Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
0401
2016
632
JungkVorstellung eines Prüfkonzepts als Screeningmethode für Getriebeöle auf dem translatorischen Oszillationstribometer (SRV®)
0401
2016
Gregor Patzer
Johannes Ebrecht
Die Veröffentlichung einer neuen DIN-Norm über die tribometrische Modellprüfung mit der Zylinderrolle-Scheibe-Geometrie auf einem translatorischen Oszillations-Tribometer (SRV®) gibt Anlass, sich erneut mit der Prüfung von Getriebeölen auseinanderzusetzen. Mit dieser Geometrie lassen sich Flächenpressungen entsprechend den FZG-Laststufen 3 bis 14 in typische Normalkraft-Werte von 50 N bis 2000 N übertragen.
Neben der Prüfung mit konstanter Kraft (vgl. DIN 51834-4) lassen sich auf dem SRV® auch Laststeigerungsversuche automatisiert durchführen. Erst eine Kombination dieser beiden Prüfmethoden verspricht eine aussagekräftige Beurteilung von Getriebeölen.
Im Einzelnen wird hier der Einfluss des Belastungskollektives – beispielsweise Flächenpressung oder Gleitgeschwindigkeit – sowie der Oberflächentopogaphie der Tribopartner auf das tribologische Verhalten von Getriebeölen untersucht.
Ebenso werden diverse tribometrische Ergebnisgrößen zur Interpretation der Vorgänge im Reibkontakt während der Modellprüfung herangezogen.
Als Schmierstoffproben werden ausgewählte Ölproben verwendet, deren tribologisches Verhalten aus entsprechenden Prüfstandsversuchen weitgehend bekannt ist.
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Aus der Praxis für die Praxis 1 Einleitung Getriebeöle werden nach bisherigem Stand der Technik anhand von Fresslast- und Verschleißversuchen auf dem Vier-Kugel-Apparat sowie anhand von praxisnahen Prüfstandsversuchen auf dem FZG-Verzahnungsprüfstand validiert. [1] Seit 2012 liegt nun eine Prüfnorm für das SRV ® mit der Zylinderrolle-Ebene-Geometrie vor, mit welcher Flächenpressungen im Bereich der FZG-Laststufen 3 bis 14 realisierbar sind. Nach dieser Prüfnorm wird der Schmierstoff konstanter Belastung ausgesetzt und bezüglich Reibungs- und Verschleißverhalten untersucht. [2] Im vorliegenden Beitrag wird die Prüfung nach DIN 51834-4 erweitert um Laststeigerungsversuche mit Normalkraftwerten entsprechend der FZG-Laststufen und versucht, ein Prüfkonzept zu erarbeiten, mit dem mit geringem zeitlichen und materiellen Aufwand Screeninguntersuchungen von Schmierstoffen durchgeführt wer- 58 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 * Dipl.-Ing. (FH) Gregor Patzer Johannes Ebrecht Optimol Instruments Prüftechnik GmbH, 80339 München Vorstellung eines Prüfkonzepts als Screeningmethode für Getriebeöle auf dem translatorischen Oszillationstribometer (SRV ® ) G. Patzer, J. Ebrecht* Die Veröffentlichung einer neuen DIN-Norm über die tribometrische Modellprüfung mit der Zylinderrolle- Scheibe-Geometrie auf einem translatorischen Oszillations-Tribometer (SRV ® ) gibt Anlass, sich erneut mit der Prüfung von Getriebeölen auseinanderzusetzen. Mit dieser Geometrie lassen sich Flächenpressungen entsprechend den FZG-Laststufen 3 bis 14 in typische Normalkraft-Werte von 50 N bis 2000 N übertragen. Neben der Prüfung mit konstanter Kraft (vgl. DIN 51834-4) lassen sich auf dem SRV ® auch Laststeigerungsversuche automatisiert durchführen. Erst eine Kombination dieser beiden Prüfmethoden verspricht eine aussagekräftige Beurteilung von Getriebeölen. Im Einzelnen wird hier der Einfluss des Belastungskollektives - beispielsweise Flächenpressung oder Gleitgeschwindigkeit - sowie der Oberflächentopogaphie der Tribopartner auf das tribologische Verhalten von Getriebeölen untersucht. Ebenso werden diverse tribometrische Ergebnisgrößen zur Interpretation der Vorgänge im Reibkontakt während der Modellprüfung herangezogen. Als Schmierstoffproben werden ausgewählte Ölproben verwendet, deren tribologisches Verhalten aus entsprechenden Prüfstandsversuchen weitgehend bekannt ist. Schlüsselwörter SRV ® , Getrieböle, Fresstragfähigkeit, Prüfkonzept, translatorisches Oszillationstribometer The publication of a new DIN standard for the tribometric model testing of the cylinder roller-on-disk geometry on a translatory oscillation tribometer (SRV ® ) is a good reason to examine the testing of gear oils again. Surface pressures of the FZG load steps 3 to 14 can be transferred to typical normal force values between 50 N and 2000 N with this geometry. Not only can the SRV ® carry out tests with a constant test load (compare DIN 51834-4), it can also carry out tests with increasing test load fully automatically. It is only the combination of these two test methods that provides a meaningful evaluation of gear oils. In particular, the influence of the test load collective - e. g. the surface pressure or the sliding speed - as well as the surface topography of the tribopartners on the tribological behavior of gear oils is examined. Furthermore, various tribometric parameters are used to interpret the processes in the frictional contact during model testing. Selected oil samples were used as lubricants, whose tribological behavior is well known from corresponding test bench trials. Keywords SRV ® , gear oils, seizure load capacity, test concept, translatory oscillation tribometer Kurzfassung Abstract T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 58 Aus der Praxis für die Praxis den können, um eine Vorauswahl für spätere Prüfstandsbzw. Feldversuche zu treffen. Dabei geht es nicht etwa um die Substituierung von bestehenden Prüfkonzepten für Getriebeöle, sondern um eine sinnvolle Erweiterung des tribometrischen Untersuchungsspektrums, um schnellere und umfänglichere Erkenntnisse für Entwicklung und Forschung zu generieren. 2 Experimentelles Vorgehen Im Rahmen dieser Studie werden sechs Schmieröle, für welche teils FZG-Messgrößen vorliegen, auf dem SRV ® - Tribometer verschiedenen Prüfungen unterzogen. Die Ergebnisse dieser SRV ® Prüfungen werden im Hinblick auf statistisches Verhalten, Aussagekraft und Praxisnähe beurteilt. Ziel der Versuchsreihe ist, ein Konzept zur Prüfung von Getriebeschmierstoffen zu entwickeln, welches es erlaubt, unbekannte Schmierstoffproben im Hinblick auf ihre Eignung für den Einsatz in Getrieben zu beurteilen. Geeignete Getriebeschmierstoffe verfügen sowohl über eine hohe EP-Tragfähigkeit als auch über niedrige Reibungs- und Verschleißwerte im Bereich der Mischreibung. Dies zeigt sich bei der Betrachtung typischer Belastungssituationen und Schadensbilder im Getriebe, welche durch Optimierung dieser Eigenschaften reduziert werden können: Fressen in Bereichen der Gleitreibung (Optimierung der EP-Eigenschaften), Graufleckigkeit in der Nähe des Wälzpunktes (Reduzierung des Reibwerts), Langsamlaufverschleiß (Optimierung des Reibungs- und Verschleißverhaltens im Mischreibungsbereich). [1] Insofern liegt es nahe, als ersten Schritt den Schmierstoff einem Laststeigerungsversuch zu unterziehen, um die maximale Tragfähigkeit desselben zu ermitteln. In einem zweiten Schritt sollte dann das Reibungs- und Verschleißverhalten des Schmierstoffs am Rande seines maximalen Belastungsbereichs untersucht werden. Aufgrund dieser vorangegangenen Überlegungen wird als Versuchsmatrix folgendes Verfahren gewählt: 1. Laststeigungsversuch zur Bestimmung der maximalen Fresstragfähigkeit in Doppelbestimmung. 2. Reibungs- und Verschleißbeurteilung in Anlehnung an DIN 51834-4 mit optimierten Parametern. Aufgabe der im Folgenden dargestellten Untersuchungen ist die Beantwortung der nachstehenden Fragestellungen: 1. Einfluss der Oberflächentopografie anhand von geläppten und geschliffenen Oberflächen des Grundkörpers 2. Einfluss der Belastungsdauer bei Laststeigerungsversuchen auf Aussagekraft und Vergleichbarkeit zur Praxis 3. Einfluss des Hubes auf die Reproduzierbarkeit und Aussagekraft des Reibungs- und Verschleißverhaltens nach DIN 51834-4 2.1 SRV ® Tribometer Die Versuche werden auf einem SRV ® der fünften Generation durchgeführt (Bild 1). Dieses hebt sich von seinen Vorgängermodellen durch ein verändertes Elektronikkonzept (FPGA-System) mit modernster Anwendersoftware und einige mechanische Weiterentwicklungen ab. Die SRV ® Grundprinzipien, welche zur Einhaltung aller einschlägigen Normen bindend sind, werden dagegen nach wie vor angewandt: Erzeugung der Bewegung mittels elektromagnetischem Linearmotor, Aufbringung der Normalkraft über ein Getriebespindel-Feder-System, Umwandlung der Reibungskraft in die Reibungszahl unmittelbar in der Verstärkerelektronik, Erfassung der Reibungskraft mittels piezo-elektrischer Sensoren (Bild 2). Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 59 Bild 1: SRV®5 Tribometer mit PC-Pult Bild 2: Übersicht der wichtigsten Elemente innerhalb der SRV ® Testkammer 1 Oszillationsbasisblock 2 Kopfplatte mit 2a Reibkraftsensoren 2b Aufnahme für den unteren Prüfkörper 3 Paralleschwinge in Verlängerung der Antriebsachse 3a Halter für den oberen Prüfkörper 4 Achse Belastungseinrichtung T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 59 Aus der Praxis für die Praxis Das FPGA-System erlaubt eine Vielzahl von parallelen Datenoperationen sowie eine flexible Parametrierung und Anpassung des elektronischen Verhaltens über ausgereifte Firmwarekonzepte. So werden zeitkritische sekundäre Ergebnisgrößen ohne zeitliche Verfälschung direkt in der Hardware berechnet und als Messkanäle in der Auswertungssoftware erfasst. 2.2 Laststeigerungsversuche Für die Laststeigerungsversuche werden zunächst die Parameter der ISO 14635-1 (FZG A/ 8, 3/ 90) soweit möglich auf das SRV ® übertragen (Tabelle 1). Dabei werden folgende Einschränkungen getroffen: • Dauer pro Laststufe: Ausgehend von einer Frequenz von 50 Hz wird die halbe Umdrehungsanzahl des FZG für die Berechnung verwendet, da sich auf dem SRV ® jeder Punkt des Gleitweges zweimal im Eingriff befindet • Maximale Gleitgeschwindigkeit: Auf dem SRV ® sind im Oszillationsbetrieb Gleitgeschwindigkeiten über 1 m/ s kaum realisierbar. Die max. Gleitgeschwindigkeit wird auf 0,63 m/ s festgelegt, da ein Hub von 4 mm auch unter schwierigen tribologischen Bedingungen bei 50 Hz noch gut ausgeregelt werden kann. • Temperatur: Diese wird auf 98 °C gesetzt, da sich der Referenzpunkt für den Temperaturregler im SRV ® an der Unterseite des Grundkörpers befindet. Durch Messung der Oberflächentemperatur kann gezeigt werden, dass diese unter den gewählten Bedingungen bei 90 °C liegt. Zur experimentellen Parameteroptimierung wird zunächst die Dauer der Laststufen verifiziert. Zum einen soll der während der Prüfung auftretende Verschleiß möglichst gering gehalten werden, um die Reduzierung der Flächenpressung gegenüber ihrem berechneten Wert gleichfalls so gering wie möglich zu halten. Zum anderen soll die Dauer so ausgeprägt sein, dass der Schmierstoff ausreichend lang bei der jeweiligen Laststufe geprüft wird, um ein adhäsives Versagen einwandfrei der jeweiligen Laststufe zuzuordnen. Ist die Dauer zu kurz gewählt, tritt das Versagen teils erst bei erheblich höheren Normalkräften ein als bei längerer Belastungsdauer (s. Abschnitt 3). Um dieses Verhalten zu prüfen werden drei Schmierstoffe bei unterschiedlichen Belastungsdauern (30 s, 55 s, 110 s, 217 s) bis zum Auftreten adhäsiven Versagens oder zur maximalen Laststufe 14 geprüft. 2.3 Versuche zur Beurteilung des Reibungs- und Verschleißverhaltens In Abwandlung zu DIN 51834-4 finden die Prüfungen bei 98 °C Prüftemperatur statt. Anstelle einer Einlaufphase bei 50 N Normalkraft beginnen die hier durchgeführten Versuche mit Laststeigerungsstufen gemäß vorhergehendem Abschnitt, bis die Prüfkraft erreicht ist. Diese wird dann für 120 min gehalten. Als Prüfkraft wird zunächst diejenige Normalkraft gewählt, welche im Laststeigerungsversuch noch ohne adhäsives Versagen absolviert wurde. Tritt während des Versuchs dennoch adhäsives Versagen auf, so wird die Prüfung bei der nächstniedrigeren Laststufe wiederholt. Eine Prüfung wird als abgeschlossen gewertet, wenn diese dreimal ohne adhäsive Effekte wiederholt werden konnte. 60 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 Tabelle 1: Parametervergleich der Fresstragfähigkeitsversuche auf dem Verzahnungsprüfstand [3] und dem SRV ® Parameter gem. ISO 14635-1 Korrespondierende (Verzahnungsprüfstand: Parameter für das SRV® Fresstragfähigkeit A/ 8, 3/ 90) Umdrehungen pro Laststufe: Frequenz: 50 Hz 21700 Dauer pro Laststufe: 217 s Max. Gleitgeschwindigkeit: 5,56 m/ s Max. Gleitgeschwindigkeit Min. Gleitgeschwindigkeit: bei Hub 4 mm: 0,63 m/ s 1,25 m/ s Temperatur: 90 °C Temperatur unterhalb des Grundkörpers: 98 °C Hertzsche Pressung FZG-Laststufe Normalkraft [N] [N/ mm 2 ]146 295 474 621 773 929 1080 1223 1386 1539 1691 1841 2040 2170 1234567890 11 12 13 14 7 28 73 126 195 282 381 489 628 774 934 1107 1360 1538 T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 60 Aus der Praxis für die Praxis 2.4 Verwendete Prüfkörper Als Grundkörper dient gemäß DIN 51834-4 eine Scheibe mit 24 mm Durchmesser und 7,9 mm Höhe. Diese ist aus durchgehärtetem 100Cr6 Wälzlagerstahl gefertigt. Die Oberfläche der Scheibe ist geläppt mit einer Rauheit von R a ca. 0,05 µm. In Abweichung zur Norm kommen teilweise auch Scheiben mit geschliffenen Oberflächen (R a ca. 0,8 µm) zum Einsatz, um den Einfluss der Oberflächentopografie zu untersuchen. Als Gegenkörper dient ein Zylinder mit Durchmesser 6 mm und einer Länge von 8 mm. Der Zylinder ist ballig gefertigt, sodass die Kontaktlänge zu Beginn der Prüfung 4 mm beträgt (Bild 3). Die Oberfläche ist poliert. 3 Ergebnisse 3.1 Einfluss der Oberflächentopografie Die Eignung der Oberflächentopografie wird anhand von Laststeigerungsversuchen mit geläppten und geschliffenen Prüfscheiben als Grundkörper untersucht. Die Versuche fanden bereits im Jahr 2012 auf einem SRV ® der Modellreihe 4 statt. In Abweichung zu Abschnitt 2.2 wurden die vorliegenden Ergebnisse mit einem Hub von 2 mm und einer Belastungsdauer von 120 s pro Laststufe erzielt. Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 61 Bild 3: Prüfkörpergeometrien nach DIN 51834-4; Grundkörper Scheibe 24 mm x 7,9 mm, Gegenkörper balliger Zylinder 6 mm x 8 mm mit 4 mm Kontaktlänge [2] Bild 4: Gutlasten in N sowie als FZG-Laststufen für vier Musteröle bei Prüfung mit geläppten Grundkörpern 2.5 Verwendete Öle Insgesamt kommen sechs Getriebeöle zum Einsatz, wobei vier der sechs Öle für die Vergleichsmessungen zur Oberflächentopografie eingesetzt werden und drei der sechs Öle für alle weiteren Untersuchungen (Tabelle 2). Für alle geprüften Öle liegen Ergebnisse nach FZG A/ 8, 3/ 90 vor. Tabelle 2: Verwendete Öle Anonymisierte FZG-Laststufe Kurzbezeichnung Öl 1.12 12 2.12 12 3.12 11 4.12 7 1.14 > 14 2.14 > 14 Stufentest - geläppte Scheiben T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 61 Aus der Praxis für die Praxis Als Kriterium für die Beurteilung wird festgelegt, dass die Abweichung zwischen den Wiederholversuchen nicht größer als eine Laststufe sein soll. Aus den vorliegenden Ergebnissen lässt sich demzufolge schließen, dass Prüfungen mit geläppten Grundkörpern zu präziseren Ergebnissen führen (Bild 4, Bild 5). 3.2 Einfluss der Belastungsdauer auf die Fresstragfähigkeit Die Belastungsdauer beeinflusst das Versuchsergebnis in zweifacher Hinsicht: Mit zunehmender Dauer der Laststufe steigt der Verschleiß von Grund- und Gegenkörper an. Mit zunehmendem Verschleiß am Gegenkörper (Zylinderrolle) nimmt auch die Größe der Kontaktfläche zu. Je größer die Kontaktfläche, desto geringer ist die tatsächliche Flächenpressung in Relation zur berechneten. Insofern sollte die Stufendauer so gering wie möglich gehalten werden. Zur Veranschaulichung wird der Laststeigerungsversuch mit Öl 1.14 mit variierenden Stu- 62 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 Bild 5: Gutlasten in N sowie als FZG-Laststufen für vier Musteröle bei Prüfung mit geschliffenen Grundkörpern Stufentest - geschliffene Scheiben Bild 6: Breite der Verschleißkalotte am Gegenkörper mit variierender Dauer der Belastungsstufen Bild 7: Gutlast der drei Untersuchungsöle bei Variation der Stufendauer T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 62 Aus der Praxis für die Praxis In kommenden Untersuchungen müsste allerdings die Anzahl der Proben sowie die Variation der Stufendauer noch vergrößert werden, um statistisch abgesicherte Aussagen treffen zu können. Zwei Beispiele für Original-Versuchsdaten liefert Bild 8. 3.3 Beurteilung des Reibungs- und Verschleißverhaltens Die Prüfung bei konstanter Normalkraft dient neben der Ermittlung des Reibungs- und Verschleißverhaltens auch der Verifizierung der bestimmten Fresstragfähigkeit. So tritt für Probe 1.14 bei Laststufe 14 und 13 adhäsives Versagen auf. Erst Laststufe 12 kann dreimal ohne Versagenserscheinungen absolviert werden, allerdings ist in zwei der drei Prüfungen der erzeugte Verschleiß beträchtlich. Auch im Hinblick auf die kumulierte Reibungsenergie sowie die mittlere Reibleistung liegt Probe 1.14 höher als Probe 2.14, obwohl diese wiederholbar Laststufe 14 erfolgreich absolviert. Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 63 Bild 8: Beispiele von zwei Laststeigerungsversuchen mit Probe 4.12 bei 30 s Belastungsdauer (links) und 217 s (rechts). Interessanterweise zeigt die Schallemission (schwarze Linie, untere Bildhälfte) auch bei kurzer Belastungszeit schon bei Laststufe 9 eine Hochlage. fendauern bis zu Laststufe 12 durchgeführt und anschließend die Breite der Verschleißkalotte am Zylinder vermessen. Die Spurbreiten bei jeweils 30 s und 55 s Stufendauer lassen sich kaum unterscheiden. Eine deutliche Erhöhung des Verschleißbetrages ist erst bei einer Stufendauer von 217 s festzustellen (Bild 6). Zum anderen ist zu beobachten, dass bei kurzen Belastungsstufen deutlich höhere Fresslasten erzielt werden als mit längerer Stufendauer. Die zeigt sich bei der Durchführung von Stufentests mit drei untersuchten Ölproben: Entgegen oben aufgestellter These nimmt die Gutlast mit steigender Stufendauer eher ab, was darauf hinweist, dass innerhalb kurzer Belastungsstufen dem Tribokollektiv nicht ausreichend Zeit bleibt, um auf die neuen Bedingungen zu reagieren. Während bei Stufendauer 30 s, 55 s und 110 s die Proben 1.14 und 2.14 dieselbe Laststufe erzielen, zeigt sich bei einer Dauer von 217 s, dass Probe 1.14 offensichtlich etwas früher zum Versagen neigt als Probe 2.14. Ebenso zeigt der Vergleich mit den FZG- Prüfstandsversuchen für Probe 4.12, dass die Ergebnisse bei kürzeren Laststufen deutlich über dem zu erwartenden Ergebnis (Laststufe 7) liegen (Bild 7). T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 63 Aus der Praxis für die Praxis Für Probe 4.12 zeigt sich, dass die in den Stufentests erreichte Laststufe 9 nicht gehalten werden kann, sondern auf Stufe 8 korrigiert werden muss (Tabelle 3). Ohne dies hier weiter zu beleuchten, ist im Hinblick auf den Einfluss der Schwingweite Folgendes festzuhalten: Im Laufe der Versuchsreihe hat sich gezeigt, dass ein Hub von 4 mm bei Dauerversuchen zu frühzeitigem Versagen bereits bei niedrigen Lasten führt. 4 Zusammenfassung und Ausblick Die vorgestellte Studie zeigt, dass es realisierbare Prüfkonzepte auf dem SRV ® gibt, um Getriebeöle im Sinne eines Schnelltests im Hinblick auf EP-Eigenschaften, Reibung und Verschleiß zu prüfen. Die Prüfungsergebnisse können erste Hinweise für das Verhalten des Schmierstoffs in der Praxis liefern und eine Vorauswahl für weitere Prüfstands- und Feldversuche erleichtern. Eine weitere Prüfung der vorausgewählten Schmierstoffe auf Spezialprüfständen sollte dabei nach wie vor unumgänglich bleiben. Das vorgestellte Prüfkonzept besteht im ersten Schritt aus einem angepassten Stufentest, der mindestens einmal pro Probe wiederholt werden sollte, und einer darauf aufbauenden Prüfung bei konstanter Normalkraft, welche bei dreifacher Wiederholung jeweils ohne Versagensansätze und große Abweichungen der Einzelergebnisse absolviert werden sollten. Zur genaueren Verifizierung dieses Prüfkonzepts sind noch weitere Versuche mit einer größeren Anzahl an Proben notwendig. Des Weiteren sollten auch Versuche unternommen werden, als Prüfkörpermaterialien reale Getriebstähle zu verwenden. In Anbetracht des aktuellen Standes der tribologischen Beurteilung von Getriebeschmierstoffen kann das vorgestellte Verfahren in jedem Fall wertvolle zusätzliche Informationen für Forschung und Entwicklung liefern. Literatur [1] Zechel, Rudolf, Lonsky, Peter und al., et. Molykote. München : Dow Corning GmbH, 1990. [2] DIN Deutsches Institut für Normung e. V. DIN 51834-4: Prüfung von Schmierstoffen — Tribologische Prüfung im translatorischen Oszillations-Prüfgerät — Teil 4: Bestimmung von Reibungs- und Verschleißmessgrößen für Schmieröle mit der Zylinderrolle-Ebene-Geometrie. Berlin : Beuth Verlag, 2012. [3] ISO. ISO 14635-1: Gears - FZG test procedures - Part 1: FZG test method A/ 8, 3/ 90 for relative scuffing loadcarrying capacity of oils. Genf, Schweiz : ISO, 2000. 64 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 Tabelle 3: Versuchsergebnisse zur Bestimmung des Reibungs- und Verschleißverhaltens bei konstanter Normalkraft und einem Hub von 2 mm. Die Ergebnisse wurden informativ um weitere berechnete Ergebnisgrößen erweitert. Probennr. FZG- Fresslast f end Breite der Kumulierte Mittlere Mittlere Laststufe [N] Verschleiß- Reibungs- Reibleistung Reibkraft kalotte energie bei pro Periode pro Periode [mm] Versuchs- [W] [N] abbruch [J] 1.14 12 --- 0,119 ± 0,000 0.408 177385 19.38 97 1.14 12 --- 0,116 ± 0,002 0.403 168478 18.41 92.12 1.14 12 --- 0,103 ± 0,001 0.252 156269 17.08 85.46 1.14 13 1360 0,115 ± 0,001 --- 53446 15.84 79.28 1.14 14 1360 0,113 ± 0,002 --- 30502 12.37 61.9 2.14 14 --- 0,061 ± 0,000 0.327 163264 17.03 85.24 2.14 14 --- 0,078 ± 0,004 0.312 84003 17.91 89.6 2.14 14 --- 0,064 ± 0,000 0.316 164903 17.2 86.1 4.12 8 --- 0,114 ± 0,002 0.251 74787 9.04 45.24 4.12 8 --- 0,113 ± 0,002 0.276 74626 9.01 45.11 4.12 8 --- 0,111 ± 0,001 0.227 74582 9 45.07 4.12 9 nach 0,12 ± 0,002 0.380 99966 11.76 58.86 01: 40: 57 4.12 9 häufig 0,115 ± 0,002 --- 100777 11.86 59.33 T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 64 Firmenportrait Optimol Instruments Prüftechnik GmbH Als Spezialist für tribologische Messtechnik und Simulation ist das in München ansässige Unternehmen weithin bekannt als Erfinder und Lieferant des SRV ® Testsystems. Seit seinen Anfängen in den 1960er Jahren wurde das SRV ® zum weltweiten Industriestandard in der modellierten Untersuchung von Reibung und Verschleiß. Möglich wurde dies - neben dem Einsatz der jeweils modernsten Gerätetechnologie - durch den Aufbau einer Testinfrastruktur aus einer Hand. Zu nennen sind hier die Lieferung von Prüfkörpern in hoher, permanent überprüfter Qualität und die kontinuierliche Erarbeitung von DIN-, ASTM- und ISO-Normen. Höchste Priorität als Unternehmensziel hat bei Optimol Instruments die Absicherung der vom Kunden getätigten Geräteinvestition. Hochgeschätzt ist in diesem Zusammenhang der anerkannt schnelle und zuverlässige Reparatur- und Kalibrierservice. Technologieplattform für Triboforschung eröffnet neue Erkenntnishorizonte Das Potenzial der Modellprüfung für die Triboforschung ist nach Meinung von Optimol Instruments mit diesem Paket jedoch längst nicht ausgeschöpft. Innerhalb der letzten fünf Jahre entstand daher aus dem SRV ® eine hochflexible Technologieplattform für tribologische Modellierung und Analyse. Alle Systembereiche - Elektronik, Software und Mechanik - wurden einer Neukonzeption unterzogen. Entwicklungsziel war und ist weiterhin, die komplexen Betriebsbedingungen von Tribosystemen in der Modellprüfumgebung abzubilden und daraus differenziertes Wissen mit herausragendem Anwendungsbezug zu gewinnen. Im Ergebnis eröffnen sich in der neuen Testumgebung bis dato ungeahnte Möglichkeiten für die Erarbeitung von anwendungsrelevanten Erkenntnissen zu Schmierstoffen, Materialien und Originalkomponenten. Die Automatisierung von Prozessen, von automatischer Prüfkörperpositionierung über ereignisgesteuerte Testabläufe bis zur Auswertung ist ein Novum in der tribologischen Prüftechnik. Gänzlich neue Wege werden auf der SRV ® Technologieplattform auch im Versuchsdesign, im Testmonitoring und in der Systemanalyse beschritten. Testmonitoring: Zur Definition differenzierter Untersuchungsziele findet erstmals die ereignisorientierte Zustandsüberwachung und -steuerung Eingang in die tribologische Prüfpraxis. Mit verschiedenen Editorkategorien werden die Ereignisse definiert, mittels derer Testabläufe gesteuert werden. Je nach Testszenario können diese vor, während und nach der Prüfung eine Änderung der Testvariablen auslösen oder in den Ablauf einer Testserie eingreifen. Versuchsdesign: Speziell für häufig bearbeitete Problemfelder in der Motorsimulation und in der Schmierstoffentwicklung kann auf komplett ausgestaltete Prüfszenarien zurückgegriffen werden. Die Einsatzbedingungen verschiedener Komponentengruppen werden in diesen fertigen Szenarien umfassend dargestellt. Kontaktgeometrie, Einbaulage, Bewegungs- und Schmierungscharakteristik, Flächenpressung sowie Temperatur- und Umgebungsbedingungen können ebenso in die Simulation einbezogen werden, wie eine regelbasierte Ablaufsteuerung der Prüfung. Systemanalyse: Mit TriboProfiing ® bietet Optimol Instruments eine Alternative zu dem vordefinierten Ergebnisangebot in Form reiner Messwerte oder Koeffizienten, das klassische tribologische Modellprüfung liefert. Die Beschränkung auf die ausschließliche Betrachtung von Reibungskoeffizient und Verschleiß und die zeitaufwändige Bearbeitung von Ergebnisdaten auf Kundenseite gehören damit der Vergangenheit an. TriboProfiling ® liefert dimensionsreduzierte Ergebnisgrößen, die Mechanismen oder Charakteristika von Tribosystemen beschreiben. Tribologische Expertise und Testkapazität auf Abruf: Für Kunden, die im eigenen Unternehmen nicht über ausreichende tribologische Expertise und anwendungsadäquate Testumgebungen verfügen, bietet Optimol Instruments mit seinem SRV ® TriboProfiling ® Labor schnell verfügbare Ressourcen in Beratung und Testdurchführung an. Optimol Instruments Prüftechnik GmbH Westendstr. 125 80339 München +49 (0) 89 4509120 info@optimol-instruments.de www.optimol-instruments.de Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 2/ 2016 65 SRV ® 5: Automatisierte Prüfkörperzuführung T+S_2_16 05.02.16 14: 24 Seite 65