Transforming cities
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URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN 4 · 2024 Transformation urbaner Mobilität E-Mobilität | ÖPNV | Bikelane | Wohnortnähe | Vernetzung | E-Mobilität | ÖPNV | Bikelane | Wohnortnähe | Vernetzung | Mobilitätswandel | autogerechte Stadt | Transformationsoptionen Mobilitätswandel | autogerechte Stadt | Transformationsoptionen \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft BUCHTIPP expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Edgar Theurer, Amine Stirner, Mohamed Zakzak Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum Grundlagen - Planung - Bauausführung ein Praxishandbuch 1. Auflage 2024, 244 Seiten €[D] 69,80 ISBN 978-3-8169-3552-0 eISBN 978-3-8169-8552-5 Zur Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum existiert ein umfangreiches Gesetzes- und Regelwerk. Verantwortliche sind jedoch häufig unsicher in der Vorgehensweise und Umsetzung. In der Praxis werden die Vorschriften und Gesetze daher nur rudimentär oder falsch angewendet. Gefahren und Einschränkungen für mobilitätseingeschränkte Nutzer: innen werden somit nicht nur nicht beseitigt, sondern durch falsche Umsetzung erst geschaffen. Die Autoren sind in der täglichen Arbeit mit dem Thema befasst, haben den entsprechenden Erfahrungshorizont und praktischen Hintergrund und wollen ihr Wissen weitergeben. Das Buch beschreibt mit vielen Abbildungen und anhand realer, aktueller Beispiele konkrete Probleme, zeigt Lösungen auf und warnt vor Fallstricken. U. Sandten-Ma © Lukas Wehner P. Sorg © Lukas Wehner Liebe Leserinnen und Leser, ein ereignisreiches Jahr liegt hinter uns - für die verschiedenen Branchen und für uns als Redaktionsteam der Transforming Cities. Vor einem Jahr haben wir die Verantwortung für die Zeitschrift übernommen, mit dem Anspruch, Ihnen aktuelle, tiefgehende und relevante Informationen rund um die Transformation unserer Städte zu bieten. Heute möchten wir die Gelegenheit nutzen, auf die vergangenen Monate zurückzublicken und Ihnen von Herzen für Ihre Treue und Unterstützung danken. Die Städte stehen vor großen Herausforderungen: Klimawandel, Digitalisierung, Sicherheit und Urbanisierung treiben die Transformation schneller voran als je zuvor. Diese Themen begleiten uns und unsere Autoren und Branchenexperten täglich, und wir bemühen uns, diese Entwicklungen für Sie kritisch zu hinterfragen und praxisorientiert aufzubereiten. Seit 2024 werden alle Fachbeiträge mit einer einmaligen DOI versehen und Autorinnen und Autoren können mit ihrer ORCID veröffentlichen. Darüber hinaus arbeiten wir mit Nachdruck daran, die Indexierung der Zeitschrift voranzutreiben, um die Sichtbarkeit weiter zu erhöhen. Sie haben unsere Arbeit mit großem Interesse und positiven Rückmeldungen begleitet. Dafür danken wir Ihnen! Ihre Anregungen und Ihr Vertrauen motivieren uns, weiter an spannenden Themen, Interviews und Fachbeiträgen zu arbeiten, die Ihren Arbeitsalltag bereichern und zukunftsweisende Perspektiven eröffnen. Auch für das nächste Jahr freuen wir uns über Beitragsvorschläge, positive und negative Erfahrungsberichte und Best-Practice-Beispiele zu den Schwerpunktthemen Moderne Stadtentwicklung (Heft 1/ 25), Verkehrsplanung, Autonomie, Anbindung ländlicher Räume (Heft 2/ 25), Umwelt (Heft 3/ 25) und Digitalisierung und Sicherheit (Heft 4/ 25). Wir bedanken uns bei unseren Autorinnen und Autoren für die wunderbare Zusammenarbeit. Ihnen wünschen wir mit der letzten Ausgabe in diesem Jahr schöne Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Stadt und Gesellschaft im Wandel - danke, dass Sie uns begleiten EDITORIAL 3 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0042 Seite 8 © iStock.com/ Nevena Ristic Seite 10 Seite 14 © Messe Berlin GmbH © seng chye teo - GettyImages © iStock.com/ Nevena Ristic Seite 8 Seite 10 Seite 14 © Messe Berlin GmbH © seng chye teo - GettyImages FORUM Messe 6 Smart Country Convention geht mit Rekordbeteiligung zu Ende Pilotkommune Hitzeschutz 8 Forschung für mehr Hitzeschutz: Ihringen ist Pilotkommune Praxis + Projekte 15-Minuten-Stadt 10 Der Stuttgarter Westen als Modell einer 15-Minuten-Stadt Eine Analyse urbaner Mobilitätsstrukturen Jana Eisenbarth, Dennis Dreher, Lutz Gaspers Thema Transformation urbaner Mobilität 14 Transforming Cities: Urbane Mobilität der Zukunft Fabian Gierl 17 Autozentrierte Stadtentwicklung im Fokus Transformation urbaner Mobilität in Hannover und Thessaloniki Lena Greinke, Linda Lange, Johanna Richter 26 Die Wirkung des Deutschlandtickets in Städten Nachfrageschub, Verkehrswende, Arbeit und soziale Teilhabe Andreas Krämer, Davide Brocchi INHALT 4 · 2024 4 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES Seite 49 Seite 60 © NEW AG Seite 68 © vhh.mobility; Foto: MOIA © BOMA/ ACD Seite 49 Seite 60 © NEW AG Seite 68 © vhh.mobility; Foto: MOIA © BOMA/ ACD 34 Fahrradinfrastruktur auf beengten Straßen Das Konzept 2-minus- 1-Straße zur Stärkung der Sicherheit von Radfahrenden Leo Casey, Dennis Dreher, Lutz Gaspers 40 Geschäftsmodelle zur Finanzierung digitaler Technologien zur Erreichung der Klimaziele des Verkehrs Annika Schmidt, Lars Schnieder 49 Regionaler ÖPNV im Wandel Mobilitäts- und Energiewende verlangen nach digitalen,nachhaltigen und bedarfsorientierten Lösungen Thomas Bley 52 Nutzung von Bushaltestellen für die letzte Meile Logistisches Konzept und systematische Machbarkeitsuntersuchung am Beispiel der Stadt Nürnberg Ralf Bogdanski, Carina Siefert, Carolina Stürmer 60 Ridepooling als Zubringer oder Direktverkehr? Ein Vergleich von MOIA und hvv hop in Hamburg Tyll Diebold, Felix Zwick, Carsten Gertz Produkte + Lösungen Garten 68 Den Glashauseffekt nutzen: Ein Gewächshaus bietet echten Mehrwert Peter Menke 70 Impressum INHALT 4 · 2024 5 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES Smart Country Convention geht mit Rekordbeteiligung zu Ende Die Smart Countr y Convention 2024 endete laut den Veranstaltern mit einer Rekordbeteiligung: Mehr als 18.000 Teilnehmende, 400 Partnern und 650 Speaker waren in diesem Jahr beim führenden Digitalisierungsevent für den öffentlichen Sektor dabei. Erstmals waren sieben Bundesministerien auf der SCCON vertreten, dazu kommt mehr internationale Programmbeteiligungen als je zuvor auf den sieben Veranstaltungsbühnen. Neben Bundesinnenministerin und Schirmherrin Nancy Faeser, gehörten Bundesland w ir t s chaf t sminis ter Cem Özdemir, Bundesdigitalminister Dr. Volker Wissing, Bundesfamilienministerin Lisa Paus und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, zu den Top- Speakern der dreitägigen Veranstaltung. Der lettische Staatspräsident Edgars Rinkēvičs und Daniel Risch, Regierungschef und Minister für Präsidiales und Finanzen des Fürstentums Liechtenstein, berichteten über internationale Erfolgsgeschichten in der Verwaltungsdigitalisierung. Mehr als 350 Aussteller im ausgebuchten hub27 und der Halle 25 waren vor Ort. L aut einer Bitkom- Umfrage sind fast drei Viertel (73 Prozent) der Deutschen der Meinung, die meisten Behördengänge ließen sich problemlos auch online erledigen. Zugleich haben aber erst 15 Prozent eine Verwaltungsleistung online beantragt, ein Viertel (25 Prozent) hatten noch nie digitalen Behördenkontakt. Das möchten die Akteure aus Bund, Ländern, Kommunen und der Digital-Industrie ändern. Plaza Stage „From the vision of smart cities, regions and digital services of general interest for all where do we stand? “ © Messe Berlin GmbH Lettland als Partnerland der SCCON 2024 Partnerland der Smart Country Convention war in diesem Jahr die baltische Republik Lettland, die sich weltweit als führend in den Bereichen Digitalisierung und Datensicherheit etabliert hat. In Lettland nehmen 84 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer eGovernment-Dienste sowie digi- 6 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0043 gitalisierungs- und Innovationsgrades. Im Rahmen der Smart Country Convention wurden die smartesten Städte Deutschlands ausgezeichnet. Den ersten Platz belegte dabei München, gefolgt von Hamburg und Köln. Verleihung des Smart Country Startup Award 2024 Auf der SCCON 2024 wurden auch die beiden innovativsten Startups in den Kategorien GovTech und Smart City. Neuraflow aus Bremerhaven und UrbanDataLens aus Berlin konnten sich mit ihrem Pitch bei der Jury gegen die Konkurrenz durchsetzen und wurden mit dem Smart Country Startup Award prämiert. Smart Country Convention 2025 vom 30. September bis 2. Oktober Die Smart Countr y Convention findet im kommenden Jahr vom 30. September. bis 2. Oktober auf dem Berliner Messegelände statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung gibt es unter www.smartcountry.berlin. Über die Smart Country Convention Die Smart Country Convention ist nach Aussage der Organisatoren das führende Event für den digitalen Staat und öffentliche Dienste. Mit über 15.000 Teilnehmenden ist sie Treffpunkt für alle, die sich mit der Digitalisierung des öffentlichen Sektors beschäftigen. Die Kombination aus Kongress, Workshops, Expo und Networking richtet sich an Beschäftigte aus Verwaltung, Politik, Digitalwirtschaft, Verbänden und Wissenschaf t. Veranstalter der SCCON sind der Bitkom e.V. und die Messe Berlin. Eingangsabbildung: © Messe Berlin GmbH tale IDs in Anspruch. Mehr als 91 Prozent der öffentlichen Dienstleistungen werden online abgewickelt. So ist Lettland das einzige EU-Land, in dem zum Beispiel der gesamte administrative Prozess im Bauwesen vollständig digitalisiert ist. Vom 15. bis 17. Oktober präsentierte das Land auf dem Berliner Messegelände innovative Lösungen für die Digitalisierung von Verwaltungen, öffentlichen Unternehmen sowie von Städten und Kommunen. Neben dem lettischen Staatspräsidenten Edgars Rinkēvičs gaben auch Wirtschaftsminister Viktors Valainis und die Vizebügermeisterin von Riga, Linda Ozola, Einblicke in die Digitalisierungspraxis in Lettland. Verleihung des Smart City Index Award 2024 Auf der Smart Country Convention wurde zudem der Smart City Index Award 2024 verliehen. Der Bitkom Smart City Index gibt jährlich einen Überblick über die 82 deutschen Großstädte hinsichtlich ihres Di- Bild 1: Plaza-Bühne - „Von der Vision intelligenter Städte, Regionen und digitaler Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für alle - wo stehen wir? “ © Messe Berlin GmbH FORUM Messe 7 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0043 Forschung für mehr Hitzeschutz: Ihringen ist Pilotkommune Das Projekt PROLOK und die Gemeinde Ihringen erforschen gemeinsam neue Wege für den Hitzeschutz in kleinen Kommunen. PROLOK ist ein Projekt des Innovationscampus Nachhaltigkeit, einer gemeinsamen Initiative der Universität Freiburg und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit Förderung durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Der Klimawandel führt, insbesondere in der Oberrhein-Region, zu einer steigenden Zahl an heißen Tagen und wirkt sich damit auf den Alltag, die Lebensqualität und die Gesundheit der Bevölkerung aus. Im Projekt PROLOK („Prozessschema für lokalspezifische Hitzeanpassung in kleinen Kommunen“ ) sollen nun Wege erforscht werden, wie sich kleine Kommunen besser vor Hitzeereignissen schützen können. Das Projekt wird dazu mit der Gemeinde Ihringen am Kaiserstuhl zusammenarbeiten, die einer der Hitze-Hotspots in Deutschland ist. Das Projekt PROLOK ist Teil des Innovationscampus-Modells Nachhaltigkeit (ICN) des Landes. Die wissenschaftliche Federführung liegt bei der Universität Freiburg und dem Süddeutschen Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Praxispartner sind der Regionalverband Südlicher Oberrhein und das Beratungsbüro Klima Plus. Von Hitzeereignissen besonders betroffen: Pilotkommune Ihringen Die Ausschreibung für die Pilotkommune war im Juni 2024 über den Regionalverband Südlicher Oberrhein gemeinsam mit der Universität Freiburg, dem KIT und Klima Plus erfolgt. Sie richtete sich an Gemeinden mit 5.000 bis 20.000 Einwohner*innen und einer starken Betroffenheit von Hitze. Aus den drei Bewerberkommunen, die die formalen Kriterien erfüllten, wählten die Projektpartner*innen die Kommune Ihringen als Pilotpartner aus. Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld, Inhaber der Professur für Geographie des Globalen Wandels an der Universität Freiburg und Co-Projektleiter von PROLOK erläutert die Entscheidung: „Ihringen gilt bereits heute als einer der Hitze-Hotspots in Deutschland und wird künftig häufiger und intensiver von Hitzeereignissen betroffen sein. Als kleine Gemeinde mit etwa 6.300 Einwohner*innen eignet sie sich hervorragend für die Zielsetzung des Projekts. Die Projektergebnisse können dann auf andere Gemeinden übertragen werden.“ „Wir wollen Klimaforschung nutzbar machen: Mit den Ergebnissen der am KIT verwendeten regionalen Klimamodelle können wir die Akteure vor Ort bei spezifischen Fragestellungen - wie der Hitze in Ihringen - unterstützen“, so PRO- LOK-Co-Leiter Dr. Hans Schipper, der das Süddeutsche Klimabüro am KIT leitet. „Die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Einwohnerinnen und Einwohner, insbesondere der ganz jungen und der ganz alten, liegen uns besonders am Herzen“, betont Benedikt Eckerle, Bürgermeister der Gemeinde Ihringen. „Die Teilnahme am PROLOK-Projekt bietet uns die Chance, gemeinsam mit unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie lokalen Akteuren maßgeschneiderte Lösungen gegen die zunehmende Hitze zu entwickeln und so die Lebensqualität in unserer Gemeinde nachhaltig zu sichern.“ Übertragbare Hitzeschutz- Konzepte entwickeln Ziel des Projekts PROLOK ist es, ein Prozessschema zu entwickeln, mit dem kleinere Kommunen trotz begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen präventiv und innovativ mit Hitzegefahren umgehen können. Das entwickelte Prozessschema soll gemeinsam mit der Pilotkommune Ihringen im Zeitraum von Oktober 2024 bis März 2025 im Rahmen von zwei Akteur*innen-Workshops getestet und mit den Erfahrungen aus dem Prozess fortentwickelt werden. Der erste Workshop wird am 21. November 2024 in Ihringen stattfinden. „Der Innovationscampus Nachhaltigkeit adressiert die großen Herausforderungen unserer Zeit - vom Klimaschutz über Ressourcenschonung bis zur Stadtplanung der Zukunft. Durch Innovationssprünge soll die Oberrheinregion zu einem Leuchtturm der Nachhaltigkeit s for s chung werden. Gleichzeitig haben Projekte wie PROLOK das Potenzial, das Leben der Menschen ganz praktisch zu verbessern. So entstehen in der Pilotkommune Ihringen Hitzeschutz-Konzepte, die auf andere Orte übertragen werden können. Die s e anwendung snahe F orschung bringt uns auf dem Weg in eine nachhaltigere Gesellschaft voran“, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski zur Entwicklung des Innovationscampus- Modells. 8 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0044 FORUM Pilotkommune Hitzeschutz \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft BUCHTIPP Fritz Dieter Erbslöh Wasserstofftechnologie Technische, wirtschaftliche und politische Aspekte 1. Auflage 2023 310 Seiten €[D] 69,80 ISBN 978-3-8169-3533-9 eISBN 978-3-8169-8533-4 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Zur Umsetzung der Energiewende und Erreichung der Klimaziele werden zunehmend alternative Energieträger benötigt. Dem Wasserstoff kommt hierbei als Energieträger, der CO2-frei oder CO2-arm produziert werden kann, eine Schlüsselrolle zu. Das Buch gibt Einblicke in technische Verfahren zur Herstellung und Speicherung von Wasserstoff und in Verfahren der Energieerzeugung. Es erläutert, welche Rolle diesen Technologien im Rahmen der Energiewende zukommt und welche Anwendungen zukünftig wichtig sein werden. Inhalt Die frühe Geschichte - Technik - Wandler für Wasserstoff - Perspektiven der Anwendung - Wasserstoff und die Energiewende - energiepolitische Weichenstellungen Der Stuttgarter Westen als Modell einer 15-Minuten-Stadt Eine Analyse urbaner Mobilitätsstrukturen 15-Minuten-Stadt, Lebenswerte Stadt, Nachhaltige Mobilität, Lebensqualität, Verkehrswende Jana Eisenbarth, Dennis Dreher, Lutz Gaspers Die 15-Minuten-Stadt gilt als wichtiges und zukunftsweisendes Konzept der Stadt- und Verkehrsplanung. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es zu beleuchten, inwieweit der Stuttgarter Westen bereits die Merkmale und Prinzipien einer 15-Minuten-Stadt widerspiegelt und welche relevanten Mobilitätsstrukturen vorhanden sind. Als wesentliche Grundlage dient das Verständnis des Konzepts der 15-Minuten-Stadt sowie der Mobilität in städtischen Gebieten. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Analyseteil auf den Stuttgarter Westen angewendet. Die 15 - Minuten -St adt gilt als wichtiges und zukunftsweisendes Konzept der Stadt- und Verkehrsplanung. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es zu beleuchten, inwieweit der Stuttgarter Westen bereits die Merkmale und Prinzipien einer 15 -Minuten-Stadt widerspiegelt und welche re levanten Mobilitätsstruk turen vorhanden sind. Als wesentliche Grundlage dient das Verständnis des Konzepts der 15 -Minuten- Stadt sowie der Mobilität in städtischen Gebieten. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im auf den Stuttgarter Westen angewendet. 10 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0045 Städten und Stadtplanung wurde durch die zunehmend sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels geweckt, was ihn dazu veranlasste, über die Rolle von Städten bei der Umweltwende nachzudenken. (Vgl. Moreno 2021) Das Konzept zielt darauf ab die Lebensqualität der Stadtbewohner zu erhöhen, die Umweltbelastung zu reduzieren und die städtische Infrastruktur nachhaltiger und effizienter zu gestalten. (Vgl. Allam u. a. 2022) Erreicht wird dies dadurch, dass die Bewohner eines definierten Gebietes innerhalb von 15 Minuten sechs wesentliche Einrichtungen erreichen können (siehe Abbildung 1). Für die folgende Untersuchung wird auf die Theorie der zentralen Orte nach Christaller zurückgegriffen. Hierbei erfolgt die hierarchische Untergliederung nach Grundzentrum, Mittelzentrum und Oberzentrum. Damit ein Gebiet nach dem Konzept der 15-Minuten-Stadt funktionieren kann wird angenommen, dass die Einrichtungen des Grundzentrums in jedem Fall vorhanden sein müssen sowie gegebenenfalls Elemente eines Mittelzentrums. Die Erfüllung dieser sechs Kriterien und die dazugehörigen Einrichtungen bilden die Grundlage einer 15-Minuten-Stadt. Die Kriterien können, je nach den Bedürfnissen der Bewohner der 15-Minuten-Stadt, unterschiedlich stark ausgeprägt sein und diverse Einrichtungen beinhalten. Das Hauptziel besteht jedoch darin ein Verhältnis zu finden, damit alle Einrichtungen in diesem Gebiet innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind. So wird sichergestellt, dass die Grundbedürfnisse aller Bewohner erfüllt sind und im Alltag auf Pkws verzichtet werden kann. Auch die Kombination verschiedener Wegeziele wird so vereinfacht. Mobilität in städtischen Gebieten Modellhafte Untersuchung des Stuttgarter Westens Die Stadt Stuttgart ist mit über 600.000 Einwohnern die größte Stadt Baden-Württembergs. Besonders an Stuttgart sind vor allem die einzigartigen topografischen Gegebenheiten. Nahezu das gesamte Stadtzentrum befindet sich in einer Kessellage, welche sowohl bauliche als auch klimatische Herausforderungen mit sich bringt. In dieser Kessellage befindet sich auch ein Großteil des Stadtbezirks Stuttgart-West, welcher sich von dem innerstädtischen Bereich des Berliner Platzes bis zum Rotwildpark am Killesberg erstreckt. Stuttgart-West erfüllt grundsätzlich die definierten Kriterien und Voraussetzungen der 15-Minuten-Stadt. Stadtplanerisch lässt sich Stuttgart-West mit anderen Entwicklungen in Stadt- und Verkehrsplanung Die Stadtplanung hat sich im Laufe der Jahrzehnte erheblich gewandelt. In der Nachkriegszeit dominierten Leitbilder wie die autogerechte Stadt und die verkehrsgerechte Stadt die städtische Entwicklung. Diese Konzepte zielten darauf ab, den motorisierten Individualverkehr (MIV) zu fördern und das Straßennetz entsprechend auszubauen. Dies führte jedoch zu einer Reihe von Problemen wie erhöhter Luftverschmutzung, Lärmbelästigung und einer Verringerung der Lebensqualität in den Städten. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Leitbild der Stadtplanung stark verändert. Nachhaltigkeit und lebenswerte Städte sind in den Fokus gerückt. Begriffe wie Verkehrswende, Mobilitätswende und Antriebswende prägen die politische und gesellschaftliche Diskussion. Diese Wenden streben eine Reduktion des motorisierten Verkehrs, die Förderung umweltfreundlicher Mobilitätsformen und den Übergang zu emissionsfreien Antriebstechnologien an. Ein besonders aktuelles und relevantes Konzept in diesem Kontext ist die 15-Minuten-Stadt. Dieses Modell zielt darauf ab, alle wichtigen Einrichtungen und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar zu machen. Das Modell treibt so die Verkehrs- und Mobilitätswende voran. Dies fördert nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern auch die Lebensqualität und soziale Teilhabe. Das Konzept der 15-Minuten-Stadt Der Ursprung des Konzeptes der 15-Minuten-Stadt geht auf den französisch-kolumbianischen Städteplaner und Forscher Carlos Moreno zurück. Sein Interesse an Bild 1: Kriterien in der 15-Minuten-Stadt. (HFT Stuttgart, Eisenbarth) Wohnen Arbeiten Handel Gesundheitsversorgung Bildung Unterhaltung PRAXIS + PROJEKTE 15-Minuten-Stadt 11 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0045 Anwendbarkeit des 15-Minuten-Stadt-Konzepts auf den Stuttgarter Westen Das Zus ammenspiel der verschiedenen Kriterien für eine 15 - M in u te n - S t a d t in di e s e m Untersuchungsraum zeigt eine vielfältige und lebenswerte städtische Umgebung. Die Analyse der einzelnen Aspekte Wohnen, Handel, Gesundheitsversorgung, Bildung, Unterhaltung und Arbeit verdeutlicht, dass die notwendigen Grundlagen für eine 15-Minuten-Stadt vorhanden sind. Durch eine gleichmäßige Verteilung von Wohnraum und wichtigen Einrichtungen wird die Grundversorgung der Bewohner innerhalb kurzer Fußwege sichergestellt. Dies trägt nicht nur zur Bequemlichkeit bei, sondern unterstützt auch die Reduzierung von Verkehr und Emissionen durch kurze Wege. Die Verfügbarkeit von Gesundheits-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen innerhalb der 15-Minuten- Isochrone trägt zur Verbesserung der Lebensqualität und sozialen Integration der Bewohner bei. Insgesamt zeigt die Analyse, dass die Vision einer 15-Minuten-Stadt im betrachteten Untersuchungsraum grundsätzlich umsetzbar ist und Möglichkeiten bietet, die Lebensqualität und Nachhaltigkeit in der Stadt zu verbessern. Ausblick Die Untersuchung hat gezeig t, dass der Stuttgarter Westen eine solide Basis für die Entwicklung einer 15 -Minuten-Stadt bietet. Dieses Modell, das darauf abzielt, städtische Gebiete menschenzentrierter und nachhaltiger zu gestalten, ist in vielen Aspekten bereits erkennbar. Die dichte Besiedlung, die ausgewogene Verteilung von Wohnraum und Einrichtungen des täglichen Bedarfs sowie die vielfältigen Arbeitsplätze und Unterhaltungsangebote innerhalb eines 15-Minuten-Rachrone verdeutlicht, dass die Erreichbarkeit nicht gleichmäßig rund um den Häuserblock verteilt ist. Diese Unregelmäßigkeit resultiert aus der Berechnung, die auf den tatsächlichen Gehwegen und Straßenverläufen basiert. Dabei wird berücksichtigt, dass Fußgänger den Gebäuden und anderen Hindernissen ausweichen müssen. Darüber hinaus spielen topographische Faktoren wie Anstiege und Gefälle im Gelände eine Rolle. Besonders durch die Kessellage Stuttgarts beeinflussen diese Höhenunterschiede die Reisezeiten und somit die Form der Isochrone. Die Isochrone passt sich den Verläufen des Straßennetzes an und zeigt deutlich, dass die Erreichbarkeit entlang von Straßen und Fußwegen gemessen wird und die Isochrone diese Strukturen widerspiegelt. Die Isochrone für Radfahrer ist in Abbildung 3 dargestellt. Diese Isochrone liefert eine detaillierte und realistische Einschätzung der Fahrrad-Erreichbarkeit in Stuttgart. Sie verdeutlicht, welche Bereiche innerhalb eines festgelegten Zeitintervalls vom Startpunkt aus erreichbar sind, indem sie die tatsächlichen Straßenverläufe und die topographischen Besonderheiten berücksichtigt. deutschen Stadtgebieten vergleichen. So haben bspw. München- Schwabing, Hamburg-Eimsbüttel, Berlin-Charlottenburg oder Frankfurt-Nordend ähnliche Merkmale wie eine dichte Bebauung, historischen Gebäudebestand, eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr und Mischnutzungen. Die Untersuchung, ob ein Stadtgebiet wie Stuttgart West die Kriterien der 15-Minuten-Stadt erfüllt, erfolgt durch Reisezeitisochronen. Isochronen sind Linien gleicher Zeit, die alle Punkte verbinden, welche von einem bestimmten Ausgangspunkt innerhalb eines festgeleg ten Zeitinter valls erreichbar sind. Sie eignen sich besonders gut, um die Erreichbarkeit eines bestimmten Ortes zu veranschaulichen. In der Untersuchung wird auch der Zeitverlust bzw. Zeitgewinn durch Steigungen bzw. abfallende Höhen berücksichtigt. Des Weiteren berücksichtigen die Isochronen das tatsächliche Wegenetz. Die Isochrone für Fußgänger ist in Abbildung 2 dargestellt. Die blau markierte Fläche stellt den Bereich dar, der innerhalb des definierten Zeitraumes von 15 Minuten zu Fuß erreichbar ist. Als Ausgangspunkt dient ein zentral gelegener Block. Die unregelmäßige Form der Iso- Bild 2: 15-Minuten- Isochrone Fußweg. (HFT Stuttgart, Eisenbarth) PRAXIS + PROJEKTE 15-Minuten-Stadt 12 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0045 LITERATUR: Allam, Zaheer, Simon Elias Bibri, Didier Chabaud, und Carlos Moreno. 2022. „The ‘15-Minute City ’ Concept Can Shape a Net-Zero Urban Future“. HumaniMes and Social Sciences CommunicaMons 9 (1): 1-5. h=ps: / / doi. org/ 10.1057/ s41599-022-01145-0. Moreno, Carlos, Zaheer Allam, Didier Chabaud, Catherine Gall, und Florent Pratlong. 2021. „Introducing the “15-Minute City”: Sustainability, Resilience and Place Iden- Sty in Future Post- Pandemic CiSes“. Smart CiMes 4 (1): 93- 111. h=ps: / / doi.org/ 10.3390/ smartciSes4010006. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Nevena Ristic dius sind vielversprechende Ansätze. Die Veränderung der Denkweise der Bewohner spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der 15-Minuten-Stadt. Durch Bildung und Aufklärung über die Vorteile nachhaltiger Mobilitätsformen kann das Bewusstsein für umweltfreundliche Verkehrsmittel geschärft werden. Kampagnen und Informationsveranstaltungen können dazu beitragen, die Akzeptanz und Nutzung dieser Verkehrsmittel zu erhöhen. Eine erfolgreiche Umsetzung der 15-Minuten-Stadt erfordert die Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen. Barrierefreie Infrastrukturen und spezielle Mobilitätsangebote sind notwendig, um eine inklusive und gerechte Stadtentwicklung zu gewährleisten. Hier muss insbesondere in der weiterführenden Forschung der Fokus daraufgelegt werden, dass die 15-Minuten-Stadt auch für mobilit ät s einge s chränk te oder ältere Personen zu einer realistischen Zukunftsvision werden kann. Der Stuttgarter Westen zeigt bereit s v iele Merkmale einer 15-Minuten-Stadt und bietet eine vielversprechende Grundlage für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Durch gezielte Maßnahmen, die F örderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel und die Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen kann die Vision einer lebens wer ten, nachhaltigen und gut vernetzten Stadt Wirklichkeit werden. Die kontinuierliche Verbesserung der Infrastruktur und die Veränderung der Denk weise der Bewohner sind dabei zentrale Erfolgsfaktoren. Der Stuttgarter Westen hat das Potenzial, ein Vorbild für andere städtische Gebiete zu werden und die Lebensqualität seiner Bewohner erheblich zu verbessern. Bild 3: 15-Minuten- Isochrone Fahrrad. (HFT Stuttgart, Eisenbarth). AUTOR*INNEN Jana Eisenbarth, B. Eng. Hochschule für Technik Stuttgart Schellingstr. 24, 70174 Stuttgart move@hft-stuttgart.de Dennis Dreher, M. Eng. Akademischer Mitarbeiter und Teamleitung MoVe, Hochschule für Technik Stuttgart Hf T dennis.dreher@hftstuttgart.de Prof. Dr.-Ing. Lutz Gaspers Professor für Verkehrsplanung und Sprecher MoVe lutz.gaspers@hftstuttgart.de PRAXIS + PROJEKTE 15-Minuten-Stadt 13 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0045 Transforming Cities: Urbane Mobilität der Zukunft Seilbahn, E-Mobilität, ÖPNV, Verkehrswende, Bikelane, Wohnortnähe, Vernetzung Fabian Gierl Wer sich nachhaltig durch seine Stadt bewegt, hat nicht nur ein gutes, grünes Gewissen. In aller Regel handelt es sich auch um die schnellste Form der Fortbewegung. Sei es das Fahrrad, mit dem man auf den Fahrradwegen am Stau vorbeizieht oder in Zukunft vielleicht sogar eine innerstädtische Seilbahn, die uns klimafreundlich von A nach B bringt. In den kommenden Jahren müssen Mobilitätskonzepte für Städte noch viel stärker den steigenden Herausforderungen der zunehmenden Verkehrsüberlastung begegnen. Vermeiden, verlagern, verbessern muss die Devise für urbane Mobilität lauten Verkehr ist einer der Hauptverursacher für Treibhausgasemissionen und Luftverschmutzung. Prognosen zufolge werden bis 2025 rund 4,6 Milliarden Menschen in Städten leben, und bis 2030 wird es weltweit 41 Megastädte geben. Dieses rasante Wachstum verschärft das Verkehrsaufkommen und damit den Bedarf an nachhaltigen Lösungen für den Personenverkehr. Bis 2050 wird der Nahverkehr voraussichtlich 6,71 Billionen Passagierkilometer bewältigen müssen. Im Fokus stehen drei Handlungsfelder, um den ökologischen Fortbewegungsabdruck des Verkehrssektors zu senken: den Verkehr zu vermeiden, den Verkehr zu verlagern und den Verkehr zu verbessern. Verkehr vermeiden: Die Stadt der kurzen Wege Paris macht vor, wie das Konzept der „Stadt der kurzen Wege“ in den Fokus der Stadtplanung rückt. Die Idee: Wohnen, Arbeiten und Freizeit sollen räumlich eng verknüpft werden, um Verkehr von vornherein zu vermeiden. In der französischen Metropole wendet man sich deshalb von einer auf das Auto ausgerichteten Stadt ab - und verdichteten, multifunktionalen Quartieren zu. 15 Minuten lautet dabei das ambitionierte Ziel der Bürgermeisterin Anne Hidalgo: Alle wichtigen Ziele der französischen Metropole sollen möglichst innerhalb einer Viertelstunde zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sein. Auch in Deutschland experimentie- 14 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0046 Bahnen, Fahrräder und Carsharing-Angebote nahtlos miteinander kombiniert werden, fester Bestandteil des Nahverkehrs der Städte sind. Weitere Ebene nutzen: Seilbahn auf den Radarschirmen der Verkehrsplaner Teil des Verlagerns des Verkehrs kann auch sein, auf eine bislang ungenutzte Ebene auszuweichen. In den Städten Medellín, La Paz, New York, Portland, Algier, Lissabon, Brest, Bozen, London und Ankara gehören beispielsweise Seilbahnen im Nahverkehr zur Normalität. Auch in Deutschland taucht daher die Seilbahn angesichts zunehmender Staus, Lärm und Emissionen immer stärker als urbanes Nahverkehrsmittel auf den Radarschirmen der Verkehrsplaner*innen auf. Seilbahnen überspannen Flüsse und Bergeshöhen, große Verkehrsachsen und Bahntrassen. Sie sind schneller zu realisieren und signifikant kostengünstiger zu errichten, als Tunnel zu bohren oder Brücken zu bauen. Vor allem sind Seilbahnen klimafreundlich und können mit Ökostrom CO 2 -neutral betrieben werden. Was aber die Verkehrspolitiker am meisten interessiert: Sie können Lücken im ÖPNV schließen und die Vorstädte anbinden. Wenn die Kabinen im Umlauf fahren, braucht es noch nicht einmal einen Fahrplan. Man steigt einfach ein und schwebt seinem Ziel mit einer beschaulichen Durchschnittsgeschwindigkeit von bis zu 30 Stundenkilometern entgegen. Und sind sie nicht mehr gewollt, dann geht ihr Rückbau vergleichsweise schnell und einfach vonstatten. Leitfaden als Orientierungshilfe, wo sich urbane Seilbahnen lohnen Die Infrastrukturexperten von Drees & Sommer haben gemeinsam mit dem Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) einen ren Städte wie Hamburg mit „Mobilitäts-Hubs“, die verschiedene Verkehrsmittel an einem Ort bündeln und lange Wege überflüssig machen. Arbeitgeber können zu weniger Verkehr beitragen Nicht nur die Stadtplaner, sondern auch Arbeitgeber können das Mobilitätsbedürfnis ihrer Arbeitnehmer reduzieren und eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der „Stadt der kurzen Wege“ einnehmen. Hierzu zählen flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder Coworking-Spaces in Wohnortnähe, die Arbeitswege reduzieren. Einige Unternehmen gehen noch weiter und verlagern ganze Abteilungen in Stadtteilzentren, um näher an ihren Mitarbeitern zu sein. Betriebliche Mobilitätskonzepte fördern zudem umweltfreundliche Verkehrsmittel: Jobtickets für den ÖPNV, Leasingangebote für E-Bikes oder Mobilitätsbudgets machen den Umstieg attraktiv. Innovative Firmen wie Siemens in München-Perlach integrieren Wohnungen, Kitas und Einkaufsmöglichkeiten direkt in ihre Campuskonzepte. Auch die Gestaltung des Arbeitsumfelds spielt eine Rolle: Duschen und sichere Fahrradstellplätze ermutigen zum Radfahren, während eine Reduzierung von Parkplätzen den Umstieg auf Alternativen fördert. Mitarbeitercafés und -restaurants verringern zudem die Notwendigkeit, in der Mittagspause weite Strecken zurückzulegen. Nicht zuletzt können Unternehmen durch die gezielte Auswahl lokaler Zulieferer und Dienstleister dazu beitragen, Wirtschaftskreisläufe zu verkürzen und unnötigen Verkehr zu vermeiden. Verkehr verlagern: Alternativen zum Auto stärken Wo sich Verkehr nicht vermeiden lässt, gilt es, ihn auf umweltfreundlichere Alternativen zu verlagern. Der Ausbau und die Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs spielt dabei eine Schlüsselrolle. Vorreiter wie Wien oder Zürich zeigen, wie attraktive Tarife und ein dichtes Nahverkehrsnetz die Menschen zum Umstieg bewegen. Auch das Fahrrad erlebt vielfach eine Renaissance. Kopenhagen, wo bereits die Hälfte aller Arbeitswege mit dem Rad zurückgelegt wird, dient vielen Städten als Vorbild. Mit einem ausgebauten Radwegenetz und Fahrradschnellstraßen hat die dänische Hauptstadt den Radverkehrsanteil auf über 60 Prozent erhöht. Protected Bike Lanes und Fahrradschnellwege sorgen für Sicherheit und Effizienz. Innovative Sharing-Konzepte mit nutzerfreundlichen Apps sollten ein solches Angebot ergänzen: E- Scooter, Leihfahrräder und Carsharing-Flotten bieten flexible Mobilität ohne eigenes Auto. Hier ist es entscheidend, dass multimodale Mobilitätskonzepte, bei denen verschiedene Verkehrsmittel wie Busse, Bild 1: Bikelane © xwinggames - fotolila THEMA Transformation urbaner Mobilität 15 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0046 onen. Elektrofahrzeuge emittieren im Betrieb kein CO 2 und weisen eine deutlich bessere CO 2 -Bilanz auf als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Auch hier ist die Rolle der Arbeitgeber von entscheidender Bedeutung. Unternehmen können als Vorreiter einen signifikanten Beitrag zur Verbreitung der E-Mobilität leisten. Ein zentraler Aspekt ist die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz. Da Mitarbeiter einen Großteil des Tages bei der Arbeit verbringen, bietet dies eine ideale Gelegenheit zum Aufladen von Elektrofahrzeugen. Unternehmen, die Ladestationen auf ihren Parkplätzen installieren, machen die Nutzung von E-Autos für ihre Mitarbeiter attraktiver und praktischer. Dies kann ein entscheidender Faktor bei der Kaufentscheidung für ein Elektrofahrzeug sein. Arbeitgeber können zudem durch die Umstellung ihrer Firmenflotte auf Elektrofahrzeuge ein starkes Signal setzen. Letztlich ist die Antriebswende viel mehr als die Frage nach einem Wirkungsgrad - sie liefert einen wichtigen Baustein für den weiteren Ausbau der dezentralen nachhaltigen Energieversorgung und für eine autarke Energieversorgung. Mit derzeit 49,1 Millionen gemeldeten PKW in Deutschland ergibt sich das Potenzial einer ausreichend großen Speicherlösung, die in einem Vehicle-to-X System die Möglichkeiten batterieelektrischer Fahrzeuge über den reinen Mobilitätskontext heraushebt. Verkehrssysteme vernetzen Weitere wichtige Aspekte tragen - neben der Elektromobilität dazu bei - den Verkehr zu verbessern. Die Digitalisierung und Vernetzung von Verkehrssystemen spielen eine zentrale Rolle, um eine effizientere Nutzung zu ermöglichen. Ebenso wichtig sind die Verbesserung der Verkehrssteuerung und -lenkung durch intelligente Systeme. Auch die Optimierung der Logistik im Güterverkehr. All diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Verkehr insgesamt effizienter, umweltfreundlicher und nutzerfreundlicher zu gestalten. Eingangsabbildung: © seng chye teo - GettyImages Leitfaden erstellt, wo und wie sich urbane Seilbahnen in deutschen Städten integrieren lassen. Zwar gibt es kein Patentrezept für ein urbanes Seilbahnsystem, da die Infrastruktur, das Verkehrsaufkommen oder die Topografie in jeder Stadt unterschiedlich sind, doch der Leitfaden gibt wertvolle Orientierungshilfen, wo sich der Einsatz einer Seilbahn lohnt und was sie im ÖPNV leisten kann. Mit dem Handlungsleitfaden erhalten deutsche Städte und Kommunen fundierte Informationen, wie sich Seilbahnvorhaben stadt- und verkehrsplanerisch sinnvoll integrieren lassen und wie es gelingt, die Akzeptanz dieses Verkehrsmittels in der Bevölkerung zu erhöhen. Im Fokus stehen gesellschaftliche und politische Aspekte, der Vergleich von Kosten und Nutzen sowie die Einführung eines nationalen Standards. Verkehr verbessern: Ausbau der Elektromobilität Die Verbesserung des bestehenden Verkehrs, insbesondere durch Elektromobilität, bietet enormes Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasemissi- AUTOR*INNEN Fabian Gierl, Mobilitätsexperte und Leading Consultant für nachhaltige Quartiere & Städtebau bei Drees Sommer SE infrastructure@dreso.com Bild 2: Seilbahn in der Stadt_Konzeptfoto © zatran GmbH Bild 3: Ladestation Smart © Petair - Fotolia THEMA Transformation urbaner Mobilität 16 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0046 Autozentrierte Stadtentwicklung im Fokus Transformation urbaner Mobilität in Hannover und Thessaloniki Mobilitätswandel, autogerechte Stadt, Transformationsoptionen, MIV, Pkw Lena Greinke, Linda Lange, Johanna Richter Aktuelle Krisen, die vom Menschen mitverursacht werden, wie die Klima-, Energie- oder COVID-19-Krise, sorgen dafür, dass urbane Transformationsprozesse zunehmend an Bedeutung gewinnen und Themen wie Nachhaltigkeit und zukunftsorientierte Stadtentwicklung bereits vielfach und auf verschiedenen Ebenen diskutiert werden (Ambs & Pipahl 2021: VI). Urbane Mobilität und insbesondere die Transformation dieser steht dabei zumeist im Fokus, nicht zuletzt, weil sie „extrem komplex, engmaschig vernetzt ist und in nahezu alle Bereiche der Gesellschaft und der Wirtschaft hineinwirkt“ (Ambs & Pipahl 2021: XI). 1. Zum Zusammenspiel urbaner Mobilität und autogerechter Stadtentwicklung Wenngleich das Auto als Kultobjekt dabei im Mittelpunkt stand und steht (Schneider 2018: III; Ambs & Pipahl 2021: XI), ist jedoch Mobilität als System zu verstehen, welches „aus der Interaktion und Interdependenz technischer Artefakte (Autos, Busse, Züge, Straßen) und einer ihnen dienenden Infrastruktur (Straßennetze, Schienennetze, Parkplätze, Tankstellen) besteht und das getragen wird von der Dynamik großer Akteursgruppen, nämlich Nutzer*innen, Bereitsteller*innen und Instandhalter*innen“ (Pompe-Alama 2021: 90). Lebens- und Fortbewegungsweisen sind seit dem 19. Jahrhundert immer mehr vom Automobil geprägt worden (Schneider 2018: III). Allerdings ist ein Umbruch hin zu einem nachhaltigen Mobilitätswandel zu 17 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 (Schmitt 2015: 104; Schlicht 2017: 7). Die ursprüngliche Idee hinter diesen Planungen war es der Massenmotorisierung zu begegnen und beruhigte, grüne Siedlungen am Stadtrand zu schaffen und keine explizite Fokussierung auf das Auto vorzunehmen (Schlicht 2017: 7). Dennoch hält in zahlreichen Städten die wachsende Automobilisierung an (Bernhardt 2017: 540), was auch aufgrund aktueller Entwicklungen, wie beispielsweise den klimatischen Veränderungen, dazu führt, dass das Leitbild der autogerechten Stadt stark in der Kritik steht. Schon Mitte der 1960er Jahre erkannten zahlreiche Planer*innen, dass die Förderung von Autoverkehr zu stadtgestalterischen und verkehrlichen Problemen führen kann (Gertz 2020: 368). Es ist von zerstörten öffentlichen Räumen und großen Umweltbelastungen die Rede (Bukow 2022: 142). Autogerechte Infrastrukturen und dadurch bedingt oft fehlende Grün- und Freiflächen in Städten begünstigen das Aufheizen dieser und beeinflussen somit das Stadtklima negativ (Lamberg & Śnieg 2018: 119 ff.). Außerdem verändern sich die Mobilitätskulturen und Verhaltensmuster hin zu mehr Sharingoptionen, technologischen Innovationen und Mobilitätsmixen ohne Auto als zentraler Bestandteil (Bernhardt 2017: 540). Zudem gibt es seit einigen Jahren bereits Konzepte, wie zum Beispiel die „human-scale Architektur“ des dänischen Stadtplaners Jan Gehl, welche den Menschen mit seinen Interessen in den Mittelpunkt von Planungsprozessen stellt und nicht etwa das Auto (Gehl 2015). Zahlreiche Städte sind deshalb auf der Suche nach Lösungen für eine nachhaltige und resiliente Transformation urbaner Mobilität. 3. Thessaloniki und Hannover als europäische Vergleichsstädte In die Analyse der Transformation urbaner Mobilität in Thessaloniki und Hannover wird mittels umfangreicher Literaturanalyse (nach Brink 2013: 46ff.) eingestiegen. Dabei stehen Themen wie Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung und der Mobilitätswandel im Mittelpunkt. Die Analyse der urbanen Mobilität wird durch teilnehmende Beobachtungen während mehrerer Forschungsaufenthalte in beiden Städten hinsichtlich der forschungsleitenden Fragestellungen vertieft (nach Bachmann 2009). Die Städte Thessaloniki und Hannover fungieren als Untersuchungsorte, da beide ursprünglich in Bezug auf die urbane Mobilität zu autofreundlichen Städten entwickelt wurden und seit einigen Jahren nun bereits die Ambition verfolgen, sich diesbezüglich nachhaltig zu entwickeln. Obwohl in beiden Städten bereits verschiedene Maßnahmen umgesetzt worden sind, existieren zahlreiche Unterschiede, die erkennen (Schneider 2018: III), unter anderem, weil sich insbesondere in der jüngeren Bevölkerung das Bewusstsein für die Auswirkungen der Verkehrsbelastung schärft und neue Alternativen geschaffen werden (Schneider 2018: 2). Vielerorts hat sich seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Leitbild der „autogerechten Stadt “ in der Stadtentwicklung durchgesetzt, mittlerweile wird dieses jedoch aufgrund aktueller Wandelprozesse kritisiert (Eberth et al. 2021: 28). Hier setzt der vorliegende Beitrag an, um zu vergleichen, inwiefern sich die urbane Mobilität in den ursprünglich autogerecht entwickelten Städten Thessaloniki und Hannover (beide Teil der DA AD- Hochschulpartnerschaft „Zentren der Zukunft - Herausforderungen und Chancen für eine nachhaltige Entwicklung (ZukunftZentren)) transformiert bzw. bereits transformiert hat. In der Vergangenheit als autofreundliche Städte entwickelt, unterscheiden sich die Entwicklungen der beiden Städte voneinander, was sie vor verschiedene Herausforderungen stellt. 2. Das Konzept der autogerechten Stadt und dessen Transformationspfade Durch unterschiedliche Entwicklungen und Einflüsse sind viele Städte in Europa in der Vergangenheit stark gewachsen. Zum Beispiel führte in Europa die Industrialisierung dazu, dass Lebens- und Wohnsituationen in Städten immer dichter und damit prekärer wurden. Im Jahr 1933 wurde deshalb im Rahmen der „Charta von Athen“ die Trennung von Wohnen und Arbeiten angestrebt, wodurch zahlreiche Wohnbzw. Hochhaussiedlungen entstanden und mit der ein intensiver Ausbau der Verkehrsinfrastrukturen einherging. Die durch Henry Ford eingeführte Fließbandfertigung und somit erschwingliche Massenproduktion des Automobils setzte in den USA bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ein. Somit entwickelten sich viele urbane Zentren - auch aufgrund der steigenden Verbreitung von Autos in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts - zu „autogerechten Städten“ (Schlicht 2017: 7; Eberth et al. 2021: 28). Infolge dieser Entwicklungen wurden die Flächen für Rad- und Fußverkehr dem Auto nachrangig betrachtet, was dafür sorgte, dass Stadtzentren zunehmend an Attraktivität verloren haben (Gehl 2015: 240ff.). Das Konzept der autogerechten Stadt verfolgt das Ziel, dem Auto einen ungehinderten Verkehrsfluss in der gesamten Stadt zu ermöglichen (Strohm 2016: 602). Dafür wurden vorhandene Ringstraßen zu Stadtautobahnen verbreitert oder durch Erhöhung auf eine weitere Ebene aufgestockt sowie Über- und Unterführungen für den Fußverkehr etabliert THEMA Transformation urbaner Mobilität 18 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 saloniki 2019 in Senikidou et al. 2022: 4). Die Stadt ist somit auch heute noch stark auf die Fortbewegung mit dem Auto ausgerichtet, weil auch die Fuß- und Radverkehr-Infrastrukturen nur unzureichend und unsicher ausgebaut sind (Nikiforiadis et al. 2020: 3). Der öffentliche Verkehr in Thessaloniki beruht derzeit nahezu ausschließlich auf einem ausgeprägtem Bussystem (Saliara 2014: 542; Perra et al. 2017: 330; Senikidou et al. 2022: 4), welches durch zwei „suburban railway lines“ ergänzt wird. Jährlich werden in ca. 530 Bussen auf 75 radialen angeordneten Buslinien rund 180.000.000 Passagiere transportiert. Das Busnetz besteht aus städtischen und vorstädtischen Linien, die den gesamten Großraum Thessaloniki in einem Radius von 50 Kilometern um das Stadtzentrum mit etwa 2000 Haltestellen und einer Gesamtlänge von 970.000 km bedienen (Saliara 2014: 542). Zudem ergänzen Busterminals das System, welche als intermodale Knotenpunkte für den Umstieg vom privaten Auto auf den öffentlichen Verkehr dienen (Senikidou et al. 2022: 4). Bisher sind smarte Technologien wie z. B. e-Tickets und multimodale Apps nicht ausreichend umgesetzt, sodass die Zufriedenheit der Fahrgäste eher gering ist (Papagiannakis et al. 2018 in Senikidou et al. 2022: 4). Allerdings gibt es seit dem Jahr 2013 ein Fahrrad-Sharing-System mit 200 Fahrrädern an acht Stationen (Nikiforiadis et al. 2020: 3). Seit dem Jahr 2009 strebt die Stadt zudem an, sich zum „Urban Mobility Centre“ zu entwickeln (Morfoulaki et al. 2011: 163) und die Fertigstellung eines geplanten Metronetzes soll nach rund 17 Jahren Planungs- und Bauzeit im Jahr 2026 erfolgen (siehe Bild 1) (Saliara 2014: 542). Die Stadt Thessaloniki hat im Jahr 2021 den Sustainable Urban Mobility Plan (SUMP) entwickelt, der verschiedene Herausforderungen für die Umsetzung eines Mobilitätswandels mit sich bringen. Durch den Vergleich der beiden Städte im Hinblick auf die urbane Mobilität werden verschiedene Transformationsoptionen sichtbar, die diskutiert werden können. 4. Zum Stand und zur Zukunft urbaner Mobilität in Thessaloniki und Hannover 4.1 Urbane Mobilität in Thessaloniki Thessaloniki ist Ver waltungszentrum der Region Zentralmazedonien und die zweitgrößte Stadt Griechenlands in Bezug auf die Fläche und auf die Einwohner*innenzahl (Perra et al. 2017: 330). Die Stadt ist stark historisch geprägt mit einer Geschichte von weit über 2000 Jahren. Die Stadtstruktur wird deshalb von zahlreichen historisch-kulturell bedeutsamen Gebäuden und Denkmälern bestimmt (Hastaoglou-Martinides 1997 in Anastasiou et al. 2022: 23). Das heutige Stadtbild wurde insbesondere durch ein Feuer im Jahr 1917 geprägt, welches einen nicht unerheblichen Teil der innerstädtischen Strukturen nahezu vollständig zerstörte. Der französische Stadtplaner und Architekt Ernest Hébrard veränderte durch seinen Neuaufbau die Struktur, Funktion und das Aussehen der Innenstadt maßgeblich: Vertikale und diagonale Achsen wurden eingefügt, die die Berge und das Meer verbinden sollen und dadurch eine moderne, europäische Metropole schaffen (Papastathis & Hekimogo 2010: 12). Suburbanisierungstendenzen und eine dichte, zahlenmäßig gleichbleibende Besiedlung kennzeichnen die Stadt seit den 1950er Jahren (Konstania et al. 2021: 3; Anastasiou et al. 2022: 23). Aufgrund zahlreicher archäologischer Funde und einer Vielzahl an Gebäuden, die „über Nacht“ errichtet wurden, ist Thessaloniki dicht und monoton modernistisch bebaut und verfügt über wenig Frei- und Grünflächen (Anastasiou et al. 2022: 23). Die Stadt beherbergt den zentralen Hafen im nördlichen Griechenland mit Ausstrahlung auf Teile des Balkans (Konstania et al. 2021: 1), ist Messe- und Universitätsstadt und bildet ein wichtiges wirtschaftliches, industrielles, kommerzielles und politisches Zentrum (Saliara 2014: 541). Heutzutage sind Verkehrsstaus, Verspätungen und illegales Parken regelmäßig stattfindende Phänomene in Thessaloniki (Perra et al. 2017 in Senikidou et al. 2022: 4), nicht zuletzt auch, weil der Besitz eines Autos bei 494 Autos je 1000 Einwohner*innen liegt (ELSTAT 2020 in Senikidou et al. 2022: 4). Im Jahr 2019 verteilten sich 41,3 Prozent auf das private Auto, 33,7 Prozent auf den öffentlichen Verkehr, 9,2 Prozent auf den Fußverkehr, 3 Prozent auf das Taxi und 1,7 Prozent auf den Radverkehr im Modalsplit der Stadt (Municipality of Thes- Bild 1: Metrostation im Bau (Quelle: Johanna Richter) THEMA Transformation urbaner Mobilität 19 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 Bild 2: Eine der Hauptverkehrsstraßen Thessalonikis mit getrenntem Fahrrad- und Fußweg an der Waterfront (Quelle: Johanna Richter) ist sie im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten durch eine wachsende Bevölkerung, (internationale) Zuwanderung und Zuziehende gekennzeichnet (Kaiser & Blaschke 2019: 199ff.). Für Familien mit Kindern ist zudem der suburbane Raum Hannovers als Wohnstandort besonders interessant (ebd.: 207). In Deutschland wurden Städte nach dem zweiten Weltkrieg nach unterschiedlichen Prinzipien wieder aufgebaut (Strohm 2016: 601). So wird in den konventionellen, historisch orientierten sowie den modernen Wiederaufbau unterschieden, zu dem auch Hannover zählt (Strohm 2016: 601; Bernhardt 2017: 530). Beinahe idealtypisch konnte in Hannover ab dem Jahr 1948 das Konzept der autogerechten Stadt entwickelt werden. Damals sollten 80 Prozent der Stadt autogerecht, gegliedert und aufgelockert wieder aufgebaut werden. Dazu wurden Büro-, Dienstleitungs- und Verwaltungsgebäude in der Innenstadt priorisiert und Wohnfunktionen überwiegend verdrängt (Strohm 2016: 602). Im Zentrum der Stadtplanung lag dabei der Autoverkehr (Eberth et al. 2021: 29). Um den Verkehr zu organisieren, wurde um das Zentrum ein City-Ring („Tangenten-Fünfeck“) angelegt, welcher über Radiale nach außen vernetzt wurde. Große Knotenpunkte auf dem Ring wurden als Kreisel strukturiert und die Geschwindigkeit auf die Fortbewegung mit Autos ausgelegt (Strohm 2016: 602). Zudem wurden zentrumsnahe Parkhäuser errichtet, um das Einkaufen in der Innenstadt zu erleichtern (Eberth et al. 2021: 29). Ein zentraler Aspekt der Entwicklung Hannovers zur autogerechten Stadt war zudem die Trennung von Autoverkehr auf Hochstraßen und Fußverkehr in Tunneln. Aufgrund des monofunktional, rein technisch ausgerichteten Rings litt allerdings die Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen deutlich unter dieser Aufteilung (Strohm 2016: 602). Auch aus diesem Grund geriet das Konzept der autogerechten Stadt bereits in den 1970er Jahren in die Kritik (ebd.), sodass in den 1980er Jahren erste Maßnahmen umgesetzt wurden, um eine Abkehr von der autogerechten Stadt zu schaffen. Hierzu zählen zum Beispiel Fuß- und Radwegachsen, die die Innenstadt mit den Nachbarquartieren verbinden (Eberth et al. 2021: 29). Durch die Abgabe der Verantwortlichkeit für den ÖPNV-Ausbau an die Region Hannover als zuständige kommunale Institution konnte dieser konsequent umgesetzt werden (Eberth et al. 2021: 29). Die Stadt hat darüber hinaus im Jahr 2008 den Ideenwettbewerb Hannover City 2020+ mit zahlreichen Beteiligungsformaten ausgerufen. Ziel war „die Revitalisierung der Innenstadt unter Rückeroberung und Transformation der überdimensionierten Verkehrsräustrategisch unter anderem ein integriertes und intermodales öffentliches Verkehrsnetz schaffen, den Autoverkehr verringern sowie den öffentlichen Raum zugunsten des Fuß- und Radverkehrs aufwerten soll (Tsamtzi & Papagiannakis 2013). Bislang gibt es keine etablierten Fahrgemeinschaften, Carsharing- oder Ride-Hailing-Angebote (Tsavdari et al. 2022 in Senikidou et al. 2022: 4). Senikidou (et al. 2022: 13) zeigen in ihrer Befragung, dass insbesondere familienorientierte Bewohnende die private Auto-Nutzung bevorzugen, wohingegen „klassische, urbane Individuen“ vermehrt den öffentlichen Verkehr nutzen. Außerdem wird der öffentliche Verkehr von jüngeren, einkommensschwächeren und sportlichen Personen genutzt, die kaum Zugang zu einem privaten Auto haben (Senikidou et al. 2022: 14). Mithilfe des strategischen General Urban Plan for the Municipality of Thessaloniki und ergänzenden „areas of strategic importance“ stößt die Stadt Thessaloniki in den vergangenen Jahren Projekte zur Verkehrsverlagerung an. Hier werden beispielweise das Metrosystem, eine Light Railway oder auch Cable Cars sowie urban sea transportation diskutiert, um die Hauptverkehrsstraßen, die alle das historische Zentrum queren, zu entlasten (Danadiadou 2023). Auch einzelne Fahrradwege wurden in den letzten Jahren ausgewiesen (siehe Bild 2). 4.2 Urbane Mobilität in Hannover Die niedersächsische Landeshautstadt Hannover bildet einen Verkehrsknotenpunkt von höchster Bedeutung und ist Standort zahlreicher global aktiver Wirtschaftsunternehmen (LHH 2023a). Als Arbeits-, Ausbildungs- und Universitätsstadt mit insgesamt rund 550.000 Einwohnenden (HMTG 2022) THEMA Transformation urbaner Mobilität 20 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 Rad- und Fußverkehrs und ordnet das Auto diesem unter (LHH 2023b). Das Konzept erhielt jedoch keine Mehrheit im Rat. 4.3 Vergleich der Transformationsoptionen im Bereich urbaner Mobilität von Thessaloniki und Hannover In viele Städten ist der Verkehr bis heute durch den Autoverkehr gekennzeichnet und damit zumeist autoabhängig (Saliara 2014: 536) - so auch in Thessaloniki und Hannover, wobei sich die Intensität in beiden Städten mittlerweile unterscheidet. Beide Städte stellen auf unterschiedliche Weise wichtige Handels- und Verkehrsknotenpunkte dar. Während Thessaloniki stark durch den Hafen und den Seeweg geprägt wird, ist in Hannover insbesondere der Schienenverkehr bedeutsam (Greinke & Mehnen 2023: 12). Beide Vorkommen erhöhen die Wirtschaftsfähigkeit der Städte, prägen aber auch das Stadtbild sowie das Verkehrsaufkommen und -verhalten. In Thessaloniki verteilt sich ca. 25 Prozent des Verkehrs auf das Stadtzentrum (Saliara 2014: 541). Der Modal Split in Thessaloniki ist dabei geprägt durch den Autoverkehr. Täglich überqueren etwa 94.500 Fahrzeuge die Hauptverkehrsadern der Stadt mit einer durchschnittlichen Spitzengeschwindigkeit im Zentrum von etwa 6 km/ h. Ein großer Teil der Staus wird durch den kreuzenden Verkehr verursacht, z. B. durch Fahrzeuge, die einen Parkplatz suchen, was in Thessaloniki durchschnittlich ca. 15 Minuten in Anspruch nimmt (Saliara 2014: 541). Zukünftig wird prognostiziert, dass etwa 75 % der arbeitenden und 50 % der Bevölkerung ein Auto in Thessaloniki besitzen wird (Tsamtzi & Papagiannakis 2013: 2381), was die derzeitige Situation weiter anspannen wird. In Hannover ist der Modal Split ebenfalls durch den me“ (Strohm 2016: 602). In Deutschland nutzen jedoch immer noch 63 Prozent regelmäßig das Auto für den Weg in die Innenstadt. 53 Prozent nutzen das Auto als Hauptverkehrsmittel (HDE 2022: 2). Der Modal Split in Hannover hat sich in den letzten Jahren zwar hin zur Nutzung des ÖPNV entwickelt, ist aber immer noch geprägt durch den Autoverkehr (siehe Bild 3) (Levin-Keitel et al. 2020: 11f.). Zudem verfügt die Stadt über ein radiales Schienennetz, welches die Umlandgemeinden anknüpft (Göbler 2020). Diese sind zudem durch Park & Ride und Bike & Ride Angebote sowie Busverbindungen an das Schienennetz der Stadt angebunden (Levin-Keitel et al. 2020: 10f.). Der Hauptbahnhof Hannover wird täglich von rund 250.000 Fahrgästen in 622 Zügen des Regional- und Fernverkehrs durchquert (Region Hannover 2018). Der S-Bahn- und Regionalbahn-Verkehr gerät dabei aufgrund des Berufspendelns oft an seine Kapazitätsgrenzen (Levin-Keitel et al. 2020: 12f.). „Rund fünfzig Jahre nach Ihrem Entstehen soll die autogerechte Stadt in Hannover de facto revidiert werden“ (Strohm 2016: 602). Dafür wurden und werden zum Beispiel Radabstellanlagen eingerichtet oder das Radverkehrsnetz verbessert sowie das Busnetz verändert und erweitert (LHH 2018a in Eberth et al. 2021: 29). In der Innenstadt Hannovers fand in den letzten Jahren bereits ein Beteiligungsprozess im Rahmen des Innenstadtentwicklungskonzepts 2035 „MITTE NEU DENKEN” statt, welches zum Ziel hat eine klimaneutrale, multifunktionale, vernetzte und resiliente Stadtmitte zu schaffen und zentrale Orte neu zu gestalten (LHH 2022). Zentrale und vielschichtig diskutierte Themen des Prozesses in Zivilgesellschaft und Politik waren dabei Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung oder einer autofreien Innenstadt (siehe Bild 4) (Wildermann et al. 2020: 460). Dafür hat die Stadt einen regionalen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) und einen Nahverkehrsplan erarbeitet (Göbler 2020: 296). Der VEP soll strategisch die CO2-Emissionen reduzieren, indem Verkehr vermieden und vom Autoverkehr auf den Umweltverbund verlagert wird (Region Hannover 2011). Außerdem steht die Entwicklung eines regionalen Radverkehrskonzepts im Mittelpunkt des VEP. Dabei soll das Radverkehrsnetz ausgebaut, die Qualität verbessert, die Verkehrsführung optimiert sowie die Verkehrssicherheit erhöht werden (Levin-Keitel et al. 2020: 11). Der Masterplan Mobilität 2025 der Stadt Hannover enthält zum Beispiel ein Netzkonzept Radverkehr sowie ein Leitbild Radverkehr (LHH 2018b). Im Herbst 2023 stellte die Verwaltung unter Leitung des Oberbürgermeisters die Fortschreibung des Konzeptes, das „Integrierte Mobilitätskonzept Innenstadt Hannover 2030+“ vor. Das Konzept legt den Fokus auf die Stärkung des Bild 3: Verkehrsknoten in der Nähe des Hauptbahnhofs Hannover (Quelle: Marzena Lenia Borchardt) THEMA Transformation urbaner Mobilität 21 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 tätsmerkmale einen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl haben (Senikidou et al. 2022: 1-2). Im Vergleich zu Hannover ist in Thessaloniki insbesondere der Radverkehr stark vernachlässigt worden. Zwar erfolgte bereits teilweise ein Ausbau von Radwegen, dies erfolgte jedoch insgesamt nur selten und ist im Hinblick auf die Verkehrssicherheit der Radfahrenden vielfach als unzureichend einzustufen (Tsamtzi & Papagiannakis 2013: 2380; Perra et al. 2017: 334). Dies hat zur Folge, dass sie nicht so stark frequentiert werden, wie sie es kapazitiv auffangen könnten. Ebenso ist das zu Fuß gehen in Thessaloniki aufwendiger als in Hannover. Viele Fahrrad- und Gehwege sind nicht barrierearm und zudem oft an den die Innenstadt durchquerenden Hauptverkehrsstraßen gelegen. Sie sind im Vergleich zu Hannover schmaler angelegt und baulich in einem schlechteren Pflegezustand. Nicht nur aufgrund der geografischen Lage und der Topographie der Stadt, sondern insbesondere auch aufgrund des Transportsystems gilt Thessaloniki als eine der am stärksten verschmutzten Städte in der Europäischen Union, was die Luftqualität betrifft (Morfoulaki et al. 2017: 163; Perra et al. 2017: 330). In Bezug auf die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs und im Hinblick auf die Reduzierung des Autoverkehrs, bieten die griechischen Versorgungsstrukturen Potenziale, weil sie die Bevölkerung im lokalen Umfeld versorgen. Während in Hannover vor allem für Lebensmittel größere Supermärkte aufgesucht bzw. angefahren werden, erfolgt diese Versorgung in Thessaloniki vielfach auf Märkten bei lokalen Markthändler*innen. In Hannover gibt es in den Stadtteilen ebenfalls (Wochen-)Märkte, diese finden aber im Gegensatz zu Thessaloniki nicht täglich statt. Die basar- oder marktähnlichen Strukturen Thessalonikis tragen dazu bei, die Innenstädte zu beleben, was auch für viele deutsche Innenstädte, die mit Leerständen zu kämpfen haben, wünschenswert wäre (Greinke & Mehnen 2023: 12). Auch hat die COVID-19-Pandemie Einfluss auf die urbane Mobilität in den Städten genommen. Insbesondere der Fuß- und Radverkehr sind in Zeiten der Lockdowns attraktiver geworden (vgl. Nikiforiadis et al. 2020). Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass während der Pandemie mehr zu Fuß gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren wurde, dagegen war der Rückgang der privaten Auto-Nutzung im Vergleich zum öffentlichen Verkehr nicht so signifikant (Nikiforiadis et al. 2020: 1). Vielfach wird davon ausgegangen, dass sich insgesamt die Mobilität während der Pandemie verringert hat, weil zum Beispiel mehr Homeoffice und Telearbeit möglich ist, aber auch öffentliche Verkehrsmittel gemieden und dafür lieber Fuß- und Radverkehr präferiert werden (Nikiforiadis Autoverkehr geprägt, wenngleich sich dieser in den letzten Jahren auch vermehrt hin zur Nutzung des ÖPNV entwickelt hat (Levin-Keitel et al. 2020: 11f.). Beide Städte sind folglich (immer noch) autofreundlich bzw. sind die Nutzenden (noch) autoaffin und nutzen dieses vermehrt. Im Vergleich der beiden Städte wird deutlich, dass Hannover bereits eine höhere Anzahl an Maßnahmen und Strategien erarbeitet und in Teilen umgesetzt hat, um die Bevölkerung stärker auf den ÖPNV sowie den Fuß- und Fahrradverkehr zu bewegen. Beispielsweise zeigt der Innenstadtdialog und die damit verbundene Initiative die Innenstadt verkehrsberuhigt oder gar verkehrsfrei zu gestalten, die Einstellung der Stadt in Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung und weg von der autogerechten Stadt. Der Prozess fand zwar keine politische Unterstützung und wurde nicht weiterverfolgt; nichtsdestotrotz hat es dazu geführt, dass in der Stadt Hannover einige Ringstraßen verkleinert wurden, was auch zukünftig noch weiter fokussiert werden soll. In Thessaloniki wurden bislang nur strategische Überlegungen angestellt, in denen eine Verkehrsverlagerung angestrebt wird. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung müsste jedoch auch eine Verkehrsverringerung angestrebt werden - zumindest des Autoverkehrs. Wegweisend könnte die Entwicklung des Metronetzes in der Stadt Thessaloniki sein, welches 2026 voraussichtlich eröffnet wird und damit den Autoverkehr deutlich reduzieren könnte. Welche Verkehrsmittel gewählt werden, hängt meist von der Reisezeit, den Reisekosten und dem Besitz von Verkehrsmitteln ab (z. B. dem eigenen Auto). Verschiedene Studien zeigen, dass neue Technologien, Umweltbelange sowie soziokulturelle und psychologische Faktoren sowie persönliche Identi- Bild 4: Zuwegung zur Innenstadt Hannovers (Quelle: Marzena Lenia Borchardt) THEMA Transformation urbaner Mobilität 22 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 re Wege gehen und über die eigenen Stadtgrenzen hinweg von anderen guten Beispielen (europäischer) Städte lernen. In aktuellen Krisenzeiten können Umbrüche eine besondere Chance bieten, die Wandelprozesse anzustoßen. Mobilitätswandel können insbesondere durch mutige und zukunftsweisende Stadtentwicklung für eine nachhaltige Transformation sorgen. Nachhaltige, resiliente und vulnerable Entwicklung kann Chancen und Herausforderungen für Städte mitbringen. In der DAAD geförderten Hochschulpartnerschaft „Zentren der Zukunft” werden in den nächsten Jahren gemeinsam mit der Aristotle University of Thessaloniki (Faculty of Engineering, School of Architecture) und der Leibniz Universität Hannover (Fakultät für Architektur und Landschaft, Institut für Umweltplanung) weiter planerische Strategien für eine lebendige, nachhaltige und resiliente (Wieder-) Belebung der Stadtzentren und Umlandgemeinden von Hannover und Thessaloniki erarbeitet. „Zentren der Zukunft” (https: / / future-centres.eu/ ) wird im Rahmen des vom Auswärtigen Amt und DA AD geförderten Programms „Hochschulpartnerschaften mit Griechenland“ gefördert. LITERATUR Ambs, T. & K. 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Vermuten lässt sich somit, dass die erwartete Verhaltensänderung in der urbanen Mobilität nur zeitweise angehalten und sich nicht dauerhaft etabliert hat. 5. Fazit und Ausblick „Die »autogerechte Stadt« ist eine Untote - als Leitbild längst beerdigt, als gesellschaftliche Realität jedoch quicklebendig“ (Bernhardt 2017: 538). Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass nicht mehr nur ein Verkehrsmittel - das Auto - die Menschen anspricht, sondern vielmehr auch alternative Verkehrsträger, wie zum Beispiel Fahrrad oder Schiene, die dann auch intermodal kombiniert werden können (Schuster & Waidelich 2019: 51-52). Dieser Eindruck wird auch im Vergleich der beiden Städte Thessaloniki und Hannover deutlich. Beide besitzen durch ihre historische Entwicklung zahlreiche Chancen und Herausforderungen für eine nachhaltige Transformation mit wenig bis keinem Autoverkehr. Im Vergleich ist in Hannover das lokale, regionale und überregionale Schienennetz deutlich besser ausgebaut, hingegen verfügt Thessaloniki über einen attraktiven Seeweg. Der Fuß- und Radverkehr und auch die dazugehörigen Infrastrukturen sind in Hannover vergleichsweise intakter, gepflegter und sicherer als in Thessaloniki. Bezüglich des Autoverkehrs, insbesondere mit dem Auto, sind beide Städte jedoch noch autogerechter als sie es in der heutigen Zeit sein könnten und müssten. Zwar gibt es in beiden Städten Bestrebungen weniger autofreundlich zu werden, die Nutzenden zeigen sich im Modal Split jedoch (immer noch) besonders autoaffin und auch die gebauten Strukturen in den Städten begünstigen diese Einstellung. Zukünftig gilt es für beide Städte mutig zu sein und neue Maßnahmen und Projekte für die Transformation weg von der autogerechten und hin zu einer nachhaltigen, autoarmen Stadtentwicklung zu erarbeiten und umzusetzen. Urbane Mobilität sollte dabei primär umweltfreundliche Verkehrsträger, wie öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad, zu Fuß gehen, Fahrgemeinschaften usw., fördern und gleichzeitig die Bevölkerung für die Wahl der Verkehrsträger sensibilisieren (Morfoulaki et al. 2011: 163). Dafür müssen beide Städte auch neue, mitunter wenig populä- THEMA Transformation urbaner Mobilität 23 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 schichte/ Hannovers-Geschichte-in-Zahlen (aufgerufen am 16.05.2023) LHH - Landeshauptstadt Hannover (2023)b: Integriertes Mobilitätskonzept Innenstadt Hannover 2030+. Stand: 08.09.2023. Verfügbar auf https: / / e-government.hannover-stadt.de/ lhhsimwebdd.nsf/ 8F4BB1CB4FCEBC0AC125 8A2F00185519/ $FILE/ 1930-2023_ Anlage1.pdf (aufgerufen am 19.08.2024) Levin-Keitel, M., Ruhrort, L., Allert, V., Gödde, J. & Krasilnikova, N. 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Springer-Verlag GmbH Deutschland. doi: 10.1007/ 978-3- 662-61168-5_24 Eingangsabbildung: © Johanna Richter AUTOR*INNEN Dr. Lena Greinke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Raumordnung und Regionalentwicklung, Institut für Umweltplanung, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover greinke@umwelt.uni-hannover.de https: / / orcid.org/ 0000-0001-8378-9956 Dr. Linda Lange, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Raumordnung und Regionalentwicklung, Institut für Umweltplanung, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover lange@umwelt.uni-hannover.de https: / / orcid.org/ 0000-0003-2269-865X Johanna Richter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Raumordnung und Regionalentwicklung, Institut für Umweltplanung, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover richter@umwelt.uni-hannover.de https: / / orcid.org/ 0009-0006-1382-8829 www.iro-online.de - Städte der Zukunft - Transformation unterirdischer Infrastruktur 37. Oldenburger Rohrleitungsforum 2025 Veranstaltungsort: Weser-Ems-Hallen Oldenburg Anerkannte Fortbildung gemäß § 6 FuWO ca. 100 Fachvorträge ca. 440 Aussteller Termin: 06. und 07. Februar 2025 Anzeige DOI: 10.24053/ TC-2024-0047 Die Wirkung des Deutschlandtickets in Städten Nachfrageschub, Verkehrswende, Arbeit und soziale Teilhabe Deutschlandticket, Verkehrswende, Stadtentwicklung, Berufspendler, soziale Teilhabe Andreas Krämer, Davide Brocchi Das im Mai 2023 eingeführte Deutschlandticket (DT) hat das Potenzial, nicht nur den Verkehr im urbanen Raum deutlich zu verändern, sondern darüber hinaus auch das Zusammenleben und das Stadtbild. Die Nutzung des Tickets ist in Großstädten vergleichsweise stärker. Das DT führt bei längeren Strecken zu der stärksten Verlagerungswirkung vom Pkw zum Nahverkehr. Das betrifft auch den Pendlerverkehr in den Metropolregionen. Damit erhält der öffentliche Nahverkehr einen Nachfrageimpuls in einer Periode, in der die Mobilität u. a. wegen der Homeoffice-Tätigkeit das Vor-Corona-Niveau nicht mehr erreicht. Stadtverkehr: Verliert der Pkw an Attraktivität? Nachdem bereits im letzten Jahr von einem verkehrspolitisch erfreulichen Rückgang des Autoverkehrs berichtet wurde, so u. a. in Berlin oder Hamburg [1], belegen auch aktuelle Studien, wie die von Agora Verkehrswende, ein interessantes Phänomen: Bei einem wachsenden Pkw-Bestand nimmt die Autonutzung ab [2]. Ein in diesem Kontext immer wieder genannter Bestimmungrund ist die nach wie vor große Bedeutung der Arbeit im Homeoffice. Diese soll zum Beispiel dazu führen, dass klassische Nachfragepeaks im ÖPNV gedämpft werden, ebenso die Nachfragespitzen im Pendelverkehr [3]. Die staatlich verordnete Arbeit von zuhause hatte während der Corona-Krise bereits einen starken Verlust an Kundenbindung im ÖPNV bewirkt (bei unverändert hohen Zeitkarten- 26 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0048 Wie wirkt sich das DT auf die Mobilität in Städten aus? Wie stark wird Verkehr auf Busse und Bahnen verlagert bzw. neu erzeugt? Wie stark sind die Erwerbstätigen nach Ende der Corona-Pandemie durch Arbeit im Homeoffice betroffen und welchen Einfluss hat dies auf die Mobilität allgemein bzw. speziell im urbanen Raum? Wie verändert das DT die Mobilität von Berufspendlern im städtischen Raum? Wie viele DT werden für das Pendeln zur Arbeit genutzt? Inwieweit kommen einkommensschwache Bevölkerungsschichten in den Genuss des DTs und wie wirkt das DT in Hinblick auf soziale Teilhabe? Das Deutschlandticket: Ein Ticket nur für Großstädter? Bereits beim 9-Euro-Ticket wurde eine relativ deutliche Abhängigkeit zwischen der Größe des Wohnorts und dem Ticketbesitz diskutiert [10] - teilweise drängte sich der Eindruck auf, das Ticket sei vorwiegend von Großstädtern genutzt worden [11]. Erwartbar ist, dass das DT besonders in Metropolregionen als attraktiv wahrgenommen und in ländlichen Gebieten weniger nachgefragt wird. Dies legen schon die Unterschiede in der Infrastruktur nahe. So ist es auch nicht erstaunlich, wenn bei der Nachfrage nach dem DT eine klar positive Abhängigkeit zwischen dem Anteil der DT-Besitzer in der Bevölkerung und der Wohnortgröße erkennbar wird. Wie Tabelle 1 ausweist, nutzen im Juli 2024 in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern gut ein Drittel der Menschen ein DT, während dies in kleineren Wohnorten weniger als 10 % sind. Allerdings sind in diesem Kontext weitere Zusammenhänge von Bedeutung. Dabei erscheint eine Trennung der Nutzergruppen mit DT sinnvoll: Personen, die bereits vor Einführung des DTs über ein ÖPNV-Abo verfügt haben (sogenannte Alt-Abo-Kunden). Der Anteil in der Erhebung beträgt 10 %. preisen ging die Nutzungsintensität der Abo-Kunden stark zurück). Später führte das DT (ab Mai 2023) zu einer allgemein stärkeren Nutzung des Nahverkehrs. Nach einem dramatischen Nachfrage-Einbruch in der Corona-Krise berichten Verkehrsunternehmen 2024 über Höchststände bei ÖPNV-Abo-Bestandszahlen (und damit mehr Kundenbindung [4]), deutlich mehr Fahrgäste, aber gleichzeitig auch über große Finanzierungsprobleme [5]. Beide Aspekte, Homeoffice und DT, bringen mehrere nachhaltige Effekte mit sich, weil sie möglicherweise zu einer Reduktion des Straßenverkehrs und perspektivisch des PK W-Bestandes führen. Jede zusätzliche Verringerung von CO 2 -Emissionen trägt zum Klimaschutz bei. Weniger Autos bedeuten weniger Luftverschmutzung, Lärm und Unfälle, dadurch mehr Gesundheit und Sicherheit für die Menschen. Je unabhängiger Städte vom Auto sind, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber Ölförderengpässen und steigenden Ölpreisen. Das Auto beansprucht zudem enorme Flächen: rund 17 Quadratkilometer in Berlin, 11 in Hamburg, 10 in München, 6,5 in Köln [6]. Weil Autos vor allem Stehstatt Fahrzeuge sind, werden diese Flächen auch als Parkplatz verschwendet. Eine Reduktion des Straßenverkehrs würde also Räume freimachen, die für eine Begrünung der Städte und ihre Abkühlung in Zeiten der Erderwärmung nötig sind [7]. Dies lässt sich auch mit dem Zielbild einer 15-min-Stadt verbinden ([8][9]). Zudem würde eine Umwandlung von Verkehrsräumen in Aufenthalts- und Begegnungsräume den Zusammenhalt, die Partizipation und die Teilhabe in der Gesellschaft fördern. Auf Basis von empirischen Untersuchungen der exeo Strategic Consulting AG, welche die Mobilitätsveränderungen vor, während und nach der Corona- Pandemie beleuchtet haben, sollen folgende Fragen beantwortet werden: Wie ist der Zusammenhang zwischen Nutzung des DTs und der Wohnortgröße? Wie hoch ist der Anteil der DT-Besitzer in deutschen Großstädten? Wohnortgröße (Einwohner) Deutschlandticket-Besitz (% Bevölkerung) Verteilung DT Ticketstruktur (% je Wohnortkategorie) Alt-Abo- Kunde Neu-Abo- Kunde DT Gesamt % der DT Alt-Abo- Kunde Neu-Abo- Kunde DT Gesamt < 1.000 3% 6% 9% 4% 33% 67% 100% 1.000 bis <10.000 4% 7% 11% 10% 39% 61% 100% 10.000 bis <50.000 6% 9% 15% 20% 41% 59% 100% 50.000 bis <100.000 9% 9% 18% 12% 49% 51% 100% 100.000 bis <500.000 15% 19% 33% 22% 44% 56% 100% Mehr als 500.000 21% 14% 35% 33% 60% 40% 100% Gesamt 10% 11% 21% 100% 49% 51% 100% Tabelle 1: Die Nutzung des Deutschlandtickets (DT ) in Abhängigkeit von der Wohnortgröße ( Jul. 2024) THEMA Transformation urbaner Mobilität 27 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0048 Verkehrsmitteln verlagert wird [15], ist klar festzustellen, dass das DT zu erheblichen Nachfragezuwächsen im ÖPNV-System geführt hat. Von den positiven Nachfrageimpulsen profitiert am stärksten der Schienenpersonennahverkehr [3] und weniger der ÖPNV in der Stadt [12]. Das zeigen auch veröffentlichte Ergebnisse zum Beispiel aus dem Hamburger Verkehrsverbund (hvv). Um zu beziffern, wie stark der Effekt des DTs auf die Nachfrage im hv v ist, wird in einer „No-Change-Prognose“ ein Szenario entworfen, in dem kein DT angeboten wird. Hierzu werden Zeitreihendaten herangezogen, so dass sich die Entwicklung bis Apr. 2023 (vor Einführung des DTs) unter Einbeziehung saisonaler Schwankungen und Trendeffekte für die kommenden Monate (nach DT-Markteinführung) fortschreiben lässt [16]. Für die Monate ab Mai 2023 (DT-Markteinführung) werden die Ist-Werte mit dieser Referenzlinie verglichen. Der dabei ermittelte Nachfrage-Zuwachs beläuft sich im Mittel der Monate Mai 2023 bis Juli 2024 auf etwa 17 % (Bild 1, linker Teil). Ein besonders starker Nachfragezuwachs betrifft die Sommermonate Juni/ Juli 2024. Auf Basis von Befragungsergebnissen lassen sich diese Erkenntnisse nicht nur bestätigen, sondern auch erweitern. Seit Marktstart des DTs im Mai 2023 steigen die Mehrverkehrseffekte durch das DT zunächst an, verhalten sich dann in der Streik-Phase (vorrangig im Bahn-Verkehr) stabil und nehmen später weiter zu (Bild 1, rechter Teil). Auf die Frage, wie sich die zusätzliche Nachfrage zusammensetzt, ergibt sich eine relativ eindeutige Antwort: Primär handelt es sich um verlagerte Nachfrage von anderen Verkehrsmitteln und nur wenig um induzierten (völlig neu generierten) Verkehr. Innerhalb der Nachfrageverlagerung kommt Personen, die vor Einführung des DTs nicht über ein ÖPNV-Abo verfügt haben (sogenannte Neu- Abo-Kunden, 11 % der Befragten). Nach der Markteinführung des DTs haben viele Menschen, die bereits bisher eine Abo-Monatskarte im ÖPNV genutzt haben, deutlich an Ausgaben für Mobilität sparen können. Beim bisherigen Preis von monatlich 49 Euro für das DT (ab Jan. 2025 gilt ein Preis von 58 Euro) geben diese nicht nur weniger Geld für Mobilität in der Stadt aus, sondern verfügen darüber hinaus über ein größeres Leistungsspektrum (bundesweite Nutzung des Nahverkehrs). Bei den DT-Besitzern, die in mittleren und kleinen Wohnorten leben, handelt es sich eher um Neu- Abo-Kunden. Diese Kundengruppe erhöht beim Einstieg in das „System Deutschlandticket “ vielfach die bisherigen Ausgaben für Fahrten im Nahverkehr, weil sie Busse und Bahnen mit dem DT stärker in Anspruch nimmt und gleichzeitig auf die Nutzung des Pkw verzichtet [12]. Lag der Anteil der Kunden, die unterhalb der Schwelle von 100.000 Einwohnern (Grenze für Großstädte) wohnen, beim 9-Euro-Ticket noch bei 56 % [13], fällt dieser beim DT auf knapp 50 % im Sep. 2023 [14], in der aktuellen Messung ( Juli 2024) sind es 45 %. Circa die Hälfte der DT-Kunden wohnt somit nicht in einer Großstadt. ÖPNV-Fahrgastzuwachs durch das Deutschlandticket Obwohl einzelne Facetten im Wirkungsmechanismus des DTs umstritten sind, zum Beispiel wie stark es durch das Angebot zu neu entstandenem Verkehr gekommen ist oder aber Nachfrage von anderen Bild 1: Beispiel Hamburger Verkehrsverbund: Analyse der Fahrgastentwicklung und Struktur der zusätzlichen Nachfrage THEMA Transformation urbaner Mobilität 28 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0048 (oder unterwegs) aufzuteilen [20]. Der Anteil der Arbeitstage mit Homeoffice an allen Arbeitstagen wird als Homeoffice-Quote definiert. Im Juli 2024 werden in Deutschland im Mittel 20 % der Arbeitstage im Homeoffice geleistet (1,0 Arbeitstage pro Woche), deutlich weniger als noch im Nov. 2020 (36 %). Aus Bild 2 wird erkennbar, dass DT-Besitzer, die nicht von zuhause aus arbeiten, den ÖPNV relativ intensiv nutzen. Mit erhöhter Homeoffice-Quote geht die mittlere Zahl an Fahrten mit dem Nahverkehr pro Monat zurück. Die Notwendigkeit einer täglichen oder fast täglichen Nutzung von Bussen und Bahnen zum Pendeln entfällt bei Erwerbstätigkeit im Homeoffice und wird auch nicht durch andere Fahrtzwecke kompensiert. Dies ist nur ein Grund dafür, dass die Nutzungsintensität beim DT insgesamt viel niedriger liegt, als vor der Corona-Pandemie generell für Zeitkarten im ÖPNV angenommen wurde [21]. Dieser Zusammenhang wird auch speziell für urbane Räume erkennbar, werden zum Beispiel die Wege in den letzten sieben Tagen differenziert nach Verkehrsmitteln und Homeoffice-Tätigkeit betrachtet (Tabelle 2). Erwerbstätige DT-Besitzer, die nicht von zuhause aus arbeiten, kommen insgesamt auf fast 22 Wege. Die Hälfte der Wege wird dabei mit dem ÖPNV unternommen. Personen mit einer Homeoffice-Quote von 50 % (oder mehr) unternehmen nur knapp 13 Wege, wobei zusätzlich der Modalanteil des ÖPNV nur 25 % beträgt. Deutschlandticket und Berufspendler Besonders groß sind die Erwartungen an das DT in Bezug auf die Veränderung des Pendlerverkehrs. Hintergrund dafür ist, dass mit der Entscheidung für der Substitution des Pkw-Verkehrs die höchste Bedeutung zu. Bei der Substitution von Pkw-Fahrten durch das Deutschlandticket sind drei Effekte von Bedeutung: Die Ticketnutzer sind in der Lage, die Reisekosten insgesamt zu senken. Selbst, wenn nicht die Vollkosten der Pkw-Nutzung angesetzt werden ([17] [18]), ergeben sich Kostensenkungen. Der zusätzliche Effekt nach Erwerb des DTs: Die inkrementellen Kosten für den ÖPNV sind Null. Über die Abschätzung der substituierten Verkehrsleistung des Pkw und weiterer Parameter ist die Reduzierungen an Klimagasen durch das DT pro Jahr bestimmbar. Diese Effekte sind zum weitaus größten Teil durch die Gruppe der Neu- Abo-Kunden bestimmt ([5][16]), da hier die Mehrverkehrs- und Pkw-Verlagerungswirkungen vergleichsweise stärker sind. Werden darüber hinaus die Verringerungen der externen Kosten betrachtet, die sich aus einer Substitution von Pkw-Fahrten ergeben, errechnet sich eine volkswirtschaftliche Entlastung in Höhe von 1,4 bis 2,3 Mrd. Euro p.a., je nachdem ob eher konservative oder optimistische Annahmen zugrunde gelegt werden (z.B. 9,45 Euro Ct. je Pkm [12] bis 16 Euro Ct. je Pkm [19]). Homeoffice als dämpfender Faktor für die Mobilität Durch die Nutzung von Befragungsdaten aus unterschiedlichen Messwellen ist es möglich, die Veränderung der „Remote Work“ aufzuzeigen. Die Studienteilnehmenden werden im Falle der Erwerbstätigkeit gebeten, die Arbeitstage eines aktuellen Monats auf Tätigkeit im Homeoffice bzw. auf der Arbeitsstelle Bild 2: Entwicklung der mittleren Homeoffice-Quote und Nutzungsintensität des ÖPNV bei DT-Besitzern nach Homeoffice- Tätigkeit THEMA Transformation urbaner Mobilität 29 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0048 Dabei handelt es sich bei 49 % der Pendler mit DT um Neu-Abo-Kunden. Wie oben beschrieben, sind hier besonders starke Verlagerungseffekte erwartbar. In diesem Kundensegment sind mehr als 50 % der Fahrten durch das Ticket neu für den Nahverkehr generiert worden (bei 30 % der Fahrten handelt es sich um substituierte Pkw-Fahrten). Wenn von den ca. 13 Mio. DT-Besitzern im Juli 2024 etwa 67 % erwerbstätig sind, davon 53 % Pendler und wiederum davon 49 % Neu-Abo-Kunden darstellen, dann erreicht dieses Kundensegment eine Größenordnung von 2,3 Mio. Personen. Monatlich werden hier durchschnittlich 8,7 Pkw-Fahrten substituiert, d. h. hochgerechnet fast 20 Mio. Fahrten pro Monat im Bundesgebiet. ein Verkehrsmittel für die Fahrten zum Arbeitsplatz über einen Monat bzw. ein Jahr sehr viele Nutzungen gebündelt werden. Deutschlandweit erfolgen mehr als zwei Drittel aller Fahrten zum Arbeitsplatz mit dem Pkw [22]. Die Quote der Besitzer eines DTs liegt in der Gruppe der Pendler höher als im Bevölkerungsdurchschnitt [14]. Die Auswertung von Mobilfunkdaten zeigt zum Marktstart des DTs einen positiven Einfluss auf den Pendlerverkehr und eine Nachfrageverlagerung vom Pkw hin zum Nahverkehr [23]. Wie Bild 3 verdeutlicht, pendelt gut jeder zweite DT-Besitzer mit Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Arbeit (36 % sind der Pendlerdefinition „Arbeitsstelle in einer anderen Gemeinde als der Wohnort“ zuzuordnen). Bild 3: Pendler mit Deutschlandticket- Besitz und Nachfrageeffekte nach DT-Teilsegmenten Wege mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln in den letzten 7 Tagen Keine Homeoffice-Tätigkeit 1 bis <50 Prozent Homeoffice 50+ Prozent Homeoffice Wege Anteil Wege Anteil Wege Anteil ÖPNV 10,8 50% 7,4 41% 3,2 25% Pkw als Fahrer*in 2,3 11% 2,7 15% 2,7 22% Pkw als Mitfahrer*in 1,7 8% 1,0 6% 0,3 2% Taxi 0,3 2% 0,9 5% 0,0 <1% Ride-Sharing 0,0 <1% 0,0 <1% 0,1 1% Car-Sharing 0,1 <1% 0,5 3% 0,1 1% Eigenes Fahrrad 1,6 8% 2,1 12% 0,7 6% Bike-Sharing 0,1 <1% 0,6 3% 0,0 <1% Motorrad 0,1 1% 0,1 <1% 0,3 2% (E-)Tretroller 0,3 1% 0,1 1% 0,3 2% Zu Fuß 4,3 20% 2,8 15% 4,9 39% Alle Wege 21,5 100% 18,1 100% 12,7 100% Tabelle 2: Mobilität bei Besitzern eines DT in Wohnorten ab 100.000 Einwohnern. ( Jul. 2024) THEMA Transformation urbaner Mobilität 30 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0048 Steuersätze und den Besitz eines eigenen großen Pkw dem DT vor. Ausblick: Das Deutschlandticket verändert die urbane Welt Ähnlich wie das 9-Euro-Ticket werden beim DT häufig einzelne Aspekte kontrovers und im Zweifel übermäßig kritisch betrachtet, ohne den komplexen Wirkungsmechanismus gesamthaft zu berücksichtigen. Bedrohlich wird das Szenario dann, wenn das DT in den Kontext eines hohen Grades an induziertem Verkehr und des Risikos von Überlastungen der bestehenden Kapazitäten gestellt wird - einhergehend mit entsprechend hohen volkswirtschaftlichen Kosten [27]. Werden allerdings die volkwirtschaftlichen Effekte monetarisiert, zeigen sich positive wohlfahrtsökonomische Wirkungen durch das DT. Im Saldo erwirtschaftet das Ticket einen Nettonutzen von mindestens 1,7 Mrd. Euro [30]. Bei optimistischen Annahmen kann der Gewinn aber auch doppelt so hoch ausfallen [31]. Diese allgemeinen Ergebnisse Ticket-Nutzung in Abhängigkeit vom Einkommen Bereits im Zuge des 9-Euro-Tickets wurde der Aspekt der sozialen Teilhabe diskutiert ([24] [25]), er spielt auch beim DT eine Rolle. Aussagen wie „beim DT findet eine Verteilung von unten nach oben statt” [26] insinuieren, niedrige Einkommensschichten hätten keinen adäquaten Zugang zum Ticket. Dies unterstützt die These, das DT würde Wohlhabende und die Oberschicht begünstigen [11]. Conrad (2023) greift das Bild auf, bei dem die „woken linksliberalen Vorstadtmilieus ... jetzt auf Kosten der Landbevölkerung durch die Nation tingeln“ [27]. Bei nüchterner Betrachtung zeigt sich jedoch, dass das Deutschlandticket alle Einkommensklassen abdeckt. Wie Tabelle 3 ausweist, verfügen 38 % der DT-Besitzer über ein Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 2.000 Euro. Dies ist auch bei Fokussierung auf Großstädte (100.000 und mehr Einwohner) der Fall. Der Nahverkehr und das DT sollten auch als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge betrachtet und gestaltet werden. So wie eine Privatisierung der Infrastrukturen und der Lebensweisen in den letzten Jahrzehnten zu sozialen Desintegrationserscheinungen beigetragen hat, so trägt eine Resozialisierung der Mobilität zur inklusiven Teilhabe, sozialen Durchmischung und so zum Zusammenhalt bei. Eine öffentliche Daseinsvorsorge ist im allgemeinen Interesse und dient allen - privilegierten wie benachteiligten Menschen. Eine stärkere Daseinsvorsorge wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden der Menschen aus, das besagen u. a. die jährlichen „Happiness Rankings“ der Vereinten Nationen [28]. Um sich eine starke Daseinsvorsorge zu leisten, sind die Menschen in skandinavischen Ländern bereit, Steuersätze zu zahlen, die teilweise doppelt so hoch wie in Deutschland liegen [29]. Durch diese Umverteilung sind die sozialen Ungleichheiten in Dänemark oder in Finnland weniger ausgeprägt als in Deutschland. Wer hingegen statusorientiert denkt, zieht vermutlich niedrigere Bild 4: Bahnhofsvorplatz Bonn (Sep. 2024) Tabelle 3: Nutzung des Deutschlandtickets (DT ) in Abhängigkeit vom Haushaltsnettoeinkommen Haushaltsnettoeinkommen pro Monat Deutschlandticket ( Jul. 2024) (Verteilung über die Einkommensklassen) Ticketstruktur (% je Einkommensklasse) <10.000 Einw. 10.000 - <100.000 Einw. 100.000+ Einw. Alle DT DT-Alt- Abo-Kunde DT-Neu- Abo-Kunde DT Gesamt <1000 EUR 17% 9% 7% 9% 45% 55% 100% 1000 bis <2000 EUR 23% 29% 30% 29% 44% 56% 100% 2000 bis <3000 EUR 20% 19% 20% 20% 49% 51% 100% 3000 bis <4000 EUR 19% 20% 18% 19% 50% 50% 100% 4000 bis <5000 EUR 9% 14% 10% 11% 56% 44% 100% 5000+ EUR 11% 9% 16% 13% 50% 50% 100% Gesamt 100% 100% 100% 100% 49% 51% 100% THEMA Transformation urbaner Mobilität 31 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0048 [5] Krämer, A., Mietzsch, O.: Zukunft Deutschlandticket: Vom Wohlfahrtsgewinn zu neuen Finanzierungsmöglichkeiten. 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Eine autogerechte Verkehrspolitik ist nur so lange ökonomisch günstig, wie die externalisierten und sozialisierten Kosten nicht berücksichtigt werden. Laut einer Studie der Universität Kassel kostet der Autoverkehr die Kommunen das Dreifache des ÖPNV [33]. Aus der Perspektive einer multidimensionalen Gesamtrechnung ist eine geteilte Mobilität deutlich günstiger als eine private und motorisierte. Selbst wenn Elektroautos ein neues Business für die Autoindustrie bilden, reichen sie für eine nachhaltige Mobilitätswende nicht aus: Benötigt werden neue Verkehrskonzepte anstatt ein Mehr vom Gleichen. Ein bezahlbares DT und der Ausbau der ÖPNV- Infrastruktur wären dabei erste Schritte in die richtige Richtung. Leider ist die im Sep. 2024 von der Verkehrsministerkonferenz beschlossene Preiserhöhung des DTs (auf 58 Euro pro Monat) ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung. Das Problem: Im Vordergrund der Entscheidung stand die Finanzierungslücke im Nahverkehr, anderen Zielen (soziale Teilhabe, Verkehrswende etc.) wurde hingegen ein geringeres Gewicht eingeräumt. Zu befürchten ist daher, dass in dieser Logik das DT bald Geschichte sein wird. Dabei ist diese Entwicklung nicht zwangsläufig vorgegeben, wie das Beispiel Portugal unterstreicht [34]. Dort ist der Preis des ebenfalls 2023 eingeführten Flatrate- Angebotes von 49 Euro aktuell auf 20 Euro gesenkt worden. LITERATUR [1] Dambeck. H.: Der private Pkw verliert drastisch an Bedeutung. Der Spiegel v. 09.08.2023, https: / / www.spiegel. de/ auto/ berlin-hamburg-muenchen-und-andere-pkwverkehr-in-deutschen-metropolen-nimmt-deutlichab-a-c4dd7b21-a3ba-4db3-bdac-db23c49c752f (Abruf: 12.9.2024). [2] Prein, P.: Entlastung im Autoverkehr trotz wachsendem Pkw-Bestand. 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Das Nachhaltigkeitscontrolling wurde so noch spannender und es befähigt und bereichert das Controlling, einen bedeutsamen Beitrag zur Bewältigung der enormen gesellschaftlichen Herausforderungen zu leisten. Ulrich Sailer Nachhaltigkeitscontrolling So werden Unternehmen nachhaltig gesteuert 5., überarbeitete Au age 2024, 338 Seiten €[D] 49,90 ISBN 978-3-8252-6254-9 eISBN 978-3-8385-6254-4 [30] Krämer, A., Mietzsch, O.: Zukunft Deutschlandticket: Verkehrswende, Finanzierung und wohlfahrtsökonomische Wirkung. Wirtschaftsdienst, Jg.104 (2024), Heft 9, S. 636- 643. [31] Krämer, A.: Das Deutschlandticket in einer wohlfahrtsökonomischen Betrachtung. Internationales Verkehrswesen, Jg. 76 (2024), Heft 3, S. 40-45. [32] ADAC: Flächenkonkurrenz im Verkehr: Reicht der Platz für alle? Beitrag v. 23.05.2024, https: / / www.adac.de/ verkehr/ standpunkte-studien/ mobilitaets-trends/ umfrage-flaechenkonkurrenz-verkehr/ (Abruf: 15.9.2024). 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AUTOR*INNEN Andreas Krämer, Prof., Dr., ist Vorstandsvorsitzender der exeo Strategic Consulting AG in Bonn und Direktor des VARI (Value Research Institute), Iserlohn. andreas.kraemer@exeo-consulting.com Davide Brocchi, Dr., ist freiberuflicher Transformationsforscher mit Fokus auf soziale und kulturelle Nachhaltigkeit. Er lebt in Köln. info@davidebrocchi.eu Anzeige THEMA Transformation urbaner Mobilität Fahrradinfrastruktur auf beengten Straßen Das Konzept 2-minus-1-Straße zur Stärkung der Sicherheit von Radfahrenden Fahrrad, Infrastruktur, Schutzstreifen, 2-minus-1-Straßen, Piktogrammketten, Verkehrssicherheit Leo Casey, Dennis Dreher, Lutz Gaspers Radverkehr auf Fahrbahnen mit einer Breite von weniger als 7 m kann problematisch sein. Pkw können Radfahrende bei Gegenverkehr nur ohne ausreichenden Sicherheitsabstand überholen. Dies wirkt sich negativ auf die Sicherheit und auf das Sicherheitsgefühl von Radfahrenden aus. Um auf solchen Straßen trotzdem Radverkehr zu ermöglichen, existieren mehrere Lösungen. So können Fahrradstraßen eingerichtet oder Piktogrammketten markiert werden. Ein in Deutschland noch nicht angewandtes Konzept sind 2-minus-1-Straßen, wie sie z. B. in Dänemark gängig sind. Einführung Bei der Planung von Straßen konkurrieren die Nutzungsansprüche unterschiedlicher Verkehrsmittel und Nutzer: innen mit einem begrenzten Flächenangebot und wirtschaftlichen Zwängen. Ein Verkehrsmittel, das davon besonders betroffen ist, ist das Fahrrad. Während die Mehrheit der Radfahrenden sich auf baulich getrennten Radwegen am sichersten fühlt [1], ist diese Lösung nicht überall umsetzbar. Selbst Schutz- und Radfahrstreifen, die sich in den vergangenen Jahren als fester Bestandteil der deutschen Radinfrastruktur etabliert haben, sind auf Straßen mit schmalen Fahrbahnen nicht immer möglich. 34 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0049 begrenzt [4]. Während Fahrradstraßen zumeist innerorts eingesetzt werden, sind sie auch außerorts möglich. Auch dort gilt die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/ h, weshalb die außerörtlichen Einsatzmöglichkeiten in der Praxis begrenzt sind. Eine einheitliche Gestaltungsvorgabe für Fahrradstraßen existiert nicht. Obgleich die ERA 2010 empfehlen Fahrradstraßen Vorfahrt gegenüber einmündenden Straßen zu gewähren, sind über die Hälfte der deutschen Fahrradstraßen nicht oder nur teilweise bevorrechtigt gestaltet [4]. Die empfohlenen Fahrbahnbreiten bewegen sich im Bereich von 4,00 m bis 4,50 m [5]. Der Grund ist offensichtlich: Baulich unterscheidet sich eine Fahrradstraße in der Regel nicht von einer konventionellen Straße mit Mischverkehr. Bei höheren Fahrbahnbreiten und Kfz-Freigabe ist mit engen Überholvorgängen gegenüber Radfahrenden zu rechnen. Fahrradstraßen sind insbesondere für Hauptverbindungen des Radverkehrs vorgesehen, auf denen ein hohes Radverkehrsaufkommen herrscht. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs- Ordnung (VwV-StVO) ermöglicht die Einrichtung von Fahrradstraßen auf Straßen „mit einer hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte, einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr“. In der Praxis funktionieren Fahrradstraßen wie gewünscht, wenn über den Verlauf eines Tages das dortige Radverkehrsaufkommen mindestens so hoch ist wie das Kfz-Verkehrsaufkommen [6]. Fahrradstraßen sind als verhältnismäßig sicher zu bewerten. So geschehen im Schnitt pro Fahrradstraße nur ca. vier Unfälle pro fünf Jahre. Davon ist wiederum nur ein Drittel der Unfälle direkt auf die Infrastruktur der Fahrradstraße zurückzuführen. Trotz der Fokussierung auf den Radverkehr sind in drei Viertel der Unfälle Kfz die Hauptverursacher. Auffällig ist eine Unfallhäufung an Kreuzungen und Einmündungen, was auf die uneinheitlichen Vorfahrtsregelungen an diesen Stellen zurückzuführen ist. Deshalb sollte bei der Planung ein besonderes Augenmerk auf die dortige Gestaltung gelegt [4]. Fahrradstraßen gelten bei Radfahrenden als besonders beliebt und werden bei der Routenwahl gegenüber den meisten anderen Führungsformen bevorzugt [7]. In Summe sind Fahrradstraßen eine Lösung, die sich in der Praxis bewährt hat und dazu geeignet ist den Radverkehr zu stärken. Eine Lösung für Fahrbahnen zwischen 6 und 7 m Breite scheinen Sie eher nicht zu sein, da sie das Problem der engen Überholvorgänge nicht adressieren. Für die Anlage von Schutzstreifen beträgt die Mindestbreite der Fahrbahn den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen 2010 (ERA) zufolge 7,00 m. Auf schmaleren Fahrbahnen sollen Schutzstreifen nicht angewandt werden. Gleichermaßen gilt Mischverkehr nach aktuellem Stand der Technik bei Fahrbahnbreiten zwischen 6,00 m und 7,00 m und Verkehrsstärken von über 400 Kfz/ h als problematisch. Der Grund ist, dass auf solchen Fahrbahnen enge Überholvorgänge durch Kraftfahrzeuge (Kfz) gefördert werden. Bei schmaleren Fahrbahnen ist ein Überholen physisch nicht möglich, auf breiteren Fahrbahnen ist in der Regel genug Raum für ausreichende Seitenabstände gegeben [2]. Im Allgemeinen zeigen Erhebungen, dass Radfahrende bei fast jedem zweiten Überholvorgang zu eng passiert werden [3]. Es existiert also ein offensichtlicher Widerspruch: Gerade auf Fahrbahnen, die für den Mischverkehr nicht geeignet sind, ist die Einrichtung von Schutzstreifen nicht möglich. Wie lässt sich also auf Straßen mit schmaler Fahrbahn sichere Radinfrastruktur umsetzen? Um Radverkehr sichtbar zu machen und dessen Nutzung zu stärken, ist es von Bedeutung, eine geeignete Infrastruktur bereitzustellen. Sichere Infrastruktur ist einer der wichtigsten Faktoren, um Menschen zur Nutzung des Fahrrads zu bewegen und somit die Mobilitätswende zu stärken. Für schmale Fahrbahnen existieren bereits einige Möglichkeiten mit unterschiedlichen Einsatzbereichen. Bereits im Einsatz sind in Deutschland z. B. Fahrradstraßen. Während einige Bundesländer seit neuestem Piktogrammketten ermöglichen, existiert mit sogenannten 2-minus-1-Straßen ein Konzept das bisher nur außerhalb Deutschlands (z. B. in Dänemark und den Niederlanden) eingesetzt wird. Die genannten Konzepte werden im Folgenden vorgestellt und untereinander verglichen. Fahrradstraßen Fahrradstraßen sind speziell ausgewiesene Straßen, die hauptsächlich dem Fahrradverkehr vorbehalten sind. Diese Straßen sollen Radfahrern mehr Sicherheit und Komfort bieten und sind oft Teil von größeren Radverkehrskonzepten in Städten und Gemeinden. Anderer Fahrzeugverkehr ist im Standardfall nicht zugelassen, kann jedoch durch Zusatzzeichen ganz oder teilweise erlaubt werden. Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis reger Gebrauch gemacht: 96 % aller Fahrradstraßen sind zumindest teilwiese für weiteren Fahrzeugverkehr freigegeben. In diesen Fällen ist der Radverkehr gegenüber anderen Verkehrsarten dennoch bevorrechtigt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist in jedem Fall auf 30 km/ h THEMA Transformation urbaner Mobilität 35 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0049 cherheit für Deutschland vor. In den USA existiert bereits mit sogenannten Sharrows eine vergleichbare Lösung. Zusätzlich zu Fahrradpiktogramm wird noch ein in Fahrtrichtung zeigender Doppelpfeil markiert. Unfallanalysen ergeben, dass auf Straßen mit Sharrows im Vergleich zu Straßen im Mischverkehr ohne Sharrows weniger Unfälle auftreten. Wenn Unfälle auf Straßen mit Sharrows auftreten, fallen diese jedoch deutlich schwerwiegender aus [11]. Auch auf Sharrows steigt die subjektive Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden deutlich an. Dies zeigt, dass die beiden Lösungen in ihren Ergebnissen vergleichbar sein können [12]. 2-minus-1-Straßen Der Begriff 2-minus-1-Straße bezeichnet eine Infrastrukturlösung, die im großen Rahmen in Dänemark angewandt wird (Im Dänischen: „2-minus-1-vej“ ). Auch in den Niederlanden findet sich diese Lösung häufiger. In geringerem Umfang nutzen auch z. B. Belgien, Frankreich, Schweden und die USA 2-minus- 1-Straßen. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um eine Straße mit schmaler Fahrbahn und ein- oder beidseitigen Schutzstreifen. Durch die Existenz der Schutzstreifen wird die Kernfahrbahn (der Bereich zwischen den Schutzstreifen) so sehr verengt, dass sich entgegenkommende Kfz nicht begegnen können, ohne dass mindestens eines der beiden Fahrzeuge auf einen Schutzsteifen ausweicht. Auf eine Leitlinie in Fahrbahnmitte wird in jedem Fall verzichtet. Durch diese Straßengestaltung wird dem Radverkehr ein Raum gegeben, wenn dies anderweitig (z. B. durch baulich getrennte Radwege) nicht möglich oder wirtschaftlich sinnvoll ist. Bild 1 zeigt, wie sich Verkehrsteilnehmende auf 2-minus-1-Straßen verhalten sollen. Kfz befahren in freier Fahrt die Kernfahrbahn (1). Radfahrende werden von Kfz regulär mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Seitenabstand überholt (2). Im Begegnungsfall mit entgegenkommenden Kfz weichen beide, wenn möglich auf die Schutzstreifen aus (3). Sollten sich in diesem Fall zusätzlich Radfahrende auf den Schutzstreifen befinden, verbleiben die Kfz bei gegebenenfalls reduzierter Geschwindigkeit hinter den Radfahrenden, bis das Überholen möglich wird (4). Die konkrete Gestaltung unterscheidet sich dabei von Land zu Land. Dänemark setzt auf vergleichsweise schmale Schutzstreifen (0,90-1,50 m), bei Kernfahrbahnbreiten zwischen 3,00 und 3,50 m. Die Niederlande hingegen verlangt Schutzstreifenbreiten zwischen 1,70 und 2,20 m. Die Kernfahrbahnbreiten variieren dort stärker, in einem Bereich zwischen 2,20 und 3,80 m. In der Regel werden 2-minus-1-Straßen auf Strecken mit wenig Kfz-Verkehr eingesetzt. Piktogrammketten Eine aktuell viel diskutierte Lösung für schmale Straßen sind Piktogrammketten. In der Straßenverkehrsordnung (StVO) und den Empfehlungen für die Anlage von Radverkehrsanlagen (ERA) sind diese noch nicht vorgesehen. Einige Bundesländer (u. a. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfahlen) haben jedoch bereits Erlasse veröffentlicht, die die Nutzung von Piktogrammketten ermöglichen. Aufgabe der wiederholt angebrachten Piktogramme ist die Sichtbarmachung des Radverkehrs auf der Fahrbahn und die Stärkung der objektiven und subjektiven Sicherheit der Radfahrenden. Darüber hinaus haben Piktogrammketten keine Ge- oder Verbotswirkung. Das Land Baden- Württemberg empfiehlt einen sparsamen Einsatz und nennt Hauptverkehrsstraßen, Netzlücken und Radverkehrsrouten mit hoher Netzbedeutung als mögliche Einsatzorte [8]. Piktogrammketten bestehen aus dem wiederkehrend auf der Fahrbahn angebrachten Radverkehr- Sinnbild gemäß § 39 Absatz 7 StVO. Das Sinnbild ist in der Regel 1 m breit und wird innerorts alle 25 bis 50 m bzw. außerorts alle 50 bis 100 m wiederholt. Der Abstand der Mitte der Piktogramme zum Fahrbahnrand soll 1 m betragen, da so das Rechtsfahrgebot verdeutlicht wird. Die Piktogramme sind also nicht in der Mitte eines Fahrstreifens, sondern eher rechtsseitig angebracht. Neben einem beidseitigen Einsatz von Piktogrammketten, ist auch die Kombination einer einseitigen Piktogrammkette mit einem einseitigen Schutzstreifen in Gegenrichtung denkbar [8]. Untersuchungen zeigen, dass Verkehrsteilnehmende die Bedeutung von Piktogrammketten in der Regel verstehen. Durch das Aufbringen von Piktogrammketten steigt zudem der Anteil an Verkehrsteilnehmenden, die korrekt benennen können, wo Radverkehr erlaubt und nicht erlaubt ist. Gleichermaßen steigt durch das Aufbringen von Piktogrammketten die subjektive Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden, wobei sich von allen Verkehrsteilnehmenden Radfahrende dennoch am unsichersten fühlen. Die seitlichen Abstände von überholenden Kfz gegenüber Radfahrenden nehmen ebenfalls zu, was als positiv zu werten ist. Trotz des gestiegenen Sicherheitsgefühls und des gestiegenen seitlichen Überholabstands nehmen Radfahrende Interaktionen mit anderen Verkehrsteilnehmenden nach Aufbringung der Piktogrammketten nicht als angenehmer war. Auch die wahrgenommenen Seitenabstände bei Überholvorgängen durch Kfz steigen durch Piktogrammketten nicht, sondern nehmen vielmehr tendenziell sogar ab [9], [10]. Aufgrund der Neuartigkeit dieser Lösung liegen noch keine belastbaren Zahlen über die objektive Si- THEMA Transformation urbaner Mobilität 36 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0049 den die Auswirkungen der 2-minus-1-Straßen in Bezug auf die subjektive Sicherheit von Radfahrenden, das Positionsverhalten von Kfz, die Seitenabstände zwischen Radfahrenden und überholenden Kfz sowie die Geschwindigkeiten von Kfz. Bei den meisten untersuchten Strecken wurden nicht für alle Kategorien Ergebnisse erfasst. Bild 2 zeigt eine Übersicht der Ergebnisse. Als positives Ergebnis lässt sich festhalten, dass die subjektive Sicherheit durch 2-minus-1-Straßen in der Regel steigt. Sieben der untersuchten Strecken wurden nach Einrichtung der 2-minus-1-Straße von Radfahrenden als sicherer empfunden als zuvor. Eine Strecke wurde als unsicherer empfunden, bei einer zeigte sich keine Veränderung. Das Positionsverhalten von Kfz variierte stark zwischen den Untersuchungsstrecken. Auf 16 Untersuchungsstrecken befuhren Kfz in der Regel auch ohne Gegenverkehr den Schutzstreifen. Auf neun der Untersuchungsstrecken nutzten Kfz wie vorgesehen hauptsächlich die Kernfahrbahn. Da durch das Befahren der Schutzstreifen keine unmittelbare Gefährdung entsteht, jedoch der Raum der Radfahrenden über Gebühr in Beanspruchung genommen wird, ist dieses Ergebnis als neutral zu bewerten. Weniger positiv fallen die Ergebnisse der verbleibenden beiden Kategorien aus. Durch die Einrichtung von 2-minus-1-Straßen ist demnach eine Verringerung der Seitenabstände bei Überholvorgängen zu erwarten. Dies geschah auf den untersuchten Strecken auf elf Strecken, während auf zwei Strecken keine Änderung eintrat und auf drei Strecken die Die Einsatzgrenzen unterschiedlicher Länder bewegen sich zwischen 3.000 Kfz/ d in Dänemark und der belgischen Region Wallonien bis hin zu 5.000 Kfz/ d in Frankreich und der kanadischen Provinz British Columbia. Auch die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten unterscheiden sich. Während in Schweden, Frankreich und der Region Wallonien Fahrgeschwindigkeiten bis zu 70 km/ h erlaubt sein können, sind in den Niederlanden innerorts nur 30 km/ h möglich. In Deutschland ist das Konzept der 2-minus-1-Straßen bisher nicht vorgesehen. Es sprechen zurzeit auch einige Richtlinien und Gesetze gegen den Einsatz: In der Deutschen Planung ist bei der Anlage von beidseitigen Schutzstreifen eine Kernfahrbahn von mindestens 4,50 m vorgesehen. Dies ermöglicht, zumindest theoretisch das Vorbeifahren von zwei entgegenkommenden Pkw, ohne auf die Schutzstreifen aufzuweichen. Außerorts sind Schutzstreifen zudem nicht zugelassen, weswegen der Einsatz dort aktuell nicht in Frage kommt. Ausnahmen zu diesen Regelungen gibt es im Land Baden-Württemberg. Mit Ausnahmegenehmigung der obersten Straßenverkehrsbehörde sind Schutzstreifen bei einer Kernfahrbahn von mindestens 4,10 m möglich. Seit 2023 erlaubt das Land auch Schutzstreifen außerorts. Dies lässt sich als Annäherung an das Konzept von 2-minus- 1-Straßen verstehen. Um die möglichen Auswirkungen dieser Infrastrukturlösung zu analysieren, wurde von den Autoren eine internationale Literaturanalyse durchgeführt. Dazu wurden 76 2-minus-1-Straßen in acht verschiedenen Ländern betrachtet. Im Fokus stan- Bild 1: Prinzipskizze zum Verhalten auf 2-minus-1-Straßen (Casey) THEMA Transformation urbaner Mobilität 37 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0049 Kfz- und Radverkehrsstärken. Fahrradstraßen haben sich in Deutschland als zuverlässige Infrastrukturlösung etabliert und können als stärkend für den Radverkehr angesehen werden. Jedoch sind sie nur auf Strecken mit einem (potenziell) hohen Radverkehrsaufkommen geeignet. An dieser Stelle setzen Piktogrammketten und 2-minus-1-Straßen an. Gerade diese beiden Lösungen sind durch ihren kostengünstigen Einsatz auch auf Straßen denkbar auf denen Radverkehr noch nicht die dominierende Verkehrsart darstellt. Beiden ist gemein, dass sie durch Markierungen auf der Fahrbahn einen sichtbaren, wenn auch nicht-exklusiven Raum für Radfahrende schaffen. Auch wenn reine Markierungslösungen von einigen Radfahrenden negativ betrachtet werden, zeigt sich in Summe ein Zuwachs an subjektiver Sicherheit. Der Unterschied zwischen Piktogrammketten und 2-minus-1-Straßen zeigt sich im Ausmaß in dem Radfahrenden Raum zugesprochen wird. Bei letzterem Konzept erhalten Radfahrende einen klarer vom Mischverkehr abgegrenzten Raum. Da Schutzstreifen prinzipiell kein neues Konzept sind, ist ihre Nutzung für Radfahrende verständlich. Andererseits funktionieren Schutzstreifen auf 2-minus-1-Straßen für den Kfz-Verkehr anders als konventionelle Schutzstreifen. Insbesondere die schmale Kernfahrbahn auf der trotz geringer Breite Zweirichtungsverkehr stattfinden soll, mag ungewohnt erscheinen. Daraus resultiert prinzipiell ein hoher Kommunikationsaufwand bei der Einführung dieser Lösung. Ob die Vorteile von durchschnittlichen Seitenabstände anstiegen. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Kfz sank auf 21 der Untersuchungsstrecken, im Vergleich zu sieben Strecken ohne Veränderung und elf Strecken mit erhöhten Kfz-Geschwindigkeiten. Die auftretenden Reduktionen bewegten sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle jedoch im Bereich von wenigen km/ h. Ein nennenswerter Beitrag zur Reduzierung des Unfallgeschehens durch reduzierte Geschwindigkeiten lässt sich daher bezweifeln [13]. Fazit Um den Fahrradverkehr zu stärken, empfiehlt es sich, diesem im Regelfall eine eigene Fläche im Straßenraum zu geben. Dies kann z. B. durch das Anlegen von baulich getrennten Fahrradwegen geschehen. Da dies oft nicht möglich oder wirtschaftlich ist, haben sich in Deutschland Schutzstreifen oder Radfahrstreifen auf der Fahrbahn etabliert. Auf Fahrbahnen mit einer Breite von unter 7 m, können diese aktuell jedoch nicht eingesetzt werden. Gleichermaßen gestaltet sich gerade dort Mischverkehr als problematisch. In diesem Artikel wurden drei mögliche Infrastrukturlösungen vorgestellt: Fahrradstraßen, Piktogrammketten und 2-minus-1-Straßen. Dabei zeigt sich, dass jede dieser Lösungen ihre Vor-, aber auch Nachteile hat. Die Wahl einer geeigneten Infrastrukturlösung hängt vom Einsatzort ab. Berücksichtigt werden sollten dabei u. a. die Lage der Strecke, ihre Bedeutung für das Radverkehrsnetz und die auftretenden Bild 2: Ergebnisse der Literaturanalyse zu 2-minus-1-Straßen (Casey) THEMA Transformation urbaner Mobilität 38 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0049 [10] A. Koppers, S. Ruf, J. Gerlach, T. Leven, und C. Hagemeister, „Radfahren bei beengten Verhältnissen - Wirkung von Piktogrammen und Hinweisschildern auf Fahrverhalten und Verkehrssicherheit“. Zugegriffen: 12. August 2024. [Online]. Verfügbar unter: https: / / www.svpt.uniwuppertal.de/ de/ home/ forschung/ projekte/ radfahrenbei-beengten-verhaeltnissen/ [11] S. Wall u. a., „The Effect of Sharrows, Painted Bicycle Lanes and Physically Protected Paths on the Severity of Bicycle Injuries Caused by Motor Vehicles“, Safety, Bd. 2, Nr. 4, S. 26, Dez. 2016, doi: 10.3390/ safety2040026. [12] M. Vasilev, K. Pitera, und T. Jonsson, „Evaluation of bicycle sharrows within the Norwegian context“, Transportation Research Procedia, Bd. 27, S. 1097-1104, 2017, doi: 10.1016/ j.trpro.2017.12.015. [13] L. Casey, „2-minus-1-roads: A literature based review“. 2024. Zugegriffen: 11. Juni 2024. [Online]. Verfügbar unter: https: / / transfer.hft-stuttgart.de/ katalog/ dataset/ velocity Eingangsabbildung: © Autoren 2-minus-1-Straßen ihre Herausforderungen aufwiegen, lässt sich für den Einsatz in Deutschland noch nicht zweifelsfrei sagen. Das eingangs angesprochene Problem der engen Überholvorgänge durch Kfz behebt keine der vorgestellten Lösungen. Die Anlage von baulich getrennten Fahrradwegen sollte daher weiterhin als Priorität angesehen werden. Dennoch macht die vorliegende Analyse eine Palette an Instrumenten zur Stärkung des Radverkehrs sichtbar, deren Einsatz in Deutschland zu empfehlen ist. Dem Konzept 2-minus-1-Straße stehen aktuell noch rechtliche Hindernisse entgegen. Es wird empfohlen ihre Auswirkungen durch Verkehrsexperimente genauer zu analysieren, um auf dieser Grundlage eine Empfehlung für oder gegen den flächendeckenden Einsatz auszusprechen. LITERATUR [1] F. Jurczok, T. Gensheimer, und F. Specht, „Fahrrad Monitor 2023“, SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, 2023. Zugegriffen: 3. Januar 2024. [Online]. Verfügbar unter: https: / / bmdv.bund.de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ StV/ fahrradmonitor-langfassung.pdf ? _ _blob=publicationFile [2] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Empfehlungen für Radverkehrsanlagen. Köln: FGSV Verlag, 2010. [3] L. Casey, L. Gaspers, und H. Mandel, „Overtaking in Stuttgart—analysis of the lateral distances between motor vehicles and bicycle traffic with reference to traffic volume and cycling infrastructure“, TSR, Bd. 7, S. e000052, Juli 2024, doi: 10.55329/ lzza8384. [4] N. Schläger u. a., „Sicherheitsbewertung von Fahrradstraßen und der Öffnung von Einbahnstraßen“, Unfallforschung der Versicherer, Forschungsbericht Nr. 41, 2016. [Online]. Verfügbar unter: https: / / www.udv.de/ resource/ blob/ 79788/ 1544ec50b0d46fa8a3883b2c9ca 2daeb/ 41-sicherheitsbewertung-von-fahrradstrassenund-der-oeffnung-von-einbahnstrassen-data.pdf [5] T. 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Zugegriffen: 17. April 2024. [Online]. Verfügbar unter: DOI: 10.1007/ 978-3-658-43402-1 AUTOR*INNEN Leo Casey, M. Eng. Akademischer Mitarbeiter, Schellingstr. 24 70174 Stuttgart leo.casey@hft-stuttgart.de https: / / orcid.org/ 0009-0007-7169-2111 Dennis Dreher, M. Eng. Akademischer Mitarbeiter und Teamleitung MoVe, Schellingstr. 24 70174 Stuttgart dennis.dreher@hft-stuttgart.de Lutz Gaspers, Prof. Dr.-Ing., Professor für Verkehrsplanung und Sprecher MoVe. lutz.gaspers@hft-stuttgart.de THEMA Transformation urbaner Mobilität 39 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0049 Geschäftsmodelle zur Finanzierung digitaler Technologien zur Erreichung der Klimaziele des Verkehrs Digitale Geschäftsmodelle, Umweltfolgekosten, öffentlicher Verkehr Annika Schmidt, Lars Schnieder Effizienter öffentlicher Verkehr ist mehr, als Fahrgäste qualitätsgerecht an ihr Ziel zu bringen. Öffentliche Mobilität kann zukünftig einen stärkeren Beitrag leisten, Umweltfolgekosten zu vermeiden. Hierbei besteht das Potenzial, dass andere Industriezweige ihre Umweltfolgekosten durch einen Ausbau öffentlicher Verkehrssysteme kompensieren. Dieser Beitrag skizziert zukünftige Geschäftsmodelle, die den wahren Wert nachhaltiger urbaner Mobilität im Sinne vermiedener Umweltfolgekosten abzubilden vermögen. 1. Konventionelle Geschäftsmodelle des öffentlichen Verkehrs Geschäftsmodelle spurgeführter Verkehrssysteme im urbanen Raum (also U-Bahnen, Light Rail Systeme, Straßenbahnen,) berücksichtigen im Allgemeinen die klassischen Unternehmensziele der Verkehrsunternehmen: betriebswirtschaftliche Optimierung: Verkehrsunternehmen verfolgen das betriebswirtschaftliche Ziel einer Gewinnerzielungsabsicht. Insofern bewerten Sie die Marktpotenziale in der von ihnen bedienten Region. Hierin fließen die Größe und Struktur des Marktes, die spezifischen Anforderungen der Fahrgäste sowie die Wettbewerbssitu- 40 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 das Nutzen-Kosten Verhältnis tatsächlich ist. Dadurch wird bei einem Kosten/ Nutzen Verhältnis >1 über die Einsparungen der Energiekosten hinaus kein Anreiz mehr gesetzt, besonders energieeffiziente Systeme einzusetzen. Der in der Bestimmung des Kosten-Nutzen- Faktors angewendete Nutzen von 670 EUR/ t CO 2 Äquivalent ist eine reine „virtuelle“ Größe, die der Berechnung der Förderwürdigkeit dient. Das Verkehrsunternehmen selbst hat keine Kosten in dieser Höhe. Das Verkehrsunternehmen hat also auch keinen Anreiz im Betrieb, diese Kosten einzusparen. Die Betrachtung des Förderinstruments GVFG zeigt also, dass die Herausforderung besteht, die tatsächlichen externen Kosten (Umweltfolgekosten) bzw. bei Einsparung des CO 2 , den korrespondierenden Nutzen, in die Geschäftsmodelle hinaus zu internalisieren. Gefordert sind also Geschäftsmodelle, die das Werteversprechen von digitalen Technologien zur Optimierung des Energieverbrauchs in Deutschland entsprechend ihres tatsächlichen Beitrags fördern. Der Ansatz muss daher sein, die Finanzierung des ÖPNV grundlegend neu zu denken. 2. Verflechtung des Emissionshandels mit Geschäftsmodellen des öffentlichen Verkehrs Durch eine geeignete Ausgestaltung von Geschäftsmodellen können Verkehrsunternehmen zukünftig dazu motiviert werden, gesamtgesellschaftliche Umweltfolgekosten in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Hierbei treten die von den Umweltfolgekosten betroffenen Interessengruppen in eine wirtschaftliche Austauschbeziehung zu den Verkehrsunternehmen, die einen Beitrag zur Minderung der Umweltfolgekosten leisten. In diesem Sinne wäre die These, dass der ÖPNV der Zukunft digitale Technologien, welche die Energieeffizienz steigern und damit die Umweltfolgekosten senken, herkömmlichen Technologien aus wirtschaftlichen Interessen vorzieht. Dies könnte durch Geschäftsmodelle gelingen, welche auf verhinderten Umweltfolgekosten basieren. Ein ähnliches Prinzip ist bereits aus Industriebereichen in Form von sogenannten „CO 2 -Zertifikaten“ bekannt. Bei den CO 2 -Zertifikaten ist zwischen dem regulierten EU-Emissionshandelssystem und dem unregulierten freiwilligen Markt für Zertifikate zu unterscheiden. Beim regulierten EU-Emissionshandelssystem wiederum gibt es unterschiedliche Systeme, die jeweils für bestimmte Branchen gelten. In der folgenden Tabelle sind die für den Verkehrssektor relevanten Systeme „nEHS“ (nationales ation im Vergleich zu anderen Mobilitätsoptionen mit ein. Insbesondere vor dem Hintergrund der Regulierung spielt auch die Frage der Eigen- oder Gemeinwirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bspw. die Verkehrsdienstleistung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum dient. volkswirtschaftliche Optimierung: Über die zuvor dargestellte rein betriebswirtschaftliche Betrachtung hinaus gewinnen zunehmend überlagerte verkehrs- und gesellschaftspolitische Fragestellungen für den ÖPNV an Bedeutung. Ein wesentlicher Treiber hierfür ist der Klimawandel. Der gesamte Transportsektor hat in Deutschland im Jahr 2023 insgesamt 146 Millionen Tonnen CO 2 verursacht (Lambrecht, 2024). Das entspricht 22 % der in Deutschland entstandenen Treibhausgasemissionen nach Sektoren des Klimaschutzgesetzes (Lambrecht, 2024). Die emittierten Tonnen CO 2 - Äquivalente verursachen gesamtgesellschaftliche Schäden. Je nach gewähltem Bewertungsszenario beliefen sich diese Schäden allein für die im Jahr 2023 emittierten Tonnen CO 2 des Verkehrssektors in Deutschland auf einen Wert zwischen 29,35 Mrd € bis 100,2 Mrd € 1 . Dass sich die Emissionen grundsätzlich durch einen attraktiven ÖPNV signifikant reduzieren lassen können, ist allgemein bekannt (Bundesverkehrsministerium für Digitales und Verkehr, 2016; SNCF RÉSEAU, 2017). In der aktuellen Geschäftslogik ist jedoch die Erbringung von besonders energieeffizienten Verkehrsdienstleistungen für die Verkehrsunternehmen in Deutschland finanziell nicht attraktiv und bedarf daher Ausgleichszahlungen durch die öffentliche Hand. So wird zwar im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) ausführlich untersucht, wie sich die Umweltfolgekosten durch ein Projekt reduzieren lassen und ein Nutzen von 670 EUR/ t CO 2 -Äquivalent wird herangezogen. Dabei wird der Fokus auf die Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene sowie Energieeinsparungen im Betrieb gelegt. Dies führt zu folgenden Nachteilen: Weitere Kriterien über die Verlagerungswirkung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene hinausgehenden Energieeinsparungen werden nicht betrachtet. Ein Beispiel sind hierbei beim Bau zu berücksichtigende Aspekte der Kreislaufwirtschaft, die vorgelagert und nachgelagert viel Energie einsparen kann. Ist für ein Projektvorhaben einmal ein Kosten/ Nutzen Verhältnis >1 ermittelt worden und damit die Förderfähigkeit festgestellt worden, wird für die Förderhöhe nicht weiter berücksichtigt, wie hoch THEMA Transformation urbaner Mobilität 41 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 vatpersonen auf freiwilliger Basis ermöglichen, ihre Treibhausgasemissionen durch den Kauf von CO 2 - Zertifikaten zu kompensieren. Die Preisentwicklung der CO 2 -Zertifikate hängt neben Angebot und Nachfrage auch wesentlich an Image und Glaubwürdigkeit der Kompensationsmaßnahmen. Hier gab es in jüngerer Vergangenheit einige Skandale, die den Ruf dieser Form der Kompensation in Fachkreisen stark beschädigt haben (Salas, C & Vetten, K., 2024; Fabarius, 2023; Hermes, 2023). Im Folgenden werden die drei wesentlichen Formen der CO 2 -Zertifikate verglichen, welche grundsätzlich im Verkehrssektor zum Einsatz kommen können (Fiedler et al, 2024: 10; EU Emission Trading System (EU ETS), o. D) (Tabelle 1): Da es auf dem Markt für VCM aktuell viel Verunsicherung gibt und damit eine langfristige Finanzierung und Planbarkeit für den ÖPNV durch dieses Instrument nicht gegeben ist, besteht die aktuell realistischste Chance, durch Emissionsreduktion den ÖPNV zuverlässig zu finanzieren, bei den regulierten nEHS-Zertifikaten. Aber auch diese gelten erst ab 2027 und sind durch die Versteigerungscharakteristik mit einiger Unsicherheit bezüglich des zu erlösenden Wertes pro eingesparter Tonne CO 2 behaftet. Nichtsdestotrotz ist der globale Markt für CO 2 - Preise mit 100 Milliarden US$ allein für 2022 enorm und deckt bereits 23 % aller emittierten Emissionen von Treibhausgasen ab (L., 2024). Der Markt wird sich nach aktuellen Prognosen exponentiell vergrößern und so schon 2026 weltweit ein Volumen von 500 Milliarden US$ umfassen (SouthPole, 2023). 3 Herausforderungen der Integration von Umweltfolgekosten in Geschäftsmodelle des öffentlichen Verkehrs Das Bestreben, Umweltfolgekosten in Geschäftsmodellen zu integrieren, ist nicht neu und wird von Experten als grundsätzlich sinnvoll angesehen (Umweltbundesamt, 2020: 8). Auf politischer Ebene gibt es viele unterschiedliche lokale Bemühungen. Diese sind lokal jedoch nur bedingt erfolgreich. Der Klimawandel ist ein globales Problem, welches nicht an politischen Grenzen Halt macht. Deswegen ist es bislang so schwierig, wirksame politische Instrumente zu schaffen, die über Grenzen hinweg wirken. So erklärt das deutsche Umweltbundesamt: „Umweltkosten sollten grundsätzlich internalisiert - also den Verursachern angelastet - werden. Da dies bisher nur unzureichend geschieht, gibt es keine hinreichenden wirtschaftlichen Anreize, die Umweltbelastung zu senken. Preise ohne vollständige Internalisierung der Umweltkosten sagen nicht die ökologische Wahrheit. Dies verzerrt den Wettbewerb und hemmt die Emissionshandelssystem) und „ETS II“ (europäischer Emissionshandel) vergleichend gegenübergestellt. Bei diesen Systemen handelt es sich um einen von der EU regulierten Markt für CO 2 -Zertifikate. Dieses Instrument der EU-Politik zur Bekämpfung des Klimawandels dient der kosteneffizienten Reduktion von Treibhausgasemissionen nach dem Prinzip „Cap and Trade“. Dabei wird eine Obergrenze (Cap) für die Gesamtmenge an Treibhausgasen festgelegt, die von den im System erfassten Anlagen bzw. Branchen insgesamt ausgestoßen werden darf. Innerhalb dieser Obergrenze erhalten oder kaufen Unternehmen Emissionsberechtigungen. Nicht ausgeschöpfte Emissionsberechtigungen können die Teilnehmer dieses Marktes untereinander handeln (EU Emission Trading System (EU ETS), o. D.; Örtl, 2023). Durch eine langfristige Senkung der zulässigen Obergrenze wird die mögliche CO 2 -Reduktion zukünftig verknappt, so dass eine dauerhafte Notwendigkeit zur CO 2 -Reduktion besteht. Demgegenüber ist der freiwillige CO 2 -Zertifikate Markt in der nachfolgenden Tabelle dargestellt (Voluntary Carbon Market (VCM): Dieser ist nicht reguliert und wurde in Einzelfällen bereits zur Co-Finanzierung des ÖPNV genutzt, wie in Delhi (Pti, 2009; Varah, 2024; Global Railway Review 2024). Dieser nicht regulierte Markt soll Unternehmen und PrinEHS ETS II Voluntary Carbon Market (VCM) Anwendungsbereich ETS II zzgl. weiterer Energieverbraucher, u. a. Landwirtschaft, Schienenverkehr, bauwirtschaftlicher Verkehr Straßenverkehr, Gebäude, Feuerungsanlagen außerhalb des ETS I Unreguliert Gase CO 2 CO 2 CO 2 Minderungsziel ggü. Dem Durchschnitt aus 2016-2018 -29 % in 2027 bis -46 % in 2030 -25 % in 2027 bis -38 % in 2030 Unreguliert Preisbildung Festpreis bzw. Preiskorridor bis 2026, danach freie Preisbildung Freie Preisbildung, aber mehrere Steuerungsmechanismen nach absoluter Höhe und Preissteigerung Freie Preisbildung Mengensteuerung Bis 2026 unbegrenztes Angebot, danach keine Mengensteuerung Marktstabilitätsreserve, Frontloading aus 2029-31 nach 2027 Unreguliert Auktionsmengen 236 Mio t CO 2 äq. in 2027 bis 180 Mio t CO 2 äq. in 2030 246 Mio. t CO 2 äq. in 2027 bis 200 Mio t CO 2 äq. in 2030 (vor Klima- Sozialfonds) Unreguliert Einnahmen 2027- 2030 42 Mrd. Euro beim CO 2 -Preis von 50 Euro/ t CO2 35 Mrd. Euro beim CO 2 - Preis von 50 Euro/ t CO 2 (zzgl. 5,3 Mrd. Euro aus Klima-Sozialfond) Unreguliert Verwendung der Einnahmen Klima- und Transformationsfonds: Klimaschutz/ Energiewende/ Tr ansformation Klima- und Transformationsfonds, restliche Einnahmen gehen an die Mitgliedstaaten, Fokus auf Klimaschutz und Soziales Unreguliert Verpflichtete Inverkehrbringer Inverkehrbringer Niemand Tabelle 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fiedler et al, 2024: 10 THEMA Transformation urbaner Mobilität 42 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 zählung auszuschließen. Hierbei gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Ansätze: 1. Top-down-Ansatz mit Schätzwerten, die auf dem Marktanteil eines Unternehmens und den für den gesamten Sektor angenommenen Emissionseinsparungen im Vergleich zu einem Referenzszenario beruhen. Dieser Ansatz ist sehr grob und wird in vielen Fällen einen von Umweltfolgekosten bedrohten Unternehmer nicht dazu motivieren, sich als Mitigationsmaßnahme gegen die Umweltfolgekosten am Geschäftsmodell nachhaltiger (spurgeführter) öffentlicher Verkehrssysteme zu beteiligen. 2. Bottom-up-Ansatz auf Basis von Primärdaten aus realen Projekten. Diese Daten haben das Potential, eine seröse, differenzierte Nachweisführung über eingesparte Emissionen und damit verbundener Umweltfolgekosten zu ermöglichen. Sie kommen damit als zielgerichtete Mitigationsmaßnahme für Unternehmer in Frage. Dafür ist zunächst zu ermitteln, welche Einflussgrößen im betrachteten System relevant sind. Der Bottom-up-Ansatz eignet sich für seriöse Geschäftsmodelle am besten und wird daher im Folgenden für verschiedene Komponenten spurgeführter Verkehrssysteme exemplarisch beleuchtet (Bild 1): 3.2 Kalkulation verhinderter Umweltfolgekosten Um diesen empirisch ermittelten CO 2 -Einsparungen einen monetären Wert in Form verhinderter Um- Entwicklung und Marktdiffusion umweltfreundlicher Techniken und Produkte. Die Umweltkosten müssen vor allem in Bereichen, die besonders hohen Umweltschäden verursachen, stärker als bisher in Rechnung gestellt werden. Dies würde beispielsweise den Ausbau der erneuerbaren Energien stärker fördern, die Anreize zur Energieeffizienz erhöhen und wesentlich zu einer nachhaltigen Mobilität beitragen. Aber auch in anderen Bereichen wie beispielsweise der Landwirtschaft und im Baugewerbe würde die Berücksichtigung der Umweltkosten dazu führen, dass nachhaltigere Produktions- und Konsummuster auch wirtschaftlich lohnender werden“ (Wilke, 2024). Um diese Umweltfolgekosten nun in digitale Geschäftsmodelle für nachhaltige spurgeführte Verkehrssysteme zu überführen, sind allerdings drei Schritte notwendig. Diese werden nachfolgend umrissen. 3.1 Nachweis vermiedener CO 2 - Emissionen Die vermiedenen Emissionen spurgeführter Verkehrssysteme müssen unter Berücksichtigung von Charakteristika des MECE- Prinzips (Mutually, Exclusive, Collectively and Exhaustive) nachgewiesen werden. Das heißt, dass man sich gegenseitig ausschließend (enthält nur Elemente, die einzigartig und unabhängig voneinander sind) und insgesamt erschöpfend (enthält nur Punkte, die jede einzelne Lösung/ jedes Szenario abdecken müssen) aufgenommen werden. Nach diesem Prinzip werden also die vermiedenen Emissionen berechnet, um Doppel- Bild 1: Möglichkeiten der Berechnung von vermiedenen Emissionen im ÖPNV Schienenfahrzeuge Durch leichtere Fahrzeuge wird weniger Antriebsenergie benötigt Vergleich mit Referenzfahrzeugen ohne Gewichtsreduktion Elektrifizierung Durch Elektrifizierung der Strecke werden fossile Energieträger ersetzt Vergleich mit nicht elektrifizierter Referenzstrecke Signaltechnik Durch Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene werden Ressourcen effizienter genutzt. Vergleich mit Referenz-systemen ohne Effizienzsteigerung Insgesamte eingesparte Emissionen im System Durch Effizienzsteigerungen im Fahrbetrieb wird weniger Energie verbraucht Durch erhöhte Kapazität auf den Schienen muss weniger Schienennetz neu gebaut werden. Zusätzlich gefahrene Personenkilometer Genutzter Energiemix Vergleich mit Referenzsystemen ohne Kapazitätssteigerung Genutzter Fahrzeugmix Potentielle Emissionen für Neubauten im Schienennetz Genutzter Energiemix Genutzter Energiemix Betrachtetes Teilsystem innerhalb der Bahninfrastruktur Emissionsvermeidungshebel Berechnungsmethode Wichtigste externe Einflussgröße Ergebnis THEMA Transformation urbaner Mobilität 43 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 Geschäftsmodelle entwickeln. Denn diese Umweltfolgekosten betrachten die globalen Risiken, ohne eine präzise Zuordnung auf potenzielle Investoren zu ermöglichen, die sich fragen „was habe ich davon? “. Daher muss im nächsten Schritt eine Zuordnung der Risiken auf Ebene der Investoren erfolgen. Durch diese Zuordnung lässt sich dann für jeden Investor der „Return on Investment“ (ROI) in Form eines reduzierten Risikos für seine Investition messen. 3.3 Allokation verhinderter Umweltfolgekosten Die Allokation der verhinderten Umweltfolgekosten erfolgt zu Individuen und Unternehmen, die ein eigenwirtschaftliches Interesse daran haben, diese Umweltfolgekosten zu vermeiden. Aus Risikoabschätzungen für ganze Branchen (S&P Global, 2023) kennen wir bereits die Rangfolge der am stärksten betroffenen Branchen von Umweltfolgekosten. Die Liste wird von den Branchen Kommunikationsdienste, Finanzwesen (z. B. Versicherungen) und Gesundheitswesen, angeführt. Zudem sind auch die jeweiligen ursächlichen Risiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeit sich durch die emittierten Treibhausgase stark erhöht und die verschiedenen Branchen in unterschiedlich starkem Maße betrifft, bereits für jede Branche aufgeführt (Wildfeuer, extreme Hitze, Wasserstress (z. B. durch hohe Luftfeuchtigkeit, Überschwemmungen), Fluten, tropische Wirbelstürme und Dürren). Innerhalb des Sektors „Verkehr“ kann es Interessen verschiedener Verkehrssysteme geben, im Rahmen der Emissionsobergrenze diejenigen Verkehrsmittel mit dem am kostengünstigsten umzusetzenden CO 2 - Einsparungen zu fördern, damit sowohl der Preis für die versteigerten Emissionsrechte im Rahmen bleibt weltfolgekosten beizumessen, bietet sich neben zu den zuvor beschriebenen CO 2 -Zertifikaten ein weiterer Ansatz an: Durch die wissenschaftliche Ermittlung der globalen und lokalen Auswirkungen jeder emittierter Tonne CO 2 lässt sich abschätzen, welche Schäden verhindert worden sind (Umweltbundesamt, 2020: 8; 39). Diese Werte müssen dann auf das jeweilige Jahr der emittierten Emissionen angepasst werden. In der nachfolgenden Grafik sind die Werte für das Jahr 2024 dargestellt. Die Anpassung auf die Kosten für im Jahr 2024 emittierte Emissionen ist in der Grafik über die „+8“ dargestellt, welche die inflationsbedingte, konservative Anpassung des 2020 durch das UBA ermittelten Kostensatzes auf das Jahr 2024 darstellt. Diese wird im Folgenden hinter den 195 EUR/ t CO 2 -äq. für die Höhergewichtung der Wohlfahrt heutiger gegenüber zukünftigen Generationen (graue Balken) bzw. hinter den 680 EUR/ t CO 2 äq. für die Gleichgewichtung der Wohlfahrt heutiger und zukünftiger Generationen (schwarze Balken) dargestellt (Bild 2 Umweltfolgekosten pro Personenkilometer in Deutschland 2024 (eigene Darstellung, Daten nach Umweltbundesamt, 2020: 39): Der Unterschied der durchschnittlichen Umweltfolgekosten von [1-5] sowie [10-11] zu den Angeboten des öffentlichen Personenverkehrs [6-7] bzw. [8-9] auf Basis der zurückgelegten Personenkilometer stellt die vermeidbaren Umweltfolgekosten dar, die der öffentliche Personenverkehr ermöglichen kann. Diese sind nicht zu verwechseln mit den zuvor beschriebenen CO 2 -Zertifikaten je Tonne CO 2 , welche eine Form der Steuer oder Abgeltung für emittierte Emissionen darstellt. Mit den zuvor dargestellten Umweltfolgekosten lassen sich allerdings noch keine praxistauglichen Bild 2: Umweltfolgekosten pro Personenkilometer in Deutschland 2024 (eigene Darstellung, Daten nach Umweltbundesamt, 2020: 39) THEMA Transformation urbaner Mobilität 44 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 Reduktion der Risikodimension Eintrittswahrscheinlichkeit durch Investitionen in Maßnahmen, die den Klimawandel auf ein Minimum reduzieren (wie zum Beispiel ÖPNV, siehe Bild 2). Diese Maßnahmen helfen, die zunehmende Häufigkeit von Schadensereignissen zu begrenzen. Denn der Wohlstandsverlust von 60 % hängt unmittelbar mit einer Erderwärmung des pessimistischen Szenarios „RCP 8.5“ 2 zusammen, bei dem die Emissionen in ähnlicher Weise bis zum Ende dieses Jahrhunderts weiter ansteigen, wie wir es aus der Vergangenheit kennen. Diese ermittelten Risiken zu reduzieren durch eine effektive Mitigationsmaßnahme wäre für die zuvor beispielhaft erörterte Gebäudeversicherung eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Um die Allokation der Umweltfolgekosten zu berechnen, die durch Investitionen in nachhaltige Verkehrssysteme verringert werden können, eignet sich eine Risikomatrix, welche die Eintrittswahrscheinlichkeit für das Eintreten von Schäden sowie deren Schweregrad miteinander verknüpft. Die Risikomatrix geht im ersten Schritt davon aus, dass die aktuellen Gebäudeversicherungsgeschäftsmodelle basierend auf Daten der Vergangenheit aktuell funktionieren und das Risiko daher im akzeptierten, grünen Bereich liegt. Hier ist für das Jahr 2023 in der folgenden Risikomatrix (Bild 3) angenommen, dass die Summe der Schadensschweren in einem akzeptablen Verhältnis zur Eintrittswahrscheinlichkeit von Schadensereignissen steht. Durch die veränderten Umweltbedingungen stehen diese Geschäftsmodelle der Gebäudeversicherer allerdings vor großen, wirtschaftlich nicht sinnvollen Risiken. Dies ist hier mit einem prognostizierten sehr hohen Risiko (roter Bereich der Risikomatrix) dargestellt. Dieses sehr hohe Risiko resultiert sowohl aus einer zunehmenden Schadensschwere als auch einer höheren Eintrittswahrscheinlichkeit von Schadensereignissen für das Jahr 2026. Diese rasante Entwicklung wird durch die Risikobewertungen des aktuellen Risikoreports des World Economic Forum (WEF) unterstützt (Global Risks Report 2024 | World Economic Forum, 2024), die Mitigationsmaßnahmen erfordern. Als Mitigationsmaßnahmen kommen in diesem Beispiel ein Dreiklang an Maßnahmen in Frage: Anpassung der Versicherungsbeiträge, Investition in bauliche Mitigationsmaßnahmen, vorrausschauende Investition in ein geringeres Erwärmungsszenario als RCP 8.5. Insbesondere für den letzten Aspekt ist eine Investition in den ÖPNV prädestiniert. Wie schnell die ergrif- und zum anderen auch die Umweltfolgekosten, die jedes Verkehrssystem unmittelbar treffen, reduziert werden. Das können zum Beispiel überflutete Straßen und Güterbahnhöfe sein, durch Hitze frühzeitig zerstörte Straßen, Extremwetterereignisse, die das Fliegen unmöglich oder teurer machen und das Equipment beschädigen. Betroffene Unternehmen müssen Umweltfolgekosten laut der International Financial Reporting Standards (IFRS) berichten und ähnlich einer Risikoanalyse ermitteln. Die Oxford Universität (Freeman et al [1], 2024; Freeman et al [2], 2024) liefert hier für einen Großteil der Betroffenen gute und detaillierte Anhaltspunkte, um Schaden und Eintrittswahrscheinlichkeit zu beziffern und zu allokieren. Methoden, die Risiken aus Unternehmenssicht zu bewerten, sind zum Beispiel der Expected Credit Loss Apporach (ECL), bei dem über Top-down-Annahmen zur Risikoverteilung auf bestimmte Sektoren, Regionen und Zeiträume in Abhängigkeit von konkreten physikalischen Risiken ermittelt werden. Durch das Impairment Model nach IFRS 9 werden Referenzzustände miteinander verglichen bzgl. der Auswirkungen des Klimas auf das Geschäft mit und ohne Klimaerwärmung bzw. mit unterschiedlichen Schweregraden der Klimaerwärmung. Dieser Vergleich von Referenzzuständen demonstriert die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels auf Unternehmen in vielfältiger Weise und erstreckt sich beispielweise über Finanzinstrumente, Versicherungsverträge, Vorräte, Wertminderungen sowie Rücklagen und Eventualverbindlichkeiten (Walter 2022). Deutlich werden die Umweltfolgekosten beispielsweise am Geschäftsmodell von Gebäudeversicherungen: Das Risiko in Folge von Überflutungen oder starke Stürme steigt massiv an durch den Klimawandel (zunehmende Schadensschwere und zunehmende Häufigkeit der Ereignisse). Bis zu einem gewissen Maß kann die Versicherung hier gegensteuern, indem sie die Beiträge erhöht und zunehmend mehr gefährdete Gebäude nicht mehr versichert. Doch die Erhöhung der Beiträge hat ihre Grenzen, da die Kunden im gleichen Zeitraum einen Wohlstandsverlust erleiden, der global je nach Erwärmungsszenario bis zum Jahr 2100 bis zu 60 % des heutigen Wohlstandsniveaus erreichen kann (Kotz et. al, 2024). Dadurch schrumpft der Markt für Gebäudeversicherungen zusätzlich und wird unprofitabel. Die wirksamsten Gegenmaßnahmen, um die Versicherbarkeit noch sicherzustellen, sind Reduktion der Risikodimension Schadensschwere durch Investitionen in bauliche Mitigationsmaßnahmen, welche in diesem Beispiel die Gebäude vor Schäden durch Überflutungen schützen sollen. THEMA Transformation urbaner Mobilität 45 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 dung von CO 2 beitragen. Wie in Bild 4 ersichtlich, hängt die Höhe der notwendigen Mitigationsmaßnahmen essenziell davon ab, auf welchem Erwärmungspfad sich die Weltgemeinschaft befindet. Dargestellt sind die beiden Extreme: RCP 8.5 „weiter so wie bisher“ im Gegensatz zum extrem niedrigen RCP 2.6, bei dem die Pro-Kopf-Emissionen von jetzt an stark sinken und 2080 den Wert 0 erreichen. Ein einzelnes Unternehmen wird voraussichtlich nicht entscheiden können, auf welchem Pfad sich die Weltgemeinschaft bewegt. Aber entsprechend des eingeschlagenen Pfades (aktuell RCP 8.5), kann es das Maß der wirtschaftlich lohnenden Mitigationsmaßnahmen ableiten. Würde die Weltgemeinschaft sich auf RCP 2.6 einigen können, so wäre der Return on Investment (ROI) für die Weltgemeinschaft maximal: Nicht nur die Umweltfolgekosten des RCP 2.6, die immer noch signifikant sind, könnten reduziert werden, sondern viel wichtiger noch: Die immensen Kosten sowohl für die Schäden als auch die Mitigationsmaßnahmen für RCP 8.5 könnten vermieden werden. Der ÖP(N)V ist als Mitigationsmaßnahme grundsätzlich sehr attraktiv und speziell digitale Lösungen, welche den Energieverbrauch optimieren, haben hier enormes Potential für ein außerordentlich gutes Vermeidungskostenverhältnis. Vermeidungskosten bedeutet das Verhältnis der zusätzlichen Kosten (bzw. Ersparnisse), die durch den Einsatz einer Technologie mit geringerer Treibhausgasintensität gegenüber dem jeweils vorherrschenden Stand der Technik ergibt. Es wird also ein externer Effekt, wie der Klimawandel, als Summe aus den Vermeidungskosten, der Internalisierung externer Effekte, dem Monetarismus, dem Spillover-Effekt und den Kosten aufgeschlüsselt (Feess 2018). Dies kann in der Bahnindustrie beispielsweise für die digitale signaltechnische Optimierung des Systems gut nachgewiesen werden, etwa durch ein leistungsfähiges bidirektionale wirkendes Zugbeeinflussungssystem (Communications based train control, CBTC), welches maximalen Strefenen Mitigationsmaßnahmen wirken, hängt maßgeblich von der Zusammensetzung dieser Maßnahmen ab. Dass es aber nicht mehr in dem vorherigen akzeptablen grünen Bereich zurück geht, hängt mit den Umweltfolgekosten durch den Klimawandel zusammen, die unsere Erde bereits massiv und zu unseren Lebzeiten unwiederbringlich durch Klimawandel verändern. Die Risikomatrix zeigt, dass die Gebäudeversicherung einen Nutzen hat, in Risikominderung zu investieren. Die Matrix zeigt aber nicht, welches Maßnahmenset dann das „wirtschaftlichste“ ist. Dies entspricht dem in der Sicherheitswissenschaft bekannten Prinzip „AL ARP (a slow as reasonably practicable). Die Analogie zu ALARP zeigt, welches Rational die Unternehmen bei der Auswahl der „richtigen Maßnahme“ anwenden können. Die verschiedenen Investitionen muss jedes Unternehmen nach ihrer Wirksamkeit für das eigene Risikoprofil bewerten. Demnach müssen in der Produktentwicklung Maßnahmen für identifizierte Produktrisiken nur dann implementiert werden, wenn sie finanziell und/ oder technisch mit vertretbarem Aufwand realisierbar sind. In der Übertragung auf Umweltfolgekosten sind also die Maßnahmen am relevantesten, die je investierter Ressource den größtmöglichen Hebel bei der Vermei- Bild 3: Exemplarische Risikomatrix für das Geschäftsmodell Gebäudeversicherungen Bild 4: Exemplarische Kosten-Nutzen- Analyse, welche nach dem AL ARP- Prinzip aufzeigt, wie hoch die Mitigationskosten im Verhältnis zum Erwärmungsszenario ausfallen; eigene Darstellung angelehnt an Kotz et al, 2024 und angereichert mit eigenen Schätzwerten für die Mitigationsmaßnahmen RCP 8.5 THEMA Transformation urbaner Mobilität 46 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 Für die Verkehrsunternehmen bietet sich damit die Möglichkeit, Fahrten als Dienstleistung an Betroffene von Umweltfolgekosten zur Minimierung dieser anzubieten. Zusammenfassung: Für die Finanzierung digitaler Technologien in ÖP(N)V können zwei neue, unterschiedliche Motivationen herangezogen: Mechanismus A: Über den Zertifikatehandel gespeiste staatliche Fonds dienen der Finanzierung des ÖPNV. Mechanismus B: Unternehmensbeteiligungen, wie die beispielhaft erwähnten Gebäudeversicherung haben aus eigenen betriebswirtschaftlichen Erwägungen (IFRS) heraus einen Anreiz in CO 2 - Minderung wegen des attraktiven Vermeidungskostenverhältnisses zu investieren, was ebenfalls z. B. über Fonds ermöglicht werden kann. Die Nachweisführung über die tatsächlichen Einsparungen sowie eine Abrechnung erfolgt dabei digital. Damit wäre nicht nur der Finanzierung des ÖPNV geholfen, sondern der ÖPNV kann damit den signifikanten Beitrag, den er über den Transport hinaus für die Gesellschaft einnimmt, adäquat abbilden und externe Kosten im eigenen Geschäftsmodell internalisieren. 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University of Oxford Global Railway Review (2024): Delhi Metro headquarters achieves Carbon Neutral certification - Global Railway Review, ckendurchsatz, minimierte Zugfolgezeiten sowie Energieeinsparungen von 20 % und mehr durch energieoptimierte Geschwindigkeitsprofile (Energy Efficient Driving; EED) für jede einzelne Zugfahrt ermöglicht (Schnieder, 2024; Uhrig & Eichner, 2021: 4). Die Adaption des Zugfahrplans an die prognostizierte tatsächliche Fahrgastnachfrage (demand responsive transportation) und die aktuelle Situation (bspw. Witterungsbedingungen). Dies trägt zum einen zu einer Verbesserung sowohl der von den Fahrgästen wahrgenommenen Dienstleistungsqualität bei (z. B. Reduktion der maximalen durchschnittlichen Wartezeit). Zum anderen werden auch die wirtschaftlichen Zielgrößen der Betreiber (z. B. weniger Zugkilometer) erreicht (Uhrig & Eichner, 2021: 8). Einführung leittechnischer Funktionen, welche durch das aufeinander abgestimmte Anfahren und Bremsen (Rekuperieren) der Fahrzeuge die Energieeffizienz des Systems über die Möglichkeiten des EED (siehe erster Punkt) hinaus erhöhen und außerdem über die Reduktion der Lastspitze im Mittel zu geringeren Kosten der Traktionsenergie führen (Uhrig & Eichner, 2021: 9). Nutzung neuer Mobilfunktechnologien (5G-Mobilfunk), welche anstelle von klassischer Kabelverlegung mit einer Vielzahl von Access-Points entlang der Strecke die IT-Infrastruktur deutlich reduziert (Schnieder & von der Heide, 2024: 10; Uhrig & Eichner, 2021: 11). Die Finanzierung solcher Technologien, die im besonders hohen Maße die Vermeidungskosten unterschiedlichster Stakeholder reduzieren, kann durch neue digitale Geschäftsmodelle zum Beispiel durch grüne Fonds ermöglicht werden. Diese Fonds können aus Steuergeldern befüllt werden (wie etwa dem Klima-Transformations-Fond und dem Klima-Sozial-Fond, welche zuvor im Zusammenhang mit den regulierten CO 2 -Zertifikatehandel bereits kurz angeschnitten wurden), wenn sich ein für den Steuerzahler positiver Business Case ergibt, von Unternehmen und Privatpersonen befüllt werden. Welche Motivatoren diese hätten, hier zu investieren, lässt sich anhand der vorherigen Risikoanalyse gut herleiten. Von harten Faktoren wie der Rentabilität der Investitionen durch eine sogenannte „Klimadividende“ über Mitigationsmaßnahme für die Unternehmenseigene Risikoanalyse über eine eher weiche, langfristige Investition in die Verringerung der zukünftigen Kosten des Klimawandels gibt es viele kapitalistisch motivierbare Gründe, in nachhaltige Verkehrsinfrastruktur zu investieren. THEMA Transformation urbaner Mobilität 47 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0050 Wilke, S. (2024, February 7). Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen. Umweltbundesamt. https: / / www. umweltbundesamt.de/ daten/ umwelt-wirtschaft/ gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen#methoden konvention-zur-ermittlung-von-umweltkosten-des-umweltbundesamtes Walter, Stefan (2022): Bilanzierung von Green Bonds anhand von Beispielen — Finbridge GmbH & Co KG, Finbridge GmbH & Co KG, [online] https: / / www.finbridge.de/ aktuelles/ 2022/ 04/ 27/ bilanzierung-von-green-bonds. ENDNOTEN 1 Rechnung basierend auf den Minimal- und Maximalwerten der Umweltfolgekostenabschätzungen der Methodenkonvention 3.1. des Umweltbundesamtes für das Jahr 2023. Der Minimalkostensatz ((195 +8) EUR/ t CO 2 äq. basiert dabei auf einer Höhergewichtung der Wohlfahrt heutiger gegenüber zukünftigen Generationen während der Maximalkostensatz ((680+8) EUR/ t CO“ äq.) auf einer Gleichgewichtung der Wohlfahrt heutiger und zukünftiger Generationen beruht. 2 Der Begriff repräsentativer Konzentrationspfad (engl. representative concentration pathway, RCP) wird seit dem fünften Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) zur Beschreibung von Szenarien für den Verlauf der absoluten Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre verwendet. So bezeichnet das Szenario eine Änderung der Energiebilanz der Erde um 8,5 W/ m². Diese Energiebilanz äußert sich in einer Erderwärmung. Eingangsabbildung: © iStock.com/ LeArchitecto Global Railway Review, [online] https: / / www.globalrailwayreview.com/ news/ 174162/ delhi-metro-carbon-neutral/ Global Risks Report 2024 | World Economic Forum (o. 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Zugleich muss der Nahverkehr attraktiver, individueller und bezahlbar gestaltet werden. Wie können Verkehrsunternehmen und Energiedienstleister den Wandel nutzen, um den ÖPNV in unseren Regionen neu aufzustellen? Die Anforderungen an einen flächendeckenden, modernen und bezahlbaren öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV ) sind unübersehbar. Als regionaler Energiedienstleister, der sowohl in der Netzverteilung als auch im öffentlichen Transport tätig ist, stehen wir im Zentrum der ökonomischen und ökologischen Herausforderungen dieser Zeit. Wir engagieren uns daher in der Entwicklung und Umsetzung von Lösungsansätzen, die darauf abzielen, den vielfältigen Erwartungen unserer Stakeholder gerecht zu werden. Dazu zählen nicht nur unsere Kundinnen und Kunden, sondern auch Fachkräfte und die Industrie. Zu den Kernthemen, die unsere tägliche Arbeit prägen, gehören die Energiewende in der Region und das Erreichen der Klimaziele, die Mobilitätswende hin zu einem attraktiven, individuellen und zuverlässigen ÖPNV, der für Fahrgäste und Gebietskörperschaften bezahlbar ist, der städtische ÖPNV, dessen Unterhaltungskosten stetig steigen und dessen Aufenthaltspunkte oft negativ wahrgenommen werden, die ÖPNV-Anbindung ländlicher Gebiete sowie der Fachkräftemangel, insbesondere im Fahrbetrieb. Es stellt sich die Frage, wie wir die Bedingungen schaffen können, um den künftigen Anforderungen an den ÖPNV gerecht zu werden. Dabei lohnt sich ein Blick auf flexible und nachhaltige Mobilitätsangebote sowie die Potenziale der Digitalisierung. Innovationen für eine zukunftsweisende ÖPNV-Region Der größte Treiber für die Verkehrswende ist der Klimaschutz. Während Deutschland bis 2045 klimaneutral werden will, ist das Auto in der Perso- 49 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0051 sert die Servicequalität und macht den ÖPNV für die Menschen attraktiver, was letztlich zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Mobilität beiträgt. Verkehrsmittel für nachhaltige Mobilität Neben neuen Möglichkeiten im On-Demand-Bereich bleibt der Bus ein wichtiger Bestandteil des regionalen Personenverkehrs. Der Wandel im ÖPNV geht einher mit der Verpflichtung, auch bei Bussen auf emissionsfreie Antriebstechnologien umzusteigen. Neben E-Fahrzeugen in Shuttle- und Sharing-Diensten sowie E-Scootern gewinnen auch E-Busse zunehmend an Bedeutung. Im Jahr 2022 stieg der Bestand an E-Bussen deutschlandweit um 620 Fahrzeuge. Das ist ein Zuwachs von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Trotz dieser beeindruckenden Steigerung waren 2022 lediglich 1.884 E-Busse im Einsatz, was einem Anteil von 3,5 Prozent entspricht [5]. Bei der Förderung von Elektrofahrzeugen im ÖPNV spielt die technologische Weiterentwicklung eine entscheidende Rolle. Ein besonderer Fokus liegt auf der Erhöhung der Reichweite von E-Bussen, um die Einsatzmöglichkeiten zu erweitern und die Abhängigkeit von konventionellen Kraftstoffen zu reduzieren. Die steigende Anzahl batterieelektrischer Linienbusse erfordert eine rasche Weiterentwicklung der Ladestationen. Die Hersteller müssen qualitativ hochwertige Produkte mit kurzen Lieferzeiten anbieten, während die Technik der Ladestationen platzsparender und einfacher zu installieren sein muss. Dies kann eine Erhöhung der Netzkapazität erfordern, was eine enge Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern voraussetzt. Die Einführung von E-Bussen erfordert auch eine Qualifizierung des Personals. Was in Zeiten des Fachkräftemangels eine Herausforderung darstellt, bietet gleichzeitig die Chance, bestimmte Berufsgruppen attraktiver und zukunftsfähiger zu machen. Mitarbeitenden im Fahrbetrieb, in der Wartung und Instandhaltung von E-Fahrzeugen können Weiterbildungen zum Elektromobilitätstechniker, Lade- und Energiemanagementtechniker oder Ladesäuleninstallateur angeboten werden. Ein vernetztes Lademanagement schafft zugleich neue Jobs im Hintergrund: in der Datenanalyse und Softwareentwicklung, Infrastrukturplanung und Cyber-Security. Digitalisierung des ÖPNV Ein Schlüssel zur Modernisierung des ÖPNV liegt in der Schaffung moderner Busbahnhöfe. Diese sollten nicht nur als Verkehrsknotenpunkte, sondern auch als angstfreie Räume mit hoher Aufenthaltsqualität gestaltet werden. Umbauten wie in Mönchengladbach, Bonn und Heiligenstadt zeigen, wie Barrierefreiheit, optimierte Verkehrsanbindungen und multifunktionenverkehrsprognose 2024 immer noch die erste Wahl [1]. Noch nie besaßen so viele Menschen ein Auto, Tendenz steigend. Der Anteil der Elektroautos liegt derzeit erst bei rund zwei Prozent [2]. Die Gewerkschaft Verdi und die Klima-bewegung „Fridays for Future“ haben die Bundesregierung aufgefordert, den öffentlichen Nahverkehr bis 2030 zu verdoppeln [3]. Aus ökologischer Sicht muss der Anteil des ÖPNV am Modal Split des Personenverkehrs in Deutschland also drastisch steigen. Dies spiegelt auch den Wunsch der Bevölkerung nach Nachhaltigkeit wider: Die Fahrgastzahlen steigen, nicht zuletzt durch das 49-Euro-Ticket. Der Nahverkehr mit Bussen legte um sieben Prozent auf fast 2,5 Milliarden Fahrgäste zu, erreicht aber in der Regel noch nicht das Vor-Corona-Niveau. Das liegt unter anderem daran, dass sich für viele Menschen das mobile Arbeiten z. B. aus dem Homeoffice etabliert hat. Dadurch entfallen viele tägliche Fahrten ins Büro. Neben dem Ziel, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten, werden Modernisierung und Instandhaltung immer teurer. Bei angespannten kommunalen Haushalten wird die Finanzierung des ÖPNV so zunehmend zu einem Kraftakt. Was ist also möglich? Was ist finanzierbar und trotzdem ressourcenschonend? Zielführend erscheint es, weniger über fixe und starre Nahverkehrspläne nachzudenken als vielmehr über bedarfsorientierte und flexible Mobilitätsangebote. Ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung des ländlichen ÖPNV sind Ruf- und Sammeltaxis. Beispiele wie in Mönchengladbach und einigen anderen Regionen Deutschlands - etwa im Main-Kinzig-Kreis, in Paderborn/ Höxter und Murnau bei Garmisch-Partenkirchen - zeigen, dass solche Modelle erprobt und umgesetzt werden. Bei uns im Raum Mönchengladbach können Kund: innen z. B. bequem und individuell per App eine Fahrt buchen. Die eingesetzten Elektrofahrzeuge bringen die Fahrgäste innerhalb des Bediengebietes von einem gewünschten Punkt zu ihrem Ziel. Unterwegs steigen weitere Fahrgäste zu - so wird die Fahrt für alle günstiger. Das kann zwar zu Umwegen führen, aber die Abholzeiten sind so kalkuliert, dass sie eingehalten werden können. Die genannten Beispiele zeigen, dass Veränderungen trotz etablierter Verkehrsmodelle möglich sind, wenn wir auf Flexibilität, Innovation und Kooperation setzen. Im Main-Kinzig-Kreis beispielsweise beteiligt sich der Bund an den Kosten für den Shuttle-Service. Neben flexiblen Mobilitätsangeboten wird auch eine flexiblere Linienplanung, die sich stärker an den Mobilitätsbedürfnissen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen orientiert, immer wichtiger. Sie ermöglicht einen effizienteren Mitteleinsatz, verbes- THEMA Transformation urbaner Mobilität 50 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0051 tätsalternative zu etablieren und hilft dabei, die Herausforderungen in Bezug auf Finanzierung und Flexibilität zu bewältigen. Fazit Das Angebot im ÖPNV muss sich stärker an den Mobilitätsbedürfnissen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen orientieren. Die Verkehrswende im ÖPNV ist entscheidend für die Erreichung der Klimaziele und die Förderung einer nachhaltigen Mobilität. Sie erfordert ein breites Spektrum an Maßnahmen - von der Einführung emissionsfreier Fahrzeuge über die Förderung von Ladetechnologien bis hin zur Ausbildung und Bindung von Fachkräften. Die Digitalisierung kann die Nachhaltigkeitsbestrebungen sinnvoll unterstützen, den Fahrbetrieb effizienter gestalten und den Kundenservice verbessern. Nur mit diesem ganzheitlichen Ansatz können wir die Zukunft unseres ÖPNV gestalten und gleichzeitig unsere Umwelt schützen. Die technologischen Möglichkeiten für eine Energie- und Verkehrswende sind vorhanden. Um sie wahrzunehmen, sollten wir auf die Kooperation zwischen Wirtschaft, Bürger: innen und Wissenschaft, Planung und Effizienz setzen. Die Energiedienstleister müssen gut wirtschaften und die Voraussetzungen schaffen, um ihren Beitrag zu leisten: durch Netzausbau, Fachkräftequalifizierung, digitales Denken und den Ausbau Erneuerbarer Energien. Der Weg zu einem nachhaltigen, attraktiven und effizienten ÖPNV ist anspruchsvoll, aber er lohnt sich für die Zukunft unserer Regionen und unseres Planeten. LITERATUR [1] https: / / www.wiwo.de/ politik/ erstmal-die-fakten-diesevier-grafiken-verraten-wie-es-um-deutschlands-verkehr-steht-/ 29472992.html, letzter Zugriff: 28.03.2024. [2] https: / / www.tagesschau.de/ wirtschaft/ verbraucher/ autos-zulassungszahlen-100.html, letzter Zugriff: 28.03.2024. [3] https: / / jungefreiheit.de/ politik/ deutschland/ 2023/ fridays-for-future-oepnv/ , letzter Zugriff: 28.03.2024. [4] https: / / www.tagesschau.de/ wirtschaft/ verbraucher/ nahverkehr-fernverkehr-fahrgaeste-busse-bahnen-100. html, letzter Zugriff: 28.03.2024. [5] https: / / www.pwc.de/ de/ branchen-und-markte/ oeffentlicher-sektor/ e-bus-radar.html, letzter Zugriff: 28.03.2024. Eingangsabbildung: © NEW AG nale Gebäude den ÖPNV attraktiver machen können. Zentrale Omnibusbahnhöfe (ZOB) werden sinnvoller und ganzheitlicher in ihre Umgebung integriert, z. B. durch die Anbindung an Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäude und die optimierte Flächennutzung: Es entstehen kurze Wege zwischen den wichtigsten Lebensräumen. Nutzer: innen wünschen sich eine offene, helle Gestaltung, möglichst ohne störenden Autoverkehr. Mögliche Lösung: klimagerechte und innovative Dachgestaltung, die Schutz vor Witterungseinflüssen bietet und begrünt ist. Helle Beleuchtung sorgt zusätzlich für angstfreiere Räume. Fahrradstationen, Taxistände, Fußgängerinseln und E-Mobilitätshubs runden das Bild eines modernen ZOBs ab und verknüpfen ihn sinnvoll mit dem Straßen-, Rad- und Fußwegenetz. Moderne Bahnhöfe zeichnen sich auch durch dynamische Fahrgastleitsysteme und die Möglichkeit der Etablierung alternativer Antriebskonzepte (z. B. Elektromobilität) aus. Ersteres zahlt auf das Konto „Digitalisierung“ ein und soll das Leben an Bahnhöfen und anderen Kontaktpunkten für Nutzer: innen und Personal einfacher machen. Das fängt ganz praktisch bei der Barrierefreiheit an: Sprechende Haltestellen ergänzen physische Blindenleitsysteme. Darüber hinaus ermöglichen digitale Angebote Echtzeitinformationen zu Fahrplänen, Auslastung, Verspätungen und Ausfällen. An Haltestellen können QR-Codes und digitale Anzeigen Papieraushänge ersetzen. Für das Personal stehen Apps zur Verfügung, um betriebliche Abläufe zu optimieren - z. B. digitales Schichtmanagement und Leistungsrückmeldungen. Die Fahrgäste wiederum haben über Kund: innen-Apps Zugriff auf umfangreiche Informationen wie Tarifdetails, digitale Tarifberatung und Ticketkauf sowie Fahrzeiten, Fahrplanänderungen und andere aktuelle Meldungen sowie die Möglichkeit, On-Demand-Dienste zu bestellen. Dies trägt wesentlich zur Verbesserung der Fahrgastorientierung, Effizienz und Servicequalität im ÖPNV bei. In Sachen Nachhaltigkeit haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich der Einsatz von Bordcomputern in Bussen mit Verbrennungsmotoren lohnt: Sie sind ein wichtiges Instrument, indem sie den Fahrer: innen Rückmeldung über eine umweltfreundliche Fahrweise geben und eine an die jeweilige Linie angepasste Navigation ermöglichen. Durch den Einsatz des Systems können bis zum kompletten Umstieg auf Elektromobilität pro Jahr rund 660.000 Kilogramm CO 2 und weitere Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Feinstaub und Stickoxide eingespart sowie die Betriebskosten und der Verkehrslärm der Busflotte gesenkt werden. Die Kraftstoffeinsparung liegt bei mehr als fünf Prozent. Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle, um den ÖPNV als nachhaltige und attraktive Mobili- AUTOR*INNEN Thomas Bley, Vorstand NEW AG thomas.bley@new.de THEMA Transformation urbaner Mobilität 51 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0051 Nutzung von Bushaltestellen für die letzte Meile Logistisches Konzept und systematische Machbarkeitsuntersuchung am Beispiel der Stadt Nürnberg ÖPNV-Verkehrssysteme, Vorsorgeprinzip, Straßenverkehr, Logistik, Infrastruktur Ralf Bogdanski, Carina Siefert, Carolina Stürmer Der bisherige Einsatz von Lastenrädern auf der letzten Meile der Paketlogistik (KEP) erfordert Mikro- Depotflächen im urbanen Raum, die kaum verfügbar sind. Als Alternative wird die logistische Nutzung von Bushaltestellen für einen Behälterumschlag von KEP-Transportern auf Lastenräder nach dem kooperativen Vorsorgeprinzip untersucht. Bushaltestellen sollen in freien Zeitfenstern als temporäre Ablageorte und Umschlagsfläche dienen. Um konzeptionell geeignete Bushaltestellen zu identifizieren, wird eine übertragbare analytische und systematische Herangehensweise am Beispiel der Stadt Nürnberg vorgestellt. Die Kurier-, Express- und Paketlogistik (KEP-Branche) verzeichnet seit vielen Jahren ein stark steigendes Sendungsaufkommen, getrieben durch den Versandhandel. Die damit stetig zunehmenden Zustellverkehre auf der letzten Meile sind somit repräsentativ für unvermeidbare Wirtschaftsverkehre in urbanen und suburbanen Räumen, die möglichst nachhaltig gestaltet werden müssen. Für eine nachhaltige Stadt- und Ballungsraumlogistik ist es von großer Bedeutung, nicht ausschließlich auf das Substitutionsprinzip zu setzen, d.-h. auf batterieelektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge. Schließlich werden damit zwar schädliche Emissionen vermieden und ökologische Vorteile erzielt, die sozialen Schadwirkungen des Wirtschafts- 52 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 sungen) und einem Personen-/ Güter-Mischbetrieb andererseits . Beide Ansätze lassen sich als hohe Integration von öffentlichen Nahverkehrssystemen in die logistischen Prozesse der letzten Meile bezeichnen, mit derzeit hohen rechtlichen, praktischen und ökonomischen Hemmnissen einer zeitnahen Umsetzung in die verkehrliche Praxis. Im weiteren Verlauf dieses Beitrags soll daher der Frage nachgegangen werden, wie eine wesentlich leichter umsetzbare, niedrige Integration von ÖPNV-Verkehrsinfrastrukturen in die letzte Meile der KEP-Branche erfolgen kann, ohne die logistische Nutzung von ÖPNV-Verkehrsmitteln. Der Fokus liegt auf der Nutzung von Haltestellen des Verkehrssystems Bus, da dieses in urbanen Räumen durch ein sehr dichtes Netz auf dem Verkehrsträger Straße und eine logistische Barrierefreiheit im Vergleich zu Straßenbahn, S- und U-Bahn gekennzeichnet ist. Es handelt sich um das sog. Haltestellenkonzept, bei dem vorkommissionierte Wechselbehälter an Bushaltestellen in logistisch relevanten Zustellgebieten von motorisierten KEP-Transportern auf Lastenräder für den Nachlauf umgeschlagen werden sollen, wobei mehrere Prozessvarianten denkbar sind. Zunächst kann zwischen einem Milkrun (Bild 1) und einer Tagestour (Bild 2) unterschieden werden. Beim Milkrun werden kleinere Wechselcontainer verwendet, die mit dem Lastenrad sukzessiv für die Auslieferung der darin vorkommissionierten Pakete abgeholt werden. Diese Variante hat den Vorteil, dass kleinere Boxen verwendet werden, die leichter bewegt und poverkehrs bleiben aber bestehen, so die Inanspruchnahme großer Verkehrsflächen und die Gefahren für schwächere Verkehrsteilnehmer. Kommunen setzen daher verstärkt auf das Konsistenzprinzip, also auf den Einsatz kleiner und ungefährlicher Verkehrsmittel; national auf elektrisch unterstützte, mehrspurige Lastenräder und international auf Light Electric Vehicle. Für einen logistischen Nachteilsausgleich dieser kleinen Verkehrsmittel gegenüber konventionellen Nutzfahrzeugen hinsichtlich Nutzlast, Nutzvolumen und Reichweite beim Einsatz in der KEP-Branche hat sich das Mikro-Depot-Konzept erfolgreich etabliert , welches jedoch einen Bedarf an logistischer Nutzfläche für einen zusätzlichen Sendungsumschlag auf Lastenräder in den Zustellgebieten verursacht . Dieser nicht unerhebliche Flächenbedarf im öffentlichen oder privaten Raum ist ein Verfügbarkeitsproblem und somit limitierender Faktor für das Mikro-Depot-Konzept, so dass die logistischen Potentiale des Lastenradeinsatzes in der KEP-Branche auf der letzten Meile nicht vollständig nutzbar sind. Einen derzeit viel diskutierten Ausweg aus diesem Dilemma bietet, als eine Form des Vorsorgeprinzips, die kooperative logistische Nutzung von öffentlichen Nahverkehrssystemen. Als Sonderform des Kombinierten Verkehrs soll hier der Hauptlauf mit ÖPNV-Verkehrsmitteln und der Nachlauf mit logistikgerechten Lastenrädern erfolgen. Die bekannten Konzepte dieses Vorsorgeprinzips unterscheiden zwischen exklusiver logistischer Nutzung von ÖPNV- Verkehrsmitteln einerseits (so z.- B. Gütertram-Lö- Bild 1: Niedrige ÖPNV- Integration: asynchroner Milkrun Bild 2: Niedrige ÖPNV- Integration: synchrone Tagestour THEMA Transformation urbaner Mobilität 53 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 abschließend nur durch eine kriterienbasierte Besichtigung validiert werden kann, ist es wichtig, aus circa 1.600 Bushaltestellen im Stadtgebiet Nürnberg eine ebenfalls kriterienbasierte Vorauswahl zu treffen. Hierfür wurden systematische und auch auf andere Städte übertragbare Datenanalysen entwickelt, die drei verschiedene Datenquellen nutzen. Diese sind Fahrplandaten und Haltestellenkataster der Verkehrsbetriebe sowie Luftbilddaten. Basierend auf den vorhandenen Daten und den konzeptionellen Anforderungen wurde ein Kriterienkatalog mit insgesamt 19 quantitativen und qualitativen Kriterien erstellt und ein zweistufiges Klassifizierungsverfahren entwickelt. Dabei unterscheidet der Kriterienkatalog zwischen sog. Muss- und Kann-Kriterien, welche sich je Prozessvariante unterscheiden können. Im Folgenden werden die verwendeten Datenquellen sowie der entwickelte Kriterienkatalog anhand ausgewählter Kriterien für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour vorgestellt und dessen Anwendung in der Klassifizierung von geeigneten vs. ungeeigneten Haltestellen am Beispiel der Stadt Nürnberg dargestellt. Datenquellen Fahrplandaten Für die Analysen stehen ca. 30 Millionen Echtzeitdaten von Stopps an Bushaltestellen im Zeitraum von März 2022 - März 2023 zur Verfügung. Diese Echtzeitinformationen wurden über die öffentliche Schnittstelle API der VAG in einer Datenbank gesammelt und von der HexFourty UG dem Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt. Neben den geplanten Ab- und Anfahrtszeiten (Soll-Information) an einer Bushaltestelle werden auch die tatsächlichen Ab- und Anfahrtszeiten (Ist-Information) ausgegeben, sodass neben den tatsächlichen blockierten und freien Zeiten an einer Haltestelle ermittelt werden kann, wenn ein Halt verspätet ist. tenziell auch in Bussen transportiert werden können. Bei der Tagestour muss ein entsprechend größerer Wechselcontainer verwendet werden, der bei einer einmaligen Übergabe an das Lastenrad übergeben wird. Beide Varianten können synchron (Bild 2) oder asynchron (Bild 1) ausgeführt werden. Im synchronen Modell treffen sich Transporter oder Bus und Lastenrad an einer Haltestelle für einen direkten Behälterumschlag; im asynchronen Modell bewegen sich die Fahrzeuge zeitversetzt. Der Wechselcontainer muss in diesem Fall diebstahlsicher an den Bushaltestellen zwischengelagert werden. Gleichzeitig wurde in mehreren Experteninterviews mit Partnern aus der KEP- Branche erarbeitet, dass eine asynchrone Variante als besser umsetzbar gesehen und somit bevorzugt wird. Um den Personentransport nicht zu stören, sollen Zeitfenster an Haltestellen für den Behälterumschlag genutzt werden, wenn diese nicht von Bussen belegt sind. Fahrgäste dürfen nicht behindert oder gefährdet werden, dafür muss u.a. genügend Fläche verfügbar sein und die Bushaltestelle muss für den Einsatz von Lastenrädern geeignet sein. Daraus ergibt sich die Forschungsfrage, wie konzeptionell geeignete Bushaltestellen am Beispiel der Stadt Nürnberg systematisch und nachvollziehbar quantitativ und qualitativ identifiziert werden können und ob sich daraus ein relevantes Lastenradpotential ableiten lässt. Eine derartig differenzierte Vorgehensweise ist für Bushaltestellen aus Forschungsprojekten zur logistischen ÖPNV-Integration bisher nicht bekannt, so wurden beispielweise in Frankfurt am Main logistisch geeignete Straßenbahnhaltestellen nach einem sehr groben Katalog von maximal fünf Kriterien rein qualitativ klassifiziert. Für das Haltestellenkonzept gilt neben der Bewertung der logistischen Eignung die Prämisse, dass der Personentransport oder der fließende Verkehr keinesfalls beeinträchtigt werden darf. Da die konzeptionelle Eignung einer Haltestelle Bild 3: Darstellung Klassifizierungsmechanismus THEMA Transformation urbaner Mobilität 54 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 te an Haltestellen sowie deren Geokoordinaten war das Haltestellenkataster der VAG. Dadurch wurden zusätzlich Informationen zu der Verkehrslage an der Haltestelle erfasst, wie beispielsweise die Variable „Verkehrsflussbehinderung“, welche angibt, ob nachfolgender Verkehr durch ein an der Haltestelle haltendes Fahrzeug (Bus oder Transporter) behindert wird und z.-B. anhalten und warten müsste oder ein Überholmanöver stattfinden müsste. Oder die Variable „Überholung möglich“, welche angibt, ob und wie ein Überholmanöver stattfinden könnte, dargestellt durch die Ausprägungen „Ja, ohne Fahrbahnwechsel“, „ Ja, über zweite Fahrbahn“, „ Ja, über Gegenverkehr“ oder „Nein, keine Überholung möglich“. Weitere erfasste Informationen sind unter anderem, ob ein Radweg an der Haltestelle vorhanden ist oder ob viel Verkehr zu erwarten ist. Kriterienkatalog und Klassifizierungsmechanismus Die Einteilung der Haltepunkte hinsichtlich ihrer Eignung für die Prozessvariante basiert auf einem Kriterienkatalog und einem zweistufigen Klassifizierungsmechanismus (vgl. Bild 3). Dabei werden die Haltepunkte im ersten Schritt basierend auf sog. Muss- Kriterien in geeignete vs. ungeeignete Haltestellen unterteilt. Im zweiten Schritt werden geeignete Haltepunkte basierend auf sog. Kann-Kriterien weiter differenziert und in drei Unterklassen „sehr gut“, „gut“ und „befriedigend“ geeignet priorisiert. Während der Haltestelleninformationen Neben den öffentlich zur Verfügung stehenden Daten der VAG, welche unter anderem die Lage und Kennung aller VAG-Haltestellen enthalten, hat die VAG dem Forschungsteam zusätzlich ein ausführliches Haltestellenkataster zur Verfügung gestellt. Dieser enthält neben der genauen Geocodierung der Lage der Haltestelle auch Informationen zu der Bauart der Haltestelle, beispielsweise ob es sich um eine Haltestelle am Fahrbahnrand, eine Haltestellenbucht, eine Haltestellenbucht in Längsparkstreifen oder einen Busbahnhof handelt und Informationen zu Tiefe und Länge der Haltestelle sowie die Bordsteinhöhe. Darüber hinaus sind auch der Bodenbelag an der Haltestelle, die Art der hinteren Haltestellenbegrenzung, oder ob ein Warteunterstand vorhanden ist, erfasst. Aus diesen Informationen lassen sich beispielsweise Kriterien zur logistischen Eignung für den Behälterumschlag oder zum Fahrgastwechsel bewerten. Luftbilddaten Um neben dem Haltestellenkataster noch weiterführende Informationen zu den Haltestellen zu erhalten, wurde eine eigene Luftbildanalyse über Google-Satellitenbild sowie Google Street View durchgeführt. Anhand eines vorgefertigten Variablenkataloges wurde systematisch jede Haltestelle im Raum Nürnberg analysiert. Dieser Variablenkatalog wurde in ein Excel-Format gebracht und Variablenausprägungen als Drop-down-Liste hinterlegt. Ausgang für die Lis- Tabelle 1: Auszug der Muss- Kriterien für Schritt 1 der Haltestellenklassifizierung für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour Nr. Beschreibung kurz Beschreibung lang Datengrundlage Fahrplaneigenschaften FPE.1 Zeitslots Ausreichend freie Zeit zwischen dem Halt zweier Busse an den Haltestellen, um einen Wechselbehälter aus Transporter auszuladen und zu befestigen. Ist erfüllt, wenn jeweils montags - samstags in dem Zeitfenster von 8.00-10.59Uhr kein Halt (FPE.1a), ein Halt (FPE.1b) oder im Durchschnitt mind. 3 freie Zeitslots von mind. 10 Minuten (FPE.1c) vorhanden sind. ■ 1 Jahr an VAG Echtzeitdaten ■ IST-Zeitdifferenz zwischen Abfahrtszeit eines Busses und Ankunftszeit des nächsten Busses Haltestelleneigenschaften HSE.2 Hast. Länge Ausreichende Länge an Haltestelle, um Wechselbehälter auf das Lastenrad aufzuladen. Ist erfüllt, wenn Länge an Haltestelle mind. 15 m. VAG-Haltestellenkataster HSE.3 Sicherungsfläche für Wechselbehälter Geeignete Fläche an der Haltestelle vorhanden, um einen Wechselbehälter abzustellen und für die spätere Abholung zu sichern. Ist erfüllt, wenn eine nutzbare Fläche von mind. 120cmx80cm vorhanden ist. Begehung vor Ort Verkehrseigenschaften VE.1 Kein blockierter Verkehr Kein Blockieren der Straße, wenn ein Transporter an einer Haltestelle hält, d.h. eine Überholung ist jederzeit möglich. Ist erfüllt, wenn eine der folgenden Variablen zutrifft: ■ Überholung ohne Fahrbahnwechsel möglich ■ Überholung über zweite eigene Fahrbahn ■ Überholung über Gegenfahrbahn möglich ■ Sonstige Überholung & Kein Verkehr Luftbildanalyse THEMA Transformation urbaner Mobilität 55 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 scheidend, ob ein KEP-Transporter ausreichend Zeit hat, um diesen freien Zeitslot für das Ausladen eines Wechselbehälters zu nutzen. Gleichzeitig spielen Eigenschaften der Haltestelle wie Tiefe und Länge eine entscheidende Rolle, ob der Haltepunkt grundsätzlich geeignet erscheint. Die Kriterien werden daher auch als Muss-Kriterien bezeichnet und sind ein hartes K.o.-Kriterium. Jedes Muss-Kriterium ist gleichwertig und die Nicht-Erfüllung von bereits einem Muss-Kriterium führt zum Ausschluss des Haltepunktes bzw. der Einteilung in die Kategorie „ungeeignete Haltestelle“. Ist eine Haltestelle beispielsweise ausreichend groß, weil sie sowohl in der Länge als auch in der Tiefe den definierten Anforderungen entspricht, aber die freie Zeit zwischen zwei Fahrten für den Umschlagsprozess zu kurz ist, kann die Haltestelle nie geeignet sein. Auch in dem umgekehrten Fall, indem eine Haltestelle zwar einen großen freien Zeitslot aufweist, aber entweder in Tiefe oder Länge nicht die notwendigen Grenzwerte erreicht, ist die Haltestelle für den Prozessablauf auszuschließen. Tabelle 1 zeigt einen Auszug der ins- Klassifizierungsmechanismus den festen Rahmen der Haltestellenanalyse bildet, können sich die angewendeten Kriterien je Prozessvariante unterscheiden. Neben der Einteilung in Mussbzw. Kann-Kriterien wird im Kriterienkatalog eine inhaltliche Zuordnung der Kriterien in Fahrplaneigenschaften (FPE), Haltestelleneigenschaften (HSE) und Verkehrseigenschaften (VE) genutzt. Während die Einteilung in Mussbzw. Kann-Kriterium Einfluss auf den Klassifizierungsmechanismus nimmt, dient die inhaltliche Zuordnung lediglich der Struktur des Kriterienkataloges. Schritt 1 Das Ziel des ersten Schritts ist eine Einteilung aller Haltepunkte in die zwei Kategorien geeignete Haltestelle und ungeeignete Haltestelle. Für diese erste Einteilung werden Muss-Kriterien formuliert, welche die minimalen Anforderungen an die Haltestelle für den entsprechenden Prozessablauf definiert. So ist beispielsweise die freie Zeit zwischen der Ankunft bzw. Abfahrt zweier ÖPNV-Busse an der Haltestelle ent- Nr. Beschreibung kurz Beschreibung lang Gewichtung Datengrundlage Fahrplaneigenschaften FPE.3 Zuverlässigkeit/ Pünktlichkeit Hohe Zuverlässigkeit einer Haltestelle, sodass selten mit Verspätungen des ÖPNV-Bus an Haltestellen zu rechnen ist und folglich die Einhaltung der freien Zeitslots wahrscheinlich ist. Ist erfüllt, wenn im Jahresdurchschnitt an einer Haltestelle mind. 80 % der Fahrten von Montag - Samstag im Zeitfenster von 8.00 Uhr -10.59 Uhr (3h) pünktlich waren. Dabei wird eine Fahrt als pünktlich bezeichnet, wenn die Zeitdifferenz zwischen IST- und SOLL Abfahrtszeit an der Haltestelle <= |60| Sekunden beträgt. Die Wahrscheinlichkeit von 80 % dieser derart definierten Pünktlichkeit wurde in Experteninterviews als sinnvoll erachtet. hoch 1 Jahr an VAG Echtzeitdaten Zeitdifferenz zwischen IST- und SOLL-Abfahrtszeit eines Halts an der Haltestelle Haltestelleneigenschaften HSE.8 Barrierefreie Erreichbarkeit Barrierefreie Erreichbarkeit der Haltestelle Ist erfüllt, wenn Variable barrierefreie Erreichbarkeit der Haltestelle == ja mittel VAG Haltestellenkataster HSE.11 Warteunterstand Definierte Fläche für Fahrgäste, was die Konkurrenz zwischen wartenden Fahrgästen und Lastenrad/ Wechselbehälter reduziert. Ist erfüllt, wenn Variable: Warteunterstand == ja niedrig VAG Haltestellenkataster Verkehrseigenschaften VE.2 Verkehrsfluss Keine Behinderung des Verkehrsflusses bei Halt von Transporter an Bushaltestelle, beispielsweise durch eine eigene Busspur, eine Haltestellenbucht, eine separate Straßenführung oder einen Busbahnhof. Ist erfüllt, wenn Variable: Keine Verkehrsflussbehinderung == ja hoch Luftbildanalyse VE.3 Radweg Anwesenheit eines Fahrradweges in direkter Umgebung einer Bushaltestelle, um leichtes Fortfahren des Lastenrades zu ermöglichen. Ist erfüllt, wenn eine der folgenden Variablen zutrifft: ■ Radweg, auf Gehweg davor == ja | ■ Radweg, auf Gehweg dahinter == ja | ■ Radweg, auf Straße == ja | ■ Mischweg == ja mittel- Luftbildanalyse Tabelle 2: Auszug der Kann- Kriterien für Schritt 2 der Haltestellenklassifizierung für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour THEMA Transformation urbaner Mobilität 56 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 zessablauf in Frage kommen, sind sehr gut geeignete oder gut geeignete Haltepunkte solchen, welche nur befriedigend geeignet sind, vorzuziehen. Dabei liegt die maximal erreichbare Punktzahl bei 33 Punkten, sehr gut geeignete Haltepunkte müssen mindestens 22 Punkte erreichen, Haltepunkte, die zwischen 11 und 21 Punkte erreichen, werden der Gruppe gut geeignet zugeordnet und alle Haltepunkte mit 10 oder weniger Punkten sind befriedigend geeignet. Tabelle 2 zeigt einen Auszug der insgesamt 11 festgelegten Kann- Kriterien für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour sowie deren zugeordnete Gewichtung. Haltestellenanalyse der Stadt Nürnberg Der beschriebene Klassifizierungsmechanismus sowie die zugrundeliegenden Muss- und Kann-Kriterien wurden in ein automatisiertes Python-Skript übersetzt, sodass die Haltestellenanalyse voll automatisiert stattfindet. Um das Programm zu starten, wird lediglich eine Input Datei im Excel-Format benötigt, welche die anzuwendenden Grenzwerte festlegt. So muss beispielsweise übergeben werden, wie groß das freie Zeitfenster am Vormittag für die Belieferung (FPE.1) und am Nachmittag für die Abholung der Retouren (FPE.2) mindestens sein sollte. Im Folgenden werden die Datenaufbereitung als Voraussetzung zur Analyse, die Grenzwertbestimmung sowie die Ergebnisse für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour in der Stadt Nürnberg vorgestellt. gesamt 8 festgelegten Muss-Kriterien für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour. Schritt 2 Im zweiten Schritt der Haltestellenanalyse werden nun ausschließlich Haltestellen betrachtet, welche in Schritt 1 als geeignet identifiziert wurden. Diese bereits reduzierte Anzahl an Haltestellen werden basierend auf den Kann-Kriterien bewertet und in drei Unterklassen sehr gut, gut und befriedigend geeignet differenziert. Entgegen der Muss-Kriterien führt es nicht zum Ausschluss der Haltestelle, wenn ein Kann-Kriterium nicht erfüllt wird. Jedoch kann ein Kann-Kriterium als wünschenswert angesehen werden, sodass die Haltestelle mit der Erfüllung von Kann-Kriterien Pluspunkte sammelt, welche der Haltestelle in Ihrer Einordnung in die drei Klassen sehr gut, gut bzw. befriedigend geeignete Haltestelle zugutekommt. Dabei werden die verschiedenen Kann-Kriterien unterschiedlich stark gewichtet, um die Bedeutung einzelner Kann-Kriterien hervorzuheben. Die Gewichte der Kann-Kriterien werden eingeteilt in hoch (5 Punkte), mittel (3 Punkte) und niedrig (1 Punkt). Erfüllt eine Haltestelle also ein hoch gewichtetes Kann-Kriterium bekommt sie 5 Punkte, erfüllt sie ein mittel gewichtetes Kann-Kriterium erhält sie zusätzlich 3 Punkte. Die Summe der Gesamtpunkzahl dient der Einordnung in die drei Klassen geeigneter Haltestellen. Während alle in Schritt 1 als geeignet identifizierten Haltestellen grundsätzlich für den Pro- Bild 4: Darstellung der Ergebnisse aus Schritt 1 und Schritt 2 auf der Karte THEMA Transformation urbaner Mobilität 57 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 abschalten“ bis hin zum letzten Schritt „Losfahren“. Jeder dieser Schritte wird in Bewegungselemente heruntergebrochen, denen in Abhängigkeit verschiedener Faktoren ein Zeitwert zugeordnet wird. Einige Schritte können über diese Analyse sehr gut zeitlich eingeordnet werden, andere jedoch wie z. B. das „Abstellen und Sichern des Wechselcontainers“ müssen geschätzt werden. Das Ergebnis dieser Überlegungen führt schließlich zu einem Zeitbedarf von 7,7 Minuten. Um Pufferzeiten zu gewährleisten, wird daher der Grenzwert von 10 Minuten für FPE.1 und FPE.2 angenommen. Neben der Festlegung der Größe des freien Zeitslots für das Ausbzw. Einladen eines Wechselbehälters an der Haltestelle sind weitere Grenzwerte festzulegen, diese betreffen die Haltestellentiefe (HSE.1) und Haltestellenlänge (HSE.2), die Zuverlässigkeitsquote in Prozent für FPE.3 und FPE.4 sowie der Grenzwert, ab wann ein Bus als pünktlich betrachtet wird, und die Bordsteinhöhe (HSE.6). Auf diese wird an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen. Ergebnisse Von den 1020 Haltepunkten im Raum Nürnberg, welche die Voraussetzungen für die Haltestellenklassifikation erfüllen, werden im ersten Schritt 512 (50,2 %) geeignete Haltepunkte und 508 (49,8 %) ungeeignete Haltepunkte identifiziert. Damit werden im zweiten Schritt 512 Haltpunkte anhand der Kann-Kriterien bewertet. Dabei ist der Mittelwert der erreichten Punktzahl bei den Haltepunkten etwa 16 Punkte. Die maximal erreichte Punktzahl ist 30, die kleinste erreichte Punktzahl ist 6. Dies führt zu einer Verteilung der Haltepunkte in 75 (7,3 %) sehr gut geeignet, 362 (35,5 %) gut geeignet und ebenfalls 75 (7,3 %) befriedigend geeignete Haltepunkte (vgl. Bild 4). Aus Sicht der KEP-Branche sind natürlich nur solche Bushaltestellen interessant, die in geeigneten Zustellgebieten liegen, in denen aufgrund der Sendungs- und Gebietsstrukturen der Lastenradeinsatz wirtschaftlich ist. Hierzu wurden weitere, umfangreiche Analysen des Stadtgebiets anhand wirtschaftsgeographischer und unternehmensspezifischer Daten durchgeführt, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Im Ergebnis konnte ein Abgleich der 512 prinzipiell logistisch geeigneten Bushaltestellen mit den für den Lastenradeinsatz geeigneten Zustellgebieten durchgeführt werden, was die Anzahl nochmals auf 173 Bushaltestellen reduzierte. Die derart analytisch ermittelten, konzeptionell geeigneten Haltestellen wurden im letzten Schritt durch eine standardisierte, ebenfalls kriterienbasierte Vor-Ort- Besichtigung validiert und mit Messungen und Fotos dokumentiert, hieraus ergaben sich 83 als endgültig konzeptionell geeignet eingestufte Haltestellen im Datenaufbereitung Das Haltestellenkataster der VAG Nürnberg enthält 1604 Haltepunkte für Bushaltestellen im Raum Nürnberg. Bei Sichtung der Daten wird jedoch festgestellt, dass es sich nicht bei jedem der 1604 Haltepunkte um eine aktuelle Bushaltestelle handelt. Zunächst werden daher all jene Haltepunkte ausgeschlossen, für welche keine Daten in den Variablen des Kriterienkataloges hinterlegt sind. Dies bezieht sich vor allem auf die Informationen des Haltestellenkatasters, wie Haltestellentiefe, aber auch auf die Echtzeitfahrplandaten. Über die Luftbildanalyse und einen Gegencheck der Aushangfahrpläne, welche auf der Internetseite des VGN abgerufen werden können, wurde zusätzlich überprüft, ob Haltepunkte ggf. nicht mehr aktuell sind. Dadurch wurden Haltepunkte identifiziert, welche vermutlich alte Ersatzbushaltestellen sind. Dabei wurde aber auch festgestellt, dass wenige Haltepunkte, für welche Fahrplandaten fehlen, zwar existieren, jedoch ausschließlich von der infra Fürth oder den Stadtwerken Erlangen angefahren werden. Diese Haltepunkte befinden sich zwar in Nürnberg, jedoch meist in Randlage und werden nicht von der VAG Nürnberg bedient. Nach der Datenkontrolle muss also festgestellt werden, dass sich die vorliegenden Echtzeitfahrplandaten ausschließlich auf die Linien der VAG beziehen. Somit sind auch Zeitslot-Berechnungen an Haltepunkten fehlerhaft, welche sowohl von der VAG als auch bspw. der infra Fürth angefahren werden, was eine abschließende Kontrolle der Aushangfahrpläne bei der Besichtigung der Haltepunkte zwingend notwendig macht. Abschließend werden auch Haltepunkte ausgeschlossen, welche in über 50 % der Stopps als Start- oder Endhaltestelle einer Linie genutzt werden. Der Aufbau der Echtzeitfahrplandaten lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob ein solcher Haltepunkt durch einen wartenden Bus zwischen zwei Fahrten blockiert wird. Dadurch kann an diesen Haltepunkten der freie Zeitslot an der Bushaltestelle nicht zuversichtlich ermittelt werden. Durch diese Datenbereinigung müssen insgesamt 584 Haltepunkte ausgeschlossen werden und 1020 Haltepunkte verbleiben für die Haltestellenklassifikation. Grenzwertbestimmung Zur Festlegung der benötigten Zeit, welche an einer Haltestelle benötigt wird, um einen Wechselbehälter aus einem Transporter auszuladen und an einer Haltestelle abzustellen und zu sichern (asynchrone Prozessvariante), wird eine MTM-Analyse (Methods- Time-Measurement) durchgeführt. Bei dieser wird der zu untersuchende Auslade- und Sicherungsprozess zunächst in 25 Schritten modelliert, beginnend mit „In Bushaltestelle einfahren“, „Transporter THEMA Transformation urbaner Mobilität 58 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 Bogdanski, Ralf (Hrsg.) (2019): Nachhaltige Stadtlogistik: warum das Lastenfahrrad die letzte Meile gewinnt. 1. Auflage Aufl., München, Huss. Bogdanski, Ralf und Cailliau, Cathrin (2022a): KEP UND ÖPNV: CHANCE FÜR DIE LETZTE MEILE? Untersuchung zur Nutzung von öffentlichen Nahverkehrssystemen für den Pakettransport auf der letzten Meile. Berlin, Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. Bogdanski, Ralf und Cailliau, Cathrin (2022b): Kombinierter KEP-Verkehr mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln: Einsatz auf der letzten Meile in Ballungsräumen. Wiesbaden [Heidelberg], Springer Gabler. Bogdanski, Ralf und Liu, Tong (2021): Light Electric Vehicles for a Green Transport Transition Regulatory Approaches, Managerial Challenges and Market Potentials in Germany and China. Beijing, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Douglas, Martyn; Schubert, Tim; und Schuhmacher, Thomas (2020): Urbane Logistik - Herausforderungen für Kommunen: Auswertung und Ergebnisbericht einer Online- Befragung. Dessau-Roßlau, Umweltbundesamt. Mauch, Lars; Weiß, Fabio; Wohlhüter, Manuela; u.- a. (2021): Micro-Hubs für eine nachhaltige Citylogistik | Erfahrungen aus dem Pilotprojekt Logspaze in Stuttgart. Fraunhofer IAO. Schocke, Kai-Oliver; Schäfer, Petra; Höhl, Silke; u.- a. (2020): Bericht zum Forschungsvorhaben „LastMileTram - Empirische Forschung zum Einsatz einer Güterstraßenbahn am Beispiel Frankfurt am Main“. Frankfurt am Main, Frankfurt University of Applied Sciences. Stiehm, Sebastian; Rüdiger, David; Gade, Andreas; u.-a. (2019): Handbuch zur Entwicklung von Mikro-Depots in kleineren Großstädten am Beispiel der Kommunen Krefeld, Mönchengladbach und Neuss. agiplan GmbH, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. VAG Nürnberg (2023): Haltestellen: IDs und Geodaten - VAG- OpenData. URL https: / / opendata.vag.de/ dataset/ haltestellen-id-geodaten, abgerufen am 22. November 2023. Eingangsabbildung: © Carina Siefert Stadtgebiet. Hauptgründe für die weitere Reduzierung der Anzahl waren veraltete Luftbilddaten und fehlerbehaftete Haltestellenkataster. Von diesen Haltestellen aus wurde ein logistisches Potential von täglich bis zu 150 einsetzbaren Lastenrädern ermittelt. Damit wurde die Forschungsfrage beantwortet, wie konzeptionell geeignete Bushaltestellen am Beispiel der Stadt Nürnberg systematisch und nachvollziehbar quantitativ und qualitativ identifiziert werden können und ob sich daraus ein relevantes Lastenradpotential ableiten lässt. Die vorgestellte Vorgehensweise ist grundsätzlich auf jede andere Stadt übertragbar und müsste ggf. lediglich auf die lokal verfügbaren Datenquellen adaptiert werden. Derzeit wird ein Pilotversuch vorbereitet, der die mit dem Haltestellenkonzept für Nürnberg theoretisch ermittelten Potentiale validieren und alle organisatorischen und technischen Details dieser innovativen Variante des Vorsorgeprinzips auf der letzten Meile abbilden soll. Dazu gehört auch die Entwicklung einer digitalen Echtzeit-Anwendung zur Ermittlung der freien Zeitfenster an Bushaltestellen für die Umschlagsprozesse. ENDNOTEN 1 Vgl. BIEK e.V. (2023). 2 Vgl. Bogdanski (2019), S. 37. 3 Vgl. Douglas, Martyn; Schubert, Tim; Schuhmacher, Thomas (2020), S. 34. 4 Bogdanski; Liu (2021), S. 15. 5 Vgl. Bogdanski (2015), S. 52ff. 6 Vgl. Bogdanski (2017), S. 63ff. 7 Vgl. Stiehm; Rüdiger; Gade; u.-a. (2019). 8 Vgl. Mauch; Weiß; Wohlhüter; u.-a. (2021). 9 Vgl. Schocke; Schäfer; Höhl; u.-a. (2020). 10 Vgl. Bogdanski; Cailliau (2022a). 11 Vgl. Bogdanski; Cailliau (2022b). 12 Vgl. Bogdanski; Cailliau (2022b), S. 49ff. 13 Vgl. Schocke; Schäfer; Höhl; u.-a. (2020), Anlage 3 und Anlage 4. 14 VAG Nürnberg (2023). LITERATUR BIEK e.V. (2023): BIEK - Paketbranche meistert turbulente Zeiten: Mit rund 4,2 Mrd. transportierten Sendungen im Jahr 2022 deutlich über Vor-Corona-Niveau. URL https: / / www. biek.de/ / presse/ meldung.html, abgerufen am 11. Januar 2024. Bogdanski, Ralf (2015): NACHHALTIGE STADTLOGISTIK DURCH KURIER-, EXPRESS-, PAKETDIENSTE - Studie über die Möglichkeiten und notwendigen Rahmenbedingungen am Beispiel der Städte Nürnberg und Frankfurt am Main. Berlin, Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. Studie. Bogdanski, Ralf (2017): INNOVATIONEN AUF DER LETZTEN MEI- LE - Bewertung der Chancen für die nachhaltige Stadtlogistik von morgen. Berlin, Bundesverbandes Paket und Expresslogistik e. V. Studie. AUTOR*INNEN Ralf Bogdanski, Prof. Dr.-Ing. Projektleiter, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, TH Nürnberg Fakultät Betriebswirtschaft ralf.bogdanski@th-nuernberg.de Carina Siefert, M. Sc. wissenschaftliche Mitarbeiterin, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, TH Nürnberg Fakultät Betriebswirtschaft carina.siefert@th-nuernberg.de Carolina Stürmer, M. A. wissenschaftliche Mitarbeiterin, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, TH Nürnberg Fakultät Betriebswirtschaft carolina.stuermer@th-nuernberg.de THEMA Transformation urbaner Mobilität 59 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0052 Ridepooling als Zubringer oder Direktverkehr? Ein Vergleich von MOIA und hvv hop in Hamburg Ridepooling, On-Demand-Verkehr, ÖPNV, Mobilitätsverhalten, Intermodalität, Multimodalität Tyll Diebold, Felix Zwick, Carsten Gertz Hamburg nimmt deutschlandweit eine führende Rolle bei der Einführung neuer Mobilitätsdienste wahr, was sich insbesondere im Bereich Ridepooling zeigt. Die Angebote hvv hop, ehemals ioki Hamburg, und MOIA sind zwei groß angelegte digitale Ridepooling-Dienste mit sich unterscheidenden Servicekonzepten. Diese Untersuchung vergleicht beide Dienste am Beispiel des ehemaligen ioki Hamburg Bediengebietes in Osdorf/ Lurup, in dem heute MOIA aktiv ist. Es zeigen sich zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede im Profil der Nutzenden und im zeitlichen wie räumlichen Nutzungsverhalten, die die Wirkungen des jeweiligen Konzeptes anschaulich aufzeigen. Beide Angebote tragen zu einer Transformation hin zu nachhaltigeren, geteilten und digitalen Mobilitätsformen für einen Großteil der Bevölkerung bei und haben sich als Teil des ÖPNV in Hamburg und Umland etabliert. 1. Einleitung Ridepooling ist eine digitale Mobilitätsoption, die eine attraktive und nachhaltige Ergänzung zum klassischen ÖPNV darstellt und verspricht, durch Fahrtenbündelung Verkehr zu reduzieren. Die Ridepooling-Flotte wird in Echtzeit mit den eingehenden Fahrtanfragen abgestimmt und nachfragebasiert im gesamten Servicegebiet eingesetzt. So grenzt sich der Service deutlich von klassischen liniengebundenen ÖPNV-Angeboten ab und kann flexibel auf die Mobilitätsbedürfnisse im entsprechenden Gebiet abgestimmt werden. Weltweit und auch im deutschsprachigen Raum existieren bereits seit einigen Jahren diverse Ridepooling-Dienste (vgl. [1]). Eine führende Rolle für Ridepooling-Dienste nimmt die Stadt Hamburg ein, wo in der Vergangenheit bereits bis zu vier gleichzeitig operierende Dienste aktiv waren (vgl. [2]) und die Services einen substanziellen Teil für den ambitionierten Hamburg-Takt beitragen sollen. 1 Dieser setzt das Ziel, dass in ganz Hamburg tagsüber innerhalb von 5 Minuten ein öffentliches Verkehrsangebot zur Verfügung steht. So soll der ÖPNV-Anteil am Modal Split in Hamburg bis 2030 von aktuell 24-% auf 30-% steigen. Aktuell bieten MOIA und hvv hop (bis Ende 2022 ioki Hamburg genannt) Ridepooling als Teil des ÖPNV an. Beide Services tun dies mit dem Ziel der Attraktivierung des Umweltverbunds, allerdings unterscheiden sich die Charakteristika beider Services deutlich. MOIA hat den Betrieb in Hamburg 2019 aufgenommen, ioki Hamburg bereits ein Jahr zuvor im Bedienge- 60 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 öffentlich und bei MOIA eigenwirtschaftlich ist. Das vordergründige Ziel von hvv hop / ioki Hamburg ist es, als Zubringer zum klassischen liniengebundenen ÖPNV zu fungieren, während MOIA-Direktfahrten in einem deutlich größeren Gebiet anbietet, zusätzlich aber auch intermodal genutzt werden kann. Bisherige Publikationen zu ioki Hamburg und MOIA haben bereits einige Einblicke in die Nutzungsstrukturen und Nutzungsmuster dieser beiden Angebote aufgezeigt (vgl. [3, 4]). Dies wurde auf Basis von Befragungen und im Fall von MOIA mithilfe der Buchungsdaten und räumlichen Regressionsmodelle ermittelt (vgl. [5, 6]). Zudem wurden besondere Systemänderungen wie die Einführung eines Komfortzuschlages bei ioki Hamburg oder der Nachtverkehr während der Corona-Pandemie bei MOIA näher untersucht (vgl. [7, 8]). Ziel dieser Untersuchung ist ein Vergleich der beiden verschiedenen Ridepooling-Dienste MOIA und hvv hop / ioki Hamburg sowohl im Hinblick auf die soziodemographische Struktur der Nutzenden als auch mit einem Vergleich der räumlich verteilten Nachfrage in dem ehemaligen Servicegebiet Osdorf/ Lurup von ioki Hamburg. Dafür werden Befragungsergebnisse und biet Osdorf/ Lurup. Das ioki Hamburg Gebiet Osdorf/ Lurup hatte bis Ende 2022 Bestand, ohne dass die Fläche zum Bediengebiet von MOIA gehörte. Anfang 2023 wurde der Betrieb von ioki Hamburg unter der neuen Dachmarke hvv hop nach Harburg verlagert. Gleichzeitig wurde das Bediengebiet von MOIA nach Osdorf/ Lurup als Teil des vom Bund geförderten Projektes „Auf dem Weg zum Hamburg-Takt (AWHT 2 )“ ausgeweitet. In diesem Beitrag steht das ehemalige ioki Hamburg Servicegebiet Osdorf/ Lurup als Untersuchungsgebiet im Mittelpunkt, da sich hier ein Vergleich von ioki-Hamburg (2018-2022) und MOIA (seit 2023) anbietet. Bild 1 zeigt eine Übersicht über die Servicegebiete von MOIA und hvv hop / ioki Hamburg. MOIA deckt mit 268-km2 einen Großteil des besiedelten Stadtgebietes von Hamburg ab und erreicht mit seinem Service über 70-% der Hamburger Bevölkerung. Die Servicegebiete von hvv hop / ioki Hamburg liegen dagegen am Stadtrand oder außerhalb Hamburgs und decken deutlich kleinere Gebiete ab. In Lila sind die aktuellen hvv hop Gebiete eingezeichnet. In Rot sind die Ende 2022 eingestellten ioki Hamburg Gebiete in Osdorf/ Lurup (Untersuchungsgebiet) und Billbrook (hier nicht weiter betrachtet) eingezeichnet. Tabelle 1 zeigt einen Vergleich der Angebote von hvv hop / ioki Hamburg und MOIA. So kann hvv hop mit einer gültigen ÖPNV-Fahrkarte für einen verhältnismäßig günstigen Komfortzuschlag von 1-€ gebucht werden, während eine MOIA-Fahrt deutlich höher und dynamisch bepreist wird. Mit einem ÖPNV-Ticket und in den im Rahmen vom AWHT-Projekt definierten Fördergebieten, zu denen teilweise auch der Untersuchungsraum zählt, wird ein Rabatt von jeweils 1-€ auf MOIA-Fahrten gewährt, die durch den Bund gefördert werden. Personen mit Schwerbehindertenausweis und entsprechender Wertmarke können gemäß §-228 SGB IX sowohl MOIA als auch hvv hop / ioki Hamburg als ÖPNV-Angebot kostenfrei nutzen. Die preislichen Unterschiede erklären sich unter anderem durch die Finanzierungsart, die bei hvv hop / ioki Hamburg Bild 1: Übersichtskarte der ioki Hamburg / hvv hop und MOIA- Services in und um Hamburg Tabelle 1: Vergleich der Servicecharakteristika von ioki Hamburg Lurup/ Osdorf und MOIA und 1€ Rabatt bei Start/ Ziel im Untersuchungsgebiet ioki Hamburg Osdorf/ Lurup MOIA Verkehrsart Linienbedarfsverkehr nach §-44 PBefG Linienbedarfsverkehr nach §-44 PBefG Tarif gültige ÖPNV-Fahrkarte plus Komfortzuschlag von 1-€ pro Fahrt Basispreis von mind. 4-€ plus dynamischer Tarif in Abhängigkeit von u.-a.: Angebot, Nachfrage, Fahrtlänge 1-€ Rabatt mit ÖPNV-Zeitkarte im Untersuchungsraum Finanzierung öffentlich eigenwirtschaftlich, teilweise gefördert im Bundesförderprojekt AWHT Anzahl Fahrzeuge 17 im Bediengebiet Osdorf/ Lurup bis zu 300 im gesamten Servicegebiet Betreiber Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH Moia Operations GmbH Betriebszeiten 24/ 7-Betrieb werktags 5 bis 1 Uhr am Wochenende rund um die Uhr 61 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 THEMA Transformation urbaner Mobilität und Oktober 2023. Für diese wurden MOIA-Nutzende direkt von MOIA per E-Mail kontaktiert und über einen externen Panel-Provider weitere Probanden akquiriert. Insgesamt wurden so über 5.000 Personen unter anderem zu ihrer Sozio-Demografie, zu Mobilitätstools und ihrer MOIA-(Nicht-)Nutzung befragt, davon 4.165 aktive MOIA-Nutzende, die zuvor mindestens einmal MOIA gefahren sind. Es ist zu beachten, dass sich die Auswertung auf alle Befragten bezieht und lediglich ein kleiner Teil dieser Nutzenden im Untersuchungsgebiet Osdorf/ Lurup lebt oder dort MOIA nutzt. Das ioki Hamburg Angebot in Osdorf/ Lurup wurde seit Betriebsbeginn im Jahr 2018 kontinuierlich wissenschaftlich begleitet. Im Zuge dessen wurde 2021 eine repräsentative Haushaltsbefragung durchgeführt, zu der ca. 4.900 Haushalte mittels codierter Postkarten zur Teilnahme aufgefordert wurden. Bei mehreren Personen im Haushalt wurde darum gebeten, dass eine Person die Buchungsdaten beider Services zeitlich und räumlich ausgewertet. Die vorliegende Datengrundlage und Vergleichsmöglichkeit ist deutschlandweit einmalig und bietet die Möglichkeit eines detaillierten Vergleiches von Nutzen und Nutzung zweier verschiedener Ridepooling-Konzepte in einem geografisch identischen Untersuchungsraum. So bietet dieser Beitrag neue Erkenntnisse, die die weitere Planung von Ridepooling in Hamburg und darüber hinaus unterstützen. 2. Nutzende und Nutzung von MOIA und ioki Hamburg Sowohl für den MOIA-Service als auch für den ehemaligen ioki Hamburg Service wurden Befragungen durchgeführt, um detaillierte Einblicke zu den Nutzenden und ihrem Nutzungsverhalten zu bekommen. MOIA hat bereits zahlreiche Befragungen (vgl. [4, 8, 9]) zu seinem Service durchgeführt, zuletzt im September Tabelle 2: Vergleich der Befragungsergebnisse zu Sozio- Demografie und Mobilitätstools der Nutzenden ioki Hamburg (n = 105) MOIA (n = 4.165) MobiHam Geschlecht Männlich 49 % 46 % 49 % ³ Weiblich 51 % 54 % 51 % ³ Höchster Bildungsabschluss (Noch) kein Abschluss 1 % 0 % 22 % Volks-/ Hauptschule 3 % 3 % 14 % Mittlere Reife 15 % 9 % 19 % Abitur/ Berufsausbildung 19 % 41 % 19 % Universität 61 % 47 % 24 % Sozioökonomischer Status berechnet auf Methodik aus der Mobilität in Deutschland 2017 Sehr hoch 22 % 28 % 8 % Hoch 44 % 42 % 26 % Mittel 23 % 17 % 48 % Niedrig / Sehr niedrig 10 % 13 % 18 % Haushaltsgröße 1 24 % 30 % 54 % 2 31 % 42 % 25 % 3 18 % 14 % 10 % 4 23 % 11 % 8 % 5 und mehr 5 % 3 % 2 % Führerscheinbesitz Ja 90 % 88 % 79 % Nein 10 % 12 % 21 % ÖPNV-Abo Ja 46 % 58 % 41 % Nein 54 % 42 % 59 % Mobilitätseinschränkung Ja 16 % 9 % Ca. 10 % Nein 84 % 91 % Ca. 90 % Alter 15 bis 20 Jahre 2 % 1 % 5 % ³ 21 bis 30 Jahre 12 % 11 % 14 % ³ 31 bis 40 Jahre 15 % 23 % 16 % ³ 41 bis 50 Jahre 27 % 23 % 13 % ³ 51 bis 65 Jahre 34 % 32 % 20 % ³ 66 Jahre und älter 10 % 10 % 17 % ³ Durchschnittsalter 48 Jahre 47 Jahre 42 Jahre ³ THEMA Transformation urbaner Mobilität 62 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 schluss an. Der sozioökonomische Status wurde auf Basis der in der MiD 2017 verwendeten Methodik (vgl. [11]) berechnet und weist für die Nutzenden beider Services einen vergleichsweise hohen sozialen Status aus. MOIA-Nutzende haben im Vergleich zu ioki Hamburg Nutzenden häufiger einen sehr hohen, aber auch häufiger einen (sehr) niedrigen sozialen Status. Bei der berichteten Haushaltsgröße zeigen sich deutliche Unterschiede. Von den ioki Hamburg Nutzenden lebten 54-% in einem Ein- oder Zweipersonenhaushalt, während dies bei den MOIA-Nutzenden bei 72-% der Fall ist. Hamburgweit leben sogar 79-% der Menschen in einem Ein- oder Zweipersonenhaushalt. Die Nutzenden beider Angebote haben mit 90- % (ioki Hamburg) und 88-% (MOIA) eine ähnliche Besitzquote beim Führerschein. Ein ÖPNV-Abo ist unter den MOIA-Nutzenden mit 58-% dagegen verbreiteter als unter den ioki Hamburg Nutzenden mit 46-%. Der Besitz eines ÖPNV-Abos liegt jeweils über der allgemeinen hamburgweiten Besitzquote von 41-%, was die Multimodalität der jeweiligen Nutzenden zeigt, die Ridepooling bei Bedarf in ihren Mobilitätsmix integrieren. Sowohl MOIA als auch ioki Hamburg bieten einen barrierefreien und rollstuhlgerechten Service an. Es berichten 9- % aller MOIA-Nutzenden und 16- % aller ioki Hamburg Nutzenden, dass sie eine Mobilitätseinschränkung haben. Der Anteil der Schwerbehinderten, die nach §-228 SGB IX den ÖPNV kostenlos nutzen können liegt bei MOIA bei 5-% und für ioki Hamburg bei 7-% [3], während dieser Anteil im gesamten hvv bei 3,6-% [12] liegt. Dies zeigt die enorme Bedeutung dieser Mobilitätsdienste für diese besondere Nutzungsgruppe. 3. Zeitliche Nutzung von MOIA und ioki Hamburg Im Folgenden wird die zeitliche Nutzung der beiden Services betrachtet und mit den Befragungsergeb- ≥ 14 Jahre an der Umfrage teilnimmt. Die Teilnahme war sowohl online als auch über einen kostenfrei anforderbaren schriftlichen Fragebogen möglich. Nach der Datenbereinigung konnten 290 Fragebögen zur Auswertung herangezogen werden. 83-% davon waren online und 17-% per Post eingegangen. Die Gesamtrücklaufquote betrug 6-%. Bei einem Konfidenzniveau von 95-% liegt die Fehlerspanne bei 6-%. Für die nachfolgend dargestellten Ergebnisse der soziodemographischen Strukturdaten der Nutzenden wurde als Kriterium eine mindestens einmalige Nutzung des ioki Hamburgbzw. MOIA-Angebotes herangezogen. Im Fall von ioki Hamburg waren dies 36-% aller Befragten bzw. 105 auswertbare Fragebögen. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht zur Sozio-Demografie und zu den Mobilitätstools der Nutzenden von MOIA und ioki Hamburg. Als Vergleich werden außerdem die Ergebnisse der 2022 durchgeführten MobiHam-Studie (vgl. [10]) und von Statistik Nord für das Jahr 2021 3 ausgewiesen. Zu beachten ist, dass hinter den drei Erhebungen unterschiedliche Methodiken und Zeitpunkte stehen und sie somit nicht direkt miteinander vergleichbar sind; dennoch liefern sie erste Einblicke in die Nutzendenstrukturen im Vergleich zur Hamburger Bevölkerung. Bei beiden Angeboten entspricht die Geschlechterverteilung weitgehend der Bevölkerungsverteilung, wobei MOIA einen leicht höheren Anteil weiblicher Nutzenden aufweist. Das Durchschnittsalter liegt bei MOIA mit 47 Jahren und bei ioki Hamburg mit 48 Jahren leicht über dem Hamburger Durchschnitt. Beide Angebote haben eine überdurchschnittlich gebildete Nutzerschaft. Als höchsten Bildungsabschluss gaben bei ioki Hamburg 19-% das Abitur und 61-% einen universitären Abschluss an, bei MOIA gaben 41-% das Abitur und 47-% einen universitären Ab- Bild 2: Stündliche Fahrtenverteilung von Montag bis Donnerstag 63 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 THEMA Transformation urbaner Mobilität cher. Während beide Services bis ca. 8 Uhr noch einen relativ ähnlichen Verlauf haben, steigt die Nachfrage bei ioki Hamburg ab 9 Uhr merklich an. Zeitgleich nimmt zwar auch bei MOIA die Nachfrage zu, erfährt aber erst ab 15 Uhr einen merklichen Nachfrageschub und erreicht um 18 Uhr eine erste Nachfragespitze. Ab 20 Uhr geht bei ioki Hamburg die Nachfrage spürbar zurück, während bei MOIA die Nachfrage erneut zunimmt und um 22 Uhr die höchste Nachfrage des Tages erreicht, bevor auch bei MOIA die Nachfrage spürbar zurückgeht. Die beiden tagesunabhängigen Nachfragespitzen um 18 und 22 Uhr bei MOIA spiegeln den wesentlichen Wegezweck Freizeit wider, den die MOIA-Nutzenden für etwa 60-% ihrer Fahrten angaben. Im Vergleich dazu gaben lediglich 23-% aller ioki Hamburg Nutzenden nissen in den Kontext gesetzt. Hierzu wurden jeweils die Startzeiten herangezogen. Als Datengrundlage dienten für MOIA alle Fahrten im gesamten Hamburger Servicegebiet des Jahres 2023, während für den ioki Hamburg Service alle Fahrten vom 01.08.2021 bis zum 31.07.2023 ausgewertet wurden. Bild 2 zeigt die stündliche Verteilung von Fahrten an den Wochentagen Montag bis Donnerstag. Der Freitag wurde aufgrund des Übergangs zum Wochenende nicht mit einbezogen. Die Tagesganglinien beider Dienste sind relativ ähnlich, mit zwei markanten Ausnahmen: Bei ioki Hamburg existiert eine Morgenspitze von 7 bis 9 Uhr, während MOIA eine zweite markante Abendspitze von 20 bis 22 Uhr aufweist. Die Tagesganglinien von MOIA und ioki Hamburg für den Samstag in Bild 3 unterscheiden sich deutli- Bild 4: Räumliche Fahrtverteilung des ioki Hamburg Services 2021/ 22 (links) und MOIA-Services 2023 (rechts) Bild 3: Stündliche Fahrtenverteilung am Samstag THEMA Transformation urbaner Mobilität 64 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 Hamburgs möglich, was einen deutlichen Komfortgewinn gegenüber dem Umstieg zum liniengebundenen ÖPNV bedeutet. In Bild 4 ist jeweils für ioki Hamburg und MOIA die Anzahl aller Abfahrten und Ankünfte für jede der 500-m-x-500-m Rasterzellen im Untersuchungsgebiet Osdorf/ Lurup zu sehen. Für die Darstellung wurden die Rasterzellen in fünf gleichgroße Klassen eingeteilt (Quintile). Die dunkelblaue Klasse zeigt die 20-% der Rasterzellen mit den meisten Fahrten, die gelbe Klasse wiederum die 20-% der Rasterzellen mit den wenigsten Fahrten. In Bild 5 ist die Differenz - Anzahl der ioki Hamburg-Fahrten minus Anzahl der MOIA-Fahrten - je Rasterzelle dargestellt. Es fällt auf, dass bei ioki Hamburg mit 5.000 bis zu 25.000 Abfahrten und Ankünften pro Zelle deutlich mehr Fahrten von und zu den S-Bahn Haltestellen als bei MOIA beobachtet wurden (vgl. Bild 4 und Bild 5). Vor dem Hintergrund des hohen Anteils von intermodalen Fahrten ist dies wenig verwunderlich und verdeutlicht, dass ioki Hamburg sehr stark für die erste und letzte Meile genutzt wird. In vorherigen Untersuchungen wurden schienengebundene ÖV-Haltestellen, insbesondere Fernverkehrsbahnhöfe, zwar ebenfalls als signifikante Nachfragetreiber bei MOIA identifiziert ([vgl. [5, 6]), jedoch an S-Bahn-Haltestellen nicht in den Wegezweck Freizeit an. Die markante Nachfragespitze bei ioki Hamburg von 7 bis 9 Uhr von Montag bis Donnerstag spiegelt wiederum den hohen Anteil von Arbeitszwecken unter den ioki Hamburg Fahrten wider (39-% im Vergleich zu 15-% bei MOIA). Zudem spiegelt die vormittägliche Nachfrage im Tagesverlauf am Samstag bei ioki Hamburg vermutlich den hohen Anteil von Fahrten zum Einkaufen wider (18-% im Vergleich zu 2-% bei MOIA) (vgl. [3]). Ein elementarer Unterschied zwischen den beiden Angeboten ist, dass der ioki Hamburg Service in erster Linie als Zubringer zum klassischen liniengebundenen ÖPNV konzipiert wurde, während MOIA-Direktverkehre in einem deutlich größeren Gebiet ermöglicht. Dies zeigt sich auch in der intermodalen Nutzung, die bei ioki Hamburg für ca. 70-% aller Fahrten und bei MOIA für ca. 14-% aller Fahrten in Hamburg berichtet wird. 4. Räumliche Fahrtenanalyse im Untersuchungsgebiet Für die räumliche Fahrtenanalyse wurden Fahrten beider Services mit einem Start- oder Endpunkt innerhalb des bisherigen ioki Hamburg Servicegebietes Osdorf/ Lurup über einen Zeitraum von 12 Monaten analysiert. Im Falle von ioki Hamburg wurde der Zeitraum vom 01.08.2021 bis zum 31.07.2022 mit 123.560 Fahrten analysiert, bei MOIA der Zeitraum vom 01.01.2023 bis zum 31.12.2023 mit 88.788 Fahrten. Tabelle 3 zeigt eine Übersicht über die Binnen-, Quell- und Zielfahrten beider Dienste, wobei ioki Hamburg aufgrund des Servicegebietes lediglich Binnenfahrten aufweist. Während es sich bei ioki Hamburg qua Definition um 100-% Binnenverkehrsfahrten handelt, machen diese bei MOIA nur 4,9-% aus. Entsprechend haben 95,1-% aller MOIA-Fahrten im Untersuchungsgebiet ihren Start oder ihr Ziel außerhalb des bisherigen ioki Hamburg Servicegebietes. Die Gesamtzahl an Binnenfahrten ist nach Abschaffung des ioki Hamburg Services sehr deutlich zurückgegangen. Es ist davon auszugehen, dass der höhere Preis für MOIA einen entscheidenden Einfluss auf diese Entwicklung hat, da von ÖPNV-Kunden zuvor lediglich ein Komfortzuschlag von 1-€ für Binnenfahrten gezahlt werden musste. Alternativ wurden durch die Einführung von MOIA Direktverkehre in einem Großteil Bild 5: Differenzplot der ioki Hamburg- und MOIA-Fahrten im Untersuchungsraum ioki Hamburg MOIA Untersuchungszeitraum 01.08.2021 - 31.07.2022 01.01.2023 - 31.12.2023 Binnenfahrten 123.560 4.317 Quellfahrten — 41.834 Zielfahrten — 42.637 Gesamtfahrten 123.560 88.788 Tabelle 3: Vergleich von ioki Hamburg- und MOIA-Fahrten im Untersuchungsgebiet Osdorf/ Lurup THEMA Transformation urbaner Mobilität 65 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 Nutzungsverhalten widerspiegelt. Die auffälligsten Unterschiede im Servicekonzept von hvv hop / ioki Hamburg und MOIA sind die Servicegebiete, die Finanzierung und daraus resultierend das Preismodell. Während hvv hop / ioki Hamburg vor allem öffentlich finanziert wird, wird MOIA eigenwirtschaftlich betrieben und lediglich ein Teil des Betriebes durch das Bundesförderprogramm AWHT gefördert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die beiden Ridepooling-Dienste sehr unterschiedliche Nutzungszwecke ansprechen und zudem in sehr unterschiedlicher Weise genutzt werden. Der ioki Hamburg Service wurde zu ca. 70-% für intermodale Zubringerfahrten vom/ zum klassischen ÖPNV genutzt; entsprechend hoch war das Fahrtenaufkommen an den vier S-Bahnhaltestellen. Demgegenüber wird für 14-% aller MOIA-Fahrten in Hamburg von einer intermodalen Nutzung in Kombination mit dem liniengebundenen ÖPNV berichtet. Die Auswertung der Tagesganglinien verdeutlicht, dass beide Dienste für unterschiedliche Nutzungszwecke genutzt werden. Bei MOIA dominiert der Nutzungszweck Freizeit, entsprechend konnten tagesunabhängig zwei Nachfragespitzen um 18 und 22 Uhr beobachtet werden. Bei ioki Hamburg spielen wiederum die Wegezwecke Arbeit (39-% aller Wege) und Einkauf (18-% aller Wege) eine größere Rolle, was sich in einer markanten Morgenspitze unter der Woche und einer breiten Nachfrage tagsüber am Samstag äußert. Wenngleich beide Dienste breite Bevölkerungsschichten ansprechen, sind diese im Vergleich zur Bevölkerung überdurchschnittlich gebildet und haben einen tendenziell höheren sozioökonomischen Status. Zudem weisen Nutzende beider Dienste eine überdurchschnittliche Verfügbarkeit eines Führerscheins und einer ÖV-Zeitkarte auf, was nahelegt, dass die Nutzenden multimodale Mobilitätstypen sind. Dies bestätigt vorherige Forschungsarbeiten zu MOIA, die gezeigt haben, dass die Nutzenden sehrmultimodalunterwegs sind und Ridepooling ergänzend in ihren Mobilitätsmix integrieren (vgl. [4]). Vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Preisstrukturen und den erheblichen Veränderungen der Nachfrage in den Gebieten mit einem hohen bzw. niedrigen und sehr niedrigen Statusindex sind hier vertiefende Untersuchungen im Hinblick auf die Nutzungshäufigkeiten der einzelnen Nutzendengruppen und die Preissensitivität in Bezug auf die unterschiedlichen Nutzungszwecke notwendig. Der mit 16-% hohe Anteil mobilitätseingeschränkter Personen deutet darauf hin, dass ioki Hamburg insbesondere für diese Personengruppe eine wertvolle Ergänzung war für Fahrten innerhalb des Untersuchungsgebietes oder als Zubringer zum liniengebundedem starken Ausmaß, wie er hier bei ioki Hamburg zu beobachten ist. Zudem verzeichnete ioki Hamburg mit über 10.000 Abfahrten und Ankünften eine sehr hohe Nachfrage an den Stadtteilzentren Eckhoffplatz (vgl. Abbildung 6, Bereich A) und Achtern Born (B) sowie am Elbe Einkaufszentrum (C), was wie oben beschrieben den häufigen Wegezweck Einkaufen unterstreicht. Wenngleich weniger stark nachgefragt, gehören die beiden Stadtteilzentren Eckhoffplatz (A) und Achtern Born (B) sowie das Elbe Einkaufszentrum (C) auch bei MOIA zu den nachfragestärksten Orten. Aus dem Differenzplot in Bild 5 wird zudem ersichtlich, dass MOIA eine relativ hohe Nachfrage in dem Gewerbegebiet (K) südöstlich von der S-Bahnstation Eidelstedt verzeichnet. Weiterhin zeigt sich, dass die MOIA-Nachfrage in dem Gebiet (H) südlich des Elbe- Einkaufszentrum (C) - ein Gebiet mit einem hohen Statusindex gemäß dem Sozialmonitoring 2023 - über der von ioki Hamburg liegt. Demgegenüber ist die MOIA-Nachfrage im Vergleich zu der Nachfrage von ioki Hamburg insbesondere im Bereich des Osdorfer Born (G), im nordwestlichen Lurup (D) sowie westlich (E) und südlich (F) von der S-Bahnstation Elbgaustraße stark zurückgegangen. All diese Gebiete weisen laut dem Sozialmonitoring 2023 einen sehr niedrigen bzw. niedrigen Statusindex auf [13]. Weiteren Aufschluss über die Einflussfaktoren räumlicher Parameter auf die jeweilige Nachfrage könnten räumliche Regressionsanalysen ergeben. 5. Fazit Die vorliegende Untersuchung hat zwei Ridepooling- Dienste im Hamburger Gebiet Osdorf/ Lurup untersucht und deren konzeptionelle Unterschiede aufgezeigt, die sich in der Analyse von Nutzenden und Bild 6: Übersichtskarte des Untersuchungsgebietes mit Teilgebieten A bis K THEMA Transformation urbaner Mobilität 66 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 [5] Zwick, F., Axhausen, K. (2022) Ride-pooling demand prediction: A spatiotemporal assessment in Germany. Journal of Transport Geography 100, https: / / doi. org/ 10.1016/ j.jtrangeo.2022.103307 [6] Zwick, F., Fraedrich, E., Axhausen, K. (2022) Ride-pooling in the light of COVID-19: Determining spatiotemporal demand characteristics on the example of MOIA. IET Intelligent Transport Systems 17, 6, S. 1166-1181, https: / / doi.org/ 10.1049/ itr2.12293 [7] Diebold, T., Czarnetzki, F., Gertz, C. (2021) On-Demand- Angebote als Bestandteil des ÖPNV: Nutzungsmuster und Auswirkungen auf die Verkehrsmittelentscheidung in einem Hamburger Stadtrandgebiet. Internationales Verkehrswesen 73, 3, S. 88-94, https: / / doi. org/ 10.15480/ 882.3870 [8] Zwick, F., Fraedrich, E., Kostorz, N., Kagerbauer, M. (2020) Ridepooling als ÖPNV-Ergänzung. Der Moia-Nachtservice während der Corona-Pandemie. Internationales Verkehrswesen 72, 3, S. 84-88 [9] Schatzmann, T, Zwick, F., Axhausen, K. (2023) Investigating the preferences for the use of urban ridepooling. Arbeitsbericht. Verfügbar unter: https: / / www.research-collection.ethz.ch/ bitstream/ handle/ 20.500.11850/ 606783/ 1/ ab1815.pdf [10] Ingenieurbüro Helmert, Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (2023) Mobilitätserhebung Hamburg 2022 - Schlussbericht [11] infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2019) Mobilität in Deutschland 2017 - Nutzerhandbuch, S. 17-18 [12] Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (2018), Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft. Verbesserung des Busangebotes in Hamburg (Bürgerschafts Drs. 21/ 12397), 20. März 2018, Hamburg [13] GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (2023) Sozialmonitoring Integrierte Stadtteilentwicklung - Bericht 2023 [14] Krohn, A., Fassina, Z., Kuehnel, N., Zwick, F. (2023) Stadtweites barrierefreies Ridepooling - Erste Erfahrungen des Moia-Rollstuhlservices in Hamburg. Der Nahverkehr 09, S. 28 - 33 Eingangsabbildung: © vhh.mobility; Foto: MOIA nen ÖPNV. Bei MOIA berichten 9-% aller Befragten über eine Mobilitätseinschränkung. Insbesondere, aber nicht ausschließlich, für diese Personengruppe bietet MOIA den zusätzlichen Nutzen, in einem deutlich größeren Gebiet direkt ans Ziel zu gelangen, anstatt lediglich zum liniengebundenen ÖPNV, der für mobilitätseingeschränkte Personen oftmals eine Hürde darstellt (vgl. [14]). Mit dem Angebot der Direktverbindung ist der MOIA-Service auf Querverbindungen ohne direkte ÖPNV-Verbindung komfortabler als der klassische ÖPNV und erhöht hier die Angebotsqualität öffentlicher Verkehre. Das MOIA-Angebot ist dadurch näher an der Mobilität, die ein Pkw ermöglicht, und adressiert Personen mit einem hohen Anspruch an ihre Mobilität, die der liniengebundene ÖPNV möglicherweise nicht erreicht. Aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsmuster liegt die Vermutung nahe, dass beide Servicearten parallel betrieben werden können, ohne sich gegenseitig substanziell zu kannibalisieren. Für eine Mobilitätswende hin zu nachhaltigen und geteilten Verkehrsformen ist es sinnvoll, Ridepooling als Zubringer und Direktverkehr einzusetzen. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass Ridepooling auch in Zukunft nicht die alleinige Lösung für die Mobilitätswende sein kann. Viel mehr braucht es ein Gesamtkonzept, das zur Transformation des Mobilitätssystems neben der Einführung neuer Mobilitätsdienste insbesondere auch Push-Maßnahmen beinhalten muss. Diese werden politisch durch ein attraktives und gesamtheitliches ÖPNV-Angebot mit vielen neuen Mobilitätsangeboten möglich. ENDNOTEN 1 Verfügbar unter: https: / / www.hochbahn.de/ de/ verantwortung/ der-hamburg-takt 2 Verfügbar unter: https: / / www.hamburg.de/ bvm/ awht/ 3 Verfügbar unter: https: / / www.statistik-nord.de/ zahlenfakten/ bevoelkerung/ bevoelkerungspyramide LITERATUR [1] Foljanty, L. (2024) On-Demand Transit Market Report - 2023 Recap. Verfügbar unter: https: / / www.linkedin. com/ pulse/ on-demand-transit-market-report-2023-recap-lukas-foljanty-ngyzc/ [2] Aberle, C. (2020) Who benefits from Mobility as a Service? A GIS-based investigation of the population served by four ride-pooling schemes in Hamburg, Germany. Journal of cartography and geographic information 70, 1, S. 25-33, https: / / doi.org/ 10.15480/ 882.2730 [3] Diebold, T. (2023, 27. Juni): Wer nutzt die On-Demand Angebote des ÖPNV? [Konferenzbeitrag], Symposium „Erfahrungen und Chancen von On-Demand Angeboten im ÖPNV“ der TU Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Hamburg, Deutschland, https: / / doi. org/ 10.15480/ 882.8918 [4] Kostorz, N., Fraedrich, E., Kagerbauer, M. (2021) Usage and user characteristics - Insights from Moia, Europe’s largest ridepooling service. Sustainability 13, 2, https: / / doi.org/ 10.3390/ su13020958 AUTOR*INNEN Tyll Diebold, M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Technische Universität Hamburg, Am Schwarzenberg-Campus 3, 21073 Hamburg tyll.diebold@tuhh.de https: / / orcid.org/ 0009-0008-3585-5857 Felix Zwick, Dr. Sc., Team Lead Mobility Consulting MOIA GmbH, Stadthausbrücke 8, 20355 Hamburg felix.zwick@moia.io https: / / orcid.org/ 0000-0002-4067-4486 Carsten Gertz, Professor für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Technische Universität Hamburg gertz@tuhh.de https: / / orcid.org/ 0000-0002-8426-1405 THEMA Transformation urbaner Mobilität 67 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0053 Den Glashauseffekt nutzen: Ein Gewächshaus bietet echten Mehrwert Peter Menke Da sagt keiner Nein: Salat, Radieschen, Tomaten, Chillies selber anbauen, ernten, zubereiten und genießen - das sind für viele Hobbygärtnernde beste Aussichten und vielen juckt es schon beim Gedanken in den Fingern. Im Frühjahr wird mit viel Elan und guter Hoffnung gesät, pikiert, gehegt und gepflegt. Doof nur, wenn ein starker Sturm den improvisierten Folienüberbau verweht, ein heftiges Gewitter die Jungpflanzen zerschlägt, der Hund der Nachbarn durch die Aussaatkisten rennt ... Markus Botz, Geschäftsführer von BOMA Gewächshaus GmbH, kennt viele dieser Erfahrungen von seinen Kunden. Ein zuverlässiges Gewächshaus, das sturm- und in jeder Hinsicht wetterfest produziert und aufgebaut wird, ist dagegen die ideale Lösung. Darin sind die Pflanzen geschützt und man kann die Wachstumsbedingungen optimal gestalten. Botz: „Diese Schutzfunktion ist der Vorteil eines Gewächshauses, der sofort einleuchtet, aber der positive Glashauseffekt geht noch weiter! “ Als Beispiel zieht der Experte die Erfahrung heran, die man vom Hochsommer im Auto kennt. Das Sonnenlicht fällt durch die Glasscheiben auf die dunklen Oberflächen des Armaturenbretts, auf die Autositze, das Lenkrad ... und erhitzt diese stark. Die Wärme bleibt stundenlang im Wageninneren. „Genau diesen Effekt nutzen Profi- und Hobby-Gärtner mit Gewächshäusern: Die Sonnenstrahlen erwärmen die Pflanzen und die Erde etc. im Innern und erwärmen damit auch die Luft im Gewächshaus“, erklärt Botz. „Die Temperaturen steigen drinnen früher als draußen und das kommt besonders im Frühjahr den Pflanzen zugute, die früher wachsen und reifen.“ Vor allem Gemüsearten und Früchte, die viel Licht sowie viel Wärme zum Wachsen brauchen, wie z. B. Tomaten, profitieren von diesem Wachstumsvorsprung. Dass es in einem Sommer wie 2024 „draußen“ kaum mal wirkliches Sommerwetter gegeben hat, ficht Gewächshaus-Gärtner kaum an. Tipps vom Profi Allerdings können auch Pflanzen unter allzu großer Hitze leiden. So kann es im Hochsommer ohne Kühlung in einem Glashaus sehr heiß werden. Diese Hitze ist nicht nur für Menschen anstrengend, sie stresst auch die Pflanzen und hemmt deren Wachstum. Markus Botz empfiehlt hier, bei der Wahl 68 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0054 Menschen nach Helle und Wärme, nach Üppigkeit und Kraft - nach Subtropien.“ Das würde man heute sicher anders formulieren, aber im Kern könnte man die Aussage noch genauso treffen. Denn die Sehnsucht nach subtropischen Verhältnissen ist es, die viele im Urlaub gen Süden zieht und die andere im eigenen Gewächshaus in ihrem Garten genießen. Die meisten Menschen fühlen sich in geschützter Umgebung mit viel Licht und angenehmen Temperaturen pudelwohl. „Tatsächlich geht es bei unseren ACD-Gewächshäusern längst nicht mehr nur um die gärtnerische Nutzung “, sagt Markus Botz. „Unsere Häuser sind auch mal Partyraum, mal Homeoffice, mal stylischer Rückzugsort am Abend, also immer ein angenehmer Aufenthaltsraum draußen mit dem Gefühl von drinnen.“ Multifunktional und zuverlässig Ob für die ganzjährige gärtnerische Nutzung oder für die Aussaat und Anzucht von Gemüsejungpflanzen, die dann draußen in den Nutzgarten gepflanzt werden, ob als Tomaten-, Gurken-, Chillihaus, für die Orchideensammlung oder als Überwinterungsraum für mediterrane Kübelpflanzen - die geplante Nutzung bestimmt den richtigen Gewächshaustyp und die entsprechende Ausstattung. Botz: „Meist sind mehrere und verschiedene Nutzungen gewünscht. Mit zunehmendem Erfolg entwickelt sich zudem auch immer das Spektrum der Möglichkeiten.“ Seit mehr als zehn Jahren plant und baut BO- MA-Gewächshaus in Deutschland die in Belgien hergestellten ACD- Gewächshäuser, die sich durch schlanke und absolut wind- und wettersichere Aluminiumprofile sowie eine Eindeckung mit Sicherheitsglas auszeichnen. Botz stellt einen deutlichen Schub fest, nicht zuletzt verstärkt durch die Erfahrungen in der Corona-Zeit: „Der Garten war für viele wichtig als sicherer Ort. Dort konnte man zeitweise der Enge der Wohnung entfliehen und sich mit anderen treffen. Viele Gartenbesitzende haben tatsächlich in dieser Zeit ihren Garten neu entdeckt ... und in ihn investiert.“ Garten liegt im Trend Das Gärtnern ist längst eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen in Deutschland und der eigene Garten - ob als Hausgarten, Schreber- oder Gemeinschaftsgarten - steht weit oben auf der Wunschliste vor allem bei jungen Familien. Die Hochschule Geisenheim hat im Mai 2021 untersucht, wie der private Anbau von Obst, Gemüse, Kräutern etc. aussieht. Dafür wurden 510 Personen aus allen Bevölkerungsgruppen interviewt. „60 Prozent der Befragten freuten sich über ihre Ernte - doch das Wetter, Schädlinge und ein geringer Ertrag trübten den Erfolg“, heißt es in der Veröffentlichung der Hochschule. Das ist für Markus Botz eine Bestätigung seiner Erfahrung: „Die mit Abstand meisten unserer Kunden sind gärtnerisch unterwegs. Sie wollen zumindest einen Teil des Eigenbedarfs selbst ernten und ihre Pflanzen bestmöglich versorgt wissen. Dafür sind unsere ACD-Gewächshäuser perfekt geeignet.“ Dazu passt, dass es in über zehn Jahren und mit mehreren tausend in Deutschland aufgestellten Gewächshäusern noch nicht eine einzige Reklamation gegeben hat. Botz: „Wenn unsere Kunden nach eigener Aussage etwas bereuen, dann, dass sie zu klein gebaut haben. Denn wenn sich die gärtnerischen Erfolge einstellen, wird der Wunsch nach Vielfalt größer und dann ist die Fläche der begrenzende Faktor.“ Das bezieht sich auch auf die Tatsache, dass viele ihr Gewächshaus für verschiedenste Zwecke nutzen. In jedem Fall ist des Gewächshauses auch unbedingt auf ausreichende Lüftungsmöglichkeiten zu achten: „Sinnvoll ist es, an zwei Seiten Türen vorzusehen, so dass die sogenannte Querlüftung wirken kann. Außerdem bieten Dachlüftungsklappen eine sehr gute Kühlungswirkung, da die Hitze nach oben entweicht.“ Aus diesem Grund bietet der Experte auf seiner Website auch die hochwertigen ACD-Gewächshäuser an. Standardmäßig ist jedes Modell mit stabilen Luftklappen ausgestattet. Diese können von Hand in verschiedenen Stufen geöffnet werden. Bewährt habe sich zusätzlich die Installation von automatischen Lüftern im Dach. So geschieht die Temperaturregulation praktisch und automatisch, auch dann, wenn tagsüber niemand zu Hause ist. „Diese preiswerten Lüftungskonzepte kommen sogar ohne Strom aus, weil sie sich durch einen einfachen Mechanismus temperaturabhängig einstellen.“ Neben einer guten Luftzirkulation kann es angebracht sein, zumindest Teile des Gewächshauses im Hochsommer zu schattieren. „Die Schattierung sorgt dafür, dass sich das Gewächshaus weniger stark aufheizt, dadurch ist der Hitzestress für die Pflanzen zusätzlich verringert. Das wirkt sich positiv auf das Wachstum und zum Beispiel bei Tomaten auch auf die Fruchtreife aus“, so Botz. Er empfiehlt, je nach Standort und Sonnenexposition geeignete Systeme vorzusehen. Mehrwert im Garten Schon Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb der Landschaftsarchitekt Leberecht Migge (1881-1935), einer der Gründerväter der sogenannten Gartenstadtbewegung, in der Zeitschrift ‚Gartenschönheit ‘: „Der Glasgarten oder Wintergarten versinnbildlicht über das körperliche Wohlbehagen an verlängerter und verstärkter Sonnenkraft hinaus einfach die geistige Sehnsucht des PRODUKTE + LÖSUNGEN Garten 69 4 · 2024 TR ANSFORMING CITIES DOI: 10.24053/ TC-2024-0054 es sinnvoll, einen Strom- und Wasseranschluss für das Gewächshaus vorzusehen - ob zusätzlich eine Heizung und W-LAN zur Verfügung stehen sollten, ist abhängig von der Frage, ob das Haus zumindest teilweise auch als Außenbüro und/ oder als Freizeitort dienen wird. Gute Planung Ob es an den Wetterkapriolen liegt oder an einem gestiegenen Interesse, es sich zu Hause schön zu machen: Immer mehr Menschen wollen in ihrem Garten einen geschützten Draußen-Raum mit dem Gefühl von „drinnen“ haben: Beim Gewächshaus im privaten Garten geht es jedoch in aller Regel nicht um ein reines Nutzobjekt, das irgendwo im hinteren Gartenbereich platziert wird, sondern um ein schmuckes Glashaus, das einen besonderen Platz auf dem Grundstück bekommt. Wo genau das Gewächshaus im Garten stehen soll, ist zunächst abhängig von der Sonnenexposition bzw. dem Schattenwurf von Gebäuden oder Bäumen, aber eben auch von praktischen und ästhetischen Gesichtspunkten. Markus Botz: „Immer öfter fragen uns Architekten und Gartenplaner, ob und wie sie ein bestimmtes Gewächshaus oder eine Orangerie direkt im digitalen Gartenplan vorsehen können.“ Passend zum Gartenstil Auf der Website www.boma-gewaechshaus.de finden sich Fotos und Skizzen mit detaillierten Maßangaben zu allen Aluminium-Gewächshaustypen des belgischen Qualitätsherstellers ACD. Bei Bedarf können auch digitale Planskizzen zur Verfügung gestellt werden. Botz: „Es hat sich bewährt, das Gewächshaus von Anfang an mit einzuplanen, weil sich die Beetbzw. Pflanz- und Wegeplanung daran orientieren.“ Auch stilistische Aspekte spielen eine Rolle. Für jeden Gartenstil gibt es passende Modelle - ob klassisch, modern, mediterran oder eher verspielt-romantisch - und auf Wunsch auch alle RAL-Farben für die Aluminiumstreben. Ein wichtiger Aspekt, der ebenfalls in die Gartenplanung hineinwirkt, ist die vorgesehene Nutzung des Glashauses. Ob es tatsächlich für die Pflanzung von Tomaten, Chillies & Co. geplant wird oder eher für die Überwinterung von mediterranen Terrassenpflanzen, ob es der geschützte Aufenthaltsraum für die Teestunde oder optionaler Ausweichraum für das Home-Office sein soll ... bestimmt sowohl den Standort als auch die Gestaltung der direkten Umgebung des Gewächshauses. Weitere Informationen auf der Website www. acd-gewächshaus.de und im Gewächshaus-Ratgeber auf www.boma-gewaechshaus.de. Eingangsabbildung: © BOMA/ ACD IMPRESSUM 9. Jahrgang (2024) Verlag expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 72070 Tübingen Tel. +49 7071 97 97 0 info@narr.de www.narr.de Redaktionsleitung Dipl. Phys. Ulrich Sandten-Ma Tel. +49 7071 97 556 56 redaktion@transforming-cities.de Redaktion Patrick Sorg, M.A. Tel. +49 7071 97 556 57 redaktion@transforming-cities.de Korrektorat Dr. Grit Zacharias Anzeigen Ursula Maria Schneider Tel. +49 611 71 60 585 ursula.maria.schneider@t-online.de Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 9 vom 01.01.2024 Vertrieb und Abonnentenservice Tel. +49 89 85853 881 abo-service@narr.de Erscheinungsweise 4 x im Jahr Bezugsbedingungen Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer des vereinbarten Zeitraumes (Vertragsdauer). Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist mit einer Frist von vier Wochen zum Ende des Berechnungszeitraumes schriftlich möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, verlängert sich der Vertrag und kann dann zum Ende des neuen Berechnungszeitraumes schriftlich gekündigt werden. Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages, bei Arbeitskampf oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Entschädigungsanspruch. Zustellmängel sind dem Verlag unverzüglich zu melden. Es ist untersagt, die Inhalte digital zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben, sofern nicht ausdrücklich vereinbart. Bezugsgebühren Jahresabonnement print+online Inland: EUR 172,- (inkl. MwSt., zzgl. EUR 12,- Versandkosten) Jahresabonnement print+online Ausland: EUR 172,- (mit UID ohne VAT, zzgl. EUR 25,- Versandkosten) Jahresabonnement eOnly Inland: EUR 160,- (inkl. Mwst., keine Versandkosten) Jahresabonnement eOnly Ausland: EUR 160,- (mit UID ohne VAT, keine Versandkosten) Jahresabonnement print Inland: EUR 132,- (inkl. MwSt., zzgl. EUR 12,- Versandkosten) Jahresabonnement print Ausland: EUR 132,- (mit UID ohne VAT, zzgl. EUR 25,- Versandkosten) Für Jahresabonnements für Privatpersonen gelten reduzierte Preise: Jahresabonnement print Inland EUR 79,00 (inkl. MwSt., zzgl. EUR 12,- Versandkosten) / Jahresabonnement eOnly Inland EUR 95,- (inkl. Mwst., keine Versandkosten) Einzelheft print: EUR 35,- (Inland inkl. 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Seit Januar 2024 erscheint diese Zeitschrift im expert verlag, der seit über 40 Jahren Fachliteratur mit engem Praxisbezug veröffentlicht. Ob Lehrbuch, Fachbuch oder Qualifikationsschrift: wir bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Buch mit großer Reichweite zu veröffentlichen. Um Ihr Buch optimal zu vertreiben und die Wahrnehmung in der Fachleserschaft zu befördern, veröffentlichen wir Ihr Werk sowohl als gedrucktes Buch wie auch als eBook in den Formaten ePDF, ePub und HTML. Mit unseren plattformübergreifenden Produktionsrichtlinien stellen wir moderne Ausgabeformate für unsere Publikationen sicher. Unsere eLibrary gewährleistet Bibliotheken, Studierenden und Privatpersonen benutzerfreundlichen Zugriff auf erworbene eBooks sowie unsere OpenAccess-Publikationen. Unsere Bücher finden sich in allen wichtigen Hochschulen im D-A-CH-Raum und darüber hinaus. Unser Lektorat unterstützt Sie bei der Umsetzung Ihres Buchvorhabens in allen Phasen von der Planung bis zum Druck. 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