Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
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2016
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JungkPraktische Anwendung von thermo-tribometrischen Untersuchungen zur Charakterisierung von unterschiedlich additivierten Schmierölen
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2016
Mirjam Bäse
Stephanie Glaw
Uwe Winkelmann
Im vorliegenden Bericht werden Ergebnisse aus experimentellen Untersuchungen vorgestellt, bei denen unterschiedlich additivierte Synthetiköle bis zu einer Versuchstemperatur von T = 513 K (240 °C) in einem modifizierten Thermotribo meter bezüglich ihres Reibungsverhaltens untersucht wurden. Das Thermotribometer ist ein Modellprüfstand, mit dem vorzugsweise das Reibungsverhal ten von Schmierölen in einem Vier-Kugel-Kontakt untersucht werden kann. Im Gegensatz zum genormten VKA-Versuch wird hierbei das Versagen des Schmierstoffes nicht durch eine quasi aggressive Laststeigerung erzeugt, sondern das Reibungsverhalten der Schmierstoffe durch eine kontinuierliche Temperatur steigerung bei milden und konstanten Betriebsbedingungen bis zum möglichen Versagen getestet. Die Ergebnisse lassen signifikante Unterschiede in der durch das Schmieröl verursachten Änderung des Reibungsverhaltens von konstanten Materialpaarungen in Abhängigkeit von den eingestellten Versuchstemperaturen erkennen. Die Versuchsergebnisse ermöglichten es dabei, die untersuchten Schmieröle in Einsatz- und Anwendungsfelder einzuordnen.
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Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 5 Aus Wissenschaft und Forschung 1 Einleitung Maschinenelemente werden grundsätzlich direkt oder auch indirekt dazu genutzt, die Übertragung von kinetischer Energie in einem Baugruppenverbund zu ermöglichen. Dies geschieht z. B. durch Reibung, die infolge einer Normalkraftbeanspruchung und einer Relativbewegung der sich kontaktierenden Funktionsflächen der Maschinenelemente hervorgerufen wird. Dabei beeinflussen die folgenden in Wechselwirkung stehenden Systemparameter das Reibungsverhalten: • stoffliche und geometrische Eigenschaften der am Reibungsprozess beteiligten Elemente • Betriebsbedingungen, welche auf das Maschinenelement einwirken Reibung ist somit eine komplexe Systemgröße, weshalb jedes Maschinenelement durch die definierte Variation der beeinflussenden Parameter optimiert werden muss. Dazu wird das untersuchte Maschinenelement in tribologischen Untersuchungen oft auf ein allgemeines tribologisches System zurückgeführt (Bild 1). Dies besteht aus einem: * Mirjam Bäse, Dr.-Ing. Stephanie Glaw, M.Sc. Prof. Dr.-Ing. Uwe Winkelmann † Hochschule Magdeburg-Stendal Institut für Maschinenbau, 39114 Magdeburg Praktische Anwendung von thermotribometrischen Untersuchungen zur Charakterisierung von unterschiedlich additivierten Schmierölen Mirjam Bäse, Stephanie Glaw, Uwe Winkelmann † * Eingereicht: 4. 11. 2015 Nach Begutachtung angenommen: 21. 1. 2016 Im Gedenken an Herrn Prof. Dr.-Ing. Uwe Winkelmann (*1952 - †2015) Im vorliegenden Bericht werden Ergebnisse aus experimentellen Untersuchungen vorgestellt, bei denen unterschiedlich additivierte Synthetiköle bis zu einer Versuchstemperatur von T = 513 K (240 °C) in einem modifizierten Thermotribometer bezüglich ihres Reibungsverhaltens untersucht wurden. Das Thermotribometer ist ein Modellprüfstand, mit dem vorzugsweise das Reibungsverhalten von Schmierölen in einem Vier-Kugel-Kontakt untersucht werden kann. Im Gegensatz zum genormten VKA-Versuch wird hierbei das Versagen des Schmierstoffes nicht durch eine quasi aggressive Laststeigerung erzeugt, sondern das Reibungsverhalten der Schmierstoffe durch eine kontinuierliche Temperatursteigerung bei milden und konstanten Betriebsbedingungen bis zum möglichen Versagen getestet. Die Ergebnisse lassen signifikante Unterschiede in der durch das Schmieröl verursachten Änderung des Reibungsverhaltens von konstanten Materialpaarungen in Abhängigkeit von den eingestellten Versuchstemperaturen erkennen. Die Versuchsergebnisse ermöglichten es dabei, die untersuchten Schmieröle in Einsatz- und Anwendungsfelder einzuordnen. Schlüsselwörter Thermotribometer, Additive, Reibung, Schmieröle The current report shows results of experimental investigations on newly de-signed synthetic based oils, which were examined with a modified thermotribometer regarding their temperature related friction change up to T = 513 K (240 °C). The thermotribometer is a model test machine which mainly allows to measure the friction behaviour of lubricating oils in a four-ball contact. In contrast to the standardized fourball wear test the lubricant failure isn’t due to a quasiaggressive load increase but to a continuous temperature increase until a possible failure. The results show significant differences in the friction behaviour of the lubricant oils in reference to the set measurement temperature, which made it possible to associate the oils to useand application fields. Keywords Thermotribometer, additives, friction, lubricant oils Kurzfassung Abstract T+S_6_16 17.10.16 17: 00 Seite 5 6 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 • Grundkörper, z. B. Wälzlagerinnenring, Welle, Zahnflanke, Kupplungsscheibe • Gegenkörper, z. B. Wälzkörper, Buchse, Zahnflanke, Belagscheibe • Zwischenstoff, z. B. Schmieröl, Fett • Umgebungsmedium, z. B. Luft, sonstige Gase Aus physikalischer Sicht zählen zu den stofflichen Eigenschaften der Elemente in solchen tribologischen Systemen zum einen die Eigenschaften des verwendeten Schmierstoffes, wie z. B. die Viskosität, die Dichte und das Druck-Zähigkeitsverhalten und zum anderen die Materialeigenschaften der oberflächennahen Stoffbereiche der in Kontakt stehenden Funktionsoberflächen, wie z. B. die Härte und die Streckgrenze. Den geometrischen Eigenschaften werden makrogeometrische Abmaße sowie Eigenschaften der Konturenberührungsfläche, wie die Welligkeit oder Ebenheit zugeordnet. In wissenschaftlichen Analysen kommen außerdem auch mikrogeometrische Kennwerte, wie die Rauigkeit, das Kernprofil oder der Traganteil einer Kontaktfläche für die Beschreibung der Formeigenschaften zur Anwendung. Betriebsbedingungen sind grundsätzlich Relativgeschwindigkeiten, Kräfte und Temperaturen und werden als äußere Beanspruchungsgrößen eingeordnet, die in Form eines Beanspruchungskollektives wirken. Einer Vielzahl an Untersuchungsergebnissen kann dabei entnommen werden, dass insbesondere der Schmierstoff das Reibungsverhalten der in Kontakt stehenden Elemente enorm verändert und somit eine wesentliche, oft unterschätzte Einflussgröße als tribologischer Wirkpartner darstellt. Für die tribologische Optimierung ist es dabei zum Beispiel notwendig, Kenntnis über dessen physikalischchemischen Eigenschaften zu haben. Ferner müssen aber auch das Reibungsverhalten der Schmierstoffe und der damit verbundene Materialabtrag der in Kontakt stehenden Elemente bekannt sein. Im vorliegenden Bericht wird dafür eine geeignete tribometrische Versuchseinrichtung und die Interpretation der dadurch erlangten experimentellen Untersuchungsergebnisse mit unterschiedlichen praxisrelevanten Schmierölen vorgestellt. 2 Untersuchungskonzept Die Versuchsöle waren unterschiedliche Modellöle, welche der allgemein bekannten Grundölgruppen II, III und IV angehörten, sowie aus Mischungen dieser drei Grundölgruppen bestanden. Einige Öle wurden dabei mit einem Friction Modifier versehen. Da die jeweilige Zusammensetzung der Öle zu Versuchsbeginn unbekannt war, wurden diese zunächst durch viskosimetrische und pyknometrische Untersuchungen hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften untersucht. Beide Verfahren sind durch das Deutsche Institut für Normung standardisiert und werden im Folgenden nicht weiter erläutert. Um die temperaturbedingte Reibungsänderung zu ermitteln, erfolgten thermotribometrische Versuche unter extremen Betriebsbedingungen in einem breiten Temperaturbereich im Thermotribometer TTM03* (Bild 2). Anschließend wurden außerdem die Kontaktstellen der in den thermotribometrischen Versuchen verwendeten und durch das Versuchsöl geschmierten Probekörper mikroskopisch vermessen, um Aussagen über den Material- Aus Wissenschaft und Forschung Bild 2: Thermotribometer TTM03* Bild 1: Allgemeines tribologisches System Bild 3: Kontaktstellen der Kugeln T+S_6_16 17.10.16 17: 00 Seite 6 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 abtrag treffen zu können. Beispielhaft ist ein solcher Kontaktpunkt in Bild 3 dargestellt. Im Folgenden sollen zunächst der Aufbau und die Funktionsweise des Thermotribometers TTM03* näher erläutert werden. Der Aufbau wurde bereits in [1] und die Modifikation in [2] beschrieben. Er ermöglicht die Untersuchung des Einflusses von Schmierstoffen und deren Additivierung in einem Vier-Kugel-Kontakt. Dabei steht im Vergleich zum genormten VKA-Versuch nicht der Lasteinfluss, sondern der Temperatureinfluss im Grenz- und Mischreibungszustand im Vordergrund. Der Unterschied zwischen beiden Prüfverfahren ist in Bild 4 dargestellt. Dabei bietet der Prüfstand die Möglichkeit, Versuchstemperaturen bis T = 573 K (300 °C) einzustellen. Neben dem Reibungsverhalten kann so auch die Reibwertstabilität bis hin zur Einsatzgrenze des Schmierstoffes untersucht werden. Der mechanische Aufbau besteht aus einem Antrieb, einem Prüfraum und einem feststehenden Abtrieb. Der Prüfraum ist mittels einer Seilaufhängung mit dem Prüfgehäuse verbunden und beinhaltet drei feststehende Kugeln sowie den zu untersuchenden Schmierstoff. Eine vierte Kugel ist mit dem Antrieb verbunden, der axial zum Prüfraum angeordnet ist. Der Kugelkontakt wird dabei durch ein Riemengetriebe hergestellt, welches den Antrieb in eine vertikale Bewegung versetzt und in Richtung des Abtriebes bewegt. Aufgrund der Seilverbindung des Prüfraumes mit der Hohlbuchse, wird über die Scheibe und der mit dem Gehäuse verbundenen Buchse ein geschlossener Kraftfluss hergestellt. Mittels einer Belastungsvorrichtung kann auf diese Weise eine konstante Prüflast von maximal 120 N aufgebracht werden. Dabei ist es möglich, die aufgebrachte Last durch drei integrierte Kraftsensoren einzustellen und während des Messvorganges zu überwachen. Im Prüfbetrieb versetzt der Antrieb die im Prüfraum befindliche Kugel in eine rotierende Bewegung. Bedingt durch die aufgebrachte Last und die Relativbewegung kommt es zu einer Reibungskraft, die über einen Hebelarm an einem Tangentialkraftsensor gemessen wird. Die Relativdrehzahl bleibt während der Versuche konstant und kann auf Δn = (1 oder 10) min -1 eingestellt werden. Aufgrund der sehr geringen Relativdrehzahl wird die Eigenerwärmung in der Kontaktzone weitestgehend ausgeschlossen, weshalb äußerst konstante Versuchsbedingungen gewährleistet sind. Um das tribologische Verhalten des Schmierstoffes in Abhängigkeit von unterschiedlichen Temperaturen zu bestimmen, wird der Prüfraum durch eine Boden- und eine Ringheizung temperiert. Der Wärmetransport erfolgt hierbei über ein weiteres Öl, welches räumlich vom Prüföl getrennt ist. Die Regeltemperatur der beiden Heizquellen kann eingestellt und über eine integrierte Temperaturmessung überwacht werden. Auf diese Weise werden durch das so entstehende Heizbad während der Versuche konstante thermische Bedingungen gewährleistet. Die Temperaturmessung im Prüföl erfolgt über ein Thermoelement. Zur Darstellung der äußerst konstanten Versuchsbedingungen wurden die Temperaturmessstellen des Thermotribometers unter Einsatz einer Thermokamera validiert. Bild 5 zeigt hierbei den Ablauf der durchgeführten Validierungsversuche. Dabei wurde das Versuchsöl 7 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 4: Unterschiede zwischen dem VKA- und dem TTM03*-Test Bild 5: Validierung der Temperaturmessung mit einer Thermokamera T+S_6_16 17.10.16 17: 01 Seite 7 8 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 bis zu einer Solltemperatur von T = 423 K(150 °C) erwärmt und anschließend ein Reibungsversuch von t = 5 min durchgeführt. Beispielhaft sind in Bild 5 auch die Temperaturmessabbildungen der Thermokamera dargestellt. Den Ergebnissen kann dabei entnommen werden, dass die Temperaturmessung uneingeschränkt vergleichbar ist. Die ersichtlichen minimalen Temperaturdifferenzen zwischen den Ergebnissen mit der Thermokamera und dem Thermoelement lassen sich wie folgt erklären: • Der Transmissionswert des Öls und der Emissionswert zwischen Öl und Luft waren unbekannt (angenommener Wert τ = 1, ε = 1). • Die Reaktionsgeschwindigkeit des Thermoelementes ist im Gegensatz zur Thermokamera geringer. • Die Bestimmung der Temperatur durch das Thermoelement erfolgte in einem Messpunkt, die der Thermokamera aus einem Mittelwert von 4 Messpunkten. • Der Unterschied zwischen der Temperaturmessung in der Bodenheizung und der Temperaturmessung mit der Thermokamera im Heizbad ist nicht unmittelbar vergleichbar und ist auf den Einfluss des zusätzlichen Temperatureintrages durch die Ringheizung zurückzuführen. Zusammenfassend kann eingeschätzt werden, dass der verwendete Versuchsaufbau aufgrund der konstanten Betriebsbedingungen und der gleichbleibenden Stoff- und Formpaarung ausgezeichnet für die Untersuchung der durch das Schmieröl bedingten Änderung des Reibungsverhaltens von Materialpaarungen geeignet ist. Aufbauend auf einschlägige Vorversuche wurde auch der in den durchgeführten Untersuchungen verwendete Versuchsablauf konzipiert (Bild 6). Der in den Versuchen eingestellte Temperaturbereich betrug T = (RT…240) °C. Die Steigerung der Temperatur erfolgte in Stufen von 20 K. Nach Erreichen der Versuchstemperatur wurde diese konstant gehalten und ein Reibungsversuch von t = 5 min bei einer Relativdrehzahl von Δn = 1 min -1 durchgeführt. Somit ergaben sich unter Berücksichtigung dieses Versuchskonzeptes n Stufe = 12 Temperaturstufen. Um die Untersuchungsergebnisse definiert zu gestalten und statistisch abzusichern, wurden drei repräsentative Messreihen durchgeführt, denen jeweils ein Einlauf der Reibpaarung vorangestellt war. Dabei kamen in jeder Versuchsreihe eine neue Kugelpaarung und ein ungenutztes Versuchsöl zur Anwendung. Die Durchmesser der Kontaktstellen der Kugel- Aus Wissenschaft und Forschung Bild 6: Versuchsablauf Bild 8: Dichte der untersuchten Öle Bild 7: Viskosität der untersuchten Öle T+S_6_16 17.10.16 17: 01 Seite 8 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 paarungen wurden dabei mikroskopisch nach jeder durchgeführten Messreihe vermessen, so dass Aussagen zum Materialabtrag getroffen werden konnten. 3 Versuchsergebnisse 3.1 Physikalische Kennwerte Viskosität Die untersuchten Öle weisen ähnliche Viskositäten von ν 40 = 16 mm/ s 2 bei T = 313 K (40 °C) auf. Eine Ausnahme bildet Öl B, bei dem eine um 25 % höhere Viskosität zu verzeichnen ist. Diese beträgt ν 40 = 22 mm/ s 2 (Bild 7). Dichte Der Unterschied, der im Falle des Öl B in der Viskosität zu finden ist, lässt sich auch bei der Auswertung der Größe der Dichte erkennen. Diese ist beim Öl B im Gegensatz zu den Ölen A - D sowie F - H um 1 % erhöht. Weiterhin unterscheidet sich auch die Dichte des Öl E von der Dichte der anderen untersuchten Öle, wobei bei diesem Öl etwas geringere Werte zu verzeichnen sind. Die Unterschiede betragen auch beim Vergleich des Öl E mit den Ölen A - D sowie F - H 1 % (Bild 8). Viskositätsindex Der VI-Index ist beim Öl B sehr viel geringer als bei den anderen Ölen und liegt bei V I= 182. Alle weiteren Öle weisen durchschnittlich einen Viskositätsindex von VI = 200 auf (Bild 9). 3.2 Reibungsverhalten Aus Bild 10 kann das Reibungsverhalten der untersuchten Schmieröle entnommen werden, welches in Abhängigkeit von der eingestellten Versuchstemperatur dargestellt ist und mit dem Thermotribometer TTM03* untersucht wurde. Die Auswertung ergibt folgende Schlussfolgerungen: • Es sind Unterschiede im Reibungsverhalten der untersuchten Schmieröle zu erkennen. • Die Messabweichungen sind sehr gering, was vor allem im unteren Temperaturbereich zu erkennen ist. Bei höheren Temperaturen schwanken die Messwerte beim Schmieröl D und G stärker. Öl B zeigt bei niedrigeren Temperaturen höhere Messabweichungen. • Die untersuchten Schmieröle können bezüglich ihres Reibungsverhaltens gruppiert werden. Danach gleichen sich die Öle A und B, C und D, E und F sowie G und H in ihrem temperaturabhängigen Reibungsverhalten. 9 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 9: Viskositätsindex der untersuchten Öle Bild 10: Reibungsverhalten der untersuchten Öle in Abhängigkeit von der Temperatur T+S_6_16 17.10.16 17: 01 Seite 9 10 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 • Die Höhe der Reibung unterscheidet sich bei den Ölen A und B sowie G und H und nimmt vergleichbare Werte bei den Ölen C und D sowie E und F an. • Öl B verursacht obgleich der höheren Viskosität eine geringere Reibung im Tribometerversuch. • Der geringere VI-Index bei Öl B beeinflusst das temperaturbedingte Reibungsverhalten nicht sehr stark. Die letzten beiden Feststellungen lassen folgende Aussagen zu: • Die gruppierten Öle weisen eine vergleichbare Zusammensetzung sowie ein ähnliches Mischungsverhältnis auf. • Die Öle B und H waren mit reibungsmindernden Additiven versehen. 3.3 Verschleiß Die Untersuchungsergebnisse zum Materialabtrag in den Kontaktstellen der Reibkörper zeigen, dass auch Unterschiede im Verschleißverhalten unter Einsatz der verwendeten Schmieröle zu verzeichnen sind (Bild 11). Wenig Materialabtrag wird bei hohen Temperaturbeanspruchungen im Falle des Öl C (d = 180 µm) und H (d = 185 µm) verursacht. Im Gegensatz dazu konnten beim Öl E Verschleißmarken mit großen Durchmessern bis über d = 200 µm festgestellt werden. Alle weiteren untersuchten Kontaktdurchmesser liegen in Bereichen von d = (190…197) µm. 4 Diskussion Reibung und Verschleiß stehen nicht unmittelbar im Zusammenhang und korrelieren nicht nur mit physikalischen Kennwerten. Beispielsweise konnten in den vorliegenden Untersuchungen trotz ähnlicher physikalischer Kennwerte signifikante Unterschiede im Reibungsverhalten in Abhängigkeit von der Temperatur festgestellt werden. Weiterhin verursachten die untersuchten Öle bei gleichen Betriebsbedingungen und gleicher Stoff- und Formpaarung unterschiedlichen Materialabtrag an den Kontaktstellen der Kugeln. Tribologische Systeme müssen daher aufgrund der komplexen physikalischen und chemischen Wechselwirkungen zielgerichtet untersucht werden. Dabei ist in den vorliegenden Experimenten nur ein Teil der beschreibenden Kenngrößen in die Untersuchungen einbezogen worden. Allerdings lassen sich in Anbetracht der Ergebnisse zum temperaturbeeinflussten Reibungsverhalten und dem daraus resultierenden Materialverschleiß auch Aussagen zu möglichen Einsatzgebieten der untersuchten Öle treffen. Grundsätzlich wird an Maschinenelemente die Anforderung einer hohen Lebensdauer gestellt. Die Haltbarkeit eines Bauteils wird dabei stark durch den Materialabtrag beeinflusst. Dieser war bei den Ölen A, B, G und H am kleinsten, wobei beim Öl B mit Abstand das beste Verschleißverhalten zu verzeichnen war. Im Folgenden werden deshalb diese Öle weiter betrachtet. In Bild 12 sind dabei beispielhaft unterschiedliche Maschinenelemente und deren Temperatureinsatzbereiche dargestellt. Des Weiteren wurden Angaben zu den Anforderungen an die Größe der Reibung zugeordnet. Danach eignen sich die Öle B und H für Anwendungen mit geringer Reibung und das Öl A für Maschinenelemente, in denen eine hohe Aus Wissenschaft und Forschung Bild 11: Verschleißuntersuchungen der Kontaktzone Bild 12: Mögliche Anwendungsfelder der untersuchten Öle T+S_6_16 17.10.16 17: 01 Seite 10 Tribologie + Schmierungstechnik 63. Jahrgang 6/ 2016 Reibung gefordert wird. Aufgrund des äußerst geringen Materialabtrages von Öl B wird dieses Öl für den Einsatz in Getrieben empfohlen, welche Gleitlager, Wälzlager und Zahnradpaarungen vereinen. 5 Zusammenfassung In den vorliegenden Untersuchungen wurden unterschiedliche praxisrelevante Schmieröle bezüglich ihrer physikalischen Kennwerte, deren Reibungsverhalten in Abhängigkeit von der Temperatur und dem dadurch bedingten Materialverschleiß an den Probekörpern untersucht. Zur Bestimmung der physikalischen Kennwerte kamen genormte Verfahren der Viskositäts- und Dichtemessung zur Anwendung. Damit konnten Angaben zur Viskosität, Dichte und zum Viskositätsindex gemacht werden. Das temperaturbeeinflusste Reibungsverhalten wurde mit dem Thermotribometer TTM03* untersucht, dessen Aufbau in [1] und dessen Modifikationen für eigene Forschungsarbeiten in [2] beschrieben und validiert wurde. Mit den durchgeführten Verschleißmessungen konnten damit eine Vielzahl an Informationen über die praktischen Einsatzmöglichkeiten der untersuchten Öle gewonnen werden. Dazu zählen Angaben zu: • Temperatureinsatzgrenzen der Öle • Reibungsverhalten der Öle in Abhängigkeit von der Temperatur • Einfluss der Öle auf die Lebensdauer der Probekörper • Mögliche Einsatzgebiete der Öle In der Nutzung des Thermotribometers als Versuchsapparatur ergibt sich somit ein großes Potential in der Optimierung des Einflusses von Schmierölen in tribologischen Systemen. Literatur [1] Fleischer, G.; Müller, H. G.; Lorenz, P.: Das Thermo- Tribometer TTM03: Ein Ergebnis interdisziplinärer wissenschaftlich-technischer Zusammenarbeit und der TH Magdeburg. In: Schmierungstechnik, (18), 4, 1987, S. 105-06. [2] Bäse, M.; Winkelmann, U.: Characterisation of different lubricating oils with a modified thermo-tribometer - Charakterisierung von unterschiedlichen Schmierölen mit einem modifizierten Thermotribometer. In: Kuhn, E. (Hrsg.): 9. Arnold Tross Kolloquium. Aachen, 2013. 11 Aus Wissenschaft und Forschung Themenverzeichnisse Tribologie · Schmierungstechnik Konstruktion · Maschinenbau · Tribologie · Verbindungstechnik · Oberflächentechnik · Werkstoffe · Materialbearbeitung · Produktion · Verfahrenstechnik · Qualität Fahrzeug- und Verkehrstechnik Elektrotechnik · Elektronik · Kommunikationstechnik · Sensorik · Mess-, Prüf-, Steuerungs- und Regelungstechnik · EDV-Praxis Im expert verlag erscheinen Fachbücher zu den Gebieten Weiterbildung - Wirtschaftspraxis - EDV-Praxis - Elektrotechnik - Maschinenwesen - Praxis Bau / Umwelt/ Energie sowie berufs- und persönlichkeitsbildende Audio-Cassetten und -CDs (expert audio ) und Software (expert soft ) Bitte fordern Sie unser Verlagsverzeichnis auf CD-ROM an! expert verlag Fachverlag für Wirtschaft & Technik Wankelstraße 13 · D-71272 Renningen Postfach 20 20 · D-71268 Renningen Baupraxis · Gebäudeausrüstung · Bautenschutz · Bauwirtschaft/ Baurecht Umwelt-, Energie- Wassertechnik · Hygiene / Medizintechnik Sicherheitstechnik Wirtschaftspraxis Anzeige Telefon (0 71 59) 92 65-0 Telefax (0 71 59) 92 65-20 E-Mail expert@expertverlag.de Internet www.expertverlag.de T+S_6_16 17.10.16 17: 01 Seite 11
