Transforming cities
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Daten und Digitalisierung: Die Basis für eine effektive Wärmewende
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Mit dem neuen GEG müssen Kommunen bis 2026 große und bis 2028 kleinere Wärmepläne für Bestandsgebäude erstellen. Ziel ist die Optimierung der Energieeffizienz und die Reduzierung von Emissionen im Gebäudebestand. Der Gebäudesektor muss dringend Maßnahmen ergreifen, da er allein im letzten Jahr 35 Prozent des nationalen Energieverbrauchs ausmachte, wobei über 80 Prozent dieser Energie für Wärme und Warmwasser verwendet wurden. Die energetische Sanierung, Optimierung von Heizsystemen und Umstellung auf klimafreundliche Technologien sind entscheidend, um die Klimaziele zu erreichen.
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84 2 · 2024 TR ANSFORMING CITIES Daten und Digitalisierung: Die Basis für eine effektive Wärmewende Mit dem neuen GEG müssen Kommunen bis 2026 große und bis 2028 kleinere Wärmepläne für Bestandsgebäude erstellen. Ziel ist die Optimierung der Energieeffizienz und die Reduzierung von Emissionen im Gebäudebestand. Der Gebäudesektor muss dringend Maßnahmen ergreifen, da er allein im letzten Jahr 35 Prozent des nationalen Energieverbrauchs ausmachte, wobei über 80 Prozent dieser Energie für Wärme und Warmwasser verwendet wurden. Die energetische Sanierung, Optimierung von Heizsystemen und Umstellung auf klimafreundliche Technologien sind entscheidend, um die Klimaziele zu erreichen. Herausforderungen bei der Wärmeplanung Die Wärmeplanung ist ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg und sieht vor, dass innerhalb der kommenden vier Jahre ein verbindlicher Plan zum klimaneutralen Umbau der Heizinfrastruktur erstellt wird. Aufgabe der Länder und Kommunen ist es nun, den besten und kosteneffizientesten Weg zu einer klimafreundlichen und fortschrittlichen Wärmeversorgung vor Ort zu ermitteln. Dazu ist zu definieren, welche Gebiete zukünftig in welcher Weise mit Wärme versorgt werden sollen und ob eine Anbindung an das Fernwärmenetz erfolgen kann. Um die Klimaziele bis zum Jahr 2045 zu erreichen, soll darauf basierend nach Abschluss dieser Planung auch in Bestandsgebäuden eine Abkehr von der Nutzung fossiler Energieträger erfolgen. Dazu sollen Heizungssysteme gefördert werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien oder durch unvermeidbare Abwärme betrieben werden können. Die Wärmeplanung stellt die beteiligten Akteure jedoch vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Es werden verschiedene Daten und Informationen benötigt, dazu gehören unter anderem die Energieverbrauchsdaten der Gebäude, die von den Gebäudeeigentümern bereitzustellen sind. Wichtig sind diese Daten für die Planung der zukünftig benötigten Wärmemengen. Wärmenetze bestehen grundsätzlich aus Leitungsnetzen und einem oder mehreren Kraftwerken. Die Leitungsnetze werden in den meisten Fällen unter Betrachtung der Dichte potenzieller Abnehmer, der Gebäude, und der bautechnischen Realisierbarkeit, beispielsweise dem Platz in der Straße, der Topologie, etc., geplant. Wärmeversorger tun sich allerdings noch schwer mit der Dimensionierung der Wärmeleistung der Kraftwerke, denn es fehlen Wärmeverbrauchsdaten der Gebäude, die durch die künftigen Leitungsnetze versorgt werden können. Die mangelnde Digitalisierung des Messwesens zur Verbrauchserfassung aller Medien im Gebäude ist hierfür hinderlich. Es fehlt eine lückenlose Abdeckung mit modernen und vernetzten Messsystemen. So war Deutschland im Jahr 2021 im europäischen Vergleich mit weniger als zehn Prozent installierten intelligenten Messsystemen eines der Schlusslichter beim Smart Meter Rollout. Laut dem Messstellenbetriebsgesetz ist eine Umrüstung auf digitale Zähler (für die Medien Strom und Gas) bis spätestens 2032 vorgesehen. Für Wärmezähler gibt es bislang keine verbindliche Frist zur Umrüstung auf digitale Zähler. Doch ohne präzise Echtzeitdaten über den Energieverbrauch des jeweiligen Mediums in den Gebäuden gestaltet sich die effektive Wärmeplanung schwierig. Eine systematische und kontinuierliche Erfassung und Analyse der Verbrauchsdaten ist ebenfalls unabdingbar, um Potenziale zur Energieeinsparung zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu entwickeln. Darüber hinaus führt die mangelnde Digitalisierung des Messwesens zu einem erhöhten manuellen 85 2 · 2024 TR ANSFORMING CITIES PRODUKTE + LÖSUNGEN Infrastruktur Aufwand bei der Datenerfassung und -auswertung. Dies kostet Zeit und Ressourcen und birgt das Risiko von Fehlern und Ungenauigkeiten bei der Berechnung des Energieverbrauchs. Dadurch werden Effizienzpotenziale nicht vollständig ausgeschöpft und die Kosten für Energie steigen unnötig. Dass mangelnde Datentransparenz in der Immobilienwirtschaft ein Problem ist, zeigt auch eine Studie von ZIA und EY, laut der 94 Prozent der Befragten mit Datenintransparenz und Datensilos ringen. Um ein komplettes Bild zu erhalten, müssen verlässliche und vollständige Betriebsdaten der Anlagen und Verbrauchsdaten über alle Sparten vorliegen, die regelmäßig übermittelt werden. Die Daten sollten aus einer Quelle stammen und einen einheitlichen Standard erfüllen. Sonst fallen deutliche Aufwände an, um die Daten zu bereinigen, zu vereinheitlichen und sie schlussendlich für Analysen und Optimierungsmaßnahmen nutzbar zu machen. Datentransparenz durch Messstellenbetrieb Abhilfe können digitale Lösungen, wie ein digitaler Messstellenbetrieb, schaffen. Der Messstellenbetreiber installiert dabei digitale Zähler für Strom, Gas und Wärme, wartet und betreibt diese. Die Verbrauchsdaten können so kontinuierlich erfasst und den Gebäudeeigentümern bzw. -verwaltern, den Energieversorgern und den Netzbetreibern zur Verfügung gestellt werden. Gebäudeeigentümer können ihren Messstellenbetreiber frei wählen, bereits seit 2008 ist ein Wechsel vom für das Netzgebiet grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) zu alternativen, wettbewerblichen Anbietern (wMSB) möglich. Im Rahmen der Wärmeplanung spielt der Messstellenbetrieb eine wichtige Rolle. Er ermöglicht die präzise Erfassung des Energieverbrauchs in Gebäuden, insbesondere im Hinblick auf die Wärmeenergie. Durch die genaue Messung des Wärmeverbrauchs können außerdem relevante Daten für die Bewertung der Energieeffizienz eines Gebäudes gewonnen werden. Zudem benötigen die Wärmeversorger für die Planung des Ausbaus der Fernwärmenetze die Verbrauchsdaten der bisher mit Gas beheizten Gebäude, um den zukünftigen Wärmebedarf entsprechend prognostizieren zu können. Diese Daten können im Rahmen des digitalen Messstellenbetriebs schnell und unkompliziert zur Verfügung gestellt werden. Ein effizienter und reibungsloser digitaler Messstellenbetrieb ist daher von großer Bedeutung für die Wärmeplanung. Er liefert verlässliche Daten, die als Grundlage für Entscheidungen und Maßnahmen dienen, um die Klimaziele und eine nachhaltige Energiewende zu erreichen. Energieeffizienz im Heizungskeller Liegen die Verbrauchsdaten transparent vor, können sie in Kombination mit den Betriebsdaten der technischen Anlagen im Gebäude auch für Optimierungsmaßnahmen genutzt werden. Property Technology (PropTech)-Start-ups, wie metr Building Management Systems GmbH, bieten der Branche dafür marktreife Lösungen, mit denen sie die Daten zugänglich machen und analysieren. Das Wohnungsunternehmen Heimstaden setzt hierfür beispielsweise auf die metr-Lösung zur Fernüberwachung und Optimierung von Heizungsanlagen in 350 Wohngebäuden. metr bindet die Heizungsanlagen digital an und ermöglicht dadurch eine automatische Fernüber wachung der Anlagen. Die Lösung erfasst die wesentlichen Betriebsdaten der Heizungsanlagen und überträgt sie mithilfe eines multifunktionalen IoT-Gateways an die metr-Plattform. Ein moderner Machine Learning Algorithmus wertet die Daten aus und stellt sie in Echtzeit in einem zentralen Dashboard für Heimstaden zur Verfügung. Das System liefert dabei wertvolle Hinweise auf nicht optimal eingestellte Heizungsanlagen. Diese können von Heimstaden genutzt werden, um den Betrieb datenbasiert effizienter zu gestalten. Neben der Fernüberwachung kommt auch die intelligente Energieoptimierung von metr zum Einsatz, die eine permanente, automatische Optimierung der Heizungsanlagen auf Basis von Wettervorhersage-Daten ermöglicht. Der Algorithmus ist darauf ausgerichtet, die Wärmemenge des Gebäudes an Wetterveränderungen anzupassen. Dadurch kann der Energieverbrauch der Heizung um bis zu 25 Prozent und damit auch die CO 2 -Emissionen des Gebäudes weiter reduziert werden. Wärmeplanung ganzheitlich und datenbasiert angehen Digitale Lösungen spielen eine Schlüsselrolle in der Wärmewende, da sie verlässliche Daten liefern und die Basis für effektive Entscheidungen zur Erreichung der Klimaziele bilden. Durch die Nutzung innovativer PropTech-Lösungen können Gebäudeeffizienz und Nachhaltigkeit noch zusätzlich gesteigert werden, indem Heizungssysteme optimiert und Energieeinsparungen erzielt werden. Ein ganzheitlicher Ansatz zur Digitalisierung und Analyse von Verbrauchsdaten ist entscheidend, um die Effizienzpotenziale der Gebäude zu erschließen und die Umweltauswirkungen zu minimieren. Die erfolgreiche Implementierung dieser Maßnahmen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Wärmeversorgung.
