Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
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2017
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JungkUntersuchung des Einlauf-Verschleißverhaltens von geschmierten Kontakten unter Berücksichtigung unterschiedlicher Fertigungsverfahren mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode
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2017
Albert Albers
Stefan Reichert
Steffen Heldmaier
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung des Verschleißverhaltens im Einlauf unter Berücksichtigung des Rauheitseinflusses, welcher aus unterschiedlichen Fertigungsverfahren resultiert. Die Untersuchungen werden mit der Finite-Elemente-Software ABAQUS auf der Mikroskala durchgeführt. Die Grundlage für die Verschleißberechnungen bildet das Mischreibungsmodell nach Reichert et al. [1], welches um eine Verschleißroutine nach Archard [2] erweitert wurde. Die Routine ermöglicht die Berechnung von lokalen Verschleißtiefen an beiden tribologischen Reibpartnern. Dabei können die Verschleißberechnungen sowohl für trockenlaufende als auch für geschmierte Kontakte durchgeführt werden.
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14 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 1 Einleitung Um den Kraftstoffverbrauch und die CO 2 Emissionen von Fahrzeugen zu senken, wurden in der Automobilindustrie Betriebsstrategien wie die Start-Stopp-Automatik eingeführt. Ein Problem stellt dabei das in der Stoppphase ruhende Öl dar. Durch die häufigen und ausgeprägten Ruhephasen kann die Schmierung in den tribologischen Kontakten nicht aufrechterhalten werden. Bei jedem Wechsel vom Stoppin den Fahrbetrieb muss das Öl erneut in den Schmierspalt transportiert werden, wodurch im Reibkontakt vermehrt Mischreibung auftritt. Der zusätzliche Festkörpertraganteil lässt die Maschinenelemente stärker verschleißen, was zu einem verfrühten Betriebsausfall führt. Aufgrund der veränderten Betriebsbedingungen müssen Gleitlager, Kolbenringe, Steuerketten und andere Komponenten im Antriebsstrang angepasst und weiterentwickelt werden [3]. In vorausgegangen Arbeiten konnte die Rauheit als entscheidende Einflussgröße auf das Reibungsverhalten identifiziert werden [1, 4, 5], weshalb diese bei der Weiterentwicklung von tribologischen Systemen gezielt ausgelegt werden muss. Im Kontext der Produktgenerationsentwicklung nach Albers handelt es sich dabei um eine Neuentwicklung ausgehend von einer Gestaltvariation, bei der das Lösungsprinzip des Referenzprodukts beibehalten und lediglich die Gestalt der Oberfläche verändert wird. Dabei muss der Neuentwicklungsanteil, resultierend aus der Gestaltvariation, zwingend validiert und damit auch verifiziert werden [6]. Die Validierung kann dabei durch virtuelle Aus Wissenschaft und Forschung * Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Albert Albers, Dipl.-Ing. Stefan Reichert M. Sc. Steffen Heldmaier Karlsruher Institut für Technologie (KIT) IPEK - Institut für Produktentwicklung, 76131 Karlsruhe Untersuchung des Einlauf-Verschleißverhaltens von geschmierten Kontakten unter Berücksichtigung unterschiedlicher Fertigungsverfahren mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode A. Albers, S. Reichert, S. Heldmaier* Eingereicht: 20. 10. 2016 Nach Begutachtung angenommen: 5. 1. 2017 Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung des Verschleißverhaltens im Einlauf unter Berücksichtigung des Rauheitseinflusses, welcher aus unterschiedlichen Fertigungsverfahren resultiert. Die Untersuchungen werden mit der Finite-Elemente-Software ABAQUS auf der Mikroskala durchgeführt. Die Grundlage für die Verschleißberechnungen bildet das Mischreibungsmodell nach Reichert et al. [1], welches um eine Verschleißroutine nach Archard [2] erweitert wurde. Die Routine ermöglicht die Berechnung von lokalen Verschleißtiefen an beiden tribologischen Reibpartnern. Dabei können die Verschleißberechnungen sowohl für trockenlaufende als auch für geschmierte Kontakte durchgeführt werden. Schlüsselwörter Verschleiß, Archard, Mischreibung, Finite-Elemente- Methode, Einlaufverhalten The aim of this work is the investigation of the wear behaviour in the running-in phase in consideration of the surface roughness, resulting from different manufacturing processes. The investigations were carried out with the Finite-Element-Software ABAQUS and take place on the microscopic scale. The wear calculation is based on the mixed-lubrication model of Reichert et al. [1], which was extended by a wear routine following Archard [2]. This routine enables the calculation of local wear depths on both tribological partners. The distribution of local wear depths can be determined both for lubricated and non-lubricated contacts. Keywords Wear, Archard, Mixed-Lubrication, Finite-Element- Method, Running-in Kurzfassung Abstract T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 14 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 und physische Ansätze erfolgen [7]. Eine Bewertung des Einflusses der Rauheit ist bisher jedoch isoliert experimentell nicht möglich, da aufgrund von Finishingverfahren und Nachbearbeitungen des Werkstücks auch Randzone und Welligkeit verändert werden. Da es sich bei der Validierung um eine zentrale Aktivität in der Produktentwicklung handelt [8] und kein physischer Ansatz vorhanden ist, wird in dieser Arbeit ein virtueller Ansatz zur Untersuchung des Einflusses der Rauheit auf das Einlaufverhalten vorgestellt. Dafür wird ein vorhandenes FE-Modell mit einer Verschleißroutine gekoppelt, wodurch eine virtuelle Verifizierung ermöglicht wird. Die erzielten Erkenntnisse sollen dazu beitragen, das Verständnis um den Einfluss der Oberflächenrauheit zu erweitern. Weiterhin soll mit dieser Methode der Produktentwickler bei der gezielten Konditionierung der tribologischen Reibpartner unterstützt werden, um Maschinenelemente ressourcenschonend auszulegen und somit deren Lebensdauer zu erhöhen. 2 Stand der Forschung Zur Berechnung von Verschleiß mit der Finite-Elemente-Methode wird oft ein inkrementelles Verschleißgesetz nach Archard [2] verwendet. Der makroskopische Verschleißkoeffizient wird dabei als Verhältnis von verschleißbedingtem Volumenverlust zu Normalkraft und Gleitweg beschrieben. Khader [9] verwendete diesen Ansatz zur Berechnung des Verschleißes von trockenlaufenden Siliziumnitrid Rollen auf einem Zwei-Rollen Tribometer für Roll- und Gleitkontakte. Die Oberflächen waren dabei ideal glatt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Berechnung ausreichend genau mit dem Experiment übereinstimmt. Die Berechnungen wurden mit der FE-Software ABAQUS und der Subroutine UMESHMOTION durchgeführt. Mit dieser Routine werden die Knoten auf Basis des „Adaptive Mesh“ Algorithmus um den entsprechenden Verschleißwert verschoben. Diese Routine ist nur für implizite Berechnungsverfahren verfügbar. Mit der gleichen Methode berechnete Bhattacharya [10] Verschleiß von künstlichen Bandscheiben. Dabei blieben die organischen Fluide im Kontakt unberücksichtigt. Ali [11] machte die gleichen Untersuchungen am Demonstrator Hüftgelenk. Ismail [12] untersuchte die Einlaufphase des Rollkontakts einer starren Halbkugel auf einer rauen Oberfläche. Ab einer gewissen Belastung konnte er eine erhebliche Veränderung der Oberfläche feststellen. Er machte die Beobachtung, dass der Einlauf von Rollkontakten nach wenigen Zyklen beendet ist. Argatov [13] zeigte auf, dass der Kontaktdruck ein entscheidender Faktor zur Bestimmung des Endes der Einlaufphase ist. Er verwendete dazu einen kombinierten Ansatz aus Elastizitätstheorie und dem Verschleißgesetz nach Archard. Hegadekatte [14] entwickelte einen weiteren Ansatz zur Vorhersage von Verschleiß von Roll- und Gleitkontakten. Mit dem Global Incremental Wear Model (GIWM) berechnete er den Verschleiß eines Stiftes auf einem Stift- Scheibe-Tribometer. Für diesen Ansatz nutzte er das Verschleißgesetz nach Sarkar [15]. Bei diesem Ansatz wurde das Gesetz von Archard um die Abhängigkeit von der Reibungszahl erweitert. Chmiel [16] verwendete ABAQUS in Kombination mit einem PYTHON Skript zur Berechnung von Verschleiß an der Schiene eines Raketenschlittens. Mit dieser Methode konnte er Verschleiß auch in expliziten Berechnungsverfahren vorhersagen. Auch eine Verschiebung der Knoten unterhalb der Kontaktfläche wurde in dieser Arbeit berücksichtigt, um die Elementverzerrung zu reduzieren. Er ist dabei von ideal glatten Oberflächen ausgegangen. 3 Eigener Ansatz Die Grundlage für die vorliegenden Verschleißberechnungen bildet das Mischreibungsmodell nach Reichert et al. [1]. Dieses Modell wurde um eine Verschleißmethode erweitert, welche die Berechnung von lokalen Verschleißtiefen auf realen technischen Oberflächen ermöglicht. Die Implementierung der Routine erfolgte durch ein PYTHON Skript, wodurch der Ansatz auch für explizite Berechnungsverfahren zur Verfügung steht. 3.1 FE-Modell Die realen technischen Oberflächen werden zerstörungsfrei mit einem Weißlichtinterferometer vermessen und in das FE-Modell implementiert. Um den Rauheitseinfluss isoliert berücksichtigen zu können, wird die Welligkeit der gemessenen Oberfläche eliminiert. Dadurch können der Welligkeit geschuldete kleinflächige Kontaktbereiche vermieden werden. In Bild 1 ist der Aufbau des Mischreibungsmodells dargestellt. Die beiden rauen Körper sind übereinander angeordnet. Zwischen den Kontaktflächen befindet sich das Schmiermedium. Der obere Körper hat eine Größe 15 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 1: Aufbau des FE-Modells T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 15 16 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 von 225 x 225 x 80 µm. Um die mittlere Flächenpressung beim Verschieben des oberen Körpers konstant zu halten, ist der untere Körper mit einer Länge von 235 µm um 10 µm länger. Der untere Körper ist fest eingespannt. In einem ersten Schritt wird der obere Körper kraftgesteuert gegen den unteren Körper gepresst und anschließend geschwindigkeitsgesteuert verschoben. Als Gleitbedingung ist eine kritische Scherspannung hinterlegt, ab der die Rauheitsspitzen aneinander abgleiten [4]. Der obere raue Körper ist über Dämpferelemente mit einer Dämpferplatte verbunden, um ein Aufschwingen bei Kontakt der Rauheitsspitzen zu vermeiden. Der Druck des Fluids kann variiert werden. Durch das Verhältnis zwischen der eingestellten Anpresskraft und dem Fluiddruck kann die mittlere Schmierspalthöhe eingestellt werden. Mit diesem Ansatz werden die Zielgrößen Kontaktdruck und Gleitweg in den Kontaktflächen berechnet. Diese dienen als Eingangsgrößen für die Verschleißberechnung. 3.2 Verschleißansatz Um Verschleiß auf realen technischen Oberflächen zu berechnen, wird ein Ansatz benötigt, der die Berechnung von geringen Verschleißtiefen im Nanometerbereich ermöglicht. Da mit dem bisherigen Mischreibungsmodell nur Zeiträume von wenigen Mikrosekunden berechnet werden können, muss der Ansatz zusätzlich die Möglichkeit der Skalierung bieten. Dadurch können längere Zeiträume bis zum Ende des Einlaufs berechnet werden. Der in dieser Arbeit vorliegende Modellansatz basiert auf dem empirischen Verschleißgesetz nach Archard. Bei diesem Ansatz wird das Verschleißvolumen in Abhängigkeit von der Normalkraft F N , des Gleitweges s, des Verschleißkoeffizienten K und der Härte H des weicheren Materials berechnet: F N ∙ s V = K ∙ ----- (1) H Um dieses Gesetz im bestehenden FE-Modell zu verwenden, muss der globale für das gesamte Bauteil geltende Ansatz nach Archard zu einer inkrementellen, lokalen Verschleißtiefenberechnung angepasst werden. Es wird vorausgesetzt, dass das Verschleißgesetz nach Archard auch bei einer lokalen Formulierung Gültigkeit besitzt. Der inkrementelle, lokale Ansatz lautet: h V,i +1,n = h V,i,n + k ∙ p i,n ∙ ∆s i,n (2) Dabei ist h V,i+1,n die aufsummierte Verschleißtiefe an einem einzelnen Knoten, h V,i,n ist die Verschleißtiefe aus dem vorherigen Zeitinkrement, p i,n der Kontaktdruck an einem Knoten, ∆s i,n ist der inkrementelle Gleitweg an einem Knoten und k der Verschleißkoeffizient. Für jeden Oberflächenknoten wird für jedes Zeitinkrement die Verschleißtiefe berechnet. Das Implementieren der lokalen Verschleißtiefe erfolgt über das Verschieben von Knoten um den berechneten Betrag in Normalenrichtung. Die Verschleißtiefenverteilung kann somit zu jedem definierten Zeitinkrement bestimmt werden. Der Verschleißkoeffizient ist eine werkstoffabhängige Größe und wird durch experimentelle Versuche bestimmt. In dieser Untersuchung wurde der Literaturwert nach Czichos [17] von 10 -5 mm 3 N∙m verwendet. Das Ablaufschema der Verschleißroutine ist in Bild 2 dargestellt. Zunächst wird der obere Körper über den unteren Körper verschoben und somit die Verschleißtiefenverteilung für eine Überfahrung berechnet und implementiert. Diese Überfahrung kann dabei in beliebig viele Zeitinkremente aufgeteilt werden. Zum Zeitpunkt i2 ist die erste Überfahrung beendet. Im Anschluss an die vollständige Überfahrung werden die lokalen Verschleißtiefen auf mehrere Überfahrungen skaliert und in das Modell implementiert. Die nächste Überfahrung startet mit den skalierten Oberflächen. 4 Ergebnisse Im Folgenden wird der Einfluss des Skalierungsfaktors und der Oberflächenbeschaffenheit auf das Verschleißverhalten untersucht. Abschließend wird eine Reibpaarung hinsichtlich ihres Verhaltens unter Mischreibungsbedingungen untersucht. 4.1 Skalierung Aufgrund der geringeren Rechenzeit wurde die Untersuchung zur Skalierbarkeit von Verschleiß mit dem trockenlaufenden Kontaktmodell durchgeführt. Für Aus Wissenschaft und Forschung Bild 2: Ablaufschema der Verschleißsimulation T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 16 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 zwei identische gedrehte Oberflächen wurden dazu die globale und lokale Verschließtiefe und der maximale Kontaktdruck ausgewertet. Unter globaler Verschleißtiefe wird der Abstand der Profilmittellinien im belasteten Zustand unter konstanten Randbedingungen verstanden. Es wurden Skalierungsfaktoren von 50.000 bis 600.000 untersucht. Beispielsweise wird mit einem Skalierungsfaktor von 100.000 der Verschiebeweg von 10 µm auf 1 m interpoliert. Der Einfluss der Skalierung auf die globale Verschleißtiefe ist in Bild 3 dargestellt. Jeder Punkt auf einer Kurve entspricht einer skalierten Überfahrung. Für jeden Skalierungsfaktor wurden 26 Überfahrungszyklen berechnet. Deutlich zu erkennen ist die abnehmende Steigung der Verschleißkurven. Dies entspricht dem Verschleißtiefenverlauf, der bei tribologischen Systemen während der Einlaufphase in Experimenten beobachtet wird. Wie in Bild 3 deutlich wird, liegen alle Kurven mit einem niedrigen Skalierungsfaktor auf der Verschleißtiefenkurve mit einem Skalierungsfaktor von 600.000, weshalb der höchste Skalierungsfaktor als zulässig angenommen werden kann. Diese Annahme wird im Folgenden hinsichtlich der lokalen maximalen Verschleißtiefe und des lokalen maximalen Kontaktdrucks untersucht. Die Ergebnisse sind in Bild 4 für den unteren Reibpartner (Grundkörper) dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Kurven mit ansteigendem Skalierungsfaktor sowohl für die maximale lokale Verschleißtiefe als auch für den maximalen lokalen Kontaktdruck gut übereinstimmen. Bei den Kurven mit einem Skalierungsfaktor von 600.000 ist ein Ausreißer erkennbar. Bei ca. 30 m Gleitweg steigt der maximale Verschleiß stark an und bei ca. 60 m Gleitweg nimmt der maximale Kontaktdruck kurzzeitig stark ab. Dies können erste Indikatoren für eine überhöhte Skalierung sein, weshalb in weiterführenden Arbeiten höhere Skalierungsfaktoren genauer untersucht werden müssen. Trotz des einzelnen Ausreißers kann aufgrund der guten restlichen Übereinstimmung der Kurven der Skalierungsfaktor von 600.000 als zulässig betrachtet werden. Weiterhin ist in Bild 4 deutlich zu erkennen, dass ab einem Gleitweg von ca. 90 m die maximale Verschleißtiefe nur noch langsam ansteigt. Parallel dazu stellt sich ab 90 m Gleitweg ein konstanter maximaler Kontaktdruck ein. Werden beide Kurven korreliert, kann man ab diesem Zeitpunkt von einem eingelaufenen System sprechen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der höchste untersuchte Skalierungsfaktor von 600.000 zulässig für die Skalierung der Verschleißtiefenverteilung auf der Oberfläche ist. Bei den Verläufen der globalen Verschleißtiefen konnte keine Abweichung bei unterschiedlichen Skalierungen festgestellt werden. Bei der maximalen lokalen Verschleißtiefe und dem maximalen lokalen Kontaktdruck war jeweils eine einzelne Abweichung vorhanden. In Folgearbeiten wird genauer untersucht, ob diese Abweichungen auch bei höheren Skalierungsfaktoren auftreten. 17 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 3: Entwicklung der globalen Verschleißtiefe in Abhängigkeit des Skalierungsfaktors Bild 4: Entwicklung der maximalen Verschleißtiefe und des maximalen Kontaktdrucks in Abhängigkeit des Skalierungsfaktors T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 17 18 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 4.2 Einfluss der Rauheit auf das Reibungs- und Verschleißverhalten Um den Einfluss der Oberflächenrauheit auf das Einlaufverhalten zu untersuchen, wurden drei unterschiedliche Reibpaarungen berechnet. Zwei gedrehte Paarungen bestehen jeweils aus gleichem Grund- und Gegenkörper. Die beiden Paarungen unterscheiden sich jedoch in der Oberflächenrauheit, die aus unterschiedlichen Schnittparametern beim Drehen resultiert. Bei der dritten Paarung handelt es sich um eine Kombination aus einem gehonten Grundkörper und einem geschliffenen Gegenkörper, wie diese bei Zylinderlaufbahnen und Kolbenringen eingesetzt werden. Eine Übersicht der Rauheitskennwerte ist in Tabelle 1 dargestellt. Deutlich zu erkennen sind die unterschiedlichen Rauheitskennwerte der gedrehten Proben. In Bild 5 sind die untersuchten Festkörper dargestellt. Besonders bei den beiden gedrehten Festkörpern werden die Unterschiede der Rauheitsparameter auch in der Oberflächenstruktur deutlich. Zur Untersuchung des Einflusses der Oberflächenrauheit auf das Einlaufverhalten wurden die Reibpaarungen in einer parallelen Konfiguration untersucht, sodass die Drehriefen bei Paarung 1 und Paarung 2 jeweils parallel zur Verschiebungsrichtung verlaufen. Bei der Reibpaarung aus gehonter und geschliffener Probe wurde keine spezielle Ausrichtung der Oberflächen gewählt. Die unterschiedlichen Reibpaarungen wurden hinsichtlich der globalen Verschleißtiefe untersucht. Als Verschließskalierungsfaktor wurde 600.000 gewählt. Dieser Faktor hatte sich bei vorherigen Untersuchungen bezüglich der Skalierbarkeit als zulässige Größe herausgestellt. Die Ergebnisse der Verschleißtiefenentwicklung sind in Bild 6 dargestellt. Anhand der ermittelten Verschleißkurven wird deutlich, dass mit zunehmenden Rauheitskennwerten auch die globale Verschleißtiefe zunimmt. Für die Reibpaarung aus der gehonten und der geschliffenen Probe ist die Verschleißtiefe am geringsten. Deutlich wird bei dieser Kurve zudem, dass kein eindeutiges Einlaufverhalten festgestellt werden kann. Eine Abnahme der Steigung kann in diesem Verlauf nicht beobachtet werden. In einer weiteren Berechnung über einen längeren Zeitraum konnte festgestellt werden, dass diese Paarung erst deutlich später einläuft. Für die beiden gedrehten Paarungen ist das Einlaufverhalten deutlich zu erkennen. Bei den gedrehten Reibpartnern wies die Paarung mit der größeren Oberflächenrauheit eine größere Verschleißtiefe auf. Um die Verschleißtiefenverläufe genauer zu untersuchen, werden die Ergebnisse der Verschleißtiefenentwicklung mit dem maximalen Kontaktdruck korreliert. Die Kontaktdruckverläufe für die untersuchten Paarungen sind in Bild 7 dargestellt. Im Kontaktdruckdiagramm wird deutlich, weshalb Paarung 2 die größte Verschleißtiefe aufweist. Hier ist der maximale Kontaktdruck am höchsten, was auf die geringe reale Kontaktfläche zurückzuführen ist. Ein entsprechend hoher Kontaktdruck wirkt sich nach Formel 2 linear auf die Verschleißtiefe aus. Beim Kontaktdruckverlauf der gehonten Probe (unterer Körper) ist zu erkennen, dass sich noch keine deutliche Minderung des Kontaktdrucks eingestellt hat. Das erklärt auch, weshalb bei der Verschleißtiefenentwicklung noch kein Einlaufvorgang festgestellt werden kann. Auch hier konnte eine längere Berechnung bestätigen, dass der Kontaktdruck erst deutlich später abnimmt. Beim Kontaktdruckverlauf Aus Wissenschaft und Forschung Tabelle 1: Rauheitskennwerte der untersuchten Proben Kennwerte Gedrehte Probe 1 Gedrehte Probe 2 Gehonte Probe Geschliffene Probe sR a [µm] 0,343 1,171 0,407 0,160 sR q [µm] 0,437 1,461 0,565 0,247 sR z [µm] (DIN) 2,880 9,173 3,260 1,653 sR pk [µm] 0,073 0,759 0,098 0,078 sR vk [µm] 0,416 1,303 0,969 0,294 Bild 2: Ablaufschema der Verschleißsimulation T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 18 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 von Probe 1 hat sich hingegen ein konstantes Niveau eingestellt, weshalb hier, wie in Kapitel 4.1 beschreiben, von einer eingelaufenen Paarung ausgegangen werden kann. 4.3 Reibungsverhalten Um eine Aussage über das Reibungsverhalten zu treffen, wurden eine neuwertige und eine eingelaufene Oberfläche unter Mischreibungsbedingungen berechnet. Das Ergebnis der Berechnungen ist in Bild 8 dargestellt. Die beiden Berechnungen wurden unter der Normalkraft von 3 N und einem Fluiddruck von 40 MPa durchgeführt. Deutlich sind die Festkörpertraganteile im Neuzustand zu erkennen. Für diesen Fall konnte ein Reibkoeffizient der Paarung von 0,03 berechnet werden. Unter identischen Randbedingungen wurde die Paarung mit eingelaufener Oberflächentopographie berechnet. Bei dieser Berechnung wurde ein Reibkoeffizient von 0,001 ermittelt. Durch das Abtragen der Rauheitsspitzen wurde der Festkörperreibanteil nahezu eliminiert. Bei dieser Paarung ist nur noch ein hydrodynamischer Reibanteil vorhanden. 5 Zusammenfassung Durch die Kopplung unterschiedlicher Simulationsansätze konnte eine Methode entwickelt werden, um Verschleiß auf realen technischen Oberflächen zu berechnen. Die Methode ermöglicht dabei die Verschleißberechnung an beiden Oberflächen und steht für trockenlaufende und geschmierte Reibpaarungen zur Verfügung. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Oberflächenrauheit das Einlaufverhalten stark beeinflusst. Für die drei untersuchten Reibpaarungen konnten unterschiedliche Verschleißtiefenverläufe berechnet werden. Dass zur Berechnung längerer Zeiträume eine Verschleißskalierung möglich ist, wurde in umfassenden Untersuchungen nachgewiesen. Diese längeren Zeitspannen sind notwendig, um das komplette Einlaufverhalten einer tribologischen Paarung abzubilden. Abschließend wurde gezeigt, dass durch das Abtragen von Rauheitsspitzen der Reibkoeffizient im geschmierten Zustand verringert wird. 19 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 6: Verschleißtiefenentwicklung der untersuchten Reibpaarungen Bild 7: Entwicklung des maximalen Kontaktdrucks der untersuchten Reibpaarungen Bild 8: Reibwertberechnung für Neu- und verschlissenen Zustand T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 19 20 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 4/ 2017 Danksagung Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung im Rahmen des Schwerpunktprogramms „SPP1551 - Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ mit dem Thema „Optimierung von Tribosystemen durch gezielte Vorwegnahme des Einlaufs in der spanenden Endbearbeitung am Beispiel von Gleitlagerungen“ Literatur [1] Reichert, S., Lorentz, B., Albers, A., Wear simulation in non-lubricated and mixed lubricated contacts taking into account the microscale roughness, Tribology International, 2016 [2] Archard, J.F., Hirst, W., The wear of metals under unlubricated conditions, Research Laboratory, Associated Electrical Industries Limited, Aldermaston, Berks, 1956 [3] Rosenow, J., Stahlkolben für den PKW - Kolbenschmidt Pierburg, Automobil-Industrie, 20.08.2009 [4] Albers, A., Reichert, S., Lorentz, B., Knoll, G., Lang, J., Untersuchung des Reibungsverhaltens von geschmierten Kontakten unter Berücksichtigung verschiedener Gleitbedingungen mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode, 56. Tribologie-Fachtagung, Göttingen, 2015 [5] Reichert, S., Lorentz, B., Albers, A., Influence of flattening of rough surface profiles on the friction behaviour of mixed lubricated contacts, Tribology International, 2015 [6] Albers, A., Bursac, N., Rapp, S., PGE - Product Generation Engineering - Case study of the dual mass flywheel, International Design Conference, Dubrovnik, 2016 [7] Albers, A.; Behrendt, M.; Klingler, S.; Matros, K.: Verifikation und Validierung im Produktentstehungsprozess. In: Lindemann (Hrsg.), Handbuch Produktentwicklung, Carl Hanser Verlag, München, 2016 - ISBN 978-3-446- 44518-5 [8] Albers, A., Five Hypotheses about Engineering Processes and their Consequences, Proceedings of the TMCE, 2010 [9] Khader, I., Kürten, D., Kailer, A., A study on the wear of silicon nitride in rolling-sliding contact, Wear, 2012 [10] Bhattacharya, S., Predictive Finite Element Modeling of Artificial Cervical Discs in a Ligamentous Functional Spinal Unit, Dissertation, University of Toledo, 2011 [11] Ali, M., Computational and Theoretical Contact Modelling of Hip Implant Devices with the Application of Wear Simulations, Dissertation, University of Warwick, 2013 [12] Ismail, R., Running-in of rolling-sliding contacts, University of Twente, 2013 [13] Argatov, I. L., Fadin, Y. A., A macro-scale approximation for the running-in period, Tribology Letters, 42, pp. 311- 317, 2011 [14] Hegadekatte, V., Kurzenhäuser, S., Huber, N., Kraft, O., A predictive modeling scheme for wear in tribometers, Tribology International [15] Sarkar, A. D., Friction and wear, Academic press, London, 1980 [16] Chmiel, A., Finite Element Simulation Methods for dry sliding wear, Air Force Institute of Technology, Ohio, 2008 [17] Czichos, H., Habig, K. H., Tribologie-Handbuch, Tribometrie, Tribomaterialien, Tribotechnik, Vieweg + Teubner, Seite 113,Wiesbaden, 2010 Aus Wissenschaft und Forschung Ihre Mitarbeit in Tribologie und Schmierungstechnik ist uns sehr willkommen! Falls Sie eine Veröffentlichung wünschen, bitten wir Sie, uns die Daten auf einer CD, zur Sicherheit aber auch als Ausdruck, zur Verfügung zu stellen. Schön ist es ferner, wenn die Bilder durchnummeriert und bereits an der richtigen Stelle platziert sowie mit den zugehörigen Bildunterschriften versehen sind. Da wir auf die Einheit von Text und Bild großen Wert legen, bitten wir, im Text an geeigneter Stelle einen sogenannten (fetten) Bildhinweis zu bringen. Das Gleiche gilt für Tabellen. Auch sollten die Tabellen unsere Art des Tabellenkopfes haben. Die Artikel dieses Heftes zeigen Ihnen, wie wir uns den Aufbau Ihres Artikels vorstellen. Vielen Dank. Bitte lesen Sie dazu auch unsere ausführlichen „Hinweise für Autoren“ (Seite 76). Aktuelle Informationen über die Fachbücher zum Thema „Tribologie“ und über das Gesamtprogramm des expert verlags finden Sie im Internet unter www.expertverlag.de T+S_4_17 07.06.17 17: 27 Seite 20
