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Transforming cities
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expert verlag Tübingen
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Regenerative Energie deckt den gesamten Primärenergiebedarf

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Maren Gast
Für die Dekade bis 2030 hat sich Phoenix Contact das Ziel gesetzt, die nationalen und internationalen Anwender bei der Umsetzung einer All Electric Society (AES) zu unterstützen. Mit seinen Produkten und Lösungen möchte das Unternehmen dazu beitragen, dass regenerativ erzeugte elektrische Energie als primäre Hauptenergiequelle weltweit in ausreichender Menge sowie bezahlbar zur Verfügung steht. Dass dies möglich ist, zeigt der All Electric Society Park am Standort Blomberg.
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69 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES THEMA Die urbane Verkehrswende Damit das Konzept der All Electric Society erfolgreich realisiert werden kann, bedarf es einer umfassenden Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung sämtlicher Sektoren der Wirtschaft und Infrastruktur. Nur wenn alle relevanten Daten ständig in aktueller Form vorliegen, lassen sich die Energieflüsse automatisch bedarfsgerecht steuern, sodass jeder Verbraucher die von ihm benötigte Energie erhält. Wie ein solches Szenario umgesetzt werden kann, verdeutlicht der auf dem Unternehmensgelände von Phoenix Contact befindliche All Electric Society Park. Auf einer Fläche von mehr als 7800 Quadratmetern sind verschiedene Applikationen installiert, die den Weg von der Gewinnung regenerativer Energie über deren Wandlung und Speicherung bis zur Verteilung an und Nutzung durch die einzelnen Verbraucher darstellen. Der regenerative Strom wird durch Sonne und Wind erzeugt. Moderne Batterie- und Wasserstoffsynthese- Systeme erlauben die Speicherung der Energie, um sie später nutzen zu können. Die effiziente Energieverwendung erleben die Parkbesucher konkret und anfassbar an den Ladesäulen für Elektroautos, den Produktionsanlagen und der Verkehrsinfrastruktur. Die unterschiedlichen Themen werden in großen, transparenten Würfeln - den Glas-Cubes - aufbereitet, die interaktiv gestaltet und selbsterklärend sind. Aufgrund der intelligenten Vernetzung sämtlicher Sektoren ist jederzeit bekannt, wie viel Energie bereitsteht und wo sie gerade angefordert wird. Energiegewinnung durch Solartracker, Aufdach- und Fassadenmodule sowie Pflastersteine Im All Electric Society Park liefern rund 550 Solarmodule 155.000 Kilowattstunden grünen Strom pro Regenerative Energie deckt den gesamten Primärenergiebedarf All Electric Society Park tritt den Beweis an Maren Gast Für die Dekade bis 2030 hat sich Phoenix Contact das Ziel gesetzt, die nationalen und internationalen Anwender bei der Umsetzung einer All Electric Society (AES) zu unterstützen. Mit seinen Produkten und Lösungen möchte das Unternehmen dazu beitragen, dass regenerativ erzeugte elektrische Energie als primäre Hauptenergiequelle weltweit in ausreichender Menge sowie bezahlbar zur Verfügung steht. Dass dies möglich ist, zeigt der All Electric Society Park am Standort Blomberg. 70 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES Energie PRODUKTE + LÖSUNGEN Jahr. Die Photovoltaik-Anlagen verteilen sich über den gesamten Park. Durch den Einsatz von zwei Solartrackern, die im Zentrum eines Verkehrskreisels sowie im E-Mobility-Areal verbaut sind, werden die Solarmodule sogar einachsig der Sonne nachgeführt. Dazu finden die PLCnext-Steuerungstechnik sowie die Software-Bibliothek Solarworx mit entsprechenden Funktionsbausteinen Anwendung. Ist die derzeitige Windgeschwindigkeit zu hoch, sorgt die Automatisierungstechnik beispielsweise dafür, dass die Tracker aus dem Wind gefahren werden, um die PV-Module nicht zu beschädigen. Zusätzliche Solarmodule befinden sich auf dem Dach der einzelnen Cubes, dem Carport des E-Mobility-Areals sowie auf dem Dach und an der Fassade des Besucher-Pavillons. Darüber hinaus sind 26 Quadratmeter Solarpflastersteine verlegt worden, die sich in die Gehwege integrieren (Bild 1). Ein weiterer Beitrag zur Generierung erneuerbarer Energie kommt vom Windtree, der eine installierte Leistung von 10,8 Kilowatt Peak aufweist. Der Baum ist zehn Meter hoch und hat einen Durchmesser von acht Metern. Eine Windgeschwindigkeit von 2,5 Meter pro Sekunde reicht bereits zum Antreiben der als kleine Windturbinen fungierenden 36 vertikal drehenden Blätter aus. Im All Electric Society Park ist zudem eine begehbare Windgondel ausgestellt. Sie zeichnet normalerweise in großer Höhe für den Betrieb der Windenergieanlage verantwortlich. Zu diesem Zweck werden in realen Anwendungen unter anderem Steuerungstechnik, I/ O-Module, Sensoren, Schutzrelais, Router, Funksysteme, Überspannungsschutz, Stromversorgungen sowie Steckverbinder und Kabel aus dem umfassenden Portfolio von Phoenix Contact eingesetzt. Die Versorgung des kompletten All Electric Society Parks erfolgt somit aus regenerativ erzeugter Energie aus Sonne und Wind (Bild 2). Energiespeicherung in Batterien Für die Speicherung der überschüssigen elektrischen Energie werden zwei im All Electric Society Park verbaute Batteriespeicher genutzt. Dabei handelt es sich um einen Lithium-Eisenphosphat-Speicher mit einer Kapazität von 1,2 Megawattstunden und einen Li-Ionen-Speicher, der 281 Kilowattstunden zur Verfügung stellt. Ferner übernimmt der kleinere der beiden Speicher, der sich im Ladepark befindet, die Funktion der Booster-Batterie für das Laden der Elektroautos. Sie erlaubt das Betanken, selbst wenn das örtliche Stromnetz dies gerade nicht zulassen würde (Bild 3). Energiesteuerung über ein Management- System Die Trafostation dient als zentraler elektrischer Knotenpunkt des All Electric Society Parks. Hier wird die gesamte elektrische Energie eingespeist, welche die Solaranlagen und der Windtree generieren, und an die Verbraucher verteilt. Dazu gehören beispiels- Bild 1: Beide Solarbäume werden einachsig der Sonne nachgeführt, sodass die PV-Module immer optimal zur Sonne ausgerichtet sind Bild 2: Die Blätter am Windbaum erzeugen auch bei geringem Wind elektrischen Strom Bild 3: Aufgrund der Batteriespeicher kann der AES- Park komplett aus erneuerbaren Quellen versorgt werden 71 1 · 2024 TR ANSFORMING CITIES Energie PRODUKTE + LÖSUNGEN weise die Ladestation, die Cubes, der Pavillon, die Außenbeleuchtung und die Bewässerung. Um einen guten Überblick über die Energieflüsse im Park zu erhalten, werden alle Abgänge von der Trafostation über IoT-fähige Energiemessgeräte EMpro von Phoenix Contact aufgenommen und zentral im eigenen Energie-Management-System ausgewertet. Auf dieser Grundlage steuert es den Park effizient und unterbrechungsfrei. Über die Trafostation erfolgt auch der Anschluss des All Electric Society Parks an das Unternehmensnetz von Phoenix Contact. Die Kommunikation zwischen dem Park und der Station übernimmt eine smartRTU von Phoenix Contact. Die modulare Fernwirklösung ist speziell für die Überwachung und Steuerung von Verteilnetzen sowie als Gateway für das Einspeisemanagement dezentraler Energieerzeugungsanlagen entwickelt worden. Die smartRTU übermittelt Status- und Fehlermeldungen an die Leitstelle im Pavillon, kann aber ebenfalls Steuerbefehle entgegennehmen (Bild 4). Begrünung an den Fassaden und auf dem Dach Hinter den Fenstern der Trafostation sind die Mittel- und Niederspannungsschaltanlage mit ihren Stromwandlern, Lasttrennschaltern und Sicherungen zu sehen. Die beiden großen Trafos mit einer Leistung von 1600 und 1100 Kilovoltampere befinden sich in separaten Räumen. Beim Bau der Station wurde besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit gelegt. So verzichtet die Mittelspannungsschaltanlage auf die klimaschädliche Schwefel-HEXA-Fluorid-Verbindung SF6 und verwendet stattdessen Luft als Isoliermedium. Außerdem kommt zur Kühlung der Trafos nicht mehr herkömmliches Mineralöl, sondern eine biologisch abbaubare Ester-Flüssigkeit zum Einsatz. Anstelle von Stahlbeton wird Carbon-Beton genutzt, will heißen, dass statt der typischen Stahlarmierung nun Matten aus Carbonfasern die Wände verstärken. Die Wandstärke ist so von 14 Zentimeter auf acht Zentimeter reduziert worden, da die Carbonfasern stärker sind und nicht gegen Durchrostung geschützt werden müssen. In Summe wird ungefähr ein Drittel an Beton eingespart. Die Begrünung an den Fassaden und auf dem Dach der Trafostation stellt nicht nur einen Eye-Catcher dar. Vielmehr sind Pflanzen gut für das Mikroklima und bieten darüber hinaus vielen kleinen Tieren einen Lebens- und Nistraum. Entsprechende Trafostationen werden zukünftig vor allem in Städten stehen, wo sie an heißen Sommertagen zu einer besseren Luft und Abkühlung beitragen. Technologien bereits vorhanden Das elektrische Energiemanagement basiert auf der offenen Steuerungstechnologie PLCnext Technology. Wie bereits erwähnt, stellt es sicher, dass sämtliche Parkteilnehmer zuverlässig mit elektrischem Strom versorgt sind. Die über die Energiemessgeräte aufgenommenen Energieflüsse werden ausgewertet, und es wird eine optimale Verteilung der Energie im Park vorgenommen. Die Einbindung der Parkteilnehmer - wie Wechselrichter, Speicher, Ladestationen sowie alle anderen Erzeuger und Verbraucher - in das Energie-Management-System erfolgt über MQTT an einen zentralen Broker. Von hier können die Daten und Werte sämtlichen Teilnehmern bereitgestellt werden. Mit dem All Electric Society Park möchte Phoenix Contact Wissen zum Zukunftsbild der All Electric Society vermitteln sowie die Vision in die Realität umsetzen. Bei den Mitarbeitenden, Kunden und der allgemeinen Öffentlichkeit soll ein Bewusstsein für die schon vorhandenen technischen Möglichkeiten geschaffen werden. Der All Electric Society Park zeigt auf leicht verständliche Weise, was die All Electric Society ausmacht und wie sie funktioniert. Anhand von realen Applikationen und einer didaktischen Aufbereitung wird veranschaulicht, wie eine lebenswerte Zukunft aussehen kann und welchen Nutzen die Menschen daraus ziehen. Bild 4: Das Thema Nachhaltigkeit wurde beim Bau der Ortsnetzstation konsequent umgesetzt Maren Gast, Produktmanagerin bei Tech- Education, New Business Fields, Phoenix Contact GmbH & Co.KG, Schieder-Schwalenberg Kontakt: www.phoenixcontact.com/ aespark AUTORIN Eingangsbildung: Luftaufnahme des All Electric Society Parks auf dem Unternehmensgelände von Phoenix Contact in Blomberg