eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 64/3

Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
0601
2017
643 Jungk

Optimierung von Additivkonzentrationen

0601
2017
Florian Welz
Gregor Patzer
Johannes Ebrecht
Petra Knappich
Nach aktuellem Stand der Technik wird der Einfluss von Additiven auf Reibung und Verschleiß mit Rezepten fester Konzentrationsstufen erforscht. Für die Entwicklung von Rezepturen ist es wünschenswert, die kleinste wirksame Konzentration sowie die Mischungsverhältnisse, ab der sich eine weitere Erhöhung der Additiv-Zugabe kontraproduktiv auswirkt, zu finden. Eine Neuentwicklung für den SRV®Prüfstand erlaubt die Variation der Schmierstoffzusammensetzung einer Untersuchungsprobe während der SRV®-Prüfung in sub-pro Mill Schritten reproduzierbar zu verändern. Diese Technologie wird im vorliegenden Beitrag genutzt, um das optimale Grundöl-Additiv Verhältnis in Bezug auf Reibung und Verschleiß zu finden. In den Versuchen wurden exemplarisch ein niederviskoses Grundöl und verschiedene Additive verwendet. Die Normalkraft wurde in realistischer Größenordnung für die spätere Anwendung gewählt. Im Zusammenhang mit neuen Datenerfassungstechnologien und Auswertemechanismen ergeben sich durch die vorgestellte Methodik neue Aspekte für Lebensdauer- und Leistungsabschätzung von Schmierstoffen im Modell-Tribometer-System.
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Aus der Praxis für die Praxis 1 Einleitung Die Optimierung des Grundöl-Additivverhältnisses setzt eine aufwendige und dadurch kostenintensive Testreihe voraus. Die unterschiedlichen Konzentrationsverhältnisse müssen in unterschiedlichen Belastungskollektiven getestet werden, was die Zahl der Messungen stark erhöht. Der neu entwickelte automatische Formulierungsassistent (A-FA) bietet die Möglichkeit der Variation des Konzentrationsverhältnisses während eines Versuchs durch Zugabe von Grundöl oder Additiv in µl Schritten. Mittels neuester Hochleistungselektronik in Verbindung mit entsprechenden Softwarefunktionalitäten wird es nun möglich, eine größere Datentiefe bei der Erfassung tribologischer Kenngrößen zu erzielen. Neben der Umrechnung der Messwerte in abgeleitete Ergebniskanäle, wie etwa Effektivwert der Reibungszahl oder Reibungsenergie, besteht die Möglichkeit zur Integration halbautomatischer Softwarealgorithmen, welche Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 49 * Dipl.-Ing. (FH) Florian Welz Dipl.-Ing. (FH) Gregor Patzer Johannes Ebrecht Petra Knappich Optimol Instruments Prüftechnik GmbH 80339 München Optimierung von Additivkonzentrationen F. Welz, G. Patzer, J. Ebrecht, P. Knappich* Nach aktuellem Stand der Technik wird der Einfluss von Additiven auf Reibung und Verschleiß mit Rezepten fester Konzentrationsstufen erforscht. Für die Entwicklung von Rezepturen ist es wünschenswert, die kleinste wirksame Konzentration sowie die Mischungsverhältnisse, ab der sich eine weitere Erhöhung der Additiv-Zugabe kontraproduktiv auswirkt, zu finden. Eine Neuentwicklung für den SRV ® Prüfstand erlaubt die Variation der Schmierstoffzusammensetzung einer Untersuchungsprobe während der SRV ® -Prüfung in sub-pro Mill Schritten reproduzierbar zu verändern. Diese Technologie wird im vorliegenden Beitrag genutzt, um das optimale Grundöl-Additiv Verhältnis in Bezug auf Reibung und Verschleiß zu finden. In den Versuchen wurden exemplarisch ein niederviskoses Grundöl und verschiedene Additive verwendet. Die Normalkraft wurde in realistischer Größenordnung für die spätere Anwendung gewählt. Im Zusammenhang mit neuen Datenerfassungstechnologien und Auswertemechanismen ergeben sich durch die vorgestellte Methodik neue Aspekte für Lebensdauer- und Leistungsabschätzung von Schmierstoffen im Modell-Tribometer-System. Schlüsselwörter Additive, SRV ® , Optimierung von Konzentrationsverhältnissen, A-FA, Dosiersystem, TriboProfiling ® In the state-of-the-art technology, the impact of additives on friction and wear is evaluated in recipes with fixed concentrations. For the development of formulations it is desirable to determine the lowest effective concentration or the ratio, at which adding of additional additives causes negative effects. Through a new development of the SRV ® machine it is now possible to change the lubricant composition of a test specimen in a reproducible manner, in subpro Mill steps during the SRV ® testing. This technology is used in the present article to define the optimum additive concentration with regard to wear and friction in a system of base oil and additive. Exemplary selected base oil and additive variants are tested here. The load parameters during testing are selected in such a way that they correspond to later application. The new data processing capabilities enable new possibilities for optimizing lubricant formulations in practice-oriented model-tribometer tests. Keywords Additives, SRV ® , optimization of the treat rate, A-FA, dosing system, TriboProfiling ® Kurzfassung Abstract T+S_3_17 03.04.17 15: 13 Seite 49 Aus der Praxis für die Praxis 2.1 Verwendete Prüfkörper Als Grundkörper dient eine Scheibe mit 24 mm Durchmesser und 7,9 mm Höhe nach DIN 51834-4. Diese ist aus durchgehärtetem 100Cr6 Wälzlagerstahl gefertigt. Die Oberfläche der Scheibe ist geläppt mit einer Rauheit von Ra ca. 0,05 µm. Als Gegenkörper dient eine Kugel mit Durchmesser 10 mm, ebenfalls aus 100Cr6. 50 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 bereits die einlaufenden Messdaten im Hinblick auf Auffälligkeiten analysieren. Im vorliegenden Beitrag werden Anregungen und Diskussionsansätze aufgezeigt, wie die Anzahl der Messungen bei der Optimierung des Additiv-Grundölverhältnisses reduziert werden kann und darüber hinaus die Aufnahme neuer Ergebniskanäle zu Erkenntnisgewinn in der tribologischen Forschung und Entwicklung führen kann. 2 Experimentelles Vorgehen Im Rahmen dieser Studie wird der Einfluss von 5 Additiven (2 P-Träger, 2 Ester, 1 S-Träger) in einem niederviskosen Grundöl untersucht. Die Versuche werden auf einem SRV ® der fünften Generation durchgeführt (Bild 1, 2). Dieses hebt sich von seinen Vorgängermodellen durch ein verändertes Elektronikkonzept (FPGA-System) mit modernster Anwendersoftware und durch einige mechanische Weiterentwicklungen ab. Die SRV ® Grundprinzipien, welche zur Einhaltung aller einschlägigen Normen bindend sind, werden dagegen nach wie vor angewandt: Erzeugung der Bewegung mittels elektromagnetischem Linearmotor, Aufbringung der Normalkraft über ein Getriebespindel- Feder System, Umwandlung der Reibungskraft in die Reibungszahl unmittelbar in der Verstärkerelektronik, Erfassung der Reibungskraft mittels piezo-elektrischer Sensoren. Das FPGA-System erlaubt eine Vielzahl von parallelen Datenoperationen sowie eine flexible Parametrierung und Anpassung des elektronischen Verhaltens über ausgereifte Firmwarekonzepte. So werden zeitkritische sekundäre Ergebnisgrößen ohne zeitliche Verfälschung direkt in der Hardware berechnet und als Messkanäle in der Auswertungssoftware erfasst. Das Tribometer ist mit einem pneumatischem Dosiersystem und Peristaltikpumpe zur zirkulierenden Förderung des Schmierstoffs ausgestattet (Bild 3). Ziel der Untersuchung ist es, ein Konzept zur Prüfung eines Additiv-Basisöl Gemischs zu entwickeln, welches erlaubt, die Additivkonzentrationen während eines Testlaufs zu variieren. Eine geeignete Schmierstoffzusammensetzung zeigt unter anderem reduzierte Reibung und Verschleiß gegenüber dem Grundöl. Im Testlauf findet zunächst ein 30-minütiger Einlauf ohne Additiv statt. Im Anschluss wird die Konzentration des Additivs alle 15 Minuten erhöht. Ziel ist es die Wirkungskonzentration, ab der eine signifikante Veränderung in Reibung und Verschleiß stattfindet, zu finden. Bild 1 : Übersicht der wichtigsten Elemente innerhalb der SRV ® Testkammer Bild 2: SRV ® 5 Tribometer mit PC-Pult Bild 3: Dosiersystem mit Peristaltikpumpe 1. Peristaltikpumpe zur zirkulierenden Förderung des Schmierstoffs 2. Pneumatisches Mikrodosierventil zur Förderung der Fremdsubstanz 3. Flüssigkeitsreservoir auf temperierbaren Magnetrührer 1. Oszillationsblock 2. Kopfplatte mit 2a. Reibkraftsensoren, 2b. Aufnahme für den unteren Prüfkörper 3. Parallelschwinge in Verlängerung der Antriebsachse 3a. Halter für den oberen Prüfkörper 4. Achse Belastungseinrichtung T+S_3_17 03.04.17 15: 13 Seite 50 Aus der Praxis für die Praxis 2.2 Erfasste Mess- und Ergebniswerte • Temperatur • Frequenz • Prüfkraft • Hub • Position • Reibungszahl Spitzenwert • Reibungszahl Effektivwert • Reibungszahl Hochgeschwindigkeitsdaten • Gleitgeschwindigkeit • Elektrischer Übergangswiderstand • Elektrischer Übergangswiderstand Hochgeschwindigkeitsdaten • Schallemission am Grundkörper • Schallemission am Grundkörper Hochgeschwindigkeitsdaten • Antriebsstrom 3 Ergebniswerte 3.1 Variation des Additiv-Grundölverhältnisses durch ein Mikrodosierventil Der untere Prüfkörper befindet sich in einem Ölbad, welches konstant mit vorgeheiztem Schmierstoff durch eine Ölpumpe bei einer Förderleistung von ca. 0,9 ml durchspült wird. Der Schmierstoff wird in ein Reservoir (50 ml) zurückgeführt, in welches ein Additiv in Intervallen von 15 Minuten durch ein Mikrodosierventil eingebracht wird. Der Schmierstoff im Reservoir wird beheizt und mittels Magnetrührer auf eine homogene Konzentrationsverteilung gebracht. Für jede Konzentrationsstufe wird per TriboProfiling ® - Software der mittlere Reibwert ausgegeben. In dieser Versuchsreihe wird ein niederviskoses Grundöl verwendet. Die eingesetzten EP-Additive sind 1 Schwefel-Träger, 2 Phosphor-Träger sowie zwei Ester. Die Zugabe der Additive ins Grundöl erfolgt in 10 Intervallen von je 15 Minuten bei einem Dosiervolumen je nach Additiv von 0,125 - 0,5 ml. Die „0-te“ Stufe vor Zugabe des Additivs dauert 30 Minuten. Prüfparameter: Prüfdauer: 3 h 30 s Prüfkraft: 50 N in den ersten 30s, danach 100 N Frequenz: 50 Hz Hub: 1 mm Temperatur: 80 °C bzw. 120 °C Der Reibungskoeffizient des reinen Grundöls (Bild 4, Bild 5) zeigt einen unruhigen Verlauf. Die Injektion des S-Trägers (Bild 6, Bild 7) bewirkt bereits ab der ersten Injektion von 0,25 % Additiv eine markante Reduktion des Reibwerts. Die weitere Erhöhung der Konzentration hat jedoch zur Folge, dass sich der Reibwert wieder auf sein ursprüngliches Niveau einpendelt. Bei Zugabe von Ester 1 (Bild 8, Bild 9) wird der Reibungskoeffizient ab ca. 3 % ruhiger. Eine Absenkung Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 51 Bild 4: Basisöl @ 80 °C Bild 5: COF Basisöl @ 80 °C T+S_3_17 03.04.17 15: 13 Seite 51 Aus der Praxis für die Praxis des Reibwerts lässt sich jedoch erst ab einer Zugabe von 6 % Additiv erkennen. Der Verlauf von Ester 2 (Bild 10, Bild 11) verhält sich ähnlich wie bei Ester 1, die Wirkung setzt jedoch etwas früher ein. Die beiden P-Träger zeigen deutliche Unterschiede bzgl. ihrer Wirkungskonzentration. P-Träger 1 (Bild 12, Bild 13) zeigt bereits ab der ersten Injektion von 1 % Additiv eine Reduktion des Reibungskoeffizienten und eine Erhöhung ab 2 %. 52 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 Bild 6: Basisöl + S-Träger @ 80 °C Bild 7: COF Basisöl + S-Träger @ 80 °C Bild 8: Basisöl + Ester1 @ 120 °C Bild 9: COF Basisöl + Ester1 @ 120 °C Bild 10: Basisöl + Ester 2 @ 120 °C Bild 11: Basisöl + Ester 2 @ 120 °C T+S_3_17 03.04.17 15: 13 Seite 52 Aus der Praxis für die Praxis P-Träger 2 (Bild 14, Bild 15) hingegen entfaltet seine Wirkung erst ab einer Zugabe von 6 % Additiv. Die deutlich höhere Viskosität von P-Träger 1 gegenüber P-Träger 2 lässt auf eine höhere Phosphor Konzentration schließen. 3.2 Verschleiß bei Wirkungskonzentration Eine SRV Testreihe zeigt den Einfluss des Additivs bei der ermittelten Wirkungskonzentration auf den Verschleiß (Bild 16). Prüfparameter: Prüfdauer: 2 h 30 s Prüfkraft: 50 N in den ersten 30s, danach 100 N Frequenz: 50 Hz Hub: 1 mm Temperatur: 80 °C bzw. 120 °C Doppelprüfung Der S-Träger zeigt bei einer Prüftemperatur von 80 °C das Potential zur Verschleißreduzierung. P1 und E2 ermöglichen im Hochtemperatur-Bereich eine Optimierung der Verschleißschutzwirkung. P2 und E2 wirken sich unter den vorliegenden Prüfbedingungen kontraproduktiv bzgl. Verschleißschutz aus. Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 53 Bild 12: Basisöl + P-Träger 1 @ 120 °C Bild 13: COF Basisöl + P-Träger 1 @ 120 °C Bild 14: Basisöl + P-Träger 2 @ 120 °C Bild 15: COF Basisöl + P-Träger 2 @ 120 °C Bild 16: Verschleißmasse bei Wirkungskonzentration T+S_3_17 03.04.17 15: 13 Seite 53 Aus der Praxis für die Praxis Die reduzierte Reibung bei Wirkungskonzentration wird somit durch die verringerte Flächenpressung verursacht (Bild 17) 4 Zusammenfassung und Ausblick Die Studie hat gezeigt, dass sich durch online Variation der Schmierstoffzusammensetzung eine sprungartige Reaktion in den Ergebniskanälen wie Reibwert, Widerstand oder Schall erkennen lässt. Dadurch wird es möglich, mit einem Versuch Konzentrationen zu finden, ab der ein Additiv beginnt zu wirken. Zudem ist die Schwelle zur Überdosierung ebenfalls erkennbar. Die hier angewandte Kugel - Scheibe Geometrie hat den Nachteil, dass sich die Flächenpressung über den Versuch hinweg verändern kann. Übermäßiger Verschleiß macht sich dann unter Umständen durch eine vermeintlich positive Reduktion des Reibwerts bemerkbar. Eine mögliche Abhilfe wäre die Verwendung einer anderen anwendungsnäheren Geometrie, beispielsweise Kolbenring - Zylinderliner. Hier liegt der Kolbenring flächig auf, die Flächenpressung bleibt über den Versuch hinweg weitgehend konstant. Weitere Ansätze für eine Testreihe sind zum Einen die Verdünnung hochkonzentrierter Basisöl-Additiv Mischungen, zum Anderen die Variation der Temperatur innerhalb einer Konzentrationsstufe. Letzteres kann Aufschluss über die Reaktionstemperatur bei der jeweiligen Konzentrationsstufe liefern, setzt allerdings deutlich längere Injektionsinervalle voraus. 54 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 Bild 17: Flächenpressung bei Versuchsende Themenverzeichnisse Tribologie · Schmierungstechnik Konstruktion · Maschinenbau · Tribologie · Verbindungstechnik · Oberflächentechnik · Werkstoffe · Materialbearbeitung · Produktion · Verfahrenstechnik · Qualität Fahrzeug- und Verkehrstechnik Elektrotechnik · Elektronik · Kommunikationstechnik · Sensorik · Mess-, Prüf-, Steuerungs- und Regelungstechnik · EDV-Praxis Im expert verlag erscheinen Fachbücher zu den Gebieten Weiterbildung - Wirtschaftspraxis - EDV-Praxis - Elektrotechnik - Maschinenwesen - Praxis Bau / Umwelt/ Energie sowie berufs- und persönlichkeitsbildende Audio-Cassetten und -CDs (expert audio ) und Software (expert soft ) Bitte fordern Sie unser Verlagsverzeichnis auf CD-ROM an! expert verlag Fachverlag für Wirtschaft & Technik Wankelstraße 13 · D-71272 Renningen Postfach 20 20 · D-71268 Renningen Baupraxis · Gebäudeausrüstung · Bautenschutz · Bauwirtschaft/ Baurecht Umwelt-, Energie- Wassertechnik · Hygiene / Medizintechnik Sicherheitstechnik Wirtschaftspraxis Anzeige Telefon (0 71 59) 92 65-0 Telefax (0 71 59) 92 65-20 E-Mail expert@expertverlag.de Internet www.expertverlag.de T+S_3_17 03.04.17 15: 13 Seite 54