eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 63/1

Tribologie und Schmierungstechnik
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expert verlag Tübingen
0201
2016
631 Jungk

Tribologische Untersuchung in Systemen zur Abgasnachbehandlung

0201
2016
Thorsten Stöberl
Frank Mantwill
Dirk Welting
Seit in Kraft treten der Euro-1 Norm wird vorgeschrieben, dass bei Fahrzeugen mit Dieselmotor neben den Kohlendioxid (Oxidationskatalysator) und den Rußpartikeln (Dieselpartikelfilter) auch die Stickoxide reduziert werden [1], [2]. Hierzu werden SCR-Systeme eingesetzt, bei denen als Reduktionsmittel eine wässrige Harnstofflösung in den Abgasstrahl eingespritzt wird. In diesen Systemen gibt es eine Vielzahl von Kontakten, bei denen das Reduktionsmittel als Schmiermedium verwendet wird. Aufgrund der erhöhten tribologischen Beanspruchung können die bisherigen Werkstoffe nicht eingesetzt werden. Um eine geeignete Paarung zu finden, die die gestiegenen Anforderungen erfüllt, werden Modellversuche auf einem Tribometer durchgeführt. Im Rahmen der Versuche werden Stahl-Stahl und Stahl-Keramik Paarungen untersucht. Im diesem Beitrag wird ein Auszug der im Rahmen der Arbeit durchgeführten Untersuchungen präsentiert.
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Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 1 Einleitung Bei Dieselmotoren werden zur Reduktion von Stickoxiden heutzutage SCR-Systeme (Selective Catalytic Reduction) eingesetzt. Hierzu wird eine 32,5%ige wässrige Harnstofflösung für die Reduktion, der Stickoxide NO x in den Abgasstrom eingespritzt [1]. Das Reduktionsmittel ist ein Elektrolyt, dies sind Stoffe die in wässriger Lösung in Ionen zerfallen [3]. In den einzelnen Komponenten gibt es eine Vielzahl tribologischer Kontakten bei denen das Reduktionsmittel als Schmiermedium verwendet wird. Aufgrund der schlechten Schmiereigenschaften arbeiten solche Systeme vorwiegend im Gebiet der Mischbzw. Grenzreibung. Mit denen aus der Ölhydraulik bekannten Tribo-Paarungen können solche Systeme aufgrund des korrosiven Zwischenmediums nicht zuverlässig betrieben werden [4]. Eine Stahl-Stahl Paarung aus hochlegierten nicht-rostenden Chromstählen kann im Mischreibungsgebiet wegen der hohen Adhäsionsneigung nicht eingesetzt werden [5]. Hier wäre ein Ausfall des Systems durch Fressen vorhersehbar [6]. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Zuverlässigkeit solcher Systeme ist die Verwendung einer Stahl-Keramik Paarung. Keramiken weisen gegenüber Stahlwerkstoffen eine verringerte Neigung zum Fressen auf und gelten im Vergleich zu Metallen als korrosionsbeständig [7], [8]. Eine weitere Möglichkeit stellt das Beschichten eines der am tribologischen System beteiligten Bauteile dar. Der positive Einfluss auf das Verschleißverhalten konnte von Majdic et al. bei Schmierung mit wässrigen Medien nachgewiesen werden [9]. Im Rahmen der Untersuchung wurde das tribologische Verhalten von Stahl-Keramik 29 Aus Wissenschaft und Forschung * M.Sc. Thorsten Stöberl Robert Bosch GmbH, 70469 Stuttgart Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg Institut Maschinenelemente Rechnergestützte Produktentwicklung, 22043 Hamburg Dr. Dirk Welting Robert Bosch GmbH, 70469 Stuttgart Tribologische Untersuchung in Systemen zur Abgasnachbehandlung T. Stöberl, F. Mantwill, D. Welting* Eingereicht: 17. 6. 2015 Nach Begutachtung angenommen: 19. 9. 2015 Seit in Kraft treten der Euro-1 Norm wird vorgeschrieben, dass bei Fahrzeugen mit Dieselmotor neben den Kohlendioxid (Oxidationskatalysator) und den Rußpartikeln (Dieselpartikelfilter) auch die Stickoxide reduziert werden [1], [2]. Hierzu werden SCR- Systeme eingesetzt, bei denen als Reduktionsmittel eine wässrige Harnstofflösung in den Abgasstrahl eingespritzt wird. In diesen Systemen gibt es eine Vielzahl von Kontakten, bei denen das Reduktionsmittel als Schmiermedium verwendet wird. Aufgrund der erhöhten tribologischen Beanspruchung können die bisherigen Werkstoffe nicht eingesetzt werden. Um eine geeignete Paarung zu finden, die die gestiegenen Anforderungen erfüllt, werden Modellversuche auf einem Tribometer durchgeführt. Im Rahmen der Versuche werden Stahl-Stahl und Stahl-Keramik Paarungen untersucht. Im diesem Beitrag wird ein Auszug der im Rahmen der Arbeit durchgeführten Untersuchungen präsentiert. Schlüsselwörter wässrige Lösung, Verschleiß, Technische Keramik, nichtrostenden Chromstähle, Oberflächenschutzschichten, Fahrzeugtechnik Since the entry into force of the Euro-1 norm it is demanded that, vehicles with a diesel engine, in addition to the carbon monoxide (oxidation catalyst) and the soot (diesel particle filter), also the nitrogen oxides must be reduced [1 ], [2]. For this SCR-Systems are used, in which an aqueous urea solution, used as a reduction agent, is injected into the exhaust gas stream. In these systems, there is a plurality of contacts, in which the reducing agent is used as a lubricating medium. Due to the increased tribological stress previous materials cannot be used. To find a suitable pairing that meets the requirements, model tests are carried out on a tribometer. In these experiments steel-steel and ceramic-steel pairings are examined. For this conference an excerpt from the present work is carried out and presented. Keywords aqueos solution, wear, ceramic, stainless steel, coatings, automotive Kurzfassung Abstract T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 29 30 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 Paarungen und einer beschichteten Stahl-Stahl Paarung in wässriger Harnstofflösung, in Abhängigkeit des Alterungszustandes untersucht. Der Referenzversuch wurde mit einer kolsterisierten Stahl-Stahl Paarung durchgeführt. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es Erkenntnisse über das tribologische Verhalten von mit wässriger Harnstofflösung geschmierten Gleitsystemen zu erlangen. 2 Analyse des Mediums Um die Auswirkungen der Alterung auf die Fluideigenschaften verstehen zu können wurden Viskositätsmessungen in Abhängigkeit der Temperatur sowie Messungen der elektrischen Leitfähigkeit durchgeführt. Die Ergebnisse zeigt die folgende Tabelle. weisen nach dem Kolsterisieren 2 eine ca. 20 µm Dicke modifizierte Randschicht auf, deren Härte 600 HV beträgt [10]. Der Stahlgegenkörper wurde führ eine Paarung mit einer DLC-Schicht beschichtet. 4 Versuchsaufbau und Durchführung Die Untersuchungen wurden mit dem System Kugel- Platte auf einem Tribometer zur Untersuchung von Schwingungsverschleiß durchgeführt. Einer der Vorteile des Systems ist, dass bei dieser Kontaktgeometrie schon sehr kleine Verschleißbeträge messbar sind [11]. Die Kugeln haben einen Durchmesser von 10 mm. Der Durchmesser der Platten beträgt 40 mm. Die Schmierstoffversorgung wird durch ein Schmierstoffbecken sichergestellt. Eine detaillierte Beschreibung des Prüfstandes und der eingesetzten Messtechnik findet sich in der Arbeit von Samerski [12] und Schöfer [13]. Die Schleifriefen wurden quer zur Bewegungsrichtung ausgerichtet. Alle Versuche wurden bei einer Raumtemperatur von 22 ± 1 °C und einer konstanten Luftfeuchtigkeit von 40 % durchgeführt. Bewertet wurden die Versuchsergebnisse mittels des Archard’schen Verschleißkoeffizienten k. Dieser wurde für alle Versuche nach Versuchsende aus den ermittelten Daten berechnet. Der Verschleißkoeffizient für den Systemverschleiß wird nach Gleichung 1 bestimmt [14]. (1) Der Reibungskoeffizient μ wurde nach Gleichung 2, aus den letzten 250 Messwerten für die Reibkraft berechnet. Diese Vorgehensweise wurde gewählt, da der Reibungskoeffizient zu Versuchsbeginn, aufgrund von Einlaufvorgängen stark variieren kann. (15). (2) 5 Untersuchungsergebnisse Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurden die in Tabelle 3 aufgeführten Paarungen untersucht. Aus Wissenschaft und Forschung 2 Kolsterisieren wird im Folgenden mit kolst. oder k. abgekürzt Tabelle 1: Stoffeigenschaften der untersuchten Medien AdBlue Gealtertes AdBlue Viskosität 20 °C [mm 2 / s] ≈ 1,5 ≈ 1,75 pH-Wert ≈ 9,5 ≈ 9,6 elekt. Leitfähigkeit [mS/ cm] 1,3-2,3 50 -51 Tabelle 2: Materialeigenschaften der Prüfkörper Werkstoff Keramik A Nichtrostender Chromstahl kolst. Keramik B DLC Härte [HV] 1.500 600 ( nach kolsterisieren) 1.800 3.000 E-Modul [MPa] 300.000 200.000 380.000 200.000 Poison-Zahl [-] 0,26 0,28 0,27 0,3 Offene Porosität 0 - 0 - Korngröße [µm] 4 - 8 - Durch die Freisetzung des gelösten Ammoniak (NH 3 ) befinden sich bei gealterter Harnstofflösung mehr Ionen in Lösung, dadurch steigt die elektrische Leitfähigkeit an. Zusätzlich führt die Alterung des Mediums zu einer erhöhten, Kohlendioxid (CO 2 )-Konzentration und zu einer Abnahme der Harnstoffkonzentration in der Lösung. 3 Herstellung der Versuchskörper Die Platten wurden aus einem nichtrostenden Chromstahl in den Prozessschritten Drehen, Flachschleifen und Oberflächenhärten gefertigt. Tabelle 2 dokumentiert die mechanischen Eigenschaften der verwendeten Prüfkörper. Der Rz-Wert der Platten beträgt 1,5 µm. Die Steigerung der Oberflächenhärte wurde durch Kolsterisieren erzielt. Die behandelten Platten sind korrosionsbeständig und T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 30 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 Jeder Versuch wurde 2-4-mal durchgeführt. In der ersten Versuchsreihe wurde der Einfluss der nichtgealterten Harnstofflösung auf das tribologische Verhalten untersucht. Die Versuche wurden mit einer Frequenz f von 14 Hz, einer Schwingweite Δx von 0,20 mm und einer Normalkraft F N von 5 N durchgeführt. Die mittlere Gleitgeschwindigkeit v beträgt 0,01056 m/ s. Der nach Versuchsende zurückgelegte Gleitweg s beträgt 104 m. In der weiteren Versuchsreihe wird nur das Zwischenmedium variiert. In Bild 1 sind die Kurvenverläufe der linearen Verschleißbeträge und des zeitlichen Verlaufs des Reibungskoeffizienten dargestellt. Der höchste Verschleißbetrag und Reibungskoeffizient wurde für die Paarung N.Cr.St.k.-Keramik A gemessen. Der lineare Verschleißbetrag beträgt 7,50 µm und die gemittelte Reibungszahl 0,52. Die Kurve zeigt einen degressiven Verlauf auf. In der Einlaufphase beträgt die Verschleißintensität 0,28 µm/ m. Für die Gleichpaarung N.Cr.St.k.-N.Cr.St.k. wurde ein Verschleißbetrag von 6,88 µm gemessen. Zu Beginn des degressiven Kurvenverlaufs beträgt die Verschleißintensität 0,51 µm/ m. Nach dem Übergang der Einlaufin die Behaarungsphase verringert sich die Verschleißintensität bei beiden Paarungen auf 0,09 µm/ m. Für die Paarung N.Cr.St.k.-N.Cr.St.k. wird eine mittlere Reibungszahl von 0,39 berechnet. Der sprunghafte Anstieg der Reibungszahl zum Versuchsende, ist nicht mit einem Anstieg der Verschleißintensität verbunden. Gegenüber den beiden ersten Paarungen weist der Verlauf der Verschleißkurve der Paarung N.Cr.St.k.-Keramik B einen quasi linearen Verlauf auf. Außerdem zeigt die Reibungskurve einen stark schwankenden Verlauf. Dies ist der Fall bei einer wiederholenden Zerstörung und anschließenden Neubildung der Reaktionsschicht [6]. In der Startphase befindet sich die Paarung in einer Verschleißhochlage mit einer Verschleißintensität von 0,13 µm/ m. Nach einem Gleitweg von 15 m reduziert sich die Verschleißintensität um ca. 46 % auf 0,07 µm/ m. Am Versuchsende wird ein linearer Verschleißbetrag von 5,7 µm gemessen. Vergleicht man den linearen Verschleißbetrag der beiden Stahl-Keramik-Paarungen miteinander, ist der Verschleiß der Paarung, bei welcher ein Gegenkörper aus Keramik B verwendet wird, um ca. 32 % geringer 31 Aus Wissenschaft und Forschung Tabelle 3: Übersicht untersuchte Werkstoffpaarungen Paarung Platte Kugel 1 Nichtrostender Chromstahl kolst. Nichtrostender Chromstahl kolst. 2 Nichtrostender Chromstahl kolst. Keramik A 3 Nichtrostender Chromstahl kolst. Keramik B 4 Nichtrostender Chromstahl kolst. DLC 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Gleitweg [m] Linearer Verschleißbetrag W l [µm] Einfluss Werkstoffpaarung − ZM nicht geal. Harnstofflösung N.Cr.St.k. − Keramik A N.Cr.St.k. − N.Cr.St.k. N.Cr.St.k. − Keramik B N.Cr.St.k. − DLC 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 Gleitweg [m] Reibungskoeffizient µ [−] Einfluss Werkstoffpaarung − ZM nicht gealt.Harnstofflösung N.Cr.St.k. − Keramik A N.Cr.St.k. − N.Cr.St.k. N.Cr.St.k. − Keramik B N.Cr.St.k. − DLC Bild 1: Einfluss AdBluea) linearer Verschleißbetrag b) zeitlicher Verlauf Reibungskoeffizient a) b) T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 31 32 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 als bei der Paarung N.Cr.St.k.- Keramik A. Der geringste Verschleißbetrag von 0,16 µm w u r d e f ü r d i e P a a r u n g N.Cr.St.k.-DLC gemessen. Die in der Einlaufphase auftretende Verschleißintensität von 0,18 µm/ m ist mit einer hohen Reibungszahl von 0,26 verbunden. Mit dem Übergang von der Verschleißhochin die Verschleißtieflage verringert sich auch die Reibungszahl. Der Verlauf der Reibungszahl zeigt nach dem Absinken auf 0,15 bis zum Versuchsende ein stationäres Verhalten auf. Der durchschnittliche Reibungskoeffizient beträgt 0,16. Bild 2 zeigt die Auswirkung der Alterung des Zwischenmediums auf die Versuchsergebnisse. Im Gegensatz zu den in Bild 1 dargestellten Versuchen wird der höchste Wert für den Verschleißbetrag bei der Stahl-Stahl Paarung gemessen. Hier macht sich die geringere Beständigkeit des Stahlwerkstoffes gegenüber dem gealterten Medium bemerkbar. Der lineare Verschleißbetrag beträgt 22,2 µm. Dies stellt den Maximalwert aller gemessenen Verschleißbeträge dar. Die Zunahme des Verschleißbetrags geht mit einem konstanten Anstieg des Reibungskoeffizienten einher. Der geringste Verschleißbetrag wurde wie bei der ersten Versuchsreihe für die Paarung mit dem beschichteten Gegenkörper gemessen, obwohl sich der Verschleißbetrag um Faktor 6,75 erhöht hat. Die Alterung des Zwischenmediums hat bei dieser Paarung keinen Einfluss auf die Reibungszahl. Der durchschnittliche Reibungskoeffizient liegt im gleichen Bereich wie bei der ersten Versuchsreihe und beträgt 0,17. Alle Paarungen weisen bei gealtertem Zwischenmedium einen höheren linearen Verschleißbetrag auf. Die beiden Stahl-Keramik Paarungen zeigen ein sehr ähnliches Verschleiß- und Reibungsprofil. Nach dem Einlaufen liegt die Verschleißintensität bei beiden Paarungen im Bereich von ≈ 0,09 µm/ m. Für die Paarung N.Cr.St.k.-Keramik A wurde ein linearer Verschleißbetrag von 14,44 µm und für die Paarung N.Cr.St.k.-Keramik B von 13,60 µm gemessen. Im Gegensatz zur Paarung N.Cr.St.k.-Keramik A ist bei der Paarung N.Cr.St.k.-Keramik B ein ständiger Wechsel der Reibungszahl zu beobachten. Der Verschleißbetrag der Paarung N.Cr.St.k.-Keramik A ist um 92 % angestiegen, dagegen weist die Paarung N.Cr.St.k.-Keramik B einen Anstieg um den Faktor 2,4 auf. Einen Anstieg des mittleren Reibungskoeffizienten zeigt nur die Stahl-Stahl Paarung. Für die Paarung N.Cr.St.k.-Keramik A ist eine Verringerung des Reibungskoeffizienten zu beobachten. Auf das Reibungsverhalten der Paarung N.Cr.St.k.- Keramik B hat die Alterung des Zwischenmediums keinen signifikanten Einfluss. Der gemittelte Reibungskoeffizient beträgt für die Paarung mit einem Gegenkörper aus Keramik A 0,36 und für die Paarung mit einem Gegenkörper aus Keramik B 0,37. 6 Diskussion In Bild 3 sind die REM-Aufnahmen der ersten Versuchsreihe abgebildet. In Bild 3 a), b), d), e), f) und g) sind Riefen in Bewegungsrichtung zu erkennen. In Bild a) sind auf der Verschleißfläche der Keramik A-Kugel, ne- Aus Wissenschaft und Forschung Bild 2: Einfluss gealtertes AdBluea) linearer Verschleißbetrag b) zeitlicher Verlauf des Reibungskoeffizienten 1 0 2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0 9 0 1 0 0 0 5 1 0 1 5 2 0 2 5 G l e i t w e g [ m ] Linearer Verschleißbetrag W l [µm] E i n f l u s s W e r k s t o f f p a a r u n g − Z M g e a l . H a r n s t o f f l ö s u n g N . C r . S t . k . − K e r a m i k A N . C r . S t . k . − N . C r . S t . k . N . C r . S t . k . − K e r a m i k B N . C r . S t . k . − D L C 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 Gleitweg [m] Reibungskoeffizient µ [−] Einfluss Werkstoffpaarung − ZM geal. Harnstofflösung N.Cr.St.k. − Keramik A N.Cr.St.k. − N.Cr.St.k. N.Cr.St.k. − Keramik B N.Cr.St.k. − DLC a) b) T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 32 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 ben den beschriebenen Riefen noch lose verstreute Partikel zu erkennen. Im linken Bildbereich von Bild 3b) sind auf der kolsterisierten Kugel eine Agglomeration von aus der Verschleißspur ausgespülten Partikeln sowie loser Partikel zu beobachten. Auf der ganzen Oberfläche der in Bild 3c) dargestellten Verschleißspur der Keramik B-Kugel ist eine zusammenhängende Schicht zu sehen, die durch Materialübertrag verursacht wurde. Dieser wurde durch die EDX-Analyse nachgewiesen. Im unteren und oberen Bildbereich sind die Delamination der Schicht und die damit verbundene Entstehung von Partikeln zu sehen. Die Verschleißspur der in Bild 3d) dargestellten beschichteten Kugel weist eine geglättete Oberfläche auf, die partiell mit Riefen in Bewegungsrichtung durchzogen ist. Bild 3 e-h) zeigt die REM-Aufnahmen der Platte. Unabhängig vom Gegenkörper sind auf allen vier REM-Aufnahmen abrasive Riefen unterschiedlicher Größenordnung und Verteilung in Bewegungsrichtung zu erkennen. In den Riefen auf Bild 3e) sind eingedrückte Partikel, in geringem Maße Reaktionsprodukte sowie plastische Verformungen durch das wiederholte Übergleiten zu erkennen. In Bild 3f) ist im unteren rechten Bildbereich Verschleiß durch Oberflächenzerrüttung sowie durch ausgebrochene Partikel zu sehen. Die in Bild 3g) dargestellte Verschleißspur zeigt breite Furchen sowie im rechten Bereich Anzeichen von Tribochemische Reaktionen. Bild 3h) zeigt die Verschleißspur des Gegenkörpers der beschichteten Kugel. Am Rande der Verschleißspur ist eine zusammenhängende Reaktionsschicht, von aus der Verschleißfläche abtransportierten Partikeln, erkennbar. Bild 4 zeigt die Zusammenfassung der REM-Aufnahmen der Versuche in denen die Auswirkung der Alterung des Zwischenmediums auf das Verschleißverhalten untersucht wurde. Gegenüber der in Bild 3a) dargestellter Verschleißfläche der Keramik A-Kugel ist als wesentlicher Unterschied das Vorhandensein einer reibungsreduzierenden Reaktionsschicht sowie die deutlich schwä- 33 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 3: REM-Aufnahmen, Zwischenmedium wässrige Harnstofflösung Kugel: a) Keramik A b) Kolsterisiert c) Keramik B d) Beschichtet DLC; Platte: e) N.Cr.St.k.-Keramik A f) N.Cr.St.k.-n.Cr.St.k. g) N.Cr.St.k.-Keramik B h) N.Cr.St.k.-DLC Bild 4: REM-Aufnahmen, Zwischenmedium gealterte wässrige Harnstofflösung a) Keramik A b) Kolsterisiert c) Keramik B d) DLC; Platte: e) N.Cr.St.k.-Keramik A f) N.Cr.St.k.-n.Cr.St.k. g) N.Cr.St.k.-Keramik B h) N.Cr.St.k.-DLC T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 33 34 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 chere Ausprägung der Riefen zu erkennen. Im Gegensatz dazu ist bei der kolsterisierten Kugel gegenüber Bild 3b) eine Verstärkung des abrasiven Verschleißes zu erkennen. Im oberen Bildbereich ist partiell eine Reaktionsschicht vorhanden. Die Keramik B-Kugel in Bild 4c) ist mit einer Reaktionsschicht bedeckt. Vereinzelt sind abrasive Riefen, Pittings sowie das Abplatzen der Schicht zu sehen. Vom Auftreten von Pittings an der Oberfläche von mit wässrigen Lösungen geschmierten Keramiken berichtet auch Kalin et al. in seinen Untersuchungen. Als Ursache führt er die Ablösung von Körnern aufgrund des Medienangriffs auf. Er stellte diesen Mechanismus allerdings bei einem pH-Wert von 13 fest [16]). Ravikiran et al. fand ebenfalls, bei Wasserschmierung, Pittings auf Keramikproben [17]. Im Gegensatz zu dem in Bild 3 e) dargestellten Grundkörper, ist eine deutlich geringere Tiefe der abrasiven Riefen erkennbar. Generell wirkt die gesamte Fläche geglättet. In Bild 4f) ist am linken Bildrand ist eine brüchige zusammenhängende Schicht von ausgespülten Partikeln zu erkennen. Die Verschleißfläche wirkt deutlich glatter als bei Verwendung des nicht gealterten Zwischenmediums. Am linken Ende der Verschleißspur ist eine geringe Anhäufung von Reaktionspartikel zu sehen. Bild 4g) zeigt die Platte, die gegen die mit einer Reaktionsschicht bedeckte Keramik B-Kugel gelaufen ist. Die Verschleißspur in Bild 4h) zeigt gegenüber der in Bild 3h) dargestellten Verschleißspur eine deutlich höhere Anzahl von abrasiven Riefen auf. In den Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich durch die Alterung des Mediums bei allen Paarungen der lineare Verschleißbetrag gegenüber denen mit nichtgealterten Harnstofflösung geschmierten Paarungen erhöht. Diesen Zusammenhang zeigt das Diagramm in Bild 5. Im Diagramm sind die nach Gleichung (1) berechneten Verschleißkoeffizienten als Funktion der nach Gleichung (2) berechneten Werte für die gemittelten Reibungskoeffizienten aufgetragen. Anzumerken ist, dass der hohe Verschleiß bei den Stahl-Keramik Paarungen vor allem während der Einlaufphase stattfindet. Im weiteren Verlauf sind die Verschleißintensitäten nahezu identisch. Eine Verringerung der Reibungszahl bei gleichzeitigem Anstieg des Verschleißbetrages bedeutet einen Materialverlust, der nicht ausschließlich durch die mechanische Beanspruchung sondern auch durch einen gleichzeitigen chemischen Angriff erfolgt. Daraus lässt sich ableiten, dass der Anstieg des Verschleißbetrages auf die verringerte Korrosionstabilität der Werkstoffe bei gealtertem Zwischenmedium zurückzuführen ist. Für die hohen Verschleißbeträge sind die Veränderungen des NH 3 - und CO 2 -Gehalts sowie die veränderte Harnstoff-Konzentrationen in der gealterten Lösung verantwortlich. Die berechneten Verschleißkoeffizienten liegen zwischen 1,52 x 10 -5 mm 3 / Nm und 4,34 x 10 -9 mm 3 / Nm. Dies sind nach Woydt et al. typische Werte für Systeme, die im Misch- und Grenzreibungsgebiet arbeiten [15]. Der niedrigste Verschleißkoeffizient wurde für die Paarung N.Cr.St.k.-n.Cr.St.k., bei Schmierung mit gealterter Harnstofflösung berechnet. Der höchste Verschleißkoeffizient wurde für die Paarung mit dem beschichteten Gegenkörper bei Anwesenheit der wässrigen Harnstofflösung ermittelt. Außerdem konnte beim mittleren Reibungskoeffizient, für die Paarungen n.Cr.St.k. k.-Keramik A und N.Cr.St.k.-Keramik B, eine Abnahme des Wertes bei gealtertem Zwischenmedium aufgrund der Bildung einer Reaktionsschicht beobachtet werden. Vergleicht man die Werte für den Reibungskoeffizienten bei gealtertem Zwischenmedium, mit den Werten für die Reibungskoeffizienten, die von Kalin et al. [16] bei einem pH-Wert von 9,5 (µ ≈ 0,55) ermittelt wurden, ist bei Schmierung mit einer wässrigen Harnstofflösung eine Verringerung des Reibungskoeffizient auf 0,35 zu beobachten. Die Viskosität des von Kalin et al. verwendeten Zwischenmediums ist nicht bekannt. Der Reibungskoeffizient bei HWL-Schmierung liegt in derselben Größenordnung wie die von Ravikiran et al. durchgeführten Untersuchungen [17]. Hingegen lässt sich der hohe Reibungskoeffizient bei der Paarung N.Cr.St.k.-Keramik A bei nicht gealterter Harnstofflösung nicht durch die starke Adhäsion zwischen Keramik A und Stahl begründen, wie dies von Hyuga beschrieben wurde [18]. Auf der in Bild 6a) abgebildeten EDX-Analyse der Keramik A-Kugel ist kein Eisen (Fe) Aus Wissenschaft und Forschung Bild 5: Einfluss Alterung des Zwischenmedium- Verschleißkoeffizient k(µ) T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 34 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 zu erkennen. Würde ein Materialübertag vorliegen, müsste auf dem härteren Gegenkörper Eisen detektiert werden. Das gemessene Gold (Au) stammt bei allen Proben aus der Probenpräperation. Auf der Keramik A-Kugel wurde außerdem ein Sauerstoffpeak festgestellt. Die Anwesenheit von Sauerstoff ist ein Anzeichen für Spannungsrisskorrosion. Erhöhter Verschleiß durch Spannungsrisskorrosion bestätigt Xingzhong in seinen Untersuchungen [19]). Der Al-Peak wurde durch Sinteradditive verursacht [20], [21]. Bild 6b) zeigt die EDX-Analyse der kolsterisierte Kugel, diese weist ebenfalls einen Sauerstoff-Peak auf. Dies ist ein Anzeichen für einen korrosiven Angriff. Auf der Kugel aus Keramik B ist Materialübertag nachweisbar, dies zeigen die Elemente Eisen (Fe) und Nickel (Ni), die Legierungselemente des aus Stahl gefertigten Grundkörpers sind. Außerdem ist ein großer Sauerstoffpeak detektierbar, dies kann ein Hinweis auf Spannungsrisskorrosion sein. Diese wurde von Erickson et al. und Löffelbein et al. im Zusammenhang mit dem Verschleißverhalten von Keramik bei Schmierung mit wässrigen polaren Zwischenmedien erwähnt [22], [23], [6]. Durch diese Theorie lässt sich auch der höhere Verschleißbetrag bei gealtertem Zwischenmedium erklären. In Bild 6d) ist die EDX- Analyse der beschichteten Kugel zu sehen. Das gemessene Chrom (Cr), ist der Werkstoff der Haftschicht. An der Stelle, wo Chrom gemessen wurde ist die Schichtdicke aufgrund der Tribologischen Beanspruchung dünner. Wäre die Schicht durchgerieben, würde man einen Eisen-Peak detektieren. 7 Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Reibungs- und Verschleißverhalten von mit wässriger Harnstofflösung geschmierten Systemen in Modellversuchen untersucht. Bei allen Paarungen, konnte im Vergleich mit nicht gealterter Harnstofflösung, bei gealtertem Zwischenmedium ein erhöhter Verschleißbetrag bei teilweiser Verringerung des Reibungskoeffizienten festgestellt werden. Der Anstieg des linearen Verschleißbetrages wird auf eine kombinierte mechanisch-chemische-Beanspruchung zurückgeführt, die durch die Alterungsmechanismen des Zwischenmediums deutlich verstärkt wird. Der zum Teil geringere Reibungskoeffizient lässt sich durch die höhere Viskosität der gealterten wässrigen Harnstofflösung und die Glättung der Oberfläche durch eine kombinierte mechanisch-chemische Beanspruchung sowie durch Bildung einer Reaktionsschicht erklären. Durch den Einsatz eines beschichteten Gegenkörpers konnte der lineare Verschleißbetrag gegenüber der Stahl- Stahl-Paarung in gealtertem Zwischenmedium um mehr als das 20fache gesenkt werden. Literatur [1] Reif, K. Dieselmotor-Management; 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. s.l. : Vieweg, 2012. [2] Mollenhauer, K. und Tschöke, H. Handbuch Dieselmotoren; 3., neubearbeitete Auflage. Berlin Heidelberg : Springer, 2007. [3] Hug, H. und Reiser, W. Physikalische Chemie; 3., neubearbeitete Auflage. s.l. : Europa. 2013. [4] BASF. WWW.BASF.com. [Online] [Zitat vom: 11. 01 2011.] [5] Bergmann, W. Werkstofftechnik 2; 4.; aktualisierte Auflage. München : Hanser, 2009. [6] Löffelbein, B., Woydt, M. und Habig, K.-H. 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Tribologie und Schmierungstechnik. 2001, 4; S.5-10. 35 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 6: EDX-Analyse; Zwischenmedium: wässrige Harnstofflösung a) Kugel- Keramik A b) Kugel kolst. c) Kugel-Keramik B d) Kugel DLC beschichtet a) b) c) d) T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 35 36 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 [12] Samerski, Ingo. Dissertation, Verschleiß von kraftstoffgeschmierten Stahl-Stahl-Paarungen untermultidirektionaler reversierender Gleitbewegung. s.l. : VDI-Verlag, 2009. [13] Schöfer, Jörg. Dissertation, Tribologische Initialprozesse bei Selbstpaarungen aus dem Stahl 100Cr6 unter reversierender Gleitbeanspruchung in einem kraftstoffähnlichen Isoparaffingemisch. s.l. : Universität Kralsruhe, 2001. [14] Klaffke, D. Influence of test parameters on friciton and wear results obtained in oscillating sliding tests with 100Cr6 steel against SiC-based materials. Tribotest Journal. 2003, 10-1; S.19-32. [15] Woydt, M. 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Aus Wissenschaft und Forschung Themenverzeichnisse Tribologie · Schmierungstechnik Konstruktion · Maschinenbau · Tribologie · Verbindungstechnik · Oberflächentechnik · Werkstoffe · Materialbearbeitung · Produktion · Verfahrenstechnik · Qualität Fahrzeug- und Verkehrstechnik Elektrotechnik · Elektronik · Kommunikationstechnik · Sensorik · Mess-, Prüf-, Steuerungs- und Regelungstechnik · EDV-Praxis Im expert verlag erscheinen Fachbücher zu den Gebieten Weiterbildung - Wirtschaftspraxis - EDV-Praxis - Elektrotechnik - Maschinenwesen - Praxis Bau / Umwelt/ Energie sowie berufs- und persönlichkeitsbildende Audio-Cassetten und -CDs (expert audio ) und Software (expert soft ) Bitte fordern Sie unser Verlagsverzeichnis auf CD-ROM an! expert verlag Fachverlag für Wirtschaft & Technik Wankelstraße 13 · D-71272 Renningen Postfach 20 20 · D-71268 Renningen Baupraxis · Gebäudeausrüstung · Bautenschutz · Bauwirtschaft/ Baurecht Umwelt-, Energie- Wassertechnik · Hygiene / Medizintechnik Sicherheitstechnik Wirtschaftspraxis Anzeige Telefon (0 71 59) 92 65-0 Telefax (0 71 59) 92 65-20 E-Mail expert@expertverlag.de Internet www.expertverlag.de T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 36 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 1/ 2016 1 Einführung Mineralölbasierte Schmierstoffe sind bei Betrachtung der gesamten Geschichte der Menschheit erst relativ „kurz“ im Einsatz. Im Altertum wurden native Öle und Fette zur Schmierung eingesetzt. Diese blieben bis ins frühe 19. Jahrhundert die am häufigsten verwendeten Schmierstoffe. Auch die ersten Schmierstoffe für Automobile waren nativen Ursprungs, nämlich Produkte des Wal-Fangs (Spermöl). Und nicht der technische Fortschritt führte in diesem Fall zur Einführung von Mineralölbasierten Produkten, sondern der Treibstoffmangel. Die ersten Kraftfahrzeuge wurden mit Benzol oder Alkohol betrieben. Durch das Anwachsen der Zahl der Fahrzeuge wurden diese Kraftstoffe knapp und es wurde versucht Kraftstoffe aus Erdöl zu destillieren. Bei dieser Methode blieb zur damaligen Zeit en erheblicher Rückstand. Mit diesem wurde dann experimentiert und letztlich gelang es, aus diesen Rückständen praxistaugliche Schmierstoffe zu entwickeln. Damit nahm die Bedeutung der natürlichen Produkte drastisch ab. Die Weiterentwicklung von Motoren und Metallbearbeitungsverfahren führte dann dazu, dass mineralölbasierte Produkte nicht mehr allen Anforderungen gewachsen waren. Es wurden Produkte auf synthetischer Basis benötigt. Als Beispiel sei hier die Luftfahrtindustrie genannt, die Schmierstoffe benötigt, die sowohl bei sehr tiefen als auch bei sehr hohen Temperaturen eine gute Schmierung garantieren. Basis solcher Schmierstoffe sind Produkte, die durch Umwandlung von nativen Ausgangsstoffen aber auch aus Erdgas und Erdöl hergestellt werden. In diesem Aufsatz sollen synthetische Ester und Polyalphaolefine (PAO) näher betrachtet werden. Auch wenn zurzeit noch ca. 65 - 70 % aller Schmierstoffe auf Mineralöl basieren, sind die synthetischen Flüssigkeiten auf dem Vormarsch. Zum einen weisen die synthetischen Produkte (Polyalphaolefine (PAO) und synthetische Ester) im Vergleich zu den Mineralölen in vielen Fällen ein höheres Leistungsverhalten aus, zum anderen ist die Ökotoxizität deutlich geringer. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die Historie von Schmierstoffen, der keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, gegeben werden. • ca. 1400 v. Chr. - Hammel- und Rindertalg konnte in Achslagern eines ägyptischen Kampfwagens nachgewiesen werden. • ca. 70 n. Chr. - Plinius der Ältere beschäftigte sich in einer seiner Schriften recht ausführlich mit Schmierung und Schmierstoffen, pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten, wie sie uns noch heute bekannt sind. • 1734 - veröffentlichte Dasagulier eine Reihe von Reibungskoeffizienten für verschiedenste Reibpaarungen. Er beschreibt dabei die Verwendung von Schmierstoffen als vorteilhaft. • 1854 - durch Destillation gewonnene Fraktionen von Mineralöl (Erdöl) erbringen befriedigende Schmierleistungen und zwar sowohl die niedrigwie auch die hochviskosen. Wahrscheinlich stammte das Erdöl, das er destillativ trennte, aus Rußland oder Rumänien, wo es Mitte des 19. Jahrhunderts bereits in bescheidenem Maßstab gewonnen wurde • 1863 - entstand die erste Raffinerie-Gesellschaft, gegründet von Rockefeller. Wenn auch in den ersten Jahren das Hauptgeschäft dieser Raffinerie in der Produktion von Lampenpetroleum bestand, war doch die Basis für viele Produkte auf Mineralölbasis geschaffen. 37 Aus Wissenschaft und Forschung * Prof. Dr. Joachim Schulz, Fuchs Wisura GmbH Alternative Basisöle für Schmierstoffe J. Schulz* Eingereicht: 17. 5. 2015 Nach Begutachtung angenommen: 21. 7. 2015 Die Bedeutung von synthetischen Basisflüssigkeiten nimmt aufgrund der Möglichkeit maßgeschneiderte Schmierstoffe herstellen zu können stetig zu. Dieser Artikel beschreibt synthetische Ester und Polyalphaolefine in ihren Eigenschaften und gibt einen kurzen Überblick über mögliche Einsatzfälle in der Praxis. Schlüsselwörter Ester, Polyalphaolefine, Eigenschaften The importance of synthetic base fluids is growing based on the possibility to produce tailor-made lubricants. This article describes synthetic esters and polyalphaolefins in their properties and provides a brief overview of possible applications in in the field. Keywords ester, polyalphaolefins, properties Kurzfassung Abstract T+S_1_16 21.12.15 10: 54 Seite 37