Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
1201
2017
646
JungkGleitverhalten von PEEK-Kompositwerkstoffen in Wasserstoffumgebung
1201
2017
Géraldine Theiler
Thomas Gradt
Die Reibeigenschaften von PEEK Materialien gegen Stahlscheiben wurden in Luft, Vakuum und Wasserstoffumgebung untersucht. PEEK Verbundwerkstoffen wurden mit Graphit, CNT oder TiO2-Partikeln gefüllt. Die Ergebnisse zeigen, dass reines PEEK umgebungsabhängig ist. Desorption von Gasen im Vakuum führt zur hohen Verschleißrate. Der Zusatz von Graphit bzw. CNT führt zu einer sehr geringen Reibung in Wasserstoff (0,04), während TiO2-Partikeln die niedrigste Verschleißrate sowohl in Vakuum als auch in Wasserstoffumgebungen erzielten. Chemische Prozesse treten in den Materialien und im Tribokontakt auf und interagieren miteinander. Insbesondere sind die Bildung und die Adhäsion eines dünnen und homogenen Transferfilms von den Umgebungen stark abhängig.
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Aus der Praxis für die Praxis Einleitung Je weiter sich die Wasserstofftechnologie in Richtung Breitenanwendung, z. B. in Automobilen oder stationären Brennstoffzellen, entwickelt, desto mehr müssen Zuverlässigkeit und Sicherheit dauerhaft für alle Teilbereiche gewährleistet sein. Dabei sind Tribosysteme als verschleißbehaftete Komponenten besonders kritisch. Gleitelemente werden in zunehmendem Maße aus Hochleistungspolymeren als Ersatz für Metall-Komponenten gefertigt. Dabei wird den Polymeren sehr häufig Graphit zur Reibungsminderung beigemischt. Während das Reibverhalten dieser Polymer-Verbundstoffe an Luft intensiv tribologisch untersucht wurde, liegen für Wasserstoffumgebung bisher nur sehr wenige Reibungs- und Verschleißdaten vor. Ziel dieser Studie ist, den Einfluss der Umgebung auf das Reibungs- und Verschleißverhalten von PEEK- Werkstoffen zu charakterisieren. Dabei werden entweder Graphit-, CNT- oder TiO 2 -gefülltes PEEK an Luft, im Vakuum und in Wasserstoffumgebung untersucht, wobei verschiedene Graphit-Typen eingesetzt werden. Da synergetische Effekte in Polymerkompositen zwischen den Kohlfasern und den Füllstoffen gefunden wurden, wurden zwei-Komponenten-Materialien untersucht, um den Einfluss der Umgebung auf jede einzelne Komponente charakterisieren zu können. Experimentelle Details PEEK (Victrex 450G) wurde entweder mit Graphit, Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder TiO 2 -Partikeln gefüllt. Die Zusammensetzung der einzelnen Werkstoffe ist in Tabelle 1 beschrieben. Die Standard-Teststäbe (Zugversuchsstäbchen) aus den Kompositen wurden mittels Spritzguss durch das Institut für Verbundwerkstoffe (IVW, Kaiserslautern) in Zusammenarbeit mit der Ensinger GmbH hergestellt. 52 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 Gleitverhalten von PEEK-Kompositwerkstoffen in Wasserstoffumgebung G. Theiler, T. Gradt* Die Reibeigenschaften von PEEK Materialien gegen Stahlscheiben wurden in Luft, Vakuum und Wasserstoffumgebung untersucht. PEEK Verbundwerkstoffen wurden mit Graphit, CNT oder TiO 2 -Partikeln gefüllt. Die Ergebnisse zeigen, dass reines PEEK umgebungsabhängig ist. Desorption von Gasen im Vakuum führt zur hohen Verschleißrate. Der Zusatz von Graphit bzw. CNT führt zu einer sehr geringen Reibung in Wasserstoff (0,04), während TiO 2 -Partikeln die niedrigste Verschleißrate sowohl in Vakuum als auch in Wasserstoffumgebungen erzielten. Chemische Prozesse treten in den Materialien und im Tribokontakt auf und interagieren miteinander. Insbesondere sind die Bildung und die Adhäsion eines dünnen und homogenen Transferfilms von den Umgebungen stark abhängig. Schlüsselwörter PEEK-Komposite, Wasserstoff, Vakuum, Graphit, TiO 2 The sliding performance of PEEK materials against steel discs was investigated in air, vacuum and hydrogen environment. PEEK compounds were filled with graphite flakes, CNTs or TiO 2 particles. Results indicate that pure PEEK is environmentally sensitive. Desorption of gases in vacuum leads to high wear rate. Very low friction is obtained with composites containing graphite and CNTs in hydrogen (0.04), while the lowest wear rate is achieved with the addition of TiO 2 particles both in vacuum and hydrogen environments. Chemical processes occur within the materials and at the tribo-contact and interact with each other. In particular, the formation and adhesion of a thin and homogeneous transfer film strongly depend on the environments. Keywords PEEK composites, hydrogen, vacuum, graphite, TiO 2 Kurzfassung Abstract * Dr.-Ing Géraldine Theiler Dr. Thomas Gradt Bundesanstalt für Material Forschung und Prüfung 12200, Berlin 6.3 Makrotribologie und Verschleißschutz 12203 Berlin T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 52 Aus der Praxis für die Praxis Die Experimente wurden mit einer Stift-Scheibe-Anordnung durchgeführt, wobei zwei Polymerstifte mit einer Kontaktfläche von 4 x4 mm 2 gegen eine rotierende Stahlscheibe (100Cr6, Ra = 0,22 µm) liefen. Der Innendurchmesser der Verschleißspur betrug 37 mm. Die Scheiben wurden mit Ethanol vor dem Test gereinigt. Die Messungen wurden in synthetischer Luft, in Luft bei ca. 45 % relativer Luftfeuchtigkeit, in Vakuum und in gasförmigem Wasserstoff in dem in [1] beschriebenen Kryotribometer CT2 durchgeführt. Die Kontaktpressung betrug 3,1 MPa (Normalkraft: 50 N), die Gleitgeschwindigkeit 0,2 m/ s bzw. 1 m/ s und der Gleitweg 5000 m. Der Verschleiß der Verbundwerkstoffe wurde nach 5000 m Reibweg durch den Gesamtgewichtsverlust bestimmt. Zwei oder drei Tests wurden für jede Bedingung durchgeführt, so dass 4 bis 6 Werte vorhanden waren, um die durchschnittlichen Reibungszahlen und die Verschleißraten zu berechnen. Nach den tribologischen Experimenten wurden die Übertrage und Oberflächen der Stifte hinsichtlich Verschleißbild und Verschleißmechanismen mit Lichtmikroskopie und REM mit energiedispersivem Röntgenspektrometer (EDX) untersucht. Um die erforderliche elektrische Leitfähigkeit der Probenoberfläche zu gewährleisten, wurden alle Polymerproben mit Gold dünn beschichtet. Weiterhin wurden IR-Spektrometer eingesetzt, um die Reibflächen chemisch zu charakterisieren. Die Infrarotspektroskopie-Analysen wurden durch Mikro-ATR-IR (abgeschwächte Totalreflexion) mit einem Germaniumkristall durchgeführt. Die Eindringtiefe in die Probe beträgt in der Regel zwischen 0,5 und 2 µm. Der Hintergrund wurde in Luft gemessen. Der Wellenlängenbereich wurde von 4000 cm -1 bis 500 cm -1 gesetzt. Ergebnisse Reibung und Verschleiß Bild 1a zeigt das Reibungsverhalten von ungefülltem PEEK in Luft, Vakuum und Wasserstoff-Umgebung. Der Einfluss der Umgebung auf die Reibung ist moderat. Die Reibungszahl in Luft und Wasserstoff liegt stabil bei 0,45 bzw. 0,4. Im Vakuum wird die Reibungszahl niedriger (0,35) aber instabil. Der Einfluss der Umgebung auf den Reibungskoeffizienten von Graphit- und TiO 2 -gefülltem PEEK gegen 100Cr6 ist in Bild 1b und 1c zu sehen. Für beide Kompositen ist die Reibung an Luft relativ hoch (0,46). In synthetischer Luft zeigt die Reibungszahl unabhängig vom Material eine kurze Einlaufphase und erreicht nach nur 500 m den stationären Zustand (0,4). Im Vakuum verringert sich die Reibung langsam bis 0,3 für Graphitgefülltes PEEK, während die Reibungszahl von TiO 2 gefülltem PEEK nach wenigen Metern auf 0,1 fällt. In Wasserstoff erzielt Graphit-gefülltes PEEK eine sehr niedrige Reibungszahl (0,04) nach 1500 m, während TiO 2 -Partikeln zu einer niedrigen aber unstabilen Reibung (0,1) führen. Generell führt der Zusatz von TiO 2 in PEEK zu einem deutlich unterschiedlichen Einlaufverhalten im Vergleich zu Graphit. Dies deutet darauf hin, dass TiO 2 -Partikeln einen Transferfilm viel schneller als Graphit bilden können. Bild 2a fasst die Reibungskoeffizienten für alle untersuchten Kompositen zusammen. Im Allgemeinen ist die Reibungszahl von PEEK-Kompositen niedriger in Vakuum und Wasserstoff als in Luft und folgt dem Trend μ (Luft) > μ (Vakuum) > μ (H2) für alle Graphit- und Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 53 Bild 1: Reibungsverlauf von a) reines PEEK, b) PEEK15S und PEEKTiO 2 in Luft, Vakuum und Wasserstoffumgebung Tabelle 1: Zusammensetzung und Nomenklatur PEEK Graphit (9.3 vol%) 15 wt% CNT 5 (vol%) TiO 2 5 (vol%) 6.8wt% 14wt% Victrex 450G LGB8004 RGC 4 RG39 Bay Tube Kronos 2220 natural synthetic synthetic c-70 300 nm d50: 5 µm d50: 5 µm d50: 10 μm PEEK PEEK15n PEEK15s PEEK15S PEEKCNT PEEKTiO2 T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 53 Aus der Praxis für die Praxis CNT-gefüllten PEEK-Materialien. Der Zusatz von Graphit hat keinen signifikanten Einfluss auf die Reibung in Luft, zeigt aber eine positive Wirkung in Vakuum und insbesondere in Wasserstoff (0,04). Weiterhin ist zu erkennen, dass der Graphit-Typ in PEEK Werkstoffen nur in Vakuumumgebung einen Einfluss auf das Reibverhalten hat. An Luft und in H 2 sind die Reibungszahlen von Graphit-Typ und -Größe unabhängig. In Vakuumumgebung ist die Reibungsminderung mit synthetischem Graphit stärker ausgeprägt als mit natürlichem Graphit. Der Zusatz von CNT oder TiO 2 hat keinen Einfluss auf die Reibung in Luft. CNT verhalten sich ähnlich dem Graphit in Wasserstoff und Vakuumumgebung und erzielen eine geringere Reibung in Wasserstoff. Im Gegensatz dazu verringern TiO 2 -Teilchen die Reibung von PEEK signifikant sowohl in Vakuum als auch in Wasserstoff (0,1). Die Verschleißrate von PEEK-Verbundstoffen in Luft, Vakuum und Wasserstoff wird in Bild 2b dargestellt. Es fällt auf, dass reines PEEK einen sehr hohen Verschleiß in Vakuumumgebung hat. Der Zusatz von Graphit verringert die Verschleißrate von PEEK leicht in Luft und deutlich in Wasserstoffumgebung. Im Vakuum hängt die Verschleißrate auch von dem Graphit-Typen ab. CNT zeigen ein ähnliches Reibverhalten wie Graphit-gefülltes PEEK in Wasserstoff und Vakuumumgebung, allerdings mit etwas höherem Verschleiß. TiO 2 -gefülltes PEEK hat die niedrigste Verschleißrate in Wasserstoff und unter Vakuumbedingungen. Die Verschleißraten für TiO 2 gefülltes PEEK in Luft und in synthetischer Luft sowie für Graphit-gefülltes PEEK in Vakuum sind identisch. Massenspektroskopie Massenspektroskopie-Analysen wurden vor, während und nach den Tests unter Vakuumbedingungen durchgeführt, um das Ausgasungsverhalten von reinem PEEK und graphitgefüllten Kompositen zu bestimmen. Bild 3 zeigt die während des Versuchs aufgezeichneten Ergebnisse nach einer Stunde (720 m, links) und nach 6 Stunden (4200 m, rechts). Erstens ist offensichtlich, dass sowohl ungefülltes PEEK als auch graphitgefüllte Komposite während des Gleitens unter Vakuumbedingungen desorbieren. Weiterhin gast PEEK15s mehr aus als PEEK15n und reines PEEK, insbesondere H 2 O- und N 2 -Moleküle. Dies gilt vor allem zu Beginn der Tests, während die Abweichungen gegen Ende der Tests geringer werden. Oberflächenanalysen Lichtmikroskopie-Aufnahmen der Stahloberfläche nach den Experimenten an Luft, Wasserstoff und Vakuum sind 54 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 Bild 2 a): Reibungszahl und b): Verschleißrate von PEEK Kompositen in Luft, Vakuum und Wasserstoffumgebung Bild 3 Massenspektroskopie-Analysen während des Versuchs in Vakuum T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 54 Aus der Praxis für die Praxis in Bild 4 dargestellt. Bei der gegen ungefüllten PEEK geriebenen Scheibe ähnelt sich der Übertrag in den drei Umgebungen, was mit den geringen Unterschieden in der Reibungszahl übereinstimmt. Nur einzelne Partikel sind auf der Scheibe vorhanden, unabhängig von der Umgebung. Die Menge an Abrieb ist jedoch viel größer im Vakuum. Der bei den gefüllten Kompositen entstehende Transfer wird durch das Medium stark beeinflusst. Lichtmikroskopie- Aufnahmen zeigen verschiedene Übertragungsmechanismen in Abhängigkeit von der Umgebung. In der Regel besteht der Übertrag an Luft aus großen und dicken Polymerklumpen, während sich teilweise ein dünner Transferfilm auf der Scheibe im Vakuum entsteht. Eine Ausnahme ist das mit natürlichem Graphit-gefüllten Material PEEK15n, der weniger Transfer in der Luft und im Vakuum im Vergleich zu PEEK15S erzeugt. In Wasserstoff bildet sich mit Graphit- und teilweise auch mit CNT-gefülltes PEEK einen dünnen und homogenen Transferfilm. Mit TiO 2 -Partikeln wird der Film zwar nicht vollständig geschlossen, aber homogen auf der Scheibe verteilt. Weitere SEM-Analysen des Übertrags in Wasserstoff sind in Bild 5 dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass die CNT in Gleitrichtung ausgerichtet sind, was der Transferfilm sicherlich verstärkt und dadurch die niedrige Reibung und die geringe Verschleißrate des Komposits erzeugen. Auffällig sind die gestreckten Flecken nach dem Versuch in Wasserstoff mit Graphit-gefülltem PEEK. In EDX-Analysen werden Eisen und Sauerstoff detektiert. Die Stahloberflächen, die gegen TiO 2 -gefülltes PEEK gerieben würden, sind in Bild 6 dargestellt. In Luft werden die Teilchen gut in die Polymermatrix eingebettet, während getrennte und zerbröselte Teilchen auf der Scheibe im Vakuum vorhanden sind. In Wasserstoff wurden die TiO 2 -Partikel im Transferfilm gesintert. Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 55 Bild 4: Lichtmikroskopie-Aufnahmen der Scheibe nach den Versuchen in Luft, Vakuum und H 2 gegen a) PEEK, b) PEEK15n, c) PEEK15S, d) PEEKCNT und e) PEEKTiO 2 Bild 5: SEM-Aufnahmen des Transfilms nach dem Versuch mit PEEK15S und PEEKCNT in H 2 Bild 6: SEM-Aufnahmen des Transfilms nach den Versuchen mit TiO 2 -gefülltem PEEK in Luft, H 2 und Vakuum Luft H2 Vak a) b) c) d) e) T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 55 Aus der Praxis für die Praxis Bild 7 zeigt die Oberfläche der PEEK-Komposite nach den Versuchen in Luft, Wasserstoff und Vakuum. In Luft sind typische plattenartige Polymere auf der Oberfläche des ungefüllten Polymerstiftes vorhanden. Nach dem Test im Vakuum werden gerollte Verschleißpartikel auf dem Stift beobachtet. Es wird auch festgestellt, dass mehr abrasiver Verschleiß und mehr Verformung in Wasserstoffumgebung entstehen. Dies kann durch den Eisenabrieb, der im Übertrag in Wasserstoff ist, erzeugt werden. Obwohl dieser Eisenabrieb im Transferfilm ausschließlich nur nach den Versuchen in Wasserstoff gefunden wurde, zeigen die EDX-Analysen der Stiftoberfläche, dass Eisen nach allen Testbedingungen vorliegt. FTIR Spektroskopie FTIR-Analysen an den Überträgen und an den Stiften nach den Versuchen an Luft und in Wasserstoffumgebung sind in Bild 8 dargestellt. Die Spektren von ungefülltem PEEK-Transfer und -Stiften (Bild 8a) sehen ähnlich aus und zeigen einen typischen PEEK-Fingerabdruck: Die Hauptpeaks sind auf Carbonyl-Dehnungen (1648 cm -1 ), Phenylring-Schwingungen (1594 cm -1 und 1489 cm -1 ), aromatischen Ether-Gruppe Dehnungen (1220 cm -1 ) und CH-Phenylring-Deformationen (1200 cm -1 - 600 cm -1 ) [2-3] zurückzuführen. Weitere typische Merkmale sind die beiden Absorptionsbanden bei 1305 cm -1 und 1280 cm -1 . Die FTIR-Spektren von Graphit-gefüllten PEEK Transfer und Stift nach dem Versuch in Luft und in Wasserstoff sind in Bild 8b gezeigt. Die deutlichsten Veränderungen im Vergleich zu reinem PEEK sind das Auftreten von neuen Absorptionspeaks in dem aliphatischen Kohlenstoffbereich (bei 2900 cm -1 ) und Carbonylbereich bei 1711 cm -1 , die nach Reibung unter Wasserstoffbedingungen ausgeprägter sind. Die Spektren des Stiftes zeigten auch eine ausgeprägte Schwingung bei 1711 cm -1 . Da reines PEEK nicht diese Absorptionspeaks zeigen, kann abgeleitet werden, dass diese Peaks auf das Graphit zurückzuführen sind. Es wurde berichtet, dass Graphit durch Schwingungen bei 1634 cm -1 aufgrund der Skelettschwingungen von C= C gekennzeichnet ist und dass Graphit in seinem degradierten Zustand bei 2928 cm -1 und 2859 cm -1 - entsprechend den asymmetrischen und symmetrischen Schwingungen von CH 2 -Gruppen absorbiert. Der Peak bei 1711 cm -1 konnte nicht direkt dem PEEK oder Graphit zugeordnet werden. Es ist daher möglich, dass Triboreaktionen in Gegenwart von Graphit und insbesondere in Wasserstoff auftreten oder dass Wechselwirkungen zwischen Matrix und Graphit vorliegen. Chemische Wechselwirkungen zwischen Polymer und Graphit wurden ebenfalls mittels Simulation festgestellt [4]. Diskussion In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass das tribologische Verhalten von reinem PEEK durch die Umgebung erkennbar beeinflusst, was mit anderen Untersuchungen übereinstimmt [5-6]. Während Reib- und Verschleißwerte ähnlich in Luft und Wasserstoff sind, ist die Reibung etwas geringer und die Verschleißrate höher in Vakuum. Massenspektrometer-Analysen haben erwiesen, dass H 2 O und andere Gase während der Reibung freigesetzt werden. Deshalb wird nahegelegt, dass diese vorhandenen Moleküle verantwortlich für die Verschleißfestigkeit von PEEK an Luft im Vergleich zum Vakuum sind. Die Desorption von Wassermolekülen aus dem PEEK im Vakuum kann zu niedriger Festigkeit des Polymers führen, was zu einer höheren Verschleißrate und niedrigerer Reibung führt. Oberflächenanalysen des Polymers nach dem Versuch im Vakuum bestätigen den Einfluss der Umgebung: gerollte Verschleißpartikel konnten auf dem 56 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 Bild 7: Lichtmikroskopie-Aufnahmen der Polymerstifte nach den Versuchen in Luft, Vakuum und H 2 gegen a) PEEK, b) PEEK15n, c) PEEK15S, d) PEEKCNT und e) PEEKTiO 2 Luft H2 Vak a) b) c) d) e) T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 56 Aus der Praxis für die Praxis geriebenen Stift im Vakuum nachgewiesen werden, während plattenartige Polymer-Klumpen in Luft beobachten wurden. Im Gegensatz zu bisherigen Arbeiten mit Polyimid [7] bildet der Polymer-Abrieb keinen homogenen Transferfilm auf der Scheibe. Bei PI-Materialien führten Triboreaktionen in Wasserstoff zu einer verbesserten Haftung des Übertrags, der das Polymer vor weiterem Verschleiß schützen kann. FTIR-Analysen des PEEK-Übertrags konnten keine Triboreaktionen nachweisen. Als Folge kam es zu starkem Verschleiß der PEEK-Matrix im Vakuum. Für gefülltes PEEK wurde ein deutlicher Einfluss der Umgebung auf die Bildung des Transferfilms beobachtet. Während inhomogener Übertrag in Luft entsteht, wird ein dünner und homogener Film in Wasserstoff beobachtet. Die Bildung dieses Tribofilms ist ein komplexer Prozess, an dem sich die Füllstoffe und die Wasserstoffumgebung beteiligen. Wasserstoff fördert dabei tribochemische Reaktionen, wie die FTIR-Analysen des Transferfilms andeuten. Obwohl bekannt ist, dass die Schmierwirkung von Graphit in feuchter Luft effizient ist, konnte der Zusatz von Graphit die Reibungszahl von PEEK in diesen Versuchsbedingungen nicht verringern, sondern nur leicht die Verschleißrate verbessern. Dieses Ergebnis wurde auch für andere Polymere berichtet [8-9]. Die Bildung eines dünnen Graphit-Transferfilms in Luft wurde verhindert, was möglicherweise folgende Gründe hat: 1) Die Anwesenheit von Wasserstoffbrückenbindungen bzw. starke intermolekulare Kräfte zwischen den Polymerketten können die Mobilität der Moleküle behindern, was zu einer hohen Scherfestigkeit der Matrix und klumpigem Übertrag führt; 2) In feuchter Luft neigt 100Cr6 zu Tribokorrosion im Gleitkontakt [10], was die Bildung von stabilen Transferfilmen verhindert; die Ergebnisse in synthetischer Luft bestätigen auch, dass die Feuchtigkeit auf die Verschleißrate von graphitgefüllten Polymeren gegen 100Cr6 wirkt; und 3) Die vorliegenden niedrigen pv-Bedingungen (0,6 MPa*m/ s) verhindern die Freisetzung des Graphits im Tribokontakt, wodurch die Schmierwirkung von graphitgefüllten Polymeren beeinträchtigt werden kann [11]. Im Vakuum werden die Mechanismen 1 und 2 nicht auftreten, was zu einem homogenen Film führen kann. Die Massenspektroskopie hat einen Zusammenhang zwischen der Ausgasung und der Reibungs- und Verschleißrate von Graphit-gefüllten Kompositen in Vakuum gezeigt. Die Freisetzung von Wasserdampf während des Reibprozesses kann auch zu einer gewissen Sättigung der dangling bonds im Graphit führen, und dadurch schweres Dusting, wie in [12] berichtet vermindern. In Luft ist Graphit ebenfalls gesättigt, wird aber aufgrund der eingeschränkten Mobilität des Polymers - und der niedrigen pv-Konditionen behindert, in ähnlicher Weise wie bei Polyimiden [7]. Dieses führt jedoch zu keiner Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 57 Bild 8: FTIR-Analysen des Übertrags und der Kompositestifte von reinem PEEK (a) und graphitgefülltem PEEK (b) nach Beanspruchung an Luft und in H 2 T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 57 Aus der Praxis für die Praxis Verbesserung der Reibungszahl von PEEK in feuchter Luft. In Wasserstoff sorgt die Sättigung von Graphit für einen effizienten Schmierfilm auf der reduzierten Stahlgegenfläche. Darüber hinaus konnte der im Tribofilm gefundene Eisenabrieb entweder die Haftung des Transferfilms verbessern bzw. ihn verstärken. Ähnlich wie Graphit konnte der Zusatz von CNT in PEEK die Reibungszahl in Luft nicht verbessern. Aus den gleichen Gründen, die oben für Graphit beschrieben wurden, werden die Reibungs- und Verschleißrate durch die Matrix dominiert. In der Literatur wurden verschiedene Ergebnisse gefunden: Kalin zeigte, dass CNT in PEEK die Reibung verringert und den Verschleiß erhöht [13]. Von anderen wurde keine signifikante tribologische Verbesserung in feuchter Luft beobachtet [6]. Jacobs erklärte auch, dass CNT wie CF und Graphit Tribokorrosion des 100Cr6 Gegenkörpers in feuchter Luft verursachen [10]. In Wasserstoff wurde die Reibung und Verschleißbeständigkeit des Komposits, aufgrund der Ausrichtung der CNT parallel zur Gleitrichtung, verbessert. CNT können auch den Transferfilm verstärken, wie bei anderen Nanofüllern beobachtet wurde. Weiterhin konnte die Addition von TiO 2 -Partikeln die tribologische Eigenschaften von PEEK in Luft in unseren Testbedingungen nicht verbessern. SEM-Analysen zeigten, dass die Partikeln gut in die Polymermatrix eingebettet sind, was sicherlich einen klumpigen Übertrag und hohe Reibung fördert. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Wirkung von Nanopartikeln von vielen Faktoren abhängig ist, einschließlich Partikelgröße, Volumenanteil, Kontaktdruck und Polymermatrix [14]. Unter anderem wurde festgestellt, dass die Wirkung von keramischen Nanopartikeln bei hohem Kontaktdruck deutlicher ist und dass es eine synergistische Wirkung zwischen Nanopartikeln und Kohlefasern gibt. Höhere Kontaktdrücke können zu einer leichteren Freisetzung von Partikeln und damit zu besseren tribologischen Eigenschaften führen. Die Wirkung von TiO 2 wurde in Vakuum und Wasserstoff deutlich. Die günstigeren Effekte der trockenen Atmosphäre auf die Reibung von PEEK sowie auf den Gegenkörper 100Cr6 werden durch TiO 2 -Partikel hervorgehoben. SEM-Bilder (Bild 6) zeigten getrennte und zerbröselte Partikel auf der Scheibe, die auf ein Mangel an Adhäsion zwischen den TiO 2 -Partikeln und der Matrix sowie die Sprödigkeit der Teilchen im Vakuum hindeuten [15]. In diesem Fall sind die Reibungs- und Verschleißreduzierung wahrscheinlich auf den Rolleffekt der Partikel zurückzuführen. In Wasserstoff verdichten sich die TiO 2 -Partikel mit Eisen-Abrieb. Diese Sinterung von TiO 2 führt zur Verstärkung und zu einer besseren Haftung des Übertrags. Dieser Sinterprozess kann vermutlich in Wasserstoffumgebung gefördert werden, da Wasserstoff eine wichtige Rolle in der Chemie des TiO 2 spielt, indem Hydride und Hydroxyde gebildet werden können [16]. Zusammenfassung In dieser Studie wurde das tribologische Verhalten von PEEK-Verbundstoffen in Luft, Vakuum und Wasserstoffumgebungen untersucht. PEEK-Matrix wurde mit natürlichem oder synthetischem Graphit sowie mit CNT oder TiO 2 -Partikeln gefüllt. Basierend auf den Ergebnissen und der Diskussion können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: -Die Untersuchung von PEEK in reiner Form deutet auf eine Umgebungsabhängigkeit vor allem der Verschleißrate hin. Dies wird auch durch massenspektroskopische Analysen während des Versuchs im Vakuum bestätigt, bei denen sich eine deutliche Ausgasung aus dem Polymer zeigte. -In feuchter Luft hat die Zugabe von Graphit, CNT oder TiO 2 keine Auswirkung auf das Reibungsverhalten von PEEK gegen 100Cr6 gezeigt, allerdings nimmt die Verschleißrate bei Verwendung von Graphit und CNT geringfügig ab. -Das Reib- und Verschleißverhalten von PEEK-Kompositen verändert sich wesentlich im Vakuum und in Wasserstoffumgebung, wo die Bildung eines Transferfilms gefördert wird. -Eine sehr geringe Reibung wurde mit Graphit und CNT in Wasserstoff (0,04) erzielt, während die niedrigste Verschleißrate mit TiO 2 -Partikeln sowohl in Vakuum als auch in Wasserstoffumgebung erreicht wurde. Das tribologische Verhalten von PEEK-Verbundwerkstoffen wurde mit der Bildung und Haftung einer dünnen und homogenen Transferfolie assoziiert. Dies hängt stark von den Umgebungsbedingungen ab, die das Polymer, den Gegenkörper und die Füllstoffe beeinflussen. Der Einfluss der Umgebung auf das tribologische Verhalten von Graphit-, CNT- oder TiO 2 -gefüllten PEEK-Kompositen ist somit das Ergebnis von komplexen Prozessen, die in den Materialien und am Tribokontakt auftreten und miteinander interagieren. Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Förderung des Vorhabens (unter der Projekt-Nummer Gr1002/ 10). 58 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 6/ 2017 T+S_6_17 16.10.17 10: 40 Seite 58 Aus der Praxis für die Praxis Literatur [1] Theiler G. et al, Tribological Behaviour of PTFE-composites against Steel at Cryogenic Temperature. Tribol. Intern. 35(2002) 49-458 [2] Cole KC and Casella IG. Fourier transform infrared spectroscopic study of thermal degradation in films of poly (etheretherketone). Thermochim Acta 211 (1992) 209- 228. [3] H. X. Nguyen and H. 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