung von CSB, Nitrat und Nitrit im Ablauf von kommunalen Kläranlagen und - nach Vortests - in Oberflächengewässern geeignet. Anlässlich der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft IFAT zeigt die inge GmbH, deutscher Spezialist für Ultrafiltrationstechnologie, ein neues, noch leistungsfähigeres UF-Modul mit deutlich mehr aktiver Filtrationsfläche. Als zweites Highlight präsentiert inge ® eine Lösung für den Austausch von UF-Modulen in horizontalen Anwendungen in der Wasseraufbereitung und erweitert somit ihr Portfolio. In enger Zusammenarbeit mit den Fachkollegen der BASF konnte das Entwicklungsteam der inge GmbH das Membranmaterial der patentierten Multibore ® Faser optimieren und so deutlich mehr Membranfläche in den dizzer ® Modulen unterbringen. Dank der gesteigerten Filtrationsfläche sind die UF-Module jetzt noch leistungsfähiger, was zu einer nochmaligen Verbesserung des Footprints führt, da weniger Module für eine Wasseraufbereitungsanlage benötigt werden. Neu sind im inge ® Portfolio auch UF-Module für horizontale Anwendungen. Diese Lösung ermöglicht den Kunden, ihre bisherigen Modulen durch die bewährte Multibore ® Technologie zu ersetzen und dadurch eine höhere Leistungsfähigkeit ihrer UF-Systeme zu erreichen. Mehr drin, mehr dran Spezialist für Ultrafiltration (UF) erweitert Portfolio WTW Wissenschaftlich-Technische Werkstätten GmbH Dr.-Karl-Slevogt-Straße 1 82362 Weilheim www.wtw.com IFAT: Halle A5, Stand 151/ 250 Bild: Opt RF-Meßwert, Direktanzeige. © WTW Bild: Multibore Membrane. © inge inge GmbH Flurstraße 27 86926 Greifenberg www.inge.basf.com IFAT: Halle A3, Stand 344 80 2 · 2016 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Ressourcen · Infrastruktur Impressum Herausgeber Eberhard Buhl, M.A. Verlag T RIALOG P UBLISHERS Verlagsgesellschaft Eberhard Buhl | Christine Ziegler Marschnerstr. 87, D-81245 München Tel. +49 89 889518.71 Fax +49 89 889518.75 office@trialog.de www.trialog.de Redaktionsleitung Dipl.-Ing. arch. Christine Ziegler VDI (verantwortlich) Tel: +49 89 889518.72 Fax: +49 89 889518.75 christine.ziegler@transforming-cities.de Anzeigen Hellfried Zippan Tel. +49 89 889518.74 Fax +49 89 889518.75 hellfried.zippan@trialog.de Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 1 vom 01.10.2015 Vertrieb und Abonnentenservice Tel. +49 89 889518.76 Fax +49 89 889518.75 vertrieb@trialog.de Erscheinungsweise Viermal im Jahr Bezugsbedingungen Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer des vereinbarten Zeitraumes (Vertragsdauer). Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist zum Ende des Berechnungszeitraumes schriftlich möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, verlängert sich der Vertrag und kann dann zum Ende des neuen Berechnungszeitraumes schriftlich gekündigt werden. Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages, bei Arbeitskampf oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Entschädigungsanspruch. Zustellmängel sind dem Verlag unverzüglich zu melden. Es ist untersagt, die Inhalte digital zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben, sofern nicht ausdrücklich vereinbart. Bezugsgebühren JahresAbo Print: gedruckte Ausgabe zum Jahresbezugspreis von EUR 120,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), zzgl. Versandkosten (Inland EUR 11,90, Ausland EUR 25,-) JahresAbo ePaper: elektronische Web-Ausgabe zum Jahresbezugspreis von EUR 120,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), ohne Versandkosten JahresAbo Plus (Print + ePaper): als gedruckte Ausgabe + elektronische Web-Ausgabe zum Jahresbezugspreis von EUR 160,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), zzgl. Versandkosten (Inland EUR 11,90 , Ausland EUR 25,-) StudiAbo ePaper: elektronische Web-Ausgabe. Das 1. Bezugsjahr ist kostenfrei (nur einmal pro Bezieher möglich). Ab dem 2. Bezugsjahr wird der reduzierte Jahresbezugspreis von EUR 80,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.) berechnet. Eine aktuelle Studienbescheinigung ist Voraussetzung. Einzelheft Print: gedruckte Ausgabe zum Einzelbezugspreis von EUR 35,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), zzgl. Versandkosten (Inland EUR 3,-, Ausland EUR 6,50) Einzelausgabe ePaper: elektronische Web- Ausgabe zum Einzelbezugspreis von EUR 35,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), ohne Versandkosten Unternehmenslizenzen auf Anfrage Druck Kollin Mediengesellschaft mbH, Neudrossenfeld Herstellung Trialog, München, www.trialog.de Titelbild Child playing with paper boats in spring water puddle © ClipDealer Copyright Vervielfältigungen durch Druck und Schrift sowie auf elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Eine Publikation der T RIALOG P UBLISHERS Verlagsgesellschaft www.trialog.de/ agb ISSN 2366-7281 (print) Auf der diesjährigen IFAT präsentiert sich Mall als Komplettanbieter im Gewässerschutz: Neben Produktneuheiten aus den Unternehmensbereichen Regenwasserbewirtschaftung, Abscheider, Pumpen- und Anlagentechnik sowie Kleinkläranlagen steht diesmal das umfangreiche Dienstleistungsangebot im Mittelpunkt des Mall-Messeauftritts. Von der ersten Planung bis zur Realisierung, aber auch für Wartungen, Inspektionen und später erforderliche Sanierungen oder Reparaturen von Bestandsanlagen bietet Mall jederzeit professionellen Service aus einer Hand. Schon seit vielen Jahren steht Mall für zuverlässige Kompetenz rund um den Gewässerschutz: Ob für Regenwasser oder Abwasser aus Abscheidern, Klär- oder Biogasanlagen; Mall hat das auf die aktuellen Anforderungen passende System. Speziell für den österreichischen Markt, den Mall ab diesem Jahr mit einem eigenen Produktionsstandort in der Nähe von Linz erschließen wird, wurde der Gewässerschutzfilter ViaGard entwickelt, mit dem belastetes Niederschlagswasser von Verkehrsflächen nach der Behandlung direkt versickert werden kann. Mit dem Silage- Sickersaftbehälter ThermoSil erfüllt Mall schon jetzt die Auflagen der neuen Anlagenverordnung (AwSV) für Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften. Die mittlerweile 6. Auflage des „Ratgebers Regenwasser“ von Architekt Klaus W. König gibt einen Überblick über die aktuellen Diskussionsthemen in der Siedlungswasserwirtschaft. Ebenfalls auf dem Mall-Messestand: Eine Lösung aus der Regenwasserbehandlung, bei der der Lamellenklärer ViaKan, die Kompaktpumpstation LevaPur und der Mengenmessschacht LevaCheck eine beispielhafte Einheit bilden. Gewässerschutz mit Rundum-Service Mall als Komplettanbieter auf der IFAT 2016 Mall GmbH Hüfinger Str. 39-45 78166 Donaueschingen www.mall.info IFAT: Halle A1, Stand 405/ 504 © Mall Crossmediale Publikation für Fachleute und interessierte urbane Menschen • Online-Wissensplattform • Regelmäßiger Newsletter • E-Paper / Print-Ausgabe mit Fachartikeln für Abonnenten Die Online-Plattform informiert über Städte im Wandel, über die Herausforderungen von Urbanisierung und Genderisierung, über Auswirkungen und Lösungen. Das Fachmagazin „Transforming Cities“ nimmt diese Themen auf und vertieft sie in Form fundierter Fach- und Wissenschafts-Beiträge. Als Leser angesprochen sind gleichermaßen Kommunen und Unternehmen, Planer und Ingenieure, Wissenschaftler und Studierende. Urbane Systeme im Wandel Lesen Sie selbst! T RIALOG P UBLISHERS | www.trialog.de Städtisches Grün Erlebnisraum oder Ort zum Anbau von Obst und Gemüse Am 7. September 2016 erscheint die nächste Ausgabe von Transforming Cities mit dem Themenschwerpunkt  Dach- und Fassadenbegrünung  Urban Gardening  Grünzonen und Stadtklima  Öffentliches Grün als Naherholungsgebiet, Erlebnisraum und Allmende ... sowie weitere Beiträge zu Energie, Stadtplanung, Infrastruktur, Mobilität,... Lebensmittel und Naturelement Daseinsvorsorge | Hochwasserschutz | Smarte Infrastrukturen | Regenwassermanagement 2 · 2016 Wasser in der Stadt ISSN 2366-7281 Transforming Cities 2·2016 URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN