eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 64/2

Tribologie und Schmierungstechnik
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expert verlag Tübingen
0401
2017
642 Jungk

Tribologische Einflussfaktoren auf die Entstehung von Graufleckigkeit an einsatzgehärteten Zahnrädern

0401
2017
Johannes König
Michael Felbermaier
Thomas Tobie
Karsten Stahl
Graufleckigkeit ist eine Ermüdungserscheinung, die im belasteten Zahnflankenkontakt primär im Bereich des negativen spezifischen Gleitens auftritt. Durch Graufleckigkeit entsteht eine gekerbte, rissbehaftete Zahnflankenoberfläche, die neben einer Beeinträchtigung der Dynamik und des Geräuschverhaltens des Getriebes im weiteren Verlauf auch zu einer Minderung der Grübchentragfähigkeit führen kann. In mehreren Forschungsvorhaben der FVA wurden die Mechanismen der Grauflecken- bzw. Grübchenbildung intensiv theoretisch und experimentell untersucht. Dieser Bericht fasst ausgewählte Ergebnisse der Forschungsvorhaben FVA 459 I und FVA 459 II zusammen. Zunächst wird eine Übersicht über die maßgeblichen tribologischen Einflussgrößen auf die Entstehung von Graufleckigkeit gegeben. Anschließend wird eine Methode zur gezielten Erzeugung von Graufleckigkeit vorgestellt. Abschließend werden ausgewählte Grübchenschäden an mit dieser Methode vorkonditionierten Zahnrädern diskutiert.
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Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 Erscheinungsbild und Entstehung von Graufleckigkeit Als Graufleckigkeit werden eine hohe Anzahl mikroskopisch kleiner Anrisse und Ausbrüche der Zahnflankenoberfläche bezeichnet, die zu einem begrenzten aber ggf. stetigen Materialabtrag führen. Auftretende Graufleckigkeit lässt sich mit bloßem Auge als gräulich mattierter Bereich auf der Zahnflanke erkennen. Im Evolventenmessschrieb äußern sich Grauflecken als Abweichung der Profilform. Graufleckigkeit tritt bevorzugt im Bereich negativen Gleitens auf, ist jedoch nicht auf diesen beschränkt. Ursächlich für Graufleckigkeit sind lokal begrenzte Spannungsspitzen, die zu einer örtlichen Spannungskonzentration führen. Aus der Überbeanspruchung folgt eine lokale Ermüdung des Gefüges. Die Rissinitiierung findet an der Oberfläche statt. Nach Niemann/ Winter [9] zeigt sich Graufleckigkeit primär an einsatzgehärteten, hoch belasteten Verzahnungen, besonders im Geschwindigkeitsbereich unterhalb von 21 Aus Wissenschaft und Forschung * Dipl.-Ing. Johannes König, Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG), TU München Dipl.-Ing. Michael Felbermaier, Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, Stuttgart Dr.-Ing. Thomas Tobie, Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl, Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG), TU München Tribologische Einflussfaktoren auf die Entstehung von Graufleckigkeit an einsatzgehärteten Zahnrädern J. König, M. Felbermaier, T. Tobie, K. Stahl* Eingereicht: 18. 10. 2016 Nach Begutachtung angenommen: 1. 11. 2016 Graufleckigkeit ist eine Ermüdungserscheinung, die im belasteten Zahnflankenkontakt primär im Bereich des negativen spezifischen Gleitens auftritt. Durch Graufleckigkeit entsteht eine gekerbte, rissbehaftete Zahnflankenoberfläche, die neben einer Beeinträchtigung der Dynamik und des Geräuschverhaltens des Getriebes im weiteren Verlauf auch zu einer Minderung der Grübchentragfähigkeit führen kann. In mehreren Forschungsvorhaben der FVA wurden die Mechanismen der Graufleckenbzw. Grübchenbildung intensiv theoretisch und experimentell untersucht. Dieser Bericht fasst ausgewählte Ergebnisse der Forschungsvorhaben FVA 459 I und FVA 459 II zusammen. Zunächst wird eine Übersicht über die maßgeblichen tribologischen Einflussgrößen auf die Entstehung von Graufleckigkeit gegeben. Anschließend wird eine Methode zur gezielten Erzeugung von Graufleckigkeit vorgestellt. Abschließend werden ausgewählte Grübchenschäden an mit dieser Methode vorkonditionierten Zahnrädern diskutiert. Schlüsselwörter Graufleckigkeit, Grübchen, Zahnräder, Vorschädigung, Tragfähigkeit, Tribologie Micropitting is a fatigue damage which occurs during the loaded tooth flank contact primarily in the area of negative specific sliding. By micropitting, a notched, crack-affected tooth flank surface is created. This leads to a reduction of the pitting resistance as well as to an impairment of the dynamic and noise behavior of the transmission. In several FVA research projects, the mechanisms of pitting and micropitting has been investigated intensively, both theoretically and experimentally. This article summarizes selected results of the research projects FVA 459 I and FVA 459 II. Firstly, an overview of the primary tribological influences on the formation of micropitting is given. Secondly, a method for the targeted creation of micropitting is described. Finally, selected pitting damages are discussed which were created using gears both impaired and not impaired by micropitting. Keywords Micropitting, Pitting, Gears, Load Carrying Capacity, Pitting Resistance, Tribology Kurzfassung Abstract T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 21 22 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 10 m/ s. Geringe Schmierfilmdicken und hohe Hertzsche Pressungen begünstigen die Bildung von Grauflecken. Die Intensität der Graufleckigkeit ist weiterhin stark abhängig von der Oberflächengestalt, Werkstoffeigenschaften und den Schmierstoffeigenschaften. Ein Verfahren zur Berechnung der Graufleckentragfähigkeit bzw. -sicherheit gegenüber Grauflecken ist beispielsweise in FVA 259 I [10] belegt. Dieses Verfahren bildet die Basis für das Verfahren nach ISO/ TR 15144-1 [6]. Dabei wird eine auftretende spezifische Schmierfilmdicke λ GF,min mit einer erforderlichen spezifischen Schmierfilmdicke λ GFP verglichen. Die Ermittlung der erforderlichen spezifischen Schmierfilmdicke λ GFP kann anhand standardisierter Zahnradtests erfolgen, zum Beispiel dem Graufleckentest nach FVA 54/ 7 [3]. Maßgebliche tribologische Einflussfaktoren im wälzbeanspruchten Zahnkontakt Die Zahnflanke ist beim Eingriff unter Last einer tribologischen Beanspruchung ausgesetzt. Unter der örtlich wirkenden Belastung bildet sich hierbei ein Schmierfilm aus, dessen Leistungsfähigkeit von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig ist. In FVA 459 I [5] wurden die maßgeblichen tribologischen Einflussfaktoren auf die Graufleckentragfähigkeit zusammengefasst, unterteilt in die Teilbereiche „Schmierstoff“, „Betriebsbedingungen“ und „Verzahnungseigenschaften“. Im Folgenden werden die zentralen Aussagen dieses Vorhabens wiedergegeben: Einflüsse des Schmierstoffes Nach FVA 54 III+IV [2] ist bei einer höheren Schmierstoffviskosität mit einer Steigerung der Graufleckentragfähigkeit zu rechnen. Dies wird mit der zunehmenden Schmierfilmdicke begründet. Weitere Untersuchungen, beispielweise in FVA 259 [10] ordnen den Einfluss der Viskosität im Vergleich zu weiteren Kenngrößen allerdings als eher gering ein. Der Zusammensetzung des Schmierstoffes wird in FVA 459 I [5] ein hoher Einfluss auf die Graufleckentragfähigkeit zugeschrieben. In experimentellen Untersuchungen zeigten synthetische Grundöle gegenüber Mineralölen eine verringerte Graufleckenbildung. Hinsichtlich des Additiveinflusses wird von unterschiedlichen Erfahrungen sowohl aus der Forschung als auch der industriellen Anwendung berichtet, so dass hier keine eindeutige Aussage getroffen werden kann. Allgemein bleibt aber festzuhalten, dass den chemisch-physikalischen Wechselwirkungen zwischen Additivkomponente und Werkstoff eine maßgebliche Bedeutung für die Graufleckentragfähigkeit einer Verzahnung zukommt. Eine verlässliche Bestimmung des Additiveinflusses auf die Graufleckensicherheit muss daher nach aktuellem Stand der Technik experimentell erfolgen, beispielsweise durch Anwendung des standardisierten Graufleckentests nach FVA 54/ 7 [3]. In FVA 259 [10] wurden Untersuchungen mit tauchbzw. einspritzgeschmierten Verzahnungen durchgeführt. Die tauchgeschmierten Versuchsläufe zeigten hierbei eine geringer ausgeprägte Graufleckigkeit bei sonst gleichen Betriebsbedingungen. Dies wird der besseren Kühlung zugeschrieben. Einflüsse der Betriebsbedingungen Die auftretende Zahnflankenpressung übt grundsätzlich einen Einfluss auf die Entstehung von Grauflecken aus. Obwohl Graufleckigkeit nach FVA 459 I [5] bereits bei vergleichsweise niedrigen Belastungen und nach kurzer Laufzeit auftreten kann, führen höhere Drehmomente bzw. Pressungen an den Zahnflanken im Allgemeinen zu einer verstärkten Bildung von Graufleckigkeit. Einer steigenden Schmierstofftemperatur wird im Allgemeinen ein negativer Einfluss auf die Graufleckentragfähigkeit attestiert. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass bei einer zu starken Absenkung der Temperatur ggf. vorhandene Additivierungen nicht ihre volle Schutzwirkung entfalten können. Bei einer steigenden Umfangsgeschwindigkeit ist aufgrund der größeren Schmierfilmdicke mit einer Steigerung der Graufleckentragfähigkeit zu rechnen. Sehr hohe Umfangsgeschwindigkeiten können sich aus dynamischen Gründen jedoch negativ auswirken [5]. Aus Wissenschaft und Forschung Bild 1: Graufleckigkeit auf einer Zahnflanke (links) [4] und exemplarischer Verlauf des Profilmessschriebs bei fortschreitender Graufleckigkeit (rechts) [8] T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 22 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 Einflüsse aus Verzahnungsgeometrie und Fertigung Der Einfluss der Verzahnungsgeometrie wurde in FVA 259 [10] untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Maßnahmen, die den Bereich des negativen Gleitens sowie die absoluten Gleitgeschwindigkeiten in diesem Bereich verkleinern, die Bildung von Graufleckigkeit mindern. Entsprechend kann durch eine positive Profilverschiebung die Bildung von Graufleckigkeit gehemmt werden. Profilkorrekturen (z. B. Kopfrücknahmen) wirken sich dann günstig auf die Graufleckentragfähigkeit aus, wenn hierdurch eine Verschiebung des Pressungsmaximums in einen Zahnflankenbereich erreicht wird, der eine wesentlich geringere Neigung zur Graufleckenbildung aufweist. Hinsichtlich eines Baugrößeneinflusses konnte gezeigt werden, dass sich eine Erhöhung der Zähnezahl sowie eine Verkleinerung des Moduls positiv auf die Graufleckentragfähigkeit auswirken können. Dies wird mit der Verkürzung der Eingriffsstecke und der Verringerung der absoluten Gleitgeschwindigkeiten begründet. [10] In FVA 54 III+IV [2] wurde die Oberflächenrauheit der Zahnflanken als ein maßgeblicher Einflussfaktor auf die Entstehung von Graufleckigkeit identifiziert. Demnach wirken sich höhere Oberflächenrauheiten negativ aus, ebenso Paarungen aus glatten und rauen Zahnrädern. In FVA 459 I [5] wird dies durch Mikro-Spannungsüberhöhungen begründet, die an den Rauheitsspitzen auftreten. Prüfverzahnungen für die experimentellen Untersuchungen Für die Durchführung der hier dokumentierten experimentellen Untersuchungen wurden einsatzgehärtete FZG-Standardprüfverzahnungen des Typs 17/ 18 eingesetzt. Bei diesen Verzahnungen handelt es sich um geradverzahnte Stirnräder mit den in Tabelle 1 aufgeführten Hauptgeometriedaten. Im Rahmen des Vorhabens FVA 459 II [4] wurden zusätzlich Versuche an Schrägverzahnungen sowie standardisierten C-Verzahnungen durchgeführt. 23 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 3: FZG-Verspannungsprüfstand mit Achsabstand a = 91,5 mm [1] Bild 2 / Tabelle 1: 3D-Ansicht und Hauptgeometriedaten der 17/ 18-Verzahnungen Benennung Zeichen Einheit FVA 459 II Achsabstand a mm 91,5 Normalmodul m n mm 5,00 Normaleingriffswinkel α n ° 20 Schrägungswinkel β ° 0 Zähnezahl z - 17 18 Profilverschiebungsfaktor x - 0,514 0,407 Zahnbreite b mm 14,0 Kopfrücknahme C a μm 20 - 25 Werkstoff - - 18CrNiMo7-6 FZG-Verspannungsprüfstand Die experimentellen Untersuchungen wurden an FZG- Verspannungsprüfständen [1] mit einem Achsabstand von a = 91,5 mm durchgeführt. Der Prüfstand ist schematisch in Bild 3 dargestellt. Für die Untersuchungen wurden sowohl Prüfstände herkömmlicher Bauart mit mechanischer Verspanneinrichtung, als auch ein Prüfstand mit hydrostatischer Verspannung eingesetzt. Der Antrieb der mechanisch verspannten Prüfstände erfolgt mit Drehstrom-Asynchron- Motoren. Der hydrostatisch verspannte Prüfstand wird von einem drehzahlregelbaren Gleichstrommotor angetrieben. Die Prüflast wird bei den mechanisch verspannten Prüfständen durch Verdrehen und Verspannen der beiden T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 23 24 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 Hälften der Belastungskupplung aufgebracht. Proportional zum Verdrehweg wirkt ein definiertes statisches Moment, dass durch die Zahnradstufen im Prüf- und im Übertragungsgetriebe übertragen wird. Der Leistungsfluss erfolgt als mechanischer Kreislauf über das Prüfgetriebe und das Übertragungsgetriebe gleicher Übersetzung. Der Elektromotor gleicht die Verlustleistung des Systems aus. Bei dem hydrostatisch verspannten Prüfstand erfolgt die Verspannung mittels eines hydrostatischen Verspannmotors anstelle der Belastungskupplung. Die Ölversorgung des Prüf- und Übertragungsgetriebes erfolgt bei allen Prüfständen durch ein 28 Liter fassendes Ölaggregat mit Temperaturregelung und Drucküberwachung. [4] Verfahren zur definierten Erzeugung von Graufleckigkeit Im Rahmen des Forschungsvorhabens FVA 459 II [4] wurde ein Verfahren entwickelt, Graufleckigkeit an den Zahnflanken einsatzgehärteter Verzahnungen definiert zu erzeugen. Ziel dieses Verfahrens war es, durch Vorläufe speziell vorkonditionierte Radsätze bereitzustellen, die in den anschließenden Hauptläufen auf ihre Grübchentragfähigkeit untersucht werden. Im Folgenden wird dieses Verfahren beschrieben: In Bild 4 ist die Entwicklung der Graufleckigkeit über der Laufzeit für verschiedene Versuchsläufe schematisch dargestellt. Die Angabe „GF0“ kennzeichnet hierbei eine Zahnflanke, die keine bzw. nur eine minimale Graufleckigkeit aufweist. Mit „GF1“ wird eine mittlere Graufleckigkeit bezeichnet, die ca. 10 - 30 % der Zahnflanke bedeckt. „GF2“ kennzeichnet schließlich eine starke Graufleckigkeit über mehr als 30 % des Bereichs der Zahnflanke. Die Festlegung geeigneter Betriebsparameter zur definierten Konditionierung der Zahnflanken mit Graufleckigkeit erfolgte auf Basis der Erkenntnisse, die im Vorgängervorhaben [5] gesammelt wurden. Als Schmierstoff wurde der FVA-Referenzschmierstoff Nr. 3, additiviert mit 4 % Anglamol99 [7] eingesetzt, der innerhalb der FVA bereits für frühere Arbeiten Verwendung fand. Im Rahmen der umfangreichen Voruntersuchungen wurden die Einflussparameter Zahnflankenrauheit, Drehzahl und Drehmoment innerhalb der in Tabelle 2 genannten Grenzen variiert, um geeignete Betriebsbedingungen für die in Bild 4 dargestellten Verläufe zu bestimmen. Im Rahmen der Vorversuche zeigte sich, dass unabhängig von den Zahnflankenrauheiten eine verringerte Drehzahl zu einer verstärkten Ausbildung von Graufleckigkeit führt. Dieser Parameter wurde daher im Folgenden für alle Konditionierungsläufe einheitlich mit 1500 min -1 vorgegeben. Bei Versuchsläufen mit höheren Drehmomenten traten neben Graufleckigkeit auch einzelne Grübchenschäden auf. Dies weist auf eine signifikante Ermüdung des Zahnflankengefüges bereits während der Vorläufe hin. Da eine solche Ermüdung während der Vorkonditionierungsläufe vermieden werden soll, wurde das Drehmoment für die Vorläufe auf einen Wert von 302 Nm festgesetzt. Als maßgeblichste Einflussparameter auf die Bildung von Graufleckigkeit konnten die Zahnflankenrauheiten von Ritzel und Rad identifiziert werden. So führte bei allen Vorversuchen eine höhere Rauheit an einem Rad zu einer entsprechend stärkeren Beeinträchtigung durch Graufleckigkeit am Gegenrad. Je nach gewünschtem Grad der Graufleckigkeit sowie dem weiteren Verlauf der Graufleckigkeit wurden daher die Rauheit der Räder sowie die Laufzeit variiert. Die entsprechenden Werte sind in Tabelle 4 belegt. Die weiteren Betriebsparameter wurden einheitlich festgelegt, siehe Tabelle 3. Aus Wissenschaft und Forschung Bild 4: Schematische Verläufe der Graufleckenentwicklung über der Laufzeit (FVA 459 II [4]) Tabelle 3: Betriebsbedingungen der Vorläufe Bezeichung Zeichen Wert Drehzahl n 1 1500 min -1 Drehmoment T 1 302 Nm Schmierstoff - FVA 3 +4 % A99 Schmierungsart - Einspritzschmierung Einspritztemperatur ϑ Öl 60 °C Benennung Zeichen Minimum Maximum Zahnflankenrauheit des Ritzels Ra 1 0,20 μm 0,53 μm Zahnflankenrauheit des Rads Ra 2 0,20 μm 0,62 μm Drehzahl n 1 1500 min -1 3000 min -1 Drehmoment T 1 302 Nm 352 Nm Tabelle 2: Variationsbereiche der Betriebsparameter zur Konditionierung von Graufleckigkeit T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 24 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 Zu beachten ist hier, dass die in Tabelle 4 genannten mittleren Flankenrauheiten nur für die Vorkonditionierung der in Bild 4 schematisch dargestellten Versuchsverläufe Ia, II und III Anwendung fanden. Da bei diesen Versuchen im Hauptlauf die bisher erzeugte Graufleckigkeit an den Zahnflanken stagnieren soll, ist bei den Graufleckenzuständen GF1 und GF2 nach Ende des Vorlaufs ein Austausch des Rades gegen eines mit einer ebenfalls geringen Flankenrauheit von Ra 2 = 0,20 - 0,30 μm notwendig. Für Versuchsverläufe mit fortschreitender Graufleckenentwicklung wurden die Vorläufe analog zu GF0 (Tabelle 4) durchgeführt, so dass im Vorlauf keine Graufleckenbildung stattfindet. Das glatte Rad wurde anschließend für den Hauptlauf getauscht. Die hierfür geeigneten mittleren Rauheitswerte sind in Tabelle 5 belegt. Ausprägung der Graufleckigkeit Die durch die Vorläufe erzeugten Graufleckenzustände sind in Tabelle 6 dokumentiert. Die Zustände unter- 25 Aus Wissenschaft und Forschung Tabelle 4: Flankenrauheiten und Laufzeiten für unterschiedliche Graufleckenzustände (Vorläufe) Graufleckenzustand / Mittl. Flankenrauheit Lastwechsel im Vorlauf Versuchsverlauf Ra 1 = 0,20 - 0,30 μm GF0 / Ia Ra 2 = 0,20 - 0,30 μm 4 Mio. Ra 1 = 0,20 - 0,30 μm GF1 / II Ra 2 = 0,40 - 0,60 μm ca. 4 - 6 Mio. Ra 1 = 0,25 - 0,35 μm GF2 / III Ra 2 = 0,60 - 0,80 μm ca. 4 - 6 Mio. Tabelle 5: Flankenrauheiten für Versuchsverläufe mit fortschreitender Graufleckenentstehung Graufleckenentwicklung / Versuchsverlauf Rauheit des Ritzels Rauheit des Rads fortschreitend (GF1) / Ib Ra 1 = 0,25 - 0,30 μm Ra 2 = 0,30 - 0,40 μm fortschreitend (GF2) / Ic Ra 1 = 0,30 - 0,35 μm Ra 2 = 0,40 - 0,60 μm Tabelle 6: Graufleckenzustände nach dem Ende der Vorläufe [4] Graufleckenzustand / Exemplarisches Profilmessschrieb Auskolkungstiefe Versuchsverlauf Flankenbild (Auskolkungsfläche) GF0 / Ia < 2 μm (< 10 %) GF1 / II ca. 5 - 10 μm (10 - 30 %) GF2 / III > 10 (> 30 %) T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 25 26 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 scheiden sich im Wesentlichen in der graufleckenbedingten Auskolkungstiefe. Diese war auch das maßgebliche Kriterium für die Einordnung in den jeweiligen Graufleckenzustand. Des Weiteren unterscheiden sich die einzelnen Zustände auch in der Graufleckenfläche. Entsprechend sind in Tabelle 6 typische Ausdehnungen der Auskolkungsfläche ergänzend angegeben. Im Ergebnis zeigt sich, dass durch das hier vorgestellte Verfahren eine gestufte Konditionierung der Zahnflanken ermöglicht wird. Grübchenschäden an vorkonditionierten Verzahnungen Im Folgenden werden exemplarisch ausgewählte Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen an vorkonditionierten Zahnrädern aus dem Vorhaben FVA 459 II [4] vorgestellt. Die Versuche wurden entsprechend den Vorgaben der FVA-Richtlinie Nr. 563 [11] zur Vereinheitlichung von Zahnradversuchen durchgeführt. In Tabelle 7 sind für die hier beschriebenen Graufleckenzustände exemplarische Flankenbilder nach Abschluss der Hauptläufe dargestellt. Die mittlere Spalte zeigt hierbei jeweils die Zahnflanke eines Ritzels nach Erreichen der definierten Grenzlastwechselzahl (50 Millionen Lastwechsel). In der rechten Spalte sind Flankenbilder von Ritzeln dargestellt, die bei einer höheren Pressung durch eine Grübchenschädigung ausfielen. Die in der ersten Zeile dargestellten Ritzel mit Graufleckenzustand GF0 wiesen zu Beginn des Hauptlaufs keine Graufleckigkeit auf. Das schadenfreie Ritzel zeigt keine Flankenveränderungen nach Versuchsende. Der im rechten Flankenbild dargestellte Grübchenschaden tritt, wie zu erwarten, im Bereich negativen spezifischen Gleitens auf. Im Zahnfußflankenbereich ist eine minimale Beeinträchtigung durch Graufleckigkeit erkennbar, die jedoch deutlich unterhalb der in Tabelle 6 beschriebenen Grenzen für den Zustand GF0 verbleibt. In der zweiten Zeile sind exemplarische Zahnflanken von Verzahnungen der Variante GF1 dargestellt. Diese Verzahnungen wurden mit moderater Graufleckigkeit vorkonditioniert. Der Radsatz, der ohne Schaden die Grenzlastspielzahl erreicht hat, zeigt gegenüber der Vorkonditionierung keine weiter gestiegene Graufleckigkeit. Die durch Grübchen ausgefallene Zahnflanke zeigt eine leicht erhöhte Graufleckigkeit, die sich noch nicht zu einer geschlossenen Fläche ausgeweitet hat. Die Definition „GF1“ ist damit weiterhin erfüllt. Das Grübchen beginnt im Randbereich der Graufleckigkeit. In der letzten Zeile sind exemplarisch die Flankenzustände für zwei Ritzelflanken dargestellt, die mit dem Graufleckenzustand GF2 vorkonditioniert wurden. Es ist eine deutlich stärker ausgeprägte Graufleckigkeit im Vergleich zum Flankenzustand GF1 erkennbar, die bei dem durchgelaufenen Ritzel auch leicht gewachsen ist. Das ausgefallene Ritzel hingegen zeigt keine signifikante Steigerung der Graufleckigkeit gegenüber der Vorkonditionierung. Der Grübchenschaden beginnt im Randbereich der Graufleckigkeit. Aus Wissenschaft und Forschung Tabelle 7: Exemplarische Flankenbilder der Versuche zur Grübchentragfähigkeit [4] Graufleckenzustand / Exemplarisches Flankenbild Exemplarisches Flankenbild Versuchsverlauf (Durchläufer) (Ausfall) GF0 / Ia GF1 / II GF2 / III T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 26 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 2/ 2017 Zusammenfassung Graufleckigkeit ist eine Ermüdungserscheinung, die im belasteten Zahnflankenkontakt primär im Bereich des negativen spezifischen Gleitens auftritt. Durch Graufleckigkeit entsteht eine gekerbte, rissbehaftete Zahnflankenoberfläche, die neben einer Beeinträchtigung der Dynamik und des Geräuschverhaltens des Getriebes im weiteren Verlauf auch zu einer Minderung der Grübchentragfähigkeit führen kann. Zunächst wurden im Zuge einer Literaturrecherche die maßgeblichen tribologischen Einflussgrößen auf die Entstehung von Graufleckigkeit zusammengefasst. Die in der Literatur belegten Einflussfaktoren wurden in die Teilbereiche „Schmierstoff“, „Betriebsbedingungen“ und „Verzahnungsgeometrie und Fertigung“ eingeordnet. Als Einflussfaktoren mit dem größten Einfluss konnten die Schmierstoffzusammensetzung sowie die Oberflächenrauheit identifiziert werden. Anschließend wurde eine Methode zu definierten Erzeugung von Graufleckigkeit an den Zahnflanken einsatzgehärteter Verzahnungen vorgestellt. Diese Methode wurde im Forschungsvorhaben FVA 459 II [4] entwickelt und erlaubt eine definierte Erzeugung von Graufleckigkeit in verschiedenen Ausprägungen. Im letzten Teil wurden ausgewählte Grübchenschädigungen an vorkonditionierten Zahnflanken diskutiert. Es konnte gezeigt werden, dass die in den Vorläufen erzeugte Graufleckigkeit über die Laufzeit der Hauptläufe konstant werden konnte. Die Verzahnungen fielen schließlich durch Grübchen aus, die sich jeweils im Randbereich der vorhandenen Graufleckigkeit bildeten. Auf Basis der hier vorgestellten Untersuchungen erfolgte in FVA 459 II [4] weitere systematische Untersuchungen zum Einfluss von Graufleckigkeit auf die Tragfähigkeit von Verzahnungen. Danksagung Das Forschungsvorhaben FVA 459 I der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) HO 1339/ 20-1 und aus Eigenmitteln der FVA finanziert. Das Forschungsvorhaben FVA 459 II der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (IGF-Nr. 16088 N). Literaturverzeichnis [1] DIN ISO 14635-1: Zahnräder - FZG-Prüfverfahren - Teil 1: FZG-Prüfverfahren A/ 8,3/ 90 zur Bestimmung der relativen Fresstragfähigkeit von Schmierölen (ISO 14635- 1: 2000). Beuth Verlag, Berlin (2006). [2] Emmert, S.; Oster, P.; Höhn, B.-R.; Winter, H.: Turbograufleckigkeit - Zahnflankenermüdung bei hohen Umfangsgeschwindigkeiten - Graufleckigkeit und weitere Schadensfolgen - Einfluß von Flankenrauhigkeit und hoher Umfangsgeschwindigkeit auf die Grübchentragfähigkeit. Forschungsvorhaben Nr. 54 III+IV, Abschlussbericht, FVA-Heft Nr. 396, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (1993). [3] Emmert, S.; Schönnenbeck, G. et al.: Graufleckigkeit - Testverfahren zur Untersuchung des Schmierstoffeinflusses auf die Entstehung von Grauflecken bei Zahnrädern. FVA-Informationsblatt 54/ 7, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (1993). [4] Felbermaier, M.; Tobie, T.; Stahl, K.: Grauflecken - Grübchen II - Einfluss der Graufleckigkeit auf die Grübchentragfähigkeit einsatzgehärteter Zahnräder im Zeit- und Dauerfestigkeitsbereich. Forschungsvorhaben Nr. 459 II (AiF-Nr. 16088 N), Abschlussbericht, FVA-Heft Nr. 1087, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (2014). [5] Hergesell, M.; Tobie, T.; Stahl, K.: Grauflecken - Grübchen - Einfluss der Graufleckigkeit auf die Grübchentragfähigkeit einsatzgehärteter Zahnräder. Forschungsvorhaben Nr. 459 I, Abschlussbericht, FVA-Heft Nr. 844, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (2008). [6] ISO/ TR 15144-1: 2014(E): Calculation of micropitting load capacity of cylindrical spur and helical gears - Part 1: Introduction and basic principles. Beuth Verlag, Berlin (2014). [7] Laukotka, E. M.: Referenzölkatalog - Referenzöle Datensammlung. FVA-Heft 660, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (2007). [8] Liu, W.; Oster, P.; Höhn, B.-R.: Graufleckentragfähigkeit II - Einfluss verschiedener Fertigungsverfahren auf die Graufleckentragfähigkeit von Zahnradgetrieben. Forschungsvorhaben Nr. 259/ II+III (AiF-Nr. 11775 N), Abschlussbericht, FVA-Heft Nr. 682, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (2001). [9] Niemann, G.; Winter, H.: Maschinenelemente: Band 2 - Getriebe allgemein, Zahnradgetriebe - Grundlagen, Stirnradgetriebe. Springer, 2., korr. Aufl. (2003). [10] Schrade, U.; Oster, P.; Höhn, B.-R.: Graufleckentragfähigkeit - Einfluß von Verzahnungsgeometrie und Betriebsbedingungen auf die Graufleckentragfähigkeit von Zahnradgetrieben. Forschungsvorhaben Nr. 259/ I (AiF-Nr. 9888), Abschlussbericht, FVA-Heft Nr. 583, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (1999). [11] Tobie, T.; Matt, P.: Empfehlungen zur Vereinheitlichung von Tragfähigkeitsversuchen an vergüteten und gehärteten Zylinderrädern. FVA-Richtlinie 563 I, Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA), Frankfurt am Main (2012). 27 Aus Wissenschaft und Forschung T+S_2_17 30.01.17 11: 59 Seite 27