eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 65/1

Tribologie und Schmierungstechnik
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expert verlag Tübingen
0201
2018
651 Jungk

Ermittlung der Schmierfettgebrauchsdauer mit zeitraffender Prüfmethode und Übertragbarkeit auf reales Temperaturkollektiv

0201
2018
Gerd Dornhöfer
Ein Konstrukteur benötigt für die Auslegung eines neuen Maschinenelementes ein Schmierfett, das alle thermischen Anforderungen in der Praxis erfüllen muss. Er ist zunächst auf die Informationen des Herstellers angewiesen. Sucht man im Schmierfettdatenblatt jedoch nach Informationen zur Alterungsstabilität so wird man in der Regel nicht fündig, zumal es nur wenige Normen zur Beschreibung der Oxidationsstabilität gibt. Die Bewertung in der Oxidationsbombe (DIN 51808) liefert ungenügende Ergebnisse, weil insbesondere mit modernen synthetischen Schmierfetten die Grenzen der Beanspruchbarkeit bei weitem nicht erreicht werden, und die Übertragbarkeit auf Praxisanwendungen nicht beschrieben wird. Modernere Verfahren wie z.B. die Chemilumineszenzmessung (DIN 51835-2) sind bislang wenig verbreitet und finden noch keine Anwendung in der Praxis, vermutlich u.a. aufgrund der hohen Gerätekosten. Bislang lieferte eine einfache, praxisbewährte Hausmethode die Grenze der thermischen Beanspruchbarkeit von Schmierfetten. Es wird eine 1 mm Fettschicht auf die realen Kontaktmaterialien aufgetragen und bei erhöhter Temperatur zeitgerafft so lange gealtert, bis bestimmte rheologische Parameter (Fließgrenze, Viskosität) festgelegte Grenzen überschreiten. Die Änderung der Eigenschaften ist stark von der Zusammensetzung (Verdicker, Basisöl, Additivierung) und dem Kontaktmaterial (Katalysator) abhängig. Eine derartige Prüfung bei mindestens 2 unterschiedlichen Temperaturen liefert Informationen zur Temperaturabhängigkeit (nach Arrhenius). Diese Information und die des Gebrauchsdauerendes ist erforderlich um reale Praxis-Temperaturkollektive im Labor zeitgerafft abzubilden und die thermische Beanspruchbarkeit für ein Lebensdauerprofil zu bewerten. Dabei werden Vor- und Nachteile des Verfahrens kritisch bewertet.
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Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 7 Aus Wissenschaft und Forschung * Dr.rer.nat. Gerd Dornhöfer, Robert Bosch GmbH Ermittlung der Schmierfettgebrauchsdauer mit zeitraffender Prüfmethode und Übertragbarkeit auf reales Temperaturkollektiv G. Dornhöfer* Eingereicht: 10. 1. 2017 Nach Begutachtung angenommen: 15. 4. 2017 Ein Konstrukteur benötigt für die Auslegung eines neuen Maschinenelementes ein Schmierfett, das alle thermischen Anforderungen in der Praxis erfüllen muss. Er ist zunächst auf die Informationen des Herstellers angewiesen. Sucht man im Schmierfettdatenblatt jedoch nach Informationen zur Alterungsstabilität so wird man in der Regel nicht fündig, zumal es nur wenige Normen zur Beschreibung der Oxidationsstabilität gibt. Die Bewertung in der Oxidationsbombe (DIN 51808) liefert ungenügende Ergebnisse, weil insbesondere mit modernen synthetischen Schmierfetten die Grenzen der Beanspruchbarkeit bei weitem nicht erreicht werden, und die Übertragbarkeit auf Praxisanwendungen nicht beschrieben wird. Modernere Verfahren wie z. B. die Chemilumineszenzmessung (DIN 51835-2) sind bislang wenig verbreitet und finden noch keine Anwendung in der Praxis, vermutlich u.a. aufgrund der hohen Gerätekosten. Bislang lieferte eine einfache, praxisbewährte Hausmethode die Grenze der thermischen Beanspruchbarkeit von Schmierfetten. Es wird eine 1 mm Fettschicht auf die realen Kontaktmaterialien aufgetragen und bei erhöhter Temperatur zeitgerafft so lange gealtert, bis bestimmte rheologische Parameter (Fließgrenze, Viskosität) festgelegte Grenzen überschreiten. Die Änderung der Eigenschaften ist stark von der Zusammensetzung (Verdicker, Basisöl, Additivierung) und dem Kontaktmaterial (Katalysator) abhängig. Eine derartige Prüfung bei mindestens 2 unterschiedlichen Temperaturen liefert Informationen zur Temperaturabhängigkeit (nach Arrhenius). Diese Information und die des Gebrauchsdauerendes ist erforderlich um reale Praxis-Temperaturkollektive im Labor zeitgerafft abzubilden und die thermische Beanspruchbarkeit für ein Lebensdauerprofil zu bewerten. Dabei werden Vor- und Nachteile des Verfahrens kritisch bewertet. Schlüsselwörter Schlüsselwörter: Schmierfett, Alterung, Katalysator, Zeitraffung, Temperaturkollektiv, Arrhenius For the selection of adequate grease which fulfills the requirements and sustain the thermal stresses applied on lubricated machine elements, no data is usually available in manufacturer’s datasheets concerning thermal aging stability. The available specifications e. g. the oxidation autoclave test (German Institute for Standardization 51808) does not provide stress limits because in particular concerning modern synthetic oil based greases, the limits of the thermal stability are not reached and the applicability in practical cases is not cleared. More information can be achieved by chemiluminescence measurement (German Institute for Standardization 51835-2). However, the test facility is expensive and it is only used by a few companies. Up to now an easy, practice-proven in-house developed method provides the limits of the thermal load of lubricating greases. 1 mm thick layer of grease is applied to the real substrate materials and aged at an elevated temperature to accelerate the oxidation process. During ageing, rheological data (e. g. yield point, viscosity) are collected to identify the prescribed criteria. The change of the properties is strongly dependent on the formulation (thickener, base-oil, additives) and on the substrate material (catalyst). Such a test with at least 2 different temperatures provides information about the temperature dependency of Arrhenius rate constant. This information and lubricating lifetime is necessary to reproduce real practice-temperature collectives and the thermal stability in the lab at one (high) temperature. Furthermore, advantages and disadvantages of the procedure are critically discussed. Keywords Lubricating grease, ageing, thermal stability, catalyst, accelerated test methods, temperature collective, Arrhenius. Kurzfassung Abstract T+S_1_18 06.12.17 12: 19 Seite 7 8 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 1 Einleitung Jeder Entwicklungsingenieur, der in seiner Anwendung ein Schmierfett einsetzen muss, erhält vom Hersteller ein Schmierfettkenndatenblatt. Dieses sollte eine erste Einschätzung zur Gebrauchsdauer liefern, die es aktuell aber nur für die Anwendung in Wälzlagern (z. B. FE9, FE8, R0F..) gibt. Für andere Anwendungen, z.B. in einem Getriebe, wird sie aber nirgendwo erwähnt. Einzig der empfohlene Gebrauchstemperatureinsatzbereich gibt einen kleinen Hinweis auf die thermische Belastbastbarkeit des Fettes, es steht aber nirgendwo, wie lange die oberste Gebrauchstemperatur genutzt werden kann. Eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass die thermische Beanspruchbarkeit nicht vorhergesagt werden kann. Detaillierte Angaben zur chemischen Zusammensetzung der Ölbasis liefern nur eine begrenzte Information. So sind Mineralöle weniger alterungsbeständig als PAO’s, viele Ester oder gar Perfluorpolyether, aber auch hier gibt es keine Angaben zur Grenzbeanspruchbarkeit. Im Folgenden wird ein Verfahren beschrieben wie man dieses Problem praktikabel lösen könnte. Gestartet wird beim Temperaturkollektiv, das von der Anwendung abhängt. 2 Temperaturkollektiv Jede Anwendung erfährt während des Gebrauchs eine thermische Beanspruchung. Betrachtet man diese für die gesamte Gebrauchsdauer (passiv und aktiv), so erhält man ein Temperaturkollektiv. Folgende Bild 1 zeigt so ein Kollektiv für eine Anwendung mit passiver und aktiver Beanspruchung. Der Entwicklungsingenieur muss jetzt für diese Anwendung ein Schmierfett auswählen, das diese thermische Beanspruchung übersteht und ggf. noch einen Sicherheitsfaktor berücksichtigt. Auf Basis des Datenblattes ist dies nicht möglich. Er könnte jetzt sein Erzeugnis befetten und die geforderten Zeiten (6000 h) und Temperaturen (40 °C bis 150 °C, tiefere Temperaturen wurden nicht berücksichtigt) in einer Temperierkammer nachfahren, dies ist mit Sicht auf die sehr kurzen Entwicklungszeiten aber undenkbar. Es muss also ein zeitraffendes Verfahren zur Anwendung kommen, möglichst bei einer konstanten (hohen) Temperatur. Dazu benötigt der Konstrukteur zusätzlich die Information, wie sich unterschiedliche Temperaturen auf die Alterung auswirken. 3 Fettalterung Es hat sich ein Verfahren bewährt, das folgende Aspekte berücksichtigt: • Ausreichende moderate Zeitraffung • Möglichkeit Zwischenproben in ausreichender Menge zu entnehmen und zu bewerten • Katalysatoreinfluss • Großes Oberflächen/ Volumen Verhältnis (praxisnah) • Mäßige Abdeckung der Proben ähnlich einem geschlossenen aber belüfteten Gehäuse 3.1 Prüfverfahren Das Fett wird in Form einer 1 mm dicken Schicht (Fettvolumen ca. 3 cm 3 ) in Kontakt mit einer Glasplatte (kein katalytischer Einfluss), einem Stahl-Blech (kaltgewalzt, geglüht, Nr. 1.0333) und einem Messing-Blech (CuZn37F37) gebracht. Die bestrichenen Platten, mit dem Maß 55 mm x 55 mm, werden dann in eine Petrischale gestellt und der Glasdeckel lose aufgelegt. Zur Zeitraffung wird die Probe bei erhöhter Temperatur (z.B. 150 °C) im Trockenschrank gelagert. In bestimmten Zeitabständen werden kleine Proben für eine Bewertung der Schmierfähigkeit entnommen. 3.2 Einfluss von Katalysatoren (Eisen oder Kupfer) Eisen oder Kupfer sind Oxidationskatalysatoren für die Oxidation des Schmierfettes, die die Alterung stark beschleunigen. Dies muss bei der Bewertung der temperaturabhängigen Aus Wissenschaft und Forschung 2500 500 50 10 20 25 395 1600 795 90 10 5 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 Betriebszeit (h) Temperatur(°C) Temperaturkollektiv für eine Anwendung mit Berücksichtigung der passiven Erwärmung (u.a. durch Sonneneinstrahlung) und Abkühlphasen Bild 1: T-Kollektiv T+S_1_18 06.12.17 12: 19 Seite 8 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 Bereiches (LVE) sein (z.B. Fließgrenzenmessungen nach DIN 51810-2), und/ oder außerhalb davon (z.B. Fließkurvenbestimmungen mit Hilfe des Platte/ Kegel Messsystems). 2 Beispiele sollen an dieser Stelle gezeigt werden: 1. Beispiel (PU-Fett auf Esterölbasis) Bild 4 zeigt Fließkurven bei 25 °C nach Alterung eines PU- Fettes auf Stahl bei 130 °C. Die Messung des Fließverhaltens wurde mit Hilfe eines Platte/ Kegel-Systems bei konstanter Temperatur (25 °C) durchgeführt. Das Geschwindigkeitsgefälle wurde innerhalb einer Minute von 0 auf 1000 s-1 kontinuierlich gesteigert und in der gleichen Zeit wieder verringert. Es wurden Messungen nach unterschiedlichen Alterungszeiten durchgeführt (in Bild 4. dargestellt nach 42, 167 und 231 Tagen). Das Fett zeigt mit zunehmender Alterungszeit eine erhöhte Anlaufschubspannung und wird zunehmend thixotrop. Diese Werte des Maximums der Anlaufschubspan- 9 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 2: Vergleich +/ - Katalysator 3.3 Bewertung der Schmierfähigkeit nach Alterung Zur Bewertung der Gebrauchsfähigkeit nach der Alterung werden rheologische Messungen durchgeführt. Dies könnten Messungen innerhalb des linear viskoelastischen Bild 3: Typische Alterungszustände am Ende der Gebrauchsdauer Alterungsgeschwindigkeit berücksichtigt werden. Bild 2 zeigt ein Ergebnis für ein mineralölbasiertes Fett bei einer Alterungstemperatur von 130 °C auf Glas und auf Messing. Nach 19 Tagen ohne Katalysator ist das Fett noch fast neuwertig, auf Messing schon nach 10 Tagen stark oxidiert. (Zum Ende der Gebrauchsdauer siehe Bild 3). Bild 3 zeigt Fettalterungszustände am Ende der Gebrauchsfähigkeit. Bild 4: Fließkurven bei 25 °C eines PU-Fettes, das auf Stahl bei 130 °C gealtert wurde T+S_1_18 06.12.17 12: 19 Seite 9 10 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 nung dienten jetzt der weiteren Auswertung. 2. Beispiel (Li-Fett auf PAO-Basis) Bild 5 zeigt die Fließkurven eines Li-PAO-Fettes, NLGI 2 nach Alterung auf Messing bei 130 °C. Nach einer Alterungszeit von 91 Tagen verändert sich der Fließkurvenverlauf. Es entsteht ein höheres Anlaufschubspannungsmaximum und die zurücklaufende Fließkurve zeigt ein annähernd newtonsches Fließverhalten (105 Tage), das nach 120 Tagen noch signifikanter wird. Altert man dieses Fett bei 170 °C auf Messing (Bild 6), so kann man auch hier feststellen, dass das Fett nach Scherung (zurücklaufende Fließkurve) nahezu newtonsch wird, was auf den Abbau der Li-Seife zurückzuführen ist. Dies tritt nach ca. 7 bis 8 Tagen auf. Auch bei anderen Temperaturen (110 °C, 150 °C) wird ein Strukturabbau des Fettes wie bei 130 und 170 °C beschrieben festgestellt, nur mit anderen Alterungszeiten (s. Auswertung Bild 9). 3.4 Bewertung des Alterungszustandes Mit den Alterungstests ist es das Ziel herauszufinden, nach welcher Zeit eine Schmierfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Im ersten Beispiel mit dem PU-Fett ist dies nicht einfach, weil das Fett einfach immer fester wird. Es kann somit nicht mehr nachfließen allerdings immer noch Öl zur Schmierung abgeben. Es wurde in diesem Fall willkürlich eine Anlaufschubspannungsgrenze als Ende der Gebrauchsdauer festgelegt (10000 Pa), ein Wert, bei der das Fett bereits außerordentlich fest geworden ist, und das Ende der Gebrauchsdauer nahe ist (man könnte auch eine höhere Grenze wählen). Alternativ oder begleitend könnten IR-Analysen durchgeführt werden, die durch Oxidation des Fettes entstandene Carboxylbanden gut sichtbar machen. Die Maxima wurden für alle Prüfzeiten bei 5 verschiedenen Alterungstemperaturen (90, 110, 130, 150, 170 °C) erfasst und halblogarithmisch gegen die Prüfzeit aufgetragen (Bild 7). Bei allen Temperaturen (bis auf die bei 90 °C ermittelten Werte, bei denen der Anstieg der Schubspannung zu späteren Zeiten bei ca. 3000 Tagen noch erwartet wird) wird ein sehr ähnlicher Anstieg der Anlaufschubspannung beobachtet, der mit abnehmender Alterungstemperatur immer später auftritt. Im 2. Beispiel mit dem Li-Seifenfett ist das Ende der Gebrauchsdauer sicher erreicht. Wenn das Fett seine Aus Wissenschaft und Forschung Bild 5: Fließkurven bei 25 °C eines Li/ PAO-Fettes, das auf Messing bei 130 °C gealtert wurde 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 Pa t 0 100 200 300 400 500 600 700 800 1.000 1/ s Scherrate g . Fließkurven Li/ PAO-Fett bei 25 °C, Alterung auf Messing/ 130 °C Neufett t 50d t 77d t 91d t 105d t 120d t Bild 6: Fließkurven bei 25 °C eines Li/ PAO-Fettes, das auf Messing bei 170 °C gealtert wurde 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 Pa t 0 100 200 300 400 500 600 700 800 1.000 1/ s Scherrate g . Fließkurven Li/ PAO-Fett bei 25 °C, Alterung auf Messing bei 170 °C Neufett t 5d t 6d t 7d t 8d t T+S_1_18 06.12.17 12: 19 Seite 10 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 konsistenten Eigenschaften verliert, kann es von der Reibstelle wegfließen und steht somit nicht mehr zur Verfügung. 3.5 Arrhenius Darstellung, Auswertung Es bietet sich nun an, eine Auswertung analog des in DIN 51835-2 beschriebenen Verfahrens (Chemilumineszenz) durchzuführen. Darin werden die OIT-Werte (Oxidation Induction Time), das sind Zeiten des Beginns einer merklichen Oxidation mit Lichtemission), logarithmisch als y-Achse gegen die reziproke Messtemperatur 1/ T aufgetragen, in diesem Fall: Beispiel 1: Die Zeiten bis zum Erreichen von 10000 Pa bei der Anlaufschubspannung. Beispiel 2: Die Zeiten bis zum Erreichen des nahezu newtonschen Fließverhaltens in der zurücklaufenden Fließkurve. Daraus ergeben sich folgende Arrhenius Diagramme (Bild 8, 9). Die 4 Werte liegen annähernd gut auf einer Geraden (Bestimmtheitsmaß R 2 = 0,992), ein Hinweis darauf, dass die Arrhenius-Gesetzmäßigkeit erfüllt ist! Aus der Geradensteigung kann die Aktivierungsenergie E a ermittelt werden, sie beträgt in diesem Fall 104 KJ/ mol. Beim Li/ PAO-Fett ist die lineare Korrelation (R 2 = 0,999) noch besser. Aus der Geradensteigung errechnet man eine Aktivierungsenergie in Höhe von 106 KJ/ mol. 3.6 Thermisches Beanspruchungskollektiv Mit Kenntnis der Aktivierungsenergie ist nun die Temperaturabhängigkeit des Alterungs- 11 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 9: Arrhenius Auswertung: OIT bei 4 Temperaturen y = 12785x - 15,574 10,0 11,0 12,0 13,0 14,0 15,0 16,0 17,0 18,0 19,0 0,0022 0,0023 0,0024 0,0025 0,0026 0,0027 ln OIT (s) Oxidation Induction Time 1/ T (1/ K) OIT Li/ PAO-Fett bei unterschiedlichen Temperaturen, Beginn der annähernd newtonschen Fließverhaltens auf Messing Li/ PAO-Fett Linear (Li/ PAO-Fett) E a = 106 KJ/ mol Bild 7: Anlaufschubspannungswerte des bei verschiedenen Temperaturen gealterten PU-Fettes Bild 8: Arrhenius Auswertung: OIT bei 4 Temperaturen, Zeit bis Erreichen der Anlaufschubspannung von 10000 Pa T+S_1_18 06.12.17 12: 19 Seite 11 12 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 prozesses bekannt, d. h. man kann nun für jede Temperatur die Prüfzeit bei einer konstanten Alterungstemperatur bestimmen. t P gesamt = ∑ t 1B *k 1T / k P + t 2B *k 2T / k P + … t nB *k nT / k P mit t P gesamt = Prüfzeit bei der gewünschte Prüftemperatur (z. B. 150 °C) t 1B = Betriebszeit bei der Betriebstemperatur T1 k 1T / kP = Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten k bei Betriebstemperatur 1 und Prüftemperatur Man erkennt in Bild 10 nun sehr deutlich, wie unwichtig die thermische Beanspruchung z. B. bei 40 °C ist, obwohl dies die längste Betriebszeit ist! 3.7 Daumenregel Jeder kennt die Daumenregel zur Abschätzung der Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit mit zunehmender Temperatur. Im folgenden Bild 11 ist die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante k bei einer Aktivierungsenergie von E a = 106 KJ/ mol logarithmisch gegen die Temperatur aufgetragen. Dazu sind Geraden aufgetragen, deren Steigung so gewählt ist, dass sie einerseits eine 10 °K und eine 15 ° K-Regel darstellen, d. h. eine Steigerung der Temperatur um 10 oder 15 K verdoppelt die Reaktionsgeschwindigkeit. In diesem Fall trifft die 10° K-Regel im Bereich von 130 bis 160 °C zu (gleiche Steigung von Gerade und Verlauf der Geschwindigkeitskonstanten), die 15 °K-Regel eher bei Temperaturen > ca. 170 °C. 4 Zusammenfassung und Ausblick Es konnte anhand von zwei chemisch unterschiedlich aufgebauten Schmierfetten in Kontakt mit den Oxidationskatalysatoren Eisen und Kupfer bei jeweils vier unterschiedlichen Temperaturen gezeigt werden, dass sehr ähnliche rheologische Veränderungen bis zur Unbrauchbarkeit ablaufen. Dieses temperaturabhängige Verhalten konnte recht gut mit Hilfe der Arrhenius Gleichung beschrieben werden. Das ist ein notwendiges Werkzeug für den Konstrukteur zur Abschätzung der maximalen Gebrauchsdauer und der zeitgerafften Abbildung eines Alterungstests auf Basis eines Lebensdauer-Temperatur-Kollektivs. Der Alterungstest ist anwendungsnah und ermöglicht zwischenzeitliche Probenahmen zur Bewertung des Alterungszustandes. Er ist sicher nicht für alle Schmierfette einsetzbar, zumal auch die Verdampfung des Basisöls die Fetteigenschaften ohne merkliche Oxidation ändert. Auch die Bewertung der „noch“ Schmierfähigkeit eines gealterten Fettes ist schwierig, es sollte ergänzend eine Ölabscheidungsprüfung erfolgen (z. B. nach der Filterpapiermethode, die sehr kleine Schmierfettmengen zulässt). Interessant wäre es auch, inwieweit andere zeitraffende Methoden wie • Chemilumineszenzmessungen nach DIN 51835-2 • Autoklavprüfungen unter reinem Sauerstoff (in Anlehnung an DIN 51808) Aus Wissenschaft und Forschung Bild 10: Ermittlung der Gesamtprüfzeit mit E a = 106 KJ/ mol bei 150 °C aus T-Kollektiv Bild 11: Daumenregelabschätzung A 1,E-04 1,E-03 1,E-02 1,E-01 1,E+00 1,E+01 1,E+02 40 60 80 100 120 140 160 180 ln K T (°C) Änderung der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten K als Funktion der Temperatur bei Ea=106 kJ/ mol Ea=106 KJ/ mol 10K-Regel 15K-Regel T+S_1_18 06.12.17 12: 19 Seite 12 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 • DSC (Differential-Scanning-Calorimetry) Messungen z. B. ASTM E1858-08 bzw. ASTM D5483-05 zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Für den Schmierfettanwender zielführend wäre es auf jeden Fall, wenn Informationen zur Aktivierungsenergie mit Berücksichtigung des Kontaktmaterials (Katalysator) vorlägen und die maximale Gebrauchsdauer definiert werden kann. Hierzu benötigt man ein genormtes Verfahren, ggf. mit nochmals gesteigerter Zeitraffung z. B. in einem Autoklav mit reinem Sauerstoff ähnlich dem Verfahren nach DIN 51808, allerdings mit der Information der Grenzbeanspruchbarkeit und der Aktivierungsenergie inklusive des Katalysatoreinflusses. 13 Aus Wissenschaft und Forschung expert verlag GmbH: Wankelstr. 13, 71272 Renningen Postfach 20 20, 71268 Renningen Tel. (0 71 59) 92 65 - 0, Fax (0 71 59) 92 65 -20 E-Mail expert@expertverlag.de Vereinigte Volksbank AG, Sindelfingen BIC GENODES1 BBV, IBAN DE51 6039 0000 0032 9460 07 Postbank Stuttgart BIC PBNKDEFF, IBAN DE87 6001 0070 0022 5467 07 USt.-IdNr. DE 145162062 Anzeigen: Sigrid Hackenberg, expert verlag Tel. 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