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Transforming cities
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expert verlag Tübingen
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Angriffssicherheit · Betriebssicherheit · gefühlte Sicherheit IT-Security | Kritische Infrastrukturen | Notfallkommunikation | Kaskadeneffekte | Vulnerabilität | Resilienz 4 · 2017 4 · 2017 Sicherheit im Stadtraum URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN SAVE THE DATE ! 6. - 8. März 2018 Messe Karlsruhe Partner +++ E-Ticketing +++ Integriertes Fahrgeldmanagement +++ Echtzeit-Fahrgastinformation +++ Software +++ Verkehrsmanagement +++ Sicherheitssysteme +++ Infotainmentsysteme +++ Kombinierter Verkehr +++ Autonomes Fahren +++ und weitere +++ 1 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, Was macht Städte zu sicheren und lebenswerten Orten? Darauf gibt es keine einfache Antwort, denn Sicherheit ist relativ, sie entsteht durch das Zusammenspiel vieler unterschiedlicher Faktoren. Schutz von Leib, Leben und Eigentum, sichere Versorgung mit Lebensmitteln, Energie und Wasser, wirtschaftliche Sicherheit und staatliche Ordnung sind die Rahmenbedingungen für ein sicheres Zusammenleben. Doch selbst wenn alle Voraussetzungen stimmen, gilt es, die gewonnene Sicherheit zu erhalten. Klar ist: Risiken und Gefahren, die das Gemeinwohl bedrohen, lassen sich nie restlos ausschalten. Naturereignisse oder technisches Versagen können zum Zusammenbruch eben noch sicher geglaubter Systeme führen. Kriminelle Energie findet immer neue Wege, vermeintlich gut gesicherte Institutionen anzugreifen. Und nicht zuletzt entscheidet die Wahrnehmung der Bürger selbst darüber, ob sie sich gefährdet fühlen, welche Stadtviertel als sicher gelten und welche Gegenden eher Unbehagen erzeugen. Auch wenn die Kriminalstatistiken nicht unbedingt Anlass dazu geben: Immer mehr Menschen fühlen sich stark verunsichert von den gravierenden Veränderungen in ihren Städten. Zunehmend rückt auch die IT-Sicherheit urbaner Anlagen in den Fokus. Vor allem die wachsende digitale Vernetzung komplexer Systeme und kritischer Infrastrukturen schafft Angriffsflächen - nicht nur für Manipulationen, sondern auch für technische Störungen. Was etwa geschieht, wenn weiträumig das Stromnetz ausfällt und in der Folge weitere Versorgungsnetze, von der Wasserversorgung bis zur Verkehrsinfrastruktur, in Mitleidenschaft gezogen werden? Freilich ist die grassierende Unsicherheit kein Spiel zwischen „Gut und Böse“ - das wäre zu kurz gesprungen. Aus der Vielfalt der zahlreichen Herausforderungen und den Reaktionen darauf resultiert eine allzeit variable Sicherheitslage. Und so kann es nicht allein Auftrag an die Polizei sein, urbane Sicherheit zu schaffen. Vielmehr ist es die Aufgabe vieler Beteiligter, sich fachübergreifend mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Städte, dem unvermindert anhaltenden Zuzug aus dem Umland, mit weltpolitischen Einflüssen und mit neuen Technologien auseinanderzusetzen. Bereits bei der Planung öffentlicher Räume und Gebäude können verschiedene Sicherheitsaspekte einfließen - beginnend beim Umgang mit Vandalismus über den Schutz vor Überflutungen bis hin zur schnellen Reaktion auf Unglücksfälle und Katastrophen. Mit solchen Szenarien, mit Analysen und Untersuchungen zur Verwundbarkeit von Städten und ihrer möglichen Anpassungsfähigkeit beschäftigen sich die Autoren der vorliegenden Ausgabe von Transforming Cities - mit überraschenden Lösungsansätzen. Lesen Sie selbst. Ihre Christine Ziegler Redaktionsleitung „Transforming Cities“ Sicherheit im Stadtraum 2 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES INHALT 4 · 2017 Seite 12 Seite 26 Seite 42 © Friedrich Vorwerk KG (GmbH & Co.) © Phoenix Contact © Nexus/ Shutterstock FORUM Standpunkt 4 Eine Zukunftsvorstellung von Basis-Technologie- Innovationen Siegfried Handschuh 7 Transforming Security Bahnhöfe sind die Innenstädte der Zukunft Stefan Pickl Veranstaltungen 10 IT-TRANS: internationale Plattform für Start-ups Bundeswirtschaftsministerium fördert Messeteilnahme junger innovativer Unternehmen 11 Smart City im Fokus Zukunftsthema auf der E-world energy & water 2018 12 Rohrleitungen - Innovative Bau- und Sanierungstechniken Das 32. Oldenburger Rohrleitungsforum geht zu den Anfängen zurück 15 MoviCi-MOYCOT 2018 Internationales Symposium für urbane Mobilität in der Smart City 16 Die Chancen von Wasser 4.0 Diskussion im Arbeiskreis von German Water Partnership PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur 18 Hochwasserschutz und frisches Grün Baumwurzelbelüfter und Baumbewässerungswinkel 21 Check-in für Oberflächenwasser von Verkehrsflächen Regenwasser-Behandlung und -Versickerung Barbara Sahler Stadtraum 24 Dachbegrünung 4.0 Neue Dimension für eine nachhaltige Zukunft der Städte Roland Appl Kommunikation 26 Stets sicheres Einfahren der Schiffe Schleuse Kiel-Holtenau auf ein LED-basiertes Signalisierungssystem umgerüstet Werner Pollmann 29 Kommunikation bei Katastrophen aufrechterhalten Projekt der Frankfurt UAS zu Potenzialen von virtuellen Netzwerken zum Einsatz in Katastrophengebieten 30 Die digitale Transformation von Notfalldiensten Beginnt ein neues Zeitalter der öffentlichen Kommunikation? Markus Bornheim 3 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES INHALT 4 · 2017 Seite 45 Seite 54 © © picture alliance / AP Photo Seite 61 © Wiener Linien © pixabay THEMA Sicherheit im Stadtraum 32 Sicherheit als Impuls für mehr Lebensqualität Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen - ein ressortübergreifendes Netzwerk Anke Schröder, Susanne Wolter 37 Innovativer Explosionsschutz im urbanen Raum Die Leistungsfähigkeit von Schutzbepflanzung und ansprechenden Schutzelementen gegen Explosion Paul Warnstedt, Matthias Andrae, Lars Rüdiger, Weifang Xiao, Norbert Gebbeken 42 Sicherheit als Innovationsgarant Lebensraum Stadt: smart - aber sicher Bernd Dieckmann 45 Biegen statt Brechen Resilienz als neuer Ansatz für technische Lösungen in der Stadt der Zukunft Daniel Hiller, Benjamin Scharte 48 Die Vulnerabilität von Wasserinfrastrukturen Analyse eines semizentralen Ver- und Entsorgungssystems in Qingdao, China Martin Zimmermann, Martina Winker, Engelbert Schramm 54 Netzersatzanlagen in der Versorgungswirtschaft Luxus oder absolute Notwendigkeit? Manfred Brugger 58 Analyse von Kaskadeneffekten in Versorgungsnetzen Softwaretool CAESAR Jörg Finger, Katja Faist, Sandra Hasenstein, Tobias Leismann 61 Angriffssicherheit städtischer Verkehrsinfrastrukturen Rechtlicher und institutioneller Rahmen für Betreiber Lars Schnieder 66 Chancen und Grenzen des autonomen Fahrens User Experience Studie in Stuttgart Sarah Selinka 72 Kritische Fragen zur Ladesäulen-E-Mobilität Technische Unzulänglichkeiten, Sicherheitsfragen und hohe Kosten ungeklärt Rainer Hamann PRODUKTE + LÖSUNGEN Stadtraum 79 Zufahrtskontrollsysteme Hörmann erweitert sein Produktprogramm Kommunikation 80 Mehr Wege für mehr Sicherheit Neue Multichannel- Alarmierungslösung 2wayS by e*Message 88 Impressum 4 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt Eine Zukunftsvorstellung von Basis-Technologie-Innovationen Natürliche Sprachverarbeitung, Sprachtechnologien, Semantic Web, Blockchain Siegfried Handschuh Wie sollte die sichere und intelligente Stadt von morgen aussehen? Welche Dienstleistungen sollten angeboten werden? Welchen Einfluss von Sicherheit und Intelligenz auf unser tägliches Leben und unsere täglichen Routinen sollten wir verstehen und erwarten? Und schließlich - welche Rolle soll Technologie spielen? Wir, Wissenschaftler und Forscher, bieten Lösungen an für Probleme, welche oft noch nicht einmal angesprochen wurden, sowie Antworten auf Fragen, welche noch nicht öffentlich gestellt wurden. Es ist eine Herausforderung für mich, einen Beitrag für diese Ausgabe von Transforming Cities zum Thema „Sicherheit im Stadtraum“ zu verfassen. Als erstes erwarte ich, dass es etwas mit Sicherheit 4.0 zu tun hat sowie mit Smart Cities 4.0 - wie auch immer man diese beiden „Abstraktionen“ verstehen will. Meistens bringt man diese mit Big Data und Internet of Things in Verbindung, mit Sensoren und Robotern und - warum nicht? - mit Drohnen. Und die Kombination von beidem, Sicherheit 4.0 und Smart Cities 4.0, sollte etwas noch Aufregenderes sein, auf das man sich freut: wie Sicherheit multipliziert mit Smart Cities, macht 16.0. Städte unterlagen immer Veränderungen - genau wie unser Empfinden nach Sicherheit und Gefahrenabwehr (durchaus zwei verschiedene Dinge). Im 15.-Jahrhundert wurde die stark befestigte Stadt Konstantinopel (später Istanbul) von den Türken belagert. Durch eine Tür, die Kerkoporta genannt und aus Versehen offen gelassen wurde, konnten die Osmanischen Truppen in die Stadt eindringen und sie schließlich einnehmen. Es gibt ein Buch, das gerne von Technologen übersehen wird: „Architektur ohne Architekten. Eine Einführung in die anonyme Architektur“. Zuerst wurde es im Jahr 1964 als Katalog einer Ausstellung im MoMA, des Museum of Modern Art in Manhattan in New York, veröffentlicht. Kuratiert wurde die Ausstellung von Bernard Rudofsky, einem tschechisch-amerikanischen Intellektuellen. Wikipedia beschreibt ihn als „Schriftsteller, Architekt, Sammler, Lehrer, Designer und Sozialhistoriker“ - in einer Zeit, in der man diesen Titel nur bekam, wenn man ihn auch verdient hatte. Rudofsky organisierte unter anderem eine Serie kontroverser MoMA-Aus- © Uni Passau FORUM Standpunkt 5 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt stellungen in den 1940ern, 1950ern und 1960ern - eine seiner Vorlesungen handelte von „Wie können Menschen gute Architektur erwarten, wenn sie solche Kleidung tragen? “ Also: Wie können wir Sicherheit in den Städten erwarten, wenn diese so wie gerade im Moment organisiert sind? Oder, um die Frage umzudrehen und sie weniger theoretisch (und praktischer) zu formulieren, als sie es jetzt schon ist: Wie können wir unsere Städte verändern, um sie sicherer zu machen, aber gleichzeitig ihr menschliches Gesicht beibehalten und wo könnten wir sie möglicherweise noch verbessern? Wir wollen uns ein Zukunftsszenario vorstellen: Otto Normalverbraucher, dieser imaginäre Freund von John Smith aus UK und Mario Rossi aus Italien, hat zwei Möglichkeiten: 1. Er kann sein ganzes Leben lang zuhause bleiben, eingesperrt in seinem goldenen Käfig, welcher voller Technologien (alle oben erwähnten) ist, die ihn beschützen vor allem Ungewollten, Unangenehmen und Ungeplanten - aber so ein Leben ist letztendlich elend, richtig? 2. Oder er kann seine tägliche Routine bereichern mit Hilfe von Technologie, die ihn von jungen Jahren bis ins hohe Alter begleiten wird. Letzteres ist eine schönere Vorstellung, die das Leben wertvoll(er) macht. Also wollen wir uns daran halten und ein paar Ideen daraus entwickeln. Ich bin Professor am Lehrstuhl für Informatik, Digital Libraries and Web Information Systems an der Universität Passau. Vor kurzem haben wir ein neues Forschungsprojekt erworben, finanziert von der Europäischen Kommission als Teil des Secure Societies Programm des Horizont2020 Rahmenprogramms. Unser Projekt behandelt die Entwicklung eines Situationsbewusstseins für Cybersicherheit und einer Lösung für den Informationsaustausch, um mithilfe von Advanced Big Data Analytics von regionalen öffentlichen Verwaltungen angewandt zu werden. Wie man sehen kann, ist das ein weites Feld: es könnte jede Art von Forschungsgegenständen einbeziehen, einschließlich - wie schon zu erwarten war - Big Data und IoT. Allerdings sahen wir auch die Möglichkeit, etwas auf den Markt zu bringen, von dem wir denken, dass es bahnbrechende Veränderungen bringen wird: Unser Beitrag zu den Herausforderungen, die solch ein Projekt mit sich bringt, bezieht sich hauptsächlich auf die Bereitstellung einer Schnittstelle zwischen Natural Language und eines entsprechenden Semantic Knowledge Graphs, der Interaktionen durch Natural Language unterstützen kann. Man könnte meinen, dass diese Herangehensweise ikonoklastisch oder unerwartet wäre - aber glauben Sie mir: Sie folgt natürlichen Mustern und - was wir (Wissenschaftler und Forscher) oft vergessen - den Grundbedürfnissen der Menschen, als Antrieb und Motivation unserer Forschung. Wie ich schon eingeräumt habe, ist Sicherheit nicht das Epizentrum meines Lehrstuhls; alle Technologien, die wir entwickeln und bereitstellen, basieren auf Computerlinguistik und Werkzeugen zur Verarbeitung natürlicher Sprache für, unter anderem, Sentiment Analyse und Mining. Solche Anwendungen können in fast allen Bereichen der Informations-Technologien und von Unternehmen gefunden werden. Und wegen dieser Qualität ihrer Verfügbarkeit erachten wir sie als sehr relevant für die Anwendung in der städtischen Umgebung und FORUM Standpunkt 6 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt bei allen Interaktionen und Transaktionen, welche Bürger untereinander und mit Unternehmen und Verwaltungen tätigen. Wenn meine Kinder alleine Zuhause sind, weil ihre Mutter und ich noch unterwegs sind - einer macht Überstunden wegen eines unerwarteten Vorfalls in einem Projekt, der andere steht im Stau, nur ein paar Kilometer außerhalb der Stadt, der aber die Heimfahrt um ein bis zwei Stunden verlängern wird - dann sollte es eine Art technologische Assistenz geben, um die Tür zu öffnen und ein Päckchen entgegen zu nehmen von einem menschlichen Postboten oder einem Roboter, der zertifiziert und authentifiziert wurde. Oder, falls es möglich wäre, könnte das Päckchen sofort umgeleitet werden zu einem der beiden Elternteile, mit einer Drohne ins Büro oder Auto (zu dem, der im Stau steht...), so dass die Kinder ihren Feierabend mit Spielen und Lesen verbringen können. In der Vergangenheit hätte man sich das oben beschriebene Szenario als einen Vorgang aus zusammengemixten Dienstleistungen vorgestellt, welche eine leistungsstarke Orchestrierung und eine ebenso erfolgreiche Choreographie verlangen. Hier hat ein gutes Stück Arbeit über die letzten 20- oder 30-Jahre stattgefunden, woraus Bereiche wie Dienstleistungen und Interoperabilität von IT-Systemen, usw. entstanden sind. Innovationen sind in diesen Bereichen herangereift. Was wir jetzt brauchen, ist weiterzugehen und dem Leben, dem echten Leben, wie es tagtäglich in unseren Routinen stattfindet, zu erlauben, die Führung zu übernehmen und die Dienstleistungen zu bestimmen. Man könnte jetzt gerechterweise fragen: und was hat Natural Language damit zu tun? Eine gute Frage, die eine ebenso gute Antwort braucht: Während der letzten 20 oder 30 Jahre hat sich die Sprachtechnologie so entwickelt, dass Ressourcen und Verarbeitungswerkzeuge jetzt klar voneinander getrennt sind. In der Vergangenheit haben regelbasierte Systeme spezielle Lexika enthalten, die wenig zu tun hatten mit am Menschen orientierten Lexika und mit Grammatikregeln, die völlig „unnatürlich“ sind im täglichen Gebrauch der Menschen. Heutige Korpora und Lexika sind sehr nahe am Menschen orientierte Ressourcen, während die Werkzeuge, mit denen sie verarbeitet werden, zu einem erheblichen Grad sprach-unabhängig sind. Was bedeutet das? In einfachen Worten: Man baut ein System, welches für den Gebrauch in Hongkong erstellt wurde und leicht anpassbar ist, um Sprachanforderungen zu erfüllen, wodurch dasselbe System oder eine hybride Anpassung für München oder Barcelona oder Edinburgh angeboten werden kann. Sprache mag immer noch eine Hürde für Menschen sein, aber Maschinen stehen kurz davor diese erfolgreich zu überwinden. Wer auch immer das anzweifelt, müsste sich nur Google Translate ansehen und ausprobieren - um nur ein bekanntes Beispiel zu nennen. Zukünftig wird es viele andere Anbieter geben, die Google Translate übertreffen werden, genauso wie ein Spitzenklasse-Automodell beispielsweise von Mercedes, wenn wir etwa ein aktuelles mit einem der ersten Modelle desselben Herstellers vergleichen. „Semantic Web“, das bisher immer als heiliger Gral angesehen wurde, um die darunterliegende Technologie vieler Denksysteme zu verbessern, wie zum Beispiel die des Bereichs von Sicherheit und Smart Cities, ist kein Allheilmittel für semantische Probleme, da es auf Sprache basiert. Wir können recht gehen in der Annahme, dass heutzutage Technologie mit multimodaler Semantik arbeiten kann. Allerdings bleibt Sprache für die menschliche Kommunikation das wichtigste Mittel und in diesem Sinne ist das semantische Netzwerk, welches Sprache als sein Rückgrat und seinen „Nukleus“ (größtenteils) gebraucht, derzeit das ausdrucksvollste und verlässlichste Werkzeug. Die „Reise“ in der Forschung endet niemals: Vor kurzem haben wir unsere neue Forschungs-Agenda für die nächsten Jahre geplant. Dabei können wir sehen, dass Blockchain, eine Technologie die - fälschlicherweise - mit Bitcoin in Verbindung gebracht wird, eine noch viel größere Rolle spielen wird. Für einige Anwendungen, für welche wir gewöhnlich Barcodes und QR-Codes verwenden, die jetzt schon nicht mehr innovativ sind, werden wir IoT-Sensoren verwenden, um Service und Produktströme von „der Wiege bis ins Grab“ zu verfolgen, und Blockchain- Technologie wird verwendet werden für Basissysteme zur Rückverfolgbarkeit und für Transparenz. Ich möchte diesen Beitrag mit einer Voraussage abschließen: Unsere Städte werden sicherer und viel intelligenter sein als heute. Das einzige, was ich nicht beantworten kann, ist die Frage, ob wir in dieser Zukunft glücklicher sein werden oder nicht. In meiner Eigenschaft als Wissenschaftler und Forscher, aber auch als Professor, der täglich mit jungen Menschen zu tun hat, kann ich sagen, dass wir jeden Grund haben, an diese bessere Zukunft zu glauben! Prof. Dr. Siegfried Handschuh Universität Passau Lehrstuhl für Informatik Digital Libraries and Web Information Systems Kontakt: siegfried.handschuh@uni-passau.de AUTOR 7 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt City to Go Lange Zeit galten Städte als Orte des Flanierens. Man konnte in der Innenstadt spazieren gehen und auf dem Marktplatz ungezwungen verweilen. Zum Glück wurden nicht alle Marktplätze vor 50 Jahren zu Durchgangsstraßen gemacht, doch nahm das Automobil mehr und mehr Besitz von unseren Innenstädten. Dies führte nicht nur dazu, dass mehr und mehr Entwicklungen auf das Auto abgestimmt wurden, sondern auch, dass heute vor allem Autos den Stadtraum immer mehr blockieren und beeinträchtigen. Vor und nach einem 90 Minuten langen Fußballspiel steht man heute fast genauso lange in einem Parkhaus und wartet erst auf die Eindann auf die Ausfahrt. Und so entwickeln sich Bahnhöfe zunehmend von reinen Verkehrsflächen zu urbanen „Innenhöfen“, in denen neben Zügen vor allem Geschäfte zu finden sind und man eingeladen wird, auch zu flanieren. Und dies geschieht primär außerhalb der Innenstädte, an größeren zentralen Verkehrsknotenpunkten mit der Integration von Geschäften, teilweise Kinos und natürlich komplexen Bahnsteigzugängen. Bahn-Hof als Innen-Hof Diese Entwicklung ist derzeit intensiv zu beobachten und teilweise sogar so erfolgreich, dass Bahnhöfe damit die Debatte um die Ladenöffnungszeiten bestimmen. Was hat dies nun mit dem Thema Sicherheit zu tun? Es ist nur eine Seite der Medaille, dass sich Bahnhöfe immer mehr zu sogenannten „Einkaufstempeln“ wandeln. Auf der anderen Seite sind es Verkehrszentren, die zunehmend an das neue Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen werden, das in Deutschland hoffentlich bald in einer ähnlichen Bahnhöfe funktionieren künftig wie Innenstädte - mit dieser Aussage wollte ich meine Studenten zu Beginn einer Vorlesung zum Nachdenken zu bringen. Allerdings erreichte ich (zunächst) das Gegenteil: Kopfschütteln, Desinteressiertheit: „Bahnhöfe sind doch langweilig, eigentlich immer schon“. „Gut, dann können wir ja hier aufhören“, entgegnete ich. Bis eine Studentin meinte: „Halt, moderne Bahnhöfe werden doch immer öfter außerhalb gebaut: Kassel Wilhelmshöhe, Frankfurter Fernbahnhof und beispielsweise der Hochgeschwindigkeitsbahnhof Hefei in China. Also, was meinen Sie damit? “ Die Frage, wie das gemeint ist, soll auch Leitfaden für diesen Artikel sein. Wir alle beobachten, dass sich Städte derzeit massiv verändern bzw. „transformieren“. Veränderte Arbeitszeiten der Bewohner, E-Mobility und vor allem der Internethandel beeinflussen derzeit auch die moderne Stadtentwicklung und stellen Herausforderungen an speziell angepasste neue Sicherheitskonzepte. Einerseits werden die neuen Bahnhöfe die Knotenpunkte des Hochgeschwindigkeitsnetzes sein und verlangen nach einer erhöhten Sicherheit und „architektonischen Klarheit“. Andererseits verbindet man Bahnhofsflächen mit modernen Einkaufskonzepten und es wird den Sicherheitsmanagern schwer gemacht, ihre Aufgaben direkt zu erfüllen. Bahnhöfe waren lange die Zentren und zeichneten sich durch eine unmittelbare Anbindung zu den Innenstädten aus. Nun werden sie einer gänzlich neuen Rolle zugeführt. Dieses veränderte Rollenverständnis soll in diesem Artikel als Ausgangspunkt genommen werden. Damit geht jedoch auch ein anderes komplexeres Sicherheitsverständnis einher, das dann hauptsächlich thematisiert werden soll. Transforming Security Bahnhöfe sind die Innenstädte der Zukunft Sicherheitsmaßnahmen, Risikoreduzierung, Bahnhöfe, Verkehrsknoten, Öffentlicher Raum Stefan Pickl © UniBw 8 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt Form ausgebaut wird, wie wir es schon länger in Frankreich beobachten können. Auch wenn sich der Autor bewusst ist, dass diese beiden Länder geographisch nicht vergleichbar sind, soll an dieser Aussage etwas festgemacht werden: Eine 200 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsstrecke wird nicht nach der erreichbaren Höchstgeschwindigkeit beurteilt, sondern nach dem langsamsten Streckenabschnitt - auch wenn der nur 20-Kilometer lang ist. Hochgeschwindkeitsnetz 2040 Entfernen wir uns vom Hauptthema oder umzingeln wir es gerade? Einerseits das Hochgeschwindigkeitsnetz, andererseits die Einkaufstempel: Sorgt man sich um die Sicherheit beim Hochgeschwindigkeitsnetz, verändert dies die Infrastruktur des Bahnhofs, sie wird zunehmend komplexer. Die Entwicklung des Hochgeschwindigkeitsnetzes ist (nach Meinung des Autors) eines der spannendsten Themen, das mit großen Veränderungen in Europa in den nächsten Jahren verbunden sein wird. ICE, TGV treten in Konkurrenz zum Flugzeug. Dies geschieht hinsichtlich der Schnelligkeit, des Komforts, des Preises, aber, und nun kommen wir zum Thema, auch hinsichtlich der Sicherheit und der integrierten Sicherheitskonzepte. Nicht umsonst wird von der Bahn als größtem Konkurrenten des Flugzeugs gesprochen. Und in der Tat ist auch der Vergleich mit Flughäfen doppelt gegeben. Bereits vor 20 Jahren wurde erkannt, dass man mit Flughäfen primär im Retail-Bereich Geld verdienen kann. Also richtete man mehr und mehr Geschäfte ein. Bei den Bahnhöfen ist es anders. Hier gab es schon immer Geschäfte und nun macht man sich Gedanken um die Sicherheit. Diese soll nun im Kontext von Transforming Security speziell behandelt werden. Der Bahnbetrieb war schon immer besonderen Sicherheitsvorkehrungen unterworfen: Personen können ins Gleisbett fallen, Fußballfans sind nicht immer die besten Reisebegleiter und auch Taschendiebe werden durch die Bahnreisenden angezogen. Neben Flughäfen ziehen jedoch auch Bahnhöfe und Hochgeschwindigkeitszüge vermehrt das Interesse von Terroristen auf sich. Die Frage, die sich hier stellt, ist, wie geht man damit um - und vor allem, wie wird sich dies in Zukunft entwickeln? Der Autor vertritt die Auffassung, dass sich die Verantwortlichen dieses Problems derzeit äußerst bewusst sind und ihm bereits hochprofessionell begegnen. Zwar sollte man sich klar machen, dass der Anteil von Terrorismus weltweit gegenüber Todesfällen durch Alkohol oder im Vergleich zur Kindersterblichkeit im allgemeinen eher zu vernachlässigen ist. Jedoch ist die Bedrohung ernst zu nehmen, da die Lage emotional sehr aufgeladen ist. Das bedeutet daher nicht, dass man die Zahlen nivellieren sollte. Hauptbahnhof Frankfurt. © Pixabay 9 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Standpunkt System of Systems Sicherheit ist kein Randthema, ganz im Gegenteil: Sicherheitskonzepte und Sicherheitsbewusstsein werden sich künftig verändern. Man wird nicht den Zug als solches absichern und auch nicht den Bahnsteigbereich, sondern wahrscheinlich ganze Zugangszonen. Eine komplexe Aufgabe, denn man kann zwar die Hautpzugänge absichern, aber kleinere Bahnhöfe werden dabei eher außen vor bleiben. Im Rahmen von Forschungsprojekten werden „Netze von Netzen“ derzeit an der Universität der Bundeswehr München (UniBW) untersucht und mit Kollegen des dortigen RISK-Centers diskutiert und weiterentwickelt. Terroristische Anschläge auf den ÖPNV erzeugen ein wachsendes Verunsicherungspotenzial bei Kunden und verstärken die Forderung nach mehr Sicherheit, vor allem im Bereich der Hochgeschwindigkeitssysteme. Dabei gilt es stets zwischen den anfallenden Kosten für Sicherheitsmaßnahmen und -technologien und der dadurch zu schaffenden Risikoreduzierung abzuwägen. Eine detaillierte Analyse ist aufgrund der großen Menge an Einflussfaktoren sehr komplex, weshalb wir uns im Rahmen des deutsch-französischen Verbundprojekts „REsilience of the Franco-German High Speed TRAIn Network“ (REHSTRAIN) dieser Aufgabe in speziellen Kontexten widmen. Das Projekt ist seitens Informatik, Wirtschaftsinformatik und insbesondere Operations Research eine große Herausforderung. Heutzutage steht man technischen Innovationen oft sehr skeptisch gegenüber. Ob dies gerechtfertigt ist? Wenn man sich klar macht, dass auch bei Tankstellen, Banken und Kinos verschiedene Sicherheitssysteme eingesetzt werden, könnte man sich ein größeres Objekt, wie einen Bahnhof, einfach als eine große Tankstelle vorstellen. Verschiedene Sicherheits-Szenarien untersuchen wir in einem internationalen Expertenkontext, entwickeln dabei Planspiele, berechnen Sensornetzwerke und wägen Vor- und Nachteile von Investionen ab. Aspekte, vor rund 10 Jahren als spieltheoretische Konzeption vorgestellt und teilweise belächelt, haben sich heute im strategischen Management fest etabliert und werden zum Teil sogar von der Wirklichkeit überholt. Der dafür entwickelte Begriff lautet: „Transforming Security“ oder auch „vorgelagerte Sicherheit“. Vorgelagerte Sicherheit Von dem ehemaligen Sicherheitschef des Frankfurter Flughafens hörte ich den Satz: „Wenn Sie mit Ihrem Auto den Flughafen erreicht haben, haben Sie den gefährlichsten Teil ihrer Reise bereits hinter sich und (nun) den sicheren Bereich erreicht.“ Bei Bahnhöfen wird es künftig ähnlich sein. Nicht die Fahrt im ICE wird den sicherheitsrelevanten Kernbereich darstellen, sondern die Bahnhöfe und verschiedenen Zugangsbereiche im Vorfeld. Welche Konzepte dazu entwickelt werden, kann man derzeit nur erahnen. Zugangskontrollen am Zug und auch auf dem Bahnsteig sind denkbar, auch wenn das manchen zu weit geht. Doch wenn schon Weihnachtsmärkte in unbedeutenden Vororten mit Betonkübeln geschützt werden, lohnt es sich auf jeden Fall, über Alternativen nachzudenken. Deutsch-Französisches Forschungsprojekt REHSTRAIN Im Rahmen des deutsch-französischen Forschungsprojektes REHSTRAIN, das auf dem RIKOV Projekt aufbaut, ist dies an mehreren Stellen erfolgreich geschehen und wird hoffentlich in einem dynamischen Forschungsverbund in Kooperation mit dem RISK Center der UniBW München und dem HOLM (House of Logistics and Mobility) weiter entwickelt. Ein Beispiel: Systeme von Google und Amazon können bereits heute sehr individuelles Verhalten erfassen und auch vorhersagen. Mit solchen Systemen lässt sich beispielsweise auch auffälliges Verhalten feststellen. Weiteres Beispiel: In kleineren Gemeinden hat man in den Innenstädten das Durchfahrttempo zu Zeiten von 50-km/ h auf 30 km/ h heruntergesetzt, um das Gefährdungspotenzial zu reduzieren. Dies war zwar mit Einschränkungen für den Autoverkehr verbunden, von der Einführung von Fußgängerzonen gar nicht zu sprechen. Wenn Bahnhöfe die neuen Marktplätze bzw. Innenstädte werden, dann kommen wir nicht umhin, auch Fragen hinsichtlich der Einführung einer sogenannten „Schrittgeschwindigkeit“ zu überdenken. Man kann nicht nur die Vorteile einer Veränderung aufnehmen. Manchmal gilt diese Schrittgeschwindigkeit auch nur für LKW, um eine gewisse Analogie herzustellen. Welche Einschränkungen sind wir bereit am Bahnhof auf uns zu nehmen, damit wir sorgenfreier flanieren und reisen können? Welchen Preis sind wir bereit dafür zu bezahlen? Das sind die beiden Kernfragen der „Transforming Security“. Prof. Dr. Stefan Pickl UniBW München, Risk Center Lehrstuhl für Operations Research, COMTESSA Kontakt: stefan.pickl@unibw.de AUTOR 10 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Der Branchennachwuchs profitiert von den erstklassigen Kontaktmöglichkeiten der IT-TRANS in Verbindung mit den vorteilhaften Konditionen durch BMWi und BAFA und einem schlüsselfertigen Stand. „Wir freuen uns, wenn möglichst viele Start-ups das Angebot des BMWi annehmen und die IT-TRANS als Plattform für ihre innovativen Ideen nutzen“, fordert IT-TRANS Projektleiter Jochen Georg zur Bewerbung auf. Teilnahmebedingungen und weitere Informationen gibt es auf der Website der IT-TRANS. Die sechste IT-TRANS findet vom 6. bis 8. März 2018 in der Messe Karlsruhe statt. Veranstalter sind die Karlsruher Messe- und Kongress GmbH und der Internationale Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP) mit Sitz in Brüssel. Die IT-TRANS, Internationale Konferenz und Fachmesse für intelligente Lösungen im öffentlichen Personenverkehr, feierte ihre Premiere im Jahr 2008 in Karlsruhe. Innerhalb kurzer Zeit hat sich das zweijährige Event als wichtigste Plattform der Branche etabliert. Veranstalter sind der Internationale Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP) und die Karlsruher Messe- und Kongress GmbH. Die IT-TRANS richtet sich an alle Akteure des öffentlichen Personenverkehrs und insbesondere an Entscheidungsträger in öffentlichen und privaten Verkehrsbetrieben, in Verkehrsbehörden und Verbänden. In der dreitägigen Konferenz stellen internationale Referenten praxisnah in Sessions, Workshops und Präsentationen Innovationen vor und geben Empfehlungen für die praktische Umsetzung von digitalen Lösungen im öffentlichen Personenverkehr. Rund 250 internationale Unternehmen präsentieren in der Fachmesse ihre neuesten Produkte und Dienstleistungen. Die nächste IT-TRANS findet vom 6. bis 8. März 2018 in der Messe Karlsruhe statt. Weitere Informationen: www.it-trans.org und www.twitter.com/ IT_TRANS IT-TRANS: internationale Plattform für Start-ups Bundeswirtschaftsministerium fördert Messeteilnahme junger innovativer Unternehmen Auf der IT-TRANS, Internationale Konferenz und Fachmesse für intelligente Lösungen im öffentlichen Personenverkehr, erhalten junge Unternehmen die Chance, ihre innovativen Lösungen einem internationalen Fachpublikum an einem Gemeinschaftsstand zu präsentieren. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördern die Teilnahme am Gemeinschaftsstand mit der Übernahme von 60 Prozent der Gesamtkosten. Der Eigenanteil beträgt lediglich 40 Prozent. Der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderte Gemeinschaftsstand junger Unternehmen der IT-TRANS 2016. © KMK/ Jürgen Rösner 11 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Tel. 0771 8005-0 · www.mall.info Alle Planerhandbücher auch auf www.mall.info abrufbar. Mit insgesamt fünf Broschüren aus den Produktbereichen: Regenwasserbewirtschaftung Abscheider Kläranlagen Pumpen- und Anlagentechnik Neue Energien unterstützt Mall Planer und Behörden bei der Auslegung von Projekten. Eine Handvoll Planerhandbücher Expertenwissen mit Projektbeispielen dbü h h Fachmesse fördert gezielt junge Unternehmen Die stetig wachsende Zahl der internationalen Aussteller und ein Fachbesucheranteil von über 98-Prozent unterstreichen das hohe Niveau und die Bedeutung der Leitmesse als Informationsplattform der Energiebranche. Auf der E-world stellen etablierte Unternehmen ebenso wie Start-ups ihre innovativen Lösungen vor - zum Beispiel Technologien für intelligente Energieübertragung und -speicherung sowie zur Integration und Vernetzung von Prosumern. Ein weiterer Fokus der Messe liegt auf der Unterstützung junger Unternehmen. Der Ausstellungsbereich „E-world Innovation“ bietet Firmengründern die Chance, wichtige Kontakte zu Investoren und Vertretern der Industrie zu knüpfen: 77 Prozent der Fachbesucher sind Entscheider. Smart City im Fokus Zukunftsthema auf der E-world energy & water 2018 Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher und nachhaltiger zu gestalten, ist eine zentrale Herausforderung der nächsten Jahre und bietet vielfältige Chancen für die internationale Energiewirtschaft. Als Leitmesse rückt die E-world energy & water 2018 daher das Thema Smart City in den Fokus - mit dem Ziel, die Zukunftsfelder der Branche auszubauen. Auf der E-world energy & water präsentieren sich etablierte Unternehmen und Start-ups vom 6. bis 8.- Februar 2018 in der Messe Essen. Die E-world setzt ihren Wachstums- und Innovationskurs weiter fort. 2017 verzeichnete sie mit 710 Ausstellern und rund 25.000 internationalen Fachbesuchern einen Rekord. Darunter waren knapp 20- Prozent Unternehmen aus dem Bereich Smart Energy; zudem stellten zahlreiche junge Unternehmen, Universitäten, Forschungsinstitute und Start- Ups ihre Produkte und Dienstleistungen auf der Gemeinschaftsfläche „E-world Innovation“ vor. Viele Unternehmen haben für 2018 bereits ihre Stände gebucht - darunter innogy, E.ON, Shell, Bosch, Engie, Siemens und Veolia. Intelligente Lösungen für die Stadt der Zukunft Die fortschreitende Digitalisierung wird Städte und Ballungsräume nachhaltig verändern: Im Fokus steht die Integration von Elektrizität und Wärme, effizienten Gebäuden und elektrischem Transport in ein intelligentes, flexibles und optimiertes Gesamtsystem. Zur Präsentation von intelligenten Lösungen für diese Herausforderungen setzt die E-world 2018 erstmalig den Themenschwerpunkt: „Smart City“. Rund um die vier Fokusthemen Mobilität, Wärme, Netze und Gebäude wird es ein vielfältiges Rahmenprogramm geben. In zahlreichen Vorträgen und Diskussionen werden internationale Projekte und Initiativen zur intelligenten Stadtplanung vorgestellt und konkrete Lösungsansätze diskutiert. Die bestehenden Foren Energy Transition, Smart Tech und Innovation werden durch das Forum Finance & Trading ergänzt. Impressionen aus Halle 3. © Rainer Schimm 12 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Rohrleitungen - Innovative Bau- und Sanierungstechniken Das 32. Oldenburger Rohrleitungsforum geht zu den Anfängen zurück Das 32. Oldenburger Rohrleitungsforum steht vor der Tür, und es ist an der Zeit, zu den Wurzeln zurückzukehren - so oder so ähnlich werden die Macher der oldenburgischen Kultveranstaltung gedacht haben, als sie das Motto für das Forum 2018 festlegten: In der Tat verspricht der Titel „Rohrleitungen - Innovative Bau- und Sanierungstechniken“ ein hohes Maß an Bodenhaftung, nachdem in den letzten Jahren mit Themen wie „Rohrleitungen in digitalen Arbeitswelten“ und „Intelligenten Netze“ der Blick vorwiegend in die Zukunft gerichtet worden ist. Rohrleitungen unterliegen wie alle anderen Bauwerke dem technischen Verschleiß und der Alterung. Da viele Leitungsnetze bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurden, sind dementsprechend besonders in den Innenbereichen größerer Städte umfangreiche Maßnahmen zu erwarten. „Hierbei muss es sich nicht immer zwangsläufig um Neubau handeln“, erklärt Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V., Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg und Vizepräsident der Jade Hochschule, „mittlerweile gibt es viele gute, angepasste Technologien, die von grabenloser Verlegung bis hin zu ausgefeilter Sanierungstechnik reichen.“ Und die Ingenieure und Techniker, die Mitarbeiter der Wasser- und Gaswerke sowie der Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe, die täglich mit dieser Materie umgehen, wollen über den aktuellen Stand der Entwicklung informiert werden, ist der Hausherr des iro überzeugt. Dementsprechend sollen am 8.- und 9.-Februar 2018 Neuerungen in der Sanierungstechnik vorgestellt, aber auch die digitalen Themen der Vorjahre weitergesponnen werden. Nicht vernachlässigt werden die bewährten Klassiker, die wie immer Eingang in die Programmvielfalt des Oldenburger Rohrleitungsforums finden. Gespannt sein können die Besucher auch wieder auf die „Diskussion im Café“ und den „Ollnburger Gröönkohlabend“ in der Weser-Ems-Halle, der den ersten Veranstaltungstag beschließt. Bei der Eröffnung wird die Basis gelegt Die inhaltliche Basis wird wie im letzten Jahr während der vorabendlichen Eröffnung im Sitzungssaal des ehemaligen Oldenburger Landtagsgebäudes gelegt. „Sanierung der Rohrleitungssysteme - ökonomisch notwendig, technisch vielfältig, qualitativ hochwertig“ lautet der Titel einer der beiden Einführungsvorträge zum 32. Oldenburger Rohrleitungsforum. Er macht deutlich, dass sich in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten viel getan hat. Auftraggeber und Netzbetreiber können heute aus einer breiten Palette von Materialien, Verfahren und Techniken wählen, wenn es um die Instandhaltung der unterirdischen Leitungsinfrastruktur geht. Dass sich hierbei das Verhältnis von Neubau und Sanierung stetig ändert, zeigen unter anderem die Ergebnisse der im Mai 2016 von der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) veröffentlichten neuesten Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland. Im öffentlichen Bereich weisen rund ein Fünftel der Kanalhaltungen Schäden auf, die kurzbis mittelfristig saniert werden müssen. Bezogen auf die gesamte Kanalnetz- Bild 1: Anlagenbau © Friedrich Vorwerk KG (GmbH & Co.) Bild 2: Sanierung mittels GFK-Schlauchliner. Lichtquelle 8x400W in einem Liner DN 300. © BKP Berolina Polyester GmbH & Co. KG 13 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen länge in Deutschland entspricht dies rund 3 %. Gravierende Änderungen zeigten sich im Bereich der Sanierungsverfahren. Der Anteil der Erneuerung ging von 53,0 % im Jahr 2001 auf 26,3 % im Jahr 2013 zurück. Umgekehrt hierzu veränderte sich der Anteil der Reparaturverfahren von 30,0 % auf 55,3 %. Der Anteil der Renovierungsverfahren veränderte sich hingegen nur leicht von 17,0 % auf 18,4 %. Sanierung im Blickpunkt Untersuchungen wie diese unterstreichen: Es ist an der Zeit, den Sanierungstechniken die Beachtung zu erweisen, die sie verdienen. Das geschieht an zwei Veranstaltungstagen in gewohnter Manier: Es gibt fünf thematische Vortragsstränge mit insgesamt 30- Veranstaltungen, die mit jeweils drei Referenten und einem Moderator dem bewährten Muster folgen. Hinzu kommt die Diskussion im Cafe. Der erste Vortragsstrang beginnt am Donnerstagmorgen und ist wie immer dem Leitthema vorbehalten. Nach dem Auftakt mit Antworten auf die Frage „Kanalsanierung - wie gehe ich vor? “ stellt mit der hanse- Wasser Bremen GmbH ein großer regionaler Netzbetreiber „Moderne Verfahren zur Inspektion und Sanierung von Abwassernetzen“ vor. Weiter geht es mit Beispielen aus der Praxis, ein Vortragsblock, in dem der Andrang erfahrungsgemäß immer besonders groß ist, wie Wegener weiß. Es folgen Vorträge zu den Themenkomplexen „Qualität bei der Sanierung von Kanälen“, „Innovative Rennovationsverfahren in der Rohr- und Schachtsanierung“ und „Best practice in der Sanierung - Erfolg wird sichtbar“. Qualität der Dreh- und Angelpunkt Gerade der Auseinandersetzung mit Qualitätsaspekten kommt nach Meinung von Prof. Wegener entscheidende Bedeutung zu. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von Verfahren entwickelt, die die Funktionsfähigkeit der schadhaften Kanalhaltung wieder für viele Jahre oder sogar Jahrzehnte sicherstellt. Je nach Sanierungskonzept und maßnahmenabhängigen Randbedingungen kann eine Reparatur, eine Renovierung oder eine Erneuerung zweckmäßig sein. Aus diesen Verfahrenshauptgruppen ist dann das passende Verfahren auszuwählen. Neben der fachgerechten Planung und Verfahrensauswahl ist auch die entsprechend sorgfältige Ausführung für den Erfolg einer Sanierungsmaßnahme entscheidend. „Und hierbei spielt die Qualitätssicherung eine essentielle Rolle“, ist Wegener überzeugt. Die zweite Vortragsreihe ist traditionell den Werkstoffen vorbehalten. Die verschiedenen Hersteller nutzen die Gelegenheit und stellen vor, was bei Ihnen der Stand der Technik ist. Hierin quasi eingebettet werden die Kabel - ein nach wie vor eher stiefmütterlich behandeltes Thema. Immerhin sorgen die Entwicklungen bei den Höchstspannungs-Erdkabeltrassen bei den Fachleuten schon immer für reges Interesse, und die Vorstellung von innovativen Bettungsmaterialien dürfte für angeregte Diskussionen sorgen. Innovative Ansätze im Kanalbetrieb Beim dritten Vortragsstrang geht es unter anderem ums Gas. Neben Ausführungen über die „Ingenieurbaukunst im Pipelinebau“ beschäftigen sich die Referenten mit der „Planung und Vorbereitung als Schlüssel zum Erfolg“. Und bei der traditionellen Diskussion im Café wird die provokative Frage gestellt, ob das Gasnetz noch zu retten ist. Darüber hinaus kommt mit dem OOWV (Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband) ein regionales Schwergewicht zu Wort, bei dem es sich um den größten Flächenentsorger Deutschlands handelt. Die Referenten berichten über „Innovative Ansätze zur Berücksichtigung der Bodenverhältnisse im Rohr- Bild 3: Einbindung Hauptleitung unter 4 bar Betriebsdruck (Gas). Anschlüsse an PE-Großrohr unter Betriebsdruck ohne Trennen der Leitung möglich. © Friatec AG Bild 4: Das Compact Pipe-Verfahren eignet sich sowohl für die Sanierung von Wasser- und Gasleitungen als auch von Industrie- und Kanalrohrleitungen aus Stahl, Guss, Keramik und Beton. © Diringer & Scheidel Rohrsanierung 14 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen leitungsbau und im Kanalbetrieb“, wobei unter anderem 3D-Untergrundmodelle als Unterstützung für die Auswahl des Bauverfahrens und die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorgestellt werden. Grabenlos im Fokus Den Auftakt der vierten Vortragsreihe bilden die Vortragsblöcke zur grabenlosen Verlegetechnik I und grabenlosen Verlegetechnik II, die seit Jahren zu den am besten besuchten Veranstaltungen zählen: „Welche Tiefenlage ist erforderlich? “, wie sehen „Geotechnische Untersuchungen für ultralange- HDD“ aus? Ausgewiesene Fachleute berichten über die aktuellen Entwicklungen im Horizontal Directional Drilling. Praxisbeispiele zur Sicherung der Infrastruktur in Hamburg sowie Erfahrungsberichte aus der Welt der Bau- und Verfahrenstechnik des Rohrleitungsbaus komplettieren neben aktuellen Informationen der German Society for Trenchless Technology (GSTT) aus der Welt des grabenlosen Bauens diesen Bereich. Der fünfte und letzte Vortragsstrang bildet 2018 die einzige Einheit, die sich unter dem Titel „Bedeutung und Bewertung von Wasserverlusten in Trinkwassernetzen“ mit dem Thema Wasser beschäftigt. Gleichzeitig wird in Vorträgen über Building Information Modeling (BIM) und Industrie 4.0 der digitale rote Faden der letzten beiden Foren noch einmal aufgegriffen. Mit langjährigen Klassikern wie Fernwärme und Schweißtechnik geht das Forum zu Ende. „In diesem Sinne haben wir für das 32. Oldenburger Rohrleitungsforum ein praxisorientiertes und handfestes Programm auf die Beine gestellt “, blickt Wegener voraus. „Gleichzeitig gehen wir inhaltlich wieder zurück zu den Anfängen der Veranstaltung.“ Vor über 30 Jahren hatte Prof. Joachim Lenz, Gründer und langjähriger Geschäftsführer des Instituts für Rohrleitungsbau Oldenburg, das Forum aus der Taufe gehoben, indem er die Bauunternehmer aus der Region zusammenrief, um mit ihnen und den Netzbetreibern über Rohre zu reden. „Hier knüpfen wir jetzt an, lassen die Zukunft einmal ruhen und diskutieren über die Dinge, die uns bei der tagtäglichen Arbeit mit den Rohrleitungen bewegen,“ so Wegener. Wie in jedem Jahr ist der Ausstellungsbereich bereits komplett ausgebucht - Anmeldungen zum Forum sind natürlich noch möglich. Die Veranstalter rechnen mit mehr als 3000 Besuchern aus dem In- und Ausland, die gemeinsam mit rund 350 Ausstellern und etwa 130 Referenten und Moderatoren die Jade Hochschule an der Ofener Straße in Oldenburg für zwei Tage zum Mittelpunkt der Tiefbaubranche machen werden. Das Oldenburger Rohrleitungsforum als Treffpunkt der Wirtschaft und der Wissenschaft, als Marktplatz von Know-how und dem Neuesten aus der Rohrleitungswelt. Institut für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V. Ofener Straße 18 / 26121 Oldenburg Frau Ina Kleist Tel.: +49 (0) 441 361039-0 / Fax: +49 (0) 441 361039-10 E-mail: Kleist@iro-online.de / www.iro-online.de über 3.000 Besucher aus Versorgungswirtschaft, Behörden, Ingenieurbüros, Bauunternehmen und Rohr- und Zubehörherstellern ca. 100 Fachvorträge in fünf parallelen Vortragsveranstaltungen vermitteln Wissen für die Praxis und bringen Impulse in die Hochschule über 350 internationale Aussteller mit dem Neuesten aus ihren Entwicklungsabteilungen in den Pausen: Kommunikation pur in den Gängen, auf dem Gelände und auf den Abendveranstaltungen 32. Oldenburger Rohrleitungsforum 07. bis 09. Februar 2018 Anmeldungen und weitere Informationen: Rohrleitungen innovative Bau- und Sanierungstechniken Forum Forum 15 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Deutsche Mobilitätsforscher schauen mit Interesse auf die Entwicklungen im Mobilitätsmarkt in Kolumbien, von dem wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden können. Dazu wurde durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) und dessen beiden Institute für Verkehrsforschung sowie für Verkehrssystemtechnik das deutsch-kolumbianische Expertennetzwerk MoviCi (Movilidad urbana en ciudades intelligentes - Urbane Mobilität in der Smart City) gegründet. Ziel des Netzwerks ist eine Beförderung des Austauschs zwischen deutschen und kolumbianischen Akteuren der Mobilitätswirtschaft - vornehmlich Wissenschaft, Industrie, kommunaler Praxis sowie Verkehrsbetrieben - herzustellen. Im Fokus stehen aktuelle Entwicklungen zu einer intelligenten, integrierten und intermodalen Mobilität in der Stadt der Zukunft. Im Rahmen der internationalen Kampagne „Shaping the Future - Building the City of Tomorrow“ erfahren sie dabei finanzielle Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Wie und wie rasch wir uns in Städten fortbewegen können, hängt unter anderem von der Kommunikation zwischen den Akteuren im urbanen Raum ab. Neue Mobilitätskonzepte haben das Potenzial, die Lebensqualität in Städten zu erhöhen. Zurzeit schränken Wartezeiten an Haltestellen und Bahnhöfen, Staus, Unfälle und Parkplatznot unsere urbane Mobilität immer weiter ein. Die Digitalisierung eröffnet der urbanen Kommunikation und damit den Konzepten für eine intelligente urbane Mobilität völlig neue Wege. In Kolumbien ist die Dynamik besonders rasant. Wie im Zeitraffer entsteht hier eine Vielzahl neuer Verkehrsdienstleistungen. Das im Jahr 2013 begonnene Projekt Urban Traffic Modeling and Control in der Stadt Medellín (MOYCOT) ist eine kolumbianische Forschungsinitiative um Prof. Jairo Espinosa von der Universidad Nacional de Colombia, Sede Medellín, welche darauf abzielt die Mobilität in der kolumbianischen Metropole Medellín zu verbessern, indem Staus und andere Verkehrsbehinderungen in einem reduziert werden. Vom 18.04. bis zum 20.04.2018 führen deutsche und kolumbianische Wissenschaftler der Expertennetzwerke MoviCi und MOYCOT dieses Symposium durch, um voneinander zu lernen und gemeinsam Lösungen der urbanen Kommunikation und Mobilität zu entwickeln. Organisiert wird das Symposium von der Verkehrsforschung des DLR sowie der Universidad Nacional de Colombia, Sede Medellín. Bei dieser zweitägigen Veranstaltung werden etwa 150 Teilnehmer erwartet, vornehmlich aus Südamerika und Europa. Die thematischen Sessions unterteilen sich in die sieben Cluster Verkehrsmodellierung und Simulation, Verkehrsmanagement und ITS, Mobilität und Benutzer, Daten und Methoden, Mobilität und Smart Cities, Governance sowie Stadtverkehr, Fracht und Logistik. MoviCi-MOYCOT 2018 Internationales Symposium für urbane Mobilität in der Smart City Symposium des Deutsch-kolumbianischen Netzwerks MoviCi, 18. - 20. April 2018, Medellín (Kolumbien) Seilbahnen in Medellín. © pixabay 16 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Wie kann die Digitalisierung der Wasserwirtschaft effektiv vorangebracht werden? Und wie lassen sich zu diesem Zweck die Kompetenzen der deutschen Wasserwirtschaft bestmöglich vernetzen? Diese Fragen waren das zentrale Thema des sechsten Treffens des Arbeitskreises Wasser 4.0 des Netzwerks German Water Partnership (GWP), zu dem Sensus ins Ludwigshafener Werk eingeladen hatte. „Wir sind seit mehr als zwei Jahren Mitglied bei German Water Partnership und haben uns sehr gefreut, die anderen Teilnehmer erstmals an unserem Standort begrüßen zu dürfen“, so Roland Rott, Geschäftsführer bei Sensus Ludwigshafen. Neben den technischen Herausforderungen und Chancen, die eine intelligente Vernetzung von Zählern und Wassernetz mit sich bringen, wurden auch Formen der Zusammenarbeit von GWP mit anderen Netzwerken und Organisationen vorgestellt. So nahmen auch Vertreter des Fraunhofer Instituts, der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an dem Expertentreffen in Ludwigshafen teil. „Unsere Bemühungen hinsichtlich der Entwicklung von Konzepten für Wasser 4.0 orientieren sich nicht allein an den Bedürfnissen von Smart Cities oder Mega Die Chancen von Wasser 4.0 Diskussion im Arbeiskreis Wasser 4.0 von German Water Partnership im Kompetenzzentrum der Sensus GmbH in Ludwigshafen Werksführung in Ludwigshafen. © Sensus GmbH © Pixabay 17 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES FORUM Veranstaltungen Cities“, so Christian Ziemer, Manager Global Business Development and Strategy, Water & Wastewater bei Siemens. „Gerade in den Entwicklungsländern ist es besonders wichtig, den verantwortungsbewussten Umgang mit der wertvollsten Ressource unseres Planeten zu fördern und zu unterstützen. Daher freuen wir uns, dass wir beispielsweise mit der GIZ einen starken Kooperationspartner für dieses Bestreben an unserer Seite wissen.“ Ebenfalls auf dem Programm stand eine Werksführung, bei der sich die Vertreter aus Wirtschaft, Forschung sowie staatlicher Einrichtungen wie dem Umweltbundesamt ein Bild von der Fertigung und Qualitätsprüfung der Smart Meter von Sensus machen konnten. „Die Besichtigung bei Sensus hat uns noch einmal bestätigt, dass wir in Deutschland über die notwendige Innovationskraft und das benötigte Know-how verfügen, um ein zukunftsorientiertes Wassermanagement auf den Weg zu bringen“, www.e-world-essen.com E-WORLD ENERGY & WATER 6.-8. FEBRUAR 2018 ESSEN, GERMANY THEMENSCHWERPUNKT SMART CITY MOBILITÄT | WÄRME | NETZE | GEBÄUDE EUROPAS FÜHRENDE ENERGIEFACHMESSE so Julia Braune, Geschäftsführerin von GWP. „Die weitgehend automatisierte Fertigung sowie die hochwertigen Prüf- und Testeinrichtungen sind ein starkes Statement für das Qualitätssiegel ‚Made in Germany ‘.“ Ein weiterer Schwerpunkt des Arbeitskreis- Treffens in Ludwigshafen war die Erarbeitung von Lösungsmodellen, wie beispielsweise auch die Darstellung des Themas Wasser 4.0 in der Öffentlichkeit weiter verbessert werden könnte. „Zusammenfassend können wir auf einen erfolgreichen Tag zurückblicken“, so Hagimar von Ditfurth, Referent der Geschäftsführung von GWP. „Das Treffen hat erneut bewiesen, dass im Netzwerk von GWP eine enorme Kompetenz gebündelt wird, die in der Lage ist, treffende Antworten auf die dringenden Fragen der nationalen, aber auch der globalen Wasserwirtschaft zu entwickeln.“ 18 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Im Rahmen der vom Ingenieurbüro Bayrhammer und Herden GmbH, IGS Ingenieure GmbH-&-Co.-KG und GRÜN-+-FORM Büro für Freiraumplanung geplanten und bauüberwachten Arbeiten wurde am Elbufer in Magdeburg die alte Schutzmauer durch eine neue, acht Meter hohe Hochwasserschutzwand mit Natursteinverblendung ersetzt, für deren Bau der alte Baumbestand in der Zollstraße weichen musste. Bei der späteren Anpflanzung von 70 neuen Kaiserlinden baute die mit der Durchführung der Tiefbauarbeiten beauftragte HEIN-BAU GmbH, Magdeburg, Baumwurzelbelüfter und Baumbewässerungswinkel der Funke Kunststoffe GmbH ein. Dabei wurden sowohl Standardprodukte eingesetzt, als auch modifizierte Ausfertigungen für die individuellen Bedürfnisse vor Ort - bei Bauteilen, die vor allem nach einer Neuanpflanzung, aber auch in langen Trockenperioden im Hochsommer die Versorgung mit Wasser, Luft und Nährstoffen sicherstellen. Vor diesem Hintergrund, insbesondere aber auch mit Blick auf die Schaffung eines ökologisch sinnvollen und pflanzengerechten Standortes, der auch Nachhaltigkeitsaspekten gerecht werden soll, haben die gewählten Produkte die am Projekt beteiligten Parteien überzeugt. Alte Bäume waren im Weg Ein verheerendes Hochwasser richtete im Juni 2013 in sieben europäischen Ländern millionenschwere Schäden an. Auch in Deutschland traten infolge extremer Niederschläge bundesweit Flüsse über die Ufer. Zu den Bundesländern, die besonders stark betroffen waren, zählte Sachsen-Anhalt. In der Landeshauptstadt Magdeburg wurden Pegelstände erreicht, die selbst Hochwasserschutz und frisches Grün Baumwurzelbelüfter und Baumbewässerungswinkel auf der Hochwasserschutzmauer in der Magdeburger Zollstraße Zum Hochwasserschutz hat die Landeshauptstadt Magdeburg in der Zollstraße umfangreiche bauliche Maßnahmen realisiert. Die Neuanpflanzung junger Kaiserlinden sollte ökologisch sinnvoll und pflegeleicht ausgeführt werden. Für eine ausreichende Versorgung der Bäume mit Luft, Wasser und Nährstoffen wurden Baumwurzelbelüfter und Bewässerungswinkel eingebaut. Bild 1: Frisches Grün für die Zollstraße in Magdeburg: Im Rahmen des Neubaus der Hochwasserschutzmauer ließ die Landeshauptstadt 70 junge Kaiserlinden setzen. © Funke Kunststoffe 19 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur die bei einem Hochwasser im Jahr 2002 gemessene Höchstmarke von 6,72 m noch deutlich übertrafen. Um besser für die Folgen künftiger Starkregenereignisse gewappnet zu sein, hat die Abteilung für Präventiven Hochwasserschutz im Magdeburger Tiefbauamt jetzt umfangreiche Baumaßnahmen zur Uferbefestigung und für den Hochwasserschutz umgesetzt. So wurde etwa im auf der Elbinsel gelegenen Stadtteil Werder eine rund 8- m hohe und mehr als 1000- m lange Mauer errichtet, die künftig bei Hochwasserständen bis zu 7,80- m Wasserstand zuverlässig Schutz bietet. Vor dem Bau der neuen Uferbefestigung musste eine alte, bereits stark in Mitleidenschaft gezogene Kaimauer zurückgebaut werden; auch der alte Baumbestand auf der Zollstraße musste weichen. „Für den Bau der neuen Brüstungsmauer mussten die Wurzeln der Bäume gekappt werden - die Standsicherheit war daher nicht mehr gegeben, und auch die Wasserzufuhr war nicht mehr sichergestellt“, erläutert Michael Müller (Präventiver Hochwasserschutz, Tiefbauamt der Landeshauptstadt Magdeburg). Zudem hätten die Bäume auch den für das Einbringen der Spunddielen benötigten großen Baugeräte im Weg gestanden - zum Fällen der Bäume habe es aus diesen Gründen keine Alternative gegeben. Was Müller besonders wichtig ist: Der Ersatz der alten Bäume durch die Neuanpflanzung von 70 Kaiserlinden sei keine bloße Pflichtübung gewesen, um den einschlägigen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes gerecht zu werden, sondern eine echte Herzensangelegenheit. Der Neubau der Kai- und Straßenanlagen sei so aufwändig gewesen, dass man auch das Thema Bepflanzung nicht einfach abtun wollte. Das unterstreicht Dipl.- Ing. (FH) Otto Plamper, GRÜN + FORM Büro für Freiraumplanung: Das Thema sei für die Beteiligten niemals nur „ein grüner Punkt auf dem Bauplan“ gewesen. Mit Blick auf Nachhaltigkeit geplant „Die Stadt hat sich großen Mühen unterzogen, um das vernünftig zu planen und umzusetzen“, führt Plamper aus - eine Entscheidung, die gleichermaßen im Sinne der Nachhaltigkeit wie auch mit Blick auf die Anwohner getroffen worden sei. Wichtig sei dabei gewesen, die Bäume vernünftig einzupflanzen und Sorge dafür zu tragen, dass die Rahmenbedingungen für die Neuanpflanzung auch auf lange Sicht stimmten. Ein ausreichender Pflanzraum zählt ebenso dazu, wie eigens angefertigte Schutzglocken aus Beton, welche statische Lasten aus der Straße aufnehmen und Schutz für die Wurzelballen bieten. Um eine ausreichende Versorgung der Bäume mit Luft, Wasser und Nährstoffen sicherzustellen, empfahl Plamper den Einsatz von Baumwurzelbelüftern und Bewässerungswinkeln - zwei Produkte, die Funke Kunststoffe eigens für den Bereich Baumschutz entwickelt hat. Bei HEIN-BAU musste allerdings erst Überzeugungsarbeit geleistet werden - bei der Betrachtung von möglichen Gewährleistungsansprüchen eine durchaus nachvollziehbare Einstellung. Laut Bauvertrag obliegt dem ausführenden Unternehmen im ersten Jahr nach der Anpflanzung die sogenannte Fertigstellungspflege und dann noch zwei weitere Jahre die sogenannte Entwicklungspflege. Erst danach geht die Pflegeleistung an die Stadt über. HEIN-BAU-Geschäftsführer Sebastian Ochsenwadel: „Ich gebe zu, dass ich anfangs skeptisch war. Wir haben daher erst einmal eine Testphase mit 20 Bäumen durchgeführt.“ Nach deren Abschluss war auch Ochsenwadel überzeugt - und zwar nicht nur von den eigentlichen Produkten, sondern auch vom Ablauf auf der Baustelle: „Wir haben bereits im Vorfeld gemeinsam die beste Vorgehensweise ausgelotet - das hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Anpflanzung der neuen Bäume reibungslos gestaltet hat.“ Professionelle Baumpflege leichtgemacht Jörg Ehrenreich, Bauleiter und Techniker bei HEIN-BAU, erläutert den Ablauf der Arbeiten: „Zunächst haben wir für die Bäume 4- m- x- 3- m große ‚Baugruben‘ mit einem Fassungsvermögen von jeweils 12 m³ ausgehoben. In diese wurde ein Nährstoffsubstrat eingebracht, im Anschluss wurden jeweils vier Baumwurzelbelüfter eingebaut, wobei zwei der Standardversion Bild 2: Die Funke-Baumwurzelbelüfter sorgen dafür, dass die Wurzeln der neu gepflanzten Linden ausreichend Luft, aber auch Wasser und Nährstoffe erhalten. © Funke Kunststoffe Bild 3: Neben der 1,50 Meter langen Standardvariante des Funke-Baumwurzelbelüfters wurden vor Ort Tiefenbelüfter mit einer Rohrlänge von drei Metern verwendet. © Funke Kunststoffe 20 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Wurzelballens eingebaut und versorgen den Wurzelbereich gezielt mit Wasser und Nährstoffen. Ein Baumbewässerungswinkel verfügt in der Standardausführung über eine Schenkellänge von 1,36 x 1,62 m und fasst rund 60- L Wasser. Üblicherweise werden die Bauteile vom Ballen weg angeordnet. Die geschlitzten Rohre sind mit einem speziellen Geotextil ummantelt, das auf einem Kunststoffgeflecht aufgebracht ist. Während sich damit das Speichervolumen noch einmal erhöht, bleibt die Funktion der Wasserabgabe und Durchlässigkeit erhalten. Über eine große Öffnung im Gussoberteil ist eine schnelle Befüllung möglich. Das Oberteil ist mit dem PKW befahrbar und entspricht der Belastungsklasse B 125. Damit die Funke-Baumbewässerungswinkel in die vor Ort verwendeten Betonschutzglocken passten, sind die geschlitzten Rohre werkseitig vorab auf ein Maß von 90 cm x 90 cm gekürzt worden. Im letzten Schritt wurden die Bäume gesetzt und senkrechte Schutzgitter montiert. Sämtliche Arbeiten verliefen so reibungslos, dass die Sperrung der Zollstraße Ende Juni wie geplant aufgehoben werden konnte. Die Beteiligten sind nicht nur mit der Wahl der Produkte zufrieden, sondern loben zudem einhellig die vorbildliche Zusammenarbeit aller Baupartner. entsprachen und zwei als sogenannte Tiefenbelüfter über eine deutlich längere Bauform verfügen.“ Funke-Fachberater Dipl.- Bauing. Olaf Schreiter erläutert den Aufbau des Funke-Baumwurzelbelüfters und den Unterschied zwischen den beiden auf der Magdeburger Baustelle eingesetzten Ausfertigungen: „Das Oberteil des Baumwurzelbelüfters besteht aus robustem Guss Klasse B 125 und ist mit einer Auflageplatte sowie einer angeformten HS®-Verbindungsmuffe DN/ OD 110 ausgestattet. Das Unterteil besteht aus einem Standrohr mit Bodenverankerung, das wahlweise in geschlitzter oder geschlossener Ausführung erhältlich ist. Bei der Standardversion hat das Standrohr eine Länge von 1,5 m, die in Magdeburg ebenfalls eingesetzten Tiefenbelüfter sind mit Rohren von 3- m Länge ausgestattet.“ Bei den vor Ort verwendeten Baumwurzelbelüftern handelt es sich um die Variante in geschlitzter Form, die zusätzlich mit einem Geotextilstrumpf versehen ist. Nicht nur der Einbau des Funke-Baumwurzelbelüfters gestaltet sich problemlos, auch im täglichen Betrieb punktet das durchdachte Bauteil mit Anwenderfreundlichkeit - zum Befüllen des Baumwurzelbelüfters lässt sich der Gussdeckel des Oberteils seitlich wegschwenken. Einfache Montage, zuverlässige Versorgung Im nächsten Schritt wurde die Grube verfüllt und die im Betonwerk als Sonderanfertigung vorgefertigte Betonschutzglocke gesetzt. Nach Füllen der Glocke mit Substrat bauten die Arbeiter von HEIN-BAU die Funke-Baumbewässerungswinkel ein. Die zu einem Winkel verbundenen geschlitzten und wandverstärkten Rohre der Nennweite DN/ OD-160 werden im oberen Drittel des Bild 4: Beton-Schutzglocken nehmen statische Lasten auf und schützen die Wurzelballen der Bäume. © Funke Kunststoffe Bild 7: Seitlich angebrachte Gitter bieten zusätzlichen Schutz für die jungen Linden ( Tilia Pallida). © Funke Kunststoffe Bild 5: Die am Bau Beteiligten sind mit den Produkten und der reibungslosen Zusammenarbeit zufrieden. © Funke Kunststoffe Bild 6: Die Baumbewässerungswinkel wurden an die Verhältnisse vor Ort angepasst. © Funke Kunststoffe Funke Kunststoffe GmbH Siegenbeckstr. 15 Industriegebiet Uentrop Ost 59071 Hamm-Uentrop info@funkegruppe.de www.funkegruppe.de 21 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Die Komponenten zur Regenwasserbewirtschaftung sind nicht neu, aber noch ein Geheimtipp. Es handelt sich um ein zweiteiliges System, dessen erster Teil BIRCOpur ® das an der Oberfläche anfallende Niederschlagswasser als Linienentwässerung sammelt und reinigt. Der zweite Teil der Regenwas serbewir t s chaf tung befindet sich platzsparend darunter als BIRCO Rigolentunnel von StormTech ® in Funktion einer Versickerungsanlage. Oberflächennahe Linienentwässerung (erster Teil) Der mit der Genehmigungsplanung beauftragte Fachingenieur Leslie Sinden wählte als „Eintritt“ für das für die Versickerung vorgesehene Wasser oberflächennahe Entwässerungsrinnen der nächsten Generation. Diese sind so dimensioniert und modifiziert, dass sie den Bemessungsregen der Park- und Fahrflächen sowohl reinigen als auch rückstaufrei ableiten können. Ein ausgeklügeltes, modulares Filtersystem ist in diesen speziellen Rinnen verborgen. Es reinigt dauerhaft zuverlässig das von Verkehrsflächen abfließende Regenwasser, in dem es Schadstoffe, wie zum Beispiel Reifenabrieb und Verbrennungsrückstände, zurückhält. Das System ist besonders sicher und wartungsfreundlich, denn die Rinnen sind ständig einsehbar und leicht zu öffnen. Es können 20 m² vollversiegelte Fläche an einen Laufmeter angeschlossen werden. Sinden hat den Behandlungsbedarf für die Einleitung ins Grundwasser nach DWA-M 153 ermittelt. „288 m der gewählten Linienentwässerung mit integriertem Filtersystem reichen dafür aus. Die hydraulische Bemessung mit dem Nachweis einer schadlosen Überflutung auf dem eigenen Grundstück haben wir nach DIN 1986-100 durchgeführt“, sagt der Fachingenieur. „Die maßgebliche Regenspende r(D,30) ist hier 315,2 L/ s x ha“. An der Basis des Systems befindet sich eine Betonschale in wasserdichter Ausführung der Nennweite 300 AS. Mit einer Belastungsklasse F 900 nach DIN- N- 1433 ist sie für die Linienentwässerung auch auf öffentlichen Plätzen oder stark befahrenen Parkflächen, wie beim Lebensmittelmarkt in Check-in für Oberflächenwasser von Verkehrsflächen Entwässerungssicherheit durch eine standardisierte Kombination von Regenwasser-Behandlung und -Versickerung, ohne zusätzlichen Flächenbedarf Barbara Sahler Im Oktober 2016 hat einer der größten Lebensmittelmärkte in Rheinland-Pfalz eröffnet. Ein Projekt der Superlative, auch bei der Oberflächenentwässerung. Gereinigt wird das von der Verkehrsfläche stammende Regenwasser schon während des Ablaufs durch eine Behandlungsanlage in Rinnenform auf 288 m Länge. Darunter, eine Etage tiefer, versickern Rigolentunnel das zukünftige Grundwasser - und sorgen dafür, dass 100 % des anfallenden Niederschlags sicher bewirtschaftet werden, ohne dass man dafür extra Fläche benötigt. Bild 1: BIRCOpur ® ist ständig einsehbar und leicht zu öffnen. Es können 20 m² vollversiegelte Fläche an einen Laufmeter Rinne angeschlossen werden. © Müller + Huber Bild 2: Lebensmittelmarkt in Rheinland-Pfalz. Niederschlagswasser der Verkehrsflächen und Parkplätze wird vor der Versickerung in einer Regenwasserbehandlungsanlage, bestehend aus einer speziellen Linienentwässerung, auf 288 m Länge gesammelt und gereinigt. © Müller + Huber 22 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Rheinland-Pfalz, ideal geeignet. Planer müssen keine wesentlichen Änderungen in der Entwässerungsplanung berücksichtigen. Vormontiert für Verarbeiter Karl-Heinz Künstel, Technischer Berater bei BIRCO, empfiehlt seinen Kunden die einbaufertig gelieferte Variante readyset: „Wir haben uns die Realität auf den Baustellen genau angesehen. Die Erkenntnis war, dass wir unser System schon komplett montiert mit Reinigungsmodulen und verschraubten Abdeckungen liefern sollten. Gesetzt wird dann mit Verlegehaken von oben. Sitzt die Rinne, können die Belagsarbeiten folgen.“ Verarbeiter Immo Herbst rückblickend: „Der Einbau war einfach, das wirkt sich auf die Kalkulation aus. Die Rinnenelemente wurden vom Hersteller verlegefertig auf die Baustelle geliefert. Das hat nicht nur Zeit und Arbeit, sondern auch Platz beim Liefern und Lagern gespart“. Unterirdische Rigole (zweiter Teil) Nach Prüfung der bauaufsichtlichen Zulassungen durch die Wasserrechtsbehörde stand dem Gesamtsystem aus Sedimentation, Filtration und Versickerung nichts im Weg. Als Übergang von oben Richtung Grundwasser dient ein spezieller Schacht, an dem die unterirdisch installierten Rigolentunnel mit ihren großzügigen Hohlräumen angeschlossen sind. Mitgeführte Sedimente werden im ersten Rigolentunnel abgesetzt. Dessen Aufgabe ist das Auffangen des Spülstoßes zu Beginn eines Niederschlagsereignisses (first-flush) und das Sedimentieren der darin enthaltenen abfiltrierbaren Stoffe (AFS). Dem Spülstoß nachfolgende große Regenwassermengen sind relativ sauber. Sie brauchen keine Behandlung und werden daher den anderen Rigolentunneln durch einen Bypass mit Überlaufschwelle direkt zur Versickerung zugeführt. Das Wasser verteilt sich durch die offene Bauweise im Gesamtsystem aus Tunneln und Schotter gleichmäßig. Den Weg in Richtung Grundwasser findet das gesammelte saubere Regenwasser entsprechend der Schwerkraft durch die Schotterschicht und das Geotextil. Innerhalb der Produktpalette sind für die Anwender die Serien SC-160, SC-310, SC-740, MC-3500 und MC-4500 mit unterschiedlichen Kammergrößen erhältlich. Für die Versickerung beim Einkaufsmarkt in Rheinland-Pfalz war Typ SC-740 am besten geeignet. Fachingenieur Sinden hatte zur Versickerung zwei Anlagen mit je 85- m³ und eine mit 63- m³ Speichervolumen errechnet: aus den angeschlossenen, mit dem Abflussbeiwert multiplizierten Flächen, dem Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens von kf = 4 x 10-6 und der Regenspende r(D,2) von 163,40-L/ s x ha bei 10 min Dauer. Doppelt einfach: Leichter Einbau, seltene Wartung Ein bis zwei Arbeitskräfte reichen aus, um die Elemente der Sickertunnel ohne Hilfsmittel zu bewegen. Sie werden gestapelt auf Paletten angeliefert, was die Logistik und Lagerung entsprechend minimiert. Darüber hinaus erleichtert ein Stecksystem ohne Clips oder Zusatzteile das Verlegen. Ebenso einfach verläuft der Anschluss von Zu- und Ableitungen: Der Rigolentunnel wird an der Endkappe in der passenden Nennweite angebohrt, die Rohrleitung eingeschoben. Durch die intelligente Konstruktion kann die Inspektion der Versickerungsanlage auf Schächte und Sedimentationstunnel (Isolator Row) beschränkt werden. Bei Inspektionen wird die Dicke der Sedimentationsschicht auf der Sohle der Isolator Row gemessen. Als erstes Inspektionsintervall werden sechs Monate empfohlen. Anschließend legen die Nutzer den Zeitpunkt der nächsten Reinigung selbst fest, ohne jedoch die maximal zulässigen Zeiträume nach DWA-A 138 zu ignorieren. Eine Wartung bzw. Reinigung muss spätestens dann erfolgen, wenn die Schichtdicke des Sediments 70 mm übersteigt. Das wird sehr lange dauern, denn der Stoffeintrag und die Bild 3: Im Gegensatz zu herkömmlichen Filtrationsrinnen besteht BIRCOpur ® aus getrennten Modulen: Absetzbzw. Sedimentationsbox, Granulatfilterkissen. © BIRCO Bild 4: Elemente der Regenwasserbehandlungsanlage BIRCOpur ® readyset: verlegefertig vormontierte Bauelemente mit Abdeckung, Sedimentationsfilter (blau) und Reinigungskissen. Betonschale in wasserdichter Ausführung. © Müller + Huber 23 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Infrastruktur Bild 5: Unterirdisches Speichersystem, darauf Geotextil und Schottermaterial. © Müller + Huber Schichtdicke werden beim hier beschriebenen Projekt durch die vorgelagerte Reinigungsstufe der Linienentwässerung mit integriertem Filtersystem besonders stark reduziert. Bestehende Liegenschaften bei Nachverdichtung also umrüsten? Die Investition in eine solche Behandlungsanlage rechnet sich insbesondere dort, wo statt „grüner“ Mulden- und Flächenversickerung andere Nutzungen der Oberfläche Vorrang haben. Auch bei Immobilien, die noch Bestandsschutz haben und belastete Oberflächenabflüsse in den Kanal einleiten dürfen, ergibt sich nach Umstellung eine „winwin-win-Situation“ für Betreiber, Kommune und Natur: Die mit Gebühr bzw. Entgelt belastete Ableitung zur Kläranlage entfällt. In Folge sinken die Betriebskosten solcher Liegenschaften und der natürliche Wasserhaushalt profitiert. Man könnte auch so argumentieren: Die vorgestellte dezentrale Niederschlagsentwässerung, insbesondere in verdichteten Siedlungsgebieten, ist eine sichere Ursachenbekämpfung nach dem Prinzip „Source- Control“. Kosten und Flächen sparend bauen Mit dem Rigolentunnel, wie er hier verbaut wurde, können Planer und Ausführende den natürlichen Wasserkreislauf wirkungsvoll wiederherstellen. Dieses System ist eine klare Evolution der Rigole und braucht im Gegensatz zu herkömmlichen Kiesrigolen wesentlich weniger Aushub. Im Vergleich zu Muldensystemen befindet sich das Speichervolumen unterirdisch, somit kann die Oberfläche anderweitig genutzt werden. Falls die Fläche darüber als Feuerwehr- oder LKW-Zufahrt dient, ist die Belastbarkeit der Tunnelkammern besonders wichtig. Diese sind für SLW 60 ausgelegt. „Die maximale statische Leistung resultiert aus einer Kombination aus Gewölbe und Schotter der Siebung 16/ 56, mit dem das System aufgefüllt wird“, sagt Marian Dürrschnabel, Produktmanager bei BIRCO in Baden-Baden. „Dieses Verfüllmaterial wirkt lastabtragend und hat gleichzeitig ein hohes Speichervolumen in den Zwischenräumen. Neben dem offenen Speicher in den Tunneln erhöht sich das Gesamtvolumen erheblich.“ Ansonsten gilt wie immer: Allgemeine Hinweise für Planung, Dimensionierung und Bau von Versickerungsanlagen können dem Arbeitsblatt DWA-A 138 entnommen werden. Regenrückhalteräume werden im Arbeitsblatt DWA-A 117 geregelt. Die örtlichen Bestimmungen sind zusätzlich zu beachten. Zusammenfassung Einer der größten Lebensmittelmärkte in Rheinland-Pfalz reinigt und versickert Oberflächenwasser der Verkehrsflächen von Parkplatz und Anlieferung vollständig auf dem eigenen Grundstück. Zur Entlastung des Verarbeiters wurden vom Hersteller die erforderlichen Bauelemente verlegefertig und vormontiert auf die Baustelle geliefert. Das Besondere des gewählten Systems zur Regenwasserbewirtschaftung war, dass kein Platz für zusätzliche Anlagen an der Oberfläche geopfert wird, dass alle Komponenten aus einer Hand geliefert werden, dass die Genehmigungsplanung und die Tiefbaumaßnahmen unkompliziert waren und Inspektion und Wartung mit wenig Aufwand in großen Zeitintervallen genügt - insgesamt gute Voraussetzungen für besonders niedrige Investitions- und Betriebskosten. Barbara Sahler Sachverständigen- und Fachpressebüro König Kontakt: mail@klauswkoenig.com AUTORIN LITERATUR • König, K. W.: BIRCOpur Grundlagenpapier, 4. Auflage. In: Umwelt - Behandeln, Rückhalten und Versickern. Intelligentes R e g e n w a s s e r m a n a g e m e n t , 2.- Auflage, BIRCO Baden- Baden, November 2017. • Kruse, E.: Integriertes Regenwassermanagement für den wassersensiblen Umbau von Städten. Fachbuch, 1. Auflage, Fraunhofer IRB, Stuttgart, 2015. • Regenwasser, ganzheitlicher Umgang mit Niederschlag auf besiedelten Flächen. Broschüre zu Regenwasserbewirtschaftung und Entwässerung sowie Stadtplanung. 1. Auflage, BIRCO Baden-Baden, September 2012. • Wasserorientierte Stadtplanung. Informationsbroschüre zum Thema Regenwasserbewirtschaftung und Bodenschutz sowie Stadtklima und Wasserkreislauf. 1. Auflage, BIRCO Baden-Baden, Oktober 2015. Weitere Informationen: www.birco.de 24 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum Klimawandel, fortschreitende Urbanisierung und Flächenversiegelung verursachen immer größere Probleme in den Ballungszentren der Städte: zunehmende Starkregenereignisse mit der Folge von Überflutung, immer längere Trockenperioden, Überhitzung und zu hohe Feinstaubwerte. All das erfordert ein Umdenken. Was hilft bei Starkregen? Dachbegrünung speichert Regenwasser und lässt es zeitverzögert abfließen bzw. verdunsten. Normale Extensivbegrünungen speichern 20 bis 40 L/ m² Wasser, Intensivbegrünungen 50 bis 100- L/ m². Das neue „Retentions- Gründach“ von ZinCo vervielfacht gezielt diesen Rückhalte-Effekt und gleicht damit Niederschlagsspitzen effektiv aus. Dies entlastet die Kanalisation und reduziert die Hochwassergefahr. Unterhalb des eigentlichen Begrünungsaufbaus wird das neu entwickelte Floradrain ® FD 60 neo als Abstandshalter (Spacer) verwendet. Dieser kann annähernd 60- L/ m² Wasser speichern - zusätzlich zu der eingangs bezifferten Menge im eigentlichen Begrünungsaufbau. Das Wasser fließt dann über ein Drossel- Element langsam in einem definierten Zeitraum (zwischen 24 h und mehreren Tagen) in die Kanalisation ab. Der über dem Spacer liegende Begrünungsaufbau hingegen stellt alle für das Funktionieren der Dachbegrünung wichtigen Aspekte sicher, wie Luft-Wasser-Haushalt im Wurzelraum, Dränage und Wasserspeicherung für die Pflanzen. So sind alle Dachbegrünungs- und Nutzungsformen möglich, auch Geh- und Fahrbeläge. Was wirkt gegen Überhitzung? Zunehmende Versiegelung bewirkt auch, dass sich Innenstädte durch Wärmestrahlung stark aufheizen. Man spricht vom Urban Heat Island Effect. Das „Klima-Gründach“ ist nun auf eine maximale Verdunstungsleistung ausgelegt, welche gerade in trockenen, heißen Perioden aktiv zur Stadtklimatisierung beitragen kann. Dazu muss der Bepflanzung kontinuierlich Wasser zur Verfügung stehen, das aus ökologischer Sicht Grauwasser sein sollte. Genau dafür wurde die spezielle Pflanzengemeinschaft „Klima-Gründach“ im Rahmen eines DBU-Forschungsprojektes in Weihenstephan entwickelt. Kernelement ist das neue, zweischichtige Aquafleece AF 300, das über Tropfschläuche automatisch bewässert wird, in Kom- Dachbegrünung 4.0 Neue Dimension für eine nachhaltige Zukunft der Städte Roland Appl Dachbegrünung bedeutet Schutz der Bausubstanz, ökologischen Ausgleich und oft auch architektonisches Highlight. Auf dieser Basis hat sie sich über Jahrzehnte weiterentwickelt - in allen erdenklichen Facetten der Extensiv- und Intensivbegrünung. In Zeiten des Klimawandels kommen nun gänzlich neuartige Dimensionen hinzu - daher der Begriff Dachbegrünung 4.0. Die innovativen ZinCo-Systeme heißen Retentions-Gründach, Klima-Gründach, bewässerte Extensivbegrünung und Biodiversitäts-Gründach. Sie alle haben das Potenzial zu einer nachhaltigen strukturellen Veränderung im Bereich Dachbegrünung. Die Ballungszentren der Städte stehen heute vor großen Aufgaben: Starkregenereignisse, Trockenperioden, Überhitzung und Feinstaubbelastung nehmen immer mehr zu. © ZinCo 25 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Stadtraum bination mit zum Beispiel Floraset ® FS 50. Das unterseitig dichte Gewebe des Aquafleeces verteilt Wasser zuerst in der Fläche und lässt es erst durchtropfen, wenn das oberseitige Vlies flächig wassergesättigt ist. Durch kapillaren Aufstieg gelangt das Wasser in das darüberliegende Substrat und wird aktiv von den Pflanzen verdunstet. Zum Vergleich: Ein ausgewachsener Stadtbaum mit einer Baumkrone von rund 100- m² Oberfläche verdunstet etwa 300- -- 500 L pro Tag. Ein 100- m² großes „Klima-Gründach“ erzielt 700---1000-L pro Tag, also in etwa das Doppelte. Die Menge von 300-L pro Tag reicht übrigens aus, um das Luftvolumen eines Würfels von 100 m x 100 m x 100 m um etwa 3 - 5-°C abzukühlen, je nach bereits enthaltener Luftfeuchte. Selbstverständlich beeinflussen Faktoren wie Gebäudehöhen, Windrichtungen und -geschwindigkeiten den Kühlungseffekt, der tatsächlich in den jeweiligen Häuser-Schluchten zu fühlen ist. Generell sorgt eine erhöhte Verdunstung aber immer für eine größere Kühlung im städtischen Raum. Was tun in langen Trockenperioden? Durch den Klimawandel werden auch in Deutschland mehr Regionen als bislang mit längeren Trockenperioden konfrontiert. Das sind beispielsweise das Mainzer Becken oder der gesamte nordöstliche Bereich von Erfurt, über Magdeburg und Berlin bis nach Usedom. Dort liegen die Jahresniederschläge zum Teil deutlich unter 500 mm. Hier ist auch bei Extensivbegrünungen eine kostengünstige Bewässerung gefragt. Entscheidender Bestandteil der „Bewässerten Extensivbegrünung“ ist ebenfalls Aquafleece- AF- 300, das über eine automatische Steuerung per Tropfschläuche bewässert wird, sofern natürliche Regenfälle ausbleiben. Wasserverteilung und kapillarer Aufstieg in das Substrat sorgen dafür, dass das Wasser direkt im Wurzelraum zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Zusatzbewässerung von oben, wo Wasser an der Oberfläche verdunstet, ist daher der Wasserverbrauch erheblich reduziert. Ideal also für trockene Klimate - hier genauso wie im mediterranen Raum. Das anpassungsfähige System eignet sich für 0°-Dächer bis zu etwa 5°-Neigung. Was fördert die biologische Vielfalt? Neben den neuen Systemen im Zeichen des Klimawandels ergänzt schließlich das „Biodiversitäts-Gründach“ das Spektrum von Dachbegrünung 4.0, denn die Erhaltung der biologischen Vielfalt von Fauna und Flora gilt als wichtige Lebensgrundlage für den Menschen. Das „Biodiversitäts-Gründach“ ist gekennzeichnet durch besondere Biodiversitäts-Module, die die Biotop-Funktion steigern. Dazu gehört das Modulieren der Substratoberfläche durch einzelne Anhügelungen mit einem humus- und nährstoffreicheren Substrat und die gezielte Auswahl von Futterpflanzen für Insekten und Vögel. Als wichtige Bereicherungen gelten zudem Strukturelemente wie abgestorbene Äste und Stämme, vegetationsfreie Flächen wie Sandlinsen und Grobkiesbeete sowie temporäre Wasserflächen. Sehr dienlich sind auch Nisthilfen wie Insektenhotels, Hummelnistkästen oder Ameisensteine. Mit der Zeit entsteht so ein besonders artenreicher und ökologisch wertvoller Lebensraum auf dem Dach. Auch bereits existierende, artenarme Begrünungen lassen sich mit diesen Modulen jederzeit in ein „Biodiversitäts-Gründach“ verwandeln. Nichts ist so stetig wie der Wandel Mit den beschriebenen neuen Dimensionen von Retention, Bewässerung und Verdunstung bis zur Biodiversität können Dachbegrünungen grundlegend mehr leisten als bisher. Ob Neubau oder Sanierung, Dächer sind ohnehin vorhanden und Dachbegrünung 4.0 führt dazu, deren Potenzial neu zu nutzen. Die „Bewässerte Extensivbegrünung“ ist wegen lang anhaltender Trockenperioden selbst in einigen Regionen Deutschlands erforderlich - für üppiges Pflanzenwachstum. © ZinCo ZinCo GmbH Lise-Meitner-Str.2 72622 Nürtingen info@zinco-greenroof.com www.zinco.de www.zinco-greenroof.com 26 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Der Transport von Gütern über die Weltmeere ist kostengünstig und effizient. Daher werden mehr als 70 Prozent des Welthandels und nahezu 90 Prozent des deutschen Im- und Exports auf dem Seeweg abgewickelt. Von den etwa 90 000 Handelsschiffen, die von rund 170 Staaten betrieben werden, sind über 40 000 in der internationalen Seeschifffahrt eingesetzt. Sie befördern pro Jahr fast sieben Milliarden Tonnen Fracht über eine Strecke von mehr als vier Millionen Seemeilen. Zur weiteren Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Warenaustausches sind an wichtigen Schifffahrtsrouten künstliche Kanäle geschaffen worden. Sie verkürzen die zurückzulegende Strecke und senken somit die Transportkosten deutlich. Neben dem Suez- und dem Panama-Kanal gehört der Nord- Ostsee-Kanal hier zu den bedeutendsten Wasserstraßen. Tatsächlich haben ihn im Jahr 2016 mit rund 29 000 Schiffen mehr Fahrzeuge passiert als die beiden anderen genannten Kanäle. Der Grundstein für den Nord-Ostsee- Kanal wurde bereits im Jahr 1887 von Kaiser Wilhelm I gelegt. Nach acht Jahren Bauzeit fand die Eröffnung 1895 in Holtenau statt. Die Wasserstraße verbindet also seit über 120 Jahren die Nordsee (Elbemündung) mit der Ostsee (Kieler Förde). Die knapp 100 Kilometer lange Strecke reduziert die Entfernung zwischen Abfahrts- und Zielhafen um bis zu 250 Seemeilen oder etwa 460 Kilometer. Praxisgerechte Status- und Diagnoseinformationen Die Schleusen, die den Höhenunterschied zwischen der Nord- und Ostsee ausgleichen, spielen eine wesentliche Rolle für den schnellen Güterverkehr. Insgesamt verfügt der Nord-Ostsee- Kanal über je eine große, 330-Me- Stets sicheres Einfahren der Schiffe Schleuse Kiel-Holtenau auf ein LED-basiertes Signalisierungssystem umgerüstet Werner Pollmann An der Schleuse Kiel-Holtenau wurden zwei neue Signalisierungsmasten mit jeweils 18 Leuchten installiert, um für einen reibungslosen Schleusungsvorgang zu sorgen. Aufgrund ihres geringen Energieverbrauchs und ihrer hohen Verfügbarkeit löst das aus Signalleuchte und Steuereinheit bestehende Signalisierungssystem von Phoenix Contact hier die bisher verwendeten Halogenstrahler ab. Die seewasserfeste Signalisierung lässt sich einfach anwenden. © Phoenix Contact 27 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation ter lange und eine kleine, 125 Meter lange Schleuse in Brunsbüttel und Kiel-Holtenau (Bild 1). Jede dieser Schleusen umfasst wiederum jeweils zwei Schleusenkammern. Da ihre Seitenmauern einsturzgefährdet sind, haben im Sommer 2016 die Vorbereitungen für einen kompletten Neubau der beiden kleinen Schleusenkammern in Holtenau begonnen. Und in Brunsbüttel entsteht derzeit eine fünfte Schleusenkammer. Ähnlich dem Straßenverkehr befindet sich an jeder Schleuse eine Signalisierung. Sie zeigt den Schiffen an, ob sie in das Bauwerk einfahren dürfen oder noch warten müssen. Die Signalisierung setzt sich aus roten, grünen und weißen Leuchten zusammen, die rauen Witterungsbedingungen ausgesetzt sind, und zwar insbesondere starkem Wind, Salzwasser und direkter Sonneneinstrahlung (Bild 2). Als an der Schleuse Kiel-Holtenau zwei neue Signalisierungsmasten mit jeweils 18 Leuchten installiert werden sollten, mussten sich die Verantwortlichen für eine entsprechend robuste Lösung entscheiden. Ihre Wahl fiel auf das Signalisierungssystem von Phoenix Contact, in dem die Leuchte nicht nur die umwelttechnischen Voraussetzungen erfüllt, sondern das Wartungspersonal zudem durch praxisgerechte Status- und Diagnoseinformationen unterstützt. Eine wichtige Anforderung ist hier, dass die Mitarbeiter stets über den aktuellen Status der Leuchtmittel (LED) sowie deren Betriebsstunden und Ansteuerung Bescheid wissen. Zu diesem Zweck müssen die Leuchten die große Menge der angefallenen Daten zur Auswertung an eine Steuereinheit weiterleiten. Dies geschieht, indem die Signalisierung in ein industrielles Kommunikationssystem eingebunden ist. Die Datenübertragung zwischen den Leuchten und der Steuereinheit muss also zuverlässig funktionieren. Automatische Nachregelung auf die vorgegebene Lichtleistung Die Verantwortlichen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) forderten ferner eine einfache Installation der Leuchtmittel. Weil die Lösung von Phoenix Contact auf das Einstellen von Adressen oder Teilnehmerkennungen verzichtet, lassen sich die Leuchten im Wartungsfall selbst von elektrotechnisch ungeschulten Mitarbeitern problemlos austauschen. Der Anschluss der Signalstrahler erfolgt entweder über vorkonfektionierte Kabel oder die M17-Hybridstecker von Phoenix Contact, die sowohl die Spannungsversorgung als auch die Feldkommunikation umfassen. Somit ist ein Vertauschen der Leitungen ausgeschlossen. Die einfache Inbetriebnahme wird darüber hinaus durch ein elektronisches Typenschild sichergestellt, das über die Kommunikationsverbindung ausgelesen werden kann. Auf Basis des Typenschilds entscheidet die Steuereinheit, ob die richtige Leuchte angebunden ist. Weitergeleitet werden beispielsweise die Farbe, Größe und der Abstrahlwinkel. Bei einer fehlerhaften Installation oder dem Wechsel des Leuchtmittels setzt die Steuereinheit eine Alarmmeldung ab und unterbindet das Einschalten der Leuchte (Bild 3). Die Signalstrahler von Phoenix Contact sind in LED-Technik ausgeführt, was im Vergleich zur bisher verwendeten Lösung zu einer deutlichen Energieeinsparung sowie einer höheren Verfügbarkeit führt. Die hohe Verfügbarkeit resultiert nicht nur aus einer längeren Lebensdauer der LEDs Bild 1: In der „neuen“ Schleuse in Kiel-Holtenau herrscht immer Betrieb. © Phoenix Contact Bild 2: Das Einfahrtssignal ist weithin sichtbar. © Phoenix Contact Bild 3: Die robuste Signalleuchte 300 ist passgenau auf die Anforderungen maritimer Anwendungen zugeschnitten. © Phoenix Contact Bild 4: Der Mitarbeiter kann sich die umfangreichen Diagnoseinformationen vor Ort anzeigen lassen. © Phoenix Contact 28 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation ratur der LEDs kontrolliert und an die Steuereinheit und damit das überlagerte Leitsystem zurückgemeldet. Sollte der Wert den definierten Betriebsbereich überschreiten, weil sich die Temperatur zum Beispiel durch den Abgasstrom eines Schiffs erhöht, fährt die Steuereinheit die Lichtleistung automatisch herunter. Steigt die Temperatur so weit an, dass die Leuchte beschädigt werden könnte, wird sie abgeschaltet. Die für den Schleusenbetrieb verantwortlichen Mitarbeiter erhalten eine entsprechende Hinweis- oder Alarmmeldung. Sinkt die Temperatur anschließend in den zulässigen Bereich, nimmt die Leuchte nach der Quittierung der Meldung ihren Betrieb wieder auf. Zudem bieten die Signalleuchten 300 zur Unterstützung des Wartungspersonals eine Betriebsstunden-Erfassung. Dabei werden die jeweiligen Werte der Leuchte ebenso wie die eingeschalteten Stunden der LEDs separat aufgenommen und zyklisch in der Leuchte abgelegt. Sollte ein Austausch notwendig sein, nimmt die Leuchte die aufgelaufenen Betriebsstunden mit, sodass sich stets die aktuellen Werte auslesen lassen (Bild 5). In komplexen Anwendungen, zu denen auch Schleusen zählen, müssen sicherheitsgerichtete Anlagenteile, wie die Signalisierung, durchgängig überwacht und die Mitarbeiter durch Statusmeldungen, Hinweise und Alarme informiert werden. Daher ist eine Integration der Signalleuchten über standardisierte Schnittstellen - zum Beispiel Profinet oder ein Web-Interface - in das industrielle Kommunikationssystem erforderlich. Carsten Klöhn und seine Kollegin aus der Fachgruppe Nachrichtentechnik des WSV kümmern sich um die Neubauten und die Instandhaltung der Signaltechnik. „Früher haben wir anfällige Halogenstrahler installiert“, berichtet Klöhn. „Aufgrund der hohen Umgebungstemperaturen mussten die Leuchtmittel oft ausgewechselt werden. Auch die farbigen Gläser hatten nur eine begrenzte Lebensdauer und zersprangen häufig bei niedrigen Temperaturen“. Mit den gemäß EN 12966-1, IALA-Empfehlung E- 200-1 und CIE 1931 entwickelten Signalleuchten 300 von Phoenix Contact ist das jetzt anders. „Neben der einfachen Inbetriebnahme und Instandhaltung haben uns die robuste Ausführung der Leuchten sowie ihr niedriger Energieverbrauch und die lange Lebensdauer überzeugt“, schließt Klöhn ab. „Außerdem ist es für uns wichtig, dass die Lichtleistung der Leuchten im Tag- und Nachtbetrieb einfach hoch- und heruntergefahren werden kann“. Weitere Informationen: w w w. p h o e n i xco nta c t . n e t / w e b code/ #1101 Bild 5: Im Schaltschrank befinden sich die Steuereinheiten mit redundanter Versorgung. © Phoenix Contact Bild 6: Carsten Klöhn von der Fachgruppe Nachrichtentechnik des WSV legt Wert auf einfache Inbetriebnahme und Instandhaltung. © Phoenix Contact Dipl.-Ing. Werner Pollmann Mitarbeiter im Systemmanagement Transportation Infrastructure Phoenix Contact Electronics GmbH Kontakt: info@phoenixcontact.de AUTOR von mindestens 50 000 Stunden. Außerdem können die einzelnen in der Leuchte verbauten LEDs ohne Rückwirkung auf die übrigen Leuchtdioden ausfallen. Dazu verfügt jede LED der Signalleuchte 300 über eine entsprechende Beschaltung. Ist eine Leuchtdiode defekt, wird dies durch die Strom-/ Spannungsüberwachung festgestellt und an das überlagerte Leitsystem gemeldet (Bild 4). Das System kann dann die anderen LEDs nachregeln, um die vorgegebene Lichtleistung zu erreichen. Neben der LED-Überwachung sind zwei Streulichtsensoren in die Signalleuchte 300 implementiert worden. Sie erfassen, ob die Leuchtdioden Licht emittieren und welche Intensität das Licht hat. Der Wert wird dann an die Steuereinheit übertragen, wo er sich auswerten lässt. Genaue Erfassung der Betriebsstunden Zur Erreichung einer hohen Betriebssicherheit der Signalleuchte wird ferner die Tempe- 29 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Im Fall von Katastrophen - wie Erdbeben, Stürmen und Überschwemmungen, großen Industrieunfällen sowie weitreichenden Stromausfällen und Cyberangriffen benötigen Rettungs- und Sicherheitskräfte eine leistungsfähige und robuste Kommunikationsinfrastruktur. Trotz Ausfall der üblichen Kommunikationssysteme und der Stromversorgung müssen Einsatzkräfte, Hilfsbedürftige, Angehörige, Freunde, Nachbarn sowie freiwillige Helfer effektiv miteinander kommunizieren können, um Menschenleben zu retten und wirtschaftliche Schäden zu minimieren. Im Projekt „Optimierung von Wireless Mesh Networks mit Netzwerkvirtualisierung für den Katastropheneinsatz“ (VirtO4WMN) der Forschungsgruppe für Telekommunikationsnetze am Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) werden daher Lösungsansätze für ein skalierbares Wireless Mesh Network (WMN) entwickelt. Ein WMN baut sich durch die Verknüpfung vieler Netzwerkknoten automatisch auf und kann daher Teile der infolge der Katastrophe ausgefallenen Netze ersetzen. Dies geschieht nicht nur durch ein optimiertes WMN, sondern auch über eine Netzwerkvirtualisierungs(NF V )- Struktur. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt (Förderkennzeichen: 13FH018IX6) im Rahmen der Förderlinie „IngenieurNachwuchs - Kooperative Promotionen, Förderrunde 2016“ des Programms „Forschung an Fachhochschulen“ mit rund 600 000 Euro über einen Zeitraum von vier Jahren. „Einsatzkräfte wie das Technische Hilfswerk oder die Feuerwehr können in Katastrophengebieten an günstigen Orten akkubetriebene Funkrouter bereitstellen, die dann automatisch ein Wireless Mesh Network als Kommunikationsinfras truk tur bilden. Diese können flexibel eingesetzt werden und beispielsweise bei einem Nachbeben dafür sorgen, dass die Kommunikation nicht unterbrochen wird“, so Prof. Dr.-Ing. Ulrich Trick, Leiter des Projekts. Dieses Netz passt sich adaptiv an die Gegebenheiten an, das heißt, neue WMN-Knoten können zum Netzwerk hinzukommen und Übergänge zu bereits bestehenden, öffentlichen Kommunikationsnetzen und dem Internet sind möglich. Einsatzkräfte und Hilfsbedürftige können sich so weiterhin mit ihren Smartphones per W-LAN in dieses Netz einwählen und darüber kommunizieren. Die Kommunikation wird dadurch sichergestellt, dass einzelne WMN-Knoten nach Bedarf Dienstfunktionen wie Webserver, Voice over IP-Server für Telefonie, Videoserver oder Instant Messaging für die unterschiedlichen Nutzergruppen bereitstellen können. „Durch einen Voice over IP-Server können betroffene Personen im ersten Schritt Informationen untereinander austauschen. Im nächsten Schritt kann dann eine Notrufzentrale speziell für das Katastrophengebiet eingerichtet werden“, erklärt Trick. Weitere spezialisierte Dienste können für Ersthelfer, Ärzte und Bergungskräfte zugänglich gemacht werden. So können etwa Informationen über Opferzahlen und Verletzungen sowie Lagepläne bereitgestellt werden. Ein wichtiger Schwerpunkt des Projekts ist die Energieeinsparung bei Verwendung des WMN. Hierzu können Optimierungen bei der Netz- und Dienstarchitektur, den Routingprotokollen und dem Einsatz von NFV erfolgen: Grundidee hierbei ist, immer nur die notwendigen Netzfunktionen auf den entscheidenden WMN- Knoten bereitzustellen. Sie können bei Bedarf im Netz verschoben, aktiviert oder deaktiviert werden. Damit passt sich das Netz automatisch an die realen Erfordernisse an, bei gleichzeitiger optimaler Schonung der Akkuladung und damit einhergehender Optimierung der Netzverfügbarkeit. Die Ergebnisse des Projekts fließen unter anderem in zwei kooperative Promotionen, laufende Lehrveranstaltungen, geplante Folgeprojekte und mögliche Produktentwicklungen ein. Weitere Informationen: www.frankfurt-university.de/ fb2 Kommunikation bei Katastrophen aufrechterhalten Projekt der Frankfurt UAS zu Potenzialen von virtuellen Netzwerken zum Einsatz in Katastrophengebieten © pixabay 30 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation Grund für den Wandel sind unsere Kommunikationsgewohnheiten, die sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Seit der flächendeckenden Einführung des GSM-Mobilfunkstandards in den 1990er Jahren ist die Mobilität des Anrufers zum Treiber für neue Ansätze bei der Notrufbeantwortung geworden. Mit der Einführung des 3G- Mobilfunkstandards und dem Aufkommen des Smartphones als neues Massenkommunikationsmittel im Jahr 2007 nahm die textbasierte Kommunikation stark zu, während Anrufe an Bedeutung verloren, besonders unter den Digital Natives. Diese Paradigmenwechsel in der Kommunikationslandschaft und die damit einhergehenden veränderten Erwartungen der Verbraucher verlangen eine moderne Notfallversorgung. Dabei haben sich vier Herausforderungen für Notfalldienste herauskristallisiert. Die digitale Transformation von Notfalldiensten Beginnt ein neues Zeitalter der öffentlichen Kommunikation? Markus Bornheim 112 - schon im Kindesalter lernen wir, dass wir in Notsituationen diese Telefonnummer wählen sollen, besser einmal zu viel als zu wenig. Wer die Notrufnummer wählt, wird mit einem sogenannten Dispatcher in einer Notrufzentrale verbunden, der die Situation einordnet und, wenn nötig, Rettungskräfte zum Einsatzort entsendet. Doch dieser altbewährte Prozess steht angesichts der Digitalisierung vor einem großen Wandel. auch indem sie für die Kommunikation zwischen Rettungswagen und Krankenhaus eingesetzt wird. So können die Rettungskräfte in kritischen Situationen von Klinikärzten weiteren Rat per Video erhalten oder Vorbereitungen getroffen werden. Und in einigen Fällen kann Video-Kommunikation zwischen dem Anrufer und Dispatcher auch verhindern, dass ein Rettungswagen zu einem Einsatzort geschickt wird, an dem er nicht wirklich benötigt wird. 2. Präzise Informationen über Anrufer und Ort des Vorfalls Um schnellstmöglich ein Einsatzteam zum Ort des Vorfalls schicken zu können, müssen die Informationen so präzise wie möglich sein. Da die Anrufer jedoch häufig nervös oder verängstigt sind und den Notdienst heute in 70 % der Fälle per Mobiltelefon von unterwegs anrufen, kann es wertvolle Zeit kosten, bis der Dispatcher alle relevanten Details 1. Multi-Channel-Zugang zu Notfalldiensten Das traditionelle Telefon ist seit dem Trend zu textbasierter und zu Video-Kommunikation längst nicht mehr die einzige Kommunikationsmöglichkeit in Notsituationen. „Voice-only“-Kommunikation besitzt in einer vielfältigen Gesellschaft einige Nachteile, da nicht jedes Mitglied über das erforderliche Sprachniveau verfügt, um eine Notsituation beschreiben oder Nachfragen des Dispatchers verstehen zu können. Neue Kommunikationstechnologien wie Textnachrichten und Video ermöglichen allen Anrufern gleichermaßen schnellen Zugang zu Notdiensten. Für Dispatcher bieten visuelle Kanäle darüber hinaus Kontextinformationen und sichtbare Hinweise, mit deren Hilfe sie schnellere und effektivere Entscheidungen treffen können, die der Situation angemessen sind. Video-Kommunikation kann daher ein wichtiger Treiber der digitalen Transformation sein, © Avaya Deutschland GmbH 31 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRAXIS + PROJEKTE Kommunikation zur Situation und die genaue Adresse des Einsatzortes kennt. Deshalb war die Einführung von Advanced Mobile Location (AML) bei allen Mobiltelefonen mit Android-Betriebssystem bereits ein wichtiger Schritt zur Bestimmung des genauen Standorts in Notfällen. Mit dieser Funktion werden die Standortdaten des Anrufers automatisch per SMS an die Notrufzentrale gesendet, sobald der Anrufer eine Notrufnummer wählt, sodass Einsatzteams den entsprechenden Einsatzort schneller erreichen können. Allerdings sollten für die satellitengestützte Übertragung von Standortdaten per Mobiltelefon verschiedene Methoden genutzt werden können. Denkbar wäre beispielsweise, die HTML5- Internetverbindung über einen Webbrowser zu verwenden oder eine Standortbestimmung durch Messaging-Apps, um so viele Mobiltelefone wie möglich hierfür nutzen zu können. 3. Konsolidierung von Notrufzentralen Die meisten Notfalldienste verfügten in den vergangenen Jahrzehnten über mehrere kleinere Notrufleitstellen mit typischerweise zwei bis fünf Dispatchern. In den 90er-Jahren funktionierte dieses System dank eines geringeren Anrufvolumens gut - schließlich musste jemand, der einen Autounfall melden wollte, bei einem Mitmenschen anklopfen und dessen Festnetztelefon benutzen. Heute jedoch ist die Anzahl der Notrufe pro Vorfall aufgrund der Verbreitung von Mobiltelefonen um ein Vielfaches höher. Bei größeren Unfällen erleben traditionelle Notrufleitstellen deshalb regelmäßig eine massive Anrufflut, was zu langen Wartezeiten und verpassten Anrufen durch Überlastung der Leitungen und des Personals führen kann. Eine Lösung könnte die Konsolidierung und Vernetzung von Notrufzentralen sein. So könnten große Anrufvolumen besser verwaltet und verteilt werden, etwa indem Mitarbeiter in weniger ausgelasteten Regionen ihre Kollegen in Zentralen mit hohem Anrufaufkommen unterstützen. So wären Notrufzentralen deutlich effizienter und Einsatzkräfte schneller vor Ort. 4. Effektive organisations- und grenzübergreifende Notfallhilfe Effiziente und wirksame Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Notrufzentralen stellt eine noch größere Herausforderung dar, wenn sie zu unterschiedlichen Organisationen gehören oder wenn grenzübergreifende Hilfe benötigt wird. Informationen werden häufig per Telefon, Fax und durch manuelle Eingabe von Daten in Fallverwaltungssysteme ausgetauscht - eine fehleranfällige Vorgehensweise, besonders wenn Menschen unter Stress stehen. Eine organisationsübergreifende Hilfe wird ebenfalls erschwert, wenn die Notfalldienste über unterschiedliche Informationen verfügen. Nationale Grenzen, Zuständigkeitsbereichsgrenzen, aber auch regionale und lokale Grenzen stellen derzeit weitere große Herausforderungen für die Zusammenarbeit dar. Ein strukturierter Austausch von Daten mittels moderner Echtzeitkommunikation würde die Verfügbarkeit und Richtigkeit von Informationen über Notfälle und die organisations- und grenzübergreifende Zusammenarbeit deutlich verbessern. Zukunftsfähig durch Multi- Channel-Kommunikation Die Öffentlichkeit wird stets nach besserer Versorgung in Notfällen verlangen, nach schnelleren Reaktionszeiten und höherer Versorgungsqualität. Ein ausschließlich sprachbasiertes Notrufsystem ist den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr gewachsen. Verständnis für die vier Herausforderungen ist deshalb die Voraussetzung für die digitale Transformation, die notwendig ist, um Notrufzentralen zukunftsfähig zu machen. Das Ziel ist eine agilere, flexiblere und effektivere Zusammenarbeit innerhalb und zwischen verschiedenen Organisationen. Der schnelle, strukturierte Austausch von Kontext- und Situationsdaten in Echtzeit und über alle Kanäle - sprachlich, visuell und schriftlich - wird dabei integraler Bestandteil der Notfall-Kommunikation der Zukunft sein und die Notfall- und Gesundheitsversorgung deutlich verbessern. AUTOR Markus Bornheim Consulting Sales Engineer EU - Public Safety & Emergency Services Avaya Deutschland GmbH Kontakt: bornheim@avaya.com 32 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Hinter dem vermeintlich einfachen Begriff verbirgt sich ein komplexes Konstrukt, das vielfache Bedeutungen hat. Das aus dem lat. Wortursprung stammende „securus“ kann übersetzt werden als „ohne Sorge“ oder „unbekümmert“ sein. Es kann aber auch „den Zustand des Geschütztseins vor Gefahren oder Schaden“ beschreiben. Eine weitere Deutung lässt sich in Begrifflichkeiten wie „Gewissheit“, „Bestimmtheit“ sowie „Zuverlässigkeit“ finden [1]. Warum die Herleitung des Begriffs für diesen Beitrag von Bedeutung ist, wird deutlich, wenn die vielfältigen Definitionsmöglichkeiten des Begriffs Sicherheit auf den Bereich der Kriminalprävention im Städtebau angewendet werden: Planung und Gestaltung öffentlicher Räume sowie von Wohnumfeld und Nachbarschaft haben Auswirkungen auf die objektive Sicherheit und das Sicherheitsempfinden der Menschen. Wenn sicherheitsrelevante Kriterien schon während der Planungsphase berücksichtigt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Raum oder ein Objekt an Attraktivität für potenzielle Täter verliert. Ganz im Sinne der Redewendung „Gelegenheit macht Diebe“ können Tatgelegenheiten somit reduziert werden. Zum anderen tragen sorgfältige Gestaltungen unter Berücksichtigung heterogener Nutzungsanforderungen dazu bei, das Sicherheitsempfinden und folglich die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner zu steigern: Nur wer sich sicher fühlt, nimmt am öffentlichen Leben teil und nutzt die Angebote im Außenraum. Doch nicht die Gestaltung im engeren Sinne kann alleiniger Garant für mehr Lebensqualität sein. Auch das Management eines öffentlichen Raums sollte so organisiert sein, dass die verantwortlichen Akteure in der Lage sind, Sicherheit in allen Phasen der Planung bis zur Umsetzung und Bewirtschaftung mitzudenken und zu gewährleisten. Und, last but not least, tragen die Nutzenden selbst dazu bei, dass ein Platz, ein Park, ein Innenhof oder ein Weg bzw. eine Straße sicher wirken und sicher sind. Mit dem Wissen, dass dieses komplexe Aufgabenfeld nur als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen ist, wurde vor rund 10 Jahren die Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen (SIPA) ins Leben gerufen. Ihre Mitglieder aus 21 staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen und Verbänden arbeiten gemeinsam daran, die Sicherheit im öffentlichen Raum zu verbessern. In der SIPA hat jede Institution eine eigene und konkrete Vorstellung davon, welchen Beitrag sie für ein sorgenfreies und zuverlässiges Leben leisten kann, je nachdem, welcher Disziplin sie angehört und welche Expertise sie für die Sicherheit mitbringt. Die SIPA wird vom Landespräventionsrat Niedersachsen (LPR) im Niedersächsischen Justiz- Sicherheit als Impuls für mehr Lebensqualität Die Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen - ein ressortübergreifendes Netzwerk Kriminalprävention im Städtebau, urbane Sicherheit, subjektive und objektive Sicherheit, Sicherheitsempfinden, Tatgelegenheiten Anke Schröder, Susanne Wolter Die Anforderungen an öffentliche Räume, Wohnumfeld und Nachbarschaft werden in einer heterogenen Gesellschaft zusehends komplexer. Hier zeigt das tägliche Miteinander mit allen Facetten seine Wirkung. Veränderungen und Dynamiken beeinflussen das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung, wohingegen die gebaute Umwelt auf Langfristigkeit ausgerichtet ist. Neue, bislang nicht gedachte, flexible Konzepte erfordern mehrdimensionale und ressortübergreifende Ansätze, um zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Die Sicherheitspartnerschaft in Niedersachsen und das Kompetenzzentrum „Urbane Sicherheit“ im LKA setzt auf inter- und transdisziplinäre Ansätze im kleinräumigen Kontext. THEMA Sicherheit im Stadtraum 33 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES ministerium koordiniert. Als Beratungsorgan der Landesregierung sowie der niedersächsischen Kommunen ist es Ziel des LPR, Straftaten vorzubeugen und das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Gemäß der fachlichen Devise „Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ unterstützt der LPR Kommunen in ihren Bemühungen, kriminalpräventive Netzwerke (sogen. kommunale Präventionsräte) dauerhaft einzurichten. Diese dienen dem fachübergreifenden Austausch über örtliche Kriminalitätsprobleme sowie der Planung und Koordination konkreter Präventionsmaßnahmen. Dazu gehören auch Maßnahmen, die zur Kriminalprävention im Städtebau beitragen. [2] Im Rahmen seiner koordinierenden Funktion stimmt sich der LPR strategisch mit dem Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA) ab. Das LKA repräsentiert innerhalb der SIPA die Interessen der niedersächsischen Polizei. Als zentrale Akteurin der inneren Sicherheit hat die Polizei den gesetzlichen Auftrag, die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland zu gewährleisten, also die Bevölkerung vor Gefahren und Schaden zu schützen. Sie hat im Wesentlichen die Aufgaben der Gefahrenabwehr, die Verfolgung von Straftaten sowie Ordnungswidrigkeiten, und sie soll den Opferschutz wahrnehmen- [3]. Im Rahmen der Gefahrenabwehr soll die Polizei Straftaten verhüten (bzw. verhindern) sowie künftigen Straftaten vorsorgen, d.h. sie soll Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gar nicht erst entstehen lassen und somit kriminalpräventiv agieren. Weitere Mitgliedsverbände der SIPA sind im Bereich der Wohnungswirtschaft tätig. Für die Wohnungswirtschaft ist Sicherheit mehr als nur die Abwesenheit von Straftaten. Der wohnungswirtschaftliche Sicherheitsbegriff umfasst neben den branchenspezifischen Aspekten wie Verkehrssicherheitspflicht und bautechnische Schutzvorrichtungen auch eine sozialpolitische Perspektive für die Herstellung geeigneten, bezahlbaren Wohnraums oder funktionierender Nachbarschaften. Bereits heute fangen viele Wohnungsunternehmen soziale Konflikte durch Sozialbzw. Quartiersmanagement auf und stärken dadurch ein soziales Miteinander. Planungsorientierte Berufsgruppen gehören ebenfalls zur SIPA. Neben der Architektenkammer sind Berufsverbände vertreten, deren Sicherheitsverständnis sich auf die baulich-räumliche und die sozialräumliche Planung und Gestaltung der gebauten Umwelt und der Freiräume bezieht. Die Mitglieder der SIPA haben zum Zeitpunkt der Gründung in einer Elf-Punkte-Erklärung die „Vereinbarung über mehr städtebauliche Sicherheit und Kriminalprävention beim Planen und Sanieren von Wohnquartieren“ unterzeichnet. Damit haben sie sich verpflichtet, in ihrem Tätigkeitsfeld dazu beizutragen, die Sicherheit im Wohnumfeld und im öffentlichen Raum zu erhöhen und so langfristig an der Verbesserung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger mitzuwirken. Innerhalb von drei Schutzdimensionen werden ganzheitliche Lösungen angestrebt. Diese sind dem so genannten Kriminalitätsdreieck entnommen, das besagt, „(...) dass Straftaten dann entstehen, wenn ein/ e potentielle/ r Täter/ in sowie ein geeignetes Ziel zeitlich und räumlich zusammentreffen und am Ort kein Schutz geboten wird“ [4]. Das Zusammenspiel der drei Schutzdimensionen ist im Ansatz von besonderer Bedeutung, denn nur die Berücksichtigung aller Ebenen führt zu einer wirkungsvollen und nachhaltigen Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Aspekte. Schutz durch Nutzungsverantwortung Schutz durch Management: Engagement aufgrund von Eigentum, Vermietung, Verwaltung Kriminalität Zielobjekt / Opfer Schutz durch die städtebauliche Form, architektonische Gestaltung und technische Ausstattung Täterinnen und Täter Ort / Gelegenheit Bild 1: Kriminalitätsdreieck, verändert nach Clarke, Ronald / Eck, John: Der Weg zur Problemlösung durch Kriminalitätsanalyse, hgg. vom Landespräventionsrat Niedersachsen, Hannover, 2007. Durch die Einbindung der unterschiedlichen Stakeholder in konkrete Fragestellungen zur Kriminalprävention im Städtebau ist es landesweit gelungen, die vielfältigen Ansätze zum Sicherheitsverständnis einzubeziehen. Für eine dauerhafte und nachhaltige Implementierung der Ansätze ist jedoch die Übertragung theoriebasierter Erkenntnisse in die Praxis erforderlich. Dies gelingt nur dann nachhaltig, wenn die Umsetzung und Wirkung der Kriminalprävention im Städtebau anhand konkreter Projekte sichtbar gemacht wird. 34 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Anwendung für die Praxis In einem einjährigen Prozess erarbeiteten die Mitglieder der SIPA unter wissenschaftlicher Beratung von Prof. Dr. Herbert Schubert, Fachhochschule Köln, konsensorientiert Kriterien und Leitfragen für die genannten Schutzdimensionen. Die Kriterien folgen fachlichen Standards, wie  räumliche Anordnung  sicherheitsorientierte Gestaltung  Sicherheit fördernde Wegeführung  Beleuchtung und technische Standards  Sauberkeit und Instandhaltung  sichere Park- und Abstellmöglichkeiten  Verantwortung und Nachbarschaft  Beteiligung und Aktivierung von Mieterinnen und Mietern  Kooperationen Nach der Konkretisierung wesentlicher Leitfragen und Kriterien wurden zwei „Produkte“ für die Praxis entwickelt. Das erste Produkt (Checkliste bzw. Niedersächsisches Qualitätssiegel für sicheres Wohnen) bezieht sich auf den räumlichen Zusammenhang von Nachbarschaft und Wohnumfeld und spricht vornehmlich die Wohnungswirtschaft an. Das zweite Produkt (Arbeitshilfe für die Planung und Bewertung öffentlicher Räume unter Sicherheitsaspekten) adressiert stärker die kommunale Verwaltung. Für beide Produkte wurde jeweils ein praxisorientiertes Modell entwickelt. Im Falle der Checkliste bzw. des Qualitätssiegels entstand eine Kriterienliste für die Planung neuer Bauvorhaben und für die Selbstbewertung von Wohnungsbeständen, auf deren Grundlage eine Auditierung von Wohnanlagen und Quartieren erfolgen kann. „Mit dem Qualitätssiegel werden Wohnobjekte in Städten und Gemeinden ausgezeichnet, die eine hohe Lebensqualität aufweisen und aktiv an einem positiven sozialen Umfeld arbeiten...“ [5]. Innerhalb des Audits müssen alle drei Dimensionen Berücksichtigung finden. Das Verfahren ist umfänglich und umfasst eine Vorprüfung, ein Audit mit fachlich geschulten Expertinnen und Experten aus Polizei und Planung und unterliegt einer anschließenden Beurteilung durch die Jurymitglieder aus der SIPA. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass nicht nur Neubauprojekte sondern auch Bestandsprojekte ausgezeichnet werden können, die vielleicht eher auf ein starkes Sozialmanagement bauen können, nicht aber aktuellen Designansprüchen entsprechen müssen. Seit 2011 haben rund 40 Objekte das Qualitätssiegel für sicheres Wohnen erhalten. Damit ist der erste Schritt zur Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Kriterien als Planungsinstrument gelungen. Erste Evaluationen der Projekte ergeben, dass die Kriterien nach erstmaligem Auditverfahren und Auszeichnung sukzessive und kontinuierlich bei weiteren Planungen berücksichtigt werden. 1 Zweitens steht eine Arbeitshilfe für die Planung und Bewertung öffentlicher Räume unter Sicherheitsaspekten zur Verfügung, die primär von der Kommunalverwaltung genutzt wird. Mit der Arbeitshilfe ist ein Instrument geschaffen worden, welches aufgrund seiner umfassenden Ausarbeitung auf allen drei Ebenen der Kriminalprävention einsetzbar ist. Auch wenn die Vorbereitung im ersten Moment umfangreich erscheint, so deckt die Arbeitshilfe gerade wegen ihrer Ausführlichkeit das komplexe Feld der räumlichen Planung ab. 1 Konkrete Kriterien und dazugehörige Leitfragen stehen unter http: / / www.sipa-niedersachsen.de zur Verfügung. Bild 2: Lüneburger Wohnungsbau Brüggemannhof, Baujahr 1914-1925. © Schröder/ Wolter Bild 3: Spar und Bauverein Hannover Westädt´s Garten, Baujahr 1982. © Schröder/ Wolter THEMA Sicherheit im Stadtraum 35 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES  Für die Themen der Primärprävention bietet die Arbeitshilfe bereits in einem frühen Planungsstadium bzw. vor einer Erneuerungsmaßnahme praxisorientierte Unterstützung. In erster Linie geht es um die originäre Vermeidung von Gefährdungen und Risiken. So gelingt es den Verantwortlichen buchstäblich, „vor die Lage zu kommen“. Die Arbeitshilfe wird bei der Quartiersentwicklung, Bauleitplanung, Stadtplanung und Bauordnung oder in Sozial- und Freiraumplanungen eingesetzt.  Innerhalb der Sekundärprävention geht es darum, Störungen in einem frühen Stadium zu erkennen und Maßnahmen zur Vorbeugung und weiteren Ausbreitung zu erarbeiten. Beispielsweise kann es sich auf der sozialen Ebene um Einzelfallhilfen handeln, die das Gefährdungspotenzial verringern oder um Investitionen, die im Raum Handlungsalternativen eröffnen bzw. Objekte durch Nachrüstungen schützen.  In der Tertiärprävention findet die Arbeitshilfe bei bereits bestehenden Problemsituationen Anwendung. Es erfolgt eine Maßnahmenkonzeption zur Entschärfung bestehender Komplikationen sowie zur Vorbeugung gegen weiterführende Probleme, wie bauliche Missstände (mangelnde Beleuchtung, Verschmutzung, Vandalismus), deviantes Verhalten (Pöbeln, exzessiver Alkoholkonsum, Drogenhandel) oder Gewalt im öffentlichen Raum (zum Beispiel im Umfeld von Diskotheken oder offenen Trinkerszenen). Das Vorgehen erfordert je nach Aufgabenstellung die Einbindung verschiedener Fachlichkeiten und unterscheidet sich insofern von der Checkliste für sicheres Wohnen. Es empfiehlt sich daher die Einrichtung eines interdisziplinären Arbeitskreises, der die entsprechenden Perspektiven der thematischen Bereiche aufnimmt. Darüber hinaus ist es sinnvoll, eine gemeinsame stadträumliche Begehung unter sicherheitsrelevanten Aspekten durchzuführen. Von der Theorie in die Praxis: Interdisziplinäre Begehungen unter sicherheitsrelevanten Aspekten Die interdisziplinären Begehungen eignen sich für den gegenseitigen Erfahrungsaustausch der beteiligten Akteure vor Ort und machen Netzwerkarbeit erfahrbar und praxisnah. Sie dienen der Katalogisierung und fotodokumentarischen Bestandsaufnahme von Qualitäten und Ordnungsstörungen in einem kleinräumigen Bereich eines Stadtteils. Anhand der kleinräumigen Betrachtung ist es möglich, konkrete ortsbezogene Hinweise auf Qualitäten und Störungen zu erhalten. Darüber hinaus soll Gelegenheit gegeben werden, Themengebiete zu abstrahieren und sie auf andere Gegebenheiten zu übertragen. Im Rahmen der Begehungen können bestehende sicherheitsrelevante Fragestellungen angesehen, „gefühlt“ und nachvollzogen werden. Gemeinsam können „on site“ und unmittelbar Zuständigkeiten geklärt und Lösungsvorschläge konsensorientiert diskutiert werden. Die Methode der stadträumlichen Begehungen wurde im Rahmen des Forschungsprojektes transit 2 2 Das Forschungsprojekt „Transdisziplinäre Sicherheitsstrategien für Polizei, Wohnungsunternehmen und Kommunen - transit “ wurde in den Jahren 2012-2016 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit “ gefördert. Unter der Federführung des Landeskriminalamtes Niedersachsen konnten mit den Verbundpartnern Deutsches Institut für Urbanistik und dem Forschungspartner F+B Forschung und Beratung für Wohnen Immobilien und Umwelt ein Instrument für die polizeiliche Praxis entwickelt werden. http: / / www.transit-online.info Bild 5: Wohnungsgenossenschaft Kleefeld-Buchholz, Hannover, Baujahr 2015. © Schröder/ Wolter Bild 4: Kreiswohnbau Hildesheim Salzdetfurth, Baujahr 1890 Erweiterung 2015. © Schröder/ Wolter 36 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum in drei Gebieten der Fallstudienorte Braunschweig, Lüneburg und Emden durchgeführt und auf ihre Anwendbarkeit im Rahmen fachübergreifender lokaler Sicherheitsarbeit bewertet. Alle Beteiligten bezeichneten die fachübergreifende Arbeitsweise durch die multiperspektivische Betrachtung als Mehrwert für ihre tägliche Arbeit. Insbesondere Veränderungen im Stadtteil werden durch die praktikable und methodische Aufbereitung, die differenzierte Kriterienliste sowie durch eine professionelle Vorbereitung zeitnah, gezielt und genau erkennbar. Fazit Mit der Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen ist eine Institution geschaffen worden, die die landesweite Präventionsstrategie um einen neuen Fokus bereichert. Über den Raumbezug können bestehende Probleme und sicherheitsrelevante Fragestellungen unter einem neuen, fächerübergreifenden Blickwinkel zusammengebracht werden. Sie stehen somit den themenspezifischen Einzellösungen entgegen und sind diesen in vielerlei Hinsicht überlegen. Der Blickwinkel der Kriminalprävention im Städtebau ermöglicht also, ressortübergreifende und interdisziplinäre Lösungskonzepte zu erarbeiten. Über die kontinuierliche Einbindung der unterschiedlichen Verantwortungsträgerinnen und -träger sowie der Nutzerinnen und Nutzer vor Ort kann Erfahrungs- und Alltagswissen mit Expertenwissen verknüpft werden. Damit ist ein neues Analyseinstrument entwickelt worden, dass Sicherheit als Impuls für mehr Lebensqualität aufzeigt. LITERATUR: [1] http: / / www.duden.de/ (Zugriff am 06.10.2017) [2] http: / / lpr.niedersachsen.de/ (Zugriff am 17.10.2017) [3] Hagemann, K., Kohrs, S.: Demokratisierungsprozess im Gewaltmonopol. Motivationale Auswirkungen flacherer Hierarchie auf Organisationsmitglieder am Beispiel der Polizeireform 1994 in Niedersachsen. Berlin: Wissenschaftlicher Verlag, 2012. [4] http: / / www.sipa-niedersachsen.de/ (Zugriff am 17.10.2017) [5] http: / / www.sipa-niedersachsen.de/ (Zugriff am 17.10.2017) Dr. Anke Schröder Dipl.-Ing. Architektur Leiterin des Kompetenzzentrums Urbane Sicherheit, Landeskriminalamt Niedersachsen, Kriminologische Forschungsstelle, Kontakt: anke.schroeder@polizei.niedersachsen.de Susanne Wolter Regierungsdirektorin Stellvertretende Geschäftsführerin des Landespräventionsrates Niedersachsen, Niedersächsisches Justizministerium Kontakt: susanne.wolter@mj.niedersachsen.de AUTORINNEN Trialog Publishers Verlagsgesellschaft Schliffkopfstraße 22 | D-72270 Baiersbronn Tel.: +49 7449 91386.36 | Fax: +49 7449 91386.37 office@trialog.de | www.trialog-publishers.de Unsere neuen Kontaktdaten Verlag und Redaktion sind umgezogen Redaktionsleitung: Leserservice/ Vertrieb: Anzeigenservice: Dispo/ Onlinetechnik: Tel.: +49 7449 91386.43 christine.ziegler@transforming-cities.de Tel.: +49 7449 91386.39 service@trialog.de Tel.: +49 7449 91386.46 anzeigen@trialog.de Tel.: +49 7449 91386.47 dispo@trialog.de THEMA Sicherheit im Stadtraum 37 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Gedanken zum Schutzbedürfnis im Stadtraum Die Innenstadt ist das Aushängeschild eines jeden urbanen Raumes. Als historische Mitte bildet sie einen Ort, der die Vielfältigkeit des öffentlichen Lebens beheimatet. Sie ist Standort und Schauplatz des Wohnens und Arbeitens, des öffentlichen und privaten Lebens sowie wichtiger Kultur-, Wirtschafts- und Tourismusraum. Aktuelle Debatten über die innerstädtische Sicherheit zeigen, wie wichtig der Schutz der sensiblen Einzigartigkeit dieses urbanen Raumes ist. Terroristische Anschläge wie in Paris (2015), Nizza und Berlin (2016), sowie Manchester und Madrid (2017) trafen direkt in das Herz der Großstädte. Auch wenn für die jüngsten Anschläge vermehrt schwere Fahrzeuge als „Waffe“ eingesetzt wurden, bleibt das Gefahrenpotential durch Sprengstoffanschläge unvermindert hoch. Die Anschläge von Ansbach 2016 und die des Nationalsozialistischen Untergrundes um die Jahrtausendwende zeigen, dass diese Gefahr auch in Deutschland besteht. Das Phänomen Terrorismus ist vielfältig und von diversen Faktoren abhängig. Die handelnden Akteure erweisen sich hinsichtlich der eingesetzten Mittel und Strategien als überaus wandlungsfähig. Das Verhalten von Einzeltätern oder gewaltbereiten Gruppen lässt daher keine exakten Prognosen zur Eintrittswahrscheinlichkeit oder konkreten Form von Anschlägen zu. Deshalb wird zur Beurteilung der Vulnerabilität eines öffentlichen Ortes in der Regel zunächst eine allgemeine Bedrohungsanalyse durchgeführt, um sogenannte Worst-Case-Szenarien zu identifizieren. Zeitpunkt, genaue Position und Art des Angriffes bleiben dennoch unabwägbar, womit ein gewisses Restrisiko bleibt. Die Möglichkeit und das Ausmaß terroristischer Anschläge hängen eng mit der Verfügbarkeit von Technik und Wissen sowie der gesellschaftlichen Verwundbarkeit zusammen. Der Schutz von Menschen und Sachgütern vor dem Eintritt und den Folgen solcher außergewöhnlichen Ereignisse ist die Kernaufgabe des Bevölkerungsschutzes. Ziel ist es, die materiellen und immateriellen Auswirkungen zu mindern, indem lebens- oder verteidigungswichtige Orte und Gebäude durch entsprechende Maßnahmen geschützt werden. Hierunter fallen unter anderem öffentliche Plätze, Einkaufszentren, Gebäude mit hohem Symbolwert oder Sitze internationaler Konzerne und Organisationen. Von den möglichen Anschlagsszenarien sind Sprengstoffanschläge aufgrund der zu erwartenden multiplen Bedrohung besonders zu beachten. Zum einen entsteht durch eine Explosion eine Schockwelle, deren extreme Druckwirkung Personen verletzen oder töten und Gebäude beschädigen kann. Zum anderen kann der durch die Explosion erzeugte Splitter- und Trümmerflug (Fragmente), auch Innovativer Explosionsschutz im urbanen Raum Die Leistungsfähigkeit von Schutzbepflanzung und ansprechenden Schutzelementen gegen Explosion Terrorismus, hybride Bedrohungen, Explosionsschutz, Schutzbepflanzung, Innovative Schutzelemente Paul Warnstedt, Matthias Andrae, Lars Rüdiger, Weifang Xiao, Norbert Gebbeken Die Sicherheit im Stadtraum steht bei der Gestaltung öffentlicher Plätze und dem Schutz kritischer Infrastrukturen im Kontext terroristischer und hybrider Bedrohungen regelmäßig im Fokus. Neben üblichen baulichen Maßnahmen kann die Erhöhung der Sicherheit öffentlicher Plätze auch durch optisch ansprechende Schutzelemente erreicht werden. Geeignete Pflanzen oder innovative Materialien entfalten ihre Schutzfunktion unauffällig und dienen gleichzeitig als Gestaltungselemente, was die gefühlte Sicherheit steigert. Solche intelligenten Lösungen wurden erfolgreich getestet und stehen zur Verfügung. 38 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum über große Distanzen, zu lebensbedrohlichen Verletzungen oder erheblichen Schäden an baulichen Strukturen führen. Zudem besteht die Gefahr des progressiven Kollapses von Gebäuden oder großer Teile davon, wenn tragende Elemente infolge der Explosionswirkung versagen und darüber liegende Gebäudeteile schlagartig herabstürzen. Das effektivste Mittel zum Schutz vor den Einwirkungen durch Explosionen ist ausreichender Abstand zum Explosionsursprung. In urbanen Gebieten ist der hierzu erforderliche Raum jedoch durch die dichte Bebauung meist begrenzt. Als weitere Mittel können Verstärkungsmaßnahmen an der Fassade oder der Tragstruktur von Gebäuden genutzt werden. Auch hier können Probleme auftreten, wenn zum Beispiel die bestehende Bausubstanz nicht die nötigen Anforderungen für nachträgliche Ertüchtigungsmaßnahmen erfüllt, Denkmalschutzauflagen zu beachten sind oder bei Neubauten architektonische Anforderungen die notwendigen Schutzmaßnahmen einschränken. In diesen Fällen kann der Widerstand des Bauwerks nicht erhöht werden, folglich muss die einwirkende Belastung verringert werden. Hierzu gibt es sogenannte vorgesetzte Schutzmaßnahmen, die als eigenständige Elemente den Druck der Schockwelle und den ggf. auftretenden Splitter- und Trümmerflug reduzieren. Im militärischen Bereich, werden hierzu unter anderem Schutzwände aus massivem Stahlbeton eingesetzt, um die Schockwelle umzulenken oder zu reflektieren. Für den urbanen Raum ist dieser Ansatz jedoch keine Ideallösung, da städtische Bereiche aufgrund des eingangs beschriebenen Stellenwertes für die Gesellschaft einen hohen Anspruch auf Ästhetik und Gestaltung erheben. Deshalb wird im Rahmen von Forschungsvorhaben an der Universität der Bundeswehr München, die vielfach in Zusammenarbeit mit der Wehrtechnischen Dienststelle 52 (WTD 52) und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) durchgeführt werden, seit mehreren Jahren die Idee innovativer Schutzelemente verfolgt. Es konnte gezeigt werden, dass flexible und leichte Elemente ebenfalls eine sehr gute Schutzwirkung entfalten können [1, 2, 3]. Mit numerischen Simulationen und physischen Versuchen konnten neue Erkenntnisse über das Tragverhalten und die Versagensmechanismen solcher Schutzelemente gewonnen werden. Damit wird der Einsatz zeitgemäßer, moderner Werkstoffe für deren Konstruktion ermöglicht. Mithilfe dieser Erkenntnisse können bei der Planung von Schutzkonzepten fundierte Lösungen entwickelt werden, die das urbane Leben nicht wesentlich beeinträchtigen. Verbesserung der Sicherheit durch innovative Schutzelemente Innovative Schutzelemente sind zum Beispiel explosionshemmende Barrieren, die neben der Erfüllung der reinen Schutzfunktion auch gestalterischen Ansprüchen der Architektur und Städteplanung gerecht werden. Derartige Barrieren erscheinen dem Betrachter vorrangig als Gestaltungselemente. Ihre Schutzwirkung kommt nur im Falle eines tatsächlichen Anschlags zum Tragen, womit eine Symbiose aus Schutz und Gestaltung erreicht wird. Diese Elemente gehören damit zur Kategorie der sogenannten Hide-Force-Protection (HFP), die im Gegensatz zur Show-Force-Protection (SFP) langfristig und unbemerkt wirken soll. Maßnahmen der SFP sind in der Regel aufwendig und deutlich als solche erkennbar, womit sie eher für temporär oder dauerhaft sehr hohe Bedrohungssituationen (etwa dem Schutz nuklearer Anlagen) infrage kommen. Im Unterschied zu Fassaden müssen vorgesetzte Barrieren keine dichtschließende Hülle gegen den Druck der Schockwelle, Splitter oder Trümmer bilden. Sie können flexibel und teilweise offen gestaltet sein, womit sie im Falle einer Explosion von der Schockwelle durchströmt werden. Die Energie der Schockwelle wird durch die Barriere abgeschwächt, indem sie teilweise reflektiert und zum Teil in Verformungen der Barriere umgewandelt wird. Zudem können derartige Barrieren so gestaltet sein, dass bei entsprechend hohen Belastungen vordefinierte Sollbruchstellen versagen. Damit können Schäden der Struktur gezielt lokal begrenzt werden. Beschädigte Teile müssen anschließend eventuell ausgetauscht werden, was bei herkömmlichen Schutzelementen wie explosionshemmenden Fenster- oder Türsystemen gleichermaßen erforderlich ist. Mit der Abschwächung der Intensität der Schockwelle durch eine Barriere wird die Belastung auf dahinter befindliche Personen und Gebäude reduziert, etwa auf die meist am stärksten beanspruchten unteren Stockwerke. Durch vorgesetzte Barrieren wird zum einen der Aufwand für nachträgliche Verstärkungsmaßnahmen an der bestehenden Bausubstanz verringert oder gar vermieden. Zum anderen sind bei der Neugestaltung von Gebäuden filigranere und somit architektonisch ansprechendere Tragwerke möglich. Auf öffentlichen Plätzen können derartige Barrieren so platziert werden, dass die verheerende Wirkung einer möglichen Explosion lokal eingedämmt wird und Bereiche mit geringerer Druckbelastung geschaffen werden. Darüber hinaus sind sie geeignet, den Abstand zwischen einer Explosion und dem zu schützenden Bereich zu vergrößern oder THEMA Sicherheit im Stadtraum 39 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES die Explosivstoffmenge zu begrenzen, die bis an das Gebäude oder auf einen öffentlichen Platz transportiert werden kann, indem zum Beispiel die Zufahrt unterbunden wird. Grundsätzlich sind eine Vielzahl von städteplanerischen Elementen für den Einsatz als explosionshemmende Barrieren denkbar (Sitzbänke, Kioske, Poller, Schüttkörbe, Pflanzkübel, etc.). Mitunter genügt bereits deren geschickte Anordnung vor einem zu schützenden Bereich, um die Belastungen infolge einer Explosion deutlich zu verringern. An dieser Stelle soll der Einsatz von Pflanzen und von metallischen Ringgeflechten in Kombination mit Wasser genauer dargestellt werden. Anwendungsbeispiel 1: Pflanzen Die Möglichkeit der Nutzung von Pflanzen als explosionshemmende Elemente wurde grundlegend bereits in [2] und [4] diskutiert. Pflanzen stellen eine Besonderheit im Vergleich zu baulichen Strukturen dar, da ihre äußere Form und innere Struktur nicht gezielt konstruiert, sondern nur durch Pflege und Zuschnitt beeinflusst werden kann. Aufgrund der natürlichen Schwankungen (zum Beispiel der Wuchsdichte) kann ihre explosionshemmende Wirkung weniger genau prognostiziert werden. Um erste Erfahrungswerte zu sammeln, wurden Sprengversuche durchgeführt, bei denen Thujen- und Kirschlorbeerhecken einer Explosionsbelastung ausgesetzt wurden. Die hierbei verwendete Explosivstoffmenge entspricht der einer Rucksackbombe. Im Abstand von 0,5 m hinter den Hecken konnte die Druckbelastung mit deren Hilfe um etwa 60 % (Thuja, Bild 1) und 30 % (Kirschlorbeer, Bild 2) im Vergleich zur ungehinderten Ausbreitung der Schockwelle verringert werden. Auch an einer 5 m hinter den Hecken befindlichen Fassade wurde die Belastung mit der durchschnittlich 1,1 m hohen Thujenhecke um etwa 35 % gesenkt. Diese Werte sind vielversprechend und liegen über den ersten Erwartungen der Autoren. Die Versuche belegen erstmals die Eignung von Pflanzen als explosionshemmende Elemente. Sie zeigten aber auch deutliche Unterschiede zwischen den Pflanzenarten. Während die Thujen sogar mehrfache Explosionsbelastungen nahezu unbeschadet überstanden, wurden große Teile der Kirschlorbeerblätter abgerissen oder stark beschädigt (Bild 2). Große Blattoberflächen, die für schallmindernde Anwendungen vorteilhaft sind [5], sind für diese Zielsetzung folglich ungeeignet. Aus den Ergebnissen der Versuche und grundsätzlichen Überlegungen können die in Tabelle 1 zusammengefassten Anforderungen an explosionshemmende Pflanzen formuliert werden. Detaillierte Darstellungen der Versuchsdurchführung, der Ergebnisse und zu Ansätzen für numerische Simulationen sind in [4] und [6] zu finden. Derzeit wird die Forschung in diesem Bereich fortgesetzt, um Aussagen zur Wirksamkeit anderer Pflanzenarten treffen zu können. Neben der explosionshemmenden Wirkung ermöglichen Pflanzen zudem eine ansprechende Gestaltung und Aufwertung urbaner Räume. Sie leisten einen unverzichtbareren Beitrag zur Stadtökologie, vermindern die CO 2 -Belastung, wirken klimaregulierend, spenden Schatten und bieten Habitate für Tiere. Bild 1 und 2: Zustand der Thujenhecke, oben, und der Kirschlorbeerhecke, unten, nach der Explosionsbelastung. © WTD 52/ UniBw München Tabelle 1: Anforderungen für explosionshemmende Pflanzen. Generelle Anforderungen Optionale Anforderungen immergrün Standorteignung blickdicht Pflegeleichtigkeit hoher Biomasseanteil Schnittverträglichkeit nicht-sprödes Materialverhalten Frosthärte geringe Blattgrößen oder Nadeln gesundheitlich unbedenklich 40 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Anwendungsbeispiel 2: Metallische Ringgeflechte Metallgewebe oder Ringgeflechte sind aufgrund ihrer Transparenz beliebte architektonische Gestaltungselemente. Die Fassade des Parkhauses der Messe Bologna wurde mit Metallgeweben gestaltet und am Hauptsitz der Firma Swarovski in Wattens (Österreich) wurde ein weitgestrecktes, wellenförmiges Ringgeflecht installiert (Bild 3). Illuminationen oder die Kombination mit Wasser, das flächig durch das Ringgeflecht rinnt, eröffnen weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Ringgeflechte allein sind bei Explosionseinwirkung vor allem geeignet, um Splitter und Fragmente abzufangen. Zudem können sie als Abstandsbarrieren einsetzt werden und sind bei entsprechender Verankerung auch in der Lage, Fahrzeuge zu stoppen [7]. Die druckmindernde Wirkung ist aufgrund des vergleichsweise großen Öffnungsanteiles gering. In anderen Zusammenhängen wurde bereits der explosionshemmende Effekt von versprühtem oder vernebeltem Wasser untersucht [8], was Anlass bot, die bis dahin rein aus gestalterischen Gesichtspunkten verwendete Kombination aus Ringgeflecht und Wasserdurchfluss, hinsichtlich ihrer Eignung als explosionshemmende Barriere näher zu betrachten. Hierzu wurde eine ähnliche Versuchsanordnung wie im Falle der Pflanzen gewählt (Bild 5). Die Auswertung der Messwerte zeigt, dass durch die Kombination aus Ringgeflecht und Wasser eine deutliche Steigerung der druckmindernden Wirkung erzielt werden kann. Am Messpunkt 0,5 m hinter der Barriere konnte der Druck der Schockwelle Bild 3 und 4: Anwendungsbeispiel (links). © Norbert Gebbeken Detailansicht (rechts) von Ringgeflechten. © WTD 52/ UniBw München um durchschnittlich 55 % reduziert werden und an der Fassade im Abstand von 5,0 m um rund 40 %. Das entspricht einer Steigerung der explosionshemmenden Wirkungen um mehr als das Doppelte gegenüber dem Ringgeflecht ohne Wasser. Die Reflexion der Schockwelle an der anfangs geschlossenen Wasseroberfläche im Ringgeflecht und der Energiebedarf für das anschließende Zerstäuben des Wasserfilms (Bild 6) wirken sich in diesem Fall vorteilhaft im Vergleich zum Ringgeflecht ohne Wasser aus. Damit konnte experimentell belegt werden, dass diese architektonisch ansprechenden Gestaltungselemente einen substanziellen Beitrag zur Reduzierung von Explosionsbelastungen leisten können. Detaillierte Darstellungen hierzu können [9] entnommen werden. Folgerungen für die Gestaltung von Stadträumen der Zukunft Anhand von Versuchen konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass Elemente der innerstädtischen Gestaltung bei geeigneter Anordnung und durch gezielte Auslegung wesentlich zur lokalen Eindämmung von Explosionsszenarien und zur Reduzierung der Belastung auf Personen und Gebäude infolge derartiger Ereignisse beitragen können. Damit eröffnen sich gänzlich neue Möglichkeiten für Städteplaner und Architekten. Mit der Unterstützung durch Experten für den baulichen Schutz, kann die passende Antwort auf Fragen potenzieller terroristischer Bedrohungen folglich auch ohne wuchtige und möglicherweise selbst bedrohlich wirkende Schutzelemente gefunden werden. Damit tragen innovative Barrieren zusätzlich zur Aufwertung öffentlicher THEMA Sicherheit im Stadtraum 41 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Räume bei und ermöglichen gleichzeitig den Spagat zwischen der Forderung nach mehr Sicherheit sowie dem Erhalt einer freien und offenen Gesellschaft, die ihren Ausdruck in moderner und transparenter Architektur findet. LITERATUR [1] Gebbeken, N., Döge, T.: Vom Explosionsszenario zur Bemessungslast, Der Prüfingenieur 29, Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e.V., (2006), S. 42-52. [2] Gebbeken, N., Döge, T.: Explosion Protection - Architectural Design, Urban Planning and Landscape Planning, International Journal of Protective Structures, Vol. 1, No. 1: 1-21 (2010). [3] Gebbeken, N., Döge, T., Larcher, M.: Sicherheit bei terroristischen Bedrohungen im öffentlichen Raum durch spezielle bauliche Lösungen. Bautechnik 88: 668-676 (2011). [4] Gebbeken, N.: Urbane Sicherheit bei Explosionen - Schutz durch Bepflanzung. Bautechnik 94, Nr. 5: 295-306 (2017). [5] Späh, M., Weber, L., Oesterreicher, T., Liebl, A.: Schallschutzpflanzen - Optimierung der Abschirmwirkung von Hecken und Gehölzen, Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, Stuttgart, 2011 - Forschungsbericht. [6] Gebbeken, N., Warnstedt, P., Rüdiger, L.: Blast Protection in Urban Areas Using Protective Plants, International Journal of Protective Structures, zur Veröffentlichung eingereicht. [7] Lenk, O.: Charakterisierung und Anwendung von flächig periodischen Metall-Ringgeflechten, Der Andere Verlag Tönning, Lübeck und Marburg, 2009. [8] Schunck, Th., Sturtzer, M.-O., Mory, J., Eckenfels, D., Legendre, J.F.: Blast Mitigation using Water Mist, ICPS4 proceedings, pp. 608 - 617, Bejing, 18-21 Oktober 2016. [9] Gebbeken, N., Rüdiger, L., Warnstedt, P.: Ring Mesh with Water Curtain for the Protection of Urban Areas, International Journal of Protective Structures, zur Veröffentlichung eingereicht. Bild 5 und 6: Frontalansicht des Versuchsaufbaus, links, und Standbild der Highspeed- Videoaufnahmen während der Versuchsdurchführung, rechts. © WTD 52/ UniBw München Dipl.-Ing. (univ.) Paul Warnstedt Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschungszentrum RISK, UniBw München Kontakt: paul.warnstedt@unibw.de Dipl.-Ing. (univ.) Matthias Andrae Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschungszentrum RISK, UniBw München Kontakt: matthias.andrae@unibw.de Dr.-Ing. Lars Rüdiger Wissenschaftlicher Laborleiter Forschungszentrum RISK, UniBw München Kontakt: lars.ruediger@unibw.de Dipl.-Ing. (univ.) Weifang Xiao Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschungszentrum RISK, UniBw München Kontakt: weifang.xiao@unibw.de Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Norbert Gebbeken Professor für Baustatik Gründer des Forschungszentrums RISK Labor für Ingenieurinformatik, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften Universität der Bundeswehr (UniBw) München Kontakt: norbert.gebbeken@unibw.de AUTOREN 42 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Sicherheit als Innovationsgarant Lebensraum Stadt: smart - aber sicher Urbanisierung, Smart Cities, Sicherheitsmanagement, Digitalisierung, kritische Infrastrukturen Bernd Dieckmann Denkt man an Smart Cities, so stehen meist visionäre Ideen im Vordergrund, die das Leben der Stadtbewohner reibungslos, bequem und ressourceneffizient gestalten sollen. Da der „Megatrend Segmentierung“ zunehmend vielfältige Lebensentwürfe, innovative Arbeits(zeit)-, Mobilitäts-, aber auch Wohnmodelle mit sich bringt, tüfteln Experten weltweit daran, Städte entsprechend unseren Bedürfnissen zu optimieren. Ein besonders wichtiges Grundbedürfnis stellt dabei der Wunsch nach Sicherheit dar. Dies tangiert im Zuge immer gravierenderer Cyber-Attacken und einer zunehmenden Vernetzung von Systemen aller Art längst nicht mehr nur unsere „physische“ Sicherheit, sondern vermehrt auch den Schutz unserer digitalen Ressourcen, ohne die die Visionen von Smart Cities Wunschdenken bleiben. © Nexus/ Shutterstock THEMA Sicherheit im Stadtraum 43 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Chancen und Gefahren der digitalen Vernetzung Auch Skeptiker sind inzwischen überzeugt: Das Internet der Dinge (IoT) und die damit einhergehende Vernetzung von Maschinen, Robotern, Systemen und Menschen wird kommen - und schon jetzt ist klar, dass kein Lebensbereich davon unberührt bleiben wird. Während sich Konsumenten bereits heute auf die zahlreichen Bequemlichkeiten des „Smart Homes“ freuen, wenn beispielsweise der Kühlschrank automatisch die Bestellungen an den Supermarkt übermittelt, erhoffen sich Unternehmen und Organisationen durch das IoT ein Mehr an Effizienz und Präzision, beispielsweise in der Fertigung, im Vertrieb und in der Logistik. Laut einer Studie von Ernst & Young soll es bis zum Jahr 2020 bereits mehr als 50 Mrd. vernetzte Geräte geben. Und auch das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass bis 2020 fünfzig Prozent aller neuen Geschäftsprozesse und -systeme Elemente des IoT aufweisen werden. Die Kehrseite der Medaille sind jedoch die durchaus erheblichen Sicherheitsrisiken, die mit der Vernetzung von Milliarden Geräten einhergehen. In besonderem Maße betrifft dies sogenannte „kritische Infrastrukturen“ wie bei Energie, Verkehr und Telekommunikation. Auch sie sollen von der Vernetzung profitieren und intelligenter werden; der stufenweise Umbau des deutschen Energiesystems zu einem System mit intelligenten Netzen, sogenannten „Smart Grids“, ist ein eindrucksvolles Beispiel hierfür. Damit wächst jedoch auch die Zahl der Einfallstore für Cyberkriminelle: Im Falle kritischer Infrastrukturen können erfolgreiche Angriffe die Versorgung mit Energie oder Wasser zum Erliegen bringen und damit sogar lebensbedrohliche Konsequenzen haben. Verschmelzung der analogen und digitalen Welt Laut Schätzungen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 rund 10 Mrd. Menschen auf der Erde leben - davon zwei Drittel in Städten. Um daraus resultierenden Problemen wie Platzmangel, Staus, Luftverschmutzung oder Engpässen bei der Wasser-, Strom- und Nahrungsversorgung vorzubeugen, müssen bestehende Konzepte und Infrastrukturen neu gedacht werden. Im Zusammengang mit IoT ist immer wieder von „Connected Cars“, also vernetzten und im letzten Schritt dann auch autonom fahrenden Autos die Rede, die im Zusammenspiel mit Systemen zur autonomen Mobilitätssteuerung den drohenden Verkehrskollaps in Ballungsräumen verhindern sollen. Damit Visionen wie Connected Cars Realität werden können, bedarf es allerdings nicht nur der entsprechenden physischen Infrastruktur, etwa hinsichtlich der Ausstattung von Straßen und Autos mit moderner Sensortechnologie, sondern auch der entsprechenden digitalen Ressourcen, die solche Konzepte dann im wahren Sinne des Wortes „lenken“. Erst das sichere Zusammenspiel der physischen Welt mit den digitalen Systemen wird uns dazu befähigen, die vielfältigen Potenziale von Smart Cities voll ausschöpfen zu können. Public Key Infrastructures: Maßstab in Sachen Sicherheit Im Zuge des digitalen Wandels ergeben sich auch auf regulativer Ebene ganz neue Herausforderungen: Ein Beispiel hierfür ist die EU-Datenschutzgrundverordnung, die europaweit einheitliche Maßstäbe in Sachen Datenschutz schaffen will und strenge Anforderungen an all diejenigen stellt, die Daten sammeln. Datenschutz betrifft dabei längst nicht mehr ausschließlich Menschen: Auch IoT-fähige Maschinen und Geräte in Organisationen und Unternehmen generieren immer mehr relevante Daten und versenden diese - häufig sogar vollautomatisch. Die große Herausforderung hinsichtlich der Sicherheit von Smart Cities wird jedoch insbesondere darin bestehen, in einem dezentralen und stetig wachsenden Netzwerk von Dingen, die ständig „online“ sind, Vertrauen darüber zu schaffen, dass all die verbundenen „Dinge“ im Netz auch das sind, was sie vorgeben zu sein. Nur wenn Manipulation oder die Nutzung „falscher“ Identitäten ausgeschlossen werden können, kann das IoT und somit die Stadt der Zukunft funktionieren. Sogenannte Public Key Infrastructures (PKIs) liefern die erforderlichen Zertifikate, die die Träger einer bestimmten Identität - ob Mensch, Gerät oder Maschine - zweifelsfrei ausweisen, sie schaffen damit eine wichtige Basis für das IoT. Seit langem wird diese Technologie bereits erfolgreich zur Datenübertragung im Mobilfunk eingesetzt, aber auch beispielsweise im elektronischen Wertpapierhandel, für die E-Mail-Verschlüsselung oder beim Online-Banking. Mit dem IoT ergeben sich jedoch ganz neue Anwendungsbereiche für PKI, denn nun geht es darum, Dinge, die bislang ausschließlich in der analogen Welt genutzt wurden, für einen sicheren Einsatz in der vernetzten Stadt zu rüsten. Damit wird klar: Alle Elemente der vernetzten Stadt brauchen starke Sicherheitslösungen, um auch in Zukunft erfolgreich und gesetzeskonform funktionieren zu können. 44 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum 360-Grad-Perspektive für „phygitalen“ Schutz Damit Kommunen, Organisationen und Unternehmen den beschriebenen Anforderungen gerecht werden können, bedarf es einer 360-Grad-Perspektive in Sachen Sicherheitsmanagement - und zwar physisch und digital. Denn nicht nur der digitale Zugang zu Systemen und Daten, sondern auch der physische Zutritt zu bestimmten Einrichtungen und Unternehmen muss optimal geschützt werden. Ein zentrales Identitäts- und Berechtigungsmanagement, welches durch Identitätsträger wie Smartcards gestützt wird, verhindert die Entstehung ungesicherter Einfallstore, indem es die zertifikatsbasierende Zuweisung von bestimmten (Zugangs-) Berechtigungen übernimmt. So erhält zum Beispiel ein Labormitarbeiter, der mit gefährlichen Chemikalien arbeitet, andere - auf seiner Identität basierende - Berechtigungen als ein Lagermitarbeiter. Ein solches System liefert unternehmensweit zu jedem Zeitpunkt einen umfassenden Einblick über den aktuellen Stand der Berechtigungen. So lässt sich ein möglicher Datenmissbrauch nicht nur rasch aufdecken, sondern nach Möglichkeit schon im Vorfeld verhindern. Bedenkt man den radikalen Wandel in der Arbeitswelt, so zeigt sich, wie wichtig solche Systeme sind: Innovative Arbeitszeitmodelle und flexibles Arbeiten von überall auf der Welt gehören für viele Menschen bereits zum Alltag. Hinzu kommt die wachsende Anzahl von Lieferanten, Kunden und Partnern, die täglich die physischen und digitalen Grenzen von Unternehmen passieren. Nur mit Hilfe eines modernen Identitäts- und Zugangsmanagements, das all diesen Personen individuelle Berechtigungen zuweist, können Organisationen sensible Daten adäquat vor Missbrauch schützen und ungesicherte Schnittstellen identifizieren. Anhand des öffentlichen Sektors lässt sich die Notwendigkeit einer umfassenden Sicherheitsstrategie, die die physische mit der digitalen Welt verbindet, besonders gut illustrieren: Täglich suchen Menschen Behörden auf, um beispielsweise Dokumente zu beantragen - gleichzeitig jedoch werden zunehmend e-Government-Services entwickelt, damit die Bürger bestimmte Formalitäten bequem zu Hause vom Rechner aus erledigen können. Abgesichert und reglementiert werden muss jedoch beides: Der Zutritt zu den Räumen der öffentlichen Verwaltung - und die hinter den e-Government- Services liegenden Systeme. Innovationen schützen - auch im Smart Home Sicherheitslösungen finden dabei keineswegs nur in öffentlichen Räumen und Einrichtungen Anwendung, sondern auch zuhause - und zwar bereits heute im Smart Home. Ein Beispiel aus der Praxis: Mit der Smart Home-Lösung von Greenwave Systems, einem globalen Software- und Service-Anbieter im Bereich IoT, kann die Raumtemperatur mithilfe einer App oder über einen Web-Browser erhöht oder gesenkt werden. Ein solcher Prozess darf keinerlei Risiken bergen und niemand außer den Bewohnern des Smart Homes darf in der Lage sein, die Geräte in den Haushalten zu steuern. Hier kommen nun Sicherheitsanbieter wie Nexus ins Spiel, die mit modernen Lösungen - in diesem Fall eine zertifikatsbasierte Zwei-Faktor-Authentifizierung - innovative IoT-Anwendungen schützen und damit die Grundlage für all die Visionen und Konzepte darstellen, die sich „smart“ nennen. Sicherheit ist Grundlage für Innovationen Insgesamt fehlt es jedoch noch immer häufig am nötigen Bewusstsein für die Risiken, mit denen alle Akteure - vom Unternehmen bis zum Endanwender - in der Smart City verstärkt rechnen müssen. Die Investitionen in Sicherheitstechnologien wie PKI sind nach wie vor recht gering und stehen nicht im Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohungslage. Speziell Organisationen werden häufig erst dann aktiv, wenn ein Zwang von außen besteht, beispielsweise wenn bei Nichteinhaltung von gesetzlichen Vorgaben Geldstrafen drohen. Sofern sie dann nicht bereits Opfer von Cyber-Attacken wurden, konzentrieren sie sich zumeist auf ihr Kerngeschäft und betrachten die sicherheitstechnischen Fragen eher als „notwendiges Übel“. Dabei kann eine umfassende und proaktive Sicherheitsstrategie durchaus dazu beitragen, Innovationen voranzutreiben und sich damit zu positionieren. Und genau diese Innovationen werden künftig zum Erfolg unserer vernetzten Städte beitragen. AUTOR Bernd Dieckmann Director Sales DACH Nexus Technology GmbH Kontakt: bernd.dieckmann@nexusgroup.com THEMA Sicherheit im Stadtraum 45 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Extremereignisse werden immer häufiger und heftiger und stellen Städte in Zukunft vor wachsende Herausforderungen. Die Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Sturmfluten oder Erdbeben bedrohen dicht besiedelte und hoch vernetzte urbane Räume ebenso wie Terroranschläge und andere menschlich verursachte Katastrophen. Um solche Herausforderungen zu meistern, brauchen wir neue Ansätze. In Zeiten radikaler technologischer und gesellschaftlicher Umbrüche, wie etwa der alles umfassenden Digitalisierung des Alltags, greift klassisches Risikomanagement zu kurz. In Zukunft müssen urbane Räume Großkatastrophenlagen bewusst einkalkulieren und in der Lage sein, sich schnell davon zu erholen. Idealerweise lernen sie sogar für künftige Herausforderungen und entwickeln sich weiter. Kurz: urbane Räume brauchen mehr Resilienz. Technische Lösungen für mehr Resilienz entwickelt das Fraunhofer EMI in Freiburg mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft nicht nur in Deutschland. Im Rahmen seiner internationalen Kampagne TAURUS (transatlantisches Forschungsmarketing für urbane Bild 1: In der Metropolregion Miami leben fast sechs Millionen Menschen. Naturkatastrophen wie der Hurrikan Irma, der die Region im September 2017 traf, stellen solche urbanen Zentren vor große Herausforderungen. © picture alliance / AP Photo THEMA Sicherheit im Stadtraum Wie Stadtplanung und Management die Herausforderungen von morgen meistern können Resilienz, Sicherheit, Extremereignisse, Klimawandel, Terrorismus Daniel Hiller, Benjamin Scharte In Zeiten radikaler technologischer und gesellschaftlicher Umbrüche greift klassisches Risikomanagement zu kurz. In Zukunft müssen urbane Räume Großkatastrophenlagen bewusst einkalkulieren und in der Lage sein, sich schnell davon zu erholen. Technische Lösungen für mehr Resilienz entwickelt das Fraunhofer EMI in Freiburg mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft nicht nur in Deutschland. Im Rahmen der internationalen Kampagne TAURUS präsentieren die Freiburger Forscher zurzeit ihre Lösungen „made in Germany“ in den USA. Resilienz als neuer Ansatz für technische Lösungen in der Stadt der Zukunft Biegen statt Brechen 46 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Resilienzforschung), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, präsentieren die Freiburger Forscher zurzeit ihre Lösungen „made in Germany“ in den US-amerikanischen Metropolregionen Washington D.C., New York City und Boston. Städte werden immer verwundbarer Die großen globalen Herausforderungen des 21.-Jahrhunderts, wie Klimawandel und Ressourcenknappheit, belasten eine Weltgemeinschaft, die zunehmend in Städten lebt. Noch vor rund 60 Jahren lebten zwei von drei Menschen auf dem Land. Nach Prognosen des Bevölkerungsentwicklungsprogramms der Vereinten Nationen kehrt sich der Trend um: Im Jahr 2050 werden voraussichtlich zwei von drei Menschen in Städten leben. Gewachsene, jahrzehnte- oder jahrhundertealte Strukturen müssen plötzlich mit einer viel größeren Zahl von Menschen zurechtkommen als bisher. Dadurch werden Städte häufig weit über das Maß hinaus belastet, für das sie ursprünglich geplant waren. Um immer mehr Menschen beheimaten zu können, müssen Städte daher ihr Gesicht verändern. Dieser notwendige Wandel urbaner Räume geschieht auf ganz verschiedene Art und Weise. In den klassischen, westlichen Industrieländern werden bereits bestehende Infrastrukturen modernisiert, umstrukturiert und angepasst. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern werden dagegen in atemberaubendem Tempo neue Städte geplant und gebaut. Hier stellt sich die Frage, ob die dort praktizierte Art der Stadtplanung langfristig nachhaltig ist und zu lebenswerten, aber gleichzeitig auch sicheren Städten führt. Durch die weiter voranschreitende Digitalisierung unserer Gesellschaft werden urbane Räume zudem zunehmend durch intelligente Vernetzung miteinander verknüpft. Im privaten Bereich sind die sozialen Medien bereits seit einigen Jahren zum essentiellen Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Die industrielle Fertigung bewegt sich mit großen Schritten in Richtung der so genannten Industrie 4.0, bei der sämtliche Produktionsprozesse immer stärker digital miteinander verknüpft und gesteuert werden. Insgesamt bietet sich Städten dank der Digitalisierung zunächst einmal eine Vielzahl von Chancen. Allerdings bergen die Entwicklungen auch Gefahren. Denn immer stärker werdende Naturkatastrophen oder willkürliche Terrorattacken treffen dann auf immer höhere Bevölkerungszahlen auf immer kleineren Räumen. Alle wichtigen Infrastrukturen - wie Strom, Kommunikation, Wasser und Nahrung - sind durch die Digitalisierung so eng miteinander verknüpft, dass beim Ausfall einer Infrastruktur sehr schnell das ganze System in Mitleidenschaft gezogen wird. Die jüngsten Naturkatastrophen in den USA, Mexiko und Indien, sowie die Serie von Terroranschlägen in europäischen Städten in den letzten Jahren bezeugen dieser Entwicklung. Wachsende Anforderungen an Städte Das klassische Konzept von Sicherheit, welches auf der Fähigkeit beruht, Gefahren und Risiken exakt zu bestimmen und beherrschbar zu machen, greift angesichts dieser komplexen Umwelt und der Herausforderungen zu kurz. In Zukunft müssen Städte in der Lage sein, flexibel und anpassungsfähig auf nicht einkalkulierte Risiken und Katastrophenfolgen zu reagieren und die Fähigkeit entwickeln, sich schnell von solchen Schocks zu erholen. Städte, denen dies gelingt, bezeichnet man als „resilient“. Resilienz ist ein ursprünglich aus der Psychologie stammendes Konzept. So gilt ein Mensch als resilient, wenn er mit Schwierigkeiten im Leben erfolgreich umgeht, wenn ihn auch schlimme Ereignisse nicht aus der Bahn werfen können. Wissenschaftler, die sich mit Stadtentwicklung auseinandersetzen, haben versucht, das Resilienz-Konzept auf urbane Räume zu übertragen. In diesem Zusammenhang kann Resilienz als ein strategischer Handlungsansatz mit einem erweiterten Verständnis von Sicherheit gesehen werden. Resilienz-Forscher möchten unsere Städte und deren lebenswichtige Infrastrukturen mit Hilfe kluger Innovationen fit für die Zukunft machen - und zwar vor dem Hintergrund aller nur denkbaren Herausforderungen: von Naturkatastrophen über Terrorismus bis hin zu Dingen, an die wir noch gar nicht denken. Das ist auch für nachhaltige Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Denn wenn unsere Städte aufgrund katastrophaler Ereignisse zerstört werden und immer wieder neu aufgebaut werden müssen, Bild 2: Beinahe zeitgleich mit den Verwüstungen, die Hurrikan Irma in der Karibik anrichtete, wurde die indische Millionenmetropole Mumbai vom stärksten Monsun seit langem überflutet. Neue Forschungsergebnisse können dazu beitragen, Städte besser auf solche, durch den Klimawandel zunehmenden, Extremereignisse vorzubereiten. © picture alliance / A A THEMA Sicherheit im Stadtraum 47 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES kann von Nachhaltigkeit keine Rede sein. Deshalb müssen die Städte sich den Herausforderungen der Zukunft dynamisch und umfassend anpassen - also resilient werden. In diesem Sinne sollte nachhaltige Entwicklung zukünftig nicht nur soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte miteinander in Einklang zu bringen versuchen, sondern ebenso die Resilienz von Städten als wichtigen Bestandteil der Nachhaltigkeit beachten. Ingenieurlösungen für mehr Resilienz Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und Kreativität werden eher Menschen zugeschrieben als technischen Systemen. Resilienz erfordert genau diese Eigenschaften. Denn nur dann können Menschen mit schlimmen Ereignissen, wie dem Tod eines Angehörigen oder einer schweren Krankheit, erfolgreich umgehen. Die Forscher des Fraunhofer- Instituts für Kurzzeitdynamik (Ernst-Mach-Institut (EMI)) arbeiten daran, auch technischen Systemen solche Eigenschaften zu verleihen. Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft entwickeln sie kluge ingenieurtechnische Lösungen, die zur Stärkung der Resilienz urbaner Räume beitragen. Dabei geht es zunächst um die Frage, wie man bereits zu Beginn von Stadtplanungsprozessen das Thema Resilienz integriert. Ferner geht es dann beim Neubau, der Sanierung oder auch der Nachrüstung von städtischen Bauten und Infrastrukturen darum, Resilienz auch materiell und finanziell greifbar zu machen. Die Besitzer und Betreiber von Gebäuden, Transportsystemen und anderen Infrastrukturen brauchen messbare Größen als Antwort auf drängende Fragen: Wie groß ist der mögliche Schaden nach einem bestimmten Ereignis? Wie lange wird ein möglicher Ausfall eines Gebäudes oder eines Unternehmens andauern? Welche Kosten erzeugt die Wiederherstellung der wichtigsten Funktionen? Die Lösungen der Forscher für diese Art Fragen sind vielseitig. Sie reichen von Experten-Software zur virtuellen Darstellung möglicher Risiken bis hin zu neuartigen Konstruktionsweisen für Hochhäuser, um Extremlasten zu widerstehen und Menschen auch im Katastrophenfall sicher evakuieren zu können. Mehr dazu erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe auch im Artikel von Jörg Finger, Katja Faist, Sandra Hasenstein und Dr. Tobias Leismann ab Seite 58. BMBF-Kampagne „Shaping the Future - Building the City of Tomorrow“ Die Kampagne TAURUS (transatlantisches Forschungsmarketing für urbane Resilienzforschung) des Fraunhofer EMI wird im Rahmen der internationalen Kampagne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Shaping the Future - Building the City of Tomorrow“ gefördert. Die BMBF-Kampagne bietet zehn ausgezeichneten Forschungsnetzwerken aus Deutschland eine Plattform, ihre Projekte für nachhaltige Stadtentwicklung im Ausland zu präsentieren und sich weltweit mit starken Partnern zu vernetzen. Schwerpunktländer der Aktivitäten sind China, Indien, Vietman, Kolumbien und die USA. In Zusammenarbeit mit Dipl. Biol., M.Sc. Ulrike Wolpers, science stories. Links: www.research-in-germany.org/ shaping-the-future www.facebook.com/ Research.in.Germany twitter.com/ researchgermany Bild 3: Helfer suchen nach dem Erdbeben vom 19. September 2017 nach Überlebenden in einem eingestürzten Gebäude in Mexiko-Stadt. Um ihnen ihre Arbeit zu erleichtern, entwickeln Forscher des Fraunhofer EMI zum Beispiel Technologien, um Hohlräume zu finden. © picture alliance / AP Photo AUTOREN Daniel Hiller Leiter Strategisches Management Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI Kontakt: Daniel.Hiller@emi.fraunhofer.de Benjamin Scharte Strategisches Management Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI Kontakt: Benjamin.Scharte@emi.fraunhofer.de 48 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Die Vulnerabilität von Wasserinfrastrukturen Analyse eines semizentralen Ver- und Entsorgungssystems in Qingdao, China Neuartige Wasserinfrastrukturen, sozio-technische Systeme, Stoffstromtrennung, Vulnerabilitätsanalyse Martin Zimmermann, Martina Winker, Engelbert Schramm Urbane Ballungsräume in Schwellenländern wie China erfahren ein rasantes Bevölkerungswachstum, das kritische Infrastrukturen vor enorme Herausforderungen stellt. Semizentrale Wasserinfrastrukturen eignen sich für diese Rahmenbedingungen, da sie einen modularen Aufbau und die Wiederverwendung von Wasser ermöglichen. Der vorliegende Beitrag analysiert die Vulnerabilität eines derartigen, erstmalig implementierten Systems in Qingdao gegenüber internen und externen Gefährdungen, wie etwa technischem Versagen und Dürren, sowie dessen Abhängigkeiten von anderen Infrastrukturen. Bild 1: Resource Recovery Center. © Simon Gehrmann THEMA Sicherheit im Stadtraum 49 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Einleitung Zentralisierte Wasserver- und Abwasserentsorgungsinfrastrukturen, wie in westlichen Industrieländern in den letzten 150 Jahren großflächig implementiert, finden auch schwerpunktmäßig Eingang in die Infrastrukturausgestaltung vieler Schwellen- und Entwicklungsländer. Ballungsräume in China, Indien und Brasilien verzeichnen jedoch ein ungleich höheres Bevölkerungswachstum. Dies stellt zentralisierte Wasserinfrastrukturen vor große Herausforderungen und häufig auch Schwierigkeiten, wie zum Beispiel in der Planung, den Fragen ihrer Dimensionierung und im Betrieb ihrer Unter-/ Überauslastung. Diesen Herausforderungen könnte mit anpassungsfähigeren und flexibleren Konzepten begegnet werden [1 - 3]. So sind neuartige Wasserinfrastrukturen dezentral oder semizentral aufgebaut. Sie ermöglichen eine modulare Architektur sowie die Wiederverwendung von Wasser durch das Erfassen von Abwasser(teil)strömen und die Bereitstellung von Trink- und Brauchwasser [4 - 10]. Insbesondere die modulare Bauweise semizentraler Systeme ermöglicht die flexible Anpassung städtischer Ver- und Entsorgungssysteme an die schnell wachsende Bevölkerung [8]. Zudem trägt die Wiederverwendung von Wasser zu einer nachhaltigeren Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen bei. Wasserver- und Abwasserentsorgungssysteme werden als kritische Infrastrukturen erachtet, d. h. sie sind für das Funktionieren einer Gesellschaft und ihrer Wirtschaft unerlässlich. Aus diesem Grund erscheint es angebracht, die Vulnerabilität neuartiger Wasserinfrastrukturen zu analysieren, wobei hierunter die Anfälligkeit und Resilienz ihrer Systemkomponenten gegenüber bestimmten Gefährdungen verstanden wird. Fallbeispiel Auf dem Gelände der Weltgartenbauaustellung (World Horticulture Exhibition, WHE) der im Nordosten Chinas gelegenen Stadt Qingdao wurde 2014 ein neuartiges Wasserinfrastrukturkonzept namens „Semizentral“ errichtet. Das Konzept der semizentralen Pilotierung sieht vor, dass Haushaltsabwässer von 12 000 Einwohnern in zwei Wohngebieten, zwei Hotels und Büros in einer Behandlungs- und Aufbereitungsanlage, dem so genannten Resource Recovery Center (RRC), gesammelt und behandelt werden (Bild 1) [11]. Zentral für das Konzept ist die getrennte Erfassung und Behandlung von Abwasserteilströmen (Bild 2). Gereinigtes Grauwasser von Duschen, Waschbecken und Waschmaschinen wird unter anderem als Brauchwasser für die Toilettenspülung im Gebiet wiederverwendet. Gereinigtes Schwarzwasser aus Toiletten wird für die Bewässerung von Grünflächen genutzt. Unter idealen Bedingungen lässt sich der Trinkwasserverbrauch um bis zu 40- % reduzieren und der Energiebedarf des RRC durch die Biogasproduktion aus Biomüll und Klärschlamm decken [12]. Es ist anzumerken, dass sich die tatsächliche Erstimplementierung in einigen Punkten vom beschriebenen Fallbeispiel unterscheidet. Dieses wurde so gewählt, da die Fragen der Vulnerabilität prioritär in Zusammenhang mit der angedachten weiteren Übertragbarkeit des Konzepts zu betrachten sind. Bild 2: Schematische Darstellung der Stoffströme des Semizentral- Konzeptes. © ISOE 50 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum GEFÄHRDUNG BESCHREIBUNG PRIORITÄT INTERN Technisches Versagen (Anlagenteile) Ausfall einer technischen Einheit aufgrund des Versagens eines Unterbestandteils, z. B. Verschleiß, Kurzschluss 3 Technisches Versagen (Gebäude) Bauliche Mängel am RRC-Gebäude 3 Menschliches Versagen Falsche Bedienung und Entscheidungen im Betrieb, Fehler bei Reparatur und Wartung 3 Extreme in der Nutzerzahl Extreme Wassermengen/ -bedarfe, z. B. sprunghafter Anstieg bzw. Abfall durch Urlaubszeiten, Veranstaltungen 1 Fehlnutzung Bewohner und Hotelgäste Falsche Nutzungsroutinen in großer Zahl, z. B. Chemikalien, Gegenstände, Abfälle, Küchenfett/ -öl 2 Fehlnutzung Hotelbetreiber Falsches Management des Fettabscheiders, Neuausstattung Küche oder Gerätetausch 2 Fehlerhafte Sanitäranschlüsse Schwarzwasser gelangt in Grauwassersystem, da nutzerseitig fehlerhafte Anschlüsse gelegt wurden. Der umgekehrt Fall wird als weniger schwerwiegend erachtet. 2 Fehlerhafte Versorgungsanschlüsse Betriebswasseranschlüsse werden fälschlicherweise mit Trinkwasseranschlüssen verwechselt. 3 Betriebswasserboykott Potenzielle Abnehmer weigern sich aus bestimmten Gründen (Psychologie/ Wahrnehmung, Kultur, Kosten etc.), das Brauchwasser zu nutzen. 1 Änderung der Nutzungsmuster Ein Trend zu mehr wassersparenden Maßnahmen führt dazu, dass weniger Trinkwasser und/ oder Brauchwasser verbraucht wird. 1 Vandalismus Menschliche Handlungen führen dazu, dass Anlagenteile mutwillig beschädigt/ zerstört werden. Dabei kann es sich um Menschen aus dem Einzugsgebiet handeln oder auch um Externe. 2 EXTERN Dürreperioden Dürreperioden führen entweder zu Wassereinsparungen bei den Verbrauchern (z. B. aufgrund zeitweisen Verbots von Nutzungsformen) oder zu einem erhöhten Bedarf von Bewässerungswasser. Zeitlich länger als Hitzewelle (Zeitraum größer als ein Monat). 1 Starkregen Starkregen kann zu Überschwemmungen führen. 1 Hangrutsch RRC Ein Hangrutsch am RRC kann zur Beschädigung/ Zerstörung desselben führen. 3 Staudammbruch Ein Staudammbruch kann zu Beeinträchtigungen/ Zerstörungen von Systembestandteilen führen. 1 Erdbeben Ein Erdbeben ab einer bestimmten Stärke kann alle Systembestandteile beschädigen/ zerstören. 2 Sabotage Sabotage umfasst gezielte Handlungen zum Zweck, Systembestandteile außer Funktion zu setzen. 2 Brand/ Feuer Ein Brand/ Feuer kann zur vollständigen Zerstörung eines Hotels oder des RRC führen, nicht jedoch zu einer flächendeckenden Zerstörung eines Wohngebietes. 2 Kältewelle Systembestandteile sind zwar einer Kältewelle ausgesetzt, dabei frieren beispielweise Leitungsstränge jedoch nicht ein. 1 Hitzewelle Kurze Periode (max. ein Monat), in der außergewöhnlich hohe Temperaturen vorherrschen. Wasserbedarfe steigen, aber Sparmaßnahmen werden noch nicht ergriffen. 1 Blitzschlag/ Tornado Blitzschläge und Tornados können punkt- oder linienförmige Zerstörungen von oberirdischen Systembestandteilen hervorrufen. 1 ABHÄNGIGKEITEN Trinkwasserversorgung Abhängigkeiten von der Wasserversorgung führen zum Ausfall von Systembestandteilen. 1 Energie Abhängigkeiten von der Energieversorgung führen zum Ausfall von Systembestandteilen. 2 Speiseresteanlieferung Abhängigkeiten von der Speiseresteanlieferung führen zu Einschränkungen bei der Energieerzeugung. 2 Verkehrstechnischer Anschluss Betrieb, Instandhaltung und Reparaturen von Anlagenteilen erfordern einen Zugang über eine verkehrstechnische Anbindung. 1 Finanzen Ungenügende finanzielle Mittel führen zu einer Vernachlässigung von Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen und damit letztendlich zum Ausfall von Systembestandteilen. 3 Betriebsstoffe Im RRC werden verschiedene Chemikalien für den Betrieb verwendet, die in den verwendeten Mengen nicht unbedingt frei verfügbar sein können (u. a. Zitronensäure für die Membranreinigung, Eisenchlorid als Fällmittel, Essigsäure, Hypochlorid, Polymere) 2 Kommunikation/ IT Abhängigkeiten von Kommunikations- und Informationsinfrastrukturen führen zum Ausfall von Systembestandteilen. 2 Tabelle 1: Liste der Gefährdungen einschließlich ihrer durch die Projektpartner bewerteten Prioritäten (Priorität: 3 = hoch, 2 = mittel, 1 = niedrig). THEMA Sicherheit im Stadtraum 51 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Vulnerabilität Vulnerabilität setzt sich in der Regel aus den drei Komponenten Exposition, Anfälligkeit und Bewältigungskapazität (bzw. Resilienz) zusammen [13], wobei sich die Exposition darauf bezieht, dass Schutzgüter einer Gefährdung räumlich und zeitlich ausgesetzt sind [14]. Anfälligkeit bedeutet, dass ein gefährdetes Schutzgut in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird [15]. Die Bewältigungskapazität beschreibt schließlich die verfügbaren Optionen, die negativen Auswirkungen einer Gefährdung zu kompensieren [16, 17]. Hinsichtlich kritischer Infrastrukturen bedeutet Vulnerabilität somit, dass diese aufgrund einer Gefährdung funktionsunfähig werden und daher die Ver- und Entsorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet ist [18]. Krings [19] entwickelte eine Heuristik zur Vulnerabilitätsanalyse kommunaler Infrastrukturen, mit deren Hilfe die Vulnerabilität technischer Systemkomponenten in fünf Vulnerabilitätsklassen eingeordnet werden kann. Diese Klassifizierungen wurden in eine Vulnerabilitätsmatrix eingetragen und ausgewertet. In einer zweiten Phase Analyse wurden zudem die Auswirkungen des Ausfalls von Systemkomponenten auf die Vulnerabilität anderer Komponenten im System analysiert. Systemgrenzen, Systemkomponenten und Gefährdungen Die räumlichen Systemgrenzen wurden durch das sozio-technische System der Wasserinfrastruktur bestimmt. Dazu gehörten zunächst einmal das Einzugsgebiet, seine Kanäle und Rohrleitungen sowie das RRC. Berücksichtigt wurden zudem Veränderungen von Nutzerzahlen, das Verhalten von Nutzern und Personal, aber auch Vandalismus und Sabotage. Die zeitlichen Systemgrenzen umfassten das Auftreten von Gefährdungen und die unmittelbare Kompensation des Ausfalls technischer Komponenten. Wichtig bei der Definition der Grenzen war es, die Veränderungen in der Vulnerabilitätsanalyse, die sich durch die Betrachtung eines semizentralen Wasserinfrastruktursystems ergaben (wie zum Beispiel kleinere räumliche Ausdehnung), besonders in den Blick zu nehmen. Das analysierte System wurde in Zusammenarbeit mit an Planung und Betrieb beteiligten Experten (u.a. Wissenschaftler, Ingenieure, Architekten) in sinnvolle funktionale technische Einheiten zerlegt. Die insgesamt 44 technischen Systemkomponenten lassen sich grob in drei Gruppen einteilen: Komponenten innerhalb von Wohn-, Bürogebäuden und Hotels (z. B. Toiletten- und Brauchwasseranschlüsse, Wasserleitungen in Gebäuden), Kanäle und Rohrleitungen im öffentlichen Raum sowie Bestandteile des RRC. Letzteres besteht unter anderem aus Verfahrensschritten der Grau- und Schwarzwasserbehandlung (zum Beispiel Membranbioreaktoren bzw. MBR, Desinfektion), Brauchwasserspeicher, Energiemodul sowie dem Steuerungs- und Regelungssystem. Darüber hinaus wurden relevante Gefährdungen in einem Workshop mit denselben Experten definiert. Hierzu zählten nicht nur negative Folgen von Ausnahmesituationen, sondern auch unerwünschte Auswirkungen im Normalbetrieb. Die Liste der Gefährdungen umfasste 28 Elemente (Tabelle 1), die in drei Gruppen eingeteilt wurden: interne und externe Gefährdungen sowie Abhängigkeiten beispielsweise von anderen Infrastrukturen. Darüber hinaus wurden die Gefährdungen von den Experten mit Prioritäten versehen, die die Relevanz der Gefährdungen widerspiegeln, somit der Aufmerksamkeit, die einer Gefährdung während des Betriebs der Wasserinfrastruktur zu schenken ist. Priorität stellt also nicht notwendigerweise die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefährdung dar. Es wurde eine Skala von 1 (niedrige Priorität einer Gefährdung) bis 3 (hohe Priorität) gewählt. Vulnerabilitätsanalyse Die Vulnerabilitätsanalyse lieferte zunächst einen Überblick über die Auswirkungen von Gefährdungen auf die Vulnerabilität von Systemkomponenten. Die Gefährdungen mit den höchsten Auswirkungen sind menschliches Versagen, Hangrutsch am RRC, Sabotage (zum Beispiel: Terrorismus, Hacking), technisches Versagen und Feuer (Bild 3). Gefährdungen wie Erdbeben oder die Abhängigkeit von finanziellen Ressourcen besitzen das Potenzial, jegliche Systemkomponente außer Funktion zu setzen, weshalb sie nicht für differenziertere Aussagen zur Vulnerabilität des Systems herangezogen werden können. Die Liste der Gefährdungen, die sich am wenigsten auf die Vulnerabilität von Systemkomponenten auswirken, enthält eine überdurchschnittlich hohe Anzahl natürlicher Gefährdungen (unter anderem: Kältewellen, Starkregen, Hitzewellen, Dürren) und Abhängigkeiten von anderen Infrastrukturen (Kommunikation/ IT, Verkehrsanbindung). Interne Gefährdungen wie menschliches und technisches Versagen scheinen daher die Anfälligkeit von Systemkomponenten viel stärker zu erhöhen als Naturgefahren. Eine weitere wichtige Erkenntnis der Vulnerabilitätsanalyse bezieht sich auf die Abhängigkeit der Systemkomponenten von Gefährdungen. Die Vulnerabilitäten der RRC-Komponenten, insbesondere der Membranbioreaktoren (MBR), weisen die höchste 52 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Abhängigkeit von Gefährdungen auf. Die in Gebäuden verorteten Komponenten im Einzugsgebiet (Wohngebiete, Hotels, Büros) haben die geringste Abhängigkeit, während Abwasserkanäle und Rohrleitungen eine mittlere Abhängigkeit haben. Dies liegt vor allem daran, dass lokale Gefährdungen das Potenzial bergen, einzelne RRC-Komponenten, wie zum Beispiel ein MBR, funktionsunfähig zu machen, während es sehr unwahrscheinlich ist, dass dies bei allen Komponenten im Einzugsgebiet (wie etwa den Toiletten) gleichzeitig der Fall sein wird. Die Analyse der Auswirkungen des Ausfalls von Systemkomponenten auf die Vulnerabilität anderer Systemkomponenten ergab, dass das Steuerungs- und Regelungssystem die am weitesten reichenden Auswirkungen hatte, gefolgt von Schwarzwasser- MBR-Komponenten und Grauwasser- und Schwarzwasser-Komponenten im Kanalnetz. Die Systemkomponenten, die am anfälligsten für den Ausfall anderer Systemkomponenten waren, waren wiederum alle RRC-Komponenten mit Ausnahme des Steuerungs- und Regelungssystems. Schlussfolgerungen Da die Vulnerabilität semizentraler Wasserinfrastrukturen bislang noch nicht untersucht worden ist, können die Ergebnisse des hier vorgestellten Ansatzes dazu dienen, Planung und Betrieb zukünftiger Replikationen semizentraler Systeme zu verbessern. Dabei muss sich das Risiko- und Vulnerabilitätsmanagement auf die identifizierten Systemkomponenten konzentrieren, um deren Vulnerabilität zu minimieren. In Bezug auf die Gefährdungen lässt sich sagen, dass aufgrund der Betrachtung des semizentralen Systems spezifische Gefährdungsszenarien beleuchtet werden müssen, insbesondere fehlerhafte Sanitär- und Versorgungsanschlüsse, Betriebswasserboykott sowie die Abhängigkeit von der Speiseresteanlieferung. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus auch, dass bestimmte Auswirkungen und Ursachen außerhalb der gewählten Systemgrenzen liegen. Die Nutzer und Betreiber des Systems (Einwohner, Hotelgäste, Personal) haben einen erheblichen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Systems. Daher müssen insbesondere Maßnahmen zur Minimierung von Gesundheitsrisiken, die etwa durch Fehlanschlüsse entstehen können, gezielt identifiziert werden [20]. In einem nächsten Schritt soll untersucht werden, an welchen Stellen zentrale bzw. semizentrale Wasserinfrastrukturen anfälliger gegenüber internen und externen Gefährdungen sind. Ein Vergleich der Vulnerabilitäten dieser unterschiedlichen Systemansätze würde ihre jeweiligen Stärken und Schwächen deutlich machen. Bild 3: Gewichtete Wirkung der Gefährdungen auf die Vulnerabilität des Gesamtsystems (als Summe der Vulnerabilität der Systemkomponenten). © ISOE THEMA Sicherheit im Stadtraum 53 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES LITERATUR [1] Hillenbrand, T., Hiessl, H.: Sich ändernde Planungsgrundlagen für Wasserinfrastruktursysteme. Tl.1: Klimawandel, demographischer Wandel, neue ökologische Anforderungen. In KA, Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall 53, 12 (2006), pp. 1265-1271. [2] Kluge, T., Libbe, J. (Eds.): Transformation netzgebundener Infrastruktur. Strategien für Kommunen am Beispiel Wasser. Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) (DIFU-Beiträge zur Stadtforschung, 45, 2013). [3] Seneshaw, A.T.: Flexible Urban Water Distribution Systems. Tampa, FL: University of South Florida (Graduate Theses and Dissertations), 2013. [4] Wikramanayake, N., Corea, E. J. 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Dr. Martin Zimmermann Wissenschaftler im Forschungsschwerpunkt Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung GmbH Kontakt: zimmermann@isoe.de Dr. Martina Winker Leiterin des Forschungsschwerpunkts Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung GmbH Kontakt: winker@isoe.de Dr. Engelbert Schramm Mitglied der Institutsleitung ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung GmbH Kontakt: schramm@isoe.de AUTOR I NNEN 54 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Netzersatzanlagen in der Versorgungswirtschaft Luxus oder absolute Notwendigkeit? Versorgungssicherheit, Kritische Infrastrukturen, Wasserwirtschaft, Notfall-Management, Netzersatzanlagen Manfred Brugger Als Netzersatzanlagen werden im übergeordneten Sinne komplette Notstromversorgungssysteme bezeichnet, die im Falle eines Netzausfalles die Stromversorgung abgegrenzter Einheiten (Versorgungs- oder Entsorgungsanlage, Behörde, IT-Infrastruktur, Firmen, etc.), auch über einen längeren Zeitraum hinweg, vollständig übernehmen können. Die Notwendigkeit von Netzersatzanlagen wird aber trotzdem oft in Frage gestellt, da einerseits längerfristige Netzausfälle (zumindest bisher) kaum aufgetreten sind und andererseits die Vorhaltung der Anlagen, neben Investitionskosten, auch laufende Kosten für Unterhaltung und Betrieb verursachen. Für nicht mit der Materie vertraute Entscheidungsträger ist es deshalb oft sehr schwer, sachorientierte Entscheidungen zu treffen. Hier setzt der Verfasser dieses Berichtes an: Durch Aufzeigen der Zusammenhänge und der Konsequenzen beim etwaigen Ausfall soll ein Bewusstsein für diese komplexe Thematik geschaffen werden, sowie eine neutrale Entscheidungshilfe speziell für den Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung gegeben werden. Was ist mit der Wasserversorgung, wenn der Strom ausfällt? © pixabay THEMA Sicherheit im Stadtraum THEMA Sicherheit im Stadtraum 55 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Es bedarf nicht unbedingt der Lektüre des lesenswerten Buches von Marc Elsberg mit dem Titel „Blackout - Morgen ist es zu spät“, um sich die Auswirkungen eines längerfristigen Stromausfalles anschaulich-fiktiv vor den Augen abspielen zu lassen. Eher nüchtern - aber nicht weniger informativ - ist die Beschreibung der Katastrophenszenarien im Bericht an den deutschen Bundestag, welche eher lapidar zum Ergebnis kommt, dass ein großflächiger Netzausfall sich zu einer „nationalen Katastrophe“ entwickeln würde. Obwohl die Folgen eines länger andauernden Stromausfalles äußerst komplex sind und kaum ein Lebensbereich davon nicht betroffen ist, wird die zentrale Bedeutung einer sicheren und stabilen Stromversorgung vielfach unterschätzt. Ein Grund hierfür ist, dass die Stromversorgung in den letzten Jahrzehnten relativ zuverlässig funktionierte. Zudem herrscht die Meinung vor, dass unser Stromnetz durch die vielen dezentralen Stromerzeugungsanlagen wie Photovoltaik oder Windkraftanlagen sicherer geworden ist, da man nicht mehr nur von einem Kraftwerk abhängig ist. Bei eingehender Betrachtung handelt es sich hier aber um eine große Fehleinschätzung, da sich all die dezentralen Systeme bei einem Netzausfall aus Sicherheitsgründen (es könnte sich ja auch um eine notwendige Netzfreischaltung handeln) selbst automatisch vom Netz nehmen (müssen! ). Aus dem zumindest bisher relativ stabilen Netz leiten deshalb viele ab, dass ja eigentlich keine Gefahr besteht und es deshalb keiner besonderen Vorsorge bedarf. Aus diesem als „Verletzlichkeitsparadoxon“ bezeichneten Verhalten resultiert aber das Risiko, dass die Auswirkungen bei einer tatsächlichen längerfristigen Störung umso dramatischer sind. [1] Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass Netzausfälle über längere Zeiträume hinweg mittelfristig auch unsere Versorgungsinfrastruktur betreffen können. Beispiele auf internationaler und nationaler Ebene gibt es genügend. Naturkatastrophen, Kriege, terroristische Angriffe, gezielte Sabotagen, IT-Angriffe usw., um nur einige wenige zu nennen. So sollte es auch in unserem Land mit vergleichsweise hoher Bevölkerungsdichte eine Selbstverständlichkeit sein, sich entsprechend vorzubereiten und wirkliche Vorsorge zu leisten. Ratgeber, die sich mit dem Problem beschäftigen, gibt es bereits genügend. Woran es fehlt, ist die Umsetzung! Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Die öffentliche Wasserversorgung zählt ebenso wie die öffentliche Abwasserentsorgung zu den kritischen Infrastrukturen. Als kritische Infrastrukturen werden Einrichtungen und Institutionen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen verstanden, deren Ausfall oder Beeinträchtigung zu nachhaltig wirkenden Versorgungsengpässen, zu erheblichen Störungen der Sicherheit oder zu anderen dramatischen Folgen führen würde. [2] Ein Ausfall der Stromversorgung wird in aller Regel sofort wahrgenommen und die Folgen sofort sichtbar. Ein Ausfall der Wasserversorgung wird - wenn man nicht gerade unter der Dusche steht - in der Regel erst verzögert wahrgenommen. Allein diese Tatsache reicht schon aus, um das Erfordernis der Wasserversorgung nicht so zu präferieren, wie das der Stromversorgung. Bei genauerem Hinsehen ein großer Trugschluss, wie nachfolgend näher beschrieben wird. Viele denken beim Thema Wasserversorgung nur an die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. Die Wasserversorgung leistet aber viel mehr. Stromausfall bedeutet:  Pumpenstillstand, Speicher können nicht mehr befüllt werden  Druckerhöhungssysteme und Anlagen stehen still  Zusammenbruch der Wasserversorgung  Fäkalientransport kommt zum Erliegen  Kanäle verstopfen  Klärwerke kippen  Löschwasserbereitstellung fehlt Bild 1: USV 230 V für die Steuerspannungsversorgung. © HydroGroup/ Hydro-Elektrik GmbH 56 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum So wird zum Beispiel in vielen Regionen das im Brandfall wichtige Löschwasser durch die Trinkwasserversorgung bereitgestellt. Ein Ausfall der Trinkwasserversorgung könnte riesige Großbrände nach sich ziehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Menschen bei einem Ausfall der Stromversorgung in der kalten Jahreszeit aus der Not heraus vermehrt auch auf offene Feuerstellen zurückgreifen werden (siehe auch Verletzlichkeitsparadoxon). Die Abwasserentsorgung hängt ebenfalls unmittelbar mit der Trinkwasserversorgung zusammen. Spätestens wenn die Leitungen leer sind, kommt der Fäkalientransport zum Erliegen. Die Fäkalien bleiben in den Freispiegelleitungen liegen, vorhandene Pumpwerke können ebenso nicht mehr arbeiten und verstopfen bzw. laufen über. Problematische Situationen sind beim Ausfall der Wasserversorgung auch schnell in den Kliniken, Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen zu erwarten. Zum Teil verfügen diese Einrichtungen über Netzersatzanlagen für die Stromversorgung, die Wasserversorgung ist jedoch nicht abgesichert, im höchsten Falle gepuffert. Nutzviehbetriebe sind ebenso auf eine sichere Wasserversorgung angewiesen. Hier wird Trinkwasser für die Viehfütterung aber auch zur Aufrechterhaltung der Hygiene beim Melken benötigt. In vielen Produktionsbetrieben des Handwerkes und der Industrie bricht die Produktion ohne Wasserversorgung zusammen. Stark betroffen davon sind insbesondere die Lebensmittelindustrie sowie das Lebensmittelhandwerk wie Bäcker und Metzger, welche für die Nahrungsmittelgrundversorgung eine essentielle Rolle innehaben. Neben dem bereits beschriebenen Ausfall der Abwasserentsorgung wird sehr schnell eine massive Verschlechterung der hygienischen Zustände eintreten. Aufgrund der nicht mehr funktionierenden Toiletten in den Wohnungen werden die Menschen ihre Notdurft außerhalb der Gebäude verrichten. Die Körperhygiene wird ebenfalls stark darunter leiden. Der Ausbruch von Seuchen wird nur eine Frage von wenigen Tagen oder Wochen sein. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein länger andauernder Ausfall der Wasserversorgungssysteme zu massivsten Ver- und Entsorgungsproblemen führen kann. Der Verzicht auf eine Netzersatzanlage ist vor diesem Hintergrund äußerst fraglich, wenn nicht sogar verantwortungslos. USV versus NEA Im Bereich der Steuerungstechnik setzte sich die sogenannte „Unterbrechungsfreie Stromversorgung“ (USV) Bild 1 weitgehend durch. USV-Systeme werden aus Akkumulatoren gespeist. Ihre Aufgabe ist im Wesentlichen der Schutz sensibler technischer Systeme, wie Server, Steuerungssysteme, etc. für eine kurze Zeit zum geordneten Abschalten oder als Überbrückung bis zum Zuschalten einer Netzersatzanlage. Netzersatzanlagen (NEA) Bild 2 sorgen im besten Falle (stationäre Ausführung erforderlich) für ein schnelles, automatisches Zuschalten im Sekundenbereich und damit zu einer Wiederherstellung der örtlichen Stromversorgung auf der Anlage. Netzersatzanlagen sind in der Regel dieselmotorisch getriebene, vollautomatisch arbeitende Generatoranlagen. Sie können mobil oder stationär ausgeführt werden. Mobile Anlagen müssen manuell zugeschaltet werden, wozu auch eine entsprechende Einspeisestelle mit Umschalteinrichtung erforderlich ist. Planung einer NEA Zunächst sind alle Aspekte der Vulnerabilität (Verwundbarkeit, Verletzbarkeit) des Systems mit denen der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) des Systems gegeneinander abzuwägen. Ein Wasserversorgungssystem mit Hochbehältern oder Wassertürmen, welche zumindest temporär über den geodätischen Druck versorgen können, ist anders zu bewerten, als reine Tiefbehälter mit nachgeschalteten Druckerhöhungsanlagen. Das Volumen eines Trinkwasserbehälters orientiert sich in der Regel am Tagesverbrauch. Das heißt, dass Hochbehälter zumindest im Stundenbereich eine Versorgung aufrechterhalten können. Eine mehrtägige Versorgung ist aber auch hier nicht gewährleistet. Wasserversorgungssysteme sind heute oft durch IT-Infrastruktur miteinander vernetzt und werden mittels übergeordneter Prozessleittechnik Bild 2: Luftgekühltes Aggregat (Netzersatzanlage). © HydroGroup/ Hydro-Elektrik GmbH THEMA Sicherheit im Stadtraum 57 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES gesteuert. Ein übergeordneter Stromausfall bringt auch diese Systeme zum Erliegen. Manuelle und einfach zu bedienende örtliche Schaltmöglichkeiten für Pumpen, Druckerhöhungsanlagen und Ventile sollten deshalb immer vorgehalten werden. Ferner sind im ersten Schritt alle für den Notbetrieb erforderlichen Aufgaben festzulegen, welche auch die Basis für die Leistungsermittlung des Notbetriebes bilden. Komforteinschränkungen können hier durchaus mit in Betracht gezogen werden, personelle Verfügbarkeiten sind ebenfalls zu berücksichtigen. Eine immer wieder heftig diskutierte Frage ist die Menge des vorzuhaltenden Treibstoffvorrates (Bild 3). Aus Sicht des Verfassers insbesondere vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten Problematik eigentlich unverständlich, denn die Treibstoffnachschubsicherung ist ebenfalls zu beachten. Auch diese ist im Falle eines großflächigen Stromausfalles mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr gewährleistet. Spätestens dann stellt sich die Frage nach dem Sinn der ganzen Netzersatzanlage. Ein ebenfalls immer gerne benutztes Argument ist die Treibstoffalterung. Durch einfache Einbeziehung der Anlage in den Regelbetrieb (Anlage muss für Netzparallelbetrieb geeignet sein), stellt sich dieses Argument nicht mehr. So kann die Anlage in regelmäßigen Abständen autark die Stromversorgung übernehmen. Motor und Generator bekommen Betriebsstunden und laufen ein, der Treibstoff wird regelmäßig erneuert. Bei Brunnenanlagen mitten im Wasserschutzgebiet muss die Netzersatzanlage übrigens nicht zwingend im oder beim Brunnenhaus angeordnet werden. Eine extern liegende Trafostation oder Stromübergabestation kann ebenfalls als Standort einer NEA in Betracht gezogen werden. Dies kann auch aus Gründen des Hochwasser- und Überflutungsschutzes erforderlich werden und zwar bei allen Wasserversorgungssystemen wie Brunnen, Aufbereitungsanlagen, Speichern und Druckerhöhungsanlagen. Bei überflutungssicheren Ausführungen sollten Schaltanlagen im Zweifelsfalle am höchsten Punkt im Gebäude aufgestellt werden. Besonderheiten bei einer NEA Im Gegensatz zum öffentlichen Verbundnetz können beim Generatorbetrieb bei Belastungsänderungen deutlich höhere Spannungs- und Frequenzschwankungen auftreten. Ein Lastsprung kann zu einem Spannungseinbruch und einem Frequenzeinbruch auf der Verbraucherseite führen. Ein Lastabwurf kann zu einer Frequenz- und zu einer Spannungserhöhung führen. Mobil oder Stationär Hauptpumpwerke und alle Anlagen mit zentraler Bedeutung sowie hohem Leistungsbedarf müssen mit einem stationären, bei Netzausfall automatisch anlaufenden Generator ausgerüstet werden. Nur so kann ein steter und sofort verfügbarer Einsatz gewährleistet werden. Für den mobilen Einsatz können Notstromaggregate mit 1-Achs-, Tandem- oder 2-Achsfahrgestellen zum Einsatz kommen. Solche Generatoren können an unterschiedlichen Stellen eingesetzt werden Allerdings erfordern diese Generatoren einen hohen Überwachungsaufwand und sind nur dort statthaft, wo nur stundenweiser Betrieb erforderlich ist. Der Aufwand für die Betreuung, die Betankung und das Umsetzen darf hier nicht unterschätzt werden. Spätestens dann, wenn ein Betrieb über mehrere Tage oder Wochen an unterschiedlichen Standorten aufrechterhalten werden soll, werden die Grenzen dieser Lösungen sichtbar. Vom ungesicherten Treibstoffvorrat abgesehen. QUELLEN: [1] Bericht deutscher Bundestag Drucksache 17/ 5672, 2011. [2] Nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen, BMI 2009. [3] Musternotfallplan Stromausfall, Regierungspräsidium Karlsruhe, 2014. [4] Notstromversorgung in Unternehmen und Behörden, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Band 13, 2015. Bild 3: Netzersatzanlage mit Treibstofftank. © HydroGroup/ Hydro-Elektrik GmbH AUTOR Dipl.-Ing. (FH) Manfred Brugger Hydro-Elektrik GmbH Kontakt: mb@hydrogroup.de 58 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Wie schon in der aktuellen Ausgabe in dem Artikel von Daniel Hiller und Benjamin Scharte ab Seite- 47 dargestellt, ergeben sich für Städte wachsende Herausforderungen angesichts einer steigenden Anzahl von Bewohnern und einem häufigeren Auftreten von Natur- und menschlich verursachten Katastrophen. Um die Sicherheit im Stadtraum zu gewährleisten, benötigen diese dicht besiedelten Gebiete funktionierende Infrastrukturen wie beispielsweise Strom- und Wasserversorgung sowie Kommunikation über entsprechende Netze. Analyse von Kaskadeneffekten in Versorgungsnetzen Softwaretool CAESAR (Cascading Effect Simulation in Urban Areas to Assess and Increase Resilience) Versorgungsnetze, kritische Infrastrukturen, Resilienz, Kaskadeneffekte, urbane Gebiete, Softwaretool Jörg Finger, Katja Faist, Sandra Hasenstein, Tobias Leismann Moderne Versorgungsnetze sind hochkomplexe Systeme, die starke Abhängigkeiten von anderen kritischen Infrastrukturen aufweisen. Störungen in diesen Netzen können vielfältige Auswirkungen nach sich ziehen. Beispielsweise können Stromausfälle zu Problemen im Kommunikationsnetz oder der Wasserversorgung führen. Das Entstehen eines Vorfalls als Folge eines anderen nennt man Kaskadeneffekt. Am Fraunhofer EMI werden Kaskadeneffekte in Versorgungsnetzen und Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Infrastrukturnetzen durch Simulationen analysiert und ein entsprechendes Softwaretool entwickelt. Flut in New Orleans. © pixabay THEMA Sicherheit im Stadtraum 59 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Softwaretool CAESAR Das Fraunhofer EMI hat ein Softwaretool CAESAR (Cascading Effect Simulation in Urban Areas to Assess and Increase Resilience) zur Analyse von Kaskadeneffekten in Versorgungsnetzen entwickelt. Ziel von CAESAR ist es, durch ein gesteigertes Verständnis von Kaskadeneffekten Vorschläge für robustere, gekoppelte Infrastruktur zu liefern und so die Folgen von Ausfällen zu verringern. CAESAR (Bild 1) kann verschiedene, voneinander abhängige Infrastrukturnetze (wie Stromnetz, Wassernetz, Mobilfunknetz) in einer Computersimulation einer fiktiven Naturkatastrophe aussetzen. Die Software CAESAR schätzt dabei den ersten Schaden ab, der durch die Naturkatastrophe verursacht wird (beispielsweise das Umknicken eines Strommasts). Die Simulation propagiert im Anschluss den Schaden durch die Versorgungsnetze. Hierbei werden zwei Arten der Kaskadeneffekte betrachtet: die Weitergabe des Ausfalls innerhalb desselben Netzes (Umknicken eines Strommasts führt zur Unterbrechung der Stromversorgung eines Umspannwerks) und die Weitergabe eines Ausfalls über eine Versorgungsnetzgrenze hinaus (Ausfall der Stromversorgung führt zu Ausfall einer Mobilfunkbasisstation). Basierend auf dieser Simulation werden neu entwickelte Methoden zur Resilienzsteigerung von Versorgungsnetzen angewandt. CAESAR schlägt mit dieser Methodik Strategien vor, um die Auswirkungen von Kaskadeneffekten insbesondere auf abhängige kritische Infrastrukturen zu verringern. Die Ergebnisse werden durch ein Geoinformationssystem (GIS) auf einer Website dargestellt. Berechnung der Resilienz Für die Simulation von Netzabhängigkeiten werden entsprechende Methoden benötigt. Zu nennen ist hier die Modellierung mittels eines Multiagentensystems, welches die verschiedenen Infrastrukturnetze (Strom, Wasser, Mobilfunk) enthält. Physikalische Abhängigkeiten zwischen diesen Infrastrukturen werden durch Wahrscheinlichkeiten abgebildet (Bild 2). Durch diese Abhängigkeiten kann simulativ errechnet werden, inwiefern beispielsweise Stromausfälle Einfluss auf die Funktionalität von Wasser- und Mobilfunknetz in konkreten Szenarien haben. Um diese infrastrukturübergreifenden Ausfälle abzumildern beziehungsweise zu verringern, wurden Methoden zur Identifizierung von Schwachstellen entwickelt. Sie basieren zum einen auf einer Analyse der Netzstruktur und zum anderen auf der simulativen Abschätzung des Ausfallausmaßes. Damit bestimmt CAESAR Teile der Infrastrukturen, die entscheidend zu den Kaskadeneffekten beitragen. Basierend auf den zuvor bestimmten kritischen Teilen der Infrastruktur stellt CAESAR dann Strategien zur Steigerung der Robustheit gegen Kaskadeneffekte zur Verfügung. Die Basis hierzu bilden Maße, welche die Resilienz von gekoppelten Infrastrukturen gegenüber Kaskadeneffekten abschätzen. Diese Resilienzmaße spiegeln mögliche Auswirkungen von Funktionalitätsverlust durch Netzausfälle sowie die Möglichkeit zur Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit wider. So kann das Softwaretool bestimmen, wie resilient die gekoppelten Infrastrukturen gegenüber Naturkatastrophen sind. Damit werden Strategien angeboten, die zu einer bestmöglichen Steigerung der Resilienz gegenüber Kaskadeneffekten führen. Bild 1: Softwaretool CAESAR. © Fraunhofer EMI Bild 2: Beispiel des Multiagentensystems für voneinander abhängige Infrastrukturen. Jede Infrastruktur wird durch verschiedene Agenten modelliert, die miteinander kommunizieren und Ausfälle weitergeben können. Zwischen den Infrastrukturen können Ausfälle durch wahrscheinlichkeitsbasierte Verbindungen (grau) weitergegeben werden. © Fraunhofer EMI 60 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Ergebnisse der Berechnungen durch CAESAR CAESAR stellt die ermittelten Berechnungsergebnisse auf einer Website in einem GIS dar (Bild 3). Darin ist zu erkennen, welche Teile einer Infrastruktur ausgefallen sind. Darüber hinaus wird über verschiedene Symbole visualisiert, an welchen Infrastrukturteilen ein Ausfall an eine andere Infrastruktur weitergegeben wurde, um welche Art von Ausfall es sich handelt und mit welcher Wahrscheinlichkeit in der Simulation mit einem Ausfall zu rechnen ist. Diese Symbole sind in Bild 3 jeweils mit einem roten Dreieck gekennzeichnet. Über die Ausfälle hinaus werden diejenigen Komponenten der Infrastruktur visualisiert, die entscheidend zu den Kaskadeneffekten beitragen. Diese Komponenten werden durch ein gelbes beziehungsweise rotes Symbol repräsentiert (Bild 3). Gelbe Symbole zeigen kritische, rote sehr kritische Infrastrukturteile. Für diese Teile der Infrastruktur berechnet CAESAR mögliche Strategien zur Resilienzsteigerung, wie zum Beispiel das Hinzufügen von Redundanz oder das Installieren einer unabhängigen Stromversorgung. Mit CAESAR kann ein Benutzer somit analysieren, wie sich eine Naturkatastrophe auf gekoppelte Infrastrukturen auswirkt, in welchen Gebieten besonders viele Ausfälle aufgrund von Kaskadeneffekten zu erwarten sind und wo sich die kritischen Infrastrukturteile befinden. Durch diese Analysen und die vorgeschlagenen Maßnahmen kann der Benutzer hier feststellen, an welchen Orten eine Steigerung der Robustheit die größten positiven Auswirkungen auf die Infrastrukturstabilität hat. Somit können insbesondere Städte und urbane Räume mit ihren hoch vernetzten Infrastrukturen von den Berechnungsergebnissen des entwickelten Softwaretools profitieren. Denn gerade dort wären von der Beeinträchtigung oder gar dem Ausfall einer Infrastruktur und eventuell sich anschließenden Kaskadeneffekten besonders viele Menschen betroffen. Bild 3: Beispiel für ein Ergebnis des Softwaretools CAESAR, visualisiert auf einer Website durch ein GIS. © Fraunhofer EMI Dipl.-Inf. Jörg Finger Sicherheits- und Effizienzanalyse Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI Kontakt: Joerg.Finger@emi.fraunhofer.de Katja Faist Sicherheits- und Effizienzanalyse Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI Kontakt: Katja.Faist@emi.fraunhofer.de Sandra Hasenstein MSc Sicherheits- und Effizienzanalyse Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI Kontakt: Sandra.Hasenstein@emi.fraunhofer.de Dr. Tobias Leismann Stellvertretender Institutsleiter Leiter Hauptabteilung Resilience, Safety & Security Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI Kontakt: Tobias.Leismann@emi.fraunhofer.de AUTOR I NNEN THEMA Sicherheit im Stadtraum 61 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Vom Kraftwerk bis zum Krankenhaus, in der Flugsicherung oder bei Bahnsystemen: Alle so genannten „Kritischen Infrastrukturen“ müssen sich gegen Risiken rüsten, die sie aus der weltweiten Anonymität des Internets bedrohen können. Funktionierende Verkehrsinfrastrukturen sind für eine lebensfähige Stadt elementar. Mit der Einführung des IT-Sicherheitsgesetzes im Juli 2015 wurden erweiterte Vorgaben für Kritische Infrastrukturen eingeführt. Im Gesetzestext heißt es: „Betreiber kritischer Infrastrukturen sind verpflichtet spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung […] angemessene organisatorische und technische Vorkehrungen zur Vermeidung von Störungen der Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit ihrer informationstechnischen Systeme, Komponenten oder Prozesse zu treffen, die für die Funktionsfähigkeit der von ihnen betriebenen kritischen Infrastrukturen maßgeblich sind.“ Dieser Beitrag skizziert den Rechtsrahmen der IT-Sicherheit städtischer Verkehrsinfrastrukturen, zeigt auf, welche Elemente der Verkehrsinfrastruktur einer besonderen Absicherung gegen Angriffe von außen bedürfen und skizziert einen ganzheitlichen institutionellen Rahmen zur Absicherung der IT-Sicherheit. 1. Rechtsrahmen der IT-Sicherheit für städtische Verkehrsinfrastrukturen Rechtsnormen stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander (vgl. Bild 1). Im nationalen Angriffssicherheit städtischer Verkehrsinfrastrukturen Rechtlicher und institutioneller Rahmen für Betreiber Kritische Infrastrukturen, Digitalisierung, IT-Sicherheit, Sicherung urbaner Verkehrssysteme Lars Schnieder Ein Leben ohne Smartphone und Tablet ist für viele kaum noch vorstellbar. „Always on“ - uneingeschränkte Konnektivität gehört mittlerweile schon fast zu den Grundbedürfnissen unserer Gesellschaft. Es gibt kaum noch eine Geschäftstätigkeit, die nicht von informationstechnischen Systemen abhängig wäre. Dies gilt auch für städtische Verkehrsinfrastrukturen. Technologietrends und neue Bedrohungsszenarien verstärken für Hersteller und Betreiber städtischer Vekehrsinfrastrukturen die Notwendigkeit, sich den Herausforderungen der IT-Sicherheit zu stellen. Bedrohungen aus dem Internet dürfen essentielle Software in IT-Systemen der Verkehrssteuerung nicht manipulieren, um die Lebensfähigkeit einer Stadt nicht zu gefährden. Bild 1: Europäische und nationale Umsetzung des Rechtsrahmens [1]. © Schnieder 62 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Rechtsrahmen bilden formelle Gesetze (legislatives Recht, d.h. vom Parlament erlassene Rechtsakte) den Ausgangspunkt des Rechtsrahmens. Rechtsverordnungen (exekutives Recht) konkretisieren die formellen Gesetze [1]. Rechtsverordnungen sind Rechtsnormen, die von einer Stelle erlassen worden sind, deren Rechtssetzungsgewalt vom Gesetzgeber durch ein förmliches Gesetz delegiert worden ist. Existieren rechtliche Vorgaben auf europäischer Ebene, sind diese entweder in nationales Recht umzusetzen (zum Beispiel Richtlinien) oder entfalten eine unmittelbare innerstaatliche Geltung (zum Beispiel Verordnungen). Im Folgenden werden die einzelnen Stufen des Rechtsrahmens für die IT-Sicherheit von Verkehrssystemen vorgestellt. 1.1 Legislatives Recht Im Vorgriff auf eine in nationales Recht umzusetzende Vorgabe der Europäischen Union [2] hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2015 einen nationalen Rechtsrahmen zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme geschaffen [3]. Das Gesetz regelt unter anderem, dass Betreiber sogenannter „Kritischer Infrastrukturen“ ein Mindestniveau an IT-Sicherheit einhalten und ihre IT-Systeme gegen Störungen der Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit schützen müssen. Darüber hinaus müssen Betreiber kritischer Infrastrukturen dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) IT-Sicherheitsvorfälle melden. Gleichzeitig werden Hard- und Software- Hersteller zur Mitwirkung bei der Beseitigung von Sicherheitslücken verpflichtet. Außerdem wird der Aufgabenbereich des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erweitert. 1.2 Exekutives Recht Das IT-Sicherheitsgesetz ermächtigt das Bundesministerium des Innern, konkretisierende Rechtsverordnungen zu erlassen. Per Rechtsverordnung (so geschehen durch die so genannte Kritis-Verordnung) wurde der unscharfe Rechtsbegriff „Kritischer Infrastrukturen“ im Juli dieses Jahres nach Anhörung von Vertretern der Wissenschaft, der betroffenen Betreiber und Wirtschaftsverbände im Einvernehmen mit den Ressorts für Verkehrsinfrastrukturen präzisiert [4]. Die aktuelle Verordnung bestimmt Versorgungsgrade. Der Versorgungsgrad mit Verkehrsdienstleistungen wird anhand von Schwellenwerten für verschiedene Anlagenkategorien bestimmt. Der Regelschwellwert beträgt dabei 500 000 versorgte Personen. Dieser Schwellenwert wurde deshalb gewählt, weil ein Ausfall oder die Beeinträchtigung der Versorgung mit einer wichtigen Dienstleistung zu einer Versorgungskrise in der Bundesrepublik führen könnte, die sich nicht ohne weiteres lösen lässt und daher vermieden werden muss. Dieser Schwellenwert wird für Verkehrssysteme auf konkrete verkehrliche Messgrößen (beispielsweise die Anzahl beförderter Personen) heruntergebrochen. 2. Definition der Kritizität städtischer Verkehrsinfrastrukturen Anhang 7 der Rechtsverordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen (BSI-KritisV) nennt für den Bereich städtischer Verkehrsinfrastrukturen gegen Angriffe von außen zu schützende Anlagenkategorien. Für jede dieser Anlagenkategorien werden Schwellenwerte angegeben, ab denen von den Betreibern technische und organisatorische Schutzmaßnahmen gemäß dem Stand der Technik zu realisieren sind. Hierbei muss das Verkehrsangebot einer Stadt als Ganzes betrachtet werden. Dies bedeutet zum einen, dass städtische Verkehrsinfrastrukturen in ihrer Einbindung in größräumige (überregionale) Verkehre betrachtet werden müssen. Dies bedeutet zum anderen, dass die Verkehrsinfrastruktur der Stadt selbst betrachtet werden muss. 2.1 Kritizität überregionaler Verknüpfungen städtischer Verkehrsinfrastrukturen Städte erfüllen wesentliche Daseinsfunktionen und haben als zentrale Orte eine überregionale Ausstrahlung. Städte sind über kontinentale, großräumige und überregionale Verkehrsverbindungen mit anderen benachbarten zentralen Orten (Metropolregionen und Oberzentren) verbunden. Über diese Kontaktstellen wie Auf- und Abfahrten zu und von Bundesfernstraßen, bzw. Personenbahn- Bild 2: Unterirdische Verkehrsanlagen als Teil Kritischer Infrastrukturen. © Wiener Linien THEMA Sicherheit im Stadtraum 63 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES höfe und Netze des Schienenpersonenfernverkehrs fließen überregionale Verkehre in die Stadt hinein und hinaus. Damit eine Stadt auch im Krisenfall „lebensfähig“ bleibt, müssen hier die Kontaktstellen zu überregionalen Verkehrsinfrastrukturen mit betrachtet werden.  Im Falle von Bundesfernstraßen (Bundesstraßen und Autobahnen) sind die Systeme zur Verkehrsbeeinflussung im Straßenverkehr einschließlich Verkehrszeichen, Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht schützenswerte Anlagen. Darüber hinaus sind Nebenanlagen, die der Wahrnehmung der Aufgaben der Straßenbauverwaltung des Bundes dienen, der Betriebstechnik (zum Beispiel Tunnelzentralen) sowie der Telekommunikationsnetze zu berücksichtigen.  Im Falle von Eisenbahnen des Fernverkehrs sind Personenbahnhöfe, das Schienennetz und die Stellwerke der Eisenbahn schützenswerte Anlagen. Darüber hinaus sind die Verkehrssteuerungs- und Leitsysteme der Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen zu schützen. Eisenbahninfrastrukturunternehmen disponieren vorausschauend von hier aus den Schienenverkehr - insbesondere im Falle unerwartet eintretender Ereignisse in ihrem Schienennetz. Eisenbahnverkehrsunternehmen überwachen von hier aus den betrieblichen Ist-Zustand und leiten bei Verspätungen und Störungsfällen Maßnahmen ein, indem sie gezielt unternehmenseigene Züge auf dem Netz disponieren. 2.2 Kritizität städtischer Verkehrsinfrastrukturen Eine Stadt hat ein Netz verschiedener Verkehrsinfrastrukturen. Jeden Tag treffen die Bewohner Modalwahlentscheidungen und wählen die für ihren jeweiligen Mobilitätszweck beste Mobilitätsoption. Hierbei tritt - insbesondere in großen Ballungszentren - zunehmend ein multimodales Verkehrsmittelwahlverhalten zu Tage. In diesem Sinne wird aus verkehrsplanerischer Sicht die Gestaltung verkehrssystemübergreifender Verbindungen zunehmend wichtig. Im Kontext einer Stadt sind hierbei die Verkehrsinfrastrukturen verschiedener Verkehrsträger zu betrachten  Besonders zu schützende Infrastrukturen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sind die Betriebsanlagen von Straßenbahnen und Omnibussen (§ 4 Abs. 1-3 PBefG). Diese umfassen das Schienennetz, Zugsicherungs- und Beeinflussungsanlagen, die Fahrstromversorgung und die Haltestellen. Über die zuvor genannten Betriebsanlagen hinaus sind auch Leitzentralen des ÖPNV besonders gegen Angriffe von außen abzusichern. Diese dienen der betreiberseitigen Überwachung und Steuerung des Verkehrs einschließlich der Flottentelematik (sogenannte Intermodal Transport Control Systeme, ITCS) (Bild-2 und 3).  Bei den Anlagen des städtischen Straßenverkehrs müssen Absicherungsmaßnahmen für Verkehrssteuerungs- und Leitsysteme getroffen werden. Diese Anlagen dienen der Steuerung und Überwachung der verkehrstechnischen Infrastruktur wie Lichtsignalanlagen, Verkehrsbeeinflussungsanlagen sowie Verkehrswarn- und -informationssysteme. 3. Institutitioneller Rahmen der Absicherung Kritischer Infrastrukturen Im Kontext des europäischen Rechtssystems besteht seit Einführung des Neuen Ansatzes (New Approach) eine etablierte Rollenzuteilung, die auf die Einhaltung grundlegender Anforderungen (Sicherheit, Gesundheit, u.a.) zielt. Diese Institutionalisierung ist auch auf die IT-Sicherheit in städtischen Verkehrssystemen anwendbar. Der institutionelle Rahmen besteht aus dem aufeinander abgestimmten Zusammenwirken von Normung, Akkreditierung, Zertifzierung, Zulassung und (behördlicher) Aufsicht. Diese einzelnen Elemente des institutionellen Rahmens werden nachfolgend vorgestellt. Bild 3: Leitstellen von Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs gehören zur kritischen Infrastruktur. © Wiener Linien 64 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum 3.1 Normung im Kontext der IT-Sicherheit Technische Regelwerke bilden einen Maßstab für (rechtlich) einwandfreies technisches Verhalten. Der Gesetzgeber bedient sich mittelbarer Normenverweise und öffnet auf diese Weise das Recht für fortschreitende technische Erkenntnisse [5]. Im Falle des IT-Sicherheitsgesetzes geschieht dies über die Generalklausel des „Standes der Technik“. Betreiber Kritischer Infrastrukturen sind nach [3] verpflichtet, spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung […] angemessene organisatorische und technische Vorkehrungen zur Vermeidung von Störungen der Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit ihrer informationstechnischen Systeme, Komponenten oder Prozesse zu treffen […]. Betreiber können dem Bundesamt für Informationssicherheit so genannte branchenspezifische Sicherheitsstandards (B3S) vorschlagen. Das Bundesamt stellt auf Antrag fest, ob sich die eingereichten B3S eignen, um die Schutzziele zu erreichen. Die Feststellung der Eignung erfolgt im Einvernehmen mit der zuständigen Aufsichtsbehörde des Bundes (zum Beispiel Eisenbahn-Bundesamt). Die B3S umfassen hierbei konkrete Vorgaben technischer Maßnahmen zur Härtung von Systemen gegen Angriffe (zum Beispiel IEC 62443) sowie organisatorischer Schutzmaßnahmen gegen unberechtigte Angriffe (zum Beispiel ISO 27001). 3.2 Akkreditierung zur öffentlichen Absicherung der Qualitätssicherungskette Für die Bewertung der Konformität von Produkten und Managementsystemen zu den Vorgaben der Normen braucht es Konformitätsbewertungsstellen. Die Akkreditierung ist eine unabhängige Bestätigung (von der Akkreditierungsstelle), dass eine Konformitätsbewertungsstelle die in spezifischen Normen (Normenreihe ISO 170xx) festgelegten Anforderungen erfüllt (vgl. [6] und [7]). Hierbei muss gegenüber unabhängigen Dritten (der Akkreditierungsstelle) der Nachweis erbracht werden, dass eine Konformitätsbewertungsstelle unparteilich und unabhängig in ihrer fachlichen Beurteilung ist. Ferner müssen die üblichen Anforderungen eines Qualitätsmanagementsystems nach ISO 9001 (definierte Prozesse, klare Rollen und Verantwortlichkeiten, Dokumentenlenkung sowie kontinuierliche Verbesserung) etabliert sein. Weitere Anforderungen umfassen die transparente Behandlung von Einsprüchen und Beschwerden. Ein weiteres zentrales Element ist die Sicherung der für die jeweilige Aufgabe erforderlichen fachlichen Kompetenzen. Sofern die Aufgabe der Konformitätsbewertung Prüfungen und Messungen umfasst, sind insbesondere Maßnahmen zur Kalibrierung der eingesetzten Mess- und Prüfmittel umzusetzen. 3.3 Zertifizierung Die Zertifizierung ist die Aussage einer Konformitätsbewertungsstelle, dass der Gegenstand der Konformitätsbewertung die Vorgaben der allgemein anerkannten Regeln der Technik erfüllt (vgl. [6] und [7]). Dem ganzheitlichen Schutzkonzept für IT-Infrastrukturen folgend, können konkrete in verkehrstechnischen Anlagen eingesetzte Produkte (Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstelle ergeben sich hierbei aus ISO 17065) oder aber Managementsysteme der Betreiber von Verkehrsinfrastrukturen wie Information Security Management Systeme (maßgeblich ist eine Akkreditierung nach ISO 17021) Gegenstand einer Zertifizierung sein. Der Erkenntnis folgend, dass eine Bild 5: Prozessorientierte Überwachung (Beispiel Eisenbahnaufsicht). © Schnieder Bild 4: Anlagen des städtischen Straßenverkehrs. © Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. THEMA Sicherheit im Stadtraum 65 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES hohe Prozessqualität nur von qualifiziertem Personal erreicht werden kann, wäre langfristig auch eine Personenzertifizierung denkbar (die Anforderungen an Konformitätsbewertungsstellen richten sich in diesem Fall nach ISO 17024). 3.4 Zulassung Allen verkehrsträgerspezifischen Gesetzen und Verordnungen ist gemein, dass sie auf einen sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb zielen. Diese Anforderungen sind in der Regel genau dann erfüllt, wenn die Anforderungen der jeweiligen verkehrsträgerspezifischen Regelungen erfüllt sind, etwaige Anordnungen der zuständigen Behörde umgesetzt werden sowie die in den Gesetzen und Verordnungen dynamisch referenzierten, allgemein anerkannten Regeln der Technik erfüllt sind. Bei Prüfungen zur Inbetriebnahme von Betriebsanlagen werden entsprechende Nachweise (u. a. Zertifizierungen) von der Aufsichtsbehörde geprüft und die Betriebsanlage auf dieser Grundlage eine Inbetriebnahmegenehmigung erhält. 3.5 Aufsicht Verkehrsträgerspezifische Gesetze bestimmen eine Aufsichtsbehörde. Diese prüft nach erteilter Inbetriebnahmegenehmigung regelmäßig, ob der Infrastrukturbetreiber (das Verkehrsunternehmen) seinen organisatorischen Pflichten zur Gewährleistung eines sicheren und ordnungsgemäßen Betriebs weiter nachkommt. Ein Beispiel einer solchen strukturierten Aufsicht, welches primär auf die Betriebssicherheit ausgerichtet ist, ist in Bild- 5 dargestellt. Das IT-Sicherheitsgesetz ergänzt diese etablierte Praxis um eine auf Aspekte der IT-Sicherheit bezogene Aufsicht, die der Verordnungsgeber in die Hände des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gelegt hat. Die Betreiber Kritischer Infrastrukturen teilen im Rahmen ihrer Meldepflicht dem BSI etwaige IT-Sicherheitsrelevante Vorkommnisse in ihrer Infrastruktur mit. Das BSI setzt sich nach erfolgter Bewertung des Vorfalls mit der zuständigen Aufsichtsbehörde ins Benehmen und stimmt möglicherweise erforderliche Korrekturmaßnahmen ab. 4. Zusammenfassung und Ausblick Das IT-Sicherheitsgesetz und die nachfolgend erlassene KRITIS-VO stellt Betreiber städtischer Verkehrsinfrastrukturen vor neue Herausforderungen. Sie müssen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zur Absicherung der von ihnen betriebenen Infrastrukturen definieren und umsetzen. Hierbei wird es darauf ankommen, zwar die IT-Sicherheit in den Fokus zu nehmen, aber getreu der Devise „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ wirtschaftliche, pragmatische aber auch effektive technische und organisatorische Lösungen zu etablieren. Darüber hinaus müssen das BSI und die Fachbehörden ihre Zusammenarbeit etablieren. Dies setzt auf beiden Seiten ein Verständnis voraus: Einerseits für spezifische (systemtechnische) Besonderheiten von Verkehrssystemen, andererseits das Verständnis der Betreiber Kritischer Infrastrukturen für die legitime Anforderung, Aspekte der IT-Sicherheit intelligent mit bestehenden Prozessen des Systems Engineerings und mit Sicherheitsmangementsystemen zu verzahnen, um Synergien zwischen der Angriffs- und der Betriebssicherheit in Verkehrssystemen zu schaffen. Literatur [1] Schnieder, L.: Öffentliche Kontrolle der Qualitätssicherungskette für einen sicheren und interoperablen Schienenverkehr. In: Eisenbahntechnische Rundschau 66 (2017) 4, S. 38 - 41. [2] Richtlinie (EU) 2016/ 1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen der Union. Amtsblatt der Europäischen Union L194/ 1 vom 19.07.2016. [3] Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz), BGBl. I 2015 Nr. 31. [4] Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-Kritisverordnung, BSI-Kritis-V) vom 22. April 2016 (BGBl. I s. 958) zuletzt geändert durch die Verordnung vom 21. Juni 2017 (BGBl. I S. 1993). [5] Di Fabio, U.: Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung. Carl Heymanns Verlag (Köln) 1996. [6] Röhl, H.-C.: Akkreditierung und Zertifizierung im Produktsicherheitsrecht. Springer (Berlin) 2000. [7] Ernsthaler, J., Strübbe, K., Bock, L.: Zertifizierung und Akkreditierung technischer Produkte - ein Handlungsleitfaden für Unternehmen. Springer (Berlin) 2007. Dr.-Ing. Lars Schnieder Leiter des Geschäftsbereichs Sicherheitsbegutachtung ESE Engineering und Software-Entwicklung GmbH Kontakt: lars.schnieder@ese.de AUTOR 66 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Entsprechend der Unterteilung autonomen Fahrens in sechs Stufen (Stufe 0 = keine Automatisierung bis Stufe 5 = kein Fahrer erforderlich), befinden sich aktuelle Fahrzeugmodelle auf Stufe 2 (teilautomatisiertes Fahren). Innerhalb dieses teilautomatisierten Fahrens kann der Fahrer die Hände zwar vom Lenkrad nehmen, muss aber trotzdem stets konzentriert den Straßenverkehr im Blick haben, um gegebenenfalls eingreifen zu können. Die Systeme sollen dazu beitragen, Fahrfehler zu vermeiden und den Fahrer zu entlasten, um dadurch die Fahrsicherheit zu erhöhen. Aufgrund der Neuheit dieser Funktionen gibt es bis auf Einzelfälle bislang jedoch keine Studien darüber, ob und in wie weit solche Funktionalitäten überhaupt akzeptiert werden. Es mangelt demnach an Analysen, die die Nutzerwahrnehmung des automatisierten Fahrens im Serienbetrieb untersuchen. Chancen und Grenzen des autonomen Fahrens User Experience Studie in Stuttgart Autonomes (automatisiertes) Fahren, Fahrsicherheit, Nutzerverhalten, User-Experience Sarah Selinka Selbstfahrende Autos sind nicht länger eine Zukunftsvision, sondern durch Fahrassistenzsysteme im Alltag tatsächlich erlebbar. Neuste Fahrzeugmodelle sind beispielsweise inzwischen in der Lage, selbstständig die Spur zu halten, beziehungsweise zu wechseln und die Geschwindigkeit anzupassen, ohne dass der Fahrer daran beteiligt ist. Bild 1: Automatisiertes Fahren im Test. © DHBW THEMA Sicherheit im Stadtraum 67 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Es stellt sich somit die Frage, welche Chancen und Risiken sich aus Konsumentensicht für Verkehrsteilnehmer ergeben? Wie werden automatisierte Fahrfunktionen vom Endnutzer wahrgenommen? Mit diesen Fragestellungen beschäftigte sich das Zentrum für empirische Forschung (ZEF) gemeinsam mit Studierenden der DHBW Stuttgart im Rahmen einer User Experience Studie zum Thema „autonomes Fahren“. Aufbau der Studie Das Studiendesign basierte auf drei Bestandteilen. Zunächst mussten die Probanden einen Online- Fragebogen ausfüllen, der ihre Einstellungen und Erwartungen an das autonome Fahren ermitteln sollte. Im Anschluss daran wurde eine etwa 30-minütige Testfahrt, auf einer vorab definierten Strecke in Stuttgart, durchgeführt. Als Testfahrzeuge wurden zwei Mercedes-Benz E-Klassen und ein Tesla Model S eingesetzt. Während der Testfahrt wurden verschiedene teilautomatisierte Fahrfunktionen von den Probanden getestet (Bild 1 und 2). Zu den zu testenden Funktionen gehörte ein Spurwechselassistent, selbstständiges Einparken sowie ein Spurhalteassistent, bei denen das Lenkrad losgelassen werden konnte. Im teilautomatisierten Fahrmodus konnte das Fahrzeug außerdem selbst beschleunigen und abbremsen. Nach der Testfahrt wurde von den Probanden ein weiterer Fragebogen ausgefüllt, welcher sich mit der Wahrnehmung und der Bewertung der getesteten Funktionen beschäftigte (Bild-3). Durch die Realisierung einer Testfahrt mit serienmäßigen automatisierten Fahrfunktionen ist das Studiendesign einmalig in der europäischen Forschungslandschaft. Bestehende Studien setzen sich lediglich allgemein mit der Thematik auseinander bzw. arbeiten mit Fahrsimulatoren. Ein echtes Erleben von automatisierenden Fahrfunktionen wurde in diesem Umfang jedoch bisher nicht realisiert. Insgesamt nahmen 204 Probanden an der Studie teil. Hierbei ergab sich eine Verteilung von 74-% männlichen und 26- % weiblichen Probanden. Der Altersdurchschnitt der Probanden lag bei 41 Jahren, wobei die jüngste Person 19- Jahre und die älteste 81-Jahre alt war. Insgesamt gaben rund 21-% der Teilnehmer an, zuvor bereits Fahrzeuge mit automatisierten Fahrfunktionen genutzt zu haben. Zentrale Ergebnisse und resultierende Implikationen Insbesondere das Thema Sicherheit nimmt im Diskurs zur Fahrautonomie eine bedeutende Rolle ein. Eine absolut fehlerfreie Kommunikation zwischen dem jeweiligen Fahrzeug und seiner Umwelt wird stark diskutiert und von Kritikern als nicht zu vernachlässigendes Risiko angesehen. In diesem Zusammenhang erscheint somit interessant, wie Konsumenten bestehende Fahrsysteme diesbezüglich wahrnehmen und bewerten. Manuelle Fahrt Drive Pilot Spurwechsel S Testfahrt Nach-Befragung Vorab-Befragung Evaluation von Wahrnehmungsdimensionen bzgl. automatisierter Fahrfunktionen Abfrage von freien Assoziationen zu automatisierten Fahrfunktionen Evaluation von Wahrnehmungsdimensionen bzgl. automatisierter Fahrfunktionen Abfrage von freien Assoziationen zu automatisierten Fahrfunktionen Bewertung der Fahraufgaben und Abfrage verschiedener Konstrukte (Persönlichkeit,...) User Experience (UX) Testfahrt E- Klasse/ Tesla S Definition verschiedener Fahraufgaben bezogen auf automatisierte Fahrfunktionen Think Aloud Bild 3: Vor und nach der Testfahrt füllten die Probanden Fragebogen zu Erwartungen und Erfahrungen aus. © DHBW Bild 2: Vorab definierte Teststrecke durch Stuttgart. © DHBW 68 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Allgemein betrachtet war insbesondere eine Heterogenität in der Wahrnehmung und Beurteilung der Testfahrer auffällig. Die Analyse der erhobenen Daten legt nahe, dass einige Probanden davon ausgingen, bereits „komplett autonom“ fahren zu können. Ihre Erwartungen wurden daher eher enttäuscht. Andere Testfahrer waren im positiven Sinne überrascht über die Möglichkeiten, die automatisierte Fahrfunktionen schon jetzt bieten. Einige kamen sich daher vor wie im „Raumschiff Enterprise“. Bild 4: Ein großer Teil der Testfahrer ist von der Technologie noch nicht überzeugt. © DHBW 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2,00% 8,50% 10,50% 21,50% 23,00% 23,50% 11,00% Vorher 1,50% 9,50% 8,50% 8,50% 19,50% 25,00% 27,50% Nachher 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 8,46% 11,44% 13,93% 19,40% 21,89% 17,91% 6,97% Vorher „Diese Technologie ist möglicherweise nicht ausgereift.“ 23,00% 20,50% 18,50% 12,50% 12,00% 9,50% 4,00% Nachher „Ich werde darauf vertrauen, dass die autonomen Fahrfunktionen in allen möglichen Verkehrssituationen funktionieren.“ 1 - Stimme überhaupt nicht zu 2 3 4 5 6 7 - Stimme voll und ganz zu 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1,99% 9,45% 15,42% 21,39% 28,86% 15,42% 7,46% Vorher 5,08% 7,11% 13,20% 13,20% 21,83% 23,35% 16,24% Nachher 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1,50% 3,50% 4,50% 10,50% 21,00% 32,50% 26,60% Vorher „Ich werde mich sicher dabei fühlen, ein Fahrzeug mit autonomen Fahrfunktionen zu fahren.“ 7,50% 6,00% 6,00% 13,50% 16,50% 28,50% 22,00% Nachher „Autonome Fahrfunktionen können mich in schwierigen Situationen unterstützen (z.B. klimatische Bedingungen, enge oder glatte Straßen)“ 1 - Stimme überhaupt nicht zu 2 3 4 5 6 7 - Stimme voll und ganz zu Mit Blick auf das Thema Sicherheit und damit gekoppelten Themen zeigt die Auswertung, dass sich das Wohlgefühl hinsichtlich der Fahrt mit automatisierten Fahrfunktionen nach der Testfahrt signifikant erhöht. Zudem geben nach der Testfahrt deutlich mehr Probanden an, dass sie sich in der Lage fühlen, die Technologie erfolgreich anwenden zu können. Es zeigt sich allerdings auch, dass das Vertrauen in die fehlerfreie Funktionalität der automatisierten Fahrfunktionen selbst nach der Testfahrt Bild 5: Der zusätzliche Gewinn von Sicherheit wird positiv eingeschätzt. © DHBW THEMA Sicherheit im Stadtraum 69 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES deutlich absinkt. Damit einhergehend schätzen die Testfahrer den aktuellen Stand der Technologie nach der Fahrt schlechter ein (Bild 4). Das individuelle Sicherheitsgefühl der Probanden wurde im Rahmen der Studie ebenfalls explizit abgefragt. Die Datenanalyse macht dabei deutlich, dass durch die Testfahrt das Sicherheitsgefühl hinsichtlich der Autofahrt mit teilautomatisierten Fahrfunktionen positiver eingeschätzt wird, als vor dem Fahrerlebnis. Die Frage nach dem Sicherheitszugewinn durch automatisierte Fahrfunktionen, beispielsweise im Fall von schwierigen Witterungsbedingungen, erfährt ebenfalls eine sehr positive Bewertung. 80- % der Probanden teilen diesbezüglich eine zustimmende Meinung vor der Testfahrt. Die Zustimmung fällt nach der Testfahrt zwar ab, trotz allem stimmen aber noch weit über die Hälfte aller Testfahrer der entsprechenden Aussage zu (Bild-5). Diese Antworttendenzen spiegeln sich ebenfalls in der Analyse der freien Assoziationen zum Thema autonomes Fahren wider. Sowohl vor als auch nach der Testfahrt dominiert hinsichtlich positiver Assoziationen insbesondere das spezifische Thema Warnsysteme (zum Beispiel der Einsatz eines Spurhalteassistenten). Jeweils 44- % der Testfahrer führen diesen Aspekt sowohl vor als auch nach der Testfahrt an. Der allgemeine Sicherheitsgedanke und das Thema Unfallreduzierung durch Fahrautonomie verlieren hingegen nach der Testfahrt an Relevanz für die Probanden. Sie stellen aber trotz allem sowohl vor als auch nach der Testfahrt vergleichsweise häufig assoziierte Themen dar (Bild- 6). Auch hinsichtlich der negativen Assoziationen zeigten sich Veränderungen durch die Testfahrt. So dominierten vorab Aspekte wie beispielsweise die persönliche Überwindung, das Fahrzeug wirklich eigenständig fahren zu lassen sowie ein geringes Vertrauen in die bestehenden Fähigkeiten der Technik. Nach der Testfahrt überwog hingegen das Thema unausgereifte Technik, begründet durch noch ausbaufähige und zu verbessernde Funktionen. Viele Probanden gingen demnach davon aus, dass das Testfahrzeug bereits in der Lage sei, komplett ohne menschliche Unterstützung zu fahren. Dies spiegelt sich auch in der Notwendigkeit, ständig eingriffsbereit sein zu müssen, wider. Dieser negative Aspekt wurde von den Probanden vor der Testfahrt komplett außen vorgelassen (Bild- 7). Im Rahmen des „Think Alouds“, also den direkten Äußerungen der Probanden während der Testfahrt, kristallisierte sich darüber hinaus ein weiteres sicherheitsrelevantes Thema heraus. Die Ausgestaltung des Human-Machine-Interfaces stellt demnach eine bedeutsame Stellschraube dar, wie schnell und stark Probanden Vorher Nachher Positive Assoziationen mit automatisierten Fahrfunktionen Negative Assoziationen mit automatisierten Fahrfunktionen Vorher Nachher Bild 6: Der allgemeine Sicherheitsgedanke und das Thema Unfallreduzierung durch Fahrautonomie verlieren nach der Testfahrt. © DHBW Bild 7: Vor der Testfahrt dachten viele der Probanden, das Testfahrzeug sei bereits in der Lage, komplett ohne menschliche Unterstützung zu fahren. © DHBW 70 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Schlussfolgerung und weitere Forschung Die Studie verdeutlicht, dass das autonome Fahren in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird und dass die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer auch offen für dieses Thema ist. Auch wenn die Technik, aus Sicht der Kunden, noch nicht zu hundert Prozent ausgereift erscheint und zum Teil bereits deutlich mehr von den bestehenden Systemen erwartet wird als tatsächlich möglich ist, ist die Gesamtwahrnehmung des Themas eindeutig positiv. Diskussionen rund um das Thema Sicherheit der Fahrautonomie sind darüber hinaus unerlässlich. Gerade die Einschätzungen und Wahrnehmungen der potenziellen Kunden sollte hierbei gehört werden. Nur so kann ein umfassend zufriedenstellendes Produkt entwickelt werden, dass sowohl technisch als auch affektiv bedeutsam ist. Geplant ist eine Reproduktion der User Experience Studie durch das ZEF sowie durch Partnerhochschulen in Italien, Frankreich, Spanien und England. Ein länderübergreifender Datenvergleich, welcher dadurch möglich wird, ist sowohl aus wissenschaftlicher Perspektive, aber auch für OEM, höchst interessant. Zudem sollen durch den Einsatz von EEG und Eye-Tracking Systemen während einer Testfahrt auch kognitive Aspekte hinsichtlich des autonomen Fahrens untersucht werden. dem Fahrzeug hinsichtlich seiner Funktionalität vertrauen und sich darauf einlassen. Im Rahmen dieser Studie erwies sich das Konzept des Tesla Model S als vielversprechender. Klare Umgebungsanzeigen sowie Licht- und Akustiksignale zeigen dem Fahrer hier permanent an, ob automatisierte Funktionen einsatzbereit bzw. aktiv sind. Testfahrer der Mercedes-Benz E-Klasse äußerten sich diesbezüglich kritischer. Tiefergehende Analysen zeigen neben diesen qualitativen sowie rein deskriptiven Ergebnissen weitere interessante Erkenntnisse auf. Demnach haben positive Wahrnehmungsfaktoren, wie ein potenzieller Freizeitgewinn, oder der Ausgleich menschlicher Schwächen einen größeren Einfluss auf das Wohlbefinden bzw. den wahrgenommenen Gesamtwert des autonomen Fahrens als negative Wahrnehmungsfaktoren, wie beispielsweise die Angst vor Technikversagen. Darüber hinaus zeigt sich, dass bei den bestehenden teilautomatisierten Fahrfunktionen insbesondere solche einen hohen Erklärungsbeitrag bezüglich Nutzenwahrnehmung und Innovationsakzeptanz liefern, die als innovativ, aber bereits gut funktionierend wahrgenommen werden. Dazu gehören der Spurhalteassistent und der Geschwindigkeitsassistent. Genau diese Systeme sollten daher im Mittelpunkt der Kommunikationsstrategie von OEM stehen. Assistenzsysteme, die einerseits bereits lange etabliert (zum Beispiel der Parkpilot) oder andererseits, zwar vielversprechend, technisch jedoch noch nicht ausgereift erscheinen (zum Beispiel ein Spurwechselassistent), sollten hingegen in den Hintergrund rücken. Da im aktuell verfügbaren Level 2 der Fahrautonomie ein vollständiges Abwenden vom Fahrgeschehen unmöglich ist, sollten Automobilhersteller Themen wie Freizeitzugewinn bzw. Entspannung während der Autofahrt ebenso wenig offensiv bewerben. Diese Aspekte erscheinen überhaupt erst gerechtfertigt, wenn das Level 3 beziehungsweise Level 4 erreicht wurde. Dieses Vorgehen verhindert darüber hinaus unnötige Enttäuschung bei potenziellen Kunden. Transparenz und Klarheit über die tatsächliche Leistungsfähigkeit des autonomen Fahrens wird mit Sicherheit der erste Schritt sein, um Begeisterung und Präferenz bei den potenziellen Kunden auszulösen. Vermutet wird, dass mit der bereits hohen Nutzungsbereitschaft künftig auch eine höhere zusätzliche Zahlungsbereitschaft für autonome Fahrfunktionen einhergehen kann, wenn Hersteller die identifizierten Wahrnehmungs- und Bewertungstreiber verstärkt berücksichtigen. Dr. Sarah Selinka Wissenschaftliche Mitarbeiterin Zentrum für empirische Forschung (ZEF) Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart Kontakt: Sarah.Selinka@dhbw-stuttgart.de AUTORIN Hier klicken Sie richtig! IV online: Neuer Look - mehr Nutzen Die Webseite von Internationales Verkehrswesen hat ein neues Gesicht bekommen. Die aktuellen Webseiten unseres Magazins bringen eine frische Optik und eine Reihe neuer Funktionalitäten. Vor allem aber: Die Webseite ist im Responsive Design gestaltet - und damit auch auf Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets bestens lesbar. Schauen Sie doch einfach mal rein! Informiert mit einem Klick Das finden Sie auf www.internationalesverkehrswesen.de:  Aktuelle Meldungen rund um Mobilität, Transport und Verkehr  Termine und Veranstaltungen in der aktuellen Übersicht  Übersichten, Links und Ansprechpartner für Kunden und Leser  Autoren-Service mit Themen, Tipps und Formularen  Beitragsübersicht und Abonnenten-Zugang zum Heftarchiv © Clipdealer www.internationalesverkehrswesen.de Trialog Publishers Verlagsgesellschaft Eberhard Buhl M.A., Dipl.-Ing. Christine Ziegler VDI Schliffkopfstraße 87 | 72270 Baiersbronn-Buhlbach + 49 (0)7449.91386.43 | office@trialog.de 72 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Kritische Fragen zur Ladesäulen-E-Mobilität Technische Unzulänglichkeiten, Sicherheitsfragen und hohe Kosten sind ungeklärt Elektromobilität, Ladesäulen, Stromnetz, Kosten, Stadtgestaltung Rainer Hamann Elektromobilität ist beschlossene Sache, an den Straßen stehende Stromladesäulen sind ihre sichtbaren Zeichen. Generell mag Elektromobilität aus technischer und langfristig aus ökologischer Sicht ja gut sein, aber aus gestalterischen, ästhetischen und städtebaulichen Gesichtspunkten sind es Ladesäulen sicher nicht. Ungefähr jedem dritten Straßenrandparklatz müsste eine Ladesäule zugeordnet werden, die - natürlich - auf dem Bürgersteig steht. Spinnennetzartig legen sich Ladekabel über die Straßenränder und werden zu Stolperfallen für Fußgänger. Straßenraumgestaltung, Aufenthaltsqualität sind dahin, wo bleibt der Aufschrei der Stadtplaner? Weitere offene Fragen und ungeklärte technische Randbedingungen wie die Sicherheit, zu der man bisher populärwissenschaftlich fast gar nichts lesen konnte, werden hier thematisiert. © pixabay THEMA Sicherheit im Stadtraum 73 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES Sind E-Antriebe das Non-plus-Ultra? Vielversprechende Innovationen machen Mut. Eine Studie des Umweltbundesamtes [1] behauptet, dass der Umstieg auf Elektromobilität aus volkswirtschaftlichen Kostengesichtspunkten im direkten Vergleich mit anderen treibhausgasneutralen Antriebs- und Kraftstoffoptionen am besten abschneidet. Dagegen kommt das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut in einer kompletten Lebenszeit-Analyse [2] zu dem Schluss, dass E-Mobilität unter den gegebenen Rahmenbedingungen in Deutschland noch nicht sinnvoll ist, unter anderem deshalb, weil noch auf Jahre hinaus deutscher Strom mit hohem Kohleanteil produziert wird. Eine schwedische Untersuchung [3], hat ergeben, dass bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien so viel CO 2 entsteht, wie es ein Auto mit herkömmlichem Verbrennungsmotor in acht Jahren produzieren würde. Wird berücksichtigt, dass die Lebensdauer der Batterie durchschnittlich nur bei sieben Jahren liegt, ist der E-Antrieb in der Schadstoffbilanz sogar schlechter als heutige Verbrennungsmotoren. Auto-Bild 41 vom 13. Oktober 2017 schreibt, dass zur Herstellung eines E-Golfs 45 % mehr CO 2 verbraucht wird als für einen herkömmlichen Golf TSI. Zunächst müssen mindestens die Rahmenbedingungen, wie leistungsfähige Stromnetze, Speichermedien mit höheren Kapazitäten sowie intelligent gesteuertes Laden und Autos zu erschwinglichen Preisen erfüllt sein, um ehrgeizige Ziele zur Ladesäulen-E-Mobilität erreichen zu können. Zudem ist heute das Stromtanken an kostenpflichtigen Ladesäulen teurer als herkömmliche Kraftstoffe, die E-Autos sind allemal viel teurer als vergleichbare konventionelle. Da wäre es doch wohl ökonomisch, ökologisch und technologisch sinnvoller, wenn andere Antriebs-Techniken (CNG/ LNG, synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff/ Brennstoffzelle, bzw. Antriebe mit Elektromotoren - Generator-elektrische Verbrennungsmotoren [4], Generator-elektrische Antriebe [5], E-Motoren mit Flußzellensystem-Antrieb [6], Planetenmotor [7]) - ebenfalls weiter verfolgt würden. Sinnvolle bi-direktionale Schnellladestationen für Eigenheimbesitzer sind noch in der Entwicklung [8], ebenso fehlen Schnelladesäulen in Parkhäusern und Mehrfamilien-Eigentumswohnungsobjekten, in denen die Besitzer allein Anschlusskosten von mindestens 25 000 EUR stemmen müssten. Die Einrichtung von Ladestationen an oder in Mietshäusern und Wohneigentumsanlagen ist (immer)noch rechtliche Grauzone. Technische Unzulänglichkeiten sind zu lösen Von Anfang an setzte die internationale Automobilindustrie auf ein antiquiertes Ladesystem mit Stecker, noch dazu erfand jeder sein eigenes System. Mittlerweile werden Stecker und Schnittstellen standardisiert, aber selbst dabei gibt es Kartelle mit Produkten, die weiterhin nicht mit anderen kompatibel sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ladesäulenanbieter wiederum diversifiziert sind. Das heißt: Ein E-Autonutzer kann nicht sicher sein, dass, wenn er endlich eine Ladesäule mit richtigem Stecker und benötigter Ladeleistung gefunden hat, hier auch seine Bezahlkarte akzeptiert wird. Erst 2017 wurde der VDE/ DKE-Arbeitskreis „Backend Kommunikation für Ladeinfrastruktur“ gegründet und die neue Normenreihe IEC 63110, die ein standardisiertes Management von Ladevorgängen zum Ziel hat, initiiert [9]. Ladesäulenanbieter haben allenfalls ein Interesse, mit Fördermitteln da Ladesäulen zu errichten, wo die nötige Stromleitungsinfrastruktur verfügbar ist. Denn die Einnahmen liegen pro Ladevorgang meist im einstelligen Eurobereich. Denn der Stromladevorgang dauert im Vergleich zum Kraftstofftanken oft noch viel länger, dementsprechend können nur wenige niedrige Einnahmen generiert werden - das Geschäft lohnt sich nicht. Zunächst kostenlose Aufstellungen gehen schnell in kostenpflichtige über. Deshalb liegen sogar vielenorts die Ladekosten über denen herkömmlicher Kraftstoffe. In der ZDF-Sendung planet-e [10] wurde anschaulich dargestellt, dass selbst künftig 50 Mio. Elektrokraftfahrzeuge nur 20 % vom gesamten Stromverbrauch beanspruchen würden und die Kapazitäten dafür schon heute bereitstünden. Problem sind aber unsere zu schwachen Stromnetze, diese müssten dringend entsprechend aufgerüstet werden. Vor allem sind Ertüchtigungen und Neubauten von Unterwerken (Umspannwerke zur Einspeisung bzw. Transformation elektrischer Energie verschiedener Spannungsebenen) zwingend, teilweise könnten auch Pufferspeicher helfen. Die zuständige Bundesnetzagentur sieht derzeit aber noch keinen Handlungsbedarf. In den Innenstädten wird es sehr schwierig sein, für Unterwerke die nötigen Flächen zu finden. Jedes größere Parkhaus bräuchte einen eigenen Transformator. Die Gesamtkosten der Stromnetzertüchtigung in Deutschland werden auf rund 30 Mrd. EUR geschätzt. Planer sind gehalten, mit ihren Baumaßnahmen im Hoch- und Tiefbau bereits Plätze für Unterwerke einzuplanen bzw. überall Leerrohre mit zu verlegen. 74 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Umsetzungsprobleme Wer soll die nötige Infrastruktur bezahlen? Wer kann und soll für induktive Ladeplätze aufkommen? Klamme Kommunen? Energieunternehmen? E-Auto- Hersteller? Grundbesitzer? Arbeitgeber? Einzelhandel und Gewerbe? Die Bürger und Stromkunden? Wahrscheinlich zahlen, wie gewöhnlich, die Strom- Verbraucher - also letztlich alle Bürger - die Zeche. Verbraucherschützer protestieren bereits, gerechter wäre eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt. Bis rund 10 000 EUR kostet allein eine normale Ladesäule, Turbo-Stromspender etwa das Dreifache. Um die Investitionskosten wieder herein zu holen, wird auch nach Ladezeit abgerechnet und das ist zum Beispiel in Berlin teurer als normalen Kraftstoff zu tanken. Am billigsten lädt man zu Hause. Schnellladekapazitäten mit bis zu 150- kW (940- Volt Gleichstrom) sind derzeit praktikabel möglich. Der Strom muss aber auch erst mal zur Säule kommen (Verteilnetzausbau), eventuell müssen erst noch Unterwerke mit hohem Kostenaufwand ausgebaut werden. Können die Kommunen verpflichtet werden, im öffentlichen Raum Parkflächen und Ladesäulen sowie die dazu erforderliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen? Zumindest solche Städte und Gemeinden, die einem Haushaltsicherungsverfahren unterliegen, dürften diese (noch) freiwilligen, zusätzlichen Kosten nicht übernehmen können. Im Gegenteil: Gerade solche Kommunen müssten für diese „Sondernutzung“ einen Mietzins von den Betreibern verlangen, was diese dann aber wohl - wie allenthalben üblich - an die Verbraucher weitergeben werden. Aufbau und Betrieb können in Eigenleistung durch Kommune bzw. kommunale Unternehmen oder privatwirtschaftlich erfolgen. Kommunen sollten sich also zunächst fragen, ob sie Elektromobilität nutzen wollen, um sich zu positionieren und kommunale Ziele zu erreichen. Auch wenn Verbände und Industrie versuchen, für die Elektromobilität Daseinsvorsorge einzufordern, gilt hierbei immer noch das Subsidiaritätsprinzip. Sinnvoll ist es, ein kommunales Elektromobilitätskonzept aufzustellen und in einer Satzung bzw. in Konzessionsverträgen festzusetzen, wo und wie sich grundsätzlich die Ladeinfrastruktur in der Kommune entwickeln soll [11] [12]. Das BMVI hat einen „Prozessleitfaden zur rechtssicheren Errichtung und Organisation von AC/ DC-Infrastruktur“ [13] herausgegeben, der eine gute übersichtliche Handreichung darstellt. Die Separierung des Parkraums wird bei einer Ladesäulentechnik zunehmen: Ähnlich, wie bei Car- Sharing-Fahrzeugen, für die seit kurzem privilegierte Stellplätze reserviert werden können, regelt die StVO bereits seit 2015 durch das Verkehrszeichen 314 (Parkplatz) mit den Zusatzzeichen 1026-60 oder 1026-61 die Beschilderung für Ladeparkplätze für E- Fahrzeuge (Bilder 1 bis 3). Das wird vielen Autofahrern mit Verbrennungsmotoren ungeahnte Toleranz abverlangen. Der Ladeplatz kann kein Dauerparkplatz sein, deshalb sollte, wenn die Säulen entweder reine Normal- oder Schnellladesäulen wären, bei der letzteren auch eine maximale Parkdauerbeschränkung ausgesprochen werden. Laut Urteil des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg (Az. 227 C 76/ 16) [14] dürfen Elektroautos nur auf dem Parkplatz einer Ladestation parken, wenn der Wa- Bild 3: Zusatzzeichen 11026-61. © StVO Bild 4: An Deutschlands zukünftig größtem und innovativstem Schnellladestandort „Sortimo- Innovationspark Zusmarshausen“ entstehen 144 Schnellladestationen [15]. © Sortimo International GmbH, Zusmarshausen Bild 1: Verkehrszeichen 314: Parkplatz. © StVO Bild 2: Zusatzzeichen 1026-60. © StVO THEMA Sicherheit im Stadtraum 75 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES gen dort auch tatsächlich auflädt. Solange das Ladenetz noch so lückenhaft ist, sind potenzielle Nutzer aber sicherlich nicht bereit, ihr E-Auto an eine entfernte Ladesäule zu stellen und ständig zu schauen, ob der Ladevorgang beendet ist. Abschleppaktionen und viel Ärger sind programmiert. Sinnvoll sind gebündelte Stromtankstellenanlagen, eine solche entsteht beispielsweise gerade mit dem Sortimo-Innovationspark in Zusmarshausen bei Stuttgart (Bild 4) [15]. Hier wir der Nutzer nach digitaler Registrierung über eine Nummernschilderkennung erfasst und der passenden Ladesäule zugewiesen. Das laufende Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums umfasst 300 Mio. EUR. Ziel ist es, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur mit bundesweit weiteren 15 000 Ladesäulen aufzubauen. Mit 200 Mio. EUR soll der Aufbau von 5000 Schnellladestationen (S-LIS) unterstützt werden, und mit 100- Mio. der Aufbau von 10 000 Normalladestationen (N-LIS). In einem weiteren Programm, das 250 Mio. EUR umfasst, will die Bundesregierung aber auch Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik fördern. Förderfähig sind Fahrzeuge (Straße, Schiene, Wasser) und Sonderfahrzeuge in der Logistik sowie die dazugehörige Betankungsinfrastruktur, Elektrolyseanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff, nicht-stationäre Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen und autarke Stromversorgung für kritische oder netzferne Infrastruktur. Bewerben können sich Städte, Gemeinden und private Investoren. Ästhetische Probleme Gerade machen sich Städtebauer und Verkehrsplaner wieder mehr Gedanken um den Straßenraum und seine Aufenthaltsqualitäten. Aktuell stehen vielerorts der Fußverkehr und die Nahmobilität im Fokus. Ein unübersehbares Problem sind heute allenthalben die viel zu schmalen Gehwege, die oft zusätzlich mit Sondernutzungen legal und illegal zugestellt werden: Verkehrszeichen, Beleuchtungs- und andere Masten, Stromkästen, Mülleimer, Briefkästen, Hydranten, Feuermelder, Toilettenanlagen, Litfaßsäulen, Bänke, Fahrradständer, wild abgestellte Zweiräder, Bäume, Parkautomaten und -uhren, Werbeträger, Ladenauslagen und Freisitze sowie radelnde Kinder mit ihren erwachsenen Begleitungen, Skater, Inliner, Rollstuhl- und Scooterfahrer, Kinderwagen, demnächst also noch Ladesäulen und neuerdings selbstfahrende Lieferroboter und möglicherweise schweben noch aus der Luft liefernde Drohnen ein. Nein, zu Fuß gehen ist heute an vielen Orten kein Vergnügen (Bilder 5 bis 8). Doch mit dem Auto kann man ungestört und unbehindert auf der Einrichtungsfahrspur der Straße fahren. Wohin die Ladesäule, Hilfsmittel des Autoverkehrs, gestellt werden soll, wird gar nicht erst diskutiert. Ebenso wie Verkehrszeichen und Parkautomaten kommt sie völlig unstrittig auf den Bürgersteig. Eigentlich müsste es generell für solche „Einbauten“ einen rund einen Meter breiten Extrastreifen zwischen Bordsteinkante und Gehweg geben. Zumindest in den innerstädtischen, dicht bebauten, städtischen Wohngebieten wird nach den heutigen Vorstellungen mindestens jeder dritte Parkplatz eine Ladesäule bekommen müssen, um die Versorgung der E-Autos sicherzustellen. Hinzu kommen Verkehrszeichen und oftmals werden die Ladeplätze auf der Straße mindestens markiert, sie können auch mit einem Logo versehen oder sogar farbig herausgehoben werden. Das sieht einfach hässlich aus - Stadtgestaltung ade. Bild 5: Zugestellter Bürgersteig © Hamann Bild 6: Campus of Portland State University in Portland, Oregon, USA. © Cahpcc_20120816_ electric avenue 004_ Creative Commons CC-Zero CC BY-SA 1.0 76 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum Sicherheitsfragen, Vandalismus und Verletzungsgefahren Natürlich bauen die Hersteller von Ladesäulen diese nach den heute üblichen Standards, die aber je nach Leistungsabgabe unterschiedlich sind. Ladesäulen müssen technische Normen [16] und die Ladesäulenverordnung [17] erfüllen, zum Beispiel geerdet werden und über einen Anprallschutz verfügen. Sie benötigen zusätzlichen Leitungsschutz mit ausreichenden Isolierungen (IP-Schutzklasse) und müssen integrierte Fehlerstromschutzschalter haben, spezifisches Brandverhalten aufweisen und einer Schlagfestigkeitsklasse genügen (d.h. nach Einschlagen des Gewichtes dürfen Türen usw. nicht aufspringen). Zu einem sicheren Ladevorgang gehört auch die Überwachung des Ladestroms. Kommt es beispielsweise bei hohen Außentemperaturen oder durch Überlastung zu einer Überhitzung des Systems, wird der Ladevorgang abschaltet oder die Ladeleistung herunterstuft. Einen guten sicherheitstechnischen Überblick gibt die Broschüre „Elektrische Sicherheit für die Elektromobilität“ [18]. Neben unterschiedlichen Steckersystemen müssen ab dem 14.-Dezember 2017 in Betrieb genommene Ladesäulen verschiedene Bezahlsysteme anbieten, entweder kostenlos, per Barzahlung, per ECbzw. Kreditkarte, oder über eine webbasierte Anwendung. Ist die Datensicherheit gegeben? Müssen wir damit rechnen, dass wie am Bankautomaten demnächst an Ladesäulen Missbrauch und Betrugsfälle auftreten? Sowohl das Bezahlsystem als auch die Ladetechnik müssen regelmäßig gewartet werden. Bei der Dekra heißt es auf ihrer Homepage [19] dazu: „Jede Ladesäule und jede Ladesteckdose muss regelmäßig geprüft werden, damit ein sicherer und zuverlässiger Betrieb möglich ist. Dabei werden die Sicherheitssysteme überprüft. Dazu gehören unter anderem elektrische und mechanische Sicherungseinrichtungen. Je nach Aufstellungsort und Nutzung sind dabei unterschiedliche Prüffristen und Bedingungen zu beachten.“ Kommunen, Firmen, Private schließen in der Regel Wartungsverträge mit den Herstellern - möglicherweise über Kooperationspartner in der Region - ab. Es sollten rund um die Uhr Reparaturserviceteams der Hersteller im Einsatz sein. Wenige Hersteller geben Garantien, innerhalb welcher Zeitspannen Schäden behoben werden und eine Säule wieder funktionsfähig ist. Das ist aufgrund der Komplexität möglicher Schäden meist nicht möglich, denn nicht alle Ersatzteile sind vor Ort verfügbar. Einige Hersteller vermitteln auch Versicherungen. Alle diese Kosten werden sicher dem Nutzer eingepreist oder gar auf alle Stromkunden umgelegt. Übrigens sollten Ausschreibungen hinreichend spezifiziert sein und die einschlägigen Vorschriften benannt, bzw. auf die einschlägigen Leitfäden und deren Anwendung verwiesen werden, damit es später keine unliebsamen Überraschungen gibt. Bei ordnungsgemäßer Herstellung, beim Bau und im Betrieb sind Stromschläge und Brände nach technischem Stand ausgeschlossen. Wenn allerdings ein Auto in eine Ladesäule fährt, bzw. sie gar umfährt, Bild 8: Elektroauto Auflade Parkplatz Bellealliancestraße, Hamburg Eimsbüttel. 23.11.16 © Vitavia - CC-BY-SA 4.0, https: / / creativecommons.org/ licenses/ by-sa/ 4.0/ deed.en Bild 7: Ladesäulen in einer Wohnstraße in Oslo © Sabrina Bayer, Oslo THEMA Sicherheit im Stadtraum 77 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES ist es nicht auszuschließen, dass Teile abreißen können. Im Normalfall sollte auch hierbei nichts passieren, unter Umständen könnten aber Personen durch Berühren schutzloser Teile oder gerissener Kabel usw. Schaden nehmen. Sollte jemand gar mit einem Bolzenschneider das Ladekabel an einer Hochleistungsladesäule unter Strom kappen, dürfte der Starkstromschlag für den Vandalen schmerzlich oder sogar tödlich ausgehen; es besteht theoretisch die Gefahr, dass ein Lichtbogen entsteht. Ladesäulen können auch mutwillig demoliert, Steckdosen und Bezahlschlitze verklebt und damit unbrauchbar werden. Steckdosen in der Wohnung schützen wir mit Kindersicherungen, für Ladesäulen braucht es die nicht, denn der Ladestrom fließt erst, wenn die Ladeleitung in der Säule und im Auto gesteckt und beide verriegelt sind, erst dann wird das sogenannte Schütz freigeschaltet. Ein Abziehen unter Last ist daher nicht möglich. Auch kann man nicht aus Versehen abfahren, denn mit gestecktem Ladestecker lassen sich moderne Elektroautos nicht starten. Sollte ein E-Auto einen Unfall haben, brauchen die Rettungskräfte, so wie sie über den spezifischen Einbau von Druckkartuschen für Airbags Bescheid wissen, nun hier spezielle Kenntnisse im sicheren Umgang mit potenzieller Hochspannung. Wie für die Lage der Airbag-Kartuschen gibt es von den Herstellern der E-Autos entsprechende Vermerke in den Rettungskarten, wo Hochvoltkomponenten verbaut sind und an welchen Stellen das Fahrzeug gefahrlos aufzuschneiden ist. Der ADAC hat jüngst wieder Rettungstests durchgeführt und keine Materialprobleme bei der sogenannten technischen Rettung festgestellt. [20] Oftmals queren Fußgänger Straßen und gehen dabei in Parkstreifen zwischen abgestellten Autos durch. Hier hängen in Zukunft Ladekabel, die zu Stolperfallen werden. Nicht immer sind die Ladekabel beispielsweise signalgelb eingefärbt und spiralförmig - und damit auffälliger - gespannt. Der E-Autohalter wird wohl für Sach- und Personenschäden aufkommen müssen, so wie es heute bereits eine Verkehrssicherungspflicht gibt, die zum Beispiel die Straßenbaulastträger und privaten Eigner in die Pflicht nimmt, wenn Fußgänger über Unebenheiten fallen und sich verletzen. Das dürften auch neue Tatbestände für die Kfz-Haftpflichtversicherung von E-Autos sein, die sicher die Prämienhöhe beeinflusst. Verunreinigungen sind ein weiteres Thema: Ladesäulen im öffentlichen Raum haben keine fest angeschlossenen Ladekabel, sondern die bringt der Autofahrer mit. Wer würde schon gerne sein Ladekabel zusammenrollen und in den Kofferraum neben die eben gekauften Lebensmitteleinkauf legen, wenn vorhin ein Hund darüber gepinkelt hat? Fazit Elektroautos sind okay, einzelne, die Stadtgestalt beeinträchtigende Stromladesäulen sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Neue Forschungsergebnisse in Motor- und Batterietechnik - auch für den Elektroantrieb- lassen darauf hoffen, dass es gelingt, Serienreife zu erlangen, eine schnelle Verbreitung zu finden und einzelne Ladesäulen auf Bürgersteigen obsolet werden zu lassen. Kommunen sollten sich in einem Elektromobilitätskonzept zukunftsträchtige Gedanken machen und vorher die Netzkapazitäten und Transformatoren-Verfügbarkeit prüfen lassen. In einer Satzung können sie Grundsätze festlegen, wo und wie Ladesäulen aufgestellt werden können. Antriebstechniken, die gesetzte Emissionsgrenzwerte einhalten, sollten auch künftig fahren dürfen. Die digitale Technik wird, schneller als wir heute denken, unsere heutige Verkehrsmittelwahl verändern. Wir brauchen darauf ausgerichtete Entwicklungen. Wir sollten heute nicht auf immens teure Techniken von gestern setzen; einzelne öffentliche Stromladesäulen sind bereits heute antiquiert, vielmehr macht es Sinn, sie in Sammel-Schnellladeanlagen zu bündeln. Sage niemand, er hätte es nicht gewusst. LITERATUR [1] Hrsg. Bundes Umweltamt (UBA): Texte | 72/ 2016, öko-Institut e.V., Erarbeitung einer fachlichen Strategie zur Energieversorgung des Verkehrs bis zum Jahr 2050, Dessau-Roßlau, November 2016 (letzter Zugriff 17.10.2017: https: / / www.umweltbundesamt.de/ publikationen/ erarbeitung-einer-fachlichen-strategie-zur) [2] UIP Umwelt- und Prognose-Institut e. V.: Ökologische Folgen von Elektroautos - Ist staatliche Förderung von Elektro- und Hybridautos sinnvoll, UIP-Bericht Nr. 79, August 2015, 2. Aktualisierte Auflage August 2017 (letzter Zugriff: 16.10.17: http: / / www.upi-institut.de/ UPI79_Elektroautos.pdf) [3] IVL Swedish Environmental Research Institute Ltd.: Report number C 243, Mia Romare, Lisbeth Dahllöf, Mia Romare, Lisbeth Dahllöf, The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries, Stockholm (letzter Zugriff 17.10.17: http: / / www.ivl.se/ download/ 18. 5922281715bdaebede9559/ 14960 4 6218976/ C24 3+The+life+c ycle+energ y+consumption+and+CO 2+emissions+from+lithium+ion+batteries+.pdf ) Darüber berichtet die schwedische Fach-Zeitschrift „Ingeniøren“. - (letzter Zugriff 17.10.17: https: / / ing.dk/ artikel/ svensk-undersoegelse-produktionelbiler s bat terierudleder-tons v is co2-20 0 0 8 0) In Deutschland berichten erstmals die Zeitungen der shz-Gruppe am 13.06.2017. (letzter Zugriff 17.10.17: https: / / www.shz.de/ deutschland-welt/ schwedische-untersuchung-akkus-in-elektroautosbelasten-das-klima-id17046871.html) 78 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES THEMA Sicherheit im Stadtraum [4] Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF: Elektrotraktion ohne Reichweitenproblem, GEV/ one: Generator-elektrisches Versuchsfahrzeug, 17.10.2017; (letzter Zugriff 22.10.17: https: / / www.lbf.fraunhofer.de/ de/ forschungsbereiche/ systemzuverlaessigkeit/ gevone-generator-elektrisches-versuchsfahrzeug-elektrotraktion.html) [5] Volker Schneider: Rettung-der-Erde.de; Elektro-Auto und Zwei-Liter-Auto, Generator-elektrischer Antrieb, 22.082014; (letzter Zugriff 22.10.17: http: / / www.rettung-der-erde.de/ GeneratorElektrischerAntrieb.htm) [6] E-und-E-Magazin, 12.04.2017, Energy 4.0, Levenstein, Elektroantrieb auf Basis regelbarer Flusszellen - 1000 Kilometer in unter 9 Stunden mit Flusszellen- Sportwagen; (letzter Zugriff 18.10.17: http: / / www.industr.com/ de/ E-und-E-Magazin/ corporate-channel/ publish-industry-verlag-gmbh-12550/ kilometer-instunden-mit-flusszellen-sportwagen-2282041) und E-und-E-Magazin, 13.08.2017: Neuer Meilenstein für E-Mobility, Flusszellen-Rennwagen knackt 100 000 Kilometer; (letzter Zugriff 18.10.17: ht t p: / / w w w. indu s tr. com / d e / E n e r g y - M a g a z in / energiespeicher/ flusszellen-rennwagen-knacktkilometer-2 3 036 81? sc _ ref_ id=24 4 6 0 02811& sc _ usergroup= E4 0&utm _ source=newsletter&utm _ medium=E40&utm_campaign=2017-35-242) [7] TU Wien, Presseaussendung 22/ 2017, 21.04.2017, Florian Aigner, Der Planetenmotor: TU Wien präsentiert neuartigen Elektroantrieb; (letzter Zugriff 22.10.17: https: / / www.tuwien.ac.at/ aktuelles/ news_ detail/ article/ 124899/ ) [8] Hochschule Osnabrück, Nachrichten, Hochschule auf der Hannover Messe: Das Elektroauto als Energiespeicher nutzen, 18.04.2017; (letzter Zugriff 22.10.17: https: / / www.hs-osnabrueck.de/ de/ nachrichten/ 2017/ 04/ hochschule-auf-der-hannover-messe-das-elektroauto-als-energiespeicher-nutzen/ [9] Verband Deutscher Ingenieure VDE, Presse, 07.07.2017, Elektromobilität: VDE/ DKE machen den Weg frei für Ladesäulen, (letzter Zugriff 22.10.17: https: / / www.vde.com/ de/ presse/ pressemitteilungen/ vde-dke-machen-den-weg-frei-fuer-ladesaeulen) [10] ZDF, 5.10.17, 21: 45 Uhr, planet)e, Risiko Elektroauto - Stromnetz am Limit? (letzter Zugriff 18.10.17: https: / / www.zdf.de/ dokumentation/ planet-e/ planet-e-risiko-elektroauto---stromnetz-am-limit-100. html) [11] Bayerischer Gemeindetag, Stefan Graf, Präsentation, Elektromobilität (aus der Sicht von Gemeinden), 30.06.2016, (letzter Zugriff 17.10.2017: https: / / static1.squarespace.com/ static / 58e21c- 3b6b8f5b410f708afb/ t/ 58e3d2e303596e54866239 0c/ 1491325678471/ S1_6_Gemeindetag_+Graf.pdf) [12] Becker+Büttner+Held (BBH) - Lange-Ringwald, Präsentation, Der rechtssichere Aufbau einer Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum, Konferenz Kommunales Infrastruktur-Management, Berlin, 1.6.2012 ; (letzter Zugriff 18.10.17: https: / / www.kim. tu-berlin.de/ fileadmin/ fg280/ veranstaltungen/ kim/ konferenz_2012/ vortraege/ vortrag---ringwald.pdf) [13] Hrsg. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Prozessleitfaden zur rechtssicheren Errichtung und Organisation von AC/ DC-Infrastruktur, 2. überarbeitete Auflage, 2017 (letzter Zugriff: 16.10.17: http: / / www.startersetelek tromobilit ät.de / content / 3 - Infothek / 3 - Publikationen/ 1-prozesssicherheit-ac-dc-li/ now_ prozessleitfaden-acdc-infrastruktur_170613.pdf) [14] Gerichte Berlin; (letzter Zugriff 22.10.17: https: / / w w w.berlin.de/ gerichte/ presse/ pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/ 2017/ pressemitteilung.546630.php) [15] Sortimo International GmbH, Ihr Partner für Fahrzeugeinrichtungen, 86441 Zusmarshausen; (letzter Zugriff 11.10.17: https: / / www.sortimo. d e / s e r v i c e ko nt a k t / pr e s s e infor m a tio n e n / d e t ail/ sor timo innovationspark-zusmar shaus en z u k u n f t s w e i s e n d e s p r o j e k tw ir d u m g e s e t z t / Rabbit Publishing GmbH, Redaktion electrive.net, Berlin; (letzter Zugriff 11.10.17: https: / / www.electrive.net/ 2017/ 09/ 01/ sortimo-innovationspark-zusmarshausen-wird-umgesetzt/ ) [16] RL 2014/ 94/ EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vom 22. Oktober 2014 (AFI-RL), umzusetzen bis 18.11.2016 (Verpflichtung, nationaler Strategierahmen, einheitlicher Stecker/ Kupplungen, intelligente Stromzähler, punktuelles Aufladen u.a.) Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobilitätsgesetz - EmoG) vom 5. Juni 2015 (BGBl. I S. 898) (E-Kennzeichen, Ermächtigung für Kommunen von Privilegien) Sowie weitere VDE-Normen und DIN, DIN EN [17] Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile (Ladesäulenverordnung - LSV), vom 9. März 2016 (BGBl. I S. 457), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 1. Juni 2017 (BGBl. I S. 1520) geändert worden ist. [18] Hrsg. Bender GmbH & Co. KG, 35301 Grünberg, Elektrische Sicherheit für die Elektromobilität, 14.10.2015; (letzter Zugriff 25.10.2017: https: / / www.bender.de/ fileadmin/ content/ Products/ b/ d/ Emobilit y_ PRO - SP_de.pdf) [19] DEKRA e.V., (letzter Zugriff 9.10.1: http: / / w w w . d e k r a e l e k t r o m o b i l i t a e t . d e / d e / f a q ladeinfrastruktur#Wissenswertes-zur-Ladeinfrastruktur) [20] ADAC e. V., Pressemitteilung: Sichere Rettung aus Stahl und Strom - ADAC Unfallforschung testet Personenrettung aus Elektrofahrzeug: Schneiden und Spreizen unter erschwerten Bedingungen erfolgreich; (letzter Zugriff 25.10.2017: https: / / presse. adac.de/ meldungen/ adacev/ tests/ rettung-ausstahl-und-strom.html) Der Artikel basiert auf einer kürzeren Fassung zum Thema „Elektromobilität mit unliebsamen Nebenwirkungen“ - in Planerin, Heft 5, 2017, Hrsg. Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplaner e.V., Berlin. AUTOR Dr.-Ing. Rainer R. Hamann Büro StadtVerkehr Planungsgesellschaft mbH & Co. KG Kontakt: hamann@buero-stadtverkehr.de 79 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Stadtraum Ende 2016 hat Hörmann die Mehrheit der Anteile des italienischen Unternehmens Pilomat übernommen. Das Unternehmen ist einer der weltweit führenden Anbieter von Pollern, Durchfahrtssperren, Hubbalken und Reifenkillern. Diese Produkte, die der Zufahrtskontrolle in privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereichen dienen, werden nun auch unter der Marke Hörmann angeboten. Das neue Produktprogramm von Hörmann umfasst zwei Produktlinien: Mit der Security Line bietet Hörmann zukünftig Poller zur Zufahrtskontrolle von privaten und öffentlichen Bereichen wie Fußgängerzonen, Parkplätze und Firmengelände an. Die Produkte der High Security Line ermöglichen die Zufahrtskontrolle von Hoch-Sicherheitsbereichen wie Regierungsgebäuden, Flughäfen, Veranstaltungsgeländen oder anderen sensiblen Bereichen. Zu der High Security Line gehören verstärkte Poller sowie Durchfahrtssperren für Durchfahrten bis sechs Meter Breite, Hubbalken für Durchfahrten bis zehn Meter Breite und Reifenkiller, die die Durchfahrt in eine Richtung gewähren und in die Gegenrichtung durch Aufschlitzen der Reifen die Weiterfahrt verhindern. Sie werden durch international anerkannte Crash-Tests von unabhängigen Prüfinstituten auf ihre Widerstandsfähigkeit zertifiziert. Für Notfälle ist eine optionale EFO-Steuerung (Emergency Fast Operation) erhältlich, mit der sich die Produkte innerhalb von 1,5 Sekunden heben. Bei den Pollern wird zwischen automatischen, halbautomatischen, feststehenden und ent- Zufahrtskontrollsysteme Hörmann erweitert sein Produktprogramm nehmbaren Pollern unterschieden. So kann beispielsweise auf einem Firmengelände das Gebäude ringsherum mit feststehenden Pollern gesichert werden, wohingegen die Zufahrten mit automatischen Pollern, die sich hydraulisch oder elektromechanisch heben und senken, ausgestattet werden. Der Vorteil bei Hörmann: alle Poller sind ansichtsgleich zueinander. Zu den Produkten der Zufahrtskontrolle liefert Hörmann das passende Bedienzubehör wie Standsäulen, Handsender, Codetaster, Fingerleser und einiges mehr. Alle automatischen Produkte können mit der von Hörmann entwickelten BiSecur Funktechnik kombiniert werden, die sich durch ein besonders sicheres Verschlüsselungsverfahren auszeichnet. Christoph Hörmann, persönlich haftender Gesellschafter der Hörmann Gruppe, sieht in dem neuen Produktprogramm eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Produkten: „Da wir bereits Hof-Schiebetore anbieten, die ebenfalls die Zufahrtskontrolle regeln, erschien es uns als logische Konsequenz, weiter in diesen Bereich zu investieren. Wir tragen damit dem verstärkten Sicherheitsbedürfnis im öffentlichen und gewerblichen Bereich Rechnung.“ Zudem biete das neue Produktprogramm Chancen für die bestehenden Hörmann Vertriebspartner mit einem noch breiteren Produktprogramm auf ihren bestehenden Märkten zu wachsen. Hörmann KG Verkaufsgesellschaft Upheider Weg 94-98 33803 Steinhagen info@hoermann.de www.hoermann.de Bild 1: Poller, die sich hydraulisch oder elektromechanisch heben und senken, werden zur Zufahrtskontrolle von privaten und öffentlichen Bereichen eingesetzt. © Hörmann Bild 2: Um eine Zufahrtskontrolle von Hoch-Sicherheitsbereichen zu ermöglichen, bietet Hörmann mit Produkten der High Security Line unter anderem verstärkte Poller sowie Durchfahrtssperren an. © Hörmann Bild 3: Reifenkiller gewähren die Durchfahrt nur in eine Richtung. Eine Weiterfahrt in die Gegenrichtung wird durch Aufschlitzen der Reifen verhindert. © Hörmann Bild 4: Hubbalken bis zu einer maximalen Breite von zehn Metern sind Bestandteil der High Security Line. Sie ermöglichen eine kontrollierte Ein- und Ausfahrt von Fahrzeugen und sind für hohe Nutzungsfrequenzen geeignet. © Hörmann 80 4 · 2017 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Kommunikation Impressum Transforming Cities erscheint im 2. Jahrgang Herausgeber Eberhard Buhl, M.A. Verlag Trialog Publishers Verlagsgesellschaft Eberhard Buhl | Christine Ziegler Schliffkopfstr. 22, D-72270 Baiersbronn-Buhlbach Tel. +49 7449 91386.36 · Fax +49 7449 91386.37 office@trialog.de · www.trialog.de Redaktionsleitung Dipl.-Ing. arch. Christine Ziegler VDI (verantwortlich) Tel: +49 7449 91386.43 Fax: +49 7449 91386.37 christine.ziegler@transforming-cities.de Anzeigen Tel. +49 7449 91386.46 Fax +49 7449 91386.37 anzeigen@trialog.de Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 2 vom 01.01.2017 Vertrieb und Abonnentenservice Tel. +49 7449 91386.39 Fax +49 7449 91386.37 vertrieb@trialog.de Erscheinungsweise Viermal im Jahr Bezugsbedingungen Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer des vereinbarten Zeitraumes (Vertragsdauer). Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist zum Ende des Berechnungszeitraumes schriftlich möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, verlängert sich der Vertrag und kann dann zum Ende des neuen Berechnungszeitraumes schriftlich gekündigt werden. Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages, bei Arbeitskampf oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Entschädigungsanspruch. Zustellmängel sind dem Verlag unverzüglich zu melden. Es ist untersagt, die Inhalte digital zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben, sofern nicht ausdrücklich vereinbart. Bezugsgebühren JahresAbo Print: gedruckte Ausgabe zum Jahresbezugspreis von EUR 120,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), zzgl. Versandkosten (Inland EUR 11,90, Ausland EUR 25,-) JahresAbo ePaper: elektronische Web-Ausgabe zum Jahresbezugspreis von EUR 120,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), ohne Versandkosten JahresAbo Plus (Print + ePaper): als gedruckte Ausgabe + elektronische Web-Ausgabe zum Jahresbezugspreis von EUR 160,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), zzgl. Versandkosten (Inland EUR 11,90 , Ausland EUR 25,-) StudiAbo ePaper: elektronische Web-Ausgabe. Reduzierter Jahresbezugspreis von EUR 80,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.). Eine aktuelle Studienbescheinigung ist Voraussetzung. Einzelheft Print: gedruckte Ausgabe zum Einzelbezugspreis von EUR 35,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), zzgl. Versandkosten (Inland EUR 3,-, Ausland EUR 6,50) Einzelausgabe ePaper: elektronische Web- Ausgabe zum Einzelbezugspreis von EUR 35,- (Inland inkl. MwSt., Ausland exkl. MwSt.), ohne Versandkosten Campus- und Firmenlizenzen auf Anfrage Organ | Medienpartnerschaft VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. - Fachbereich Verkehr und Umfeld Druck Grafik und Druck GmbH Peter Pöllinger, München Herstellung Trialog, Baiersbronn-Buhlbach, www.trialog.de Titelbild © ClipDealer Copyright Vervielfältigungen durch Druck und Schrift sowie auf elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Eine Publikation der Trialog Publishers Verlagsgesellschaft, Baiersbronn-Buhlbach ISSN 2366-7281 (print) www.trialog.de/ agb Die e*Message Wireless Information Services Deutschland GmbH startet die Multichannel- Alarmierungslösung „2wayS by e*Message“. Damit erweitert der Berliner Mobilfunknetzbetreiber sein umfassendes Angebot von Profi-Messaging-Diensten in den Bereichen Sicherheit, Benachrichtigung und Alarmierung um eine moderne Mehrkanal-Lösung, die die Verfügbarkeit und damit eine sichere Übertragung von Nachrichten erhöht und Kosten spart. Die neue Lösung gewährleistet die sichere Übertragung von Alarmierungen und Informationen an mobile Empfänger - flexibel, einfach und zuverlässig durch die Nutzung von zwei Kommunikationsnetzen, die für eine deutlich erhöhte Verfügbarkeit sorgen. Die Basis der sicheren Übertragung legt das deutschlandweit flächendeckend verfügbare Sicherheitsfunknetz, das von e*Message selbst betrieben wird. Europas größtes Sicherheitsfunknetz ist ein von öffentlichen Mobiltelefonnetzen unabhängiges, satellitengestütztes Funknetz mit rund 800 Sendestationen in ganz Deutschland. Auf diesem Weg können Alarmierungs- und Warninformationen gleichzeitig alle Adressaten erreichen - unerheblich, ob die Teilnehmergruppe 10 oder 10- Mio. Personen umfasst. „2ways by e*Message“ erweitert diesen bereits hochverfügbaren Kommunikationsweg um ein öffentliches Mobilfunknetz als zweiten redundanten Kommunikationskanal. Das sorgt für noch höhere Verfügbarkeit und noch bessere Erreichbarkeit. Zusätzlich zu den beiden Kommunikationsnetzen bietet „2wayS by e*Message“ auch einen Rückkanal für die optionale aktive Antwort des Adressaten. Die Lösung ist auch dann vollumfänglich einsetzbar, wenn die konventionellen Alarmierungsgebiete (Funkrufregionen in Deutschland und dem europäischen Ausland) verlassen werden. In der Praxis von Einsatz- und Rettungskräften kann das entscheidend sein. Die Entwicklung von „2wayS by e*Message“ wird deshalb gerade dort sehr begrüßt. „Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur sicheren und effizienten Kommunikation im Krisenfall“, sagt Uwe Kippnich, der vom Deutschen Roten Kreuz benannte Verantwortliche für eine Übung im Rahmen des Forschungsprojektes K3. Dort konnte er die Multichannel-Lösung in ihrer Testphase bereits unter die Lupe nehmen. Sicher, einfach und effizient - das sind Hauptmerkmale von „2wayS by e*Message“. Damit ist die neue Multichannel-Alarmierungslösung eine weitere Alternative für Einsatz- und Rettungskräfte aus Industrie, Wirtschaft und dem Sicherheits-Bereich. Mehr Wege für mehr Sicherheit Neue Multichannel-Alarmierungslösung „2wayS by e*Message“ e*Message Wireless Information Services Deutschland GmbH Schönhauser Allee 10-11 10119 Berlin info@emessage.de www.emessage.de © eMessage Intelligente Städte Am 5. März 2018 erscheint die nächste Ausgabe von Transforming Cities mit dem Themenschwerpunkt  Was macht Städte smart?  Digitalisierungsstrategien  Kommunale Daten als Basis neuer Dienstleistungen  Messen · Steuern · Regeln  IT-Sicherheit  Smarte Infrastrukturen  Wasserwirtschaft 4.0  Intelligente Beleuchtungskonzepte  Planung und Entwicklung resilienter Städte ISSN 2366-7281 Transforming Cities 4·2017