eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 64/5

Tribologie und Schmierungstechnik
tus
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
1001
2017
645 Jungk

Charakterisierung von triboinduzierten Schichten in Abhängigkeit des Schmierstoffs bei Verzahnungen

1001
2017
Stefan Emrich
Thomas Lohner
Andreas Ziegltrum
Alexander Brodyanski
Rolf Merz
Michael Kopnarski
Karsten Stahl
Tribologische Modelluntersuchungen am Zweischeibenprüfstand zeigen während des Einlaufs quergeschliffener Prüfscheiben aus einsatzgehärtetem Stahl bei Grenzschmierung einen signifikanten Einfluss des Schmierstoffs auf die Reibungszahl. Hierbei wurde für einen Schmierstoff mit Plastic-Deformation Additiv (PD) eine deutlich stärkere Abnahme der Reibungszahl beobachtet, als bei Verwendung eines unadditivierten oder mit Extreme-Pressure-Additiv (EP) versehenen Schmierstoffs. Durch den Einsatz verschiedener oberflächenanalytischen Methoden werden die sich während der tribologischen Beanspruchung einstellenden topografischen und chemisch-strukturellen Eigenschaften der Scheibenoberflächen charakterisiert. Die auf den lasttragenden Bereichen der Oberfläche während des Einlaufs entstehenden Mikrorauheiten sowie die chemische Zusammensetzung der nanoskaligen triboinduzierten Schichten unterscheiden sich deutlich in Abhängigkeit vom eingesetzten Schmierstoff. Die niedrigen Reibungszahlen bei Verwendung des PD-additivierten Schmierstoffs werden u.a. auf die tribologisch günstigen Eigenschaften des in der Triboschicht detektierten Molybdändisulfids (MoS2) und der bekannten synergistischen Wirkung von MoDTC( Molybdän-Dialkyldithiocarbamate)- und ZnDTP (Zink-Dialkyldithiophosphate)-Verbindungen zurückgeführt.
tus6450025
26 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 werden. Es gibt kaum systematische Untersuchungen, die die Ausbildung von Triboschichten im Kontext des Reibungs- und Schadensverhaltens zusammenhängend betrachten und die lokale tribologische Beanspruchung technischer Oberflächen mit der örtlichen Entstehung von triboinduzierten Schichten und der damit verbundenen Änderung der tribologischen Beanspruchbarkeit verknüpfen. Dabei ist die Anwendung geeigneter Methoden der Grenzflächenanalytik unerlässlich, um detaillierte Informationen zu gewinnen und Aussagen zur tribologischen Beanspruchbarkeit ableiten zu können. 2 Versuche am FZG-Zweischeibenprüfstand Zur Erzeugung triboinduzierter Schichten für die oberflächenanalytische Analysen werden Versuche am FZG- Zweischeibenprüfstand durchgeführt, der als Modellbzw. Analogieprüfstand für Wälzpaarungen wie beispielsweise Verzahnungen dient. Prüfstandsaufbau Die folgende Beschreibung des FZG-Zweischeibenprüfstandes stützt sich auf die Arbeiten und Formulierungen von Stößel [10], Vojacek [11], Mayer [8] und Lohner [6]. Der schematische Aufbau ist in Bild 1 dargestellt. Die beiden Prüfscheiben werden unabhängig voneinander über zwei Drehstrommotore und stufenlos einstellbare Reibradgetriebe mit nachgeschaltetem Planetengetrieben angetrieben. Die Drehzahlen der Prüfwellen werden über Gabellichtschranken gemessen und können über die Scheibendurchmesser in die Umfangsgeschwindigkeiten υ 1 und υ 2 umgerechnet werden. Mittels einer Belastungsfeder, die über einen elektrisch ansteuerbaren Spindeltrieb vorgespannt wird, wird eine Normalkraft F N im Scheibenkontakt aufgebracht und mit einer Kraftmessdose gemessen. Für eine möglichst schnelle Kraftaufbringung ist ein Schnellspanner ergänzt, der am Rahmen befestigt ist und direkt auf die Schwinge drückt. Ein Schlitten lagert die obere Prüfwelle und ist über 0,5 mm dünne Federbänder mit dem Rahmen verbunden. Durch die Abstützung dieses horizontal verschiebbaren Schlittens über eine Kraftmessdose kann die bei Schlupf zwischen den Scheiben wirkende Reibkraft F R als Reaktionskraft annähernd wegfrei gemessen werden. Dieses Messprinzip berücksichtigt ausschließlich den Traktionsteil der Reibung. Um eine gleichmäßige Lastverteilung über der Berührfläche zu gewährleisten, wird mit Kontaktabdrücken die Lastverteilung ermittelt. Über die Einstellung der Parallelität der Scheibenachsen in zwei Ebenen (Achsschränkung und Achsneigung) kann das Tragbild eingestellt werden. Eine weitere Einstellmöglichkeit stellt sicher, dass die Scheibenachsen senkrecht übereinander stehen und somit keine scheinbaren Reibkräfte entstehen. Die Ölversorgung wird durch Einspritzschmierung unmittelbar in das Einlaufgebiet des Scheibenkontaktes sichergestellt. Der Volumenstrom der Einspritzschmierung ist ausreichend groß, sodass Mangelschmierung im Einlaufgebiet vermieden wird. Ein Ölaggregat regelt die Öleinspritztemperatur ϑ Öl , welche direkt an der Einspritzdüse gemessen wird, auf ±1 K genau. Für jeden Betriebspunkt am FZG-Zweischeibenprüfstand kann nach dem Gesetz von Coulomb aus der aufgebrachten Normalkraft F N und der gemessenen Reibkraft F R die Reibungszahl µ bestimmt werden: F R μ = --- (1) F N Die Summengeschwindigkeit υ Σ und Gleitgeschwindigkeit υ g werden aus den Umfangsgeschwindigkeiten υ 1 und υ 2 der Prüfscheiben wie folgt berechnet: υ Σ = υ 1 + υ 2 (2) υ g = υ 1 - υ 2 (3) Die zylindrischen Prüfscheiben haben einen Durchmesser von 80 mm, eine Breite von 5 mm und sind aus 16MnCr5 gefertigt und einsatzgehärtet. Die Massentemperatur der oberen Prüfscheibe wird mit einem Glaskörper-Pt100 Widerstandsthermometer etwa 4 mm unter der Scheibenoberfläche gemessen. Die Prüfscheibenoberflächen sind in Analogie zu dem bei Verzahnungen üblichen Querschliff quer zur Umfangsrichtung geschliffen und mithilfe des arithmetischen Mittenrauwerts Ra spezifiziert, sodass die nominelle Rauheit im fertigungsfrischen Zustand Ra = 0,5 µm beträgt. Die Vermessung erfolgt dabei quer zur Schliffrichtung in Umfangsrichtung der Prüfscheiben mit dem Tastschnittverfahren bei einer Taststrecke von 4,8 mm und einer Grenzwellenlänge von 0,8 mm. Schmierstoffe Aufbauend auf Lohner et al. [4] werden wiederum die drei Schmierstoffe FVA3, FVA3+EP (im Folgenden als Aus Wissenschaft und Forschung nen. 2. Versuche am FZG-Zw eischeibenprüfstand Zur Erzeugung triboinduzierter Schichten für die oberflächenanalytische Analysen werden Versuche am FZG-Zweischeibenprüfstand durchgeführt, der als Modellbzw. Analogieprüfstand für Wälzpaarungen wie beispielsweise Verzahnungen dient. Prüfstandsaufbau Die folgende Beschreibung des FZG-Zweischeibenprüfstandes stützt sich auf die Arbeiten und Formulierungen von Stößel [10], Vojacek [11], Mayer [8] und Lohner [6]. Der schematische Aufbau ist in Bild 1 dargestellt. Die beiden Prüfscheiben werden unabhängig voneinander über zwei Drehstrommotore und stufenlos einstellbare Reibradgetriebe mit nachgeschaltetem Planetengetrieben angetrieben. Die Drehzahlen der Prüfwellen werden über Gabellichtschranken gemessen und können über die Scheibendurchmesser in die Umfangsgeschwindigkeiten 1 und 2 umgerechnet werden. Mittels einer Belastungsfeder, die über einen elektrisch ansteuerbaren Spindeltrieb vorgespannt wird, wird eine Normalkraft im Scheibenkontakt aufgebracht und mit einer Kraftmessdose gemessen. Für eine möglichst schnelle Kraftaufbringung ist ein Schnellspanner ergänzt, der am Rahmen befestigt ist und direkt auf die Schwinge drückt. Ein Schlitten lagert die obere Prüfwelle und ist über 0,5 mm dünne Federbänder mit dem Rahmen verbunden. Durch die Abstützung dieses horizontal verschiebbaren Schlittens über eine Kraftmessdose kann die bei Schlupf zwischen den Scheiben wirkende Reibkraft als Reaktionskraft annähernd wegfrei gemessen werden. Dieses Messprinzip berücksichtigt ausschließlich den Traktionsteil der Reibung. Um eine gleichmäßige Lastverteilung über der Berührfläche zu gewährleisten, wird mit Kontaktabdrücken die Lastverteilung ermittelt. Über die Einstellung der Parallelität der Scheibenachsen in zwei Ebenen (Achsschränkung und Achsneigung) kann das Tragbild eingestellt werden. Eine weitere Einstellmöglichkeit stellt sicher, dass die Scheibenachsen senkrecht übereinander stehen und somit keine scheinbaren Reibkräfte entstehen. Die Ölversorgung wird durch Einspritzschmierung unmittelbar in das Einlaufgebiet des Scheibenkontaktes sichergestellt. Der Volumenstrom der Einspritzschmierung ist ausreichend groß, sodass Mangelschmierung im Einlaufgebiet vermieden wird. Ein Ölaggregat regelt die Öleinspritztemperatur Ö , welche direkt an der Einspritzdüse gemessen wird, auf ±1 genau. Bild 1: FZG-Zweischeibenprüfstand zur Reibungszahlmessung (schematisch) aus Lohner [6] F N Schlitten Öl-Einspritzung Schnellspanner Stellmotor Rahmen Kraftmessdose Feder Gestell Schwinge Drehpunkt Federbänder Kraftmessdose Bild 1: FZG-Zweischeibenprüfstand zur Reibungszahlmessung (schematisch) aus Lohner [6] T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 26 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 EP bezeichnet) und FVA3+PD (im Folgenden als PD bezeichnet) betrachtet (Tabelle 1). EP bzw. PD bezeichnen Schmierstoffe, bei dem einem Grundöl Extreme Pressurebzw. Plastic Deformation-Additive zugemischt wurden. Das Grundöl entspricht jeweils dem Mineralöl FVA3 nach Laukotka [5]. Der verwendete Schmierstoff EP wird von Laukotka [5] als FVA3A bzw. FVA3+4%A99 bezeichnet und näher spezifiziert. Das PD-Additiv entspricht dem Additivpaket eines Praxisschmierstoffs. Kleine Unterschiede der Viskositätswerte mögen der Einmischung der Schmierstoffadditive geschuldet sein. Versuchsergebnisse Jeder Versuch wird mit einem fertigungsfrischen Prüfscheibenpaar bei Linienberührung und Grenzschmierung durchgeführt. Die Betriebsbedingung wird für jeden Versuch für 30 min (2387 Lastwechsel der langsamer rotierenden Prüfscheibe) konstant gehalten. Im Grunde kann jeder so durchgeführte Versuch als Einlauf interpretiert werden, während dem sich die Oberflächen des tribologischen Systems anpassen und sich triboinduzierte Schichten bilden. Bild 2 zeigt für eine Hertz’sche Pressung von p H = 1300 N/ mm 2 , einer Öleinspritztemperatur von ϑ Öl = 60 °C, einer Summengeschwindigkeit von v Σ = 1 m/ s und einer Gleitgeschwindigkeit von v g = 0,33 m/ s die gemessenen Reibungszahlen im Vergleich der Schmierstoffe FVA3, EP und PD. Jede Messkurve mit den zugehörigen Fehlerbalken ist dabei aus vier Versuchen mit jeweils fertigungsfrischen Prüfscheiben ermittelt. Für jeden Versuch nähert sich die Reibungszahl µ, ausgehend von einem Maximalwert, einem annähernd stationären, Massentemperaturbeeinflussten Endwert an. Im Vergleich der Schmierstoffe FVA3, EP und PD ergeben sich stark unterschiedliche Reibungszahlabnahmen, wobei diese in der Reihenfolge der Schmierstoffe EP, FVA3 und PD zunehmen. Im Vergleich zu Lohner et al. [7] zeigen sich trotz neuer Werkstoff- und Schmierstoffcharge sehr gute Übereinstimmungen. 3 Oberflächenanalytische Untersuchungen Zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit und statistischen Absicherung der Analyseergebnisse wurden aus den zu untersuchenden Prüfscheiben jeweils mindestens vier Proben mittels Diamanttrennscheibe bei sehr langsamem Vorschub und ohne Verwendung von Kühl-/ Schmierstoffen präpariert. Unmittelbar vor den Analysen wurden die Proben in einem dreistufigen Prozess im Ultraschallbad mit Cyclohexan, Aceton und Isopropanol gereinigt, um die Ölschicht der nach den Verschleiß- 27 Aus Wissenschaft und Forschung Nr. Vortrag/ 4 wird von der GfT eingerichtet! Im Grunde kann jeder so durchgeführte Versuch als Einlauf interpretiert werden, während dem sich die Oberflächen des tribologischen Systems anpassen und sich triboinduzierte Schichten bilden. Bild 2 zeigt für eine Hertz’sche Pressung von p H = 1300 N/ mm 2 , einer Öleinspritztemperatur von ϑ Öl = 40 °C, einer Summengeschwindigkeit von v Σ = 1 m/ s und einer Gleitgeschwindigkeit von v g = 0,33 m/ s die gemessenen Reibungszahlen im Vergleich der Schmierstoffe FVA3, EP und PD. Jede Messkurve mit den zugehörigen Fehlerbalken ist dabei aus vier Versuchen mit jeweils fertigungsfrischen Prüfscheiben ermittelt. Für jeden Versuch nähert sich die Reibungszahl , ausgehend von einem Maximalwert, einem annähernd stationären, Massentemperatur-beeinflussten Endwert an. Im Vergleich der Schmierstoffe FVA3, EP und PD ergeben sich stark unterschiedliche Reibungszahlabnahmen, wobei diese in der Reihenfolge der Schmierstoffe EP, FVA3 und PD zunehmen. Im Vergleich zu Lohner et al. [7] zeigen sich trotz neuer Werkstoff- und Schmierstoffcharge sehr gute Übereinstimmungen. 3. Oberflächenanalytische Untersuchungen Zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit und statistischen Absicherung der Analyseergebnisse wurden aus den zu untersuchenden Prüfscheiben jeweils mindestens vier Proben mittels Diamanttrennscheibe bei sehr langsamem Vorschub und ohne Verwendung von Kühl-/ Schmierstoffen präpariert. Unmittelbar vor den Analysen wurden die Proben in einem dreistufigen Prozess im Ultraschallbad mit Cyclohexan, Aceton und Isopropanol gereinigt, um die Ölschicht der nach den Verschleißexperimenten in Grundöl konservierten Scheiben zu entfernen und so die zu untersuchenden Oberflächen für die eingesetzten oberflächensensitiven Analysemethoden zugänglich zu machen. Oberflächenrauheit und -struktur Die sich nach der tribologischen Beanspruchung im FZG-Zweischeibenprüfstand in Abhängigkeit des jeweils eingesetzten Schmierstoffs auf den Scheibenoberflächen einstellende Rauheit wurde mittels Weißlichtinterferometrie dreidimensional vermessen. Zur Charakterisierung des tribologischen Funktionsverhaltens wurden die in DIN EN ISO 25178 definierten flächenhaften Parameter für geschichtete funktionale Oberflächen ermittelt. Diese basieren auf der Flächenmaterialanteilkurve, die der Abbottkurve (DIN EN ISO 13565-2) entspricht und den daraus abgeleiteten Größen wie z.B. die Kernhöhe Sk, die reduzierte Spitzenhöhe Spk und die reduzierte Talhöhe Svk. Nach DIN EN ISO 25178 ist der Kern der Oberfläche die skalenbegrenzte Oberfläche unter Ausschluss hervorstehender Spitzen und tiefen Tälern. Die Kernhöhe Sk bezeichnet den Abstand zwischen dem höchsten und tiefsten Niveau des Kerns der Oberfläche. Die reduzierte suchszeit am FZG-Zweischeibenprüfstand Vergleich der Schmierstoffe FVA3 p H = 1300 N/ mm 2 ϑ Öl = 60 °C v Σ = 1 m/ s v g = 0,33 m/ s PD EP FVA3 Bild 2: Gemessene Reibungszahl μ über der Versuchszeit am FZG-Zweischeibenprüfstand im Vergleich der Schmierstoffe FVA3, EP und PD Tabelle 1: Viskositätswerte und Elementkonzentrationen der Prüfschmierstoffe Bezeichnung FVA3 EP PD Kinematische Viskosität bei 40 °C ν (40 °C) in mm 2 / s 93,6 91,1 89,0 Kinematische Viskosität bei 100 °C ν (100 °C)in mm 2 / s 10,6 10,5 10,0 Calcium Ca in mg/ kg 0 2 205 Magnesium Mg in mg/ kg 0 0 0 Bor B in mg/ kg 0 0 0 Zink Zn in mg/ kg 1 3 1113 Phosphor P in mg/ kg 0 607 3099 Barium Ba in mg/ kg 0 0 1 Molybdän Mo in mg/ kg 1 0 2055 Schwefel S in mg/ kg 1203 13600 6025 T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 27 28 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 experimenten in Grundöl konservierten Scheiben zu entfernen und so die zu untersuchenden Oberflächen für die eingesetzten oberflächensensitiven Analysemethoden zugänglich zu machen. Oberflächenrauheit und -struktur Die sich nach der tribologischen Beanspruchung im FZG-Zweischeibenprüfstand in Abhängigkeit des jeweils eingesetzten Schmierstoffs auf den Scheibenoberflächen einstellende Rauheit wurde mittels Weißlichtinterferometrie dreidimensional vermessen. Zur Charakterisierung des tribologischen Funktionsverhaltens wurden die in DIN EN ISO 25178 definierten flächenhaften Parameter für geschichtete funktionale Oberflächen ermittelt. Diese basieren auf der Flächenmaterialanteilkurve, die der Abbottkurve (DIN EN ISO 13565-2) entspricht und den daraus abgeleiteten Größen wie z. B. die Kernhöhe Sk, die reduzierte Spitzenhöhe Spk und die reduzierte Talhöhe Svk. Nach DIN EN ISO 25178 ist der Kern der Oberfläche die skalenbegrenzte Oberfläche unter Ausschluss hervorstehender Spitzen und tiefen Tälern. Die Kernhöhe Sk bezeichnet den Abstand zwischen dem höchsten und tiefsten Niveau des Kerns der Oberfläche. Die reduzierte Spitzenhöhe Spk bzw. Talhöhe Svk ist definiert als die mittlere Höhe der hervorstehenden Spitzen bzw. Tälern oberhalb bzw. unterhalb des Kernes der Oberfläche. Hohe Spk-Werte beschreiben folglich eine Oberfläche mit hohen Spitzen, die während des Einlaufes aufgrund der initial kleinen Kontaktfläche und der daraus resultierenden hohen lokalen tribologischen Beanspruchung abgetragen bzw. eingeebnet werden können. Die Kernhöhe Sk kann als Maß für die Belastbarkeit der Oberfläche interpretiert werden: Niedrige Werte implizieren hierbei eine günstigere Lastverteilung auf der eingelaufenen Oberfläche. Die reduzierte Talhöhe Svk charakterisiert das Schmierstoffaufnahme- und -rückhaltevermögen der Oberfläche. Die tribologische Beanspruchung während des Einlaufs bei Grenzschmierung führt erwartungsgemäß zu einem Abtrag bzw. einer Einebnung der Spitzen der quergeschliffenen Scheibenoberflächen im Vergleich zum fertigungsfrischen Zustand (i. f. Ausgangszustand genannt). Unabhängig vom verwendeten Schmierstoff weisen die eingelaufenen Oberflächen gegenüber dem Ausgangszustand (AZ) signifikant niedrigere, aber untereinander vergleichbare Werte für die reduzierte Spitzenhöhe Spk auf (Bild 3, links). Die Kernrauheit Sk vermindert sich bei Verwendung der additivierten Schmierstoffe EP und PD tendenziell stärker als bei dem unadditivierten Grundöl FVA3, während die reduzierte Talhöhe Svk innerhalb der Messwertstreuung weitgehend unverändert bleibt. Die Mikrorauheit in den Bereichen der nach Einlauf nun plateauförmig ausgebildeten Rauheitsspitzen differieren hingegen deutlich in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs (Bild 3, rechts): Lasttragende Bereiche der Oberfläche, an denen Festkörperkontakte stattgefunden haben, sind bei Verwendung von PD-Schmierstoff vergleichsweise glatter bzw. stärker eingeebnet. Die Kenngrößen Sk, Spk und Svk zeigen hier die niedrigsten Werte. Dass niedrigere Rauheiten und damit ein höherer Traganteil der tribologisch beanspruchten Oberflächenbereiche nicht in jedem Fall mit niedrigeren Reibungs- Aus Wissenschaft und Forschung Wird von der GfT eingerichtet! Nr. Vortrag/ 5 Spitzenhöhe Spk bzw. Talhöhe Svk ist definiert als die mittlere Höhe der hervorstehenden Spitzen bzw. Tälern oberhalb bzw. unterhalb des Kernes der Oberfläche. Hohe Spk-Werte beschreiben folglich eine Oberfläche mit hohen Spitzen, die während des Einlaufes aufgrund der initial kleinen Kontaktfläche und der daraus resultierenden hohen lokalen tribologischen Beanspruchung abgetragen bzw. eingeebnet werden können. Die Kernhöhe Sk kann als Maß für die Belastbarkeit der Oberfläche interpretiert werden: Niedrige Werte implizieren hierbei eine günstigere Lastverteilung auf der eingelaufenen Oberfläche. Die reduzierte Talhöhe Svk charakterisiert das Schmierstoffaufnahme- und -rückhaltevermögen der Oberfläche. Die tribologische Beanspruchung während des Einlaufs bei Grenzschmierung führt erwartungsgemäß zu einem Abtrag bzw. einer Einebnung der Spitzen der quergeschliffenen Scheibenoberflächen im Vergleich zum fertigungsfrischen Zustand (i. f. Ausgangszustand genannt). Unabhängig vom verwendeten Schmierstoff weisen die eingelaufenen Oberflächen gegenüber dem Ausgangszustand (AZ) signifikant niedrigere, aber untereinander vergleichbare Werte für die reduzierte Spitzenhöhe Spk auf (Bild 3, links). Die Kernrauheit Sk vermindert sich bei Verwendung der additivierten Schmierstoffe EP und PD tendenziell stärker als bei dem unadditivierten Grundöl FVA3, während die reduzierte Talhöhe Svk innerhalb der Messwertstreuung weitgehend unverändert bleibt. Die Mikrorauheit in den Bereichen der nach Einlauf nun plateauförmig ausgebildeten Rauheitsspitzen differieren hingegen deutlich in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs (Bild 3, rechts): Lasttragende Bereiche der Oberfläche, an denen Festkörperkontakte stattgefunden haben, sind bei Verwendung von PD-Schmierstoff vergleichsweise glatter bzw. stärker eingeebnet. Die Kenngrößen Sk, Spk und Svk zeigen hier die niedrigsten Werte. Dass niedrigere Rauheiten und damit ein höherer Traganteil der tribologisch beanspruchten Oberflächenbereiche nicht in jedem Fall mit niedrigeren Reibungszahlen korreliert werden kann, zeigen die Ergebnisse an den EP-Proben: Obfläche (links) und die Mikrorauheit auf den Profilspitzen (rechts) µm 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 Bild 3: Mit Weißlichtinterferometrie ermittelte Rauheitsstrukturen und -parameter Scheibenoberfläche (links) und die Mikrorauheit auf den Profilspitzen (rechts) T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 28 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 zahlen korreliert werden kann, zeigen die Ergebnisse an den EP-Proben: Obwohl die Rauheit auf den plateauförmigen Rauheitsspitzen im Vergleich zum unadditiviertem Grundöl (FVA3) deutlich geringer ist, sind die gemessenen Reibungszahlen während des Einlaufs höher (Bild 2). Chemische Charakterisierung der Oberflächen Oberflächenanalysen mittels energiedispersiver Röntgenanalytik (EDX) zeigen bei einer Informationstiefe von 1-3 µm, dass sich triboinduzierte Reaktionsschichten vornehmlich im Bereich der Rauheitsspitzen ausbilden. Bild 4 zeigt die farbcodierte Topografie einer mit PD-Schmierstoff eingelaufenen Scheibenoberfläche (oben links) sowie die laterale Konzentrationsverteilung der Additivelemente Phosphor, Schwefel und Zink am identischen Oberflächenausschnitt. Mit Hilfe des unter den Bildern dargestellten gemittelten Oberflächenprofils lassen sich die gemessenen lokalen Elementkonzentrationen den linienförmig angeordneten Rauheitsspitzen zuordnen. Bestätigt und ergänzt wird dieser Befund durch Augerelektronenspektroskopische Messungen (AES) zur lateral hoch ortsaufgelösten und oberflächensensitiven Charakterisierung der chemischen Oberflächenzusammensetzung (Bild 5). Die Informationstiefe des Verfahrens beträgt < 5 nm. Die Überlagerung chemischer Informationen mit der topografischen Oberflächengestalt am identischen Oberflächenausschnitt zeigt, dass sich die additivspezifischen Elemente des PD-Schmierstoffs (Mo, Ca, Zn, S) jeweils in lokal unterschiedlichen Konzentrationen auf den tribologisch hochbeanspruchten Bereichen der plateauförmigen Rauheitsspitzen verteilen, was auf eine flächig inhomogene Triboschichtausbildung schließen lässt. Bei den in den Rauheitstälern in vergleichsweise niedrigerer Konzentration lokal und lediglich vereinzelt detektierten PD-additivspezifischen Bestand- 29 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 5: Oberflächentopografie (o.l.) und ortsaufgelöste Elementkonzentrationsverteilungen (AES) einer mit PD- Schmierstoff eingelaufenen Scheibenoberfläche Nr. Vortrag/ 6 wird von der GfT eingerichtet! Chemische Charakterisierung der Oberflächen Oberflächenanalysen mittels energiedispersiver Röntgenanalytik (EDX) zeigen bei einer Informationstiefe von 1-3 µm, dass sich triboinduzierte Reaktionsschichten vornehmlich im Bereich der Rauheitsspitzen ausbilden. Bild 5 zeigt die farbcodierte Topografie einer mit PD-Schmierstoff eingelaufenen Scheibenoberfläche (oben links) sowie die laterale Konzentrationsverteilung der Additivelemente Phosphor, Schwefel und Zink am identischen Oberflächenausschnitt. Mit Hilfe des unter den Bildern dargestellten gemittelten Oberflächenprofils lassen sich die gemessenen lokalen Elementkonzentrationen den linienförmig angeordneten Rauheitsspitzen zuordnen. Bild 5: Oberflächentopografie (o.l.) und Elementkonzentrationsverteilungsbilder (EDX) einer mit PD- Schmierstoff eingelaufenen Scheibenoberfläche ungen (AES) zur lateral hoch ortsaufgelösten und oberflächensensitiven der chemischen Oberflächenzusammensetzung (Bild 6). < 5 nm. Die Überlagerung chemischer Informationen grafischen Oberflächengestalt am identischen Oberflächenausschnitt additivspezifischen Elemente des PD-Schmierstoffs (Mo, Ca, Zn, der plateauförmigen Rauheitsspitzen ausbildung schließen lässt. lediglich vereinzelt detektierten hen Bestandteilen handelt sich vermutlich um Ölreste und/ oder das durch die Probenreinigung nicht entfernt einer mit PD-Schmierstoff eingelaufenen Scheibenoberfläche Bild 4: Oberflächentopografie (o.l.) und Elementkonzentrationsverteilungsbilder (EDX) einer mit PD-Schmierstoff eingelaufenen Scheibenoberfläche T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 29 30 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 teilen handelt sich vermutlich um Ölreste und/ oder dort abgelagertes Verschleißmaterial, das durch die Probenreinigung nicht entfernt wurde. Raman-spektroskopische Analysen im Bereich der Spitzenplateaus zeigen die unterschiedliche chemische Zusammensetzung der in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs entstandenen Triboschichten (Tabelle 2). Die laterale Auflösung des Verfahrens beträgt hier ca. 2 µm, die Informationstiefe ca. 100 nm. Als Hauptkomponente der PDinduzierten Triboschicht wird Molybdändisulfit (MoS 2 ) nachgewiesen. Als Nebenkomponenten mit niedrigeren Schichtanteilen kommen Molybdänoxid (MoO 3 ) und Metallmolybdaten (z. B. ZnMoO 4 bzw. Fe 2 Mo 7 O 24 ) in Betracht. Die bei Verwendung des unadditivierten Grundöls (FVA3) triboinduzierte Schicht besteht überwiegend aus einer Mischung von Eisenoxiden (Hämatit (α-Fe 2 O 3 ), Magnetit (Fe 3 O 4 ) und einem geringen Anteil von Eisen(II)-carbonat (FeCO 3 ), während sich die EP-Triboschicht hauptsächlich aus Eisenphosphat (Fe 3 (PO 4 ) 2 ) und Eisen(II)-carbonat (FeCO 3 ) zusammensetzt. Unabhängig vom verwendeten Schmierstoff wird bei allen Proben in den Rauheitstälern der Oberflächenstrukturen vornehmlich Magnetit (Fe 3 O 4 ) nachgewiesen. Die bisherigen Untersuchungen zeigen, dass es zur chemischen Charakterisierung der sich lokal auf den Rauheitsbergen etablierenden triboinduzierten Schichten insbesondere hoch ortsauflösender Analysemethoden bedarf. Jedoch wird hierbei - auch bei mehrfachen Messungen an verschiedenen Positionen - insgesamt aber nur ein relativ kleiner Oberflächenausschnitt analysiert. Die Sekundärneutralteilchen-Massenspektrometrie SNMS ermöglicht es demgegenüber, den chemischen Oberflächenzustand über eine wesentlich größere Fläche (ca. 20 mm 2 ) integral zu bestimmen. Durch Sputtertiefenprofilierung wurde so die Massenbelegung der Oberflächen bis zu einer Tiefe von 100 nm bestimmt (Bild 6). Die auf den fertigungsfrischen Oberflächen (AZ) nachgewiesenen additivtypischen Elemente wie z. B. Ca, Zn und Mo können vermutlich auf Bestandteile der beim Schleifen der Funktionsoberflächen verwendeten Kühl- und Schmierstoffe zurückzuführen werden. Die Massenbelegungen der Stahllegierungselemente Si, Cr und Mn sind unabhängig vom Oberflächenzustand vergleichbar. Charakteristisch für die durch das PD- Additiv triboinduzierte Schicht ist deren Massenbelegung mit den Elementen Mo, S, Ca, Zn, und P, während die EP-triboinduzierten Schichten sich vom Ausgangszustand und der im nicht additivierten Grundöl (FVA3) eingelaufenen Oberflächen im Wesentlichen nur durch eine vergleichsweise hohe P-Massenbelegung unterscheiden. Aus Wissenschaft und Forschung Tabelle 2: Charakterisierung der chemischen Zusammensetzung triboinduzierter Schichten mittels Raman- Spektroskopie FVA3 EP PD Verbindung Wellenzahlen Verbindung Wellenzahlen Verbindung Wellenzahlen (cm -1 ) (cm -1 ) (cm -1 ) α-Fe 2 O 3 224, 295, 411, 613 Fe 3 (PO 4 ) 2 971 MoS 2 288, 379, 407 MoS 2 oder (+) Fe 3 O 4 665 FeCO 3 +Fe 2 P 2 O 7 1066 MoO 3 820 MoS 2 oder (+) FeCO 3 1074 Fe 3 O 4 660 Me-Molybdate 752,787 Die bisherigen Untersuchungen zeigen, dass es zur chemischen Charakterisierung der sich lokal auf den Rauheitsbergen etablierenden triboinduzierten Schichten insbesondere hoch ortsauflösender Analysemethoden bedarf. Jedoch wird hierbei auch bei mehrfachen Messungen an verschiedenen Positionen insgesamt aber nur ein relativ kleiner Oberflächenausschnitt analysiert. Die Sekundärneutralteilchen- Massenspektrometrie SNMS ermöglicht es demgegenüber, den chemischen Oberflächenzustand über eine wesentlich größere Fläche (ca. 20 mm²) integral zu bestimmen. Durch Sputtertiefenprofilierung wurde so die Massenbelegung der Oberflächen bis zu einer Tiefe von 100 nm bestimmt (Bild 7). Die auf den fertigungsfrischen Oberflächen (AZ) nachgewiesenen additivtypischen Elemente wie z.B. Ca, Zn und Mo können vermutlich auf Bestandteile der beim Schleifen der Funktionsoberflächen verwendeten Kühl- und Schmierstoffe zurückzuführen werden. Die Massenbelegungen der Stahllegierungselemente Si, Cr und Mn sind unabhängig vom Oberflächenzustand vergleichbar. Charakteristisch für die durch das PD-Additiv -1 -1 -1 a-Fe 2 O 3 Fe 3 (PO 4 ) 2 971 MoS 2 Fe 3 O 665 3 +Fe 2 P 2 1066 2 oder (+) 820 FeCO 3 1074 Fe 3 O 4 660 2 oder (+) ben nach Einlauf bis zu einer Tiefe von 100 jeweiligen Fe-Massenbelegungen mit dem 25 dividiert. Bild 6: Massenbelegung der Oberfläche der Prüfscheiben nach Einlauf bis zu einer Tiefe von 100 nm. Zur übersichtlicheren Darstellung wurden die jeweiligen Fe-Massenbelegungen mit dem Wert 25 dividiert. T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 30 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 Strukturanalysen Aus den tribologisch beanspruchten Bereichen der Oberflächen wurden mittels fokussiertem Ionenstrahl (Focused Ion Beam FIB) ultradünne Lamellen präpariert und diese mittels Transmissionselektronenmikroskopie TEM strukturell analysiert (Bild 7). Durch Vermessung der Netzebenenabstände an Beugungsbildern oder hochaufgelösten TEM-Aufnahmen (HRTEM) sowie Messungen mit Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS) kann die chemische Zusammensetzung der Schicht bestimmt werden. Bei Einlauf mit FVA3-Grundöl formiert sich im untersuchten Probenbereich eine mit bis zu ca. 80 nm vergleichsweise dicke Eisenoxidschicht, die in Übereinstimmung mit den Raman-Analysen aus Fe 3 O 4 (Magnetit) und α-Fe 2 O 3 (Hämatit) besteht. Zusätzlich kann γ-Fe 2 O 3 (Maghemit) nachgewiesen werden. Bei den in additivierten Schmierstoffen (EP, PD) eingelaufenen Proben ist die beobachtete Magnetitschicht (Fe 3 O 4 ) deutlich dünner (ca. 1-3 nm). Auf dieser Eisenoxidschicht etablieren sich die jeweiligen additivspezifischen triboinduzierten Schichten. Die EP-induzierte Eisenphosphatschicht (Fe 3 (PO 4 ) 2 ) ist ca. 10 - 15 nm dick, die Stärke der sich aus Mo, S, O, Ca, P und Zn zusammensetzenden PD-Schicht beträgt ca. 15 - 25 nm. 4 Zusammenfassung und Diskussion Modellbetrachtungen am FZG-Zweischeibenprüfstand haben bei Grenzschmierung einen signifikanten Einfluss des Schmierstoffs auf die gemessenen Reibungszahlen während des Einlaufs quergeschliffener Prüfscheiben aus einsatzgehärteten Stahl gezeigt. Hierbei wurde für einen Schmierstoff mit Plastic-Deformation-Additiv (PD) eine deutlich stärkere Abnahme der Reibungszahl während des Einlaufs beobachtet, als bei Verwendung eines unadditivierten oder mit Extreme-Pressure-Additiv (EP) versehenen Grundöls. Durch den kombinierten Einsatz sich ergänzender oberflächenanalytischer Methoden wurden die sich während der tribologischen Beanspruchung im Einlauf einstellenden topografischen und chemisch-strukturellen Eigenschaften der Scheibenoberflächen analysiert. Die Analyse der Mikrorauheit auf den lasttragenden Oberflächenbereichen zeigte deutliche Unterschiede in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs. Die nach Einlauf plateauförmig ausgebildeten Rauheitsspitzen sind bei Verwendung von PD-Schmierstoff deutlich glatter. Dass niedrigere Rauheit und damit ein höherer Traganteil der tribologisch beanspruchten Oberflächenbereiche nicht in jedem Fall mit niedrigeren Reibungszahlen korreliert werden kann, zeigen die Ergebnisse an EP- Proben: Obwohl die Mikrorauheit auf den plateauförmigen Rauheitsspitzen im Vergleich zum unadditiviertem Grundöl (FVA3) deutlich geringer ist, sind die gemessenen Reibungszahlen während des Einlaufs höher. Die Mikrotopografie lässt sich also nicht eindeutig mit den gemessenen Reibwerten korrelieren. Die Überlagerung hoch ortsaufgelöster Elementkonzentrationsverteilungen mit der topografischen Oberflächengestalt zeigt, dass sich die schmierstoffspezifischen Additivelemente des PD-Schmierstoffs jeweils in lokal unterschiedlichen Konzentrationen vor allem auf den tribologisch hochbeanspruchten Bereichen der plateauförmigen Rauheitsspitzen verteilen, was auf eine flächig inhomogene Ausbildung der triboinduzierten Schichten schließen lässt. Deren Dicken liegen im zweistelligen Nanometerbereich und zeigen in Abhängigkeit vom verwendeten Schmierstoff deutliche Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung. Die sich während des Einlaufs mit FVA3-Grundöl ausbildenden Schichten bestehen aus Eisenoxiden (Hauptkomponente) und Eisencarbonat, während bei EP-triboinduzierten Schichten eine Mischung aus Eisenoxid, Eisencarbonat und Eisenphosphat vorliegt. Godfrey [2] [3] und andere nennen Eisenphosphate häufig als Bestandteil triboinduzierter Schichten, die sich an mit Tricresyl-Phosphat („mildes EP-Additiv“) additiviertem Mineralöl geschmierten Stahloberflächen wiederfinden. Charakteristisch für PD-triboinduzierte Schichten sind offenbar die Molybdänverbindungen. Insbesondere Molybdändisulfit als Hauptkomponente scheint eine herausragende Rolle zu spielen. Weiter finden wir Molybdänoxid und Metallmolybdate, die mutmaßlich als Reaktionsprodukte der beteiligten Additivwirkstoffe Zink- Dialkyldithiophosphate (ZnDTP) und Molybdän-Dialkyldithiocarbamate (MoDTC) entstanden sind. Damit stehen diese Ergebnisse im Einklang mit den Schlussfolgerungen von Lohner et al. [7], von denen auf Basis einer Auswertung der Literatur (z. B. Bec et al. [1]) und ausgewählten oberflächenanalytischen Untersuchungen ein Zusammenhang zwischen PD-Additiven und dem synergistischer Wirkmechanismus von MoDTC und ZnDTP vorgeschlagen wird. 31 Aus Wissenschaft und Forschung Aus den tribologisch beanspruchten Bereichen der Oberflächen wurden mittels fokussiertem Ionenstrahl (Focused Ion Beam FIB) ultradünne Lamellen präpariert und diese mittels Transmissionselektronenmikroskopie TEM strukturell analysiert (Bild 7). Durch Vermessung der Netzebenenabstände an Beugungsbildern oder hochaufgelösten TEM- Aufnahmen (HRTEM) sowie Messungen mit Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS) kann die chemische Zusammensetzung der Schicht bestimmt werden. Bei Einlauf mit FVA3-Grundöl formiert sich im untersuchten Probenbereich eine mit bis zu ca. 80 nm vergleichsweise dicke Eisenoxidschicht, die in Übereinstimmung mit den Raman-Analysen aus Fe 3 O 4 (Magnetit) und α-Fe 2 O 3 (Hämatit) besteht. Zusätzlich kann g-Fe 2 O 3 (Maghemit) nachgewiesen werden. Bei den in additivierten Schmierstoffen (EP, PD) eingelaufenen Proben ist die beobachtete Magnetitschicht (Fe 3 O 4 ) deutlich dünner (ca. 1-3 nm). Auf dieser Eisenoxidschicht etablieren sich die jeweiligen additivspezifischen triboinduzierten Schichten. Die EPinduzierte Eisenphosphatschicht (Fe 3 (PO 4 ) 2 ) ist ca. 10 - 15 nm dick, die Stärke der sich aus Mo, S, O, Ca, P und Zn zusammensetzenden PD-Schicht beträgt ca. 15 - 25 nm. 4. Zusammenfassung und Diskussion Modellbetrachtungen am FZG-Zweischeibenprüfstand haben bei Grenzschmierung einen signifikanten Einfluss des Schmierstoffs auf die gemessenen Reibungszahlen während des Einlaufs quergeschliffener Prüfscheiben aus einsatzgehärteten Stahl gezeigt. Hierbei wurde für einen Schmierstoff mit Plastic-Deformation-Additiv (PD) eine deutlich stärkere Abnahme der Reibungszahl während des Einlaufs beobachtet, als bei Verwendung eines unadditivierten oder mit Extreme-Pressure-Additiv (EP) versehenen Grundöls. Durch den kombinierten Einsatz sich ergänzender oberflächenanalytischer Methoden wurden die sich während der tribologischen Beanspruchung im Einlauf einstellenden topografischen und chemisch-strukturellen Eigenschaften der Scheibenoberflächen analysiert. Die Analyse der Mikrorauheit auf den lasttragenden Oberflächenbereichen zeigte deutliche Unterschiede in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs. Die nach Einlauf plateauförmig ausgebildeten Rauheitsspitzen sind bei Verwendung von PD- Schmierstoff deutlich glatter. Dass niedrigere Rauheit und damit ein höherer Traganteil FVA3 EP PD Bild 7: TEM-Analysen antriboinduzierten Schichten in Abhängigkeit des während des Einlaufs verwendeten Schmierstoffs Triboschicht Stahl Triboschicht Stahl Triboschicht Stahl Bild 7: TEM-Analysen an triboinduzierten Schichten in Abhängigkeit des während des Einlaufs verwendeten Schmierstoffs T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 31 32 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 Danksagung Die vorliegenden Untersuchungen wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens des von der DFG geförderten Schwerpunktprogramms SPP 1551/ 2 „Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ durchgeführt. Die Autoren möchten sich für die Förderung und Unterstützung bedanken. Literatur [1] Bec S., Tonck A., Georges J. M., Roper G. W.: „Synergistic effects of MoDTC and ZDTP on frictional behavior of tribofilms at the nanometer scale“. Tribology Letters 2004; 17(4): 797-809. [2] Godfrey D.: „The Lubrication Mechanism of Tricresyl Phosphate on Steel”. A S L E Transactions, 8: 1, 1-11, DOI: 10.1080/ 05698196508972073 (1965). [3] Godfrey D.: Chemical Changes in Steel Surfaces During Extreme Pressure Lubrication”. A S L E Transactions, 5: 1, 57-66, DOI: 10.1080/ 05698196208972453 (1962) [4] Höhn, B.-R.; Michaelis, K.; Wimmer, A.: Bestimmung des Reibungsverhaltens von Zahnrädern bei Schmierung mit EP-legierten Ölen im Bereich der Misch- und Grenzreibung (Reibungsverhalten EP-Additivsysteme), DGMK-Forschungsbericht 608 (2006) [5] Laukotka, E. M.: FVA-Heft 660 - Referenzöle Abschlussbericht - Referenzöle Datensammlung. Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V., Frankfurt/ Main (1984-2007). [6] Lohner, T.: Berechnung von TEHD Kontakten und Einlaufverhalten von Verzahnungen. Dissertationsschrift. Technische Universität München, München (eingereichte Dissertationsschrift). [7] Lohner, T.; Merz, R.; Mayer, J.; Michaelis, K.; Kopnarski, M.; Stahl, K.: On the Effect of Plastic Deformation (PD) Additives in Lubricants. Tribologie und Schmierungstechnik 62(2): S. 13-24 (2015). [8] Mayer, J.: Einfluss der Oberfläche und des Schmierstoffs auf das Reibungsverhalten im EHD-Kontakt, Diss. TU München (2014) [9] Stachowiak, G.W.; Batchelor, A. W.: Engineering Tribology, 3. Aufl., Amsterdam [u.a.]: Elsevier Butterworth- Heinemann (2005) [10] Stößel, K.: Reibungszahlen unter elasto-hydrodynamischen Bedingungen - Versuchsergebnisse an hochbelasteten Gleit-Wälz-Paarungen. Dissertationsschrift. Technische Universität München, München (1971). [11] Vojacek, H.: Das Reibungsverhalten von Fluiden unter elastohydrodynamischen Bedingungen - Einfluss der chemischen Struktur des Fluides, der Werkstoffe und der Makro- und Mikrogeometrie der Gleit-/ Wälzkörper. Dissertationsschrift. Technische Universität München, München (1984). Aus Wissenschaft und Forschung Umzug oder Adressenänderung? Bitte T+S nicht vergessen! Wenn Sie umziehen oder Ihre Adresse sich aus sonstigen Gründen ändert, benachrichtigen Sie bitte auch den expert verlag. expert@expertverlag.de | Tel: (07159) 9265-0 | Fax (07159) 9265-20 T+S erreicht Sie dann ohne Verzögerung und ohne unnötigen Aufwand. Danke, dass Sie daran denken. Ihre Mitarbeit in Tribologie und Schmierungstechnik ist uns sehr willkommen! Falls Sie eine Veröffentlichung wünschen, bitten wir Sie, uns die Daten auf einer CD, zur Sicherheit aber auch als Ausdruck, zur Verfügung zu stellen. Schön ist es ferner, wenn die Bilder durchnummeriert und bereits an der richtigen Stelle platziert sowie mit den zugehörigen Bildunterschriften versehen sind. Da wir auf die Einheit von Text und Bild großen Wert legen, bitten wir, im Text an geeigneter Stelle einen sogenannten (fetten) Bildhinweis zu bringen. Das Gleiche gilt für Tabellen. Auch sollten die Tabellen unsere Art des Tabellenkopfes haben. Die Artikel dieses Heftes zeigen Ihnen, wie wir uns den Aufbau Ihres Artikels vorstellen. Vielen Dank. Bitte lesen Sie dazu auch unsere ausführlichen „Hinweise für Autoren“ (Seite 60). Aktuelle Informationen über die Fachbücher zum Thema „Tribologie“ und über das Gesamtprogramm des expert verlags finden Sie im Internet unter www.expertverlag.de T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 32 Aus der Praxis für die Praxis 1 Einleitung Die Anforderungen an industrielle Antriebssysteme steigen stetig in Bezug auf die Lasten, die auf ein System wirken, sowie Lebensdauern bzw. Service-Intervalle und Wirkungsgrade. Im Bereich der Tribologie erfordert dies eine grundlegende Bewertung und gegebenenfalls Überarbeitung der bestehenden tribologischen Systeme im Antrieb. Ein großer Einfluss auf den Reibwert und den Verschleiß in einem Tribo-System hat das Profil der kontaktierenden Oberflächen. Raue Oberflächen können im Einlaufvorgang zu einer Partikelbildung führen, die im weiteren Betrieb an diesem oder einem anderen tribologischen Kontakt zu Schäden der jeweiligen Komponenten führen können. Ein hohes Risiko rauer Oberflächen sind außerdem Pressungsüberhöhungen, welche nach Kreil [1], so- Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 5/ 2017 33 * M.Eng. Kerstin Rausch Dr.-Ing. Markus Wöppermann Dr.-Ing. Jörg Hermes SEW-Eurodrive GmbH & Co. KG, D-76646 Bruchsal Tribologische Untersuchungen an 2-Scheiben-Wälzproben mit Pulsfinish-Oberflächen K. Rausch, M. Wöppermann, J. Hermes * Zur Verbesserung von Reibwerten im Wälzkontakt und der Verlängerung von Produktlebensdauern ist das Gleitschleifen, im Speziellen das Pulsfinishing, ein Verfahren, um die Eigenschaften der kontaktierenden Oberflächen zu optimieren. In der vorliegenden Arbeit wurde sowohl der Einfluss der Bearbeitungsparameter beim Gleitschleifen auf die bearbeitete Oberfläche untersucht, als auch deren Einfluss auf den Reibwert im 2 Scheiben-Wälzkontakt. Die Gleitschleifversuche wurden in drei Schritten durchgeführt. Sogenannte Min/ Max-Versuche zeigten, welche Bearbeitungsparameter den größten Einfluss auf die bearbeitete Bauteiloberfläche haben. Für ausgewählte Parameter wurden zusätzliche Werte getestet, um einen Verlauf der Oberflächenkennwerte über der Parameteränderung darzustellen. Aus allen Versuchen wurde dann eine optimale Parametereinstellung für die Erreichung einer möglichst glatten Oberfläche abgeleitet. Anschließend wurden geschliffene Referenz-Scheiben und Scheiben aus den Bearbeitungsversuchen mit unterschiedlichen Oberflächenkennwerten im 2-Scheiben-Wälzversuch miteinander verglichen. Die Versuche zeigten, dass mit den gleitgeschliffenen Scheiben ein deutlich geringerer Reibwert erzielt werden kann. Zusätzlich erfolgte eine Bewertung der Korrelation zwischen Rauheitskennwerten und den Reibwerten aus den Wälzversuchen. Schlüsselwörter Gleitschleifen, Pulsfinish, 2-Scheiben-Wälzversuch, Reibungsreduktion, Ölschmierung, Topologieoptimierung For the improvement of the friction coefficient at rolling contacts and the enlargement of product lifetime slide grinding, especially pulsfinishing, can optimize the characteristic of contacting surfaces. The scope of this thesis was to show the influence of the manufacturing parameters of pulsfinishing on the machined surface as well as influence on the friction coefficient at a two-disc rolling contact. The pulsfinishing tests were carried out within three steps. With so-called min/ max-tests those manufacturing parameters with the main influence on the machined surface have been identified. For selected parameters, additional values were tested to present a development of the surface parameters depending on the manufacturing parameters. Depending on all tests, an optimum of parameter setting for a smooth surface was derived. Afterwards, grinded reference discs and discs from the pulsfinishing tests were compared to each other at two-disc rolling tests. As a result, it could be shown that with the pulsfinished discs a significantly lower friction coefficient is reached. In addition, the correlation between roughness parameters and friction coefficient from the rolling tests was assessed. Keywords slide grinding, pulsfinishing, two-disc rolling test, friction reduction, oil lubrication, topology optimization Kurzfassung Abstract T+S_5_17 31.07.17 10: 58 Seite 33